Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Morgen! Mit der Einladung ist Ihnen der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Gibt es Ihrerseits Anmerkungen zu diesem Entwurf? - Frau Osten, bitte sehr.
Es gibt einen Antrag der PDS-Fraktion, den Tagesordnungspunkt 3, in dem es um die 2. Lesung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes geht, heute von der Tagesordnung zu streichen, weil dieser Gesetzentwurf mit Beschluss des Landtages von vorgestern an den Ausschuss überwiesen wurde, um eine Anhörung durchführen zu können. Die Ladungsfrist war sehr kurz. Die Anzuhörenden konnten den Termin nicht wahrnehmen. Wir wissen aber, dass gemäß § 72 des Landesbeamtengesetzes die Pflicht besteht, die Spitzenverbände einzubeziehen.
Deshalb beantragt die PDS-Fraktion, diesen Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen mit den Optionen, dass erstens der Ausschuss damit die Gelegenheit erhält, die Anhörung noch durchzuführen, zweitens dieser Tagesordnungspunkt in der 100. Sitzung behandelt wird und wir uns drittens auf die Redezeitvariante 1 verständigen.
Wenn wir die 2. Lesung in der 100. Sitzung behandeln und dann diese von uns eingeforderte Pflicht erfüllt ist, ergibt sich das. Sie haben Recht, Herr Präsident.
Wunderbar. Gibt es weitere Anmerkungen? - Dann bin ich an der Reihe. Die Behandlung der im Entwurf der Tagesordnung unter den Punkten 4, 5 und 7 aufgeführten 2. Lesungen erübrigt sich, weil die Gesetze in 1. Lesung abgelehnt worden sind.
Unter Tagesordnungspunkt 9 soll der Jahresbericht des Petitionsausschusses gemäß § 12 PetG, Drucksache 3/7586, ohne Debatte zur Kenntnis genommen werden, wobei die Vorsitzende des Petitionsausschusses um Gelegenheit gebeten hat, in ca. fünf Minuten einen kurzen Bericht zu erstatten - wie unter den Parlamentarischen Geschäftsführern verabredet. Ich kann dem Vorhaben meinerseits Unterstützung versprechen.
Gibt es weitere Bemerkungen? - Dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, um entsprechend den vorgetragenen Änderungsvorschlägen verfahren zu können. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist dies geklärt.
Bezüglich der Abwesenheitserklärungen werden wir im Einzelfall zur Kenntnis nehmen, wann wer nicht hier ist. Für den Fall, dass Sie die Informationen wünschen, würde ich es auch vortragen.
Das Wort geht an die Abgeordnete Redepenning, die Gelegenheit hat, die Frage 2146 (Bildungsauftrag in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung) zu formulieren. Bitte schön.
Erziehung, Bildung und Betreuung sind nach dem geltenden Kindertagesstättengesetz gleichrangige Aufgaben der Kindertagesbetreuung. In den Kindertagesstätten sollen die Grundlagen für die Förderung angemessener Bildungsmöglichkeiten gelegt und die Ressourcen kindlicher Neugierde ausgeschöpft werden.
Im Rahmen des Bildungsauftrages sind die individuellen Bildungsmöglichkeiten und Kompetenzen gezielt zu fördern, die kindlichen Lerninteressen altersgerecht zu wecken und die Basis einer ethisch fundierten Werteerziehung zu entwickeln.
Die Jugendministerkonferenz hat am 15. Mai dieses Jahres einen „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ beschlossen. Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung ist es umso dringlicher, die Bildungs- und Erziehungsaufgaben zu intensivieren und entsprechende Prioritäten in der Landespolitik zu setzen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen ergreift sie, um die Erfüllung des Bildungsauftrages in der Kindertagesstättenbetreuung zu verbessern?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Kinder sind geborene Lerner. Wir wissen: Auf den Anfang kommt es an. Die Erfahrungen, die Kinder mit dem Lernen im Kindergarten sammeln, sind für ein ganzes Leben prägend. Die Hirnphysiologen sagen uns: Das wichtigste Hirnwachstum findet bei den Drei- bis Sechsjährigen statt und die Synapsenverschaltung im Hirn wird in dieser Zeit organisiert.
Deshalb haben wir uns in den letzten fünf Jahren sehr intensiv bemüht, gerade diesen Anfang zu stärken und optimale Konditionen für das Wachsen und die kindliche Bildung zu organisieren. Ich kann hier wegen der kurzen Redezeit nur beispielhaft auf einige der Maßnahmen eingehen, über die wir im Ausschuss auch informiert haben. Aber gerade in den letzten Wochen ist noch einmal einiges Wichtige hinzugekommen.
Wir haben begonnen, indem wir mit einem Modellprojekt zum Bildungsauftrag von Kindertagesstätten den Bildungsauftrag in den Kindertagesstätten wieder gestärkt haben. Herausgekommen ist ein wichtiges Buch „Forscher, Künstler, Konstrukteure“, was mittlerweile auch deutschlandweit in den Kindertagesstätten gelesen wird und Impulse gegeben hat, weil wir den
Kindergartenerzieherinnen deutlich machen wollten, dass es vor allem um Selbstbildungsprozesse geht.
Es geht nicht darum, dass wir den Kindern im Kindergarten einen Trichter ins Ohr bringen und ihnen Wissen eintrichtern, sondern sie selbst sind die Organisatoren ihrer Bildungsprozesse. Das muss früh beginnen, weil es dann ein ganzes Leben lang fortgesetzt werden kann.
Ich habe, um das, was wir hier in Brandenburg erreicht haben, auch national zu verabreden, eine nationale bzw. bundesweite Verabredung organisiert. Bayern und Brandenburg haben das Papier erarbeitet. Wir haben es in Ludwigsburg im Jahre 2003 beschlossen, im Jahr 2004 ist es von der Jugendministerkonferenz verabschiedet und auf unsere Anregung hin auch in der Kultusministerkonferenz diskutiert und beschlossen worden.
Insofern gibt es erstmals für die Umsetzung des Bildungsauftrages in den Kindertagesstätten eine nationale Verabredung, die von Jugendminister- und Kultusministerkonferenz gemeinsam beschlossen worden ist.
Wir in Brandenburg haben mit dem, was wir mit den Wohlfahrtsverbänden, aber auch mit dem Städte- und Gemeindebund und dem Landkreistag erarbeitet haben, einen Rahmen geschaffen, in dem die Bildungsarbeit in den Kindertagesstätten in Brandenburg jetzt stattfinden kann und wird. Sie ist ergänzt worden um eine Zusammenfassung dessen, was in den konfessionellen Kindertagesstätten als Bildungsarbeit über die sieben Grundsatzbereiche hinaus gemacht wird, vom mathematisch-naturwissenschaftlichen Lernen über das Sportliche, Musische usw.
In der nächsten Legislaturperiode haben wir weitere Dinge zu tun. Dann ist die Verzahnung von Kindertagesstätten und Grundschulen besser zu organisieren. Das bundesweite Gespräch, das wir mit der Tagung „Ponte“ jetzt in der saarländischen Landesvertretung begonnen haben, ist Ausdruck dafür, dass wir eine Brücke zwischen Kindergarten und Grundschule schlagen, auch frühere Einschulung möglichst individuell organisieren wollen und in einem intensiven Gespräch mit der Fachhochschule in Potsdam organisieren wollen, dass zumindest einige Kindergärtnerinnen in Zukunft auch eine Fachhochschulausbildung erhalten können.
Sie sehen: Es ist viel gelungen in dieser Legislaturperiode; aber da dies über viele Jahrzehnte ein Stiefkind in Deutschland gewesen ist, werden wir auch in der nächsten Legislaturperiode noch einiges zu tun haben, um das, was im Europäischen Benchmarking notwendig ist, auch in Brandenburg, ja in ganz Deutschland, zu organisieren.
Herr Minister, wir sind uns sicher einig, dass am Ende der Kindergartenzeit die Schulfähigkeit als Entwicklungsziel stehen
soll. Wie werden in den Unterlagen die Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erreichung der Schulfähigkeit definiert?
Frau Kollegin Hartfelder, es geht nicht nur um die Schulfähigkeit, sondern auch darum, dass die Schule kindfähiger sein muss. Das hat sie in den letzten Jahren in beeindruckenden Entwicklungsprozessen geschafft, auch mithilfe der flexiblen Eingangsstufe. Wir haben in den letzten Jahren klar erarbeitet, welches die Grenzsteine sind. Mit den Grenzsteinen wird in den meisten Kindertagesstätten gearbeitet. Insofern gibt es klare Definitionen - neudeutsch sagt man „Milestones“ -, um genau zu beschreiben, welche Schritte gegangen werden müssen, damit das Kind gut auf die Schule vorbereitet ist.
Mir geht es darum, dass wir in den nächsten Jahren die Voraussetzungen schaffen, dass Kinder zu ihrem fünften Geburtstag geschenkt bekommen können, in die Schule gehen zu dürfen, sich die Schule gut auf diese Kinder vorbereitet hat und diese dann nicht wie beim Militär zu einem bestimmten Zeitpunkt „eingezogen“ werden, also im August - denn das Ergebnis ist dann immer, dass völlig ungleich entwickelte Kinder gleichzeitig eingeschult werden -, sondern dass wir kontinuierlich individuell, wenn die Schulfähigkeit und der Wille, in die Schule zu gehen, erreicht sind, entscheiden. Das sind ganz unterschiedliche Zeitpunkte. Wir haben gerade jetzt bei den Überprüfungen für die Aufnahme in die evangelische Grundschule, die in Kleinmachnow eröffnet wird, festgestellt, dass über die Hälfte der Kinder Früheinschuler sind, dass heißt lange vor dem von uns vorgesehenen Zeitpunkt die Schulfähigkeit und den Willen, in die Schule zu gehen, erreicht hat. Diesen Prozess gilt es überall zu stärken.
Presseberichten war zu entnehmen, dass für das ursprünglich von der Bundesregierung geplante „Mittel- und Osteuropazentrum für Wirtschaft und Kultur“, für das sich die Städte Frankfurt (Oder) und Leipzig beworben haben, derzeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Kenntnisse hat sie über die Planungen der Bundesregierung zur Realisierung des „Mittel- und Osteuropazentrums für Wirtschaft und Kultur“?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Abgeordneter Karney, die Fragen des Aufgabenprofils aber auch der Ausstattung und des Sitzes dieses Zentrums sind nach unseren Informationen weiterhin offen. Zwei Städte sind in den Endausscheid gekommen. Entscheidungen sind bis dato nicht gefallen. Mehr dazu kann ich Ihnen derzeit nicht sagen.
Danke sehr. - Damit kommen wir zur Frage 2148 (Prävention gegen rechtsextremistische Einstellungen und Gewalttaten), gestellt von Frau Kaiser-Nicht.
Der kürzlich veröffentlichte Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2003 belegt, dass Brandenburg - ich zitiere „insbesondere mit rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten... nach wie vor stark belastet ist. Sie haben noch einmal zugenommen.“
Innenminister Schönbohm verwies in dem Zusammenhang auf die hohe Zahl junger Gewalttäter, die erstmals straffällig wurden. Diese machten im vergangenen Jahr mehr als 84 % der rechtsextremen Gewalttäter aus. Die CDU beeilte sich, die Verantwortung dafür dem Bildungsminister und den Schulen zuzuschieben, indem sie diesen komplettes Versagen vorwarf. Immerhin sind erfahrenen Trägern von Präventionsprojekten seit Jahren immer weniger Mittel zugegangen.
Angesichts dieser vorliegenden Erkenntnisse führt es zur Verwunderung, dass das Innenministerium sich aktuell in demselben Zusammenhang für die Einführung der automatischen Fahrzeugerkennung einsetzt, die Landesregierung gleichzeitig jedoch die Haushaltsmittel für das Projekt „Zeitzeugen des Holocaust in brandenburgischen Schulen“ bei den Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen streicht und die Summe der Zuweisungen für die Gedenkstättenfahrten zum Schuljahresende derart zusammenstrich, dass kaum die Hälfte der vorbereiteten Gruppen die Fahrt auch antreten kann.
Ich frage die Landesregierung: Wie begründet sie die Kürzungen im Bereich der Prävention gegenüber rassistischen und rechtsextremen Einstellungen im Land Brandenburg angesichts des vorliegenden Verfassungsschutzberichts?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte gerade wegen Ihrer Zusatzfrage, Frau Kaiser-Nicht, sagen: In dieser Frage stehen Schönbohm und Reiche dicht beieinander, da passt auch kein Petke dazwischen.
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und rassistische Gewalt sind - darauf geht auch der Verfassungsschutzbericht ausführlich ein - ein nach wie vor bestehendes Problem im Land Brandenburg. Im Kontext der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts hat es Disskussionbeiträge gegeben, die insofern unerfreulich waren, als sie die Verantwortung für Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit einseitig der Schule zugeschoben haben. Diese Äußerungen standen ärgerlicherweise auch in einem deutlichen Kontrast zu der Linie, zu der sich die Landesregierung mit dem von Kollegen Schönbohm und mir gemeinsam vorgestellten Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ bekennt. Sie ist dadurch gekenn
zeichnet, dass präventive und repressive Strategien gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ineinander greifen und aufeinander abgestimmt werden. Sie ist außerdem dadurch gekennzeichnet, dass die Komplexität der Ursachen für diese Entwicklung erkannt wird und alle Ressorts ihren Beitrag zur Auseinandersetzung liefern. Wir haben erst neulich in einer gemeinsamen Veranstaltung für alle Jugendämter des Landes die neuen Verabredungen auch im Rahmen des Jugendschutzgesetzes gemeinsam erklärt und auch an dieser Stelle deutlich gemacht: Wir sind hier in einer gemeinsamen Verantwortung ressortübergreifend.
Bezüglich dieser Frage werden auch Kürzungen thematisiert, die wir in einigen Bereichen der präventiven Arbeit aufgrund der bekannten Haushaltslage vornehmen mussten. Dazu möchte ich zunächst folgenden Hinweis grundsätzlicher Art geben: Der Konsolidierungsdruck erlaubt es grundsätzlich nicht, einzelne Bereiche herauszunehmen. Deshalb mussten auch die Ansätze für präventive Arbeit im Landeshaushalt gegenüber 2003 reduziert werden. Dennoch ist es gelungen, die Grundstrukturen der präventiven Arbeit im Land aufrechtzuerhalten.
Die im vergangenen Jahr entwickelten Büros für Integration und Toleranz, sechs an der Zahl, in denen die mobilen Beratungsteams und die Niederlassungen der RAA zusammengeführt wurden, sind in ihrem Bestand gesichert. Sie können heute im Grunde eine bessere Arbeit leisten, weil sie besser aufgestellt und organisiert sind. In diesem Zusammenhang ist es sogar gelungen, ein weiteres, zusätzliches Beratungsteam zu schaffen, nämlich im Schulamtsbereich Wünsdorf, sodass wir jetzt Kapazitäten für sechs Regionen bzw. für alle Schulamtsbereiche haben.