Thomas de Maizière

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel der Regierungsarbeit der Sächsischen Staatsregierung war und ist von Anfang an, ein hohes Niveau der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Freistaat Sachsen zu erreichen und zu erhalten. Diese Sicherheitsstandards werden insbesondere durch die Qualifikation und Motivation der Polizeibeschäftigten sichergestellt und – davon war noch gar nicht die Rede und das ist ein ständiger Streitpunkt mit der PDS – durch ein konsequentes Polizeigesetz. Das darf man wohl auch sagen.
Daneben ist bedeutend, dass die zukünftige Organisation der Polizei im Aufbau und Ablauf sowie eine angemessene, finanzierbare und an den Belastungen orientierte Stellen- und Personalausstattung der Polizeidienststellen und Einrichtungen für den Polizeivollzugsdienst gewährleistet sind.
Unsere Polizei gewährleistet täglich rund um die Uhr die Sicherheit der Bevölkerung. Für diese Aufgabenstellung ist sie auf einem hohen Niveau aus- und fortgebildet. Seit Dezember 1990 – ich weiß nicht, ob das allgemein bekannt ist, deswegen nenne ich es hier einmal – haben wir über 5 500 junge Menschen zu Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten ausgebildet. Damit haben fast 45 % aller Polizeibeamten des Freistaates Sachsen nach der Wende eine qualifizierte Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst erhalten, die den gegenwärtigen und künftigen Anforderungen an eine moderne und bürgerorientierte Polizei entspricht.
Unseren Polizeibeamten bieten sich attraktive Entwicklungsmöglichkeiten. Ich sage das auch im Blick auf das, was der Abg. Bandmann gesagt hat, verglichen mit anderen Fällen, außerhalb des öffentlichen Dienstes: Nirgendwo, auch im Bereich der Verwaltung, sind die Laufbahnen so durchlässig wie im Polizeivollzugsdienst. Damit dies genutzt werden kann, haben wir in den vergangenen Jahren den Anteil des gehobenen Dienstes signifikant erhöht und Beförderungsmöglichkeiten geschaffen. So hat sich seit dem Jahr 2000 die Anzahl der Beamten im gehobenen Dienst von damals 3 000 auf derzeit 3 900 erhöht. Auch das ist etwas, was Sie in kaum einem anderen Verwaltungsbereich finden.
Angesichts des Bevölkerungsrückgangs sowie der knapper werdenden Einnahmen steht der Freistaat Sachsen vor der Herausforderung, seine Handlungsfähigkeit langfristig zu sichern, ohne dass es zu Qualitätseinbußen kommt. Ein erster wichtiger Schritt, auch künftig die Leistungsfähigkeit der Polizei zu gewährleisten, ist bereits getan. Das war die Neuorganisation der Polizei. Davon ist hier gesprochen worden. Ich halte diese Organisationsform alles in allem für einen Erfolg, und ich habe mich dafür auf einer der letzten Sitzungen bei meinem Vorgänger bedankt und wiederhole es hier gern.
Um die Ergebnisse abzusichern, haben wir jetzt damit begonnen – das war auch von Anfang an so angekündigt –, die Neuorganisation zu evaluieren und auszuwerten. Unser Ziel ist es, die Stärken dieser Organisation festzustellen, Schwachstellen und deren Ursachen zu erkennen sowie weitere Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Parallel zum Prozess der Auswertung – und, Herr Abg. Lichdi, das hat zunächst mit dem Thema Personalabbau nichts zu tun – haben wir die Fortschreibung der Organisation der polizeilichen Basisdienststellen in Angriff genommen. Bereits im Rahmen des Neuorganisationsprozesses wird von vielen Beteiligten, übrigens bis hin zu den Personal- und Berufsvertretungen der Polizei, übereinstimmend festgestellt, dass auch die Ebene der Polizeireviere und -posten in den Reformprozess einbezogen werden muss. Ziel ist es, unter sich verändernden Rahmenbedingungen einsatzstarke Dienststellen mit hoher regionaler Ausrichtung auch für die Zukunft sicherzustellen.
Morgen gibt es zum Beispiel eine mündliche Anfrage, ob man nicht im Oberland zur Erhöhung der Sicherheit vier Posten im Einvernehmen mit der Region vielleicht zu einem zusammenfassen kann. Also nicht immer ist eine Postenevaluierung ein Verlust an innerer Sicherheit. Das kann auch das Gegenteil sein oder jedenfalls eine Verbesserung bedeuten.
Beide Vorhaben, sowohl die Auswertung als auch die Fortschreibung der Organisation der polizeilichen Basisdienststellen, erfolgen, wie es Herr Brangs angemahnt hat, mit breiter Einbeziehung der Mitarbeiter sowie der Personalvertretungen der sächsischen Polizei.
Ich sage Ihnen nichts Neues, meine Damen und Herren, wenn ich darauf hinweise, dass die sächsische Bevölkerung immer weniger und gleichzeitig immer älter wird. Zudem ist unser finanzieller Handlungsrahmen deutlich eingeschränkter als noch vor einem Jahr. Mithin gilt es, auch den zukünftigen Generationen Gestaltungsspielraum zu belassen; deshalb auch der Stellenabbau in der Landesverwaltung.
Nun, Frau Abg. Ernst, ist es natürlich verständlich unter sportlichen Gesichtspunkten, dass eine Opposition einen Antrag bei dem schwierigen Thema Personalabbau stellt, die Regierung zu bitten, den Diskussionsstand in der Staatsregierung darzustellen. Dafür habe ich Verständnis. Aber Sie werden verstehen, dass wir das Ergebnis des Diskussionsstandes der Öffentlichkeit und dem Landtag mitteilen, aber nicht jeden Zwischenstand. Da wären wir ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir das täten. Deswegen tun wir das nicht.
Vom Thema Stellenabbau sind alle Geschäftsbereiche betroffen.
Darf ich vielleicht ein bisschen im Zusammenhang vortragen? Dann würde ich gern die Zwischenfrage zulassen. Ich vermute, dass ich das eine oder andere vorwegnehme, was Sie fragen wollen.
Noch einmal: Von diesem Thema Stellenabbau sind alle Geschäftsbereiche betroffen. Auch die Polizei wird sich in angemessenem Rahmen an der Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Freistaates Sachsen zu beteiligen haben. Die Möglichkeiten eines Stellenabbaus bei der Polizei werden im Rahmen des derzeit in der Staatsregierung laufenden ressortübergreifenden, aber auch internen Abstimmungsprozesses geprüft. Wenn Sie ein Ampelpapier haben, was ein internes Beratungspapier für mich ist, dann bedauere ich, dass Sie es bekommen haben. Das ist aber kein Anlass, es durch eine Landtagsdrucksache öffentlich zu machen.
Von einigen Abgeordneten – Herrn Dr. Martens, Herrn Brangs, Frau Dr. Ernst – wurde gefordert, es müsse eine Aufgabenkritik geben. Das ist richtig, zum Teil aber auch unmöglich. Herr Brangs, Sie haben gesagt, wir sollen einmal feststellen, welche künftigen Aufgaben die Polizei hat. Auch das ist einerseits richtig, andererseits aber unmöglich, denn künftige Aufgaben zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie nicht vorhersehbar sind. Künftige Aufgaben können wir nicht sicher prognostizieren. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen.
Die sächsische Polizei ist in den letzten zwei bis drei Jahren in ungewöhnlich hohem Maß von Großeinsätzen belastet worden. Stichwort Worch und vieles andere mehr. Ich kann nicht vorhersagen, ob in fünf oder zehn Jahren erneut dieses Maß an Großeinsätzen erforderlich ist oder nicht.
Auch die Frage, was erforderlich ist, Frau Dr. Ernst, ist nicht so leicht zu beantworten. Sie haben gesagt, die Polizei soll so eine Art Bürgerpolizei sein, die einen Service bietet. Ich bin nicht sicher, ob ich mit Ihnen darin übereinstimme. Ich will Ihnen Folgendes sagen. Ich halte es nicht für richtig, dass bei leichten Verkehrsunfällen ohne den Verdacht auf Straftaten sächsische Beamtinnen und Beamte praktisch wie Sachbearbeiter bei der Versicherung dafür sorgen, dass zivilrechtliche Ansprüche zwischen Unfallgegnern auf Staatskosten ermittelt werden.
Es muss möglich sein, ein anderes Verfahren – ob es Personalabbau heißt oder Gebührenerhebung in einem solchen Fall, wie das die Österreicher machen, oder die Verweigerung, zu solchen Unfällen hinzufahren, wie das die Bayern machen – zu testen. Ich glaube, dort können wir etwas tun. Ich bin auch, obwohl ich noch keine Lösung habe, wirklich zutiefst verärgert und nicht einverstanden, dass es bei Zweit- und Drittligaspielen der Bundesligavereine in Sachsen nicht möglich ist, dass ein solches Spiel stattfindet, ohne dass Hunderte von Polizisten die Sicherheit gewährleisten.
Jetzt gern.
Natürlich einen sehr hohen. Sie haben sicher mitbekommen. Ich hatte neulich die Gelegenheit, bei einem Forum der CDU-Fraktion einen längeren Vortrag zur Präventionsarbeit zu halten. Das ist auch unten angekommen, Herr Dr. Martens. Wir haben in jedem Polizeirevier als Ergebnis der Organisationsreform einen Sachbearbeiter für Polizeiprävention. Das ist gut und soll auch so bleiben. Die Frage ist auch dort: Was heißt eigentlich Präventionsarbeit der Polizei? Die eine Variante ist, dass etwa in der Drogenprävention an Schulen Polizisten vor Klassen
gehen. Das ist gut bzw. teilweise gut. Man kann es aber auch so machen, dass Polizisten Multiplikatoren für die Ausbildung von Lehrern und anderen sind, die mit Drogenprävention in die Klassen gehen. Das ist genauso gut
und könnte bei einem geringeren Personaleinsatz den gleichen Effekt haben. Das heißt, wenn Prävention wichtig ist, muss sie nicht immer genauso bleiben, wie sie in der Vergangenheit war.
Ich will damit nur sagen, was erforderlich ist und was nicht, bestimmen wir und wird nicht nur von außen an die Polizei herangetragen. Deswegen ist bei allem Verständnis und aller Notwendigkeit, dass die Aufgabenkritik Vorrang hat, immer eine gewissen Unsicherheit damit verbunden, und das muss auch so sein. Die Polizeiausstattung und die innere Sicherheit dürfen nie so sein, dass sie sich nur auf den aktuellen Sicherheitsbegriff beziehen. Sie müssen auch offen sein im Blick auf künftige Bedrohungen und Sicherheitsveränderungen, wie immer sie seien. Dafür brauchen wir eine gewisse Unsicherheit. Das ist ganz normal und gilt für die Bundeswehr wie für die Polizei.
Nun zum Zeitablauf. Herr Abg. Lichdi, die Staatsregierung hat die Absicht, noch dieses Jahr, vermutlich in der Dezembersitzung, einen Beschluss zum Stellenabbau zu fassen, der alle Geschäftsbereiche umfasst. Dabei komme ich auf Ihr Stichwort, Frau Dr. Ernst, zurück. Ich wollte mich nicht allein durch das Land jagen lassen. Ich halte es für erforderlich, dass auch andere Bereiche der Staatsverwaltung, was den Stellenabbau angeht, gemeinsam mit uns betrachtet werden und dass dann beschlossen wird. Das soll im Dezember erfolgen.
Der Staatsregierung und mir kommt es darauf an, mit der Diskussion um den Stellenabbau – das sind jetzt ein paar Andeutungen zu dem, was Sie hören wollen – auch Aspekte der Personal- und Altersstruktur innerhalb der Polizei zu berücksichtigen. Es gilt, die vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten für die Polizeibeamten zu bewahren und ihnen nach wie vor Beförderungschancen zu bieten. Das heißt im Klartext: lieber etwas weniger Stellen und dafür eine gute Personalentwicklung einschließlich Beförderung als mehr Stellen und totaler Beförderungsstopp über zehn Jahre – um Ihnen einmal ein Beispiel zu nennen.
Lieber etwas weniger Polizeistellen und einen Einstellungskorridor für junge Polizisten als eine hohe Stellenzahl auf dem Papier und einen Einstellungsstopp für fünf Jahre.
Um eine Überalterung der Polizei zu vermeiden und jungen Menschen Berufsperspektiven zu eröffnen, ist es erforderlich – das war das Stichwort, welches ich eben genannt habe –, weiterhin Einstellungen im Polizeivoll
zugsdienst vorzunehmen, also in jedem Fall einen Einstellungskorridor vorzusehen. Dies – und ich weiß, was ich jetzt sage – und der Grad der Verbeamtung führen dazu, dass ein möglicher Stellenabbau bei der Polizei mehr Zeit in Anspruch nimmt. Das hat etwas mit dem Altersaufbau der Polizei zu tun.
Meine Damen und Herren, die zurückliegende Phase der Neuorganisation der Polizei war nicht für alle Polizeibeamten ein leichter Weg. Weitere Anpassungen und Veränderungen stehen bevor. Auch damit wird nicht jeder Beschäftigte der Polizei einverstanden sein. Daher ist es mir ein Anliegen, die Polizistinnen und Polizisten, die Verwaltungsbeamten, Angestellten und Arbeiter bei der Polizei in die Gestaltung der anstehenden Veränderungsprozesse so weit wie möglich einzubeziehen. Mit den Personal- und Berufsvertretungen der sächsischen Polizei sind meine Mitarbeiter und ich in regelmäßigem Kontakt, und es gibt, soweit ich weiß, keinerlei Beschwerden darüber, dass es an Gesprächskontakten zwischen dem Polizeipräsidenten, seinen Mitarbeitern, dem Innenministerium und den Vertretungen mangelt.
Meine Damen und Herren, auch die Polizei wird ihren Beitrag zum Stellenabbau leisten müssen. Die innere Sicherheit zu bewahren ist dabei Maßstab und Grenze.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Herr Abg. Martens, zu Ihrer ersten Frage: Die Staatsregierung hat stets betont, dass es unter dem Eindruck des derzeit stattfindenden demografischen Wandels außer Zweifel steht, dass die Teilhabe lebenserfahrener Menschen am gesellschaftlichen und öffentlichen Leben künftig an Bedeutung gewinnen wird. Dazu zählt das ehrenamtliche Engagement gerade auch auf der kommunalen Ebene. Die Anhebung oder der Wegfall der bisherigen Altersbegrenzung für ehrenamtliche Ortsvorsteher und ehrenamtliche Bürgermeister kann dabei ein Weg sein, dieses Engagement zu fördern.
Die kommunalen Landesverbände haben sich aber nach umfassender Beteiligung ihrer Gremien für eine Beibehaltung der bestehenden Altersgrenzen für ehrenamtliche und für hauptamtliche kommunale Wahlbeamte ausgesprochen. Daher ist jetzt zu entscheiden, was zu tun ist.
Ich persönlich halte Folgendes für sinnvoll: Beibehaltung der Altersgrenze für hauptamtliche, aber Aufhebung der Altersgrenze für ehrenamtliche Funktionsträger in den Kommunen.
Zur Frage 2: Im Landtag liegt ein Gesetzentwurf. Er könnte durch Änderungsantrag zum Beispiel in dem von mir erwähnten Sinne verändert und ins Plenum gebracht werden. Sollte das nicht erfolgen – das ist eine Entscheidung des Landtages –, würde ich einen entsprechenden Vorschlag nach Abstimmung im Kabinett in die bereits gestern erwähnte Kommunalverfassung einbringen.
Ja.
Herr Abg. Martens, ich habe gestern vorgetragen, dass ich mich bemühen werde, im ersten Halbjahr 2006 diesen Gesamtentwurf vorzulegen. Eine von der Staatsregierung isoliert eingebrachte Novelle gerade zu einem Punkt, zu dem ein entsprechender Gesetzentwurf – wenn auch leicht anders – im Landtag ist, halte ich für überflüssig und für Doppelarbeit. Da sollte man sich verständigen, den in einer möglichst breiten Fassung durch einen Änderungsantrag wieder ins Plenum zu heben.
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter, eine statistische Erhebung von ungenutzten Büroflächen wird im Ge
schäftsbereich des Innenministeriums nicht geführt. Unserer Kenntnis nach verfügen allerdings der Ring Deutscher Makler bzw. die Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds über Erfassungen zu Büroflächen. Insbesondere hat die Stadt Leipzig selbst keine statistischen Daten zum Leerstand von Büroflächen, zum Beispiel in der Prager Straße. Die Stadt ist bemüht, Informationen vom Eigentümer zu erhalten, die sie nicht immer bekommt. Darüber hinaus fällt die Verringerung des Bestandes an ungenutzten Büroflächen nicht unter die prioritären Förderziele im Programm der städtebaulichen Erneuerung. Wir beseitigen damit übermäßigen Wohnungsleerstand, nicht übermäßigen Büroflächenleerstand. Letztlich handelt es sich hierbei um eine Aufgabe der Eigentümer dieser ungenutzten Büroflächen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es hier mit einem wirklich schwierigen Thema zu tun. Wer wollte das bestreiten? Es gibt hier überhaupt keine einfachen Lösungen. Der Beitrag belastet denjenigen, der am meisten begünstigt ist, wenn auch oft sehr hoch. Das ist meist der Eigentümer. Die Gebühr belastet alle anderen, meist die Mieter. Schulden belasten unsere Kinder und Enkel. Es gibt in fast allen Bundesländern, bis auf Niedersachsen, das gerade dabei ist, das zu ändern, den Grundsatz: Beitrag vor Gebühr.
Was ist das Motiv? Das Motiv ist, dass – anders als in allen anderen Politikfragen gesagt wird – die Generation, für die etwas geschaffen wird, die wesentliche Last dafür während ihrer Lebenszeit übernehmen soll, selbst wenn der Nutzen dieser Infrastruktur viel länger hält, 50 oder 100 Jahre. In der Regel machen wir es anders. Wir sagen: Jetzt sofort den Nutzen, bezahlen sollen es über die Schulden alle später! Deswegen ist Vorsicht an der Bahnsteigkante geboten, wenn man diesen Grundsatz – da bin ich mit Herrn Lichdi ausnahmsweise einmal einig – vorschnell aufgibt, dass man nämlich diejenigen, die ganz überwiegend Nutznießer sind, während ihrer Lebenszeit an den Kosten beteiligt und nicht die Kosten in die Zukunft verschiebt.
Insofern, Herr Abg. Müller von der NPD-Fraktion, gibt es überhaupt nicht die Möglichkeit, den Bürgern das Problem vom Hals zu halten. Und, Herr Abg. Scheel, es geht auch nicht, zu sagen, das darf nicht auf den Rücken der Bürger abgeladen werden. Die Frage ist immer nur, welcher Bürger es ist. Es gibt niemanden außer den Bürgern, der irgendetwas bezahlt. Es ist nur die Frage, ob es der Bürger als Anlieger ist, der Bürger als Eigentümer, der Bürger als Steuerzahler, der Bürger als Gebührenzahler. Sie werden das Problem nicht lösen, und Sie täuschen die Öffentlichkeit, wenn Sie sagen: Sie sollen das Problem nicht auf den Rücken der Bürger abwälzen.
Natürlich gibt es Härten. Es gibt vor allen Dingen dann Härten, wenn, was wiederum vernünftig ist, eine Gemeinde sagt: Ich mache jetzt nicht nur die Straße, sondern lege
in die Straße, wenn sie einmal aufgewühlt ist, auch gleich die Abwasserleitung. – Denn dann habe ich das Thema der Abwasserbeiträge und –gebühren. Dann entsteht in der Kumulation ein besonderes Problem für die Betroffenen. Das ist wahr und das ist der eigentliche Kern des Problems.
Deswegen – Frau Weihnert hat absolut Recht mit ihrer Bemerkung – ist es mit einer einfachen Veränderung oder Flexibilisierung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze in der Gemeindeordnung gar nicht gemacht, sondern es bedarf schon einer etwas tieferen Überlegung.
Ich möchte aber für die Rechtsaufsichtsbehörden in Anspruch nehmen, dass sie bislang alles in allem maßvoll und unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips – Herr Lichdi, ich stimme Ihnen sogar zu –, unter weitgehender Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift und einer großherzigen Auslegung nach dem, was gerade noch ohne Gesetz geht, im Interesse der Bürger versucht haben, Härten von den Betroffenen abzuwenden. Natürlich steht immer auch die Interessenlage und die Haushaltslage der Kommunen und der jeweils Betroffenen im Mittelpunkt. Das darf nicht vergessen werden.
Was nun den Punkt der Änderung angeht, so ist es keineswegs so, dass der Vorschlag, der in der Koalitionsvereinbarung steht, bei allen Gemeinden auf großen Jubel gestoßen ist. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Bürgermeistern, die Beiträge erhoben haben. Sie sagen: Ihr seid mir ja schöne Pappenheimer! Erst haben wir die Last, bei den Bürgern für Beiträge zu sorgen, und kaum haben wir das gemacht – und bei anderen war es schwieriger und die Kommune hat aus anderen Gründen eine hohe Verschuldung –, sagt ihr: Das ist doch nicht so schlimm, macht es doch mit Gebühren oder sonst wie.
Also auch das – wie wir gegenüber denen, die Beiträge gezahlt haben, und gegenüber den Bürgermeistern, die das durchgesetzt haben, eine Regelung finden können, die vernünftig ist – ist ein Punkt, den wir zu beachten haben.
Meine Damen und Herren! Selbstverständlich werden wir, wenn das beschlossen wird – und so sieht es aus –, zu den Punkten 1 bis 4 berichten. Ich kann Ihnen aber auch berichten – das zu sagen kann ich Ihnen von der FDP nicht ersparen –, dass sich ein wesentlicher Teil der Antworten aus der Beantwortung der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage 3/9854 von Frau Dr. Raatz ergibt. Ich räume ein, dass Sie damals noch nicht im Landtag waren, aber ich empfehle Ihnen diese Antwort als Lektüre. Sie ist vom Februar 2004, von meinem Vorgänger, Kollegen Rasch, unterschrieben. Dort finden Sie seitenlang aufgelistet, welche Gemeinden Beiträge für welchen Zweck erheben, wie die Umlagen waren. All das finden Sie dort. Vielleicht erlauben Sie, dass ich mich dann in meiner Antwort im Wesentlichen darauf beziehe.
Das wäre ungewöhnlich, wenn der Landtag sich selbst Fristen festlegte. Ich möchte gern von mir aus – als Staatsregierung – im ersten Halbjahr 2006 eine Gesamtnovelle der Sächsischen Gemeinde- und Landkreisordnung, eine gemeinsame Kommunalverfassung, vorlegen. Wie schnell dann das Verfahren der Umsetzung sein wird, das möge dieses Hohe Haus entscheiden.
Ich war zwar fertig, aber ich mache es gern; bitte, Herr Morlok.
motivieren, dieses Thema anzupacken und die Gesetzesänderung zeitnah vorzulegen.
Dass man sich jetzt mit der Frist 31.12.2005 nicht einverstanden erklären kann, kann ich nachvollziehen. Das ist vielleicht auch ein bisschen knapp. Aber zu sagen, wie ich schon angesprochen habe, „überhaupt keine Befristung“, halte ich angesichts der Ausführungen, die der Minister gerade gemacht hat, auch nicht für zweckdienlich.
Ich schlage daher dem Hohen Haus vor, unseren Antrag in der Form „Fristsetzung zum 31.12.2006“ anzunehmen. Damit hätte der Staatsminister auch kein Problem, diese Frist angesichts seines eigenen Zeitplanes einzuhalten. Ich denke, wir würden auch uns selber eine Vorgabe geben, bis wann wir gemeinsam erkannte Probleme lösen wollen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche heute und hier in Vertretung des eigentlich zuständigen Finanzministers, auch wenn das Innenministerium ein bisschen mit betroffen ist. Aber innerhalb der Staatsregierung ist der Finanzminister zuständig, der jetzt hier nicht anwesend sein kann.
Es gibt viele Übereinstimmungen zu diesem Punkt. Deswegen will ich nur ein paar ergänzende Bemerkungen machen.
Zunächst wissen wir alle gar nicht genau, was eigentlich PPP ist, was dazugehört. Manche sagen, PPP ist es schon, wenn die Gesundheitsministerin mit der AOK eine Pfundskur macht oder wenn der Innenminister mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft eine Aktion gegen Drogen im Straßenverkehr durchführt. Es ist auch gar nicht abwegig, das als solches zu bezeichnen. Aber selbst dort gibt es Grenzbereiche, die die öffentliche Hand nicht überschreiten sollte, nämlich dann, wenn solche Projekte dazu dienen sollten, Werbung für bestimmte Firmen zu machen. Auch da muss man aufpassen.
Was aber hier offenbar im engeren Sinne gemeint ist, sind Leasing-, Betreiber- oder Konzessionsmodelle zur Erledigung öffentlicher Aufgaben wie Straßen, Schulen, Verwaltungsgebäude. Dazu ist viel gesagt worden.
Ich will Sie alle zu dem Stichwort Kaßberg – weil das vielleicht nicht alle wissen – auf den neuesten Stand setzen. Es wird erwogen, das Justizzentrum in ChemnitzKaßberg als ein solches PPP-Projekt durchzuführen. Dieses Projekt befindet sich in der Ausschreibung. Die Ausschreibungsfrist endet übrigens heute. Im Frühjahr bzw. Sommer 2006 soll das Vergabeverfahren abgeschlossen werden. Mit diesem soll ermittelt werden, ob und welche Effizienzvorteile über PPP realisiert werden können. Mit harten Fakten gerade im Hinblick auf den Betrieb ist jedoch nicht vor dem Jahr 2009 zu rechnen. Allein das Thema Wirtschaftlichkeitsvergleich ist schwierig, denn was vergleichen wir womit?
Die Finanzministerkonferenz hat das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen beauftragt, eine BundLänder-Arbeitsgruppe einzurichten, um einheitliche Standards für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu erarbeiten, damit man wenigstens auf Bundesebene etwa mit der gleichen Sprache spricht. Ehrlich gesagt, einen Leitfaden zu fordern, wenn wir noch nicht einmal bundesweit Anhaltspunkte dafür haben, was eigentlich wirtschaftliche Vergleiche sind, macht überhaupt keinen Sinn. Das kommt zwei bis drei Jahre zu früh.
Es ist gesagt worden – ich unterstütze das –, dass PPP keine Gelddruckmaschine ist, ebenso wie Cross-BorderLeasing keine war. Husch, husch ändern die Amerikaner ihre Steuergesetzgebung und schon sieht die Welt anders
aus – Gott sei Dank nicht rückwirkend, sonst hätten wir in Leipzig noch ein paar größere Probleme!
Es ist auch gesagt worden, dass PPP etwas für größere Projekte ist. Jetzt würde ich gerne neben dem Punkt, den Uwe Albrecht und Herr Pecher angesprochen haben – verdeckte Verschuldung – noch zwei andere Punkte ansprechen, die man als Risiken sehen muss. Das eine ist: Wer zahlt eigentlich die Finanzierungsprovision? Wer bekommt die? – Bei der klassischen Baufinanzierung sind das staatliche Sowieso-Leistungen und der Staat bekommt auch günstige Zinsen. Hier kommen ganz viele, die an dem Finanzierungskonzept partizipieren wollen. Wer zahlt das? – Die öffentliche Hand, vor die Klammer gezogen? – Da sagt Uwe Albrecht: Nein. Der Staat? – Wird nicht zum Teil ein angeblich sinkender Baupreis dadurch wieder erhöht, dass die Finanzierungskosten aller Beteiligten hoch sind? – Da muss man natürlich aufpassen.
Dann stellt sich als nächste Frage: Warum sind eigentlich die Baupreise so niedrig? – Vielleicht deswegen, weil eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die zum Schutz von Arbeitnehmern oder Sonstigen gedacht worden war, hier nicht angewandt wird? Wollen wir das eigentlich? Ist das die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, Regelungen, die sie eigentlich selber will, zu unterlaufen? – Die GRÜNEN haben uns in der letzten Sitzung einen Antrag vorgelegt und gesagt, der Staat solle in besonderer Weise vorbildlich bei der Nutzung von umweltfreundlicher Erwärmung, den Heizkosten usw. sein. Ja, ist das dann eine Vorgabe an einen privaten Betreiber oder nicht, kann man das regeln, erhöht das den Preis? – Wie soll das alles gehen?
Dann gibt es noch etwas anderes. Wir haben hier in der letzten Legislaturperiode eine Vergaberechtsnovelle mit dem deutlichen Ziel einer Mittelstandskomponente gemacht. Ich bekenne, dass ich gegenüber dieser Novelle – einige in meiner Fraktion wissen es – schon immer etwas skeptisch war, weil ich Zweifel hatte, ob der Bürokratieeffekt nicht höher ist als der Mittelstandseffekt zugunsten der Unternehmen. Offenbar ist es aber ganz vernünftig. Jedenfalls sagen die meisten Kommunen und Unternehmen, dass sich das Gesetz bewährt hat. Wem nützt eigentlich PPP? – In der Regel den Großen. Wo sitzen die Größen? – Meistens nicht in Sachsen. Das heißt, wenn PPP eine bestimmte Größe braucht und Finanzierungsaufwand erfordert, dann werden in der Regel die Finanziers und die Projektbetreiber in Westdeutschland und nicht in Sachsen liegen. Das heißt, auch dort ist eine gewisse Vorsicht geboten.
Aber ich möchte nicht in Abrede stellen, dass wir hier in besonderer Weise gefordert sind. Ein Kompetenzzentrum zum jetzigen Zeitpunkt ist aber zu früh. Wir wissen noch nicht genug. Dafür bitte ich um Verständnis. Dass wir uns der Innovation nicht verweigern, zeigt sich schon an einem anderen Punkt. Ich weiß nicht, ob Sie heute schon die Nachrichten gehört haben. Herr Abg. Porsch hat ja neulich der Presse gesagt, Sachsen, die Sächsische Staats
regierung und der sächsische Ministerpräsident seien Glücksritter, weil sie sich auf der Baukonjunktur einen Titel erschlichen hätten. Wenn Sie morgen die Zeitung lesen, werden Sie feststellen, dass die gleiche Stiftung dieses Jahr erneut ein Länderranking aufgestellt hat, und raten Sie einmal, wer da auf Platz 1 steht im Bereich der Dynamik! – Wieder der Freistaat Sachsen –
ohne Baukonjunktur, und zwar mit weitem Abstand. Sie werden das alles morgen lesen. Von daher brauchen wir in Sachen Innovation und Erneuerung wenig Nachhilfe. Aber bei PPP etwas Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Ich möchte schließen mit der Zusammenfassung. Also PPP oder, besser gesagt, ÖPP ja, aber im buchstäblich doppelten Sinne nicht um jeden Preis.
Herr Präsident! Frau Abg. Roth, die Privatisierung kann ein geeignetes Mittel sein, den Staat von Aufgaben zu entlasten, und kann neben der Kosteneinsparung zu einer Neuabgrenzung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft führen. Sie ist eine ständige Aufgabe der Verwaltungsmodernisierung. Deshalb ist derzeit nicht an die Erstellung eines einzelnen Privatisierungsberichtes gedacht. Zunächst muss im Übrigen der Abschlussbericht der Expertenkommission zur Verwaltungsreform abgewartet werden. Gegebenenfalls werden dort Vorschläge zur Privatisierung gemacht. Das weiß ich noch nicht. Die Staatsregierung wird sich ab Oktober dieses Jahres mit dem Abschlussbericht intensiv beschäftigen und dann die notwendigen
Folgerungen, gegebenenfalls auch den Umgang mit Privatisierungsvorschlägen, diskutieren und den Landtag daran beteiligen.
Weil der Umfang der Privatisierung nicht das Ausmaß angenommen hat, das man sich zunächst vorgenommen hatte.
Herr Präsident! Herr Abg. Martens, bevor ich Ihre konkreten Fragen beantworte, gestatten Sie mir einen kurzen Blick auf die aktuelle Situation in Oberwiesenthal, weil man es vielleicht sonst nicht versteht und nicht so ganz gut erklären kann.
Es ist kein Geheimnis, dass sich Oberwiesenthal seit einigen Jahren in einer kritischen Haushaltslage befindet und zur Haushaltskonsolidierung verpflichtet ist. Es wurde festgelegt, dass Zahlungen über 1 000 Euro durch die Kommunalaufsicht zu bestätigen sind. Diese Festlegung erfolgte mit Bescheid vom 17.12.2003. Bürgermeister und Stadtrat haben im Zusammenhang mit dem Vollzug des von Ihnen nachgefragten Dienstleistungsvertrages zwischen der Stadt und dem Tourismusverein keine übereinstimmende Betrachtungs- und Vorgehensweise erzielen können. Vornehm ausgedrückt, auf Deutsch: Sie sind zerstritten. Das Landratsamt ist deshalb vermittelnd tätig geworden. Fest steht danach, dass der Vertrag inhaltlich nachzubessern ist. Darüber haben die Beteiligten bereits verhandelt.
Nun zu Ihren Fragen, die ich gerne im Zusammenhang beantworten möchte. Der Stadtrat von Oberwiesenthal hatte in der Tat beschlossen, bis zur Nachbesserung des Dienstleistungsvertrages alle Zahlungen an den Tourismusverein auf dessen Grundlage auszusetzen. Da der Vertrag Hauptgeschäftsgrundlage des Tourismusvereins war, drohten diesem aufgrund der ausbleibenden Zahlungen finanziell erhebliche Schwierigkeiten. Der Bürgermeister sah sich veranlasst, dies abzuwenden, und stellte beim Landratsamt den Antrag, die Zahlung von 24 824 Euro für die Personalkosten des Vereins für den Monat Juli ausnahmsweise zuzulassen.
Grundlage der Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde war das bereits erzielte Verhandlungsergebnis zwischen der Stadt und dem Tourismusverein. Danach ist der Dienstleistungsvertrag so nachzubessern, dass er am Ende rechtlich mängelfrei ist. Das Landratsamt hat der Zahlung an den Tourismusverein zugestimmt, um unverzüglich gegebenenfalls drohende Haftungsansprüche gegen die Stadt Oberwiesenthal und zugleich Zahlungsschwierigkeiten des Vereins abzuwenden, aber auch, um bei beiden Vertragspartnern die erforderliche Verhandlungsbereitschaft herzustellen bzw. zu
erhalten. Das Landratsamt war sich dabei im Klaren darüber, dass eine grundlegende Klärung der Probleme um diesen Vertrag bis zum Beginn der Wintersaison herbeigeführt werden muss.
Das kann ich jetzt ohne Einblick in die Akten nicht nachvollziehen. Aber wenn das Landratsamt, das Ausgaben über 1 000 Euro ohnehin bestätigen muss, einen Beitrag dazu leistet, dass der Streit zwischen der Stadt und dem Tourismusverein vor dem Winter geklärt wird, und zugleich einen Beitrag dazu leistet, dass dieser Vertrag mangelfrei herbeigeführt wird, und ein Vorgriff auf einen anschließend mangelfreien Vertrag zu diesem Ergebnis führt, dann ist das sicher im Sinne der Tourismusregion Oberwiesenthal.
Ja, Sie haben ja gemerkt, dass ich drumherumgeredet habe, und zwar deswegen, weil ich momentan die Aktenlage nicht genau kenne.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete, zunächst darf ich darauf hinweisen, dass § 39a des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes die eventuell notwendige Anpassung der Satzung schon bis zum 1. Januar und nicht, wie Sie gefragt haben, bis zum 1. Juni vorsieht.
Zur Frage 1. Die Änderung des Gesetzes vom 5. Mai 2004 soll unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts bisherige Normen des Gesetzes entsprechend ihrer ursprünglichen Zielsetzung klarstellen. Das KAG sah bestimmte Ziele vor; das Oberverwaltungsgericht hat gesagt, dass es so nicht formuliert werden kann. Deswegen hat es viele Satzungen aufgehoben und deshalb wurde durch eine Klarstellung das ursprüngliche Ziel wieder hergestellt.
Dies betrifft insbesondere den so genannten Einrichtungsbegriff und die innerhalb der Einrichtung für die Grundstücke erbrachten Leistungen. Jedes Grundstück soll nur für diejenigen Teilleistungen bezahlen, die in Anspruch genommen werden oder werden können. Daher erfolgt künftig die Differenzierung zwischen Schmutz- und Niederschlagswassergebühren auch bei der zentralen Entsorgung. Das war einer der zentralen Streitpunkte.
Für die Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung, die Gemeinden und Zweckverbände, bedeutet diese Änderung eine Überprüfung ihrer Satzung dahin gehend, ob Anpassungsbedarf an die neue Rechtslage besteht, und wenn dieser festgestellt wird, eine Änderung der Satzung bis zum Ende dieses Jahres vorzunehmen.
Zur zweiten Frage. Dem Aufgabenträger steht natürlich das Gesetz zur Verfügung. Das SMI hat dann die Anwendungshinweise zum Kommunalabgabengesetz überarbeitet und im Sächsischen Amtsblatt Nr. 39 schon im September 2004 bekannt gemacht, also kurz nach der Gesetzesnovelle. Der Text ist auch auf der Internetseite meines Hauses zu finden.
Über die Rechtsaufsichtsbehörden erhielten die Aufgabenträger schon am 10. September 2004 zeitnah die Information über diese Veröffentlichung. Darüber hinaus hat der Städte- und Gemeindetag das von ihm 1996 herausgegebene Satzungsmuster an die Änderungen angepasst und vor der Veröffentlichung im „Sachsenlandkurier“ 9/2004 mit meinem Hause abgestimmt.
Es gibt also sowohl vom Städtetag als auch von uns seit Herbst 2004 Anwendungshinweise für alle Aufgabenträger.
Herr Präsident! Herr Abg. Kosel, ich habe Ihre Fragen zunächst so ausgelegt, dass ich mich auf den „Tag der Sachsen“ konzentriert habe. Wenn ich zu allen Großveranstaltungen Stellung nehmen sollte, müsste ich jetzt drei Stunden reden. Außerdem gibt es keine Veranstaltungen nach Art des „Tages der Sachsen“; das ist eine einmalige Sache.
Der „Tag der Sachsen“ wird seit 1992 alljährlich durchgeführt. Seit dem Jahr 2000 beteiligen sich auch rechtsextremistische Parteien und Organisationen mit verschiedenen Aktivitäten, meist Informationsständen, daran. Im Jahre 2000 war die NPD in Zwickau mit einem Infostand auf der Parteienmeile vertreten.
Im Jahre 2001 waren neben der NPD auch die REPs und die Junge Landsmannschaft Ostpreußen mit Infoständen vertreten. Die REPs sammelten außerdem Unterstützungsunterschriften für ihre Beteiligung an der Bundestagswahl 2002. Vertreter der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen beteiligten sich am traditionellen Festumzug durch Zittau.
Im Jahre 2003 präsentierten sich in Sebnitz ebenfalls einige rechtsextremistische Organisationen mit Infoständen. Außerdem versuchten Rechtsextremisten die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und störten eine öffentliche Podiumsdiskussion, sodass diese schließlich abgebrochen werden musste.
Das war ein ernster Vorgang, meine Damen und Herren Abgeordneten von der NPD, und nicht lächerlich.
Im Jahre 2004 trat in Döbeln im Zusammenhang mit dem Infostand der NPD der rechtsextremistische Liedermacher Frank Rennicke auf. Die NPD führte unter anderem mit einem Kleinflugzeug Wahlwerbung für die damals bevorstehende Landtagswahl durch und verteilte kostenlos CDs unter dem Titel „Schnauze voll“ mit Liedern szenebekannter Interpreten und Rockgruppen. Auf dem „Tag der Sachsen“ 2005 in Weißwasser präsentierte sich die NPD mit ihrer eigens für den Bundestagswahlkampf hergestellten so genann
ten Schulhof-CD. Weiterhin waren Stände des Nationalen Bündnisses Dresden e. V. und der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen vor Ort.
Bei der Wahl der Standorte aller Parteien und Vereine wurde durch die Stadt Weißwasser berücksichtigt, dass es Parteien und Vereine mit unterschiedlichen inhaltlichen Ausrichtungen bzw. Strömungen gibt. Eine Bündelung der Standorte nach grundlegender Ausrichtung erfolgte durch die Stadt und wurde der Polizei mitgeteilt. Ziel war die Trennung jener, die sich nicht besonders mögen.
An allen Veranstaltungstagen gab es keine solchen Feststellungen rechtsextremistischer Inhalte im Sinne der Anfrage, die einen Anfangsverdacht des Vorliegens einer Straftat und, daraus resultierend, die Einleitung von Ermittlungsverfahren begründet hätten.
Zu Ihrer Frage 2. Über die Verteilung des genannten Flugblattes zum „Tag der Sachsen“ liegen keine Erkenntnisse vor. Demzufolge kann keine Aussage getroffen werden, wer hinter dem Nachdruck des Flugblattes aus dem Jahre 2000 steht. Sollte Ihnen oder anderen ein Exemplar vorliegen oder eine Sicherstellung erfolgt sein, bitte ich darum, dies mit Benennung eines Anzeigenerstatters zur gegebenenfalls erforderlichen Einleitung weiterer Maßnahmen der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien zu übergeben.
FHwO e. V. ist die Abkürzung für „Freundschafts- und Hilfswerk Ost e. V.“ Dieser Verein ist im April 1991 als „Deutsches Freundschafts- und Hilfswerk Ost“ in Bremen gegründet worden. Vom Bundesamt für Verfassungsschutz wird er als rechtsextremistisch beeinflusste Organisation eingestuft. Weitere Erkenntnisse können im Rahmen der öffentlichen Beantwortung der Anfrage aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden, gern aber im Rahmen der Parlamentarischen Kontrollkommission. Im Übrigen verweise ich auf die beiden letzten Absätze der ergänzenden Antwort auf Frage 1 der Drucksache 3/5973.
Aus polizeilicher Sicht ist eine Tätigkeit des „Freundschafts- und Hilfswerks Ost e. V.“, Postfach 11 54, Bad Bevensen, in Sachsen nicht bekannt.
Herr Präsident! Herr Abg. Jähnichen, die persönlichen Motive des Abgeordneten und seine Freundschaften sind mir natürlich nicht bekannt. Aber ich möchte zu Ihrer Frage allgemein Folgendes sagen:
Die NPD ist eine offen nach Parteizielen und Programmatik verfassungsfeindliche Partei. Sie ist rechtsextrem, rassistisch und ausländerfeindlich, aber zur Unterstützungsgewinnung der Wähler verschleiert sie aus taktischen Gründen einen nicht unerheblichen Teil dieser Zielsetzung. Deswegen kann es aus taktischen Gründen sehr wohl erwünscht und geeignet sein, persönliche Freundschaften, sozusagen als Alibi, vorzuzeigen: Seht her, wir sind gar nicht ausländerfeindlich, weil viele von uns mit Ausländern befreundet sind. – So könnte dieses Verhalten zu bewerten sein.
Herr Präsident! Herr Abg. Schön, es entspricht den Regeln, die Vorbemerkungen nicht zu kommentieren. Wenn wir diese Gewohnheit nicht hätten, würde ich das gern tun. Ich beschränke mich also auf die Beantwortung Ihrer Anfragen.
Zu Frage 1: Mit Mitteln des Programms „Stadtumbau Ost“ des Landesrückbauprogramms konnten bislang rund 40 000 Wohneinheiten abgerissen werden. Das entspricht einer Fläche von 2,4 Millionen Quadratmetern. Eine zahlenmäßige Erfassung über den Rückbau von Wohnungen ohne den Einsatz von Fördermitteln, was es natürlich auch gibt, liegt der Sächsischen Staatsregierung nicht vor.
Zu Frage 2: Bis zum Jahr 2015 sollen insgesamt 250 000 Wohneinheiten – das entspricht rund 15 Millionen Quadratmetern Wohnfläche – rückgebaut werden. Das ist das erklärte Ziel der Sächsischen Staatsregierung.
Fördermittel stehen bis zum Jahr 2009 voraussichtlich für den Abriss von insgesamt 150 000 Wohneinheiten – das entspricht neun Millionen Quadratmetern Wohnfläche – aus dem Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“ zur Verfügung.
Herr Präsident! Frau Abg. Köditz, zu Frage 1: Die Polizeidirektion Leipzig und die Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig werden gemeinsam unter ständiger Abstimmung nachfolgende Maßnahmen zur Verhinderung gewaltsamer Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Aufzug des Herrn Worch und der Gegendemonstration durchführen bzw. veranlassen:
Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes wurde und wird auf die Anmelder und Versammlungsleiter aller Versammlungen und Aufzüge bei Kooperationsgesprächen – daran muss man allerdings auch teilnehmen – dahin gehend eingewirkt, dass sie auf ein gewaltfreies Verhalten ihrer Teilnehmer Einfluss nehmen. Dies wird auch unmittelbar vor und während der Versammlungen veranlasst werden.
Versammlungs- und Veranstaltungsorte von Gegendemonstrationen werden per Auflageverfügung an Standorte verlegt, die sich in einer solchen Entfernung von der Aufzugsstrecke des Herrn Worch befinden, dass kein direkter Kontakt gegeben ist. Ich darf hier an die Debatte erinnern, die wir vor kurzem hier führten. Ich kann nur inständig darum bitten, dass alle Beteiligten dafür sorgen, dass die Kontakte zwischen der Demonstration Worch und allen Gegendemonstrationen möglichst weit auseinander liegen, damit die Polizei nicht wieder in die Lage gerät, in der sie am 1. Mai war.
Für den polizeilichen Einsatz am 1. Oktober 2005 werden Deeskalationsteams gebildet, die aus Psychologen, Pfarrern, Polizeitrainern und ausgebildeten Mediatoren bestehen. Insgesamt sind 24 Mitarbeiter vorgesehen, jeweils 12 von der Polizei und 12 von der Stadt Leipzig, die als Zweierteams gezielt eingesetzt werden.
Zusätzlich wird die Polizeidirektion Leipzig in den Einsatzleitlinien für die eingesetzten Polizeibeamten wie bisher Festlegungen zu proaktivem Handeln, deeskalierendem praktischem Verhalten zur Vermeidung gewaltsamer Auseinandersetzungen treffen.
Es ist allerdings erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass, wie in der Vergangenheit, Personen am 1. Oktober 2005 in Leipzig in Erscheinung treten, denen es bewusst und gewollt auf die Konfrontation mit der Polizei und anderen Personen ankommt. Diesen Personen gegenüber läuft eine Deeskalationsstrategie ins Leere, da Deeskalation die Bereitschaft dazu auf beiden Seiten voraussetzt. Hier bleibt dann nur, wie in
der Vergangenheit, das entschlossene Einschreiten der Polizei nach Maßgabe des Versammlungrechts, des Sächsischen Polizeigesetzes und der Strafprozessordnung; die Eingriffsschwelle gegen Straftäter und Störer wird niedrig eingerichtet werden. Die Polizei duldet keine rechtsfreien Räume. Potenzielle Störer werden offensiv kontrolliert, die rechtlichen Möglichkeiten zur Freiheitsentziehung werden ausgeschöpft und Straftaten beweiskräftig verfolgt.
Zur Frage 2: Die Polizeidirektion Leipzig plant ihren Einsatz entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag auf der Grundlage einer Gefahrenprognose und Risikoabwägung unter Berücksichtigung aller Erkenntnisse. Im Vorfeld legt sie den Kräfte- und Mittelansatz und Einsätze fest und setzt sie um. Vieles ist nicht geeignet, vorher aus verständlichen Gründen öffentlich diskutiert zu werden.
Die Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig erteilt entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag eigenverantwortlich Auflagen und kontrolliert deren Einhaltung. Die Staatsregierung unterstützt die genannten Maßnahmen der Polizeidirektion und der Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig.
Darüber kann ich nichts sagen. Die Kooperationsgespräche gehen auch noch weiter. Es gibt aber aus dem Bereich der so genannten Linksautonomen, die insbesondere von auswärts anreisen, auch Gruppen, die an Kooperationsgesprächen nicht teilnehmen. Es ist oft das Problem, dass die, die an den Kooperationsgesprächen teilnehmen, diese nicht brauchen und die anderen sich diesen Gesprächen verweigern.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe das seltene Vergnügen, mit dem Abg. Herrn Lichdi in voller Übereinstimmung zu sein: Es ist alles gesagt.
Ich will mich auch überhaupt nicht an den umweltpolitischen Debatten beteiligen, weil ich erstens nicht dafür zuständig bin und weil das zweitens gar nicht Gegenstand des Antrages ist. Der Antrag ist ein ganz schlichter und nüchterner Berichtsantrag. Damit hier aber nicht der Eindruck entsteht, die Staatsregierung wolle sich dem Bericht entziehen, will ich das in der kürzestmöglichen Form gern tun und im Übrigen auf die Vorausführungen verweisen.
Einer separaten Berichterstattung zu Ziffer 1, Herr Günther, bedarf es nicht, da sich nach unserer Auffassung die Antwort unmittelbar aus dem Gesetzestext ergibt.
Was die Ziffern 2 und 3 angeht, so ist zu berücksichtigen, dass seit In-Kraft-Treten der Bestimmungen der Bauordnung noch kein ganzes Jahr verstrichen ist. Deswegen sind wir außerstande zu berichten. Wir könnten irgendetwas berichten, aber es ist ohne Sinn, weil wir über die Auswirkungen der Rechtsänderung, also der Verordnung, die am 1. Juli in Kraft getreten ist, sinnvollerweise jetzt noch nicht berichten können.
Die in Ziffer 4 geforderte Gesetzesänderung ist nach unserer Auffassung überflüssig. Ich glaube, da werden wir Einvernehmen erzielen, denn § 72 Abs. 3 der Sächsischen Bauordnung enthält, wie das die Fachleute nennen, ein so genanntes intendiertes Ermessen. Das bedeutet, dass die Sicherheitsleistung im Regelfall zu erheben ist und nur in besonderen Fällen davon abgesehen werden darf. Die Staatsregierung wird einen Verwaltungsvollzug in diesem Sinne sicherstellen.
Was die Ziffern 5 und 6 angeht: Zu den Sonderlackierungen ist alles gesagt. Ich weiß übrigens nicht genau, was eine Fledermauskollision ist. Das hat sich mir nicht erschlossen. Ich habe mir gedacht, was Sie damit meinen,
aber der Ausdruck „Fledermauskollision“ ist für mich nicht klar erkennbar.
Die Farbgestaltung der Windkraftanlagen hat viele Wirkungen, zum Beispiel eine ästhetische, aber sicher keine auf die Fledermäuse. Deswegen meine ich, mindestens mit diesem Bericht sollte der Antrag für erledigt erklärt werden. Jedenfalls scheint er mir überflüssig zu sein.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Da bin ich mir nicht so sicher, vor allem was die Spannung betrifft. Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir hier in einer entspannten Atmosphäre vor der Sommerpause die Polizeistrukturreform diskutieren. Ich habe sehr aufmerksam zugehört, als die PDS gesagt hat, dass das Grundanliegen der Reform vernünftig war.
Ich habe mit Interesse gehört, dass die FDP gesagt hat, dass sie sogar notwendig war.
Dazu will ich sagen, dass sich das vor Tische alles ein bisschen anders angehört hat. Damals war Horst Rasch, der dort hinten sitzt, einer der wenigen, die gesagt haben, dass das vernünftig und notwendig ist. Vor Tisch gab es erbitterte Proteste gegen diese Strukturreform. Das wollen wir nicht vergessen,
und zwar nicht nur wegen irgendwelcher Nichtbeteiligungen.
Es war richtig, Linie zu halten. Deswegen finde ich, gebührt einem Mann, neben vielen Mitarbeitern, noch einmal ein ausdrücklicher Dank, dass er dieses Thema durchgezogen hat. Das ist Horst Rasch. Er kann stolz sein, dass jetzt alle dieses Anliegen für richtig halten. Herzlichen Dank!
Meine Damen und Herren! Die Ziele wurden im Einzelnen dargestellt. Ich muss das nicht detailliert wiederholen. Wir haben darüber in der Tat lange diskutiert. Lassen Sie mich aber trotzdem auf einige Punkte eingehen, die hier vorgetragen wurden.
Das erste Argument, insbesondere von Herrn Martens, lautete: Ihr habt der polizeilichen Basis einen Stellenzuwachs versprochen, der nicht eingetreten ist. Das ist einer der Kritikpunkte. Der Sachverhalt stellt sich aber wie folgt dar:
Insgesamt ist es durch die Abschaffung der Polizeipräsidien gelungen – Herr Bandmann hat das schon gesagt –, die polizeiliche Basis um zunächst 400 Stellen, Herr Martens, zu stärken. Dieser Stellenzuwachs kommt in erster Linie den Polizeirevieren einschließlich Posten zugute. Sie wurden um 308 Stellen verstärkt. Die Mehrzahl dieser Stellen, genau 248, ist bereits besetzt. Von 308 sind also 248 bereits besetzt, die anderen werden noch folgen. Dass es in einem Personalkörper mit 15 000 Beschäftigten einschließlich der zivilen Mitarbeiter, der Angestellten, zu Abordnungen und Veränderungen kommt, wenn man auf Lehrgänge geht, wenn man einmal im Lagezentrum arbeitet – das ist etwas ganz Normales. Die Zahl der Abordnungen ist auch nicht mehr überproportional. Es bleibt dabei: Die deutliche Mehrzahl dieser Stellen ist auch personell bei der Basis angekommen.
Zweitens zur Prävention. Wenn wir uns jetzt einmal auf die Polizeiprävention im engeren Bereich beziehen – ich rede jetzt hier nur von der Polizeiprävention, Frau Ernst; es gibt andere Präventionen, die wichtig sind, wie Gesundheitsprävention, im Schulbereich usw. –, so ist es so – das werden Sie in Deutschland mit der Lupe suchen können –, dass durch diese Polizeireform, durch die Entscheidungen, die damit getroffen worden sind, in jedem Polizeirevier, und zwar nicht nur stellenmäßig, sondern tatsächlich – es sei denn, er ist krank – ein hauptamtlicher Präventionssachbearbeiter sich ausschließlich mit der Prävention beschäftigt. Das ist eine tolle Leistung. Wir werden sehen, wie die Auswirkungen sind.
Ich verhehle nicht – darüber haben wir im Ausschuss diskutiert –, dass wir uns sehr genau ansehen müssen, ob diese große Leistung dazu führen könnte, dass die anderen Polizisten sagen: Prävention ist nicht mehr Teil meiner Verantwortung, dafür haben wir jetzt den hauptamtlichen Präventionsmitarbeiter. Wenn das der Fall wäre, müssten wir darüber neu nachdenken. Aber dass wir jetzt in jedem Revier jemanden haben, der sich hauptamtlich mit Prävention beschäftigt, ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass die Polizeistrukturreform gezeigt hat, dass die Polizeidirektionen in der Lage sind, mit schwierigen Lagen umzugehen. Das ist zunächst am 13. Februar in Dresden geschehen und es ist, um einen anderen Fall zu nehmen, die Behandlung und Aufklärung des Falles der Ermordung der kleinen Ayla in Zwickau im Mai 2005 gewesen. Das waren zwei ganz unterschiedliche polizeiliche Einsätze, die gezeigt haben, dass die Polizei auch in den neuen Strukturen in der Lage ist, gute Arbeit zu leisten.
Natürlich gibt es im Einzelfall auch Kritik an der Arbeit der Polizei. Über einen Einzelfall, der jetzt mit dieser Polizeistruktur nichts zu tun hat, haben wir ja hier umfänglich diskutiert. Nehmen wir mal den Polizeieinsatz zu Himmelfahrt in Dresden. Hinweise an der Kritik solcher Polizeieinsätze nehme ich ernst. Jeder Polizeieinsatz, ob gut oder schlecht, wird anschließend ausgewertet. Sie waren und sind für die sächsische Polizei Anlass für entsprechende Einsatznachbereitungen. Sie sind aber nicht Ausdruck einer nicht funktionierenden Polizeiorganisation.
Mein Grundverständnis im Verhältnis zur Polizei – darin unterscheide ich mich zum Beispiel massiv von dem
Abg. Lichdi – ist wie folgt: Ich stelle mich erstens grundsätzlich vor die Polizei.
Zweitens heißt das aber nicht Kritiklosigkeit. Die Kritik, die ich übe, übe ich intern. Drittens glaube ich nicht jeder Meldung, die von der Polizei kommt, und ich glaube auch nicht jeder Meldung, die Kritik an der Polizei übt. Aber im Zweifel glaube ich eher der Polizei als den Kritikern der Polizei. Das ist meine Grundauffassung im Verhältnis zur Polizei. Ich glaube, das ist auch richtig so.
Jetzt muss ich aber doch in die fröhliche Stimmung etwas Ernstes bringen.
Ja, bitte.
Das ist Ausdruck meiner Fürsorgepflicht und Ausdruck meines Zutrauens in die Arbeit der Polizei.
Jetzt will ich aber in den heiteren Ton der Debatte ein ernstes Wort sagen, Herr Abg. Martens. Was die Frage der Videoüberwachung angeht, unterscheiden wir uns grundsätzlich. Damit meine ich nicht die Frage des Umfanges der Videoüberwachung. Das ist ein Thema, über das man streiten kann. Ich bin mit Herrn Bandmann für eine Ausweitung der Videoüberwachung. Das ist aber heute nicht Gegenstand der Debatte. Mir kommt es auf etwas anderes an, und das ist ein ernster Punkt. Wenn Sie sagen, die Videoüberwachung ist deswegen nicht sinnvoll, weil sie keine Anschläge verhindert, was richtig sein mag, und das Erfassen der Täter sei ja nicht so wichtig – da sind wir ganz anderer Meinung. Die Aufklärung und die Verfolgung von Straftaten ist insbesondere bei terroristischen Anschlägen die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Rechtsstaates.
Wenn die Videoüberwachung dazu einen Beitrag leisten kann, selbst wenn die Selbstmordattentäter tot sind, ist es sehr notwendig, solche Videoüberwachungen herbeizuführen. Bitte nicht das Argument, die Videoüberwachung ist falsch, weil man Anschläge nicht verhindert!
Das halte ich für ein fundamental falsches Verständnis von Rechtsstaat überhaupt.
Ja, bitte.
Sie haben jetzt eine andere Argumentation entwickelt. Meine ging zunächst auf die Aufklärung und Bestrafung. Auch da ist die Videoüberwachung wirksam. Jetzt aber zur Frage der Abschreckung. Diese Terroristen haben insoweit eine besonders verwerfliche Gesinnung, weil sie in die so genannten weichen Ziele gehen. Was sind weiche Ziele? Das ist die Ansammlung unschuldiger Bürger. Wo versammeln sich unschuldige Bürger sehr häufig und viel? – Dort, wo Transportwege, Volksfeste und Ähnliches sind. Wer versammelt sich dort auch seit Menschengedenken? – Taschendiebe, andere Leute, die auch Böses im Schilde führen. Das ist nun einmal so, wenn viele Menschen beisammen sind. Und gerade die – das wissen wir ja nun durch unsere Videoüberwachung längst – werden natürlich durch Videoüberwachung abgeschreckt. Das heißt, man schreckt andere ab, die Terroristen wohl nicht, aber man ist imstande, die Terroristen anschließend aufzuspüren und zu bestrafen. Aus diesem Bündel von Maßnahmen ist Videoüberwachung da, wo sie sinnvoll ist, ein sehr wirksames Mittel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ein Wort zu den Liegenschaften sagen, weil es dort Kritik gibt, die zum Teil berechtigt ist, weniger in Chemnitz und nicht in Dresden, was die Polizeidirektion Dresden angeht. Sie ist ein bisschen berechtigt bei der Unterbringung von OEOE wie wir im Polizeideutsch sagen. Sie ist aber vor allem berechtigt im Bereich Westsachsen und in der Oberlausitz/Niederschlesien. In Westsachsen ist es eine Frage der Zeit. Dort ist die Polizeidirektion in Bau, der Spatenstich ist erfolgt. Was Oberlausitz/Niederschlesien angeht, so ist das in der Tat nicht befriedigend, dass wir dort eine Polizeidirektion an mehreren Standorten haben: In Görlitz wird geführt, in Bautzen wird verwaltet. Übrigens, Frau Dr. Ernst, Postwege betrifft Briefe, die auch sieben Tage Zeit haben. Im Übrigen hat die Polizei Funk und Telefon und kann wichtige Dinge auch schnell übermitteln.
Begeistert ist darüber niemand, ich auch nicht. Ich möchte deshalb gerne so schnell wie es irgend geht zu einer Zusammenführung der Einheiten kommen. Wir warten auf eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des sächsischen Staatsbetriebes für Immobilien. Dann wird es schnell zu einer Entscheidung kommen. Ich werde selbst darüber wachen, dass es möglichst schnell geht. Dies ist, wenn Sie so wollen, der einzige wirklich berechtigte Kritikpunkt, dass es bisher nicht gelungen ist, im Bereich Oberlausitz/Niederschlesien zu einer einheitlichen, auch liegenschaftlichen Unterbringung zu kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Reform wird evaluiert. Es gibt auch schon ein paar Ideen, was im Detail vielleicht noch nicht so gut gelaufen sein könnte. Es macht aber keinen Sinn, einige wenige Wochen und Monate nach einer solchen Evaluierung gleich zu Veränderungen zu kommen. Wir werden im zweiten Halbjahr damit beginnen, dann werden die Ergebnisse der Evaluation sicher in das einfließen, was hier so gespannt als Debatte nach der Bundestagswahl benannt wurde, nämlich gegebenenfalls Umstrukturierungen aufgrund weiterer Personalentscheidungen. Ich möchte, wenn Sie erlauben, zum Schluss eine Bemerkung machen, die etwas zusammenfasst, was wir in den letzten Tagen erlebt haben. Wir hatten eine Aktuelle Debatte über die Kita-Versorgung. Das Ergebnis war, dass Sachsen bei der Kita-Versorgung in Deutschland mit an der Spitze steht. Angriffe der Opposition: Fehlschlag. Wir diskutieren seit einem halben Jahr über Schulpolitik – heftige Debatten. Seit gestern wissen wir: Die Schulpolitik in Sachsen ist Spitze!
Ich weiß ja, dass Sie das ärgert. Dann hatten wir die Polizeistrukturreform – ein riesiges Debattenthema. Jeder, der sie gefordert hat, bekam Kritik; Unterstützung hielt sich in allerkleinstem Rahmen. Jetzt sagt sogar die Opposition, das Anliegen ist vernünftig und notwendig. Dass die Finanzpolitik gut ist, wissen wir. Die Hochschulpolitik ist auch in gutem Zustand. Wenn also im Kernbereich dessen, wofür ein Land überhaupt zuständig ist – Kinderbetreuung, Schulversorgung, innere Sicherheit, Hochschulen und Finanzen –, der Zustand dieses Landes gut ist, dann, finde ich, können wir doch alle ein bisschen stolz in die Sommerpause gehen.
Frau Präsidentin! Herr Abg. Paul! Ich möchte Ihre Fragen im Zusammenhang beantworten. Die Ermittlungen sind insgesamt noch nicht abgeschlossen. Außerdem ist Ihre Fragestellung, welchem Personenkreis sie zuzuordnen sind, nicht so präzise, dass ich sie beantworten könnte. Ich möchte aber gern, was den Stand der Ermittlungen angeht, hinzufügen, dass nach meinen Informationen drei Ermittlungsverfahren geführt werden. Eines ist bereits vor dem Amtsgericht Dresden abgeschlossen worden. Es wurde am 7. Juli 2005 verhandelt. Der Angeklagte wurde wegen Landesfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Er befand sich vom 19. Juni bis zur Urteilsverkündung in Untersuchungshaft.
Die Straftaten richten sich nicht nach der politischen Orientierung der Betroffenen, sondern es ging hier um Landfriedensbruch. Ich will Ihnen gerne bestätigen, dass dieser Landfriedensbruch, um den es hier ging, sich gegen die Gruppe gewandt hat, die Sie eingangs genannt haben.
Ob es eine Gruppe war, welche Rolle der Abg. Menzel dabei gespielt hat, wird in der Öffentlichkeit diskutiert, wie Sie wissen. Wenn Sie die Gruppe so bezeichnen wollen, dann trifft es zu.
Zu den aufgeworfenen Fragestellungen gibt es derzeit keine gesicherten Datengrundlagen. Im Rahmen einer dazu durchgeführten „Blitzumfrage“ bei den unteren Bauaufsichtsbehörden ergab sich, dass in den Regierungsbezirken Dresden und Leipzig seit In-Kraft-Treten des § 72 Abs. 3 SächsBO am 01.10.2004 keine Baugenehmigungen für Windkraftanlagen erteilt wurden und damit auch keine Sicherheitsleistung verlangt wurde. Im Regierungsbezirk Chemnitz wurden seit Einführung der Möglichkeit der Festsetzung einer Sicherheitsleistung acht Genehmigungen zur Errichtung von Windenergieanlagen erteilt. Eine Sicherheitsleistung wurde in drei Fällen festgesetzt. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 37,5 %. Welche Motive die unteren Bauaufsichtsbehörden dazu bewogen haben, in den übrigen fünf Fällen von der Festsetzung einer entsprechenden Sicherheitsleistung abzusehen, konnte in der gesetzten Frist nicht ermittelt werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist alles gesagt, aber noch nicht von allen. Deswegen verzichte ich auf eine Rede. Nur eine Richtigstellung, Herr Abg. Martens: Die Grundlage für die Kostenerstattung bezieht sich deswegen auf 50 Personen, weil nur 50 Personen übergehen und nicht 59. Die anderen neun bleiben beim Freistaat. Insofern gibt es da keinen Streit. Über alles Weitere zur Verwaltungsreform sprechen wir im Herbst.
Ich bedanke mich für die sachliche Ausschussberatung und bitte um Zustimmung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich gebe die Einbringungsrede zu Protokoll und empfehle dringend die Lektüre im Nachhinein.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, dieses Gesetz an den Innenausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – mitberatend – zu überweisen. Wer folgt diesen Vorschlägen? – Danke schön. Wer folgt diesen Vorschlägen nicht? – Wer ist unentschieden? – Ich stelle Einstimmigkeit fest. Damit ist Tagesordnungspunkt 14 abgearbeitet. Die 1. Lesungen sind beendet.
Erklärung zu Protokoll
Die Staatsregierung bringt hiermit den Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Meldegesetzes in den Landtag ein. Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur gemeinsamen Nutzung der IT-Technik durch Land und Kommunen. Unser Ziel ist es, das Melderecht zu vereinfachen, die Verwaltungsverfahren in den Meldebehörden zu rationalisieren und dabei vor allem das Meldewesen bürgerfreundlicher zu gestalten.
Auf folgende geplante Änderungen will ich kurz eingehen:
Die landesinterne und länderübergreifende Kommunikation der Meldebehörden auf dem Papier wird durch elektronische Datenübermittlung erfolgen.
Auf die Abmeldung kann weitgehend verzichtet werden.
Die Gemeinden können ihren Bürgern einen vorausgefüllten Meldeschein zur Verfügung stellen und so die Anmeldung erheblich erleichtern.
Folgende für andere Verwaltungsverfahren bedeutsamen Tatsachen werden im Melderegister neu aufgenommen:
Eintragung als Unionsbürger für die Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament;
Möglichkeit des Eintritts des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit;
waffenrechtliche und sprengstoffrechtliche Erlaubnisse;
Identifikationsnummer nach dem § 139a AO für die Mitwirkung in steuerrechtlichen Verfahren. Und
es wird die Möglichkeit der Vertretung bei der Anmeldung für den Fall eröffnet, dass eine Vorsorgevollmacht erteilt ist und der Meldepflichtige wegen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, die Meldepflicht zu erfüllen.
Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die wegweisende Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in den meldebehördlichen Verfahren. Aufgrund des Melderechtsrahmengesetzes des Bundes muss die elektronische Rückmeldung bundesweit zum 01.01.2007 bei jeder Meldebehörde gewährleistet sein.
Weiteres wesentliches Kernelement der Gesetzesnovelle ist deshalb die Einrichtung eines Kommunalen Kernmelderegisters, das Sachsen als eines der ersten Länder anstrebt. Das Kommunale Kernmelderegister bietet vielfältige Vorteile für Bürger, Wirtschaft und ressortübergreifend für die Verwaltung:
Ein Zugriff auf das zentrale tagesaktuelle Adressverzeichnis durch Gewerbe, Handwerk, Industrie und Freiberufler fördert den Wirtschaftsstandort Sachsen. – Den sächsischen Behörden stehen erstmals die bereinigten Meldedaten aller Bürger des Freistaates Sachsen in einem Pool zur Verfügung. – Die tagesaktuellen Kerndaten aller Einwohner Sachsens sind dann an einer zentralen Stelle 24 Stunden verfügbar, was besonders im Hinblick auf die Gefahrenabwehr wichtig ist. – Landesbehörden werden nur mit einer einzigen zentralen Stelle automatisiert kommunizieren; bisher fand der Datenaustausch mit 323 Meldebehörden im Wege der Briefpost statt. – Sach- und vor allem Personalkosten können eingespart werden, da die Abfragen automatisiert erfolgen. – Die Qualität der Melderegister wird dadurch verbessert. Wichtig ist das zum Beispiel für Wahlen, den Finanzausgleich oder die Justiz. Fehler in den Karteien werden vermieden und eine aktuelle verzögerungsfreie Feststellung der tatsächlichen Einwohnerzahlen ist möglich mit entsprechenden Folgen für die Genauigkeit der Zahlungen nach dem FAG. Die geschätzten Ausgaben für den Staatshaushalt sind im Doppelhaushalt 2005/2006 bzw. in der mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2005 in Höhe von 2 810 000, im Jahr 2006 in Höhe von 1 779 500 enthalten. Die weiteren Vorteile können wie folgt stichwortartig zusammengefasst werden: – Größter Nutzer der Gesetzesnovelle ist die Finanzverwaltung. Ohne die zeitnahe flächendeckende elektronische Anbindung aller Meldebehörden kann das Steueränderungsgesetz 2003 nicht umgesetzt werden: Es würde die Vergabe der Identifikations-Nummer durch das
Bundesamt für Finanzen für sächsische Bürger scheitern und die geplante Verbesserung und Erweiterung im Umgang mit der elektronischen Lohnsteuerkarte im Arbeitnehmerbereich nicht stattfinden. – Ebenfalls notwendig sind die konsolidierten Daten des Kernmelderegisters für den Mikrozensus. Der nächste Zensus wird nicht mehr in der Form einer traditionellen Volkszählung, sondern registergestützt auf Basis der Melderegister durchgeführt. – Die verbesserte Qualität der Melderegister führt mittelbar zu einer Kostensenkung in anderen Bereichen; insbesondere kann dem Sozialmissbrauch von Doppel- oder Mehrfachleistungen an eine Person entgegengewirkt werden. – Der Wettbewerbsstandort Sachsen wird erheblich gestärkt. Die Einrichtung eines Kernmelderegisters mit der Möglichkeit, einfache Melderegisterauskünfte, insbesondere die aktuelle Adressenauskunft, von einer zentralen Stelle mit Nennung des gegenwärtigen Wohnortes nach Umzügen rund um die Uhr und sofort erhalten zu können, ist eine wesentliche Forderung der Wirtschaft. – Der Betrieb des Kernmelderegisters wird durch die SAKD erfolgen, die ihrerseits die Leistungen ausschreiben wird. Der Betrieb des Kernmelderegisters wird für die SAKD kostendeckend sein. Die Kommunen und das Land Sachsen werden gemeinsam ein sicheres, funktionierendes und nachhaltiges System des Meldewesens in Sachsen schaffen. Dieses anspruchsvolle Ziel möchten wir mit der Gesetzesnovelle verwirklichen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist viel gesagt worden. Wir haben im Innenausschuss lange darüber geredet. Lassen Sie mich kurz den Sachverhalt nüchtern aus meiner Sicht schildern und dann ein paar bewertende Bemerkungen machen. Der Rechtsextremist Worch meldete für den 1. Mai 2005 bei der Stadt Leipzig einen Aufzug mit Kundgebung in der Zeit zwischen 12:00 und 20:00 Uhr an. Zur Aufzugstrecke erließ die Versammlungsbehörde, nämlich die Stadt Leipzig, einen Auflagenbescheid mit einer geänderten Aufzugstrecke. Dagegen eingelegte Rechtsbehelfe des Herrn Worch hatten Erfolg, so dass er die gewünschte Aufzugstrecke am Augustusplatz vorbei – darauf komme ich gleich – in den Stadtteil Leipzig-Connewitz und wieder zurück erreichte. In Leipzig fanden – nicht nur am Vorabend, sondern am gleichen Tag – viele weitere Versammlungen statt, zum Teil mit Aufzug und Kundgebung, die ebenfalls mit polizeilichen Einsatzmaßnahmen geschützt werden mussten.
Um 15:18 Uhr setzte sich der Aufzug des Herrn Worch mit 826 Teilnehmern in Richtung Innenstadt in Bewegung, ohne vorherige Zustimmung der Versammlungsbehörde. Davon war schon die Rede. Doch bereits dort gab es Gegenaktionen.
Insgesamt hatten wir in der Stadt zirka 2 000 gewalttätige Störer, überwiegend aus dem linksautonomen Bereich anderer Bundesländer, wie zum Beispiel aus dem gewaltbereiten Berlin. Darauf komme ich gleich noch.
Das nehme ich gern zurück. – Gewalttätige und gewaltbereite Störer aus Berlin. Vielen Dank für die Kor
rektur. In diesen Ruf will ich Berlin nicht geraten lassen. Das ist selbstverständlich.
Durch diese Demonstranten wurden die Polizeikräfte mit Steinen und Flaschen beworfen sowie mit Feuerwerkskörpern beschossen. Stein- und Flaschenwürfe richteten sich auch gegen die Teilnehmer der Versammlung des Rechtsextremisten Herrn Worch. Zu Beginn hatten diese Teilnehmer übrigens nicht die Möglichkeit, Steine und andere Dinge zu werfen, weil so etwas ihnen vorher abgenommen worden war. Soweit es dann zur Gewaltanwendung später auch aus der Aufmarschtruppe Worch gekommen ist, handelte es sich um Gegenstände, die zurückgeworfen worden sind, wie Steine und Flaschen, die zuvor in diese Gruppe hineingeworfen worden waren.
An mehreren Stellen des dann folgenden Aufzuges errichteten Gegendemonstranten Hindernisse, unter anderem durch brennende Müllcontainer, Bauzäune und Baustelleneinrichtungen. Mehrfach kam es zur Versperrung der Aufzugstrecke durch Sitzblockaden der Gegendemonstranten, welche durch Polizeikräfte geräumt werden mussten. Die Polizeibeamten mussten Personen von der Straße tragen, die passiv Widerstand leisteten. Nach mehrfacher Ankündigung mussten wiederholt Wasserwerfer eingesetzt werden.
Ich will hier ausdrücklich betonen, weil ich es in den Zeitungen anders gelesen habe, dass sich in dem Wasser der Wasserwerfer keinerlei Zusätze befunden haben.
Besonders erschwerend war hier – das ist im Grunde genommen der Kern des Problems; Herr Abg. Martens und ich haben darüber schon im Innenausschuss diskutiert –, dass sich viele gewaltbereite und gewalttätige Demonstranten bewusst in friedliche Versammlungen begaben und aus der schützenden Menge heraus die Polizei mit Gewalt angegriffen haben. So tauchten viele gewalttätige Demonstranten in einer Versammlung des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf dem Augustusplatz unter, um aus dieser Menge heraus Gegenstände in Richtung Polizei zu werfen.
Dieses Tun ist umso verwerflicher, wenn man weiß, Frau Abg. Ernst, dass die Polizei anfänglich rechtsextremistischen wie linksextremistischen Demonstranten als eine von mehreren Deeskalationsmaßnahmen ohne aufgesetzte Einsatzhelme gegenüberstand. Erst als die Angriffe linksextremistischer Gewalttäter auf die Polizei begannen, wurden die Helme aufgesetzt.
Um 17:44 Uhr machte die Versammlungsbehörde dem Versammlungsleiter den nachdrücklichen Vorschlag, die Aufzugstrecke abzuändern und zum Ausgangspunkt der Kundgebung zurückzukehren. Der Anmelder akzeptierte dies und der Aufzug des Herrn Worch begab sich wieder zum Hauptbahnhof zurück. Um 19:09 Uhr erklärte der Anmelder die Versammlung für beendet.
Im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschehen sind durch den Rettungsdienst der Stadt Leipzig 17 Personen behandelt worden. Im gleichen Zusammenhang wurden 66 Polizeibeamte verletzt, darunter 36 Polizeibeamte mit
Augenverletzungen durch Reizgasintoxikation, verursacht durch Störer der linksextremistischen Szene. Sie haben Tränen- und Reizgas gegen Polizisten angewandt.
So weit der nüchterne Bericht. – Die genauen Kosten für den gesamten Einsatz werden erst ermittelt. Es wird eingeschätzt, dass dem Freistaat Sachsen Kosten in Höhe von rund 600 000 Euro entstehen werden.
Ja.
Nein, meine Bemerkung mit der ersten Gewaltanwendung, was Flaschen, Leuchtraketen und Steine angeht, bezog sich auf den Beginn der Demonstration im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt, als Herr Worch seinen Ausbruch versucht hat. Dort waren die ersten Stein- und Flaschenwerfer auf die Polizei und auf die Aufmarschstrecke von Herrn Worch. Darauf bezog sich meine Bemerkung. Die derzeit geschätzte Schadenshöhe an Sachschäden beläuft sich auf – –
Eine Frage lasse ich gern noch zu, dann würde ich gern weiter im Zusammenhang fortfahren.
Auch das werden wir gern im Rahmen einer weiteren Einsatzbesprechung klären. Nach meinen Informationen ist es so gewesen, dass es auch dort zu Gewalttätigkeiten kam und dass deswegen die Polizei nach vorn gegangen ist, um Straftäter festzunehmen, und dass sich genau dort linksautonome Gewalttätige in die friedliche DGBGruppe von Demonstranten begeben haben. Auch deswegen war der Einsatz in der Augustusstraße besonders schwierig. Er war aber noch aus einem anderen Grund schwierig, auf den ich gleich noch zu sprechen komme.
Die derzeit eingeschätzte Schadenshöhe beläuft sich auf zirka 100 000 Euro. Die Polizei nahm 66 Personen fest und 38 Personen in Gewahrsam. Mit Stand vom 18. Mai 2005 wurden insgesamt 91 polizeiliche Ermittlungsverfahren zu folgenden Straftatbeständen bearbeitet: Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Diebstahl, Bedrohung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Verstoß gegen das Waffengesetz, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, zum Beispiel Vermummungsverbot, und Nötigung.
Die Ermittlungsverfahren richten sich gegen 60 Tatverdächtige aus der linksextremistischen Szene, gegen sieben Tatverdächtige aus der rechtsextremistischen Szene und sechs Tatverdächtige, die keiner politischen Richtung zuzuordnen sind. Vier Ermittlungsverfahren werden gegen Polizeibeamte wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt gemäß § 340 StGB bearbeitet. Durch die Polizei wurden rund 2 500 Personenkontrollen einschließlich Identitätsfeststellung durchgeführt und 1 786 Platzverweise erteilt.
Nun zur Bewertung. Die Polizei war gut vorbereitet. Es standen ausreichend Einsatzkräfte zur Verfügung. Der im Vorfeld prognostizierte Verlauf einer unfriedlichen Demonstration trat ein. Das Ausmaß der Unfriedlichkeit wurde übertroffen. Der Ursprung der Gewalt ging von Straftätern aus, die der linksextremistischen Szene zuzurechnen sind.
Bemerkenswert ist allerdings die Tatsache, Herr Abg. Leichsenring, dass sich auch Versammlungsteilnehmer der Demonstration des Herrn Worch polizeilichen Maßnahmen widersetzten und auch von rechtsextremistischer Seite Straftaten ausgingen, was Herr Worch aus taktischen Gründen bisher meistens vermieden hat.
Die Polizei hat entschlossen und taktisch richtig reagiert. Es war aufgrund der großen Anzahl gewaltbereiter und zum Teil angereister Personen ein überaus schwieriger Einsatz. Unter polizeilichen Aspekten ist der Einsatz nach meiner Auffassung erfolgreich verlaufen.
Erschwerend kam für die Polizei aber hinzu, dass die Aufzugsroute und die Veranstaltungsorte, insbesondere am Augustusplatz, viel zu dicht beieinander lagen.
Sie waren letztlich nur durch die Straßenbahnstrecke geteilt.