Stefan Lenzen
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die wir nicht als erstes Landesparlament führen, zeigt auch heute wieder, dass diese Große Anfrage wohl ein großer Kassenschlager der selbst ernannten Alternative werden sollte.
Wir kennen das schon von Anträgen und jetzt auch von der Großen Anfrage: Statt eigener Ideen wird abgekupfert und stellenweise einfach blind kopiert. Den Antragsstellern geht es auch gar nicht um Erkenntnisgewinn; das haben die Vorredner auch schon klar gemacht.
Es geht ihnen um politisches Framing und den Versuch, den Schutz von Menschen in einen negativen Kontext zu setzen. Dabei bedienen sich die Fragesteller einer tatsächlichen oder vermeintlichen Neidkultur. Sie versuchen, die Ärmsten der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen. Das lassen wir Demokraten Ihnen einfach nicht durchgehen.
Die Vorredner haben auch schon herausgestellt, dass es den Antragstellen nur um die aktuellen Kosten geht. Es gibt aber auch Fragen, die Sie bewusst nicht stellen, nämlich nach den langfristigen Folgen. Die Quelle hat Kollege Yetim eben schon genannt; ich werde gleich noch einmal genau zitieren.
Es geht auch um die Frage: Wie entwickeln sich Kosten am Ende? Sind das vielleicht doch Investitionen in die Zukunft, gerade wenn es um das wirtschaftliche Wachstum unseres Bundeslandes und unserer Bundesrepublik geht?
Die Quelle, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, wurde schon genannt. Es kommt zu einem ganz entscheidenden Schluss. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich gerne wie folgt zitieren:
„Es zeigt sich, dass Investitionen in Sprachkompetenz und Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge langfristig hohe Renditen erwarten lassen.“
Deutschland braucht Einwanderung. Deutschland wird Schutzsuchenden Schutz bieten, ohne ihnen ein Preisschild anzuhängen.
Die NRW-Koalition sorgt seit drei Jahren für mehr Verbindlichkeit beim Thema „Integration“. Wir schaffen aber eben auch Chancen wie zum Beispiel durch den Bleiberechtserlass mit der 3+2-Regelung, mit dem Erlass zur Ausbildungsduldung und mit unserem Programm „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“.
Wir setzen auf eine Qualitätsoffensive bei den Integrations- und Sprachkursen und sorgen für eine bessere Anerkennung ausländischer Qualifikationen.
Wir werden auch in Zukunft daran arbeiten – ich glaube, im Ziel sind wir uns mit Teilen der Opposition einig –, dass Migration ein Erfolg bleibt. Wir setzen genauso konsequent auf Rückführung, wo das Recht massiv gebrochen wird.
Zum Schluss möchte ich noch eine Person zitieren, mit der mich politisch-stilistisch eigentlich wenig bis gar nichts verbindet. Der Herr hat aber etwas sehr Richtiges in der Debatte in Schleswig-Holstein gesagt; da haben Sie ja auch diese Große Anfrage gestellt.
Ich meine den Kollegen Ralf Stegner von den Sozialdemokraten. Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich ihn zitieren:
„In Anbetracht dessen, dass die AfD dieselbe Copy-und-Paste-Anfrage zum Thema Zuwanderung nicht nur im Bundestag, sondern auch in Brandenburg, in NRW und in Hamburg stellt, komme ich schon ins Nachdenken, ob es nicht lohnen würde, die Kosten durch verschwendete Arbeitsstunden pro AfD-Abgeordneten auszurechen.“
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Infolge der Coronapandemie und der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens mussten in diesem Jahr Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit gehen.
Angesichts der aktuellen Entwicklung der Infektionszahlen ist auch noch nicht absehbar, wann diese Menschen wieder in vollem Umfang ihrer Arbeit nachgehen können. Gerade deswegen ist es so wichtig, die Zeiten ohne Beschäftigung sinnvoll zu nutzen. Wir plädieren dafür, diese Zeiten für den Erwerb und Erhalt von Qualifikationen zu nutzen.
Qualifizierung und Weiterbildung sind ja eigentlich nicht erst seit heute wichtig, aber sie sind heute wichtiger denn je. Wir haben es mit einer sich wandelnden Arbeitswelt und ständig neuen Herausforderungen zu tun.
Wir sprechen von der digitalen Arbeitswelt, von der Globalisierung, vom Strukturwandel und vom Fachkräftemangel. Letzterer wird nach der Coronakrise wieder in den Fokus geraten. Angesichts dessen sollten wir diese Zeit der Krise für diese Themen so gut wie möglich nutzen.
Von den neu erworbenen oder auch den ausgebauten Kompetenzen profitieren auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie erhalten neue Chancen. Auch die Betriebe profitieren davon: Sie können nämlich ihre Beschäftigten an ihr Unternehmen binden.
Auch in Pandemiezeiten ist Weiterbildung möglich. Wir haben E-Learning. Wir haben Angebote direkt am Arbeitsplatz oder im Betrieb. Wir sollten auch realistisch sein: Wir können davon ausgehen, dass Weiterbildungseinrichtungen eher wiedereröffnen dürfen als Freizeiteinrichtungen.
Mit dem Qualifizierungschancengesetz werden die Möglichkeiten zur Förderung von Weiterbildung deutlich ausgeweitet. Unternehmen können sowohl Zuschüsse zu den Weiterbildungskosten als auch zum gezahlten Arbeitsentgelt erhalten. Die Höhe der Zuschüsse ist dabei abhängig von der Betriebsgröße.
Die Teilnahme an entsprechend geförderten Angeboten zur Qualifizierung ist auch während einer Phase der Kurzarbeit möglich. Sofern ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt und eine Weiterbildung während der Kurzarbeit durchgeführt wird, besteht auch für die Zeit der Weiterbildung Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Für die Förderung von Weiterbildung bei Kurzarbeit gelten aber einige Bedingungen. So müssen im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme überwiegend Kenntnisse oder Fähigkeiten vermittelt werden, die für den allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbar sind.
Die Ausgestaltung der Maßnahme hat sich an den durch den Arbeitsausfall bestimmten Gegebenheiten im Betrieb zu orientieren, und das Verschieben oder Abbrechen der Maßnahme muss jederzeit möglich sein, wenn es die vorhandene Arbeit im Betrieb erfordert.
Zudem wurde befristet bis zum 31. Juli 2023 für die Arbeitgeber die Möglichkeit geschaffen, sich bei der Kurzarbeit die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge für Beschäftigte erstatten zu lassen, die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld qualifiziert werden.
Aufgrund der infolge der Coronapandemie verabschiedeten Regelungen über Erleichterungen der Kurzarbeit kann diese Möglichkeit zur Förderung von Weiterbildung während der Kurzarbeit im Zeitraum
bis Mitte 2021 zwar noch keine Wirkung entfalten; aber von da an erwarten wir, dass dadurch deutliche Anreize geschaffen werden.
Diese Ausführungen zeigen, dass wir noch mehr konkrete Informationen und Beratung brauchen, um die Potenziale des Gesetzes in vollem Umfang in Nordrhein-Westfalen ausschöpfen zu können. Dabei setzt das Land auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen, mit Unternehmen, Kammern und Weiterbildungsanbietern. Das wollen wir mit dem vorliegenden Antrag vorantreiben.
Ebenso fordern wir von der Bundesebene, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme sowie die Förderinstrumente überprüft und möglichst vereinfacht oder auch verbessert werden. Dazu zählt auch eine Verlängerung der befristeten Regelung zur hälftigen Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge. So können wir Chancen zur Qualifizierung von Beschäftigten in Kurzarbeit besser nutzen.
Ich bedanke mich jetzt nicht nur für die Aufmerksamkeit. Da dies meine letzte Rede für dieses Jahr ist, möchte ich Ihnen allen auch eine besinnliche Zeit, ein paar schöne Festtage, einen guten Rutsch und vor allem viel Gesundheit im neuen Jahr wünschen. Ich wünsche uns allen nur das Beste. Möge es nächstes Jahr besser werden. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Finanzierung der Flüchtlingskosten der Kommunen hat uns hier ja schon häufiger beschäftigt. Nach mehreren Anträgen diskutieren wir heute über einen Gesetzentwurf der Grünen.
Teilweise kann ich die Ungeduld der Opposition nachvollziehen. Aber entscheidend ist – das ist der Punkt; das hat der Kollege Blondin auch schon ausgeführt –: Bevor die Landesregierung oder die sie tragende Regierungskoalition aus FDP und CDU einen Gesetzentwurf einbringen, was wir durchaus schon hätten machen können, wollen wir eine möglichst breit getragene Regelung haben. Es bringt doch nichts, jetzt etwas vorzubringen, was nach einem Jahr wieder abgeändert werden soll.
Deswegen: Wir arbeiten daran. Es ist wichtig, wir brauchen eine breit getragene Regelung. Die nötige Zeit wird sinnvoll genutzt. In den Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden ist das Ziel einer gemeinsamen Lösung in Sicht. Wichtig ist auch, dass wir mit allen Beteiligten zu einer tragfähigen Lösung kommen. So, wie wir es als Freie Demokraten von unserem Minister Stamp vernommen haben – das zeigen auch die entsprechenden Signale –, sind diese Gespräche auf der Zielgeraden.
Manchmal lohnt sich ein Blick in den Haushalt. Wir haben darüber gestern und vorgestern lange debattiert. Dort findet man zusätzliche Mittel in Höhe von 110 Millionen Euro für eine Anpassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes in 2021.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im sogenannten Lenk-Gutachten von Herrn Professor Dr. Lenk und auch von Hesse und Diesener von der Universität Leipzig aus dem Jahr 2018 wurden bekanntermaßen die Ist-Kosten evaluiert, gerade für das Thema der Flüchtlingsunterbringung. Darüber hinaus wurden Empfehlungen bezüglich einer Anpassung der FlüAG-Pauschale vorgelegt.
Es wird eine Differenzierung zwischen den kreisfreien Städten und dem kreisangehörigen Raum vorgesehen. Es ist das Ziel der NRW-Koalition sowie unseres Flüchtlings- und Integrationsminister Dr. Joachim Stamp, diese Empfehlungen möglichst eins zu eins umzusetzen.
Im Entwurf der Grünen haben wir eine Staffelung entsprechend der Mietstufen analog des Wohngeldes. Mit einer Abstufung nach mehreren unterschiedlichen Sätzen,
die sich aber aus dem Lenk-Gutachten nicht ergeben, laufen wir aus unserer Sicht Gefahr, dass, wenn wir es heute so täten, wie Sie es vorschlagen, es eben nicht rechtssicher umgesetzt werden kann.
Es ist schon etwas eigenartig, dass man ein Gutachten vergibt, woraufhin man eine entsprechende wissenschaftliche Expertise bekommt, und dann kommen Sie mit Vorschlägen in einem Gesetzentwurf, die man diesem Gutachten überhaupt nicht entnehmen kann. Warum sollte man dann ein Gutachten beauftragen? Warum sollte man jetzt auf einmal zu anderen Vorschlägen kommen? Das bleibt ein Geheimnis der Grünen. Aus unserer Sicht ist das mehr als unverständlich.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bezüglich Ihrer Forderung nach einer unbefristeten Kostenübernahme für Geduldete muss man kurz überlegen, welche Anreize man dadurch setzt. Sie wollen das Ganze dauerhaft und umfassend für Menschen ohne Schutzstatus finanzieren, die eigentlich vollziehbar ausreisepflichtig sind. Ich sage Ihnen, warum das kontraproduktiv ist.
Welche Auswirkungen hat das auf die Motivation vor Ort, die Zahl der Geduldeten zu reduzieren? Wir bieten dazu mehrere Lösungsvorschläge an, zum Beispiel ganz konkret – auch wenn Sie es kritisiert haben – die Umsetzung des Asylstufenplans, dass wir nicht mehr so schnell und so viele Geflüchtete auf die Kommunen verteilen. Ferner zahlen wir bisher nach dem alten rot-grünen Gesetzentwurf drei Monate im Gegensatz zum Bund, der einen Monat weiterzahlt. Des Weiteren helfen wir den Kommunen – das führe ich gerne kurz aus – in zweierlei Hinsicht, die Zahl der Geduldeten zu verringern, aber wir nehmen sie auch in die Pflicht.
Zum einen helfen wir Ihnen, wie ich schon erwähnt habe, über den Asylstufenplan. Wir unterstützen die Kommunen bzw. Ausländerbehörden bei Abschiebungen. Bezüglich Rückführungen könnte ich mir bei einer Kommune, gerade wenn dort die Grünen die Mehrheit stellen, wenn sie weiß, die Kosten werden
unbefristet komplett übernommen, gut vorstellen, dass wir über das Thema „Rückführungen“ überhaupt nicht mehr zu sprechen bräuchten.
Auf der anderen Seite bieten wir als Koalition aus FDP und CDU mit unserem Minister entsprechende Perspektiven wie zum Beispiel, den Bleiberechtserlass über die Ausländereinwanderungsbehörde zu nutzen. Das ist auch ein Thema, um die Zahl der Geduldeten zu reduzieren. Wir haben den Erlass schon im März 2019 vorgelegt, um den bundesrechtlichen Spielraum hier auszureizen und zu nutzen.
Wir haben schon am Mittwoch beim Einzelplan 07 diskutiert, wir haben für dieses Jahr ein kommunales Integrationsmanagement auf den Weg gebracht. Wir werden das im nächsten Jahr landesweit ausbauen und damit kommunale Integrationsstrukturen absichern. Mit der Einführung des flächendeckenden kommunalen Integrationsmanagements unterstützen wir die kommunalen Ausländerbehörden personell, gerade als Ausländer-, aber auch als Einwanderungsbehörde.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Die NRW-Koalition aus FDP und CDU weiß genau um die Herausforderungen, vor denen die Kommunen beim Thema „Flüchtlingsaufnahme und Integrationsarbeit“ stehen.
Wir wissen, wie die Herausforderungen sind. Wir unterstützen sie dabei. Ich habe es ausgeführt. Wir entlassen sie aber auch nicht aus der Verantwortung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! So langsam wundert mich nichts mehr. Wir als Freie Demokraten
müssen uns nicht verrenken, wir haben das Thema nicht zum ersten Mal auf der Tagesordnung. Ich kann die differenzierte Position, die wir innehaben, gerne noch mal darlegen, aber ich denke, das ändert nichts an der rein ideologisch getriebenen Position von SPD und Grünen, die, ohne letztlich Argumente zu haben, einfach sagen: Wir möchten Zeitarbeit und Werkverträge verbieten – Punkt. – Richtige Argumente gegen die Zeitarbeit kamen heute wieder mal nicht – reine Fehlanzeige.
Als wir vor zwei Wochen darüber diskutierten, gab ich folgenden Hinweis: Eigentlich gehört das in den Koalitionsausschuss in Berlin, da müssten SPD und CDU/CSU es regeln. – Aber stattdessen diskutieren wir es im Rahmen einer Aktuellen Stunde wieder hier im Landtag.
Arbeitsminister Laumann weist zu Recht auf Bedenken hin – das greift auch der im Antrag erwähnte „Westpol“-Bericht auf –: Was ist mit saisonalen Arbeitsspitzen? Was ist mit den Wurstfabriken? Was ist mit dem Bereich der Fleischveredelung?
Herr Kollege Mostofizadeh, dass Sie die Themen „Schlachtung“, „Zerlegung“ und „Veredelung“ in einen Topf werfen, zeugt von fehlender Sachkenntnis, aber das ist nicht mein Problem.
Minister Laumann wies zu Recht darauf hin, die Themen „Werkverträge“ und „Zeitarbeit“ differenziert betrachten zu müssen. – Ich sage hier für die Freien Demokraten immer wieder, dass man das nicht alles in einen Topf werfen kann. Gerade in der Fleischveredelung könnte man die Zeitarbeit weiterhin erlauben, wenn auch auf Grundlage einer Vereinbarung mit Tarifpartnern. Wir haben eben gehört, dass das bei der Zeitarbeit klar geregelt ist. SPD und Grüne liefern aber keine Argumente, weil sie letztlich keine haben.
Es bleibt unbestritten, dass wir eine differenzierte Lösung brauchen. Es gilt auch für uns Freie Demokraten, den Missbrauch in der Branche eindämmen zu wollen. Im Gegenzug wollen wir aber auch nicht alle Betriebe unter Generalverdacht stellen. Für einen fairen Wettbewerb in einer Marktwirtschaft gilt nämlich immer noch, dass man zwar Missstände bekämpfen, gleichzeitig aber auch schauen muss, wie man übermäßige Regulierungen vermeiden kann.
Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine konsequente Durchsetzung des geltenden Rechts
sind nicht verhandelbar. Ich habe für die Freien Demokraten schon mehrfach klargestellt, dass auch wir Verstöße gegen den Arbeitsschutz, das Arbeitszeitgesetz und das Mindestlohngesetz in keiner Weise akzeptieren. Das geht nämlich nicht nur zulasten der Beschäftigten, sondern auch zulasten derjenigen Betriebe, die sich an die Regeln halten. Genauso wichtig ist es aber, zu schauen, wo wir regulieren und eingreifen wollen und wo es aus unserer Sicht vielleicht nicht erforderlich ist.
Ich gehe jetzt konkret auf die Vorschläge der FDP im Bund und den Ländern ein. Wir haben den Vorschlag unterbreitet, die Werkvertragsgestaltung so zu regeln, dass der auftraggebende Betrieb für die Einhaltung des Arbeitsschutzes und der Standards bei den betrieblichen Unterkünften zuständig ist. Das kann man über eine Nachunternehmerhaftung klar regeln. Auch wir haben erkannt, dass eine missbräuchliche Verwendung von Werkverträgen nicht zu akzeptieren ist und wir das in einer sozialen Marktwirtschaft nicht gelten lassen können.
Ein weiterer konkreter Vorschlag zielt darauf ab, die Zusammenarbeit der Kontrollbehörden auf Bundesebene, Länderebene und in den Kommunen zu verbessern. Außerdem sind wir für die verpflichtende Vorgabe einer digitalen Arbeitszeiterfassung.
Diese Vorschläge haben wir immer wieder unterbreitet. Man merkt im Diskussionsprozess, dass diese Punkte von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und unserem Arbeitsminister zu Recht aufgegriffen werden.
Wir brauchen außerdem Bußgelder, die wehtun. Wenn jemand bewusst gegen bestehende Regeln verstößt, dürfen diese nicht einfach in der Kalkulation mitlaufen können, sondern sie müssen denjenigen auch treffen.
Wir haben in der Debatte immer wieder gemerkt, dass gerade SPD und Grüne ein undifferenziertes Verbot von Werkverträgen und Zeitarbeit fordern. Die Anhörungen im Bundestag und hier im Landtag haben aber wichtige Aspekte aufgegriffen und gezeigt, dass man unterscheiden muss.
Ich habe bereits angesprochen, dass Sie beim Thema „Fleischveredelung“ alle Arbeits- bzw. Produktionsbedingungen in einen Topf werfen. Sie können Schlachthöfe aber kaum mit einem handwerklichen Wurstbetrieb bzw. einem Betrieb aus dem Fleischerhandwerk vergleichen. Auch Kleinbetriebe aus den Bereichen Zerlegung und Veredelung können Sie nicht mit großen Schlachthöfen gleichsetzen.
Bezüglich der Unterscheidung von handwerklichen Betrieben gibt es diese starre Grenze von 50. Ich weise, wie ich es vor zwei Wochen bereits tat, auf Folgendes hin: Was ist mit den Betrieben im Fleischerhandwerk, die mehrere Filialen betreiben, entsprechend viel Verkaufspersonal haben und diese Grenze überschreiten, aber eigentlich nicht zu denjenigen gehören, die sich nicht an die Regeln gehalten haben?
Das Thema „Einsatz von Zeitarbeit“ haben wir mit aufgenommen. Im Gesetzentwurf wird ja beides gleichgestellt. Ich finde, das muss man von diesen fragwürdigen Werkvertragskonstellationen ganz klar trennen.
Es ist richtig: Die Zeitarbeit kann man sinnvoll nutzen, etwa bei Personalbedarf aufgrund von Produktionsspitzen. Das kann in der Grillsaison der Fall sein – das haben wir gehört –, aber ein unerwarteter Ausfall von Beschäftigten lässt sich so auch auffangen.
Die Arbeitnehmerüberlassung ist in Deutschland gesetzlich eindeutig geregelt. Die Arbeitnehmer werden nach Tarifverträgen entlohnt, sie werden vom Entleiher in die Betriebsstruktur integriert, und der Entleiher ist auch für den Arbeitsschutz verantwortlich.
Somit ist ein Verbot der Zeitarbeit in der Fleischwirtschaft
aus unserer Sicht weder erforderlich noch angemessen.
Verehrte Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht doch gar nicht um das Öffnen vermeintlicher Schlupflöcher, sondern es geht doch darum, abzuwägen: Wo muss ich regulieren? Wo ist es wie verhältnismäßig?
Zum flexiblen Arbeitsmarkt gehören eben auch weiterhin Werkverträge und Zeitarbeit. Sie sind ein wichtiges Element der arbeitsteiligen Wirtschaft.
Die Bekämpfung der Missstände – das steht völlig außer Frage – muss man angehen. Aber da müssen Sie doch jetzt gezielt ansetzen.
Ich habe für die Freien Demokraten noch einmal sachlich dargelegt und auch Vorschläge unterbreitet, wie man es machen kann.
Ich bin gespannt, ob Sie in der zweiten Runde auf das Thema „Zeitarbeit“ wirklich noch einmal differenzierter eingehen und das von diesen Werkvertragskonstellationen trennen.
Ich bin gespannt, ob wir dann wieder zu einer sachlichen Debatte kommen. Der Kollege Preuß hat es getan. Meine Wenigkeit hat es gerade auch noch einmal getan. Vielleicht lassen Sie dann diese Kampfbegriffe weg wie „Marsch
nach Berlin“, Kollege Neumann. Vielleicht gehen Sie in der zweiten Runde ganz sachlich auf das Thema „Zeitarbeit“ ein und erklären mir, warum Sie meinen, Zeitarbeit müsste genauso verboten werden wie Werkverträge, obwohl beide völlig andere gesetzliche Grundlagen haben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die NRW-Koalition aus FDP und CDU setzt mit diesem Haushalt ihren Kurs fort, die Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Wir verdoppeln zum Beispiel die Mittel für das Kommunale Integrationsmanagement von 25 auf 50 Millionen Euro.
Frau Kollegin Lux, Sie haben gesagt, Sie hätten das eingeführt. Das Landesmodellprogramm „Einwanderung gestalten NRW“ war ein guter Ansatz, an dem zwölf Modellkommunen beteiligt waren. Sie haben dies jetzt mit einem landesweiten, flächendeckenden Kommunalen Integrationsmanagement gleichgesetzt,
das in allen Kreisen und kreisfreien Städten gilt. Wir sorgen aber nicht nur für eine flächendeckende Einführung, sondern greifen aus diesen Modellprojekten auch das Beste heraus. Auf diese Weise sichern wir die Integrationsstrukturen ab. Außerdem vernetzen wir die Ämter und Behörden vor Ort miteinander. Insofern kann ich nur sagen: Sie hatten da eine gute Idee, und wir machen es jetzt richtig.
Wir richten mit der Förderung zusätzliche Stellen zum Beispiel im rechtskreisübergreifenden Fallmanagement ein, wo es darum geht, Geflüchtete, aber auch andere Zugewanderte zu erreichen und individuell zu betreuen.
Darüber hinaus – das ist ganz wichtig – stärken wir die Ausländerbehörden nicht nur in der Zusammenarbeit mit den Zentralen Ausländerbehörden in Sachen „Abschiebung“, sondern sehen sie auch als Einbürgerungsbehörden an. Wir wollen auch – beim Thema „Integration und Flüchtlinge“ gibt es immer zwei Seiten einer Medaille – Perspektiven schaffen.
So sollen bestehende Bleiberechte gut integrierter Menschen gestärkt werden. Insofern schaffen wir zukunftsfeste Infrastrukturen für die Integration in den Kommunen.
Wir setzen die Förderung der Integrationsarbeit in unveränderter Höhe fort, etwa bei den Integrationsagenturen, KOMM-AN NRW, der Koordinierungsstelle Muslimisches Engagement sowie den Migrantenselbstorganisationen.
Zudem schaffen wir mit zusätzlichen Mitteln die Einrichtung einer Meldestelle #Antisemitismus als neuer niedrigschwelliger Struktur, die nicht nur antisemitische, sondern auch antiziganistische, muslimfeindliche und allgemein rassistische Vorfälle erfassen soll. Das ist ein weiterer Baustein hin zu einer umfassenden Antidiskriminierungsstrategie des Landes.
Für die Koalitionsfraktionen ist die interkulturelle Öffnung der Altenpflege ein wichtiges Anliegen. Wir haben das Ganze auch mit Teilen der Opposition in einem gemeinsamen Antrag vorangebracht. So stehen im kommenden Haushalt 3 Millionen Euro zur Verfügung, um entsprechende Modellprojekte in diesem Bereich zu fördern und zu schauen, wie wir zielgerichtete Angebote kultursensibler Beratungsteams für ältere Migrantinnen und Migranten entwickeln, auf deren spezifische Bedürfnisse eingehen und deren Lebensleistung auch würdigen können.
Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir werden die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte weiter fördern. So haben wir mit der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung eine entsprechend kompetente Anlaufstelle geschaffen. Von den 25 vorgesehenen Stellen sind bereits 19 besetzt. Damit werden die Arbeitgeber besser beraten, wenn es darum geht, die Visaerteilung für einreisewillige Fachkräfte zu beschleunigen.
Genauso setzen wir auch unseren Asyl-Stufenplan weiter um – mit entsprechender Erstattung für die Zentralen Ausländerbehörden und der Finanzierung von Projekten zur freiwilligen Rückkehr.
Einwanderung von Fachkräften, Chancen für gut integrierte Menschen und konsequentes Vorgehen gegen Gefährder, Straftäter und Integrationsunwillige gehören für uns Freie Demokraten zusammen.
Hinsichtlich der Anpassung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sehen wir für 2021, wie bereits erwähnt, zusätzliche Mittel in Höhe von 110 Millionen Euro im Haushalt vor. Wir wollen eine tragfähige Lösung gemeinsam mit den Kommunen auf den Weg bringen. Am Freitag werden wir hier ja noch über die Ausgestaltung sprechen und debattieren.
Zum Schluss noch einige Worte zur Diskussion um die soziale Beratung von Flüchtlingen: Wir erhöhen
die entsprechenden Mittel. Das hat zumindest die Kollegin Aymaz von den Grünen erkannt. Bei der Kollegin Lux hieß es, da gebe es keine Mittelerhöhung. Aber die Grünen haben uns zumindest rechnerisch bestätigt, dass wir hier sehr wohl effektiv die Mittel um 5 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro erhöhen.
Wir vereinfachen die Antragsverfahren und ermöglichen eine zweijährige Förderung.
Wichtig ist auch – das wurde von Teilen der Opposition eben lobend erwähnt –, dass wir trotz rückläufiger Zahlen bei den Asylbewerbern im Bereich der Psychosozialen Erstberatung in den Landesaufnahmeeinrichtungen 26 neue hochwertige Stellen schaffen, um gerade für traumatisierte Geflüchtete ein Angebot vorzuhalten.
Mit den neuen Fördersätzen – das ist der NRWKoalition und unserem Integrations- und Flüchtlingsminister Dr. Joachim Stamp wichtig – wollen wir klare Kriterien hinsichtlich der Qualifikation schaffen. Wir haben erstmalig Qualifikationsstandards fest vorgegeben und wollen mit entsprechender Vergütung im Vergleich zum TV-L auch für Transparenz und Berechenbarkeit in der Förderung sorgen. Das kann natürlich im Einzelfall dazu führen, dass sich eine Förderung im Verhältnis zu den bisher gezahlten Sätzen reduziert.
Genauso wie in den anderen Fällen können diese Fördersätze aber auch gezahlte Vergütungen übersteigen.
Insgesamt halten wir fest: Wir sorgen für eine angemessene Vergütung und wollen Qualität absichern. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Auswirkungen der Coronapandemie sind auf dem Arbeitsmarkt und bei den sozialen Infrastrukturen zu spüren. Sie haben in unserem Land zu einer erheblichen Belastung geführt. Aber das Land hat auch hier schnell und unbürokratisch Hilfe geleistet – nicht nur im Rahmen des Sozialdienstleistereinsatzgesetzes, wo man schnell das Ausführungsgesetz des Landes umgehend umgesetzt hat.
Ich möchte gerne ein paar Beispiele nennen, wo wir sehr schnell zusätzliche Unterstützung gewährt haben, zum Beispiel Liquiditätshilfen für Inklusionsbetriebe in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen von bis zu 75.000 Euro, 500.000 Euro Soforthilfe für die freien Träger der Wohnungslosenhilfe, einem Notfallpaket in Höhe von 900.000 Euro für die 170 Tafeln in Nordrhein-Westfalen sowie zusätzlichen 260.000 Euro für kleinere Initiativen, die Lebensmittel verteilen und nicht dem Landesverband der Tafeln angehören.
Das sind nur ein paar kleine Beispiele, bei denen die NRW-Koalition aus FDP und CDU gemeinsam mit dem Landesarbeitsminister und -sozialminister schnell gehandelt hat. Das zeigt aber auch, gerade in dieser aktuellen Krise haben wir die schwächeren Mitbürgerinnen und Mitbürger immer im Blick behalten.
Arbeit ist der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit.
Deshalb steht bei unserer Arbeits- und Sozialpolitik der NRW-Koalition aus FDP und CDU gerade der Übergang von der Schule in Ausbildung und Arbeit
im Mittelpunkt. So haben wir nach dem Rückzug des Bundes die wichtige Berufseinstiegsbegleitung erst über die ESF-Mittel und dann auch jetzt mit dem Haushalt 2021 über entsprechende Mittel des Landes dauerhaft abgesichert. So sind zum Beispiel im kommenden Jahr dafür 9,2 Millionen Euro vorgesehen. Die Mittel sind in den Folgejahren aufwachsend; so ist es vorgesehen.
Es ist wichtig, dass wir so ein wichtiges Instrument fortführen und ausweiten. Gerade Schülerinnen und Schülern mit schlechteren Startchancen möchten wir so den Übergang in Ausbildung ermöglichen. So setzen wir das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ fort. Genauso fördern wir weitere Maßnahmen der Berufsorientierung in Höhe von 14 Millionen Euro.
Alleine diesen Sommer sind die ersten Projekte an den Start gegangen im Rahmen unserer Landesinitiative „Durchstarten in Arbeit und Ausbildung“. Dafür nehmen wir 50 Millionen Euro in die Hand. Über mehrere Jahre werden die Mittel zur Verfügung gestellt. Damit wollen wir gerade Lücken schließen bei der Sprachförderung, bei der Qualifizierung. So wollen wir jungen geflüchteten Männern und Frauen den Weg ebnen in Ausbildung und Arbeit. Dies zeigt: Integrations- und Arbeitsmarktpolitik gehen Hand in Hand.
Wenn wir bei dem Thema „Neuausrichtung der Landesförderung im Bereich der ESF-Programme“ sind, so haben wir einen klaren Schwerpunkt gelegt auf das Thema „Ausbildung“. Wir erinnern an das Ausbildungsprogramm, mit dem wir Jugendlichen mit mehreren Vermittlungshemmnissen seit Herbst 2018 unterstützen, indem wir jährlich 1.000 zusätzliche Ausbildungsplätze in den Regionen mit einer ungünstigen Bewerber-Stellen-Relation fördern.
Die Kritik kam eben kurz auf. Zu der Neuausrichtung der ESF-Programme zählen auch die Beratungsstellen „Arbeit“. Gerade Menschen, die von Arbeitsausbeutung, von Arbeitslosigkeit betroffen sind, wollen wir dort eine entsprechende Anlaufstelle bieten. So werden auch die bisherigen Erwerbslosenberatungsstellen entsprechend mit der zusätzlichen Aufgabe fortgeführt, erstmals in einem flächendeckenden Angebot. Es wird dafür ein landesweit flächendeckendes Beratungsangebot geben.
Man sieht auch jetzt: Wenn man schaut, wer da alles förderfähig ist, wer sich wieder erneut beworben hat, dann sind darunter 49 bereits als Erwerbslosenberatungsstelle Aktive und genauso bisher 18 als Arbeitslosenzentrum Aktive eingebunden. Das zeigt: Diese bewährte Trägerstruktur setzt ihr Angebot fort. Das, was man uns von der Opposition hier glauben machen möchte, entspricht einfach nicht der Realität.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss noch einen Punkt. Ich habe Kollegen Neumann nicht ganz verstehen können, gerade wenn man sieht, dass die NRW-Koalition aus FDP und CDU die besonders schwachen Menschen in der Gesellschaft im Blick hat. Da muss man vielleicht noch einmal einen Punkt aufgreifen. Da müssten sich die Vertreter von Rot-Grün hier eigentlich in Grund und Boden schämen, wenn wir nämlich über das Thema „Mittel zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit“ sprechen.
Wenn man hier bei Regierungsübernahme mit unserem Arbeits- und Sozialminister im Haushalt 2017 eine mickrige Million vorfindet und wir als NRWKoalition aus FDP und CDU diese Mittel jetzt auch im nächsten Jahr wieder fortführen und auf über 7 Millionen Euro ausgeweitet haben, dann würde ich mich mal an die eigene Nase fassen und überlegen, was Sie da eigentlich betrieben haben. Das war das Allerletzte.
Die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit, um das Problem wirklich anzugehen, hat unser Arbeits- und Sozialminister mit Unterstützung der NRW-Koalition von FDP und CDU gestartet. Gerade die sogenannten Kümmererprojekte haben sich als Erfolgsmodell erwiesen. Wir haben gezielte Angebote geschaffen für wohnungslose Jugendliche und Frauen. Wir haben eine aufsuchende Suchtberatung entsprechend auf den Weg gebracht. Das alles ist konkrete Sozialpolitik, …
… die den Menschen hilft, und nicht diese leeren Worthülsen von Ihnen. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg hat zu einem massiven wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand geführt. Der Bedarf an Arbeitskräften stieg deutlich. So wurde vor 65 Jahren mit Italien das erste Anwerbeabkommen geschlossen. 1960 folgten Griechenland und Spanien, 1961 dann die Türkei, und bis 1968 folgten noch fünf weitere Anwerbeabkommen.
Beim Anwerbestopp 1973 waren rund 2,6 Millionen ausländische Arbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Vielfach kamen die Familien mit oder zogen später hierher. Nordrhein-Westfalen, die industrielle Herzkammer Deutschlands, profitierte wie kaum ein anderes Bundesland von der Arbeitsmigration. Wenn wir ehrlich sind: Das Wirtschaftswunder wäre ohne Arbeitsmigranten so nicht möglich gewesen.
Zur Ehrlichkeit gehört allerdings auch: Es wurden auch Fehler gemacht. – Die gilt es zu erkennen. Es kamen eben nicht nur Arbeitskräfte hierher. Es kamen vor allem Menschen mit ihren Familien. Die Integrationspolitik war damals auch in der Priorität bei Weitem noch nicht so weit wie heute. Es gab keine Deutschkurse in ausreichender Zahl. Städtebaulich hat man nicht angemessen reagiert, um für eine entsprechende Durchmischung der Bevölkerung zu sorgen, sondern größtenteils gab es Ortschaften, wo man eigentlich nur noch migrantische Einwohner vorfand. Das war dem Thema „Integration“ sicherlich nicht förderlich.
Aus diesen Fehlern haben wir gelernt. Integration hat heute einen deutlich höheren Stellenwert. Wir haben unter Demokraten einen integrationspolitischen Kon
sens, und die NRW-Koalition setzt hier auf noch mehr Verbindlichkeit.
Vielfältige Gesellschaften sind erfolgreiche Gesellschaften. Deshalb wollen und werden wir ein offenes Land bleiben. Deshalb setzen wir weiter auf Arbeitsmigration. Nicht nur Industrie, sondern auch Mittelstand und Handwerk setzen längst darauf.
Über die bessere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse haben wir in diesem Hause schon debattiert. Mit der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung in Bonn hat die NRW-Landesregierung ein klares Bekenntnis zu dem Thema abgegeben. Wir Freien Demokraten wollen auch an der Westbalkanregelung festhalten. Sie bringt Ordnung in die Arbeitsmigration und entlastet unser Asylsystem.
Vor 65 Jahren wurde das erste Anwerbeabkommen abgeschlossen. Damals gab es Fehler in Bezug auf das mangelnde Integrationsinteresse Deutschlands, aber Anwerbeabkommen und Arbeitsmigration sind ein Erfolg.
Kollegin Wermer brachte schon das Beispiel von Herrn Professor Uğur Şahin und seiner Ehefrau Özlem Türeci, die an ihrem Doktortitel arbeitet. Wenn wir auf solche Menschen verzichtet hätten oder verzichten wollten, wie es eine Fraktion hier im Hause vielleicht gerne täte,
hätten wir heute wohl kaum diesen vielversprechenden Impfstoff gegen COVID-19, den dieses Ehepaar mit dem Unternehmen BioNTech entwickelt hat.
Bevor die Zwischenrufe aus der hintersten rechten Ecke wieder losgehen, sage ich ganz offen: Ich möchte zum Beispiel auch nicht auf den Pianisten Kaan Cevahir aus meinem Wahlkreis verzichten, der sich neben seiner Promotion politisch, sozial und gesellschaftlich für seine Heimat Hückelhoven engagiert.
Er ist zur Kommunalwahl angetreten, hat für den Rat kandidiert und ist jetzt Mitglied des Integrationsrats.
Ich möchte auch nicht auf meinen Nachbarn Carino Giacomuzzi verzichten, der jahrzehntelang erst auf der Zeche und später in den Glanzstoffwerken in meinem Heimatort Oberbruch hart gearbeitet hat. Er ist ein Grund dafür, dass ich mich seit 1999 bei den Freien Demokraten engagiere.
Jetzt wissen zumindest meine Kollegen, wem sie das zu verdanken haben, nämlich einem italienischen Herrn, der über das Anwerbeabkommen zu
uns gekommen ist. Man sieht also, was das an Positivem nach sich zieht.
Das sind nur ein paar Beispiele für viele Männer und Frauen, auf die ich nicht verzichten möchte, die unsere Gesellschaft vielfältiger, bunter und stärker machen. Ihnen und ihren Großeltern und Eltern gelten unser Respekt und unsere Anerkennung.
Zum Schluss möchte ich noch ganz kurz auf den Entschließungsantrag von SPD und Grünen eingehen. Es handelt sich um die gebündelten Wunschvorstellungen von Rot-Grün: vom kommunalen Wahlrecht für Drittstaatler bis zur Antidiskriminierungsstelle. Wir hätten uns ein bisschen mehr Zeit für die Debatte nehmen sollen. Ich finde es mehr als schwierig, das jetzt so mitzunehmen.
Ich werbe noch einmal für die Zustimmung zu unserem Antrag. Ich glaube, bei vier der fünf Fraktionen besteht ein Konsens darüber, dass wir das entsprechend würdigen und das Thema der Anwerbeabkommen noch einmal in den Vordergrund stellen. Das eint uns. Deswegen bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir verurteilen die brutalen Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund in Dresden, Wien, Lyon, Nizza und Paris aufs Schärfste. Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gelten den Opfern und ihren Angehörigen.
Die Anschläge haben gezeigt, dass die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland und Europa weiterhin extrem hoch ist. Deshalb ist der demokratische Rechtsstaat umso mehr gefordert, unsere offene Gesellschaft zu verteidigen.
Für uns gilt: Der Islam hat wie alle Religionen seinen Platz in unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die für einen religiösen Pluralismus steht. Wer aber wie der Islamismus unsere freiheitliche Gesellschaft beseitigen will, der hat hier keinen Platz.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – wie Antisemitismus und Homophobie – muss auch durch Muslime bekämpft werden.
Unsere offene Gesellschaft wird aber nicht nur von Islamisten bedroht. Sie wird auch von Rechtsextremen bedroht.
Beide haben die gleiche ideologische Basis: die Überhöhung und Absolutierung der eigenen Gedankenwelt, sei es Nation oder Religion, der Hass auf Andersdenkende, auf Andersliebende, auf ethnische oder religiöse Minderheiten – kurz: auf all das, was unsere Gesellschaft ausmacht.
Islamismus und Rechtsextremismus bedingen einander. Die schrecklichen Attentate der Islamisten werden durch Rechtsextreme und auch durch Rechtspopulisten instrumentalisiert. Umgekehrt ist es nicht anders: Hass und Hetze gegenüber muslimischen Mitbürgern oder gar Morde wie in Hanau sind das beste Rekrutierungsprogramm für Islamisten.
Die Landesregierung geht konsequent gegen jede Form von Extremismus und Gewalt vor. Ich erinnere nur an das Programm „NRWeltoffen“ zum Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus oder an „Wegweiser“, das Präventionsprogramm gegen Salafismus.
Wir müssen ein Abdriften der Menschen in Extremismus verhindern und Ausstiegsmöglichkeiten anbieten. Die Berichte zum Aussteigerprogramm des Landes für polizeilich oder nachrichtendienstlich bekannte Angehörige der Islamistenszene zeigen, dass sich ein erheblicher Teil dieser Menschen von extremistischen Einstellungen wieder abwendet. Dort – das muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen –, wo präventive Maßnahmen einfach nicht mehr möglich sind, wo sich eine verfestigte Weltanschauung gebildet hat, muss aber unser Rechtsstaat greifen.
Das Bundeskriminalamt spricht von einer abstrakten Gefährdungslage in Bezug auf Islamismus. Die Zahl der islamistischen Gefährder beträgt bundesweit 620, von denen sich allein 350 in Deutschland aufhalten. Von den 620 Gefährdern haben 330 die deutsche Staatsangehörigkeit, 210 davon ausschließlich. Eine Abschiebung kommt deshalb bei einem Großteil der islamistischen Gefährder gar nicht infrage.
Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Landesregierung und die sie tragende NRW-Koalition aus FDP und CDU haben sich von Beginn an, seit 2017, das klare Ziel gesetzt, für mehr Verbindlichkeit zu sorgen. Das gilt eben in beide Richtungen. Auf der einen Seite wollen wir den integrationsbereiten Menschen Chancen eröffnen und dabei auch alle bundesrechtlichen Möglichkeiten zur Erteilung von Bleiberechten nutzen. Auf der anderen Seite kann es für Gefährder und Schwerstkriminelle keine Gnade geben.
Beides gehört untrennbar zusammen. Wir setzen das auch um. Nordrhein-Westfalen – wir haben es gerade schon gehört – liegt bei der Abschiebung von Gefährdern bundesweit an der Spitze. 44 % der Abschiebungen erfolgten in 2019 alleine aus NRW heraus. Wir konnten trotz der aktuellen Coronalage auch in 2020 entsprechend weiter abschieben. Es wird auch weiterhin unser Ziel und unser Handeln sein – dafür bin ich auch unserem Integrationsminister Dr. Joachim Stamp sehr dankbar –, gemeinsam mit der Regierung und der Koalition diesen Weg, dass wir bei Gefährdern kein Auge zudrücken, konsequent fortzuführen.
Mit der Anbindung an die Zentrale Ausländerbehörde in Essen wollen wir die ausländer- und asylrechtlichen Zuständigkeiten bei den meist sehr komplexen Fällen zentralisieren. Wir wollen alle aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen ausschöpfen, um ausländische Gefährder ausreisepflichtig zu machen.
Ein Kernproblem – das gehört auch zur Wahrheit dazu – bei Rückführungen bleibt die fehlende Kooperationsbereitschaft bestimmter Herkunftsländer. Man überlege sich nur beim Thema „Passersatzpapiere“, dass Länder wie Guinea, Mali, Sierra Leone oder auch Marokko keine Charterflüge zulassen. Das sind Punkte, bei denen wir natürlich auf den Bund angewiesen sind. Gerade – da schaue ich in Richtung der SPD – bei dem einen oder anderen Rückübernahmeabkommen wäre ein Bundesaußenminister mehr gefordert, mit den entsprechenden Herkunftsstaaten solche Abkommen praktikabler zu gestalten. Wäre da mehr möglich, würde die NRW-Koalition mit unserem Minister Stamp auch noch mehr machen; da können Sie sicher sein.
Das gilt – das gehört auch zur Ehrlichkeit dazu; wir wollen in der Debatte schließlich sachlich bleiben – auch beim Thema „Abschiebungen nach Syrien“. Wer aktuell davon redet, verkennt natürlich die Realität. Denn dann muss er auch erklären, wie diese Rückführungen mit einem Assad-Regime rechtlich oder faktisch überhaupt in Betracht kommen sollen.
Ich weiß. Der Applaus von den Grünen kommt aber zu früh, Frau Kollegin Aymaz.
Herr Blex, vielleicht lassen Sie mich kurz aussprechen. – Frau Aymaz, Sie klatschen an dieser Stelle. Aber wenn Ihre Kollegin Frau Schäffer hier gleich zum Thema „Abschiebungen“ spricht, muss sie auch eine Position der Grünen deutlich machen. Vielleicht überdenken Sie sie ja. Wenn es um die Abschiebung von Gefährdern und Straftätern nach Afghanistan geht, bin ich gespannt, wie lange die Grünen ihre Position, dass diese nicht möglich sei, aufrechterhalten wollen.
Da muss ich sagen: Wenn es um Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder geht, sind Abschiebungen nach Afghanistan – zumindest in Teile des Landes, solange das Auswärtige Amt die Lage so einschätzt – aus unserer Sicht auch weiterhin möglich.
Das mag so sein. Ich bin gespannt, was gleich noch kommt, ob die Grünen ihre Position noch einmal überdenken oder ob sie dabei bleiben werden.
Mit Blick auf den Antrag der AfD möchte ich noch Folgendes sagen: Wie man den Reden entnehmen konnte, brauchen wir in Sachen „Abschiebung“ keine Nachhilfe.
Die rechtlichen Aspekte, die Sie aufgreifen, sollten wir uns vielleicht noch einmal genauer anschauen. Das können wir dann gerne in der zweiten Runde klären. Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten, die Sie prüfen lassen wollen, hätte man auch schnell googeln können. Aber das können wir, wie gesagt, gerne gleich diskutieren. Vielleicht möchte Herr Blex dann auch einmal ans Pult gehen.
Dann käme er weg von den Zwischenrufen und würde sich auch einmal inhaltlich einbringen. Das wäre ja einmal spannend.
Ansonsten ist der Antrag der AfD überflüssig, einseitig, fremdenfeindlich und falsch.
Wir werden weiterhin gegen jede Form von Extremismus vorgehen.
Aber dafür brauchen wir diesen Antrag nicht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin etwas irritiert über die beiden Wortbeiträge der Grünen,
denn ich hätte mir eine klare Positionierung dazu gewünscht – eben habe ich es angesprochen –, wie man zu Abschiebungen von Gefährdern und schweren Straftätern wie Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder nach Afghanistan steht.
Die Kolleginnen Schäffer und Aymaz haben das nett umschifft. Wenn das Auswärtige Amt feststellt, das sei von der Lage her möglich, weil es befriedete Gebiete in Afghanistan gibt, sodass man dorthin rechtsstaatlich abschieben kann, dann müssen sich auch die Grünen klar positionieren. Wenn man das will und es rechtsstaatlich auch möglich ist, muss man auch einmal hier im Hause klar sagen, dass man Gefährder und schwere Straftäter sehr wohl dorthin abschieben kann. Sie haben ganz galant versucht, das zu umschiffen.
Ich hätte mir mehr Klarheit gewünscht, denn dieses Spiel bringt uns nicht weiter.
Die Koalitionsfraktionen, aber auch die SPD sind schon klarer aufgestellt. Etwas mehr Klarheit halte ich für ganz wichtig. Diese Gelegenheit wurde eben nicht genutzt; es bleibt bei den Zwischenrufen.
Vielleicht hören wir gleich noch etwas von der Kollegin Walger-Demolsky. Sie haben in Ihren Antrag so schön geschrieben, man sollte ein unbefristetes Aufenthalts- und Einreiseverbot rechtlich prüfen. Sie können es gerne noch einmal nachlesen und es mir gleich am Pult bestätigen: Das gibt das Gesetz schon her.
Schauen Sie mal in § 11, § 54 Abs. 1 und § 58a Aufenthaltsgesetz; dort ist genau geregelt, dass man schon gegen Gefährder und Straftäter ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängen kann. Sie brauchen also rechtlich nichts mehr zu prüfen, wie es in Ihrem Antrag steht, denn das gibt das Gesetz schon her.
Herr Wagner, also wirklich. Sie fordern, etwas rechtlich zu prüfen, was das Gesetz schon hergibt. Ich bin zwar kein Jurist, aber an dieser Stelle gibt es doch gar nichts mehr zu diskutieren.
Die Debatte war weitestgehend sachlich. Ich kann aber noch einmal festhalten: Ich wünsche mir von den Grünen etwas mehr Klarheit zu Abschiebungen nach Afghanistan.
Die populistischen Äußerungen von rechts kann man sich auch schenken. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich gerne den Worten des Kollegen Schmitz an. Auch ich halte unseren Arbeitsminister für keinen Kommunisten. Das eint uns schon einmal.
Wir haben dieses Thema hier bereits mehrfach diskutiert. Die SPD-Fraktion versucht mit dem vorliegenden Antrag, das Thema noch einmal in den Landtag zu ziehen, obwohl es aus Sicht der Freien Demokraten eigentlich im Koalitionsausschuss in Berlin entschieden werden müsste. Dahin gehört es doch.
Der Entwurf des Arbeitsschutzkontrollgesetzes lag vor. Er war in den parlamentarischen Beratungen. Offensichtlich hat sich weiterer Diskussionsbedarf ergeben.
Aus Sicht der Freien Demokraten gehe ich gleich auf drei Punkte ein, aufgrund derer wir auch verstehen können, dass es noch Diskussionsbedarf gibt. Kollege Schmitz hat zum Ende auch durchblicken lassen, dass man über einige Punkte noch einmal sprechen sollte.
Etwas Weiteres sollte uns einen. Das haben wir auch schon mehrfach im Landtag debattiert. Überall – nicht nur in der Fleischwirtschaft – sollte doch gelten: Wir benötigen menschenwürdige Arbeitsbedin
gungen, und geltendes Recht muss konsequent durchgesetzt werden.
Dass einige Akteure gerade in der Fleischwirtschaft diese Regeln missachtet haben, haben wir schon bei den Schwerpunktkontrollen durch unser Arbeitsministerium mit alleine 9.000 festgestellten Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitszeitgesetz und Mindestlohngesetz erlebt.
Das geht natürlich zuallererst zulasten der Beschäftigten. Es geht aber auch zulasten der Betriebe, die korrekt arbeiten. Das ist für uns Freie Demokraten wichtig. In der Sozialen Marktwirtschaft und einem fairen Wettbewerb müssen die Regeln für alle gelten.
Es ist sicherlich kein fairer Wettbewerb, wenn sich Betriebe in einer Branche schwerpunktmäßig nicht an die Regeln halten. Wir möchten natürlich nicht alle Betriebe unter einen Generalverdacht stellen. Aber Fehlentwicklungen in der Branche sind einzudämmen.
Die FDP hat in Bund und Ländern schon einen zentralen Punkt vorgeschlagen: Man könnte die Verantwortung an den auftraggebenden Betrieb vergeben, der dann für die Einhaltung des Arbeitsschutzes und für die Standards betrieblicher Unterkünfte zuständig wäre. Dies könnte man klar regeln. Das wäre möglich.
Die Zusammenarbeit der Kontrollbehörden zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist zu verbessern.
Es muss eine verpflichtende Vorgabe zur digitalen Erfassung der Arbeitszeiten geben.
Wir brauchen Bußgelder, die so spürbar sind, dass sie nicht einfach mit einkalkuliert werden können. Sie müssen denjenigen, der sich nicht an die Regeln hält, treffen.
Das ist für uns als Freie Demokraten wichtig. Denn erst wenn wir eine Art Waffengleichheit herstellen, können wir von einem fairen Wettbewerb in einer Sozialen Marktwirtschaft reden. Da müssen Missstände bekämpft werden. Aber genauso möchten wir eine überbordende Regulierung vermeiden.
Die CDU-Bundestagsfraktion hat Beratungsbedarf angemeldet. Das kann ich gut nachvollziehen. Ich möchte kurz die drei Punkte skizzieren, bei denen auch wir sagen: Da müssen wir noch einmal genauer hinschauen.
Erstens. Wir haben die starre Grenze von 50 Beschäftigten. Wird auf diese Weise wirklich zwischen handwerklichen Betrieben in der Fleischindustrie unterschieden? Ist das so richtig? Schließlich gibt es auch Betriebe mit mehreren Filialen und viel Verkaufspersonal. Trifft es wirklich den Richtigen, wenn ich die Grenze starr bei 50 setze?
Zweitens. Aus unserer Sicht wird nicht ganz sauber zwischen den eigentlichen Fleischproduzenten in
den Schlachthöfen und den Betrieben der Fleischveredelung unterschieden. Das sollte man vielleicht genauer herausarbeiten. Denn da gelten in der Tat ganz andere Regeln zum Thema „Arbeits- und Produktionsbedingungen“. Da müsste man aus Sicht der Freien Demokraten genauer hinsehen.
Drittens. Der Einsatz von Zeitarbeit in der Fleischwirtschaft wird immer wieder mit der fragwürdigen Nutzung von Werkvertragskonstruktionen gleichgestellt. Da muss man aber auch sauber hinschauen. Wozu brauche ich denn die Zeitarbeit? Habe ich schwankenden Personalbedarf? Möchte ich Produktionsspitzen etwa in der Grillsaison abdecken? Habe ich einen unerwarteten Ausfall von Beschäftigten? Dann möchte ich das durch Zeitarbeit abdecken.
Das Thema „Arbeitnehmerüberlassung“ ist in Deutschland eindeutig geregelt. Zeitarbeitnehmer sind nach Tarifverträgen zu entlohnen. Es gibt bei den Entleihern ganz klare Regelungen dahin gehend, dass ein Arbeitnehmer, den ich überlasse, in meine Betriebsstruktur integriert ist. Das heißt, dass der Entleiher für den Arbeitsschutz verantwortlich ist.
Somit sehen wir es äußerst kritisch, dass man beim Vorgehen gegen die mehr als fragwürdigen Werkvertragskonstruktionen in der Fleischwirtschaft ganz nebenbei die Zeitarbeit gleich mit verbieten möchte. Das halten wir nicht für erforderlich und auch nicht für angemessen.
Es gehört auch zur Sozialen Marktwirtschaft. Für einen flexiblen Arbeitsmarkt gehören Instrumente wie Zeitarbeit und Werkverträge für uns als Freie Demokraten mit dazu – genauso wie das Bekämpfen von Missständen. Das stellen wir überhaupt nicht infrage.
Deswegen hoffe ich, dass man, nachdem Beratungsbedarf angemeldet worden ist, zumindest bei diesen drei Punkten noch einmal ganz genau hinschaut. Vielleicht kommen wir dann auch in der Sache einen Schritt weiter. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! So viel Vorfreude des Kollegen Bischoff auf einen Redebeitrag von mir habe ich selten erlebt. Es ist schön, dass er sich so darauf freut, dass ich heute ein paar Worte zum Thema „Westbalkanregelung“ verlieren darf.
Ich denke, die Vorredner haben es schon klargemacht: Es ist unbenommen, dass die Westbalkanregelung ein Erfolgsmodell für einen legalen Weg der Arbeitsmigration ist. Wir haben gehört, dass dadurch Zigtausend Menschen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien Arbeitsplätze in Deutschland und damit auch in Betrieben in Nordrhein-Westfalen gefunden haben.
Die Arbeitslosigkeit in dieser Personengruppe ist verschwindend gering, das gilt auch für den Bezug von Transferleistungen. Die Menschen finden Arbeit im Baugewerbe, in der Gastronomie und im Gesundheitswesen, wo sie einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Sie übernehmen eben nicht nur einfache Tätigkeiten, wie zum Beispiel das Eisenbiegen, das kaum noch von Deutschen ausgeführt wird, sondern auch wirklich wichtige Aufgaben. Darüber sind wir froh, und dafür sind wir dankbar. Ein Verzicht auf die berufspraktischen Erfahrungen dieser Menschen hätte gravierende Folgen für die betroffenen Branchen.
Ein Kernpunkt der Westbalkanregelung, dessen Feinheiten man herausarbeiten sollte – und jetzt sollte Kollege Bischoff zuhören –,
war von Anfang an die klare Trennung von Arbeitsmigration und Asylverfahren. Von den Grünen wird dieser Punkt – was ich aus Ihrer Sicht verstehen kann – gerne verdrängt, aber er gehört beim Thema „Westbalkanregelung“ zur Wahrheit dazu.
Es sind zwei Seiten einer Medaille: Einerseits haben wir die betroffenen Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt, andererseits gibt es den Weg der legalen Arbeitsmigration. Nur wegen dieser Verknüpfung hat es gut funktioniert, Arbeitskräfte gewinnen zu können, die nicht gleichzeitig den Weg über das Asylverfahren gegangen sind, welches dadurch im Übrigen entsprechend entlastet wurde.
Wir haben schon mitbekommen, dass die Bundesregierung inzwischen eine Änderung der Beschäftigungsverordnung vorgeschlagen hat, mittels derer die Westbalkanregelung bis zum 31 Dezember 2023 befristet verlängert werden soll. Zudem sieht man eine Deckelung auf maximal 25.000 Anträge vor, die durch die Bundesagentur für Arbeit bewilligt werden sollen.
Ich sage Ihnen ganz offen: Aus Sicht der Freien Demokraten ist das leider ein verfehlter Kompromiss der Großen Koalition. Gehen wir mal auf die Fakten ein: Die vorgesehene Deckelung auf 25.000 zulässige Anträge pro Kalenderjahr steht im Widerspruch zur erfolgreichen Bilanz der Westbalkanregelung. Allein 2019 haben wir bundesweit über 27.000 Visa erteilt. Eine Obergrenze, die faktisch unter dem Bedarf liegt, schadet aber den wirtschaftlichen Interessen und wäre aus Sicht der Freien Demokraten ein herber Rückschlag für die betroffenen Branchen.
Nordrhein-Westfalen hat sich bei diesem Thema – auch das haben wir eben mitbekommen – im Bundesrat schon längst auf den Weg gemacht und sich im federführenden Ausschuss für eine Streichung der Befristung und eine Aussetzung der Obergrenze eingesetzt. Dafür brauchen wir also keine Aufforderung und auch keinen Antrag der Grünen.
Herr Kollege Bischoff, ich habe eben kurz skizziert, warum man dem Antrag nicht folgen kann. Wir wollen eine klare Trennung zwischen legaler Arbeitsmigration und dem Weg über das Asylverfahren. Hier wird das aber genauso vermischt wie bei der Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz, Bremen und Thüringen, auf die die Grünen verweisen. Die klare Regelung, die zur Westbalkanregelung dazugehört, fehlt hier. Man müsste ehrlicherweise eigentlich sagen: Wenn ich hier schon in den vergangenen 24 Monaten Leistungen als Asylbewerber bezogen habe, kann ich nicht zugleich diesen anderen Weg gehen.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, bezüglich dessen Sie sich, Herr Bischoff, vielleicht mal an den eigenen Bundesminister bzw. die eigene Bundesregierung wenden müssten. Sie befinden sich immer noch in einer Koalition, auch wenn ich den Eindruck, als Sie eben hier standen, eher nicht hatte.
Man musste hören, dass die Bundesregierung mitteilt, dass eine entsprechende Maßgabe zur Änderung der Beschäftigungsverordnung verknüpft wird
mit einem Verkündungshemmnis. Bundesarbeitsminister Heil und auch Minister Seehofer üben damit einen erheblichen politischen Druck auf die Länder aus.