Karin Krusche

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dieter Focke, ich hatte heute Morgen während der Debatte zum Untersuchungsausschuss eigentlich das Gefühl gehabt, dass du ja manchmal doch sehr differenziert argumentierst. Das, was du eben geleistet hast, war wieder ein üblicher Dieter Focke, platter kann man es kaum noch ausdrücken!
Eigenheim, noch einmal Eigenheim, und das ist deine Antwort auf den komplexen Prozess des demografischen Wandels!
Da muss ich nur sagen: Wenn man als CDU schon eine so Große Anfrage einreicht und das so reduziert auf „wir müssen die Osterholzer Feldmark bebauen, sonst bekommen die Familien hier kein anderes Angebot“, dann – mit Verlaub gesagt – hat die CDU nicht kapiert,
was es heißt, den demografischen Wandel hier in dieser Stadt und in Bremerhaven zu bewältigen, meine Damen und Herren.
Ich habe leider auch das Gefühl, Herr Kollege Focke, dass Sie seit dem Stadtentwicklungskonzept von 1999, als die Große Koalition auf Wachstum, Wachstum, Wachstum gesetzt und uns versprochen hat, wie viele zigtausend Bremerinnen und Bremer mehr wir werden, wie viele zigtausend Arbeitsplätze wir mehr haben werden und wie viele zigtausend Kilometer Straße wir für den Güterverkehr brauchen und so weiter, nichts in den zehn, elf oder bald zwölf Jahren, die Sie jetzt hier regieren, kapiert haben.
Die Herausforderungen des demografischen Wandels heißen erstens, von Stadtteil zu Stadtteil sehr differenzierte und sehr kleinteilige Entwicklungskonzepte vorzulegen – Frau Kummer hat darauf hingewiesen –, sehr differenziert nach Schrumpfen und Wachsen. Wenn wir eine Stadt haben, wo ganz deutlich ist, welche Riesenherausforderung der demografische Wandel verursacht, dann ist es die Stadt Bremerhaven, wo wir neulich in der Zeitung lesen konnten, dass dort in den nächsten Jahren 8000 Wohnungen abgerissen werden müssen, weil es ein Woh
nungsüberhangangebot gibt, weil es Leerstand gibt, und den Leerstand gibt es genau in den Bausünden der Vergangenheit, wenn ich es einmal ganz platt sage.
Da muss ich ein großes Lob an die Bremerhavener Wohnungsbaugesellschaften aussprechen. Diese haben sich nämlich zusammengeschlossen und ein hervorragendes, sehr differenziertes Konzept vorgelegt, wie sie diesen Rückbau verantwortlich organisieren wollen. Dieses Konzept sieht eindeutig vor: weg von den Stadträndern, hin zur Stadtmitte. Die Stadtmitten zu stärken ist das Gebot der Stunde, und wenn Sie hier heute immer noch mit den zigtausenden Wohneinheiten in der Osterholzer Feldmark kommen, dann haben Sie vom Klimawandel und von ressourcenschonendem Bauen nichts verstanden, dann haben Sie überhaupt nichts verstanden, lieber Herr Kollege Focke! Insofern haben Sie hier völlig falsch und diesem Thema überhaupt nicht angemessen argumentiert.
Ich habe jetzt vermutlich nicht mehr so viel Zeit. Einen Aspekt würde ich gern noch erwähnen, den fand ich am interessantesten an der Antwort des Senats, nämlich dass inzwischen sehr viele Untersuchungen über den demografischen Wandel gelaufen sind, dass der Senat feststellt, Wanderungsgewinne, Stabilität im Bevölkerungswachstum gibt es nur, wenn man Leute von außen für die Städte dazugewinnt.
Ein interessanter Gedanke! Dann muss man sich allerdings auch fragen, wie man das hinbekommt und wer diese Gruppen überhaupt sind, die zu uns kommen können, denn wir leben hier ja nicht allein auf einer Insel. Wir sind im Standortkonkurrenzwettbewerb mit anderen Städten und Regionen.
Es ist sehr interessant, dass hier das erste Mal auftaucht, welche anderen Faktoren auch eine Rolle spielen, nämlich wie sind die soziale Infrastruktur, das Wohnungsangebot, das kulturelle Angebot und das Nahverkehrsangebot. Das sind alles die Zukunftsfaktoren, die man immer schnell so als weiche Faktoren abtut. Sie sind überhaupt noch nicht erforscht, und da, meine liebe Große Koalition, haben Sie in den vergangenen Jahren Ihre Hausaufgaben überhaupt nicht gemacht. Da hätten Sie alle Zeit der Welt gehabt, hier einmal nachzuforschen.
Dann wären Sie nämlich auch zu dem Ergebnis gekommen, dass Bildung die zentrale Voraussetzung ist, um hier junge Menschen herzubekommen, zu
halten und für Arbeitsplätze zu sorgen, und dann kann man nicht anfangen, bei den Hochschulen zu sparen, denn die Studentinnen und Studenten sind diejenigen, die im Augenblick dazu beitragen, dass unsere Bevölkerung in Bremen nicht schrumpft, sondern sogar anwächst.
Also, unter dem Strich gesagt: Sie sind hier vom demografischen Wandel her noch in den Anfangsschuhen, im Pantöffelchen, aber Lösungsvorschläge haben Sie noch lange nicht gemacht. – Herzlichen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Maßnahmen schlägt der Senat zur Entschärfung der bekannten Unfallschwerpunkte in Bremen und Bremerhaven – vor allem in Hinblick auf die schwächeren Verkehrsteilnehmenden – vor?
Zweitens: Welchen Zusammenhang sieht der Senat zwischen den teilweise extrem langen Wartezeiten an Ampeln für Fußgänger und Fahrradfahrer – im Zuge der Bevorzugung des motorisierten Kraftfahrzeugverkehrs beziehungsweise der „grünen Welle“ – und der zunehmenden Bereitschaft der schwächeren Verkehrsteilnehmenden zur Regelübertretung?
Drittens: Ist dem Senat bekannt, dass Fahrradfahrerinnen und Fußgängerinnen auch bei regelkonformem Verhalten an Ampeln zum Beispiel durch rechts abbiegende Kraftfahrzeuge stark gefährdet sind?
Herr Senator, im Bericht zur Verkehrsunfallentwicklung werden ja Unfallschwerpunkte genannt. Ein Beispiel ist der Bereich Altenwall/Tiefer für Bremen oder die Langener Landstraße/Cherbourger Straße in Bremerhaven. Wieso werden diese seit langem angemahnten Umbauten an diesen Unfallschwerpunkten, speziell auch Altenwall/Tiefer, darüber reden wir ja schon
seit langem, immer wieder verzögert oder nach hinten geschoben?
Die Geschichte von diesem Unfallschwerpunkt sehe ich etwas anders!
Aber ich habe noch eine Zusatzfrage! Im Zuge der grünen Welle war es ja bewusst so angelegt, dass der motorisierte Verkehr möglichst schnell durch die Stadt kommen kann. Hat der Senat einmal daran gedacht, auch ein ähnliches Programm für die schwächeren Verkehrsteilnehmer zu entwickeln, um eventuelle Wartezeiten an Ampeln besonders fußgänger- oder radfahrerfreundlich zu gestalten, oder aber auch ein Programm aufzulegen, was Querungsmöglichkeiten für ältere und für schwächere Verkehrsteilnehmer einfacher macht?
Herr Senator, man konnte ja in 2 Stadtteilen auf Beiratssitzungen erleben, dass viele Menschen sich von der Geschwindigkeit des Autoverkehrs belastet fühlen und sie das Gefühl haben, sie können bestimmte Straßen nicht mehr überqueren. Ich denke da insbesondere an die Kurfürstenallee oder aber auch an den Osterdeich. Sehen Sie besonders bei diesen Straßen Möglichkeiten, erstens auf die Geschwindigkeit Einfluss zu nehmen und zweitens Querungsmöglichkeiten für die schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu erwirken?
Eine letzte! Habe ich Sie richtig verstanden, was die Kurfürstenallee betrifft, schließen Sie zusätzliche Ampeln, ebenerdige Überquerungsmöglichkeiten oder aber Geschwindigkeitsbegrenzungen aus?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin ja zumindest schon einmal beruhigt, dass der Senator für Wirtschaft
und der Senator für Kultur mich heute nicht außerordentlich angegiftet hat, das ist ja schon einmal ein Fortschritt, und dass wir offensichtlich, was die Bedeutung der Kulturwirtschaft angeht, uns hier einig sind. Ich möchte aber doch noch einmal darauf hinweisen, was uns wichtig ist und warum es uns wichtig ist.
Sie sagen, wir können keinen Kulturwirtschaftsbericht vorlegen, weil auf Bundesebene noch Daten gesammelt werden, weil man noch keine einheitliche Definition dessen hat, was man unter Kulturwirtschaft eigentlich zu verstehen hat. Herr Senator, das kann doch alles nur passieren auf Bundesebene, wenn die einzelnen Bundesländer sich auf den Weg machen, wenn sie denn schon sagen, Kulturwirtschaft ist etwas Wichtiges, wenn also auf Länderebene diese Daten zusammengetragen werden. Wie soll denn der Bund an die Daten kommen, wenn nicht über die Länder? Was spricht dagegen? Länder wie NordrheinWestfalen, Hessen und seit Kurzem Hamburg haben einen Kulturwirtschaftsbericht, selbst die Stadt Aachen legt seit 2005 einen Kulturwirtschaftsbericht vor. Was können diese Städte und Länder besser als Bremen?
Also, warum kann es nicht hier gelingen, indem man die Daten zusammenträgt als Grundlage dessen, dass man sagt, Kulturwirtschaft ist der Bereich, der für die Zukunft unseres Landes ein wesentlicher Faktor ist für die Modernisierung, für den Strukturwandel, aber auch, um den Menschen deutlich zu machen, dass Kultur weitaus mehr ist als eben nur ein Subventionsempfänger, sondern dass Kultur dazu
beiträgt, in der Stadt Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar gerade Arbeitsplätze in vielen kleinen, mittleren Betrieben? Das wird auch in Bremen so sein. Dies einmal aufzuarbeiten, uns hier vorzulegen, ich glaube, das kann uns allen guttun und wird uns weiterbringen.
Mein Eindruck ist, wenn ich die Antwort des Senats durchlese, habe ich eine andere Einschätzung als Sie, Herr Senator, ich finde sie eher lieblos, weil sie auf ganz viele Fragen von uns immer mit dem Standardargument antwortet, dazu können wir nichts sagen, weil uns entsprechendes Datenmaterial nicht vorliegt, und dieses Datenmaterial liegt uns nicht vor, weil der Bund es noch nicht vorgelegt hat. Sie antworten immer wieder mit denselben Antworten, um sich herauszureden, warum Sie im Prinzip nicht antworten können. Ich fände es gut, wenn wir uns hier gemeinsam darauf verständigten, wie wichtig die Kulturwirtschaft für unser Bundesland ist, dass man sich überlegt, wie wir möglichst schnell einen Kulturwirtschaftsbericht vorlegen können. Wenn Sie sagen, das sei ein finanzielles Problem, dann würde ich mit Ihnen gern darüber diskutieren, was so etwas kostet.
Es ist klar, für umsonst ist das nicht zu haben. Aber dann könnte man sich doch überlegen, ist es uns so wichtig, ist das eine Investition in die Zukunft, und ich glaube, dass die Wirtschaftsförderung dann auch einen Topf Geld hat, um so einen Kulturwirtschaftsbericht zu finanzieren. Da bin ich ganz sicher, für andere Sachen sind hier in der Stadt ja auch Gelder da.
Unter dem Strich möchte ich noch einmal dafür werben, dass Kreativwirtschaft, Frau Spieß hat darauf hingewiesen, die kreativen Menschen in einer Stadt, und wie weit gefasst der Begriff der Kreativität ist, das habe ich ja versucht zu sagen, er umfasst unendlich viele Branchen, unendlich viele Menschen, die in einer Stadt leben, die wichtigste Ressource ist, über die Städte und Regionen verfügen. Wenn man auf diese Ressource baut, gehören dazu alle Kulturschaffenden, dazu gehört eine interessante Kulturszene in der Stadt, und auf diese aufbauend ist die Kulturwirtschaft ein wirklich wesentlicher Faktor, um eine Stadt, eine Region weiterzuentwickeln, um sie voranzubringen.
Wenn das niemand bestreitet, dann können wir uns vielleicht ja unter dem Strich darauf einigen, dass es gut wäre, einen solchen Kulturwirtschaftsbericht zukünftig auch von Bremen aus vorzulegen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, das freiwillige kulturelle Jahr steht bei jungen Leuten hoch im Kurs. Seit seinem Start im Jahr 2001 auf Bundesebene wurde die Platzkapazität tatsächlich von 125 auf über 500 Plätze ausgeweitet, und trotzdem war der Bedarf immer noch sehr viel höher als die angebotenen Plätze. Mein Kollege Rohmeyer hat schon darauf hingewiesen, auf einen Platz kommen zirka 10 Bewerberinnen und Bewerber.
Man kann also feststellen, dass die Ausdehnung des freiwilligen Jahres Kultur eine richtige und wichtige Entscheidung der Bundesregierung war. Verbunden war das mit der Erwartung, dass gerade junge Menschen anzusprechen sind, die bisher einer freiwilligen Arbeit eher reserviert gegenübergestanden haben. Die Zahlen belegen eindeutig, dass dies gelungen ist. Das freiwillige Engagement von jungen Erwachsenen in Kultureinrichtungen, finden wir, ist ein Beitrag für eine lebendige Bürgergesellschaft. Den jungen Menschen eröffnet sich durch ein freiwilliges Jahr in der Kultur nicht nur der Erwerb neuen Wissens, sie bekommen Zugänge zu ganz anderen Lebenswelten, als sie sie bisher gewohnt sind. Dies ist eventuell eine wichtige berufliche Orientierung und kann Hilfestellung für die Zukunft von jungen Menschen leisten.
Wichtig finde ich gerade auch, dass man versucht, durch so ein freiwilliges Jahr in der Kultur gerade jungen Migrantinnen und Migranten ein Chance zu eröffnen, ihre Kompetenzen dort einzubringen.
Die Freiwilligen übernehmen in diesen Kultureinrichtungen verantwortungsvolle Aufgaben, und oft bringen sie auch frischen Wind, neue Fragestellungen in die Kultureinrichtungen. Irgendjemand, das habe ich gelesen, sagt, sie organisieren ein frisches Chaos in den Kultureinrichtungen, eingefahrene Wege können verlassen werden!
Ich finde, so etwas ist auch für die Kultureinrichtungen nicht schlecht.
Ich glaube, dass unsere Gesellschaft viele Menschen braucht, die sich sozial engagieren, die soziale Verantwortung übernehmen, aber auch gerade eben junge Menschen. Dann muss man aber auch sagen, dass diejenigen, die sich für einen freiwilligen sozialen oder freiwilligen kulturellen Dienst engagieren, auch öffentliche Anerkennung und Wertschätzung erfahren müssen.
Auf Bundesebene gibt es seit sechs Jahren, darauf wurde schon hingewiesen, nun schon ein freiwilliges Jahr für den Kulturbereich, ähnlich dem freiwilligen sozialen Jahr. Nur sind die Einsatzorte nicht Krankenhäuser, sondern Opernhäuser beispielsweise. In Bremen startete das freiwillige Jahr Kultur 2003 mit 4 jungen Erwachsenen in 4 Einrichtungen. 2006 wurden 11 Stellen gefördert, so erfahren wir aus der Antwort des Senats.
Die jungen Erwachsenen arbeiten in Bürgerhäusern, im Theater am Goetheplatz, auf dem Theaterschiff oder bei Belladonna, um nur einige Einrichtungen zu nennen. Der Senat sagt auch, dass die Nachfrage erheblich höher ist als die zur Verfügung stehenden Plätze. Woran liegt es also, dass nicht mehr junge Menschen in Bremen an einem freiwilligen Jahr Kultur teilnehmen können? Die Antwort ist schlicht, Frau Emigholz hat auch schon darauf hingewiesen, es liegt am fehlenden Geld. Sicher ist es so, dass sich sehr viel mehr Kultureinrichtungen am freiwilligen Jahr Kultur beteiligen würden, aber es ist eben auch so, dass die verbindliche Eigenbeteilung der Einsatzorte, und das sind die Kultureinrichtungen, am Taschengeld und an der sozialen Absicherung eine Hürde ist, die viele Kultureinrichtungen abschreckt.
Die Kosten belaufen sich laut Antwort des Senats für die jeweilige Einrichtung pro Monat und Stelle auf rund 650 bis 700 Euro. Für viele Kultureinrichtungen, vor allen Dingen für viele kleine Kulturinitiativen, ist das sehr viel mehr, als sie leisten können. Was also bleibt, ist die Unterstützung durch Bund und Land! Der Kultursenator hat seit 2004 jährlich 30 000 Euro für die Förderung von bis zu 10 Stellen zur Verfügung gestellt.
Diese Projektförderung begrüßen wir Grünen. Wir finden, das ist ein positiver Anreiz für die antragstellenden Kultureinrichtungen, aber es ist eben auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil der Bedarf viel
größer ist. Wir Grünen unterstützen diese Projektförderung, weil wir es wichtig finden, dass möglichst vielen jungen Menschen der Zugang zur Kulturarbeit ermöglicht werden sollte. Auch das hat sich bisher gezeigt, etwa ein Drittel derjenigen, die an diesem freiwilligen Jahr Kultur teilnehmen, engagieren sich weiterhin in der ehrenamtlichen Tätigkeit für Kultur. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen, das man unbedingt unterstützen sollte.
Insofern ist es sicher lohneswert, über die staatliche Unterstützung hinaus weitere Kooperationspartner und Sponsoren für einen Ausbau der freiwilligen Arbeit Kultur zu gewinnen, Herr Rohmeyer hat auch darauf hingewiesen. Dazu sagt nun der Senat, es seien ihm bisher keine Sponsoren oder Kooperationspartner bekannt. Ich weiß nicht, ob der Senat diesbezüglich überhaupt irgendwelche Versuche unternommen hat, weil in der Antwort des Senats dazu leider nichts steht. Das finde ich sehr schade.
Auch zu der Frage nach der Perspektive für das freiwillige Jahr Kultur hat der Senat nur sehr vage Formulierungen übrig. Beispielweise: Es sollte eine zentrale Rolle einnehmen, und es könne eine wichtige Brücke zwischen Schule und Beruf bilden, und es könne positiv in das Gemeinwesen wirken, außerdem sei nächstes Jahr eine Veranstaltung im Bremer Rathaus geplant, in der Thema Freiwilligenarbeit und Ehrenamtlichkeit zum Thema gemacht werden soll.
Wenn man diese Antworten des Senats hört und insgesamt bewertet, dann habe ich am Ende doch das Gefühl, dass diese Große Anfrage ein bisschen mehr Schein als Sein ist und einige der Fragen doch eher pflichtgemäß beantwortet werden. Ich hätte mir schon Antworten auf die Fragen gewünscht – wenn man es doch so wichtig findet –, was können wir gemeinsam tun, um es auszubauen, wie kann man es schaffen, neue Kooperationspartner und Sponsoren zu gewinnen? Wenn wir uns aber gemeinsam auf die Socken machen und es ja doch offensichtlich fraktionsübergreifend für eine wichtige Aufgabe gehalten wird, vielleicht ist es dann auch möglich, mehr Jugendlichen eine Stelle in Kultureinrichtungen für ein freiwilliges Jahr Kultur zu verschaffen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit Sonntag, dem 10. Dezember, gilt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn, und für die Fahrgäste nach Vegesack, nach Bremerhaven und ins Bremer Umland bedeutet dieser neue Fahrplan, der gemeinsam zwischen Niedersachsen und Bremen ausgehandelt wurde, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
drastische Verschlechterungen im Angebot. Sie werden schlicht und einfach abgehängt. Das ist die Zukunft des Fahrplans, und wir Grünen finden das empörend!
Wir Grünen haben bundesweit vor den Kürzungen der Regionalisierungsmittel gewarnt, weil genau das passieren würde, was jetzt passiert. Das Angebot auf der Schiene wird drastisch ausgedünnt, Fahrpreiserhöhungen sind die Folge, und alles dies, was augenblicklich in Bremen, Vegesack und Bremerhaven zu Empörung führt, ist eine Folge der Kürzung der Regionalisierungsmittel, und die lehnen wir nach wie vor ab.
Was bedeutet das konkret? Wegfall eines Verstärkerzugpaares zwischen Bremen und Bremerhaven nachmittags Richtung Bremen und abends Richtung Bremerhaven! Betroffen sind davon Pendler nach der Arbeit. Wegfall von 2 Verstärkerzugpaaren zwischen Bremen und Rotenburg, morgens und abends in beide Richtungen! Bremen wird als Arbeitsort vom Umland im Schienenverkehr abgehängt, die Arbeitnehmer haben das Nachsehen. Wegfall eines Zugpaares zwischen Bremen Hauptbahnhof und Bremen-Vegesack von montags bis freitags in den späten Abendstunden! Genauso trifft es den letzten Abendzug von Bremen nach Bremerhaven.
Was ist die Botschaft all dieser Kürzungen? Die Botschaft ist: Niemand soll doch bitte mehr abends nach Vegesack, nach Bremen und ins Umland fahren, um dort vielleicht kulturelle Veranstaltungen zu besuchen, um Freizeitaktivitäten wahrzunehmen. Die Botschaft lautet ganz schlicht: Bleibe zu Hause oder fahre Auto! Das sind nämlich die konkreten Auswirkungen, die die Kürzungen der Regionalisierungsmittel im Praxistest bedeuten!
Da hilft es jetzt auch überhaupt nichts, wenn der Bausenator, der offensichtlich selbst von den vehementen Protesten überrascht wurde, am 8. Dezember eine Presseerklärung nachschiebt mit dem hilflosen Versuch, das Kind, das bereits in den Brunnen gefallen ist, dort wieder herauszufischen. Jetzt sagt er uns, ab Mai soll der jetzt letzte Zug statt um 23.34 Uhr erst um 0.04 Uhr ab Bremen Richtung Bremerhaven fahren. Mit einem Direktbus sollen DaimlerMitarbeiter aus Bremerhaven doch noch rechtzeitig zu ihrer Arbeit zur Frühschicht kommen können.
Das ist nicht schlecht, aber bisher konnten sie das ohne Probleme. Augenblicklich stellt der Senator in seiner Presseerklärung – –.
Lieber Herr Perschau! Mein lieber Herr Perschau!
Hören Sie bitte erst einmal zu, und dann können Sie anschließend hierher kommen und begründen, warum Sie hier diese Kürzung vornehmen, aber nicht so zwischendurch mit dummen Zwischenrufen!
Offensichtlich hat niemand daran gedacht, dass die Arbeitnehmer einen vernünftigen ÖPNV-Anschluss brauchen, wenn sie von Bremerhaven nach Bremen zu Daimler rechtzeitig zur Arbeit kommen sollen. Das ist doch unglaublich!
Wer hat da eigentlich mit wem verhandelt, fragt man sich, wenn solche Probleme vorher nicht bedacht wurden. Offensichtlich hat weder die Landesnahverkehrsgesellschaft in Niedersachsen noch die Bremer Verwaltung irgendein Interesse daran, vorher über ihre Kürzungen in Ruhe nachzudenken. Dies jedenfalls lehnen wir alles ab.
Das, was Sie, Herr Senator, als Nachbesserung verkaufen, ist nichts weiter als eine minimale Schadensbegrenzung und wird vor allem eines zur Folge haben: Diejenigen, die es sich leisten können, werden auf das Auto umsteigen, und diejenigen, die es sich nicht leisten können und die auf einen vernünftigen ÖPNV und SPNV-Anschluss angewiesen sind, werden das Nachsehen haben.
Sie argumentieren, dass es aufgrund der Kürzungen der Regionalisierungsmittel keine Alternative zu diesen Kürzungen im Zugangebot gegeben habe. Diese Kürzung der Regionalisierungsmittel, meine Damen und Herren, hat die Große Koalition in Berlin beschlossen. Sie haben das mitgemacht, und Sie tragen bitte auch die Folgen dieser unverantwortlichen Zugstreichungen!
Das ist die Realität, und vor allem ist es erst der Anfang. Das muss uns allen bewusst sein. Laut Bericht der Verwaltung für die Baudeputation im Dezember ergibt sich von 2006 bis 2010 eine Kürzung der Mittel in Höhe von insgesamt 14,3 Millionen Euro,
und für das kommende Jahr werden weitere Streichungen von Zugangeboten im Umfang der jetzigen schon einmal vorsichtshalber angekündigt. Dies werden wir Grünen auf keinen Fall akzeptieren, meine Damen und Herren!
Das Regionalisierungsgesetz, das die Geldmittel vom Bund auf die Länder verteilt, kennt keine Trennung von investiven und konsumtiven Mitteln. Was also, Herr Senator, spricht dagegen, dass die Mittelverwendung zugunsten eines attraktiven, eines ausreichenden Zugangebots ausgegeben wird und dass man stattdessen vielleicht bei den Verschönerungen von Bahnhöfen spart? Was nützen uns letztlich wunderschöne Bahnsteige, wenn dort kein Zug mehr fährt?
Man könnte ja meinen, dass bei solch gravierenden Änderungen im Fahrplan die Politikerinnen und Politiker einbezogen werden, bevor solche Kürzungen im Fahrplan der DB auftauchen. Mitnichten! In Bremerhaven werden die entsprechenden Informationen vom Stadtbaurat Holm in der Schublade versenkt, und in Bremen erfahren die Deputierten der Baudeputation im Dezember auf der Baudeputationssitzung von dieser Kürzung, und sie dürfen sie dankenswerterweise zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, allein das ist schon eine Frechheit! Dass Sie so mit der Opposition normalerweise umgehen, dass wir etwas zur Kenntnis nehmen und nicht vorher mit einbezogen werden, das sind wir ja gewöhnt, aber dass Sie als Abgeordnete sich so etwas von der Verwaltung gefallen lassen, das erstaunt uns schon sehr, meine Damen und Herren! Hier haben wir als Gesetzgeber ein Wörtchen mitzureden!
Deshalb fordern wir den Senat auf, das Regionalisierungsgesetz doch ernst zu nehmen. Dies besagt, dass die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist. Mit diesen Zugstreichungen werden Sie dieser Aufgabe bei Weitem nicht gerecht. Ich weise noch einmal darauf hin, dies ist erst der Anfang. Wer nicht eine Abwärtsspirale im Angebot des Schienenpersonennahverkehrs in Gang setzen will, ist gut beraten, sich nach Alternativen umzuschauen, die Kürzungen der Regionalisierungsmittel auf Bundesebene drastisch zu bekämpfen.
Wir Grünen in Bremen fordern jedenfalls, dass Sie diese Kürzungen zurücknehmen und dass für die kommenden Kürzungen Alternativen gesucht werden. Al
ternativen gibt es aus unserer Sicht aber nicht im Angebot der Zügestreichungen. Das ist ein völlig falsches politisches Signal gerade in Zeiten, in denen es darum geht, mehr Menschen für das Fahren mit der Bahn zu gewinnen und sie nicht wieder zurück auf das Auto auf die Straße zu treiben. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Tittmann, dass Sie nicht wissen, was wir Grünen hier für parlamentarische Initiativen ergriffen haben,
ist Ihr Problem! Bitte lassen Sie mich ausreden! Ihre populistischen Reden brauchen wir uns hier nicht anzuhören!
Lieber Herr Kollege Focke, ich möchte doch noch einmal deutlich machen, worum es insgesamt geht! Wenn Sie hier sagen, dass in den letzten Jahren, seit wir diese Regionalisierungsmittel haben, die Zugkilometer positiv angestiegen sind – die Zahlen haben Sie ja genannt –, dann war das genau der Sinn dieser Regionalisierungmittel, dass die Bundesländer selbst entscheiden können, wie sie ein attraktives Bahnangebot für die Menschen in ihren jeweiligen Bundesländern machen.
Deswegen hat auch bis zum Antritt der Großen Koalition in Berlin gegolten, dass diese Regionalisierungsmittel im Laufe der Jahre angehoben werden, weil es darum geht, auch aus Klimaschutzgründen möglichst viele Menschen weg von der Straße auf die Schiene zu bringen und eine attraktive Bahn zu schaffen, die es wirklich als Alternative zu nutzen gilt, und damit die Straßen vom Verkehr zu entlasten. Das war das politische Ziel, und bis zum Antritt der Großen –––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Koalition in Berlin waren sich auch alle politischen Parteien darüber einig.
Sie sind es gewesen, finanzielle Kürzungen hin oder her, die diesen Kürzungen zugestimmt haben, das füge ich hier hinzu.
Jetzt komme ich zu der Auseinandersetzung: Wo habe ich zugestimmt, wo habe ich nicht zugestimmt? Da werfen Sie jetzt verschiedene Dinge in einen Topf. Wir haben den Kürzungen der Regionalisierungsmittel nie zugestimmt, gerade weil wir es für ein völlig falsches politisches Signal in diesen Zeiten halten, wenn man Schienenverkehr abbaut, statt zusätzlichen Schienenverkehr anzubieten.
Wir reden vom Klimawandel. Wir brauchen hier doch nur einmal vor die Tür zu gehen, um zu erfahren, dass der Klimawandel auch vor Bremens Türen nicht haltmacht. Da kann man doch nicht als politische Botschaft in die Welt setzen, wir streichen unrentable Züge, und damit gerade die Leute bestrafen, die den ÖPNV und den SPNV nutzen! Was ist denn das für eine politische Philosophie? Umgekehrt muss es uns viel stärker als bisher darum gehen, auch im Interesse eines Klimaschutzes noch mehr Menschen auf die Bahn zu bekommen und nicht Zugangebote zu streichen, meine Damen und Herren.
Das ist das eine.
Jetzt haben wir ein Sanierungskonzept für die Bahn. Ich will überhaupt nicht bestreiten, dass es sich auf schönen Bahnhöfen netter steht und attraktiver ist als auf nicht so schön sanierten Bahnhöfen. Dieser Sanierungsbericht, den Sie angesprochen haben, dem ich zugestimmt habe, umfasste eine Liste von verschiedenen Bahnhöfen. Oslebshausen, Farge-Vegesacker Eisenbahn, St. Magnus
und der Bremer Hauptbahnhof waren dabei. Beim Bremer Hauptbahnhof habe ich dann doch gesagt: Liebe Leute, 12,5 Millionen Euro sollen für die Sanierung von Gleisen, ich habe sie jetzt nicht mehr im Kopf, ausgegeben werden. Da habe ich gesagt: Das kann doch nicht sein! Es muss doch eine Abwägung geben: Will ich Züge streichen, oder will ich Bahnsteige sanieren? Dann muss es doch möglich sein, auch im Hauptbahnhof Gelder einzusparen, ohne dass man ihn irgendwie verschlampt aussehen lässt, Gelder einzusparen, um zu verhindern, dass Zugangebote gestrichen werden. Dies war mein Ansatz, und dabei bleibe ich auch!
Dann möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass das, was jetzt aus der Bremer Kasse bezahlt werden soll, was den Bremer Hauptbahnhof angeht, ursprünglich die Deutsche Bahn zahlen sollte. Nur sind der Deutschen Bahn die Gelder ausgegangen, und dann hat sie mitten in der Sanierung aufgehört, und jetzt soll es aus dem Bremer Portemonnaie bezahlt werden. Vor diesem Hintergrund kann man doch nicht einerseits die Leute in Vegesack, im Bremer Umland und in Bremerhaven bestrafen und sagen: Aber wir haben tolle Bahnhöfe! Das ist eine falsche Bahnpolitik, das will ich nur noch einmal deutlich sagen!
Wenn Sie hier immer wieder sagen, man muss in konsumtiv und investiv unterteilen, stimmt das nicht. Die Regionalisierungsmittel kennen keinen Unterschied zwischen konsumtiven und investiven Mittel. Ich rate im gemeinsamem Interesse dringend dazu, dass wir der Bremer Verwaltung Vorgaben für den nächsten Fahrplan machen, der besagt: In der Abwägung weniger in die Verschönerung von Gleisen zu investieren, aber dafür ein attraktives Zugangebot zu erhalten und dafür zu werben, dass die Menschen mit dem Zug fahren und nicht mit dem Auto. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bremische Bürgerschaft beschließt heute den Masterplan Kultur für Bremen von 2006 bis 2011. Wir Grünen unterstützen die kulturpolitischen Leitlinien des Masterplans, die Ziele, Bremens Profil als Kulturstadt zu stärken und weiterzuentwickeln.
Der Masterplan stützt sich auf unsere Landesverfassung, in der Bremen die Verantwortung für die Gleichheit kultureller Entwicklungsmöglichkeiten, die Kunstfreiheit, die staatliche Förderung des kulturellen Lebens sowie die Erziehung zur Teilnahme am kulturellen Leben übernimmt. Ich erwähne dies ausdrücklich, um daran zu erinnern, dass Kunst und Kultur eben kein Anhängsel, kein Sahnehäubchen, kein Luxus sind, sondern ein wesentliches Fundament, auf dem sich Bremen im Laufe seiner Geschichte entwickelt hat. Dieses Fundament darf aus Sicht der Grünen auch in Zeiten enger finanzieller Spielräume nicht ausgehöhlt werden.
Der Masterplan geht von einem sehr weiten Kulturbegriff aus. Er umfasst nicht nur die klassischen Sparten wie Tanz, Theater, klassische und neue Musik, Literatur, Bildende Kunst, Film, die soziokulturellen Zentren, die freie Kulturszene, er verfolgt ausdrücklich das Ziel, neue Verbindungen zu knüpfen, Verbindungen zur Wissenschaft, Verbindungen zur Bildung, zum Sport und zur Wirtschaft. Kunst und Kultur werden als ein wesentlicher Motor der gesamten Stadtentwicklung und der Modernisierung und Weiterentwicklung Bremens begriffen. Diesen Ansatz finden wir ausdrücklich richtig, meine Damen und Herren.
Wir teilen die Auffassung, dass die Kreativität der Menschen eine entscheidende Antriebskraft für Innovation und Zukunftsgestaltung in Bremen ist. Kinder und Jugendliche müssen noch viel mehr als bisher Zugang zur Kultur haben. Musik, Tanz, Theater und Bildende Kunst müssen gerade schon in Kindergärten und Schulen eine stärkere Rolle als bisher spielen.
Wir sagen auch, gerade in benachteiligten Stadtteilen müssen neue Kooperationen zwischen Kulturschaffenden und Bildungseinrichtungen geknüpft werden. Ich zitiere hier aus dem Masterplan mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die Herausforderung besteht darin, neue experimentelle Wege zu beschreiten, die schon Kinder und Jugendliche erreichen.“ Ich füge ausdrücklich hinzu, es geht hier auch darum, gerade Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund zu erreichen und zu überprüfen, inwieweit alle Kultureinrichtungen einen Beitrag zur Kulturvermittlung leisten können.
Talente zu fördern, die Freude an Kultur zu entfachen, Hemmschwellen abzubauen, zum Mit- und Selbermachen zu ermutigen, das sind, finden wir Grünen, lohnende Aufgaben einer zukünftigen Kulturentwicklung. Ich muss es erwähnen: Das MOKSTheater, das Philharmonische Orchester, die Kammerphilharmonie, die Kunsthalle, die Museen erbringen, gerade was die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen angeht, großartige Leistungen. Wir möchten das gern ausbauen.
Bei der Teilhabe an Kultur geht es auch um Chancengleichheit. Gerade Menschen, die es schwer haben, von sich aus Zugang zur Kultur zu finden, müssen wir zukünftig stärker einbeziehen. Kunst und Kultur sind eigenständige Ressourcen dieser Stadt, so steht es im Masterplan. Kunst und Kultur entziehen sich einer rein wirtschaftlichen Betrachtung. Wer nur nach vollen Häusern schielt, wer nur nach Kennzahlen für Besucher schaut, der erntet möglicherweise volle Häuser, aber seichtes Theater. Dies kann nicht das Interesse von Kunst und Kultur und auch nicht der Kulturpolitik sein, Kunst muss immer das Widerborstige, das gegen den Mainstream Handelnde in sich bergen und muss daher auch die Chance haben, nicht nur nach rein betriebswirtschaftlichen Aspekten beurteilt zu werden.
Wir wissen, dass vor dem Hintergrund enger finanzieller Spielräume die staatlichen Zuschüsse für Kultur nicht anwachsen werden, aber eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung für die großen, aber auch gerade für die kleinen Kulturinstitutionen ist ebenso nötig wie ein fester Anteil für Projektförderung. Darum geht es, Projektförderung, um neue Ideen, Kreativität und Talente zu fördern.
Ich komme zum Schluss!
Eine lebendige Kulturszene ist für uns auch ein Garant für Toleranz und Demokratie. Eine Kulturstadt Bremen gibt Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit keine Chance. Der Masterplan bietet dafür eine gute Grundlage. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Dreimal-bis-zu-fünf-Minuten-Regelung ist, das zeigt sich hier, nicht so günstig, denn ich hätte gern meinen Redebeitrag umfänglicher gehalten, als nach 5 Minuten abzubrechen.
So komme ich jetzt zum zweiten Teil, denn selbstverständlich kann man die Debatte über den Masterplan Kultur nicht von der Kulturpolitik, die hier in Bremen in den letzten Jahren gelaufen ist, trennen, das gehört einfach zusammen. Dazu möchte ich jetzt auch noch etwas sagen.
Wir sind uns ja in den Zielen des Masterplans einig. Trotz allem kann man aber nicht daran vorbeisehen, dass wir Kulturpolitik in den letzten Jahren hier gehabt haben. Sie hat sich vor allen Dingen dadurch ausgezeichnet, dass Kultur oder der Kultursenator ein Wanderpokal in dieser Koalition gewesen ist. Das waren schon einmal in den letzten Jahren die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, um eine verlässliche und kontinuierliche Kulturarbeit in diesem Lande überhaupt zu ermöglichen. Das ist das eine.
Wir werden in Zukunft den Kultureinrichtungen viel abverlangen, meine Vorrednerinnen und auch der Senator haben erwähnt, was sie alles leisten sollen: Sie sollen professionell arbeiten, sie sollen sich für neue Publikumsschichten öffnen, sie sollen neue Projekte generieren, sie sollen wirtschaftlich denken,
arbeiten und handeln. Dies ist natürlich alles richtig und notwendig, aber wer das von diesen Kulturinstitutionen fordert, der muss ihnen doch endlich auch einmal eine verlässliche finanzielle Grundlage geben, der muss dafür sorgen, dass es nicht immer wieder dazu kommt, dass die Kultureinrichtungen heute nicht wissen, wie sie morgen weiterarbeiten sollen. Bis heute warten die Kultureinrichtungen auf Kontrakte, und seit McKinsey wird ihnen Planungssicherheit durch langfristige Kontrakte versprochen, sodass sie planen können. All dies ist bis heute Fehlanzeige, meine Damen und Herren!
Dazu kommt, dass viele Kultureinrichtungen auch Kritik am Kulturressort haben. Viele fühlen sich nicht immer – ich will das nicht generalisieren, denn es ist wie überall auch sehr unterschiedlich – gut durch das Ressort vertreten. Das Ressort hat es bis heute nicht geschafft, sich neu aufzustellen, und es hat vor allen Dingen keine politisch gut funktionierende und fachlich kompetente Führung, das muss man einfach auch einmal sagen. Wer zuhört, vor allen Dingen gerade den Einrichtungen der freien Kulturszene, der hört schon genau, dass dort massive Kritik vorhanden ist. Wir wünschen uns, dass aufgrund des Masterplans auch diese Sorgen endlich ernst genommen und geändert werden, meine Damen und Herren.
Ich muss schon sagen, der Masterplan Kultur liest sich wirklich gut. Ich würde mir wünschen, dass sich viele Abgeordnete, die immer sagen, was ist schon Kultur, den Masterplan einmal aufmerksam durchlesen, dann werden sie nämlich merken, warum hier neue Wege beschritten werden sollen: Weil nämlich dieser Masterplan an den Gedanken der alten Kulturhauptstadtbewerbung anknüpft, dass Kultur eben nicht losgelöst von den anderen Bereichen betrachtet werden kann, dass es enge Verbindungen zu Bildung gibt – diese müssen in Zukunft besser werden –, dass es enge Bindungen zur Wissenschaft gibt, Stadt der Wissenschaft nenne ich hier! Das alles sind Zukunftsbereiche.
Wenn es uns nicht gelingt, hier eine engere Verknüpfung herzustellen, und wenn nicht das Wissenschaftsressort, das Bildungsressort und das Wirtschaftsressort, das füge ich ausdrücklich hinzu, erkennen, wie notwendig und wichtig Kultur als Ressource, als Motor von Stadtentwicklung, von neuen Kräften ist, die man hier in der Stadt fördern und binden muss, dann wird Kultur auch zukünftig keine Chance haben. Es muss in alle unsere Köpfe hinein, dass Kultur einfach mehr ist als Anhängsel. Das habe ich vorhin schon gesagt, und dazu brauchen wir vor allen Dingen auch eine deutlich andere Kulturpolitik, meine Damen und Herren.
Ich sage noch einmal, was ich am meisten bedauert habe: Es gab in dieser Stadt eine Verständigung über die Wichtigkeit der Kultur. Diese gab es in der Zeit der Kulturhauptstadtbewerbung. Ich werfe Ihnen vor, dass, nachdem es mit der Kulturhauptstadtbewerbung zu Ende war, diese Aufbruchsstimmung völlig untergegangen ist. Ressortegoismen waren wieder an der Tagesordnung, Schwarze-Peter-Spiele nach dem Motto, wie ärgere ich den Koalitionspartner am meisten. Viele Sachen sind auf die lange Bank geschoben worden. Ich erinnere nur daran, wie lange es aufgrund koalitionsinterner Streitigkeiten gedauert hat, bis ein Stadtbibliothekskonzept verabschiedet werden konnte. Ich erinnere an den Streit über die Umwandlung in Schulbibliotheken, wem gehören wie viele Bücher und so weiter. Ich erinnere an die unendliche Geschichte mit der schulgeschichtlichen Sammlung, und ich mache darauf aufmerksam, dass das Kulturleben in Bremen-Nord seit über einem Jahr daniederliegt, sodass es jetzt mühselig von ganz unten an wieder aufgebaut werden muss. Es gibt wirklich viel zu tun, und ich wünsche mir, dass dieser Masterplan Hilfe sein kann, damit das, was in der Vergangenheit nicht so gut gelaufen ist, in Zukunft besser läuft. – Danke schön!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche Informationen gibt es im Internet über das Ressort des Senators für Kultur?
Zweitens: In welcher Weise werden die Struktur und der Aufgabenbereich der Kulturbehörde öffentlich zugänglich dargestellt?
Der Beantwortung der zweiten Frage entnehme ich, dass Sie sehr wohl anerkennen, dass die bisherige Dar
stellung des Kulturressorts im Internet überarbeitungsbedürftig ist?
Können Sie das „möglichst schnell“ noch etwas genauer präzisieren? Sie haben ja gesagt, es hängt auch mit der noch nicht fertig gestellten Umstrukturierung des Kulturressorts zusammen. Gibt es da einen zeitlichen Rahmen, den Sie zumindest anstreben?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von der Wirtschaftspolitik zur Kulturpolitik! Hauptmerkmal der CDU-Kulturpolitik ist der Verschleiß an Kultursenatoren.
Fünf Kultursenatoren in sechs Jahren, Kultur einmal bei Sport, einmal bei Inneres, einmal bei Wirtschaft, auf alle Fälle immer ein Wanderpokal! Meine Damen und Herren, dies war in den vergangenen Jahren kein positives Signal in Richtung Kultur. Ich werfe dies nicht dem jetzigen Kultursenator vor, dafür kann er nichts. Dies hat die CDU insgesamt zu verantworten.
Auf der Strecke geblieben ist das Vertrauen vieler Kulturschaffender und vieler Kulturinstitutionen, die sich nur noch schlecht verwaltet fühlen und manchmal schon froh wären, auf Briefe an die Behörde eine Antwort zu bekommen. Kunst kommt von Können, so sagt man. Mit Können hat die Kulturpolitik der CDU in den vergangenen Jahren wenig zu tun. Die Aufbruchstimmung der Kulturhauptstadtbewerbung zerplatzte im Nichts, an den damaligen Wirtschafts- und Kultursenator Gloystein möchte ich an dieser Stelle lieber nicht erinnern. Das Nachfolgeprojekt der Stadtwerkstatt wurde im Gerangel der Koalitionsbastelwerkstatt so lange klein gehackt, dass niemand in der Kulturszene heute noch an eine Umsetzung glaubt. In Bremen-Nord ist die Kulturpolitik an einem Nullpunkt angelangt, nachdem jahrelange parteipolitische Egoismen das Kulturleben zum faktischen Erliegen gebracht haben. Man darf skeptisch sein, ob die Installation eines Kulturmanagers den angerichteten Scherbenhaufen beseitigen kann.
Es gibt in dieser Koalition wenig Einvernehmen darüber, dass Kultur für Bremen ein wesentlicher Motor für die Modernisierung und für die Attraktivitätssteigerung der Stadt ist. Ressortegoismen und Verteidigungsstrategien verhindern dies. Ganz vorn auf der Negativliste stehen für mich: Erstens, eine Lösung für den Kunsthallenanbau ist nicht in Sicht. Mit Riesenaufwand gestartet, ich erinnere an den internationalen Wettbewerb mit weit über 500 Teilnehmern, ist er bis heute im Nichts versickert! Dabei wissen wir alle, dass die Kunsthalle nur dann eine Chance hat, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
weiter in der Oberliga zu spielen, national wie international, wenn es einen Anbau gibt. Aber andere Investitionen waren Ihnen wichtiger.
Zweitens, die Volkshochschule bekommt nach vielen, vielen Quälereien endlich die schon lange überfällige Zentrale im Stephaniquartier. Gleichzeitig aber werden die Mittel um zehn Prozent gekürzt. Die Folge: Vor allem preisgünstige Angebote in den Stadtteilen müssen wegfallen. Betroffen sind all diejenigen, die kein dickes Portemonnaie haben. Gerade für die Geringverdiener muss die Volkshochschule Angebote vorhalten, um ihren Bildungsauftrag auch zukünftig erfüllen zu können.
Der absolute Tiefpunkt war der Umgang des Kultur- und des Finanzsenators mit dem Bremer Theater. Die Drohung mit der Insolvenz war ein unglaublicher Vorgang, um von eigenen Versäumnissen abzulenken, und hat auch aus Sicht des kommenden Theaterintendanten der Stadt und dem Theater großen Schaden zugefügt.
Die Kritik der Kulturschaffenden am Zustand des Kulturressorts ist inzwischen lauter denn je. Die Kulturfachlichkeit bleibt zunehmend auf der Strecke, und ein neuer Kulturamtsleiter ist seit zwei Jahren nicht in Sicht.
Meine Damen und Herren, auch wir Grünen wissen um die engen finanziellen Spielräume. Dies gilt auch für die Kultur. Wir begrüßen es daher nachdrücklich, dass der Kulturhaushalt von drastischen Kürzungen verschont bleibt. Umso wichtiger ist es, neue Bündnisse zu schmieden und neue Initiativen zu ergreifen, um die Kultur in Bremen zu stärken. Es muss gelingen, mehr Menschen am kulturellen Leben zu beteiligen und für Kultur zu begeistern. Kreativität ist die wichtigste Ressource der Zukunft. Diese Kreativität gilt es zu entdecken und zu fördern, auch und gerade in Kindergärten und Schulen. Dazu brauchen wir Patenschaften zwischen Künstlern und Kultureinrichtungen mit Kindergärten und Schulen. Bildung und Kultur müssen sehr viel mehr als bisher verzahnt werden.
Das kulturelle Potential unterschiedlicher Kulturen in Bremen muss ein größeres Gewicht in der Kulturpolitik erhalten.
Ein positives Beispiel ist das Bremer Stadtmigrantenorchester. Ich glaube, auf dem Weg müssen wir weitermachen.
Kultur ist ein wichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor. Umso unverständlicher ist es mir, dass die wäh
rend der Kulturhauptstadtbewerbung begonnene Kooperation zwischen der Handelskammer und dem Kulturressort offensichtlich zum Erliegen gekommen ist.
Was ich auch sehr wichtig finde: Wir brauchen mehr Räume in der Stadt, in denen sich Kultur entwickeln und entfalten kann. Das Güterbahnhofsgelände ist ein solcher Raum, wo sich die Kulturschaffenden niedrigschwellig, sage ich einmal, nicht in Palästen, sondern in Schuppen, entfalten können. Davon wünsche ich mir mehr in der Stadt. Die Überseestadt beispielsweise wäre ein solches Gelände für Kulturinitiativen.
Meine Damen und Herren, statt großer Konkurrenzen brauchen wir für die Zukunft große Vernetzungen der Kultur mit anderen Bereichen. Das, wenn ich daran noch einmal erinnern darf, war der große Charme der Kulturhauptstadtbewerbung zu sagen, Kultur verbindet sich mit Bildung, mit Wissenschaft, mit Stadtentwicklung, weil wir zusammen die Stadt voranbringen können. Ich wünschte mir, wir könnten daran wieder anknüpfen. Bremen steht auch in Sachen Kultur im Wettbewerb mit anderen Städten. Das kulturelle Erbe zu pflegen und Neues auf den Weg zu bringen stärkt Bremen als Kulturstadt und den Zusammenhalt in der Stadt.
Positiv, das möchte ich noch erwähnen, finde ich, dass wir gemeinsam einen Kulturmasterplan auf den Weg gebracht haben. Wenn wir das, was darin steht, ernsthaft weiterverfolgen, sind wir auf dem richtigen Weg. Allein, mir fehlt der Glaube, dass dies die große Koalition hinbekommt. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kummer, vielleicht sollten Sie unseren Antrag genau lesen! Dass er nicht ein umfangreiches Stadtentwicklungsprogramm enthält, sondern die Richtung, die wir politisch kritisieren, wie Sie diesen Haushalt aufgestellt haben, das soll der Antrag leisten. Dass wir da nicht hunderttausend Spiegelstriche anbringen können und dass wir hier inhaltlich in den einzelnen Fachressorts über die politische Strategie, wie man die Stadt weiterentwickelt, debattieren, ist aber nicht Bestandteil unseres Haushaltsantrags. Deswegen hier zu sagen, das und das steht alles nicht darin, das ist, wie ich finde, etwas populistisch.
Auch zu Ihrer Kritik, dass das Wort Ökologie nicht vorkommt, muss ich Sie leider korrigieren. In unserem Antrag steht nämlich, dass weiche Standortfak––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
toren wie Bildung, Ökologie und Kultur ebenso Berücksichtigung finden sollen. Das Wort Ökologie taucht sehr wohl in unserem Antrag auf.
Ganz generell möchte ich auch etwas zu einzelnen Projekten sagen, die das Bauressort in der Verantwortung geleitet hat. Wir glauben, dass das Bauressort in den vergangenen Jahren mit Unterstützung der großen Koalition Millionen Euro für Projekte bereitgestellt hat, von denen wir Grünen der Auffassung sind, dass sie vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage weder nötig noch angemessen sind. Da Sie das Stichwort schon gegeben haben, Frau Kummer: Selbstverständlich kämpfen die Leute vor Ort seit 20 Jahren zu Recht gegen die Aufweitung des Concordiatunnels, gegen die Aufweitung der Schwachhauser Heerstraße. Wir Grünen kämpfen an diesem Punkt genauso lange mit diesen Menschen, mit drei Beiräten, und wir sind der Auffassung, dass beides überflüssig ist, der Lebensqualität in diesem Stadtteil schadet und dem ÖPNV überhaupt nicht nützt.
Vielleicht noch zu den Summen: Der Ausbau des Concordiatunnels und die Aufweitung der Schwachhauser Heerstraße kosten den Bund und Bremen über 20 Millionen Euro. Da sagen wir sehr wohl, dass man dieses Geld einsparen könnte. Dieses Geld ist unsinnig zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Es macht es nicht besser, dass der überwiegende Anteil vom Bund gezahlt wird, denn es ist immer das gleiche Geld der Steuerzahler, meine Damen und Herren!
Ein weiteres Bauprojekt, wo wir glauben, dass Gelder verschwendet werden, Bundesgelder, aber auch bremisches Geld, ist der Weiterbau der B 74 in Bremen-Nord. Wir sagen ganz eindeutig ja zum Ausbau des ÖPNV, zum Ausbau der Farge-Vegesacker Eisenbahn. Wir sagen nein zu einer Straße, wo Sie bis heute nicht nachweisen können, dass der Verkehr dort so übermäßig groß ist, dass man hier eine Million bremischer Mittel hineinstecken muss, um eine Straße weiterzubauen und dafür Umweltqualität und Natur zu zerstören.
Ein weiteres Programm, von dem wir sagen, dass Sie in der Vergangenheit das Geld nicht mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen, aber großzügig verteilt haben, ist das berühmte Innenstadt- und Stadtteilinvestitionsprogramm. Es wurde in den ver
gangenen Jahren wie ein Füllhorn, natürlich ganz streng nach dem Parteiproporz, gießkannenmäßig über die Stadtteile verteilt. Alle unsere Versuche in der Baudeputation, strengere Kriterien für die Ausgaben in den Stadtteilen anzulegen, sind gescheitert, Sie haben dem nicht zugestimmt. Jetzt backen Sie etwas kleinere Brötchen, weil Sie sehr wohl erkennen, dass auch hierfür die Gelder nicht mehr vorhanden sind.
Wer in der Vergangenheit blaue Bänder in BremenNord finanziert hat, weil er glaubte, dass damit irgendwie die Lebensqualität gehoben oder irgendein Problem in Bremen-Nord gelöst würde, der muss heute erkennen, dass er sich geirrt hat. Dieses Geld ist in den Sand gesetztes Geld, meine Damen und Herren!
Jetzt zu meinem Lieblingsprojekt, zu dem größten Unsinns- und Verschwendungsprojekt, der Verkehrsmanagementzentrale! Ich sage Ihnen, es ist nichts weiter als ein teures Spielzeug! Es ist ein teures Spielzeug. Man kann sagen „nice to have“. Wenn wir denn eine Millionenmetropole wären, die täglich in stundenlangen Staus erstickte, dann könnte man sagen, ja, wir brauchen so ein Ding! Das sind wir aber nicht. Es gibt wenige Spitzenzeiten, in denen bei uns der Verkehr steht. Diese Verkehrsmanagementzentrale ist unsinnig. Sie ist ein teures Spielzeug, und die einzige, die sich daran eine goldene Nase verdient hat, ist die Firma Siemens, meine Damen und Herren!
Sie nützt der Stadt überhaupt nichts. Autos werden auf Bildschirmen beobachtet, Autos werden von A nach B geleitet. Bezahlt wird das Ganze aus ÖPNVMitteln. ÖPNV-Mittel sind dazu da, dass sie dem ÖPNV nutzen. Hier nutzen sie überhaupt nicht dem ÖPNV. Die Verkehrsmanagementzentrale hat den ÖPNV, geschweige denn die Region, überhaupt nicht im Blick. Es ist ein Spielzeug für ein paar Männer, die gern vor dem Bildschirm hocken, und sonst nichts. Es ist Geldverschwendung! 5,5 Millionen sind auch hier verschwendet worden, meine Damen und Herren!
Ja, ganz ruhig, Herr Kollege Pflugradt! Sie können gleich reden! Ich würde mir wünschen, dass die große Koalition ein bisschen mehr Bescheidenheit, lieber Herr Pflugradt, und vielleicht auch ein bisschen mehr Selbstkritik im Geldausgeben der vergangenen Jahre zeigen würde.
Ich will Ihnen etwas über den aufwendigen und teuren Umbau des Leibnizplatzes sagen, den wir jetzt gerade in Form einer riesigen Baustelle bewundern können. Aus heutiger Sicht, muss ich sagen, wäre ich sehr viel kritischer damit, dieses viele Geld dafür auszugeben. Mit Sicherheit ist es so, dass alles wunderbar, wunderschön ist, wenn alles fertig ist. Ich sage Ihnen aber auch, vor dem Hintergrund dieser engen Haushaltsnotlage hätte man auch hier bescheidener sein können, und weniger wäre mehr gewesen. Ich als Grüne sage kritisch, dass ich hier vielleicht auch kritischer hätte nachfragen können. Ich würde mir wünschen, dass die große Koalition auch an irgendeiner Stelle zu etwas Selbstkritik fähig wäre.
Meine Damen und Herren, bei der Wohnungsbaupolitik kritisieren wir, das ist bekannt, dass Sie nach wie vor den demographischen Wandel nicht ernst nehmen und einseitig auf Einfamilienhausgebiete setzen. Da hilft auch nicht so ein Alibiprojekt wie „Wohnen zwischen Wall und Weser“. Ich sage, wer heute noch ein Bauprojekt wie Brokhuchting ins Leben ruft, der handelt verkehrt. Das ist Bauen in absoluter Stadtrandlage. Das ist Bauen in einem Überschwemmungsgebiet. Das ist stadtunverträglich. Machen Sie hier eine Kehrtwende! Genauso hoffe ich, dass niemals ein einziges Haus in der Osterholzer Feldmark stehen wird, weil auch dies ein Projekt der Vergangenheit ist. Für die Zukunft ist es nicht tauglich. Wir haben nicht mehr diesen Bedarf an großen Einfamilienhausgebieten. Wir haben genügend in der ganzen Stadt verteilt.
Lassen Sie mich zum Schluss etwas Vorwärtsweisendes sagen! Unser Ziel ist eine integrierte Stadtentwicklungspolitik. Vor allem wollen wir die nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in benachteiligten Stadtquartieren. Wir wollen die Stärkung der lokalen Wirtschaft und Beschäftigungspolitik. Wir wollen Innenentwicklung, sie hat für uns absoluten Vorrang vor dem Bauen auf der grünen Wiese. Die Städte zu stärken, das ist unser Ziel. Damit befinden wir uns im Einklang mit der Lissabon-Strategie der EU. Dafür brauchen wir andere Förderinstrumente, weiche Förderinstrumente. Dafür brauchen wir vor allem die WiN-Mittel, die Stadtumbau-West-Mittel und Mittel für das Programm soziale Stadt. Wir Grünen sagen, wir müssen den demographischen Wandel ernst nehmen. Wir müssen unsere Stadt entsprechend umbauen. Wir müssen aber auch den Geldmangel ernst nehmen. Beides haben wir in den vergangenen Jahren bei der großen Koalition vermisst. - Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Focke, ich habe mich jetzt doch noch einmal gemeldet, weil ich das Gefühl habe, dass Sie immer noch so reden, als regnete es Goldtaler vom Himmel, und dass Sie immer noch nicht verstanden haben, dass wir uns in der ernsthaften Abwägung befinden, was wir uns finanziell leisten wollen und können. Ich möchte hier ausdrücklich einer Legendenbildung widersprechen, wenn Sie sagen, wir würden alles Mögliche ablehnen. Dies trifft nicht zu. Wir haben in Bremen wesentliche Verkehrsprojekte mitgetragen in dem Wissen, dass sie notwendig sind, auch wenn sie viel Geld kosten wie beispielsweise die A 281. Die haben wir nötig gefunden!
Wir haben sie nie abgelehnt, niemals! Ach, Kollege Pflugradt, da irren Sie sich, um nicht zu sagen, da sagen Sie nicht die Wahrheit. Wir haben einer anderen Straßenverbindung zugestimmt und auch dafür viel Geld bereitgestellt, das ist die Anbindung an die Überseestadt, weil wir sie zur Erschließung dieses wichtigen städtebaulichen Gebietes für sinnvoll hielten. Wir wägen aber ab, an welchen Stellen wir nein ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sagen, das finden wir weder stadtverträglich, noch finden wir die Ausgaben sinnvoll, und das müssen Sie uns als Opposition schon gestatten, dass wir nicht alle Ihre überdimensionierten Straßenausbauten in ganz Bremen für richtig halten, meine Damen und Herren!
Vielleicht noch einmal ein Projekt, von dem wir auch der Meinung sind, dass Sie in der Vergangenheit das Geld falsch ausgegeben haben! Entweder gibt man viel Geld für einen Hemelinger Tunnel aus und sagt, das ist die zukunftsmäßige Anbindung an DaimlerChrysler, Daimler-Chrysler braucht diese Anbindung: Dann nehmen wir ordentlich viel Geld in die Hand, um den Verkehr zur Entlastung des Stadtteils Hemelingen besser abzuwickeln. Wir haben den Hemelinger Tunnel, er ist bis heute untergenutzt, und für Daimler-Chrysler bauen Sie gleichzeitig noch eine zusätzliche Strecke, nämlich die Funkschneisentrasse, zerstören damit auch wieder Landschaft und belasten Menschen mit zusätzlichem Verkehr. Der Hemelinger Tunnel ist bis heute völlig untergenutzt. Das sind Geldverschwendungsprojekte, die wir Grünen massiv kritisieren!
Noch ein anderer Punkt, weil Sie das immer wieder sagen: Wir Grünen haben nichts gegen Einfamilienhäuser. Sie bekommen doch in jeder Baudeputationssitzung mit, welche B-Pläne wir mitmachen, wo wir sagen, es ist okay, wenn dort Einfamilienhäuser gebaut werden. Ich bitte aber doch zu bedenken, dass der Anteil der Familien in Bremen inzwischen bei 25 oder 28 Prozent liegt. Das muss man doch irgendwann einmal realisieren! Man mag bedauern, dass wir nicht mehr so viele Familien haben, aber so ist es nun einmal. Wir haben Einfamilienhaushalte, wir haben Singlehaushalte, für die müssen wir doch auch einmal ein Wohnungsangebot schaffen. Da halten wir es für kontraproduktiv, in Zukunft riesige neue Einfamilienhausgebiete auszuweisen, und bei dieser Position bleiben wir, weil es eine nachhaltigere Position ist als Ihre! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegin Spieß, ich weiß nicht genau, ob der Titel der Großen Anfrage von der CDU und der SPD „Bürgerliches Engagement im Bereich der Kultur“ ein Versehen oder Absicht war. Wir Grünen jedenfalls sagen und meinen „bürgerschaftliches Engagement“, weil wir glauben, dass das Wort „bürgerlich“ zu viel Raum für eventuelle Missverständnisse enthält. Ich finde es gut, dass sich der Senat in seiner Antwort vorwiegend auf den Begriff des „bürgerschaftlichen Engagements“ bezieht.
Für uns Grüne ist bürgerschaftliches Engagement ein wichtiger Baustein demokratischer Kultur, aber auch die Reform von Staatlichkeit, staatlichen Verbänden, Demokratisierung von unten sorgt aus unserer Sicht für mehr Transparenz, weniger Bürokratie, aber auch für mehr Freiheit gegenüber dem Staat. Das kulturelle Leben in Bremen und Bremerhaven wäre ohne bürgerschaftliches Engagement nicht denkbar. Alle Kultureinrichtungen, -initiativen oder -projekte werden von engagierten, kulturinteressierten Menschen mitgetragen. Weder hätte die CamilleAusstellung in der Kunsthalle ohne die vielen Ehrenamtlichen bewerkstelligt werden können, noch könnten wir uns die Arbeit in den soziokulturellen Zentren oder in der Stadtteilarbeit ohne die Arbeit der Ehrenamtlichen vorstellen.
Stellen Sie sich vor, es gäbe nicht die vielen Ehrenamtlichen, die, als sich die Stadtbibliothek aus vielen Stadtteilen zurückgezogen hat, diese Arbeit vor Ort – etwa in Walle, im Ostertor, in Hemelingen, Horn-Lehe oder Blumenthal –, diese ehrenamtliche Weiterführung von Bibliotheksarbeit aufgebaut hätten! Dann wären diese Stadtteile um ein gutes Angebot ärmer.
Gut, Düsseldorfer Straße auch noch!
Gerade weil kulturelle Vielfalt in jeder Stadt maßgeblich vom bürgerschaftlichen Engagement abhängt, ist es die Aufgabe der Kulturpolitik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Ehrenamt fördern. Bürgerschaftliches Engagement benötigt eine Kultur der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Anerkennung, erfordert geeignete Lernorte zur Qualifizierung und den Abbau von Hindernissen, zum Beispiel in Form von rechtlichen Rahmenbedingungen, Frau Emigholz hat darauf hingewiesen.
Der Deutsche Kulturrat kritisierte jüngst die Entscheidung des Bundesfinanzministeriums, dass künftig die Mitgliedsbeiträge zu Fördervereinen von Kultureinrichtungen nicht mehr steuerlich abzugsfähig sind, wenn den Mitgliedern geldwerte Vorteile, zum Beispiel durch Eintrittskarten, gewährt werden. Wir halten eine solche Regelung für unverhältnismäßig und kontraproduktiv, und wir bitten den Kultursenator, sich für eine Rücknahme dieser Regelung einzusetzen, zumal gerade im Koalitionsvertrag der Bundesregierung die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ausdrücklich zugesagt wurde.
Bürgerschaftliches Engagement basiert auf Freiwilligkeit und soll daher nicht als Ersatz notwendigen staatlichen Handelns herangezogen werden.
Diesen Satz halte ich für sehr zentral. Dieser Satz steht in dem von der Kulturdeputation gerade einstimmig verabschiedeten Kulturentwicklungsplan, und wir Grünen unterstützen diese Forderung nachdrücklich.
In Bremen haben das kulturelle Engagement und die vielfältige Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern für die Kultur eine lange Tradition. Darauf hat Frau Spieß hingewiesen. Die großen Bremer Kultureinrichtungen wie das Übersee-Museum, die Kunsthalle oder die Philharmonische Gesellschaft sind historisch aus bürgerschaftlichem Engagement hervorgegangen, und ohne freiwilliges Engagement wäre die Arbeit der soziokulturellen Zentren oder kulturellen Stadteilarbeit, zum Beispiel der Bürgerhäuser, überhaupt nicht zu leisten.
Über zwei Millionen Menschen in Deutschland sind ehrenamtlich im Kulturbereich aktiv. Die durchschnittlich aufgewandte Zeit pro ehrenamtlicher Tätigkeit liegt bei 14,5 Stunden pro Monat. Allein in den Bürgerhäusern lag der Umfang der ehrenamtlichen Tätigkeit für die Stadtteilquartiere im Jahr 2005 bei 34 000 Stunden. Das kann man nicht hoch genug achten. Das zeigt, welche große Bedeutung ehrenamtliche Tätigkeit hat.
Gerade die zahlreichen kleineren Kultureinrichtungen in den Stadtteilen tragen durch die ehrenamtliche Tätigkeit wesentlich zur Lebensqualität, sozialen Stabilität, aber auch zur Integration in den Stadtquartieren bei. Das gilt für den Kulturladen in Huchting, für Kultur vor Ort in Gröpelingen und genauso für das Lagerhaus im Viertel. Es ist sehr wichtig, dass wir gerade vor den gesellschaftlichen Problemen uns nach wie vor dieser Ehrenamtlichkeit versichern und
dieses Ehrenamt weiterhin politisch engagiert unterstützen.
Was machen Ehrenamtliche alles? Ganz unterschiedliche Tätigkeiten, von der selbstverantworteten Programmgestaltung über Veranstaltungsorganisation, Kassendienste, Spendensammeln, Museumsshopverkauf, Betreuung von Kindern und Jugendlichen bei Museumsführungen, Künstlerbetreuungen und vieles andere mehr! Diese Aufzählung macht deutlich: Das kulturelle Leben und erst recht die kulturelle Vielfalt sind nur möglich, weil es in Bremen so viele Menschen gibt, die sich für die Kultur engagieren.
Was sind die Motive, sich bürgerschaftlich zu engagieren? Mit Sicherheit ist es Spaß an der Arbeit, aber vor allem auch die Identifikation mit einer Kulturinstitution oder einem Kulturprojekt. Es ist auch die Erwartung, dass ehrenamtliche Tätigkeit für die eigenen beruflichen Möglichkeiten genutzt werden kann. Wenn der Senat das Ehrenamt im Kulturbereich weiter fördern will, dann darf er es nicht überstrapazieren.
Ich war etwas irritiert über die Frage nach der Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements für kulturelle Grundversorgung. Ich wusste nicht genau, ob Sie darauf hinauswollen, dass angesichts enger finanzieller Spielräume die ehrenamtliche Tätigkeit ausgedehnt werden soll, um gegebenenfalls bezahlte Kräfte einsparen zu können. Ich hoffe, dass dies nicht gemeint ist. Die Antwort des Senats macht mich aber auch nicht schlauer. Es wird davon gesprochen, dass die Ehrenamtlichen einen sich bereits abzeichnenden, zunehmend gewichtigeren Anteil übernehmen können. Was der Senat mit diesem Satz meint, dass bitte ich ihn hier noch einmal genauer zu erklären. Für uns war der Satz sehr nebulös.
Wir Grünen sind der Auffassung, dass zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements eine verlässliche Finanzierung der Kultureinrichtungen gehört, auch und gerade des professionellen Personals. Im engagierten Einsatz von Ehrenamtlichen mit einem erheblichen Zeitbudget sind Verlässlichkeit und Kontinuität gerade in der finanziellen Absicherung der Kultureinrichtungen, für die sich die Menschen ja engagieren, ein wichtiges Signal, dass der Staat das Ehrenamt auch tatsächlich ernst nimmt.
Wir können augenblicklich bei der Diskussion über die neuen Strukturen in Bremen-Nord sehr deutlich sehen, wie groß die Sorge der dort engagierten Menschen in den Fördervereinen ist, zum Beispiel beim Kito, dass dessen Profil durch die Neuorganisation in Bremen-Nord unter die Räder geraten könnte. Wenn die Identifikation mit einer Einrichtung wegfällt, wird das Ehrenamt beschädigt. Ich hoffe sehr, dass eine Neuorganisation in Bremen-Nord, gegebenenfalls unter einem so genannten Kulturmana
ger, nicht dazu führt, dass ehrenamtliches Engagement zurückgedrängt wird und dass die Menschen sich zurückziehen, weil sie glauben, unter einem Kulturmanager hätten sie dann zukünftig nichts mehr zu sagen. Das fände ich für Bremen-Nord fatal.
Meine Damen und Herren, Ehrenamt ist nicht zu verwechseln mit Mäzenatentum, aber Mäzenatentum hat sehr wohl auch etwas mit bürgerschaftlichem Engagement zu tun. Der Kunstverein bezeichnet sich gern als größte Bürgerinitiative Bremens, vielleicht mit Recht. Er hat, ich weiß es gar nicht so genau, über 3000 Mitglieder.
Ich würde mir wünschen, dass von denjenigen Mitgliedern, die über eine dickere Brieftasche als andere verfügen, eine namhafte Summe für den Anbau der Kunsthalle gesammelt wird, um die Realisierungschancen zu erhöhen und weiterhin Ausstellungen mit überregionaler Anziehungskraft wie die FelderAusstellung von van Gogh oder die Camille-Ausstellung –
ich komme zu Schluss, Herr Präsident – ermöglichen zu können, und das macht aus unserer Sicht einen Anbau der Kunsthalle nötig.
Wir fordern bürgerschaftliches Engagement von denen, die finanziell mehr als andere schultern können. Sie sollten das tun, und dann ist es auch ein gutes Signal für das bürgerschaftliche Engagement in unseren beiden Städten. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schuster, auch wir Grünen sind selbstverständlich dafür, dass Frauen selbst entscheiden sollten, ob sie Kinder bekommen oder nicht. Ich möchte aber doch deutlich darauf hinweisen, wenn die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen so sind, dass Kinder nicht mehr gezeugt und großgezogen werden können, dann muss man doch sehr darüber nachdenken, was falsch läuft in unserer Gesellschaft. Das ist offensichtlich der Fall. Wenn es nämlich so ist, dass Beruf und Kinder offensichtlich schwer vereinbar sind oder wenn Kinder zum Armutsrisiko werden, dann läuft in unserer Gesellschaft etwas verkehrt, das möchte ich gern vorwegschicken.
Ursache für den demographischen Wandel ist in der Tat die geringe Geburtenzahl in Deutschland. Deutschland hat die geringste Geburtenzahl auf der ganzen Welt. Der Trend ist in Europa überall der gleiche. Für Deutschland bedeutet der demographische Wandel Folgendes: Die Zahl der über Sechzigjährigen nimmt bis 2050 um rund zehn Millionen zu, gleichzeitig schrumpft die Zahl der Zwanzig- bis Sechzigjährigen trotz eines angenommenen Einwanderungsüberschusses von 170 000 jüngeren Menschen pro Jahr um 16 Millionen. Die Zahl der unter Zwanzigjährigen wird um acht Millionen Menschen abnehmen. Insgesamt schrumpft die Bevölkerung in Deutschland von 82 Millionen auf 68 Millionen Menschen. Zusammengefasst heißt dies: Wir werden deutlich weniger, wir werden älter und die Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund steigt.
Dies sind Fakten, und deren Folgen kann man in vielen Städten Deutschlands und in vielen Regionen, gerade in Ostdeutschland, teils schon mit dramatischen Auswirkungen wahrnehmen.
Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Ökonomie und Demographie. Die Menschen gehen nämlich dorthin, wo Arbeitsplätze sind. Die Folge ist in Deutschland eine starke Binnenwanderung, wachsende und schrumpfende Regionen existieren bereits jetzt parallel. Wir haben es inzwischen nicht mit ei––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
ner Ost-West-Wanderung zu tun, sondern verstärkt auch mit einer Nord-Süd-Wanderung, gerade der jüngeren Bevölkerung. Diese Menschen ziehen in die wirtschaftlich stärkeren Regionen, und diese Regionen liegen vor allem in Süddeutschland.
Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat in einer vergangene Woche vorgestellten Studie von einem Schrumpfungskeil vom Osten Deutschlands bis ins Ruhrgebiet gesprochen. Ich sage das nicht, um irgendwelche Katastrophenszenarien an die Wand zu malen, sondern weil wir Grünen der Auffassung sind, dass wir als Politikerinnen und Politiker überhaupt erst dann in der Lage sind, Handlungsstrategien aufgrund des demographischen Wandels zu entwerfen, wenn wir die Fakten zur Kenntnis und auch ernst nehmen, meine Damen und Herren.
In der Vergangenheit hat die große Koalition auf Wachstumsszenarien gesetzt, und die sind alle nicht eingetreten. Wenn der Senat auch jetzt, Herr Kollege Focke hat darauf hingewiesen, für Bremen eine Wachstumsstrategie als alternativlos bezeichnet, macht uns das schon skeptisch. Gleichwohl, auch wir Grünen finden es richtig, dass wir versuchen sollten, neue Einwohnerinnen und Einwohner für beide Städte zu gewinnen. Bremens Bevölkerung, auch darauf wurde schon hingewiesen, bleibt bis 2020 einigermaßen stabil, Bremerhaven dagegen muss einen Bevölkerungsrückgang um 12,5 Prozent verkraften. In der Altersgruppe 30 bis unter 50 Jahre beträgt die Abnahme sogar 20 Prozent.
Bremerhaven hat damit ähnliche Probleme wie viele ostdeutsche Kommunen. Wir finden es richtig, dass auch Zahlen, die schmerzlich sind, auf den Tisch kommen, denn nicht durch Schönreden werden Probleme gelöst, sondern wenn aufgrund von Tatsachen Lösungsstrategien entworfen werden.
Man muss es leider sagen, Bremerhaven ist eben eine schrumpfende Stadt, und das hat Folgen, Folgen für den Städtebau, den Abriss, die Verkehrsinfrastruktur. Aber wir sagen auch, Bremerhaven hat Chancen. Chancen sind die Häfen, Chance ist die Logistik, Chancen sehen wir in der Windenergie und auch in dem vorhandenen Wissenschaftspotential. Ich nenne da zum Beispiel das Alfred-Wegener-Institut, aber auch die Hochschule. Sie tragen dazu bei, qualifizierte Menschen an die Stadt zu binden. Aber ich sage auch deutlich, weil das Wort Wohnumfeld von meinen Vorrednern schon genannt wurde, in Bremerhaven kommt es sehr darauf an, um die Menschen in der Stadt zu halten, gerade was die Entlastung vom Durchgangsverkehr für Lkw angeht, hier deutlich an
dere Signale zu setzen, als das bisher in Bremerhaven geschieht, meine Damen und Herren.
Da sich der demographische Wandel auf nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche erstreckt, erfordert er auch eine andere Politik. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sehr viel mehr in diesen Prozess einbezogen werden. Heute wissen immer noch etwa 50 Prozent der Bevölkerung nicht, was sich überhaupt hinter dem Begriff demographischer Wandel verbirgt. Wir setzen bei diesem Prozess auf die Einbeziehung der Bevölkerung in unseren Städten. Wir wollen, dass sie aktiv an diesem Prozess beteiligt ist, weil wir der Auffassung sind, dass es die Menschen in den beiden Städten sind, die dazu beitragen können, ein Auseinanderbrechen der Stadtgesellschaft zu verhindern, indem man die Integrationskraft der Städte, aber gerade auch der Stadtteile stärkt und darauf hinwirkt, dass wir nicht in arme und reiche, in Stadtteile mit nur deutscher oder nur ausländischer Bevölkerung zerfallen. Das sind die Aufgaben, die wir in der Zukunft zu bewältigen haben.
Für uns ist eines der allerwichtigsten Ziele, dass es keinen einzigen Stadtteil, weder in Bremen noch in Bremerhaven, geben darf, in dem Kinder und Jugendliche keine Chance haben. Wir dürfen in Zukunft kein Kind links liegen lassen. Der Anteil der Jugendlichen – und ich glaube, das müssen wir uns immer wieder sehr deutlich machen –, die in unserem Bundesland nur unzureichende Kompetenz erlangen, ist erschreckend hoch. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung ist der Zugang zu gleichberechtigten Bildungschancen, vor allem auch für Migrantenkinder, von zentraler Bedeutung für uns Grüne.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen, und da sind auch alle Unternehmen in Bremen und Bremerhaven gefordert. Gestern haben Sie die Erhöhung der Kindergartengebühren beschlossen. Damit werden Sie, meine Damen und Herren, die Lust am Kinderbekommen nicht gerade steigern. Auch davon sind wir überzeugt.
Bildung, Ausbildung und Weiterbildung stehen für uns an erster Stelle, wenn man die Folgen des demographischen Wandels einigermaßen im Griff behalten will. Für uns gehört dazu auch, auf bestehende Stärken in beiden Städten zu setzen, und in Bremen sind das für uns unsere Hochschulen. Die Bremer Universität ist ein Aushängeschild, und wir sagen, sie muss es auch bleiben.
Ich glaube, wir dürfen die Augen vor einem nicht verschließen: Es wird natürlich auch einen Wettkampf um die schlauesten Köpfe in unserem Land geben. Die Menschen, die hoch qualifiziert sind, gehen dahin, wo die Arbeitsbedingungen gut sind. Wir sind, was Bremen angeht, augenblicklich top, gerade auch was unsere Universität angeht, und es lohnt sich, hier auch an der Spitze zu bleiben.
Wir brauchen aber auch eine Stadtpolitik, die beides leistet, jugendgemäß und altersgerecht, sie muss beides können. Die gesundheitliche Vorsorge und Versorgung muss stärker auf die ältere Bevölkerung ausgerichtet werden. Natürlich muss das Angebot an Wohnraum qualitativ dem neuen Altersdurchschnitt angepasst werden. Barrierefrei ist das Stichwort der Zukunft. Wir müssen in Zukunft auf barrierefreies Wohnen setzen, und zwar nicht nur für die Alten, das gilt für uns alle: Barrierefreie Wohnformen muss es mehr denn je in unserer Stadt geben.
Aber auch neue Wohnformen sind gefragt, zum Beispiel Senioren-WGs. Sie sind auf dem Vormarsch. Ältere Menschen, die jetzt noch im Umland wohnen, zieht es zurück in die Stadt. Das ist gut, und das ist eine Chance für Bremen, neue Einwohnerinnen und Einwohner zu gewinnen.
Ich sage aber auch hier ganz deutlich: Dabei spielen auch weiche Standortfaktoren, und dies gilt für Jung und Alt gleichermaßen, eine große Rolle. Dazu gehören eine saubere Umwelt, ausreichende Dienstleistungs- und Freizeitangebote und ein vielfältiges Kulturangebot. Dies sind Faktoren, die auch über eine Wohnortwahl entscheiden. Dies bedeutet aus meiner Sicht, dass wir Bremen trotz der dramatischen Haushaltslage als attraktiven Wohn- und Arbeitsort erhalten und umbauen müssen. Lebenswerte Stadtquartiere für junge und alte Menschen, für Reiche und Arme und für Familien und Familiengründer sind das Rückgrat einer vitalen Stadt, auch einer Stadt, die sich im demographischen Wandel befindet.
Wir sind der Auffassung, dass aus der umfangreichen Antwort des Senats eines deutlich wird: Die Probleme und Herausforderungen, die es aufgrund des demographischen Wandels zu bewältigen gilt, werden richtig beschrieben, aber der Senat hat noch keine wirkliche Strategie, welche konkreten Maßnahmen er ergreifen will, vor allem aber, welche Prioritäten er setzen will. Der Senat sagt, dass Bremen eigene Handlungsansätze entwickeln muss, und ein übergreifendes Managementkonzept sei anzustreben. Das hört sich alles noch sehr vage an, aber welche Struk
turen geeignet wären, erfahren wir nicht. Ich glaube, dass es in Zukunft darauf ankommt, mehr denn je Ressortegoismen und Ressortabgrenzungen zu überwinden. Um all die Herausforderungen zu bewältigen, ist ressortübergreifende Zusammenarbeit notwendiger denn je.
Wir plädieren nachdrücklich dafür, die Menschen vor Ort sehr viel mehr in diesen Prozess einzubeziehen, neue Formen der Bürgerbeteiligung und des Bürgerengagements müssen ausprobiert werden. In den Stadtteilen hat der demographische Wandel schon begonnen. Strategien müssen einerseits das Ganze der Stadt im Blick haben, aber auch sehr differenziert und kleinteilig aus den Stadtteilen heraus entwickelt werden. Tenever und Huchting benötigen andere Strategien als Vegesack oder das Viertel. Beiräte haben gute Kenntnisse über die Bevölkerung in ihren Stadtteilen, aber auch Beiräte müssen zukünftig lernen, über ihr Beiratsgebiet hinauszuschauen und in vielen Fragen mit anderen Beiräten zu kooperieren.
Ich glaube, es wird darum gehen, quer durch unsere Städte neue Netzwerke zu spannen und Patenschaften und Kooperationen auf den unterschiedlichsten Ebenen zu bilden. Bei enger werdenden finanziellen Spielräumen müssen die Stärkeren mehr schultern als die Schwachen, und Investitionen müssen auch auf ihre Demographietauglichkeit hin überprüft werden.
Eines ist klar: Wachstumsszenarien, die, wie in der Vergangenheit geschehen, vor allem auf Ausbau von Straßen, Gewerbeflächen und Wohnungsbauflächen setzen, setzen auf das falsche Pferd und werden den Anforderungen durch den demographischen Wandel nicht gerecht. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gerade die gegenwärtigen Witterungsbedingungen zeigen uns ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sehr deutlich, wie wichtig ein gut funktionierender Nahverkehr ist. Busse, Bahnen und Züge sind voll, und viele Autos bleiben augenblicklich vor der Haustür stehen. Allein in Berlin sind die Fahrgastzahlen in den letzten Tagen bei den U- und S-Bahnen um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Das zeigt, wie wichtig es ist, gerade für große Städte, dass der Nahverkehr funktioniert.
Unter Umweltgesichtspunkten und vor dem Hintergrund steigender Energiepreise ist ein gut ausgebauter Nahverkehr auf der Schiene auch für die Zukunft unablässig. Dafür brauchen wir die Regionalisierungsmittel. In der rotgrünen Bundesregierung war es Konsens, trotz der Vorstöße von Roland Koch und Peer Steinbrück, bei den Regionalisierungsmitteln keine drastischen Kürzungen vorzunehmen. Sieben Milliarden Euro pro Jahr überweist der Bund den Ländern zur Organisation eines vernünftigen Schienenpersonennahverkehrs. Doch nun, kaum ist die neue Bundesregierung im Amt, schwarzrot, werden Pläne bekannt, diese Regionalisierungsmittel drastisch zu kürzen. Im Gespräch ist eine Summe von zirka drei Milliarden Euro, die den Bundesländern fehlen würden. Wir Grünen finden das unverantwortlich.
Die Gewerkschaft TRANSNET befürchtet den Wegfall von einem Sechstel des Nahverkehrsangebots. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen befürchtet Fahrpreiserhöhungen von bis zu zehn Prozent und mehr. Was ist das für eine Verkehrspolitik, auf die die große Koalition in Berlin zusteuert, so frage ich Sie! Wie soll die spürbare Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene gelingen, wenn sie derart drastische Kürzungen in den Regionalisierungsmitteln vornehmen will?
Wir sagen, das ist eine Rolle rückwärts in der Verkehrspolitik, weg von Bus und Bahn wieder hin zum Auto, und das, meine Damen und Herren, ist unserer Meinung nach eine Verkehrspolitik in die völlig falsche Richtung. Wir erwarten vom Senat in Bremen, dass er sich vehement gegen die Pläne der Bundesregierung ausspricht und sich möglichst viele Bündnispartner auch und vor allem in unserer Region, aber auch in ganz Niedersachsen sucht, denn gerade für ein so kleines Bundesland, wie wir es sind, aber auch für unsere Region hätte eine Kürzung der Regionalisierungsmittel drastische Folgen.
Unser gemeinsames politisches Ziel ist es ja gerade, mehr Mittel in den Schienenausbau zu stecken, das Angebot in Bremen und der Region zu verbessern. Wir wollen ein Regio-S-Bahn-System aufbauen. Wir wollen doch mehr Pendler, die täglich mit dem Auto nach Bremen pendeln, für den Umstieg vom Auto
auf den Nahverkehr gewinnen. Sollten die Pläne der neuen Regierung in Berlin aber Wirklichkeit werden, würden die Verkehrsprobleme in den Städten dramatisch wachsen. Notwendige und lange geplante Investitionen in die Schienen müssten zurückgestellt oder aufgegeben werden. Die Erfolge der letzten zehn Jahre bei der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs würden in kürzester Zeit zunichte gemacht. Die grüne Bürgerschaftsfraktion lehnt die geplanten Kürzungen der Bundesmittel für den Nahverkehr entschieden ab.
Höhere Fahrpreise für ein schlechteres Angebot hätten zur Folge, dass wieder mehr Menschen vom Zug aufs Auto umsteigen, und alle Anstrengungen zum Klimaschutz würden zunichte gemacht.
Meine Damen und Herren, wir fordern in unserem Antrag den Senat auf, sich erstens gegen derartig drastische Kürzungen klar auszusprechen und diese im Bundesrat abzulehnen und zweitens auf einer Verteilung der Mittel für Ausbau und Betrieb von Straße und Schienenverkehr im bisherigen Verhältnis im Bundesrat zu bestehen. Das ist für uns genauso wichtig, weil wir nicht wollen, dass es in Zukunft eine einseitige Verteilung der Finanzmittel zugunsten des Straßenverkehrs gibt.
Angesichts der heute schon bestehenden Probleme in allen deutschen Großstädten, die EU-Grenzwerte zur Luftreinhaltung überhaupt einzuhalten, wäre eine Kürzung der Regionalisierungsmittel unverantwortlich.
Statt dass nun meine Kolleginnen und Kollegen unseren Antrag unterstützen und sagen, jawohl, das geht in die richtige Richtung, wir machen das wie Bayern, wir machen das wie Rheinland-Pfalz und machen unserem Senat einmal ordentlich Druck, nein, ganz im Gegenteil, grüne Anträge sind ja offensichtlich bei Ihnen nicht zustimmungsfähig, legen Sie uns hier heute einen eigenen, einen weichgespülten Antrag vor, so nach dem Motto, eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Sie wollen die Kürzungen eben nicht ablehnen, sondern Sie formulieren so: Sie wollen, dass sie bedarfsgerecht gestaltet werden.
Meine Damen und Herren, wir finden das hasenfüßig. Wir brauchen ein großes Bündnis aller Fraktionen hier, um die Kürzung der Regionalisierungsmittel zu verhindern. Gut, aber weil uns dieses Thema so wichtig ist und wir es richtig finden, dass wir hier gemeinsam den Senat auffordern, sich im Bundesrat gegen die Kürzungen einzusetzen, stimmen wir Ihrem Antrag notgedrungen zu, weil Sie ja schon haben verlautbaren lassen, dass Sie unseren nicht mitmachen wollen. Ich sage aber hier an dieser Stelle