Georg Wacker

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Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich ganz konkret zu diesen beiden Antragstellungen komme, sowohl zu Karls ruhe als auch zu Tübingen, möchte ich zunächst einmal Ih nen, Frau Kollegin Rastätter, zum Abschluss noch meinen Dank aussprechen. Wenn ich es richtig wahrgenommen habe, ist dies Ihre letzte Rede im Landtag gewesen.
Ich habe Sie stets geschätzt als eine authentische Kämpferin für das von Ihnen angestrebte Bildungssystem. Insofern wa ren Sie für mich stets geradlinig. Deswegen möchte ich Ihnen meinen persönlichen Dank ausdrücken für die fairen Ausein andersetzungen, die wir ausgetragen haben. Sicher waren wir in vielen Punkten unterschiedlicher Auffassung. Aber es hat mir persönlich stets Freude bereitet, mit Ihnen auf inhaltlicher Ebene bildungspolitisch die Klinge zu kreuzen. Deswegen spreche ich Ihnen meinen Respekt aus. Vielen Dank und Ih nen alles Gute!
Allerdings kann ich mir auch heute nicht verkneifen, auf ei nige Unterschiede hinzuweisen, auch wenn es die letzte De batte mit Ihnen ist.
Sie werden es mir natürlich auch nicht verübeln, dass ich noch einmal deutlich hervorhebe, dass wir in Baden-Württemberg ein Schulwesen haben, das in der Fläche des gesamten Lan des glänzend aufgestellt ist.
Unser Schulwesen ist in der Fläche glänzend aufgestellt, so wohl in den Städten als auch in den ländlichen Räumen.
Auch da, Herr Schmiedel. – Aber ich möchte ganz deutlich sagen, dass es uns nicht nur ein Anliegen ist – hier haben wir eine hervorragende Entwicklung vollzogen –, die Schülerin nen und Schüler aller Altersstufen mit Plätzen an ihren jewei ligen Schulen zu versorgen. Vielmehr legen wir auch größten Wert darauf, dass es qualitativ hochwertige Angebote an un seren Schulen gibt und dass es auch hervorragende Perspek tiven der Weiterentwicklung gibt. Nach jedem Abschluss bie tet sich die Möglichkeit eines Anschlusses.
Solange wir diese Voraussetzungen der besonderen, individu ellen pädagogischen Förderung erfüllen, sehen wir natürlich auch keine Veranlassung, darüber hinaus Angebote zu etab lieren, da es ja bereits bestehende qualitativ hochwertige An gebote gibt.
Das ist der entscheidende Grund, weshalb wir keine Notwen digkeit gesehen haben, die Möglichkeit des § 22 des Schul gesetzes zu nutzen. Alle Schularten, sowohl in Karlsruhe als auch in Tübingen, weisen für alle Schülerinnen und Schüler exzellente Angebote auf.
Das ist der entscheidende Grund, weshalb wir solche Schul experimente vor Ort für nicht notwendig halten.
Gern dann, wenn ich noch einige weitere inhaltliche Aussagen gemacht habe. Herr Kol lege Zeller, vielleicht sollten Sie zunächst einmal die inhalt lichen Aussagen konkret zu diesen beiden Antragstellungen in Karlsruhe und in Tübingen abwarten.
In Karlsruhe gab es im Jahr 2005 den Antrag für ein sogenann tes skandinavisches Modell. Jetzt muss man natürlich die Fra ge stellen: Was meint denn der Antragsteller mit diesem skan dinavischen Modell? Möglicherweise hat man damals unter dem skandinavischen Modell noch das Bildungssystem in Schweden und Finnland verstanden. Mittlerweile muss man allerdings feststellen, dass es dieses skandinavische Modell gar nicht gibt. Denn wenn wir uns die PISA-Ergebnisse an schauen, muss man gerade am Beispiel Schweden feststellen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung Schweden auf Basis der PISA-Ergebnisse zuvor noch exzellente internationale Werte vorzuweisen hatte. Heute wissen wir, dass sogar Schwe den – wo es ein Gemeinschaftsschulsystem gibt – schlechte re Werte als Deutschland aufweist.
Das war damals Ihr Beweggrund.
Jetzt haben wir die Argumente seitens des Antragstellers na türlich geprüft. Die Kultusbehörde, speziell auch das Regie rungspräsidium in Karlsruhe, kam dabei zu folgendem Ergeb nis: Es lagen keine klaren Konzepte vor, wie dort Leistungs messungen vollzogen werden sollen. Wir haben nun einmal an unseren Schulen ein Notensystem, das – wenn auch nicht ausschließlich – die Qualifikation der Schülerinnen und Schü ler misst. Aber dies hatte der Antrag nicht beinhaltet. Die pä dagogische Konzeption auf der Basis von schlüssigen Bil dungsplänen war ebenfalls unzureichend.
Das ganz Entscheidende aber ist: Wir können doch keine Schule bewilligen, ohne den Schülerinnen und Schülern da bei zu sagen, was nach Jahrgangsstufe 6, nach Jahrgangsstu fe 7 oder nach Jahrgangsstufe 8 mit ihnen passiert, wenn sie eine andere Schule in einem anderen Ort des Landes besuchen wollen und dabei niemand nachvollziehen kann, was aus der zuvor besuchten Schule jeweils an Qualifikationen mitge bracht wird.
Das, meine Damen und Herren, sind im Grunde die Fragestel lungen, Herr Kollege Schmiedel, mit denen sich auch die Schulverwaltung auseinandersetzen muss. Ganz einfach ge sagt – um es noch einmal auf den Punkt zu bringen –: Die pä dagogischen Konzepte an unseren bestehenden allgemeinbil denden Schulen einschließlich des Privatschulwesens sind so exzellent, dass weitere Schulexperimente als nicht notwendig erachtet wurden.
Das sind die entscheidenden Gründe.
Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung zu dem, was Sie, Frau Neuenhaus, als Letztes gesagt haben: Natürlich hat der frühere Kultusminister Helmut Rau ein Angebot unter breitet, und zwar aus gutem Grund: Wir haben ganz bewusst gesagt, dass wir durchaus versuchen wollen zu erkunden, wie gemeinsamer Unterricht wirkt, Unterricht, der zumindest in den Kernfächern in den Jahrgangsstufen 5 und 6 gemeinsam mit Schülern aus der Hauptschule und der Realschule durch geführt wird. In Tübingen ist ein solches Modell zustande ge kommen, in Karlsruhe nicht. Wir werden im Jahr 2012 mit großem Interesse betrachten, wie sich dieser gemeinsame Un terricht, zumindest bezogen auf diese Jahrgangsstufen, entwi ckelt. Daraus wollen wir auch pädagogische Konsequenzen ziehen.
Deshalb mein Rat: Wenn man Konzepte einfordert, durch die man möglichst viel Heterogenität in einer Lerngruppe schaf fen will, sozusagen möglichst viele Schüler gemeinsam un terrichten will, dann appelliere ich zumindest an die Vernunft und sage: Gehen Sie doch erst einmal den behutsamen Weg. Warten Sie erst einmal die empirischen Befunde dieser etwa 20 Modellschulstandorte in Baden-Württemberg ab. Lassen Sie uns dann über die pädagogische Weiterentwicklung sol
cher Systeme reden. Schütten Sie bitte das Kind nicht mit dem Bade aus.
Vielen Dank.
Jetzt zur Frage des Kollegen Zeller.
Es war eine der Begründun gen.
Herr Kollege Zeller, über das Thema Ganztagsschule haben wir hier sehr ausführlich dis kutiert.
Wir haben bei der Entwicklung der Ganztagsschule natürlich die Erfahrungen vor Ort gebraucht.
Die Erfahrungen vor Ort waren so unterschiedlich, dass wir erst jetzt am Ziel angekommen sind, sodass wir die Erfahrun gen auswerten können
und diese zusammen mit den kommunalen Landesverbänden zur Grundlage eines gemeinsamen Konzepts zur Entwicklung der Ganztagsschule machen wollen.
Insofern, Herr Kollege Zeller, können Sie an dieser Stelle Äp fel nicht mit Birnen vergleichen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Vossschul te hat in ihrer letzten Landtagsrede in sehr beeindruckender Weise die Rolle des Sports für Baden-Württemberg hervorge hoben.
Deswegen darf ich das hier ebenfalls lobend erwähnen.
Ich möchte auf die Bedeutung des Sports für unsere Gesell schaft nicht im Detail eingehen. Ich möchte nur betonen, dass es kaum einen Bereich in der Landespolitik gibt, in dem wir so intensiv mit unseren Partnern jeden Schritt der Weiterent wicklung besprechen. Das betrifft den Bereich der Sportstät tenförderung im Besonderen, und zwar in der konzeptionel len Arbeit. Die Autonomie des Sports hat für uns einen ganz besonderen Stellenwert. Die Akzente der Förderung werden durch den organisierten Sport selbst gesetzt, und wir sind uns mit dem Sport darüber einig, dass man im neuen Solidarpakt Sport auch in finanzieller Hinsicht neue Akzente setzen muss, Frau Neuenhaus.
Die finanzielle Ausstattung erhält der Sport durch diesen So lidarpakt, um gerade auch im Bereich der außerschulischen Bildung mehr Akzente setzen zu können. Wir sagen dem Sport für den Förderzeitraum zwischen 2011 und 2016 nicht nur ei ne uneingeschränkte Planungssicherheit zu, wie wir das im vorangegangenen Solidarpakt für die letzten Jahre auch schon getan haben. Wir haben für diese Laufzeit gleichzeitig zuge sagt, jährlich 3,3 Millionen € an zusätzlichen Landesmitteln zur Verfügung zu stellen. Das ist ein Beleg dafür, dass der or ganisierte Sport auch in materieller Hinsicht die Vorausset zungen hat, um die notwendigen Akzente zu setzen.
Im Übrigen ist es nicht wahr, dass wir im Bereich des Sports gespart hätten. Zumindest gilt das für die letzten Jahre nicht. Es gab Ende der Neunzigerjahre eine sehr schmerzliche Spar runde. Sparauflagen gibt es zwar hin und wieder, und die Haushaltskonsolidierung ist uns allen sehr wichtig; davon bleibt auch der Sport hin und wieder nicht unberührt. Aber seit 2004 gab es hier keine Einschnitte mehr, obwohl wir durchaus schwierige Haushaltsjahre hatten. Auch das ist ein Zeichen der besonderen Anerkennung des organisierten Sports. Ich bitte, dies nicht gering zu schätzen.
Wir haben mit den kommunalen Landesverbänden vereinbart, dass wir für den kommunalen Sportstättenbau 12 Millionen € bereitstellen.
Wenn der Herr Finanzminister zuhören würde, könnte ich nun auch die zusätzlichen Wünsche direkt an ihn richten.
Wir haben hier das Einvernehmen mit den kommunalen Lan desverbänden, dass wir uns aus der Pauschalierung der Zu schüsse zurückgezogen haben. Stattdessen sind wir vor eini gen Jahren erneut in die Projektförderung eingestiegen. Mei nes Erachtens ist es ein objektives, gutes und zielführendes Verfahren, dass sich die Partner, bezogen auf die Regierungs präsidien, jeden einzelnen Antrag genau anschauen.
Dabei sitzen die Vertreter des organisierten Sports, der kom munalen Landesverbände und die Vertreter des Landes zu sammen. Ich habe von keinem einzigen Fall gehört, Herr Kol lege Fleischer, in dem irgendwo an der falschen Stelle inves tiert wurde. Die wichtigen Anträge kommen auch zum Zuge;
gegebenenfalls muss man eben auch einmal ein oder zwei Jah re warten.
Wir sprechen also nicht von einer Unterfinanzierung, sondern wir sind uns sicher darin einig, dass dieses Geld sinnvoll an gelegt ist. Natürlich sind die Wünsche nach oben hin grenzen los, aber man muss die Haushaltsverantwortung, Herr Finanz minister, ebenfalls sehr intensiv im Blick haben.
Für den Vereinssportstättenbau gilt genau das Gleiche – Frau Kollegin Berroth, Sie hatten gerade danach gefragt –: Wir ha ben im Haushaltsjahr 2010 für den kommunalen Sportstätten bau 12 Millionen € veranschlagt. Wir haben ein Antragsvolu men von 32,4 Millionen €. Natürlich übertrifft dies den ver anschlagten Betrag; dies kann aber nach und nach abgearbei tet werden. In den Vereinssportstättenbau wurden im Jahr 2010 11,3 Millionen € investiert. Über die Vergabe dieser Mittel entscheiden die Sportbünde selbst im Rahmen ihrer Au tonomie. In diesem Bereich hatten wir in diesem Jahr bei den zuschussfähigen Anträgen ein Antragsvolumen von 25 Milli onen €. Das ist eine Summe, die meines Erachtens belegt, dass wir finanziell gut ausgestattet sind.
Meine Damen und Herren, last, but not least: Der Sport nimmt eine ganz wichtige gesellschaftliche Funktion ein. Im Ehren amtsland Nummer 1 in Deutschland entfällt auf den organi sierten Sport die größte Zahl von ehrenamtlich Tätigen. Des wegen ist uns dieses Thema auch in Zukunft mit Ihrer mate riellen Unterstützung, Herr Finanzminister, besonders wich tig. Investitionen in den Sport sind Zukunftsinvestitionen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei jeder bildungspolitischen Debatte beschäftigen wir uns sehr intensiv mit dem Begriff der individuellen Förderung. Wir alle sind uns darüber einig – Kollege Zeller, Sie legen das auch in Ihrem Gesetzentwurf vor –, dass die individuelle Förderung sozusagen als durch gängiges Prinzip in unserem Schulwesen verankert werden soll.
Ich kann mir in diesem Zusammenhang die ganz grundsätzli che Frage nicht verkneifen, was wir unter individueller För derung verstehen.
Individuelle Förderung eines jeden Kindes ist für mich zu nächst einmal schlicht und einfach guter Unterricht. Das ist meines Erachtens das ganz Entscheidende.
Wenn wir über die Weiterentwicklung unseres Bildungswe sens sprechen, dann müssen wir uns auf die Frage konzent rieren, was wir dafür tun können, dass guter Unterricht gelin gen kann. Diese entscheidende Frage, Herr Kollege Zeller, hat zunächst einmal nichts damit zu tun, in welcher Schulstruk tur guter Unterricht stattfindet.
Damit, meine Damen und Herren, stellt sich eine weitere Fra ge: Woran kann ich denn messen, ob eine individuelle Förde rung überhaupt gut gelingt?
Herr Kollege Kretschmann, Sie sollten sich vielleicht auch intensiver mit Bildungsforschung auseinandersetzen und nicht nur die jeweiligen Überschriften zitieren.
Gestatten Sie mir deswegen in diesem Zusammenhang eine weitere Frage: Woran messen wir, ob individuelle Förderung gelingt? Es gibt viele Studien, aus denen wir auch zitieren. Für mich ist ganz entscheidend, auch an der Stelle, an der un sere Jugendlichen unser Bildungssystem, unser gegliedertes Schulsystem verlassen, eine Erfolgskontrolle vorzunehmen. Ich habe einige Parameter, die durchaus für den Erfolg des be stehenden gegliederten Schulsystems in Baden-Württemberg sprechen.
Baden-Württemberg hat, lieber Herr Kollege Zeller, deutsch landweit die niedrigste Wiederholerquote.
Baden-Württemberg hat deutschlandweit die niedrigste Schul abbrecherquote. Baden-Württemberg hat – Frau Kollegin Dr. Arnold hat es eben angesprochen – europaweit die niedrigste Jugendarbeitslosenquote. Auch dies spricht dafür, dass wir un sere Jugendlichen in unserem Bildungssystem mindestens für den darauf folgenden Beruf bestens vorbereiten.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich Belege, die dafür sprechen, dass individuelle Förderung in unserem geglieder ten Schulwesen sehr gut gelingt.
Natürlich ist die Grundschulempfehlung eine ganz sensible Stellschraube. Das ist überhaupt keine Frage. Auch wir spre chen mit den Eltern, mit den Lehrkräften, wenn es darum geht, für die Kinder die richtige Entscheidung zu finden. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang jedoch, einen kleinen Be fund des Ländervergleichs der PISA-Studie aus dem Jahr 2006 zu erwähnen. Aus diesem Ländervergleich geht hervor, dass wir eine gemeinsame Grundschulempfehlung haben, bei der die Eltern bekanntermaßen nicht allein entscheiden, welche Kinder welche weiterführende Schulart besuchen. Der Unter schied zwischen unserer Grundschulempfehlung und der Vor gehensweise in den Bundesländern, in denen die Eltern allein entscheiden, welches Kind welche weiterführende Schulart besucht, ist der Beleg dafür, dass der Elternwille und die Prä ferenz der Lehrkräfte, welche Schulen die Kinder nach der Jahrgangsstufe 4 besuchen, nirgendwo so dicht beieinander liegen wie in Baden-Württemberg.
Meine Damen und Herren, das ist doch ein Beleg dafür, dass dieser gemeinsame Weg – eine gemeinsame Grundschulemp fehlung, bei der die Lehrkräfte maßgeblich entscheiden, aber natürlich unter Einbeziehung der Eltern – vernünftig ist. Denn wir können davon ausgehen, dass hier die geringste Gefahr besteht, dass ein Zusammenhang zwischen der sozialen Her kunft und dem Bildungserfolg entstehen kann, meine Damen und Herren. Das ist die Tatsache. Deswegen wollen wir am bestehenden System der Grundschulempfehlung festhalten.
Wir sagen aber gleichzeitig, dass auch die Eltern dabei zum frühestmöglichen Zeitpunkt mitgenommen werden sollen. Sie dürfen nicht erst dann mit der Grundschulempfehlung kon frontiert werden, wenn sie ansteht.
Ich lasse die Frage gern zu.
Ich gebe sie Ihnen gern.
Zunächst einmal, Frau Kol legin Rastätter: Ich kann Ihnen in der IGLU-Studie aus dem Jahr 2006 die Passagen zeigen und Ihnen dies auch gern zur Verfügung stellen, in denen zwischen den Bundesländern die Präferenzen der Eltern und der Lehrkräfte verglichen werden. Es wird deutlich, dass im Ländervergleich in Baden-Württem berg die Unterschiede bei den Präferenzen am geringsten sind. Das ist ein Beleg dafür, dass das System der Grundschulemp fehlung in Baden-Württemberg besser funktioniert als anders wo.
Ich habe nicht gesagt, dass es in Baden-Württemberg zwi schen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg keinen Zusammenhang gibt.
Aber eines ist klar, Herr Kollege Zeller: Der IQB-Länderver gleich – um eine weitere Länderstudie zitieren zu dürfen –
belegt eindeutig, dass dort, wo es innerhalb Deutschlands ge gliederte Schulsysteme gibt, dieser signifikante Zusammen hang zwischen der sozialen Herkunft und dem Bildungserfolg am wenigsten gegeben ist, meine Damen und Herren.
Damit sage ich nicht, dass es diesen Zusammenhang nicht gibt. Deswegen: Lösen Sie sich bitte von Strukturdebatten. Denn alle Bildungsexperten sagen: Wir müssen uns auf den Bereich der individuellen Förderung konzentrieren. Deswe gen steht der Unterricht im Mittelpunkt. Wir müssen uns da rauf konzentrieren, die Maßnahmen zu ergreifen, die den Un terricht eines jeden Kindes und die besondere Förderung un terstützen.
Gestatten Sie mir zum Abschluss noch wenige Sätze zu Ihrem Gesetzentwurf. Ich muss Ihnen zugestehen: Sie haben an ei ner Stelle von Hamburg gelernt.
Sie wollen kein anderes Bildungssystem mehr überstülpen.
Vielmehr setzen Sie jetzt auf die Freiwilligkeit. Auf der ande ren Seite sagen Sie immer wieder, es gebe aufgrund unseres gegliederten Schulwesens so etwas wie einen Flickenteppich in Baden-Württemberg.
An dieser Stelle muss ich Ihnen sagen – das werden wir auch in den nächsten Wochen dieses Landtagswahlkampfs deutlich sagen; zumindest ich persönlich werde das sehr deutlich sa gen –: Sie wollen, dass es neben der etablierten vierjährigen Grundschule zusätzlich eine freiwillige sechsjährige Grund schule geben soll. Sie wollen, dass es neben den weiterfüh renden Schularten eine neunjährige Basisschule geben soll.
Sie wollen, dass es neben dem achtjährigen Gymnasium ei nen zusätzlichen G-9-Bildungsgang geben soll.
Wenn ich genau zusammenzähle, komme ich zu dem Ergeb nis, dass Sie ein sechsgliedriges Schulsystem in Baden-Würt temberg haben wollen, meine Damen und Herren. Jetzt sagen Sie einmal in aller Deutlichkeit: Was ist ein Flickenteppich?
Schauen wir uns diese Wahlfreiheit in Nordrhein-Westfalen einmal genau an: Dort ging man diesen Weg, indem man den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt hat, Gemeinschafts schulen zu gründen. 17 Antragsteller haben dies getan, weil sie genau wussten, dass solche sogenannten Entwicklungs prozesse zu Verwerfungen vor Ort führen. Denn dann entsteht natürlich ein Wettbewerb unter den Schularten, und die Kom munen bemühen sich, sich die Schülerinnen und Schüler ge genseitig abzujagen. Eine verlässliche Schulentwicklung ba siert darauf, dass wir ein bestehendes Schulsystem weiterent wickeln.
Gestatten Sie mir ganz zum Schluss ein Zitat von Herrn Pro fessor Dr. Ulrich Trautwein von der Universität Tübingen am 5. Dezember 2006 im „Schulspiegel“ bei „Spiegel online“. Professor Trautwein war viele Jahre lang am Max-Planck-In stitut für Bildungsforschung in Berlin tätig. Er ist einer der sehr guten und anerkannten Bildungsforscher. Ich darf hier an dieser Stelle zitieren:
„Man wird nie allen Schülern das Gleiche bieten kön nen“, das wäre eine Illusion. „Eine neue Struktur löst nicht automatisch alle Probleme. Ob Schüler etwas ler nen oder nicht, entscheidet sich immer noch im Unter richt.“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Unterschied zur vor herigen Debatte nehme ich wahr, dass die berufliche Bildung und der Ausbau der beruflichen Gymnasien in diesem Haus insgesamt von besonderer Wichtigkeit sind. Wenn man sich die Argumente genau anhört und vielleicht ein bisschen von Wahlkampfklängen absieht, gibt es nur einen ganz entschei denden Dissens, und zwar in der Frage: Rechtsanspruch, ja oder nein?
Ich darf mit einem Zitat beginnen. Es stammt von Professor Baumert, dem Leiter des ersten PISA-Konsortiums, der be reits vor zehn Jahren bei der Vorstellung der ersten PISA-Er gebnisse hier in Stuttgart gesagt hat:
Die beruflichen Schulen in Baden-Württemberg sind ein Paradebeispiel eines gegliederten Schulwesens.
Das heißt, die beruflichen Schulen haben sich schon vor Jah ren als besonders herausragend erwiesen, und sie haben sich in Baden-Württemberg auch besonders entwickelt, weil wir in den letzten zehn Jahren einen kontinuierlichen Ausbau der beruflichen Gymnasien vorgenommen haben, sogar so weit, dass wir auch deutschlandweit eine herausragende Rolle ein genommen haben: Denn jeder dritte Schüler eines beruflichen Gymnasiums besucht ein berufliches Gymnasium in BadenWürttemberg. Dadurch wird die Durchlässigkeit dieses Bil dungssystems also gerade am Beispiel Baden-Württembergs sehr deutlich.
In den letzten zehn Jahren sind die Schülerzahlen denn auch um ein Drittel gestiegen. Wir haben jetzt fast 20 000 Schüle rinnen und Schüler in den Eingangsklassen des laufenden Schuljahrs, und es bleibt nicht dabei.
Herr Kollege Kaufmann, jetzt kommt der entscheidende Punkt: Wenn wir keine politischen Beschlüsse bezüglich des weiteren Ausbaus gefällt hätten, dann könnte man durchaus darüber diskutieren, was man machen muss, um diesem Be darf gerecht zu werden. Parallel zu diesem kontinuierlichen
Ausbau hat sich in den vergangenen Jahren ein deutlich zu nehmender Bedarf gezeigt. Das ist keine Frage.
Wir haben neben dem Ausbau der sozialwissenschaftlichen Gymnasien weitere Maßnahmen beschlossen. Zum Schuljahr 2009/2010 haben wir 15 neue SG-Profile geschaffen. Die Nachfrage war so groß, dass wir sogar entgegen unserer ur sprünglichen Absicht die Anzahl der Standorte verdoppelt und weitere 15 Standorte geschaffen haben. Zum Schuljahr 2011/2012 wollen wir 100 neue Eingangsklassen auf die ge samte Fläche des Landes Baden-Württemberg verteilt einrich ten und weitere 15 SG-Klassen gründen.
Das ist ein Beleg dafür, dass wir uns immer erst den Bedarf genau anschauen und dann auf den Bedarf reagieren. Wir wis sen aber nicht, ob dieser Bedarf in den nächsten Jahren wei ter in diesem Tempo wachsen wird oder ob er möglicherwei se aufgrund der demografischen Entwicklung und aufgrund der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wieder etwas sinken wird.
Eine gesetzliche Regelung – das ist jetzt der Dissens – bedeu tet häufig eine starre Regelung.
Wir plädieren durchaus dafür, in diesem Bereich mehr zu tun, wenn es den entsprechenden Bedarf gibt; dies allerdings mit Augenmaß.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass wir mit Beginn des Schuljahrs 2011/2012 100 zusätzliche Eingangsklassen schaf fen werden. Wir beabsichtigen – diese Aussage steht, Herr Kollege Lehmann –, zum Schuljahr 2012/2013 weitere 50 Eingangsklassen zu schaffen.
Schauen wir uns auch einmal die Situation in den einzelnen Stadt- und Landkreisen an.
Ich möchte jetzt keine Zwischenfrage zulassen, weil ich die sen Gedanken gern im Zusammenhang darstellen möchte.
Natürlich beobachten wir die Diskussion in den Kreistagen genau. Es gibt Landkreise, die sagen: Wir haben über die be stehende Zuweisung hinaus einen weiteren Bedarf, weil wir gerade in ländlichen Regionen einen weiteren Entwicklungs bedarf sehen. Das ist keine Frage. Das gilt beispielsweise für die Landkreise Freudenstadt, Konstanz und den SchwarzwaldBaar-Kreis mit Donaueschingen. Es ließen sich noch weitere Beispiele aufzählen.
Der Stichtag ist der 1. März. Jetzt brauchen wir nur noch zwei oder drei Wochen, um die Anmeldezahlen zu bereinigen. Hier zu sind vorhin schon Zahlen genannt worden. Herr Kollege Kaufmann, Sie haben vorhin von 9 000 fehlenden Plätzen im letzten Schuljahr gesprochen. Ein Teil dieser Zahlen – das muss man fairerweise sagen – hat sich allerdings schon berei nigt.
Unklarheiten aufgrund von Mehrfachbewerbungen werden sich in den kommenden Wochen bereinigen lassen. Dann schauen wir uns die Bedarfslage genau an, Kollege Lehmann. Aufgrund der Anmeldezahlen für das Schuljahr 2011/2012 können wir dann ermessen, wie hoch der Bedarf für das Schul jahr 2012/2013 sein wird. Es gilt aber die Zusage, dass es auf jeden Fall weitere 50 zusätzliche Eingangsklassen geben wird. Wie die Verteilung vorgenommen wird, hängt letztlich von der regionalen Gewichtung und von den Anmeldezahlen ab, die wir natürlich als Grundlage nehmen.
Anhand dieser Argumentationslinie wird deutlich: Dieses hochqualitative, durchlässige Bildungssystem in Baden-Würt temberg braucht ein starkes berufliches Bildungswesen. Das haben wir.
Wenn wir dieses kontinuierlich so ausbauen, brauchen wir kei ne gesetzliche Regelung.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich beantworte die Münd liche Anfrage des Kollegen Kaufmann wie folgt:
Zum ersten Teil der Anfrage: Ein Kernelement der Werkreal schule ist die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Hierzu gehört, dass die gesamte Bandbreite der Leis tungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler in den Blick zu nehmen ist, um eine gelingende Bildungsbiografie ohne Brü che zu ermöglichen. Der Bildungsgang der Werkrealschule soll, wann immer möglich, mit dem mittleren Bildungsab schluss oder nach Klasse 9 mit dem Hauptschulabschluss und den dann möglichen Anschlüssen abschließen. Ziel ist immer ein Schulabschluss, auf dem danach aufgebaut werden kann – entweder in der dualen Ausbildung oder in beruflichen Voll zeitschulangeboten.
Für schwächere, aber leistungsmotivierte Schülerinnen und Schüler der Werkrealschulen oder Hauptschulen besteht die Möglichkeit, nach Klasse 8 in eine auf zwei Schuljahre ange legten Kooperationsklasse mit den beruflichen Schulen zu wechseln. In einem eigenständig zwischen den Schularten konzipierten Bildungsgang, der neben einer individuellen För derung in den Basiskompetenzen vor allem auch intensivier te Praktikumsphasen zur beruflichen Orientierung beinhaltet, werden diese Schülerinnen und Schüler durch ein zusätzlich ermöglichtes Schuljahr zu einem dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsabschluss geführt.
Die Einrichtung einer solchen Kooperationsklasse obliegt der bedarfsgerechten Entscheidung der Schulen mit Unterstützung der zuständigen Schulaufsichtsbehörden. Das heißt, die Ko operationspartner müssen sich finden, und dann werden sie von den staatlichen Schulämtern bzw. von den Fachreferaten unserer Regierungspräsidien vor Ort auch beraten und betreut.
Daten zu Kooperationsklassen Hauptschule/berufliche Schu le im ersten Jahr der Kooperation liegen uns zum Schuljahr 2009/2010 in der amtlichen Statistik vor. Es sind an öffentli chen Schulen aktuell 65 Klassen mit 831 Schülerinnen und Schülern an 58 Schulen. An privaten Hauptschulen gab es kei ne derartigen Kooperationsklassen. Die StaLa-Zahlen für das Schuljahr 2010/2011 werden Mitte Februar 2011 vorliegen.
Ergänzend kann man sagen, dass wir, seitdem wir die Schul gesetzänderung vorgenommen haben – die auch einhellig von allen Fraktionen begrüßt wurde –, zunächst einmal eine Stei gerung der Zahl dieser Kooperationsklassen erfahren haben. Ich darf vorsichtig sagen, dass wir zunächst ein Niveau er reicht haben, das zumindest eine konstante Größe der Stand orte abbildet.
Zu Teil b Ihrer Anfrage: Zu Beginn des laufenden Schuljahrs kam der Rektor der Merkurschule in Gaggenau auf das Staat liche Schulamt Rastatt mit der Erwartung zu, dass vonseiten der Schulverwaltung eine Kooperationsklasse eingerichtet wird. Die Schulleitung hatte zunächst von sich aus nichts un ternommen. Nach eingehender Beratung durch den zuständi gen Schulrat wurde der Prozess zur Einrichtung einer Koope rationsklasse allmählich in Gang gebracht.
Außerdem hat nach Eingang eines Schreibens des Schullei ters an Frau Ministerin Professorin Dr. Schick vom 14. Janu ar 2011 das Regierungspräsidium Karlsruhe das Staatliche Schulamt Rastatt beauftragt, mit den Beteiligten vor Ort die Frage der Einführung einer Kooperationsklasse in der Raum schaft Murgtal, vor allem die Realisierungsmöglichkeiten hierfür, zu erörtern. Das heißt, die Schulverwaltung ist dann auf die Schulleitung zugegangen, um die nächsten Schritte konkret zu besprechen.
Es wurde zunächst ein Gespräch mit der Schulleitung der Carl-Benz-Schule Gaggenau, einer gewerblich-technischen Berufsschule, geführt. Vom dortigen Schulleiter wurde das Ansinnen unterstützt. Ein gemeinsamer Gesprächstermin im Dezember musste verschoben werden, sodass ein Termin erst am 14. Januar dieses Jahres zustande kam. Dort wurde noch mals klargestellt, dass die beteiligten Schulen den Antrag auf den Weg bringen müssen und das Schulamt und das RP die sen unterstützen werden.
Beide Schulleiter erklärten ihren Willen, diese Kooperations klasse einzurichten. Daraufhin wurden alle Schulen im Ein zugsbereich – man kann sagen: im gesamten Murgtal – zu ei nem Treffen am 28. Januar 2011 eingeladen, um über das Kon zept, den Bedarf und die Struktur zu beraten. Auch die örtli che Förderschule war dabei eingebunden.
Die Ergebnisse sind aktuell, Herr Kollege Kaufmann: Es wird unverzüglich ein Antrag zur Bildung einer Kooperationsklas se Werkrealschule/Berufsschule nach Klasse 8 an der Merkur schule und der Carl-Benz-Schule gestellt.
Die Schülerzahlprognose lässt auf die Einrichtung von bis zu zwei Klassen schließen. Die räumlichen Gegebenheiten an den kooperierenden Schulen sind ausreichend. Damit, glaube ich, haben wir – Stand 1. Februar 2011 – alle Voraussetzun gen dafür geschaffen, dass diese Kooperation nun schließlich zustande kommen kann.
Lieber Herr Kollege Kauf mann, man braucht nicht alles noch komplizierter zu gestal ten, als man es ohnehin tut. Wir haben im Schulgesetz die ganz klare Möglichkeit angeboten, solche Kooperationsklassen bei Bedarf einzurichten. Es gibt eine pädagogische Erstverant wortung an unseren Werkrealschulen bzw. Hauptschulen – diese wissen durchaus, ob es dort Schülerinnen und Schüler gibt, die einen besonderen Förderbedarf haben – mit dem Ziel, solche Kooperationsklassen einzurichten. Dann ist der Weg einfach. Unsere Schulverwaltung wird diesen Prozess vor Ort begleiten.
An dem angesprochenen Beispiel haben Sie ganz konkret ge sehen, dass der erste Impuls natürlich von der Schule ausge hen muss. Man darf sich nicht zurücklehnen und sagen: Jetzt warte ich einmal ab, was geschieht. Vielmehr muss man zu nächst einmal proaktiv auf die Schulverwaltung zugehen. Dann kann die Schulverwaltung parallel mit der jeweiligen Berufsschule die notwendigen Gespräche führen.
Auch die Rahmenbedingungen muss man nicht präzise defi nieren, weil wir bei den Klassen des Berufsvorbereitungsjahrs einen Klassenteilerrichtwert von 19 Schülern pro Jahrgangs stufe haben. Wenn wir uns jetzt aber die durchschnittliche Klassengröße dieser Kooperationsklassen anschauen, stellen wir fest, dass die Klassengrößen dort nochmals günstiger sind als an diesen BVJ-Schulen. Im Schuljahr 2009/2010 betrug die durchschnittliche Klassengröße 11,6 Schülerinnen und Schüler. Das heißt, die Voraussetzungen dafür, solche Koope rationen einzugehen, sind sehr günstig, und es ist daher un kompliziert, solche Kooperationen in die Wege zu leiten. In dem genannten konkreten Fall wird dies auch gelingen.
Herr Kollege Kaufmann, da für kann keine Schulverwaltung etwas, und auch das Kultus ministerium kann nichts dafür, wenn die Schulleitung zu nächst einmal sagt: „Ich möchte eine Kooperationsklasse ein richten“, und dann einfach zuwartet, bis etwas geschieht. Ich denke – das weiß man in der Regel auch –, wenn man eine solche Kooperation eingehen möchte, dann hat man die Schul verwaltung vor Ort, und man hat entsprechende Gespräche zu führen. Es ist meines Erachtens ein sehr unkompliziertes Vor gehen. Man muss das nicht durch zusätzliche dirigistische Re geln belasten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich beantworte die Mündliche Anfrage von Frau Kollegin Hal ler-Haid wie folgt:
Zunächst zum ersten Teil: Wenn die SMV als SMV tätig wird, dann übernimmt sie damit Verantwortung für die Schule. Die Schüler wachsen dabei in die Fähigkeit hinein, Verantwortung für die Institution zu übernehmen, und sie lernen, dass diese Verantwortung mit Bindungen verbunden ist.
Privat können die Schüler nach eigenem Belieben zu Veran staltungen einladen. Wenn sie für die Schulen handeln, gilt: Das Amt – hier die Übernahme von Verantwortung für die Schule – führt zu Bindungen, die die Schüler als Privatperso nen nicht haben. Gerade dies sollen sie nach dem Grundge danken der SMV lernen.
Für Podiumsdiskussionen vor einer Landtagswahl, zu denen in der Verantwortung einer öffentlichen Schule eingeladen wird, gibt es nur zwei Optionen: Die SMV kann zu solchen Diskussionen überhaupt nicht einladen, was allerdings erheb liche pädagogische Nachteile hat, oder sie kann einladen, ist dann aber bei der Entscheidung über die Zusammensetzung des Podiums an die Entscheidung des Souveräns, des Volkes, gebunden.
Die SMV übernimmt Verantwortung für die Schule. Sie ist Gesetzesorgan und somit auch Bestandteil der Schule. Daher ist es rechtlich nicht möglich und im Übrigen auch nicht wün schenswert, dass die SMV entscheidet, welche weiteren Par teien hinzugezogen werden sollen oder welche nicht und, be zogen auf die letzte Landtagswahl, welche der 15 damals nicht im Landtag vertretenen Parteien eine Chance erhält, sich dar zustellen, und welche nicht. Eine solche Auswahl wäre eine
rein politische, mit sachlichen Erwägungen nicht begründba re Entscheidung, welche der Schule nicht zusteht und welche die politische Auseinandersetzung direkt in die Schule brin gen würde.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Rechtslage zu Podiumsdis kussionen vor Landtagswahlen in Schulen ist oben dargestellt. Soweit nicht im Landtag vertretene Parteien bei ihren Werbe maßnahmen die Zielgruppe der Schüler im Blick haben, ist es ihnen unbenommen, dies durch Veranstaltungen zu tun, die nicht in der Verantwortung einer Schule stehen.
Zum ersten Teil Ihrer Zusatz frage: Es gibt keinen rechtlichen Zusammenhang zwischen den im Landtag vertretenen Parteien und den im Bundestag vertretenen Parteien. Das heißt, es gibt keine rechtliche Ver pflichtung und auch keine Verwaltungsvorschrift, die genau diesen Zusammenhang herstellt. Bei Bundestagswahlen sieht es entsprechend anders aus; dort sind dann maßgeblich die Parteien vertreten, die dem Deutschen Bundestag angehören.
Zum zweiten Teil Ihrer Zusatzfrage – das kann ich präzise er läutern –: Es gibt seit 1992 eine Verwaltungsvorschrift, die genau besagt, dass es selbstverständlich zum Bildungsauftrag einer Schule gehört, Parteien in der Schule zu hören, gerade auch im Rahmen des Gemeinschaftskundeunterrichts. Die par teipolitische Ausgewogenheit unterliegt natürlich dem Neut ralitätsgebot der Schule. Die SMV hat sich als Teil der Schu le daran zu halten.
Deswegen haben die Schulen die Aufgabe, wenn sie Gesprä che mit den Parteien führen, die im Landtag vertreten sind, vor dieser achtwöchigen Karenzzeit dergestalt für die Ausge wogenheit zu sorgen, dass alle Vertreter – durchaus auch nach und nach – eingeladen werden. Innerhalb der Karenzzeit gilt, dass allen gleichermaßen und zum gleichen Zeitpunkt diese Chance einzuräumen ist.
Diese Verwaltungsvorschrift gibt es seit 1992, und es gibt auch ein Einvernehmen mit dem Landtag von Baden-Württemberg, so zu verfahren, das bereits 1993 hergestellt wurde. Das war bisher nie infrage gestellt.
Im Übrigen haben andere Bundesländer, die ebenfalls in den nächsten Monaten Landtagswahlen haben, ähnliche Regelun gen wie wir in Baden-Württemberg.
Wir haben mit dem Infodienst Schulleitung bereits im Sep tember 2010 nochmals auf diese Regelung hingewiesen. Die Schulleitungen haben in diesem Fall auch die Aufgabe, so wohl das Lehrerkollegium als auch die SMV als Veranstalter über diese Regelung zu informieren.
Außerdem gab es eine weitere Information im Januar dieses Jahres. Insofern haben die Schulen die Informationen recht zeitig erhalten. In diesem Fall hat die Schulverwaltung nicht autonom entschieden, sondern es wurde auf genau die Rechts grundlage hingewiesen, die ich eben dargestellt habe.
Es wäre meines Erachtens völlig unpraktikabel, wenn man zu solchen Veranstaltungen alle Parteien einladen müsste. Im Übrigen würde man sich da durch zu einem Steigbügelhalter für radikale Parteien in un serer Gesellschaft machen. Insofern hat mich Ihre Anfrage, Frau Kollegin, durchaus auch gewundert. Bitte gestatten Sie mir diese Bemerkung. Im ersten Moment hatte ich den Ein druck, dass Sie dabei besonders die Linken unterstützen woll ten. Aber, wie gesagt, auch die NPD hat nun eine Dienstauf sichtsbeschwerde gegenüber der Stadt Tübingen eingelegt.
Diese Entscheidung halte ich persönlich für nicht glücklich, weil man dabei unausgewogen gehandelt hat und weil man vielen anderen Gruppen und Par teien, die sich ebenfalls um ein Landtagsmandat bewerben und die nicht eingeladen wurden, nicht die Chance einräumen konnte, an dieser Podiumsdiskussion teilzunehmen.
Deswegen halte ich die Verwaltungsvorschrift, die seit 1992 in Baden-Württemberg gängige Praxis ist, für rechtens und angemessen, in diesem Fall also von der Entscheidung des Souveräns auszugehen und die Parteien zum Zuge kommen zu lassen, die bereits das Vertrauen der Wählerinnen und Wäh ler erhalten haben.
Hierzu kann ich keine offi zielle Stellungnahme der Landesregierung abgeben. Gestat ten Sie mir aber bitte die persönliche Anmerkung, dass ich mich vor diesem Hintergrund über diese Mündliche Anfrage schon etwas gewundert habe.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst ein mal sagen, dass es für die Landesregierung eine besondere Verpflichtung war, die Handlungsempfehlungen dieses wich tigen Sonderausschusses zur Aufarbeitung der Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen umzuset zen. Diese Berichte sollen nicht nur präzise darlegen, was die Landesregierung bereits in der Umsetzung vollzieht und noch vollziehen wird. Vielmehr machen wir gleichzeitig deutlich, dass es ein ganz wesentlicher Arbeitsauftrag für die Ressorts sein wird, die 60 Handlungsempfehlungen in den nächsten Jahren sehr konsequent abzuarbeiten.
Dass natürlich der Präventionsbereich, Herr Kollege Leh mann, einen ganz besonderen Stellenwert hat, wird insgesamt, glaube ich, sehr deutlich. Dass das Projekt nach Dan Olweus dann sozusagen die Richtschnur für die Arbeit der Schulen darstellt, haben Sie zu Recht auch deutlich bewiesen. Deswe gen kann ich berichten, dass wir im Februar dieses Jahres an 20 ausgesuchten Modellschulen beginnen werden – in regio naler Ausgewogenheit und über alle Schularten hinweg. Das sind Schulen, die bereits Erfahrungen im Präventionsbereich haben, an die man anknüpfen kann. Wir wollen dann in einem zweiten Schritt im September dieses Jahres 20 weitere Mo dellschulen ausschreiben und damit den Schulen, die Interes se haben, anbieten, sich an diesem Projekt zu beteiligen.
Wir lassen die Schulen dabei selbstverständlich nicht allein. Vielmehr werden sie eine systematische Begleitung erfahren, zunächst durch die Schulverwaltung. Wir geben den Schulen vor, dass die Präventionsarbeit im Rahmen des Konzepts nach Dan Olweus auch Bestandteil des Schulprofils werden muss,
im Grunde auch Bestandteil der Qualitätsentwicklung,
wie die Umsetzung des Bildungsplans insgesamt. Nur dann, wenn Präventionsarbeit ein selbstverständlicher, integrierter Bestandteil ist, kann sie glaubwürdig sein.
Ich möchte alle Fraktionen bitten, uns in diesem Sinn auch in der nächsten Legislaturperiode kritisch zu begleiten, weil wir hier, glaube ich, wirklich an einem Strang ziehen.
Alle Kolleginnen und Kollegen haben die Handlungsempfeh lungen skizziert. Es ist die Pflicht der Landesregierung, die Handlungsempfehlungen sehr konsequent abzuarbeiten. Des wegen möchte ich nicht weiter auf die Themen eingehen, son dern seitens der Landesregierung meinen ganz besonderen Dank gegenüber dem Ausschuss zum Ausdruck bringen, der eine exzellente Arbeit gemacht hat, die nicht nur eine Fleiß arbeit ist. Er hat vielmehr die wichtigen Fragen hoch kompe tent formuliert und auch die Aufträge an die Landesregierung gegeben.
Ich bedanke mich ganz besonders bei dem Vorsitzenden Chris toph Palm und bei allen Obleuten der Fraktionen. Denn die ser Arbeitsauftrag ist auch die große Chance, diesen politi schen Auftrag in einem weitgehenden Konsens über die Frak tionen in Zukunft zu verwirklichen. In der Bildungspolitik muss man nicht nur streiten, sondern man darf auch an einem Strang ziehen.
Vielen Dank. Wir haben großen Respekt vor Ihrer Arbeit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Zunächst darf ich feststellen – damit beziehe ich die Debatten, die wir in den letzten Jahren über die Ganztagsschule geführt haben, mit ein –, dass die Entwicklung von Ganztagsschulen in unserer Gesellschaft in diesem Haus durchaus Konsens findet. Ich glaube, es gibt nie manden, der sagt, er wolle keine Ganztagsschule.
Es gibt nur Meinungsunterschiede hinsichtlich der Vorgehens weise, wie dieses Ziel angestrebt wird.
Frau Kollegin Rastätter, ich versuche es einmal in wenigen Sätzen zu erläutern: Wir wollen nicht den Weg einschlagen, Ganztagsschulen durch eine gesetzliche Regelung zu etablie ren. Vielmehr setzen wir auf einen Entwicklungsprozess.
Diesen Entwicklungsprozess gehen wir seit einigen Jahren, seit Beginn dieser Legislaturperiode, durch einen sehr großen Ausbau konsequent und präzise an.
Sie wissen, dass seit Beginn dieser Legislaturperiode ein Be schluss der Regierungskoalition existiert, wonach wir bis zum Jahr 2015 40 % unserer Schulen zu Ganztagsschulen ausbau en wollen, wenn es denn einen konkreten Bedarf vor Ort gibt.
Ich darf Ihnen sagen, dass wir in starkem Maß auch für Ver lässlichkeit gesorgt haben.
1 840 Unterrichtsdeputate nur für den kontinuierlichen Aus bau der Ganztagsschulen sehen wir vor.
Wir haben heute nahezu 1 300 Ganztagsschulen. Das ist eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr 2006. Wir haben die Ganz tagsschulen nicht nur in quantitativer Hinsicht geschaffen,
sondern wir haben stets auch ihre pädagogische Entwicklung, lieber Kollege Kleinmann, im Blick gehabt.
Deswegen sind die Stichworte Rhythmisierung, Bewegungs pausen und „Warmes Mittagessen“ selbstverständlicher Be standteil einer guten Entwicklung der Ganztagsschulen in Ba den-Württemberg.
Wenn wir uns in der Fläche umhören, Frau Kollegin Rastät ter, müssen wir einfach wahrnehmen – so äußern sich die Be teiligten –, dass die pädagogischen Konzepte, die an unseren Ganztagsschulen umgesetzt werden, gelingen.
Deswegen, meine Damen und Herren, sagen wir auch ganz deutlich: Wir setzen auf die Wahlfreiheit. Die Wahlfreiheit der Eltern ist für uns mit das höchste Gut, denn die Ganztagsschu le ist eine Angebotsschule. Deswegen setzen wir darauf, dass wir im Grunde eine Entwicklung der Ganztagsschulen haben wollen
bis hin zu einem flächendeckenden Ausbau.
Deswegen gehen wir davon aus – darüber wiederum besteht Konsens –, dass die Nachfrage nach Ganztagsschulen auch in Zukunft weiter zunehmen wird. Aber die Nachfrage muss vor Ort definiert werden und darf nicht per Gesetz angeordnet werden.
Meine Damen und Herren, natürlich muss man rechnen, wenn man Ganztagsschulen ausbauen will. Wenn man an der Re gierung ist, muss man auch eine seriöse Ressourcenberech nung auf den Tisch legen. Deswegen darf ich Ihnen sagen: Wenn die Rechnung, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf ange stellt haben, aufgehen soll – die Betreuung des Mittagessens durch Lehrkräfte – –
Das haben Sie geschrieben, natürlich! Das Mittagessen wird durch Lehrkräfte betreut. Natürlich steht das drin.
Sie wollen im Grunde 1 000 zusätzliche Unterrichtsdeputate. Wir sagen Ihnen: Wenn Sie die Ganztagsschulen entlang Ih res Gerüsts ausbauen wollen, bedeutet das, dass die 1 800 De putate, die wir vorsehen, längst nicht ausreichen. Vielmehr ge hen wir von Berechnungen aus, wonach man zusätzlich bis zu 3 390 Deputate braucht. Wenn Sie schon einen solchen Ge setzentwurf einbringen, dann legen Sie bitte auch die Fakten ganz klar auf den Tisch.
Die möchte ich jetzt nicht zulassen, weil ich gern auf den Kernpunkt meiner Aussage kommen möchte.
Es ist richtig, dass wir in dem Regierungsprogramm für die nächste Legislaturperiode auch eine gesetzliche Novelle vor gesehen haben. Aber das ist auch ein Unterschied,
weil wir gesagt haben: Wir wollen zunächst einmal die Ent wicklung in der Fläche abwarten.
Herr Kollege Zeller,
wir haben in den letzten Jahren eine gute Entwicklung wahr genommen und wichtige Erfahrungen gesammelt.
Wenn Sie sich heute die Gesetze anderer Bundesländer an schauen
und wenn Sie sagen, dass fast alle Bundesländer gesetzliche Regelungen bezüglich der Einrichtung von Ganztagsschulen eingeführt haben, muss ich Ihnen sagen: Ja, das stimmt. Aber wir kommen doch nicht weiter, wenn wir so vorgehen wie die meisten anderen Bundesländer, die einen Finanzierungsvor behalt etabliert haben.
Da muss ich sagen: Ich will lieber auf die Erfahrungen in un serem Bundesland setzen,
um diese dann in eine gesetzliche Novelle mit einzubeziehen.
Es sind drei Aspekte, die dabei besonders wichtig sind und die Sie in Ihrem Gesetzentwurf bisher unzureichend berücksich tigt haben:
Erstens: Wir müssen dabei die vielfältigen pädagogischen Er fahrungen berücksichtigen.
Zweitens: Wir setzen bei der Ressourcenzuweisung für die Ganztagsschulen auf das, was bei seriöser Betrachtung not wendig ist. Die 1 800 Deputate sind eine gute Grundlage für den Ausbau in dieser Tranche.
Wir werden dann sehen, ob es reicht oder nicht.
Das Dritte – das ist meines Erachtens, meine Damen und Her ren, der entscheidende Unterschied zwischen Ihrer Bildungs politik und unserer Politik –: An dieser Stelle haben wir ein anderes Gesellschaftsbild als Sie.
Sie wissen noch gar nicht, was ich sagen will, Herr Kolle ge.
Wir setzen ganz bewusst auf einen Mix aus Professionalität und Ehrenamt.
Ehrenamtliche sind keine Lückenfüller. Vielmehr werden jun ge Menschen auch von ihrem sozialen Umfeld außerhalb der Schule ganz stark geprägt. Deswegen tut es jeder Ganztags schule nur gut, wenn ihr pädagogisches Konzept durch erfah rene Ehrenamtliche bereichert wird. Deswegen wollen wir ei ne Ganztagsschule, die nicht nur von professionellen Lehr kräften gestaltet wird, sondern die gleichzeitig ein Spiegelbild der Gesellschaft ist,
indem auch Ehrenamtliche dieses besondere Profil gestalten. Bekennen Sie sich auch einmal dazu,
dass Sie Ehrenamtliche wollen und diese nicht nur als Lücken füller betrachten. Dann wären wir an dieser Stelle möglicher weise einig.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beantworte die Mündliche An frage des Kollegen Kaufmann wie folgt:
Zum ersten Teil Ihrer Anfrage: Zur Gewährleistung der Durch lässigkeit des Schulsystems bauen wir in Baden-Württemberg die beruflichen Gymnasien aufgrund der in den letzten Jahren stark gestiegenen Nachfrage überproportional aus. So können
zum nächsten Schuljahr deutlich mehr Schülerinnen und Schülern, die diesen Weg zur allgemeinen Hochschulreife wählen, Schulplätze zur Verfügung gestellt werden.
Das Kultusministerium hat hierzu ein Konzept für die Veror tung der neuen Klassen und Standorte erstellt. Bei der Erar beitung dieser Vorschläge wurden im Interesse der regionalen Ausgewogenheit und der Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler u. a. das bestehende Angebot an beruflichen Gym nasien in den Regionen sowie die dortigen Bewerbersituatio nen im letzten Jahr berücksichtigt. Zur konkreten Umsetzung dieser Vorschläge erfolgen nun Abstimmungen der Schulver waltung mit den Schulen und den Schulträgern.
Bei der verbindlichen Zuteilung der neuen Klassen zu den Standorten der beruflichen Gymnasien sind unter Hinzuzie hung weiterer Kriterien, beispielsweise der Schulraumsitua tion vor Ort und der tatsächlichen Bewerbersituation im März 2011, in der Region durchaus auch noch Abweichungen von der Vorschlagsliste möglich.
Zum zweiten Teil Ihrer Anfrage: Im Zuge der Einrichtung von 100 zusätzlichen Klassen zum kommenden Schuljahr sollen vorwiegend Parallelklassen an bereits bestehenden berufli chen Gymnasien sowie bis zu 17 neue Standorte für berufli che Gymnasien in Abstimmung mit den Schulträgern im Land geschaffen werden.
Jeder Stadt- und Landkreis wird nach dem Ausbau zumindest einen Standort mit einem beruflichen Gymnasium besitzen. In diesem Zusammenhang sind jedoch keine neuen Standor te mit Wirtschaftsgymnasien vorgesehen, da in Baden-Würt temberg landesweit ein dichtes Netz von Wirtschaftsgymna sien besteht. Nach einer aktuellen Statistik sind etwa 47 % der Schülerinnen und Schüler, die derzeit berufliche Gymnasien besuchen, Schülerinnen und Schüler an Wirtschaftsgymnasi en. Das belegt den sehr hohen Stand des Ausbaus in den letz ten Jahren
gerade im Bereich des Wirtschaftsgymnasiums.
Wir haben mit Pressemittei lung und Verlautbarung von Mitte November unsere 100 Vor schläge vorgelegt. Demnach sind jetzt – das sieht auch das Schulgesetz so vor – die Schulträger am Zuge. Das heißt, die
Schulträger haben noch vor dem verbindlichen Anmeldeter min die Möglichkeit, uns gegebenenfalls Abweichungswün sche vorzutragen. Das können sie dann gegebenenfalls auch mit Beschlüssen untermauern, und dann ist es eine Frage des Dialogs zwischen der Schulverwaltung und den Schulträgern vor Ort, um bei erforderlichem Bedarf auch Anpassungen vor zunehmen. Derzeit gehen wir allerdings davon aus, dass die Vorschläge vonseiten der Schulträger, bezogen auf die gesam te Fläche des Landes, überwiegend positiv aufgenommen wer den.
Herr Kollege Winkler, ich verweise darauf, dass wir schon bisher einen sehr hohen Aus baustand haben. Wir wollen aber den Weg zur allgemeinen Hochschulreife über die beruflichen Gymnasien weiterhin aus bauen und noch attraktiver gestalten als bisher. Ich darf nur zwei Zahlen zum Stichtag 1. März 2010 nennen, die, so glau be ich, den hohen Ausbaustand insgesamt deutlich machen. Im Jahr 2010 haben wir von 27 207 Bewerbern um einen Platz an einem beruflichen Gymnasium nahezu 20 000 Schüler auf genommen. Durch die Einrichtung von 100 zusätzlichen Klas sen können wir einen weiteren großen Teil der Schülerinnen und Schüler, die solche Plätze begehren, berücksichtigen. Au ßerdem wollen wir mit Augenmaß einen weiteren Ausbau für das Schuljahr 2012 vornehmen. Frau Ministerin Schick hat in diesem Zusammenhang bereits von weiteren 50 Klassen ge sprochen.
Von einem Rechtsanspruch, Herr Kollege Winkler, halten wir recht wenig. Vielmehr gehen wir so vor, dass wir in der ge samten Fläche die Balance halten, weil wir wollen, dass für alle interessierten Schülerinnen und Schüler in erreichbarer Nähe ein attraktives Angebot vorhanden ist. Dies lässt sich auch ohne gesetzliche Vorschrift bewerkstelligen.
Es gibt mehrere fachliche Gründe, die zu diesem Verteilungsvorschlag geführt haben; diesen haben wir auch den Schulträgern unterbreitet. Ein Grund ist zunächst die bisherige Bedarfsdeckungsquote. Hier gibt es durchaus auch größere regionale Unterschiede. Bei spielsweise können wir im Regierungsbezirk Nordbaden und auch im Landkreis Rastatt bisher eine sehr gute Versorgung nachweisen. Dennoch haben wir mit dem Ausbau eine weite re Akzentuierung vorgenommen, da wir im Grunde auch die Profile insgesamt flächendeckend so ausbauen wollen, dass die Schulen für die Schülerinnen und Schüler tatsächlich tag täglich erreichbar sind. Vor diesem Hintergrund haben wir je den Stadt- und Landkreis mit zusätzlichen Eingangsklassen, teilweise auch mit zusätzlichen Profilen berücksichtigt. Das sind nachvollziehbare Kriterien.
Im Übrigen können wir den Bedarf für die nächsten Jahre nicht sehr präzise prognostizieren. Das hängt zum einen vom Notendurchschnitt ab, wie Sie wissen, zum anderen auch von der konkreten Entscheidung eines jungen Menschen und des sen Interesse an dem entsprechenden Bildungsgang.
Herr Kollege Kaufmann, Sie wissen auch – wenn wir die Ent wicklung der letzten Jahre beobachten, sehen wir das –, dass es eine Wechselwirkung gibt zwischen der schulischen Qua lifikation der jungen Menschen, der Interessenlage der jungen Menschen, auch der Angebotsmöglichkeiten für junge Men schen vor Ort und der Situation auf dem Arbeitsmarkt. All die se Faktoren hängen miteinander zusammen. Diese wirken sich auf die konkrete Bedarfssituation aus. Deswegen müssen wir den Ausbau immer mit Augenmaß vornehmen. Aber wir wol len den Ausbau gleichzeitig sehr zielstrebig vornehmen. Des wegen sind jetzt zunächst einmal die Anmeldezahlen für das Jahr 2011 wichtig, um dann darüber hinaus auch die weitere Bedarfsplanung vorzunehmen.
Lieber Herr Kollege Kauf mann, Sie können davon ausgehen – ich bin in meinem Her zen Kurpfälzer und Nordbadener –,
dass ich natürlich ein besonderes Augenmerk darauf richte,
dass wir alle Regionen, Herr Kollege Hans Heinz, gleicher maßen im Blick haben und keine Bevorzugung, aber auch kei ne Benachteiligung vornehmen wollen.
Aber konkret darf ich noch einmal belegen: Wir wissen be züglich des Schuljahrs 2010/2011, wie viele freie Kapazitä ten wir zur Verfügung hatten und wie viele Bewerber es zum Anmeldetermin 1. März tatsächlich gab. Wenn wir uns die einzelnen Stadt- und Landkreise im Regierungsbezirk Nord baden anschauen, stellen wir fest, dass die sogenannte – ich nenne jetzt einfach einmal diesen durchaus nicht ganz ge schickten Begriff – Bedarfsdeckungsquote dort deutlich hö her war als beispielsweise im Regierungsbezirk Stuttgart,
weil wir bereits in den letzten Jahren einen sehr kontinuierli chen Ausbau vorgenommen haben.
Das ist der Grund, weshalb wir in starkem Maß auch andere Regierungsbezirke berücksichtigt haben. Im Übrigen hat auch Nordbaden davon profitiert.
Lieber Herr Kollege Leh mann, wenn ich Kreisrat eines Landkreises wäre und über die Presse erfahren würde, dass in meinem Kreis zusätzliche Klas sen eingerichtet werden,
würde ich mich über einen solchen „Überfall“ durchaus au ßerordentlich freuen.
Das will ich als Erstes sagen.
Zweite Bemerkung: Wir haben mit Mitteilung vom 23. No vember dieses Jahres die Standortvorschläge bekannt gege ben und haben auch ausdrücklich darauf Wert gelegt, dass es sich hierbei um eine Empfehlung an die Schulträger handelt. Damit bleibt auch ausreichend Zeit dafür, gegebenenfalls Kor rekturwünsche anzumelden. Aber kein einziger Schulträger hat uns gegenüber bisher kommuniziert, er möchte nichts und möchte auf zusätzliche Klassen verzichten. Ich bin gespannt, ob eine solche Meldung eingeht. Ich glaube, eine solche Mel dung wird bei uns nicht eingehen.
Lieber Herr Kollege Schmie del, es gibt immer ein vertrauensvolles Wechselspiel zwischen unserer Schulverwaltung und den Schulträgern vor Ort.
Ja gut, möglicherweise. Aber deswegen muss er noch lange nicht recht haben.
Aber ich sage auch, dass gerade das Regierungspräsidium Karlsruhe regelmäßige Dialogforen einrichtet, in regelmäßi gen Dienstbesprechungen auch den Bedarf vor Ort erkundet. Wenn Stadt- und Landkreise gegenüber unserer Schulverwal tung Wünsche haben, werden diese artikuliert, und wir haben diese Wünsche auch in unser Konzept einbezogen.