Marion Seelig

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Dieses Schüren von Angsthysterien, das Sie betreiben, oder die Unernsthaftigkeit, mit der Sie sich mit dem Thema auseinander setzen.
Ich finde es völlig unangemessen, wenn Sie die Gefahr, die ja tatsächlich näher gekommen ist nach den Anschlägen in London und den verhinderten Anschlägen in den
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So wie auch Ihr Aktionspaket Innere Sicherheit gibt es immer wieder die selben ollen Kamellen: Das Leben wäre so viel sicherer, wenn wir den Unterbindungsgewahrsam auf vier Tage ausdehnen würden, den finalen Rettungsschuss nach Brandenburger Vorbild regelten und den Freiwilligen Polizeidienst wieder einführten. Wir erinnern uns: Das waren die Menschen, die nach zweiwöchiger Ausbildung mit geladenen Waffen durch den Park liefen.
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Aber im Ernst: Der internationale Terrorismus ist eine immense Herausforderung für Politik wie für Sicherheitsbehörden, und wir sollten uns mit solchen Vorschlägen nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Wenn Sie mal in der Gegenwart angekommen sein werden und Ihrem Spitzenkandidaten nicht mehr die Geschichten von New York und der Null-Toleranz, die vor zehn Jahren hier kursierten, aufschreiben, kommen Ihnen vielleicht auch ein paar neue Ideen, die sich tatsächlich mit der Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt befassen. Bis dahin sind Sie nicht in der Lage, über die sicherheitspolitischen Geschicke dieses Landes in irgendeiner Weise zu befinden. – Danke schön!
Regionalzügen in Deutschland, mit Fahrraddiebstählen in St. Peter Ording in Verbindung bringen. Das muss Ihnen auch mal gesagt werden.
Diese Vermischung von ernsthaften Bedrohungen, mit denen man sich sehr klug und intellektuell auseinander setzen muss, und dem, was Sie hier an Schwarzmalerei entwickeln und wie Sie die Stadt madig machen, ist einfach unerträglich.
Natürlich gibt es gute Gründe, nach den Anschlägen in Sorge zu sein. Ich kann Ihnen versichern, dass alle Sicherheitsbehörden in diesem Land und selbstverständlich auch in dieser Stadt bestimmte Dinge überprüfen. Das tun sie aber nicht auf dem Marktplatz, sie tun das nicht lauthals, sie tun das nicht mit so billigen Vorschlägen. Interessanterweise hat eine Umfrage ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen trotzdem keine Angst vor Terroranschlägen hat. Dem müssen wir hilfreich zur Seite stehen, statt dass wir Ihre Panikmacherei unterstützen.
Aber Angst scheint ja das Lebenselexier der Berliner CDU-Fraktion zu sein. Wie könnte es sonst passieren, dass Sie immer dann aus dem Tiefschlaf erwachen, wenn Sie meinen, Ihre Ladenhüter aus dem Law-and-OrderKatalog könnten mal wieder passen. Auch in Berlin – das müsste sich selbst bei Ihnen rumgesprochen haben – gibt es bei der BVG Videoüberwachung, und das nicht erst seit gestern. Es gibt auch einen Modellversuch, abgestimmt mit dem Datenschutzbeauftragten, der auch Videoaufzeichnungen ermöglicht. Da wir festgestellt haben, dass Attentäter ab und an mittels dieser Form der Aufzeichnung erkannt wurden, wird man darüber nachdenken, wie man datenschutzrelevant eine Ausweitung unter Umständen befürworten kann. Es geht dann allerdings um Strafverfolgung, nicht darum, wie Sie es schreiben, einen unverbindlichen Austausch von Daten mit Privaten und Sicherheitsbehörden zu vermengen. Das ist ja das Perfide an der Propagierung Ihres Allzweckmittels: Es gaukelt Sicherheit letztlich nur vor. Gerade wenn Attentäter identifiziert werden, hat dieses Mittel offensichtlich keine abschreckende und präventive Wirkung auf potentielle Terroristen, auf Selbstmordattentäter schon gar nicht.
Allerdings haben wir in Berlin keine Überwachung öffentlicher Straßen und Plätze, und das soll auch so bleiben. Gefährdete Objekte dagegen, insbesondere Synagogen, können videoüberwacht werden. Ich frage mich immer, was Sie mit gefährdeten Plätzen meinen. Es wäre ja schön, wenn Sie uns die mal nennen könnten, damit wir wissen, wo wir in dieser Stadt gefährdet sind. Oder meinen Sie doch die gesamte Stadt? – Dann trifft natürlich Ihr Argument, Videoüberwachung wäre ein so preiswertes Mittel, bestimmt nicht zu.
Jetzt wollen Sie die Schleierfahndung wieder einführen, die glücklicherweise aus dem ASOG gestrichen wurde. Stellen Sie sich so Terrorismusbekämpfung vor? Polizisten stehen überall in der Stadt auf den Straßen, halten
irgendwelche Autos an und finden dann in den Kofferräumen zufällig Autobomben? – Von großer Kompetenz in Sicherheitsfragen zeugt das nicht gerade.
Berlin soll sich, das ist Ihre nächste Forderung, für die schnelle Einführung der Anti-Terror-Datei einsetzen. Abgesehen davon, dass wir als Linkspartei dazu erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken haben,
glaube ich aber zu wissen – und das hat der Senator bestätigt –, dass die Verzögerung durch unionsgeführte Länder kommen, weil sie nicht genug reinpacken können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in unserer Fraktion gab es selbstverständlich große Diskussionen um die einen oder anderen Fakten, die sich in diesem Staatsvertrag finden. Aber ich finde, er ist auch ein großer Erfolg für Rot-Rot, weil gerade die Tatsache, dass ein Kultursenator der Linkspartei.PDS ihn verhandelt hat, deutlich macht, dass wir nicht zum Kirchen- und Kulturkampf angetreten sind, sondern ein gutes Verhältnis zu den Kirchen in dieser Stadt bzw. auch in der weiteren Umgebung wollen.
Insbesondere im sozialen wie auch im Flüchtlingsbereich sind uns die Kirchen schon lange gute Partner. Was der großen Koalition bis zur Jahrtausendwende nicht gelungen ist, einen Staatsvertrag mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz abzuschließen, liegt jetzt als Ergebnis vor Ihnen. In seinen 29 Artikeln schafft er nichts wesentlich Neues, deswegen ist manche Aufregung verfehlt, sondern er überführt und
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neulich am Rande einer Veranstaltung traf ich den Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit, Herrn Martin Gutzeit, und hatte gerade seinen 12. Tätigkeitsbericht erhalten und auch überflogen. Ich sagte: Was soll ich denn diesmal reden, es steht ja fast dasselbe darin wie in den letzten Jahren? – Aber das Problem ist die Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen. Herr Gutzeit antwortete, und zwar zu Recht: Das kommt daher, weil die Probleme immer noch dieselben sind. – Es gibt die Rehabilitierungsgesetze, aber die Ausgestaltung hat immer Probleme mit sich gebracht. Es wäre schon dringend notwendig, da Veränderungen herbeizuführen. Wenn man bedenkt, dass ein Teil der Verfolgten inzwischen schon ein Alter erreicht hat, wo die zu überwindenden bürokratischen Hürden immer schwerer zu meistern sind, dann sind die Hilfestellungen des Landesbeauftragten und seiner Mitarbeiter nicht hoch genug einzuschätzen.
Besonders schwierig finde ich bei jeder Diskussion über die jeweiligen Tätigkeitsberichte, dass das Land so gut wie gar keine Spielräume hat und wir immer nur an die Bundesregierung jeder Couleur appellieren können. Vielleicht gelingt es jetzt der CDU – Herr Apelt hat das angedeutet –, das, was sie immer in den Jahren ihrer Opposition im Bund gefordert hat, ausreichende Klarstellung und Besserstellung von allen Verfolgtengruppen, umzusetzen. Deshalb finde ich es sinnvoll, Herr Gutzeit, dass Sie an die Sozialstadträte geschrieben haben, um die vor Hartz IV durch die Sozialsenatorin umgesetzte Regelung, dass es informierte Sachbearbeiter als Ansprechpartner für die Betroffenen gibt, wieder in geeigneter Form zu ermöglichen, obwohl sich die Strukturen nach Hartz IV verändert haben. Es kann und soll nicht sein, dass in den Sozialämtern nun niemand das Zweite SED-Unrechtsbereinigungsgesetz kennt.
Aktuell allerdings ist in diesem Jahr die Debatte um die Perspektive des Stasi-Unterlagengesetzes. Bis auf die Diskussion darum liegt allerdings auch kein Referentenentwurf vor, so dass offenbar keine Partei im Bundestag bisher eine Stellungnahme erarbeiten konnte. – Es wird eine Neuaufstellung der Birthler-Behörde geben müssen. Wenn ich richtig informiert bin, sieht das auch Frau Birthler so. Was auf keinen Fall dabei auf der Strecke bleiben darf, ist die weitere Aufarbeitung der Strukturen und der Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit durch Historiker und Journalisten. Bekanntermaßen läuft die in den §§ 20 und 21 des Gesetzes von 1961 festgelegte Frist zur Überprüfung von Abgeordneten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf eine frühere Stasi-Tätigkeit Ende dieses Jahres aus. Das ist dem rechtsstaatlichen Verjährungsgedanken und dem Verhältnismäßigkeitsgebot geschuldet. Das ist auch richtig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es schon recht unglaublich, wie auf den Rücken von Kindern und Jugendlichen ein vorgezogener Wahlkampf ausgetragen wird
von Ihrer Seite da rechts. Das fängt mit dem Gerede über massive Kriminalität an. Ich habe keinerlei Auflistung von Fällen von Kriminalität, die an dieser Schule stattgefunden haben, sondern es gibt dort ganz offensichtlich massive Disziplinverstöße. Und da ist noch ein gewisser Unterschied. Und da kann man in einem Rechtsstaat nicht problemlos ohne jede Rechtsgrundlage nach der Polizei rufen,
Der CSU-Chef ist ein schlechter Landesvater. Es ist anstößig, wenn ein Ministerpräsident das, wofür er selbst einzustehen hat, in eine Bringschuld von Sechsjährigen umdefiniert. Die Schulpflicht ist in Deutschland Recht jedes Kindes. Das Grundgesetz sagt: Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. Auf den müssen Kinder sich verlassen können, wenn Eltern versagen.
Die Kinder gehen in Kitas, die Bildungseinrichtungen sind, mit verpflichtenden Deutschkursen, das letzte Kitajahr wird in Zukunft kostenfrei für die Eltern sein. Die Kinder werden früher eingeschult, was jetzt überall gefordert wird. Sie lernen die ersten zwei Jahre jahrgangsübergreifend, um Defizite ausgleichen zu können. Sie bekommen ein gemeinsames Fach, wo sie sich über ihre unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Werte austauschen können.
Und sie lernen immerhin sechs Jahre gemeinsam, bevor sie aussortiert werden in Berlin.
Ich will mich jetzt nicht vordergründig in die Schulstrukturdebatte einbringen. Aber wer landet denn dann in der Hauptschule? Kinder von Akademikern, aus dem Mittelstand? – Nein, es sind die, die schon die schwierigsten Startbedingungen hatten, Kinder aus bildungsfernen, sozial schwachen Elternhäusern und Kinder mit Migrationshintergrund. Und genau die Kinder mit Migrationshintergrund sind dabei keine Extrakategorie, sondern sie gehören eben zu den sozial Ausgegrenzten, die von der immer weiter klaffenden Schere zwischen Arm und Reich in diesem Land besonders betroffen sind.
Sie wissen sehr wohl, wenn sie sich auf der Hauptschule wiederfinden, dass sie damit keine Ausbildung, keinen
Berlin ist bei den PISA-Ergebnissen unter den Letzten. Was Sie heute vorstellen, ist eine Bilanz des Aktionismus. Viele Dinge wurden schnell angeschoben, ohne grundlegend etwas zu ändern. Geändert an den strukturellen Problemen der Stadt haben Sie herzlich wenig. Wenn Sie die Zugereisten zeihen, sie dürften nicht urteilen, dann muss ich sagen, dass ich in den Kitas und Schulen meiner Kinder viel höre von Leuten, die über Schulsenatoren sprechen, die im Seniorenalter sind und inzwischen vielleicht eher die Großelternprobleme kennen, die überhaupt kein Verständnis dafür haben, warum Vorklassen abgeschafft wurden, warum Bildungsqualität in der Stadt immer mehr in die Ecke gedrängt und nicht vorangebracht wird.
Job finden werden, für die sich, wenn sie Glück haben, ein paar engagierte Lehrerinnen und Lehrer finden, für die unser Bildungswesen nicht wenig Geld ausgegeben hat, aber sie finden nicht mehr Interesse. Das Integrationskonzept „Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken“ setzt genau da an. Nicht der Migrationshintergrund ist der Grund, sondern Armut und Ausgegrenztheit sind es, die Menschen stigmatisieren. Integration bedeutet auch für die Mehrheitsgesellschaft ein radikales Umdenken. Es ist ein Prozess, der beide Seiten betrifft.
Wir können in einem Bundesland nicht die Folgen neoliberaler Politikrezepte der Bundesregierung beseitigen, sondern wir müssen mit den Mitteln, die wir haben, die Weichenstellungen ändern. Dabei gibt es keine Patentrezepte. Für die frühkindliche Sprachförderung haben wir die Voraussetzung geschaffen. Die gilt es weiterzuentwickeln. Die Einbindung der Eltern in Zusammenarbeit mit den Migrationsvereinen muss gestärkt werden. Die Öffnung der Schulen in den Kiezen bindet Akteure und auch Betriebe ein. Um die Ausbildungssituation zu verbessern, wird der Übergang zwischen Schule und Beruf durch Praktika und Berufswegeplaner erleichtert. Die Integrationskurse werden besser mit Angeboten der beruflichen Eingliederung verzahnt. Das ist eine Reihe von Maßnahmen, die nicht so furchtbar neu ist. Auch die Situation an der Rütli-Schule ist nicht furchtbar neu, wenn man sich mit der Situation von Hauptschulen befasst. Skandalisierung und Stigmatisierung und eine CDU, die in alte Mottenkisten greift und Angst schürt, sind am wenigsten hilfreich, sondern wir müssen das umsetzen, was wir als richtig erkannt haben.
Das wird nicht von heute auf morgen zu haben sein. Jahrzehntelange Ignoranz gegenüber einer realen Einwanderungsgesellschaft haben uns hierher gebracht, und dafür tragen Sie die Verantwortung.
Ich bezweifle, dass es sich unsere Gesellschaft weiterhin leisten kann, Kinder nach ihrer Herkunft zu sortieren und es jedem einzelnen Bundesland zu überlassen, ob es etwas dafür oder dagegen tut. Aber wie Frau Bundeskanzlerin Merkel anmerkte: Wer sich für Bildungspolitik interressiert, gehört nicht in den Bundestag. – Da waren Sie gestern irgendwie falsch, Herr Böger! Das ist ein schlechtes Zeugnis, wenn wir das als Gesellschaft hinnehmen. Da sollten wir null Toleranz üben. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann ein wenig verstehen, warum die Berliner CDU in der Gesamt-CDU nicht so richtig toll angesehen ist. Wenn Sie die Reden Ihrer Abgeordneten im Bundestag hier vorlesen, erweckt das nicht gerade den Eindruck von besonderer Kompetenz.
Dr. Ole Schröder!
Bevor der Antrag der FDP vorlag, vermuteten wir bei dem Besprechungspunkt im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, dass die FDP in Ihrer meist folgenlosen, aber dafür umso lautstärkeren Bürgerrechtsattitüde fortfahren würde. Das hat sie – wie erwartet – auch verbal getan, aber in dem Antrag stehen ganz andere Sachen. Als einziges Argument gegen die Indexdatei steht darin, nicht die Bürgerrechtsinteressen stünden im Vordergrund, sondern die Belange der Geheimdienste.
Ich gehe auch davon aus, dass wir in dieser Debatte nicht viel richten können. Indexdatei statt Volltextdatei – das ändert nicht wirklich etwas an der Tatsache, dass mit der so genannten Anti-Terror-Datei ein massiver Eingriff in Bürgerrechte verbunden ist. Wie immer muss die Frage beantwortet werden, ob das das geeignete Mittel ist, um den Zweck, nämlich die Verhinderung terroristischer Anschläge, zu erreichen. Natürlich wissen alle, dass es einen mangelnden Austausch zwischen den verschiedenen Sicherheitsbehörden, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, gibt. Aber selbst in den USA mit zentralen Geheimdiensten und einer Bundespolizei war ein ganz massives Kommunikationsdefizit nach dem 11. September festzustellen.
Weil ich es nicht sinnvoll finde, die inhaltliche Ausgestaltung dieser Datei zu diskutieren, solange uns der vorgeschlagene Kompromiss nicht in irgendeiner Form vorliegt – er ist uns nur aus Zeitungsmeldungen bekannt –, und weil die Probleme viel weiter gehen als von Ihnen hier angesprochen, werden wir den Antrag ablehnen.
Ich möchte aber ein paar grundsätzliche Fragen stellen, mit denen wir alle umgehen müssen. Ich will sie auch stellen, weil es die Grünen auf Bundesebene zu bürgerrechtlichen Fragen nicht mehr gibt.
Henkel
Sie haben einer Anti-Terror-Datei zugestimmt, obwohl Sie am besten wissen, dass die bestehenden Sicherheitsgesetze in erheblichem Umfang schon jetzt den Austausch personenbezogener Informationen zwischen den Behörden ermöglichen. Diese Gesetze haben Sie selbst mitverabschiedet, was Sie dann hier oft bejammern.
Sollte man nicht stattdessen untersuchen, warum Sicherheitsbehörden so agieren, und versuchen, in den Strukturen und in der Mentalität Änderungen herbeizuführen? – Ich glaube, daran wird eine gemeinsame Datei nichts ändern. Wir müssen uns hier nicht gegenseitig über die Gefahren des Terrorismus aufklären, sondern wir müssen gemeinsam überlegen, was für ein Land wir wollen. Niemand hat etwas dagegen, wenn Daten über Verdächtige und Straftäter in diesem Bereich schnellstmöglich abgeglichen werden können. Aber wer stellt sicher, dass in dieser Datei nicht auch viele gespeichert werden – bei der CDU war herauszuhören: alle Islamisten; Sie hatten sogar die Bezeichnung Islamistendatei vorgeschla- gen –, bei denen gar kein Tatverdacht, sondern nur eine Gesinnung vorliegt? – Wir haben die Erfahrungen gemacht, dass die Erhebung eines der Hauptprobleme ist. Ich erinnere gerne an die vom Bundesdatenschutzbeauftragten beim BKA gefundene Datei Global, die keineswegs nur straffällige oder verdächtige Globalisierungskritiker erfasste, sondern alle Bürgerinnen und Bürger, die zu dem Thema irgendwo in Erscheinung getreten waren. Glauben Sie nicht, dass die Schwelle beim Thema Terrorismus noch viel niedriger liegt?
Umstritten ist auch, ob die Anti-Terror-Datei gegen das Trennungsgebot der Ermittlungen von Polizei und Geheimdiensten verstößt. Dazu sagt der Innenexperte der CDU und Bundestagsabgeordnete, Roland Gewalt:
Wir benötigen aber nun auch eine breite Mehrheit, die die verfassungsrechtliche Trennung von Polizei und Geheimdiensten aufhebt.
Erinnern wir uns noch, warum und die Alliierten genau diesen Verfassungsgrundsatz vorgeschrieben haben? – Sowohl Nazideutschland als auch die DDR mit der Stasi haben deutlich gezeigt, was es bedeutet, wenn es keine deutliche Trennung zwischen Geheimdiensten und polizeilichen Befugnissen gibt. Ich finde, wir müssen darüber nachdenken, was für eine Gesellschaft wir wollen. Wenn eine freie Gesellschaft aus Angst kapituliert, haben die Gegner der Freiheit ohnehin schon gewonnen. – Danke schön!
Mit dem 25. Gesetz zur Änderung des Landesbeam
tengesetzes werden die bisher geltenden besonderen Altersgrenzen im Vollzugsdienst angehoben. Damit wird aus meiner Sicht insbesondere der katastrophalen Haushaltslage in Berlin Rechnung getragen und der Tatsache, dass es bereits Bundesländer mit solchen Regelungen gibt. Ob die gewandelten Lebensverhältnisse generell zu einer längeren Leistungsfähigkeit der Bevölkerung geführt haben, sei dahingestellt, sicher ist aber, dass sowohl eine gestiegene Lebenserwartung, höhere Berufsqualifikation und ein späterer Berufseinstieg eine differenzierte Betrachtung des Vollzugsdienstes und eine Vergleichbarkeit mit anderen Berufsgruppen, für die bisher schon das 65. Lebensjahr für das Erreichen des Pensionsalters vorgeschrieben ist, möglich macht.
Den besondere Belastungen des Schichtdienstes bei
der Polizei und im Justizvollzugsdienst wird dadurch Rechnung getragen, dass Vollzugsbeamte des mittleren Dienstes weiterhin eine besondere Altersgrenze, nämlich das 61. Lebensjahr, erhalten. Auf Grund der psychischen und körperlichen Belastungen, die im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst durch die Verwendung in unmittelbarer Brandbekämpfung und Hilfeleistung vor Ort entsteht, wird für diese Beamtengruppe das 60. Lebensjahr nach 15 Jahren Tätigkeit in diesem Bereich als Altersgrenze festgelegt.
Laufbahnen werden gestaffelt behandelt ebenso wie
die Übergangsregelungen, die unnötige Härte vermeiden sollen.
Nun will ich auf drei Kritikpunkte eingehen: Polizei
und Justizvollzug auf der einen und der feuerwehrtechnische Dienst auf der anderen Seite würden ungleich behandelt.
Im ursprünglichen Gesetzentwurf gab es auch aus un
serer Sicht eine Benachteilung von Beamten der Feuerwehr, die aus dem Beitrittsgebiet stammen.
Durch die Bezugnahme auf die Feuerwehrzulage, die
es in der DDR nicht gab, könnte es zu Nachweisproblemen einer 15-jährigen Tätigkeit kommen. Das haben wir bemängelt, und die Koalitionsfraktionen haben das Problem mit dem heute vorliegenden Änderungsantrag geheilt, nachdem nämlich eine eidesstattliche Versicherung die fehlenden Nachweise ersetzen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gutzeit! Das, was gerade eben gesagt
wurde, ist sicher nicht verkehrt, und wir bieten hier auch gern unsere Hilfe an, aber man muss doch darauf aufmerksam machen, dass sowohl die Unrechtsbereinigungsgesetze als auch eine Lösung für Zivildeportierte eine Sache für die Bundesregierung sind. Da ist es jedem in diesem Haus unbenommen, initiativ zu werden.
Allzu oft wird, wie es auch der Landesbeauftragte schon in mehreren Berichten anmerkt, gern eine sehr verkürzte, auch folkloristische Sicht auf „die alte DDR“ gepflegt, als hätte sie nur aus lustigen und listigen Menschlein bestanden, die ihre Spreewälder Gurken brauchten, das Sandmännchen wie das Ampelmännchen retten wollten und sich ansonsten gemütlich eingerichtet hatten. Deswegen glaube ich, dass gerade dem Bereich „Politische Bildung“ beim Landesbeauftragten besondere Bedeutung zukommt. Hervorzuheben sind deshalb auch Programme wie ein Seminar für Lehrerinnen und Lehrer zur Auseinandersetzung mit dem Thema: „Die DDR im Film“.
Wenn wir gerade von Jugendlichen reden, muss auch an ein besonders trauriges Kapitel der Repression in der DDR gedacht werden, nämlich an die auch von Herrn Gutzeit im Bericht angesprochenen geschlossenen Jugendberghöfe. Ich bin froh, dass die Rechtsprechung – zwar spät, aber immerhin – nun im Rahmen des strafrechtlichen Rehabilitationsgesetzes anerkannt hat, dass durch die Einweisung und Unterbringung im Jugendberghof Torgau die Menschenrechte der betroffenen Jugendlichen regelmäßig schwer verletzt worden sind. Warum das für andere geschlossene Jugendberghöfe nicht gilt, ist mir ein Rätsel. Ich kann Sie nur unterstützen, die Aufklärungsarbeit in diesem Bereich mit besonderer Intensität fortzusetzen. Gerade Menschen, die im jugendlichen Alter in die Auseinandersetzung mit dem staatlichen Machtapparat gerieten, sind heute – auch in anderen Fällen – be
Nun zum Bericht. – Die Zahl der Stasiopfer und auch die ganz spektakulären Fälle gehen zurück. Die aufgeworfenen Probleme, die jetzt hier beschrieben worden sind, ähneln immer wieder den Mustern der Vergangenheit, den
Berichten, die wir schon kennen. Viele Menschen fragen sich deswegen: Warum diskutiert das Abgeordnetenhaus auch noch 15 Jahre nach der DDR zu so später Stunde über diesen Bericht? – Die Antwort ist relativ einfach. Wir haben die moralische Verpflichtung, die Verantwortung, uns der Opfer anzunehmen, die durch Stasimachenschaften Nachteile in Kauf nehmen mussten, deren Bildungschancen beschränkt, deren Familien zerstört wurden, die psychisch zerbrochen sind oder die andere Nachteile erlitten haben. Wir haben auch die Verpflichtung, darüber aufzuklären, wie die Mechanismen der Stasi funktioniert haben. Da gab es die subtilen Methoden, es gab brutale Methoden, die Verführung und die Zerstörung. – Frau Seelig hat auf einige dieser Fälle hingewiesen, ich will sie nicht wiederholen. – Genau das darf nicht vergessen werden.
Wir haben aber auch die Verpflichtung zur Debatte darüber, ob und unter welchen Umständen und Voraussetzungen ehemalige, als IM geführte Mitarbeiter der Staatssicherheit heute in verantwortungsvollen Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst oder auch in nachgeordneten Einrichtungen, wie zum Beispiel in der Opernstiftung, ihre Arbeit leisten dürfen. Und wir haben auch die Verpflichtung zur Bildung und Information von Jugendlichen, damit Tendenzen zur Geschichtsklitterung vermieden werden.
sonders benachteiligt. Auch das ist im Bericht aufgeführt. Die Frage der nicht vorhandenen so genannten Abstiegsschäden im Zusammenhang mit Rentenansprüchen trifft besonders diejenigen, die erst gar keine Chance hatten, aufzusteigen.
Neben erkennbaren Fortschritten sind in diesem Bericht auch wieder zahlreiche Beispiele für Schwierigkeiten, insbesondere bei der Umsetzung der Rehabilitierung beruflichen Unrechts und der strafrechtlichen Rehabilitierung, aufgeführt. Ich halte auch das eine oder andere Gesetz für verbesserungsfähig, aber die Crux des Unzulänglichen war schon im Ersten Unrechtsbereinigungsgesetz unter der Regierung Kohl angelegt. Es scheint jedoch hauptsächlich Umsetzungsdefizite zu geben. Wir müssen gemeinsam überlegen, wie sie beseitigt werden können. Sie schreiben:
Ungeachtet langjähriger Bemühungen ist eine Verbesserung des Informationsstands über die Rehabilitierungs- und Schadensausgleichsangebote kaum zu erkennen. Selbst die Rentenversicherungsträger machen die Bürger nicht immer auf die Lücken im Versicherungsverlauf und die Möglichkeiten ihrer Auffüllung aufmerksam.
Dafür muss es eine Lösung geben, beispielsweise ein gesondertes Rundschreiben der zuständigen Ministerin, das nicht in der üblichen Änderungsflut untergeht. Das wäre eine Initiative, die wir gemeinsam auf den Weg bringen könnten.
Abschließend, wie auch in den Vorjahren, danke ich Ihnen und Ihrem Hause im Namen meiner Fraktion für die geleistete Arbeit. Danke schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist das erste Mal, dass wir in diesem Hause nicht zu nachtschlafender Zeit über die Empfehlungen des Unterausschusses Datenschutz bzw. die entsprechende Beschlussempfehlung des Innenausschusses reden, sondern – den neuen Errungenschaften sei Dank – die Prioritätensetzung es uns ermöglicht, den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Herrn Prof. Garstka, schon zu diesem Zeitpunkt zu hören.
Die größere Aufmerksamkeit ist auch deshalb nötig, weil die Probleme für den Datenschutz nicht kleiner werden, nicht nur im privaten Bereich mit gläsernen Kunden und flottem Adressenhandel. Im Hinblick auf die Terrorismusgefahr wird das Arsenal des Staates zur Überwachung der Bürger weiter aufgerüstet. Hatte es bisher den Anschein, dass dies von den Bürgerinnen und Bürgern hingenommen wird, sei es aus Angst vor Terrorüberfällen oder in dem Bewusstsein, man habe nichts zu verbergen, scheint das Ausmaß der Grundrechtseingriffe mittlerweile doch zu einem Wandel zu führen. Wenn man Umfragen glauben darf, fühlen sich immer mehr Menschen überwacht und in ihrer Intimsphäre ausgespäht. Auf der gestrigen Pressekonferenz wurde zu Recht noch einmal auf das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit, was so ganz harmlos klingt, hingewiesen. Aber es ermöglicht tatsächlich einen Zugriff fast aller Behörden ohne Wissen der Betroffenen, ohne Wissen der Banken auf die Konten, und es wird dazu auch noch ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht geben. Ich hoffe, es setzt grenzenlosen Ausforschungsersuchen Grenzen.
des Senats, dass § 100 a der Strafprozessordnung die erforderliche Grundlage zur Durchführung dieser Maßnahme ist.
Auch im Fall Mahmoud, dieses jungen Intensivtäters, konnte die CDU-Fraktion im Gegensatz zum Datenschutzbeauftragten keinen Verstoß gegen Gesetze durch den handelnden Polizeibeamten feststellen. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Ebenso haben das Landgericht Berlin und das Kammergericht übereinstimmend festgestellt, dass eine Persönlichkeitsverletzung des Mahmoud nicht vorliegt.
Der Antrag der CDU-Fraktion, die Potentiale der DNA-Analyse zu nutzen, wurde ebenfalls unter Einbeziehung von Experten kontrovers diskutiert, dann allerdings abgelehnt. Nach dem Mord an dem Modeschöpfer Moshammer und der schnellen Überführung des Mörders durch eine hervorragende Tatortarbeit mit der Sicherung von DNA-Material ist die Diskussion neu entflammt. Im Bund hat die Justizministerin der SPD einen Bewusstseinswandel durchgemacht und bewegt sich jetzt in Richtung CDU-Forderung. Man kann also schlauer werden, und dann ist es auch ein Schritt in die richtige Richtung.
Spannend wird das Verhalten der FDP, der Verteidigerin des liberalen Rechtsstaats, werden. Dazu werden Sie, Herr Ritzmann, noch den einen oder anderen Satz verlieren.
Abschließend noch eine Anmerkung zur Parkkralle: Die Parkkralle ist nach Auffassung der CDU-Fraktion kein moderner Pranger, sondern ein hervorragendes Mittel, um Steuerehrlichkeit herzustellen. Der Steuer zahlende Bürger hat kein Verständnis dafür, dass sich Steuerhinterzieher oder notorische Steuersünder ihrer Steuerpflicht auf Dauer entziehen können. Der Wissenschaftliche Parlamentsdienst hat die Bedenken des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit geprüft, ist allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Verstöße gegen Verfassungsrecht und einfaches Recht vorliegen. Deshalb ist das überaus erfolgreiche Mittel Parkkralle nach Auffassung der CDU-Fraktion noch intensiver einzusetzen. Wir fordern den Senat auf zu prüfen, ob mit dem Einsatz der Parkkralle auch nicht bezahlte Bußgelder beigetrieben werden können.
Bewertet man diesen Bericht aus Sicht des Parlaments, so kommt man zu der Überzeugung, dass die Kontrolle der Verwaltung bei Herrn Dr. Garstka und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in guten Händen ist. Unterschiedliche Rechtsauffassungen werden im Unterausschuss Datenschutz sachlich und meistens ohne Emotionen diskutiert. Hinweise auf eventuelle Verstöße gegen den Datenschutz oder auf problematische Videoaufzeichnungen von Parteien durch Hausverwaltungen wurden unbürokratisch überprüft; hierzu wurde im Datenschutzausschuss Auskunft gegeben. Für diese gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, sehr geehrter Herr Dr. Garstka,
danke ich Ihnen im Namen der Fraktion der CDU recht herzlich. Für die neue berufliche Tätigkeit wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute. Weiterhin viel Erfolg!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nicht wünschenswert, dass das Thema Rechtsextremismus lediglich von drei Parteien als das aktuelle für unser Parlament angesehen wird. Es geht nicht um einen allgemeinen Austausch von Befindlichkeiten oder Belanglosigkeiten, sondern um ein deutliches Signal dieses Hauses, dass wir uns allem entgegenstellen, was den Schrecken des Nationalsozialismus verharmlost, revisionistisch relativiert oder sogar Naziideologien verherrlicht.
Und wir wollen auch darum ringen, ob nicht eine Gemeinsamkeit aller Demokraten möglich ist, noch einmal zu bekräftigen, dass die fabrikmäßige Ermordung der Juden Europas ein so singuläres Ereignis gewesen ist, dass sich jede, aber auch wirklich jede Art von Relativierung und auch nur der Anschein von Leidensaufrechnung von selbst verbieten. Leider ist auch das aktuell.
Ich hätte mir ein Votum aller für diese Aktuelle Stunde gewünscht, aber ich hoffe, dass die Debatte letztlich dazu führt, zu erkennen, dass alle wichtigen Themen, die uns in dieser Stadt umtreiben, nicht nichts sind, aber dort in den Hintergrund treten, wo die Gesellschaft – wenn auch von einer Minderheit – in ihrem Grundkonsens angegriffen wird, dem Grundkonsens, der da heißt: Nie wieder!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Henkel! Auch Sie müssten wissen, wenn es so zutreffend ist, dass man sich nach den Gegebenheiten des jeweiligen Landes in der Bundesrepublik Deutschland zu richten hat, dass wir in Berlin 68 % atheistische Bürgerinnen und Bürger haben.
Außerdem hat selbst der Verfassungsschutz Ihre Grundwahrheit, die Sie immer wieder unerschütterlich von sich geben, dass es nur eine Bedeutung des Kopftuchs gebe, negiert, indem er nämlich festgestellt hat, dass es mindestens acht verschiedene Motive gibt, dieses Kopftuch zu tragen.
In der Regel haben Gesetze Überschriften, unter denen sich kein Mensch etwas vorstellen kann, so auch bei diesem „Gesetz zur Schaffung eines Gesetzes zu Artikel 29 Verfassung von Berlin und zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes“, über das wir heute nach einer langen und intensiven Diskussion zu befinden haben. Deshalb nennen wir es auch Neutralitätsgesetz. Und: Es ist eben kein Kopftuchgesetz, das soll damit noch einmal ausdrücklich betont werden.
Gleichzeitig stimmen wir auch über einen Antrag ab, der Antidiskriminierungs- und Integrationsmaßnahmen bündelt, die für uns von großer Bedeutung sind und das Gesetz nicht nur flankieren, sondern gewissermaßen seine Voraussetzung darstellen. Denn der Ausgangspunkt war und ist das so genannte Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003. Es war auch die Kopftuchdebatte, die danach geführt wurde, nicht etwa die Debatte, wie viel Neutralität muss der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber hinsichtlich religiöser Kleidung und Symbole demonstrieren. Es war also auch immer eine Angstdebatte und eine Debatte über den politischen Islamismus, der in einen Stück Stoff ausgemacht wurde.
Bei diesen hochemotional geführten Diskussionen gingen beide Koalitionspartner SPD und PDS von gegensätzlichen Ausgangspositionen in die Verhandlungen. Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen:
Berlin ist damit das einzige Bundesland, das ein Gesetz hat oder haben wird, das nun alle Religionen gleich behandelt. So hat es das Bundesverfassungsgericht verlangt, so ist es auch deshalb richtig, weil wir in einer Stadt, in der Tausende Muslime leben, damit auch sagen wollen: Ihr könnt und müsst euch wie alle anderen einbringen, wir diskriminieren niemanden wegen seiner Weltanschauung oder seiner Religion.
Mit dem Antrag und seinen Antidiskriminierungs- und Integrationsmaßnahmen sagen wir weiter: Wir wollen Probleme lösen, die es natürlich im kulturellen und religiösen Miteinander und leider auch Nebeneinander gibt. Selbstverständlich sollen muslimische Schülerinnen an Schwimmen und Sexualkundeunterricht und an Klassenfahrten teilnehmen. Um das zu erreichen, nützt uns das Gesetz, ehrlich gesagt, gar nichts, sondern wir brauchen einen Arbeitskreis Islam und Schule, der diese Themen behandelt und praktikable Lösungen entwickelt.
Nun kann man sich wie die Grünen hinstellen und sagen, den hätten wir schön längst einrichten können,
als dürften Regierungsfraktionen keine parlamentarische Arbeit mehr machen und keine Anträge mehr einbringen.
Selbstverständlich sind Vorbereitungen getroffen worden, so dass beispielsweise im Hause Piening mit der Umsetzung bestimmter Teile dieses Antrags begonnen werden kann. Es wird auch einen Aktionsplan Freiräume und Integrationschancen für zugewanderte Frauen und Mädchen geben, der Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für Familien- und Erziehungsberatungsstellen für den Umgang mit eben jenen Alltagskonflikten vorsieht und auch Jugendämter qualifiziert und sensibilisiert für so schwierige Themen wie z. B. ganz aktuell das Thema Zwangsverheiratung.
Wichtig ist auch, dass Berlin im Vorgriff auf bundesgesetzliche Regelungen zur Umsetzung von EURichtlinien zur Bekämpfung von Diskriminierung wegen Rasse, Herkunft, Religion, Weltanschauung bereits jetzt eine Stelle zur Förderung der Gleichbehandlung beim Beauftragten des Senats für Migration und Integration einrichtet, weil das auch ein deutliches Signal ist, wie ernst wir die Aufgabe der Integration nehmen und die Rechte von Minderheiten stärken.
Leider hat auch bei diesem Thema die Opposition eine wenig konstruktive Rolle gespielt. Dabei wollte ich ausdrücklich die FDP in Person von Herrn Ritzmann ausnehmen, aber mit dem heute vorgelegten Antrag muss ich auch der FDP sagen, dass die Präambel eindeutig klärt,
Henkel
dass eben nur die Ausübung hoheitlicher Aufgaben gemeint ist.
Was die Grünen zwar in der Bundesregierung täglich praktizieren, können sie hier nicht ertragen. Natürlich bedeutet ein Kompromiss auch, dass zu einem Zeitpunkt X keine weitere Änderungen mehr möglich sind. Das sieht man auch vielen Bundesgesetzen an. In der Frage Kita haben Sie einfach nicht verstanden, dass es nicht nur um irgendeine juristische Stringenz geht, sondern dass insbesondere der PDS so viel Freiräume wie möglich wichtig waren, jungen Frauen auch im öffentlichen Dienst und möglicherweise mit Kopftuch die Möglichkeit zu geben, einen Beruf zu ergreifen. – Was Sie gegen den Antidiskriminierungs- und Integrationsantrag haben, außer dass er nicht von Ihnen ist, verstehe wer will.
Bei der CDU verschlägt es einem die Sprache, dass Sie ohne das Verfassungsgerichtsurteil und das Verwaltungsgerichtsurteil zum Baden-Württemberger Gesetz auch nur zur Kenntnis zu nehmen, mit Ihrem von BadenWürttemberg abgeschriebenen Antrag weiterhin hausieren gehen und immer noch meinen, in den gegenwärtigen Diskussionen sei es hilfreich, den Islam zu stigmatisieren. Berlin wird ein vernünftiges Gesetz und hilfreiche Integrationsansätze haben, so etwas braucht diese Stadt. – Danke schön!
Entschuldigung! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will Ihnen aus der Präambel zitieren, weil Sie immer wieder das Beispiel der Köchin nennen, die jetzt kein Kopftuch mehr tragen dürfe. Hier steht ausdrücklich:
Deshalb müssen sich Beschäftigte des Landes Berlin in den Bereichen, in denen die Bürgerin oder der Bürger im besonderer Weise dem staatlichen Einfluss unterworfen ist, in ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis zurückhalten.
Dies heißt nichts anderes, als dass sich diese Regelung nicht auf Kantinen und Hinterräume bezieht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist im Laufe dieser Debatte eine sehr unangenehme Diskussionsebene erreicht worden, die dem Thema nicht angemessen ist.
Eigentlich geht es um den 9. November – einen schicksalsträchtigen Tag, vielleicht den schicksalsträchtigsten für uns Deutsche. Das ist auch aus allen Reden vor der großen Aufregung deutlich geworden. Ohne die Debatte
Vizepräsidentin Michels
um den 3. Oktober noch einmal entfachen zu wollen, möchte ich an dieser Stelle sagen: Ich persönlich hätte mir den 9. November als zentralen Fest- und Gedenktag für das vereinigte Land gewünscht.
Dabei glaube ich nicht, dass irgend ein anderes Land einen so ambivalenten Tag zum Nationalfeiertag erkoren hat, denn meist sind es Siege – im besten Fall Siege von bürgerlichen Revolutionen oder in der Befreiung vom Kolonialjoch –, die dafür Pate stehen. Aber dieses Deutschland ist auch kein Land wie jedes andere: Im 20. Jahrhundert gingen zwei verheerende Weltkriege von hier aus, und mit der Pogromnacht von 1938 wurde das Startsignal für die massenhafte und fabrikmäßige Vernichtung jüdischen Lebens in Europa gegeben. Die Teilung Deutschlands muss man auch als Folge dieser Geschichte begreifen.
Der 9. November 1989 war ein zentraler Punkt der friedlichen Revolution in der DDR. Es gab – der Regierende Bürgermeister sprach ebenfalls von Revolution, aber man hört da auch viel Umstrittenes – tatsächlich alle Merkmale einer Revolution: Die da unten wollten nicht mehr, und die da oben konnten nicht mehr. – Für einen knappen Zeitraum danach gab es auch die klassische Doppelherrschaft – auf der einen Seite die ModrowRegierung und auf der anderen Seite der zentrale Runde Tisch, an dem die neu gegründeten Bürgerbewegungen Platz genommen hatten. Bei aller Freude über die Überwindung der Teilung sollten wir nicht vergessen, dass es den Oppositionellen, die bewusst da geblieben waren und nicht über Ungarn und Prag die DDR verlassen hatten, erst einmal um ein neues, demokratisches, eigenes Gemeinwesen ging. Im Vordergrund stand eine neue Verfassung, an der am Runden Tisch bis zuletzt gearbeitet wurde.
Es ist selbstverständlich klar, dass die politische Opposition in der gesamten Geschichte der DDR verschwindend gering und auch im Moment des Mauerfalls eine Minderheit war. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang immer wieder an eine Anekdote: Am Sonnabend nach dem 9. November wollte meine Bürgerbewegung „Vereinigte Linke“ die erste Pressekonferenz in einem staatlichen Gebäude abhalten – das war etwas ganz Besonderes –, und zwar in der Mensa der HumboldtUniversität. Als wir dort ankamen, war alles dunkel und verrammelt, was wie selbstverständlich dazu führte, dass wir wütend über diesen Staat schimpften, der uns wieder in die Quere gekommen war und uns weiter unterdrücken wollte. Wir hatten überhaupt nicht mitbekommen, dass die Studenten, die dort Dienst hatten, einfach zum Feiern in Westberlin waren.
Wenn wir nach 15 Jahren beklagen, dass die Teilung noch nicht vollständig überwunden ist, dann müssen wir auch jenseits von wirtschaftlichen Fehleinschätzungen, die auch schon angesprochen wurden, überlegen, was noch schief gelaufen ist. Daraus kann man für die Zu
kunft, die eine gemeinsame sein muss und sein wird, nur lernen. Ich glaube, dass die Bundesrepublik mit der Aufnahme neuer Sichten, neuer Einrichtungen und anderer Lebensentwürfe sehr viel früher festgetretene Pfade in allen gesellschaftlichen Bereichen hätte verlassen können. Der umgekehrte Weg hat viel mehr als nur Abermilliarden von DM gekostet. Nehmen wir die simplen und auf der Hand liegenden Beispiele wie Ganztagsschulen und Polikliniken!
Aber es geht nicht um Rückschau und „Was wäre wenn?“. – Es ist mir bewusst, dass historische Ereignisse auch eine eigene Dynamik entfalten. Trotzdem hat Berlin eine besondere Verantwortung, was sowohl die Angleichung der Lebensverhältnisse wie das Annehmen von Biographien betrifft. Hier hat die Mauer gestanden, und alle suchen sie jetzt. Dabei hat es doch etwas Tröstliches, wenn man nicht mehr merkt, ob man in Friedrichshain oder Kreuzberg ist. Ich glaube auch, dass die Menschen nach dem Fall der Mauer genau das wollten.
Das schließt eine würdige Gedenkstätte nicht aus. Allerdings finde ich, dass der historische Ort in der Regel der würdigste Gedenkort ist. Bevor sich jetzt alle überschlagen, etwas Neues mitten in der Stadt zu errichten, frage ich: Könnte man nicht mehr Geld für die Gedenkstätte Hohenschönhausen verwenden? – Als jemand, der mit eigenen Augen die verzweifelten Sprünge aus den Häusern an der Bernauer Straße miterlebt hat, erscheint mir eine Aufwertung der dortigen Gedenkstätte angemessen.
Es gibt viel zu bedenken in dieser ehemaligen und neuen Hauptstadt, und der 9. November ist mit seiner Ambivalenz ein wirkungsmächtiger symbolischer Tag für die deutsche Geschichte. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn heute von der Opposition gefordert wird, keine Änderung des ASOG vorzunehmen, die es ermöglicht, Absolventen der Polizeiausbildung in Zweidrittel-Angestelltenstellen zu übernehmen, müssen die Folgen deutlich gemacht werden: Dann können wir nur 300 Absolventen in den Polizeidienst übernehmen.
Nun wurde von derselben Opposition immer angemahnt, keinen der mit vielen Steuermitteln ausgebildeten Polizisten und Polizistinnen zum Sozialamt zu schicken. Entgegen anderweitigen Behauptungen ist dies bislang auch nicht geschehen. Es wurden alle Anstrengungen unternommen, um ihnen Stellen beim Bund und in den anderen Bundesländern zu vermitteln, wenn die Einstellungsmöglichkeiten in Berlin ausgeschöpft gewesen sind. Inzwischen werden auch bei anderen Länderpolizeien Einsparungen als notwendig erachtet, und die Kapazitäten beim Bund sind ebenfalls geringer geworden. Dank einer politisch motivierten Einstellungspraxis des letzten CDUInnensenators haben wir in diesem Jahr eine überproportional hohe Absolventenzahl. Was liegt also näher, als weiter daran festzuhalten, diesen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten und dafür auch kreative Ideen zu entwickeln? – Diese Ideen, Herr Ratzmann, sind jetzt nötig, weil die Ausbildung jetzt abgeschlossen ist.
Ihre Argumente und die der GdP sind aus meiner Sicht nicht überzeugend. Erstens: Es wird behauptet, es wäre der Einstieg in die Billig-Polizei. Dagegen ist einzuwenden, dass die Polizistinnen und Polizisten eine qualitativ hochwertige Polizeiausbildung absolviert haben und dass sie in ihrem Vertrag die Zusage haben, bis spätestens im Jahr 2008 eine volle Stelle als Beamtinnen und Beamte des Polizeivollzugsdienstes zu bekommen. Das
Ratzmann
bleibt auch eine Tatsache, wenn Herr Schönberg in Pressekonferenzen behauptet, dies wäre nicht so. Die Verträge beinhalten auch die Versorgungsansprüche für diese Zweidrittel-Angestellten. Das muss man als Tatsache zur Kenntnis nehmen, bevor man ganz fürchterliche Dinge beklagt.
Zweitens: Es wird behauptet, es sei verfassungswidrig, ihnen mit der Änderung des ASOG Aufgaben der Vollzugspolizei zu übertragen. Ich verweise auch hier darauf, dass dies mehrfach – auch von den Juristen der Justizverwaltung – geprüft wurde. Rechtswidrig wäre es, wenn die Ausnahmen sich der Regel nähern würden. Das kann bei der großen Anzahl der in Berlin verbeamteten Polizisten nun wirklich nicht der Fall sein. Fragwürdig wäre auch, wenn es keine Befristung geben würde. Aber diese Befristung beschließen wir ja heute. Es ist auch nicht richtig, dass nach geltender Rechtslage nur Beamte Vollzugspolizeiaufgaben übernehmen dürfen. Schon heute ist es nach § 5 des ASOG möglich, Angestellten der Polizei durch Rechtsverordnung bestimmte Vollzugsaufgaben zu übertragen.
Wenn Sie auf das Rechtsgutachten von Prof. Battis verweisen – ich hatte noch keine Gelegenheit, es zu lesen – kann ich nur sagen, dass ich ihn als Verfassungsrechtler ernst nehme, aber die Argumente der GdP, die Auftraggeber war, sind bereits geprüft worden. Das Problem von Rechtsgutachten ist dem Parlament bekannt. Letztlich können nur Gerichte sprechen, wenn sich zwei oder mehr Rechtsauffassungen gegenüberstehen. Wir haben erst jüngst im Datenschutzausschuss die Situation gehabt und festgestellt, dass das Parlament in einem solchen Fall nicht Schiedsrichter sein kann. Das hätten wir auch nach einer Anhörung nicht gekonnt.
Und was ist die Konsequenz, meine Damen und Herren von der Opposition? – Wir haben gut und teuer ausgebildete Polizeianwärter, die lediglich im Objektschutz arbeiten sollen – wollen Sie das? –, die in zwei bis drei Jahren, wenn sie verbeamtet werden, nie ihren Job als Vollzugspolizisten ausgeübt haben. Oder wir stellen wie geplant lediglich 300 Absolventen ein. Oder Sie sagen, dass alle Absolventen als Beamte übernommen werden sollen. Das meint insbesondere die CDU. Aber dann müssen Sie Sparvorschläge in anderen Bereichen machen. Sie wissen, dass es nur zwei große Personalkörper im Land Berlin gibt, nämlich die Polizei und die Lehrerinnen und Lehrer. Darauf müssen Sie antworten.
Meine Fraktion begrüßt, dass es endlich auch trotz der Haushaltsnotlage und des Einsparzwangs kreative Ideen gibt. Es gibt – ich sage das selbstkritisch – hier nicht häufig kreative Ideen, kreative Ideen, die jungen Menschen eine Berufsperspektive bieten und dem Land Berlin nutzen. Eigentlich ist mehr von dieser unorthodoxen Sicht notwendig. Wir stimmen der Gesetzesänderung zu. – Danke schön!
Der Antrag der FDP, im Bundesrat eine Initiative ein
zubringen, mit dem Ziel, die Opfer politischer Verfolgung in der SBZ bzw. der DDR mit einer Opferrente für ihr erlittenes Schicksal angemessen zu entschädigen, ist erst einmal eine Forderung, die inhaltlich nicht prinzipiell verkehrt ist. Wir sind uns doch darüber einig, dass die Opfer oftmals unter Krankheitsfolgen, aber auch beruflichen Nachteilen leiden, die ursächlich in der Verfolgung liegen. Wir müssten uns aber auch darüber einig sein, dass das Erste Unrechtsbereinigungsgesetz – noch unter der Federführung von CDU/CSU und FPD – im Deutschen Bundestag leider zu massiven Unzulänglichkeiten bei der Entschädigung der Opfer geführt hat. Ich finde es nicht redlich, dass sowohl CDU/CSU als auch die FDP dies erst entdeckt haben, seit sie nicht mehr an der Macht sind, und seitdem Änderungen einklagen.
Es hat unter Rot-Grün allerdings auch Änderungen
gegeben, die wenigstens in kleinen Teilen zu Verbesserungen geführt haben – auch das muss zur Kenntnis genommen werden. So wurden 2003 die Antragsfristen um
Vizepräsidentin Michels
vier Jahre bis 2007 für die beiden bestehenden Gesetze verlängert, und auch die Ausgleichsleistungen des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes wurden erhöht. Trotzdem haben sich die beiden Abgeordneten der PDS im Bundestag konstruktiv mit einem Antrag zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht der CDU/CSU-Fraktion eingebracht, der aus unserer Sicht einer großen Gruppe real hätte helfen können. Darin geht es um die Anerkennung der Haftfolgegesundheitsschäden. Die Einführung einer „Vermutungsregelung“, die sich dem ursächlichen Zusammenhang zwischen nachgewiesener Haftverbüßung aus politischen Gründen und feststellbaren Gesundheitsschäden einer oft nicht möglichen Beweisführung entzieht, wäre eine vernünftige Regelung gewesen. Dieses Dritte Gesetz ist nicht verabschiedet worden und damit auch nicht der Änderungsantrag der PDS.
In Ihrem Antrag geht es darum, allen politisch Ver
folgten eine Opferrente in Höhe von 500 Euro zu gewähren. Sie definieren Verfolgung nicht, Sie differenzieren nicht, und Sie übersehen vor allem, dass eines der Probleme vieler Opfer ist, ihren Status nachzuweisen. Gerade hier hätten die Hürden beim Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz von Ihnen niedriger gesetzt werden können. Der Antrag unserer beiden Bundestagsabgeordneten zielt genau in die Richtung, die Anzahl der Anspruchsberechtigten zu erweitern. Sie gehen vom Ist-Stand aus, und die Schwierigkeit beim Nachweis bliebe erhalten.
Es ist auch nicht realistisch, anzunehmen, dass es ge
rade einer Bundesratsinitiative aus Berlin gelingen soll, was der Opposition im Bundestag in der direkten Auseinandersetzung mit der Regierung nicht gelungen ist. Die Zielrichtung, die Opferentschädigung zu verbessern, teilen wir. Wir tun in Berlin eine Menge dafür, indem wir – trotz knapper Kassen – unter anderem weiterhin die Behörde des Berliner Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen finanzieren. Aus dem Bundesland Brandenburg ist mir keine Initiative der mitregierenden CDU bekannt, eine solche Einrichtung umzusetzen. Das kann man der FDP in Brandenburg nun wirklich nicht anlasten, aber da ich davon ausgehe, dass die CDU ihren Antrag unterstützen wird, gestatte ich mir diese Anmerkung. Wir jedenfalls halten die plakative Form Ihres Antrags für kein geeignetes Mittel, die Lage der Betroffenen tatsächlich zu verbessern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Henkel! Es ist ein Novum in diesem Hause, dass rot-rote Überlegungen zum 1. Mai durch Sie gewürdigt werden.
Dass Sie heute keine so große Freude daran hatten, diese Aktuelle Stunde durchzuführen, war durchaus zu merken. Aber ich kann Ihnen sagen: Motiviert ist die Polizei durch die Verläufe in den letzten drei Jahren zum 1. Mai und die Entwicklung, die kontinuierlich stattgefunden hat, durchaus. Unter CDU-Innensenatoren wirkten die Ergebnisse der jährlich wechselnden Konzepte eher demotivierend.
Es war ein langer Weg, der dann mit Krawallen weiterging, die auch damals schon zum Teil importiert waren, und auch mit einer Polizei, die damals das Wort Deeskalation entweder nicht kannte oder missinterpretierte und bei der es verpönt war. Dann zogen die Ereignisse in den Mauerpark, und die Krawalle Jahr für Jahr zogen mit.
Ein anderes Kapitel, das stärker politisch relevant ist, ist die jährliche NPD-Demonstration am 1. Mai. Es gibt kein Patentrezept, wenn wir das Versammlungsrecht ernst nehmen. Da heißt es auch immer wieder, in den eigenen Reihen zu überzeugen, dass auch Neonazidemos nicht ohne gerichtsfeste Gründe verboten werden können und ihre Route nicht einseitig durch die Versammlungsbehörde festzulegen ist. Auflagen der Behörde stoßen schnell an ihre Grenze, wie das Verwaltungsgericht auch in diesem Jahr wieder bewies. Es gibt ein aktuelles Urteil, das heute im Internet nachzulesen war, wo das Bundesverfassungsgericht das dem Neonazi Christian Worch selbst nachträglich noch umfassenden Rechtsschutz in Sachen Demonstrationsfreiheit zubilligt.
Trotzdem verstehen sicher viele den Frust der Einwohner in Lichtenberg und Hohenschönhausen, dass diese Aufmärsche fast ununterbrochen in ihrem Kiez stattfinden, denn meist sind sie durch rechte Jugendliche und so genannte Kameradschaften im Alltag schon genug geplagt. Die Bezirke machen auch eine Menge: Einwohner schließen sich zu antifaschistischen Bündnissen zusammen. In Hohenschönhausen gab es die erste Studie
Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht, und es wäre gut, wenn auch die CDU neben einigem, was sie bei der Auswertung dieses 1. Mai begriffen hat, auch begreifen würde, dass die so genannten revolutionären 1.-Mai
Demos schon in den letzten Jahren friedlich verlaufen sind. Deshalb gab es in diesem Jahr weder einen Grund noch eine Möglichkeit, sie zu verbieten, wie der Abgeordnete Henkel im Vorfeld martialisch forderte. Auch in diesem Jahr blieben die Aufzüge zahlreichen Unkenrufen zum Trotz gewaltfrei. Ich finde es richtig, dass die Demoabschlüsse trotz des „Myfests“ durch das Engagement der Bürgermeisterin in Kreuzberg selbst und nicht abseits vom Geschehen stattfinden konnten. Eines sollten wir auch nicht zulassen – dass das Recht der fröhlich Feiernden gegen das Recht, politisch seinen Unmut zu bekunden, ausgespielt wird.
zum Rechtsextremismus im Bezirk in Zusammenarbeit mit den mobilen Beratungsteams. Es gibt Konzerte gegen rechts und viele andere Aktivitäten. Durch die Aufmärsche und ihre Medienwirksamkeit fühlen sich die Menschen stigmatisiert.
Weil nach dem 1. Mai auch immer vor dem 1. Mai ist, müssen wir uns mit diesem sensiblen Thema besonders gründlich auseinander setzen. Wie kann die Polizei mit Protesten und Gegendemonstrationen so umgehen, dass sie das Versammlungsrecht schützt, aber gleichzeitig Bilder verhindert, die eine Dominanz der Neonazis auf der Straße vorgaukeln, weil kein Protest in ihre Nähe gelassen wird? Wie ist es möglich, verlässliche Absprachen mit den Gegnern der Neonazis zu treffen, damit der Aufstand der Anständigen nicht nur eine von der Bundesregierung einmal inszenierte Veranstaltung bleibt, sondern mit legalen Mitteln alltagstauglich auch am 1. Mai möglich ist? – Es gab in diesem Jahr erste Ansätze. Blockaden wurden gewaltfrei geräumt. Der Unmut gegen den Aufmarsch konnte artikuliert werden. Deshalb sind mir die später erfolgten Fehler eher schwer erklärlich, als beispielsweise doch ungezielt und mit großer Härte Festnahmen durchgeführt wurden. Deshalb möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, von hier aus dem Lichtenberger stellvertretenden PDS-Bezirksvorsitzenden Michael Stadler, dem dabei die Kniescheibe gebrochen wurde, meine Genesungswünsche auszusprechen.
Warum nach Flaschenwürfen, die aus der NPDKundgebung heraus auf Polizisten erfolgten, zum Schluss auch noch ein Wasserwerfereinsatz notwendig war, um den Aufmarsch noch eine Straßenecke weiter voranzubringen, obwohl klar war, dass er nicht zu Ende geführt werden kann, muss geklärt werden.
Wir müssen uns bewusst sein, dass bei aller Freude über das „Myfest“ in Kreuzberg und den verhältnismäßig friedlichen Verlauf des 1. Mais dort der erfolgreiche und sichtbare Protest gegen die NPD-Märsche die eigentliche Herausforderung ist. Eine wichtige Voraussetzung ist aus meiner Sicht die verbesserte Kommunikation. Um friedlichen Widerstand zu organisieren, braucht es Zeit, die in diesem Jahr nur begrenzt zur Verfügung stand. Ich halte es für einen Irrtum zu glauben, wenn man die Strecke nur lange genug geheim hält, dann bleiben Auseinandersetzungen aus. Diejenigen, die bereit sind, den Aufmarsch militant zu verhindern, werden immer schnell genug da sein. Es geht uns doch aber gemeinsam um die Bilder der Bewohner des Bezirks, die Alten und die Familien, die zeigen: Wir wollen hier keine Nazis, und wir sagen es denen auch. Das sind unsere Straßen und unser 1. Mai.
Der 1. Mai wird immer beides sein: politischer Kampftag und Feiertag. Wenn das friedlich zusammen geht und es uns in den nächsten Jahren immer besser gelingt, soll uns das recht sein.
Zum Schluss möchte auch ich ein Wort zum innenpolitischen Kollegen Wieland sagen, der uns hier und heute verlässt: In der Opposition, lieber Wolfgang, waren wir fast immer einer Meinung. Aber dass es uns gelungen ist, bei allem natürlichen Streit auch in den nun unterschiedlichen Lagern, immer da, wo es um Bürgerrechte ging, sehr häufig übereinzustimmen und miteinander auf derselben Seite zu sein, hat für einen Oppositionspolitiker – jetzt ein bisschen Pathos – durchaus Größe. Es waren spannende 13 Jahre mit dir, danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Apelt! Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass Sie die Opfer und Verfolgten und deren schlechte Behandlung ernster nehmen als die Flughafenposse, die wir vorhin erlebt haben. Insofern fand ich den Vergleich nicht sehr passend, und ich glaube, er ist auch nicht wirklich so von Ihnen gemeint. Sie wissen auch, dass Rentenrecht eben nicht als Strafrecht zu verwenden ist. Wir leben in einer Demokratie, wir mussten erkennen, dass ein Rechtsstaat nicht immer gerecht im richtigen Sinn für jeden einzelnen Menschen ist. Ich bin sicher, dass das eine Tatsache ist, die wir irgendwann auch einmal zur Kenntnis nehmen müssen.
Das ist die Botschaft, die wir heute nach außen senden. Wir sollten uns lieber dreimal überlegen, ob diese Botschaft auch für die Zukunft gelten soll.
Wir alle haben im letzten Jahr zum 50. Jahrestag des 17. Juni die große Rede unseres Bundespräsidenten, Herrn Rau, gehört. Dort hieß es: Wir müssen endlich für die Anerkennung der Lebensleistung dieser Opfer sorgen. – Auch das war, wie viele andere, nur eine Sonntagsrede. Es ist absolut nichts passiert, und die Gerechtigkeitslücke bleibt.
Die Realität ist teilweise noch viel tragischer. Die Häftlingsstiftung, die geschaffen worden ist, um die schlimmsten Fälle, insbesondere diejenigen. denen es wirklich schlecht geht, mit ein bisschen Geld zu versorgen, diese Häftlingsstiftung wird auf Antrag des Bundesinnenministeriums wahrscheinlich noch im Jahr 2005 abgeschafft. Das ist wieder eine wunderbare Botschaft an die Opfer.
Die Opferrente, die sozusagen im dritten SEDUnrechtsbereinigungsgesetz festgelegt werden sollte – dieses Mal eingebracht von der Fraktion der CDU/CSU –, ist von Rot-Grün abgelehnt worden. Die Aufnahme in das Gesetz für die Opfer politischer und rassischer Verfolgung, das, was wir für Berlin angedacht haben, um wenigstens eine kleine Lösung zu haben, ist von Rot-Rot abgelehnt worden. Was ich gestern wieder hörte, ist, dass auch der Antrag für eine eventuelle Bundesratsinitiative für die Zivildeportierten ebenfalls mit der Mehrheit von Rot-Rot abgelehnt worden ist. Da werden Menschen, denen wenig Gerechtigkeit in ihrem Leben widerfahren ist, noch einmal bestraft. Bei den Zivildeportierten handelt es sich um einen Sonderfall, das wissen wir. Aber auch da gilt: Was haben die Kinder, was haben die Frauen, die massenhaft 1945 verschleppt worden sind, also jene Zivildeportierten, die in Sibirien in Bergwerken gearbeitet haben und dort massenhaft umgekommen sind, was haben diese Menschen damit zu tun, dass man ihnen heute keine Gerechtigkeit widerfahren lässt? – Was haben sie damit zu tun, wenn heute das Bundesinnenministerium beschließt, die Häftlingsstiftung abzuschaffen, dass es jetzt auch nicht mehr möglich ist, wenigstens dort ein bisschen Geld für die Betroffenen herauszuholen?
Ich finde, wir sollten wenigstens denjenigen etwas Gerechtigkeit widerfahren lassen. Wenn wir – damit meine ich sozusagen die politische Klasse insgesamt – dabei versagen – und es ist in der Tat beschämend, was in diesem Land an dieser Stelle passiert –, dann sollte wenigstens politische Bildung, wie sie Herr Gutzeit mit seinen Mitarbeitern macht, etwas für Aufklärung sorgen, denn Aufklärung ist immerhin ein kleiner Teil von Wiedergutmachung. Mehr können wir nicht leisten. Vielleicht hilft
das dem einen oder anderen Menschen, wenn er das Gefühl hat, da hört einmal ein anderer zu, und wenn er das Gefühl hat, es gibt noch immer Menschen, die diese Ungerechtigkeit fühlen.
Bei diesem Besprechungspunkt dachte ich ja – aus meiner Sicht –, dass es wenige Kontroversen zwischen den Fraktionen dieses Hauses gibt. Denn wir haben entschieden – das haben wir gemeinsam getan –, dass das Amt des Landesbeauftragten eingerichtet wurde. Es wurde immer wieder verlängert, zuletzt bis in das Jahr 2007. Die Entscheidungen, die Lebenssituationen der Opfer der Staatssicherheit, aber auch der vielen, deren Lebenspläne brutal zerstört wurden, der vielen, die durch Haft und Verfolgung krank wurden, zu verbessern, wurden und werden auf Bundesebene getroffen. Je nach Beteiligung in Opposition oder Regierung werden die Schuldzuweisungen für Unzulängliches weitergegeben. Auch wenn ich immer noch finde, dass die zwei Unrechtsbereinigungsgesetze das alles unter der Kohl-Ägide hätten leisten können, was jetzt von der CDU Opposition mit einem dritten Unrechtsbereinigungsgesetz im Bundestag korrigiert werden sollte, haben wir wenig Einfluss darauf.
Die PDS hat sich auf Bundesebene stets sehr konstruktiv im Sinne der Opfer eingebracht, weil es auch ihre verdammte Pflicht und Verantwortung ist. Auch jetzt
Die Frage, die kritisch zu stellen ist, richtet sich an uns, an das Berliner Parlament und die politische Öffentlichkeit dahinter. Sie muss lauten: Wie gehen wir mit der Arbeit des Landesbeauftragten, seiner Mitarbeiter und der Initiativen, die ihn unterstützen, um? Welche Schlussfolgerungen ziehen wir aus ihren Vorschlägen? – Oder – weiter gefasst –: Wie gehen wir mit der verbrecherischen Vergangenheit der zweiten Diktatur in Deutschland, speziell in Berlin – auch in diesem Haus – um? – Die Frage stellt sich in der Tat. Ich werde auf ein aktuelles Vorkommnis Bezug nehmen, das mich zweifeln lässt, ob das in diesen Debatten stets weitgehend einvernehmlich Festgestellte im politischen Alltag tatsächlich ernst genommen und beherzigt wird.
In den Jahresberichten der vergangenen Jahre ist mehrfach das Schicksal verfolgter Schüler angesprochen worden. Immer wieder wurde eine gesetzliche Besserstellung dieser Opfer des Sozialismus angemahnt, doch geschehen ist bis heute in dieser Richtung nichts. In jedem Bericht der letzten Jahre ist auf ein vereinfachtes Verfahren der Anerkennung gesundheitlicher Schäden aus erlittener politischer Haft unter den oft menschenverachtenden Bedingungen der DDR-Gefängnisse gedrungen worden. Bis heute ist in dieser Beziehung nichts für die traumatisierten Opfer zum Besseren gewendet worden.
haben unsere beiden Abgeordneten zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht der Abgeordneten Vaatz und anderen aus der Fraktion der CDU/CSU einen Änderungsantrag zum strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz eingebracht, das aus unserer Sicht einer großen Gruppe hätte helfen können. Und zwar real. Darin geht es um die Anerkennung der Haftfolgegesundheitsschäden, die unser Landesbeauftragter zu Recht in jedem seiner Berichte skandalisiert. Die Einführung einer Vermutungsregelung, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen nachgewiesener Haftverbüßung aus politischen Gründen und feststellbaren Gesundheitsschäden einer oft unmöglichen Beweisführung entzieht, wäre eine vernünftige Regelung gewesen. Wie wir wissen, ist dieses Dritte Gesetz nicht verabschiedet worden.
Aber es gibt auch Positives zu berichten. So wurden im Jahr 2003 für die beiden bestehenden Gesetze die Antragsfristen um vier Jahre bis zum Jahr 2007 verlängert, und auch die Ausgleichsleistungen des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes wurden erhöht.
Zehn Jahre nach Gründung der Behörde des Berliner Landesbeauftragten sind viele Probleme unverändert. So haben viele Menschen noch immer keinen Antrag auf Rehabilitierung gestellt und brauchen dabei Rat und Hilfe. Es gibt immer wieder Einzelschicksale, die Gerechtigkeitslücken deutlich machen und einer persönlichen Betreuung bedürfen. Gerade in Fragen der beruflichen Rehabilitierung gibt es noch sehr viel Unkenntnis, sowohl auf Seiten der Betroffenen, als auch auf Seiten von Gerichten und Behörden.
Zu den Aufgaben der Landesbehörde zählt auch die politische Bildung, die in Anbetracht der oft peinlichen Ostalgie-Shows – so empfand ich sie jedenfalls – sicher notwendiger denn je ist. Ebenso gehört zu den Aufgaben die Förderung von Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen. Als Beispiel nenne ich die RobertHavemann-Gesellschaft, die mit zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen und einem sehr guten Internetauftritt aktuelle Bestände der Archive, Arbeitsergebnisse, Publikationen und Bildungsangebote veröffentlicht. Auch die dortigen Zeitzeugengespräche werden von den Besuchergruppen mit großem Interesse angenommen.
Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass diese Arbeit geleistet werden muss und geleistet wird. Die Koordinierung dieser Arbeit wird vom Berliner Landesbeauftragten Martin Gutzeit gut geleistet. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Garstka! In der Eigenschaft als Vorsitzende des Unterausschusses Datenschutz möchte ich die Gelegenheit unserer Beschlussempfehlung nutzen, um mich bei den Mitgliedern unseres kleinen Ausschusses zu bedanken, bei Ihnen Herr Dr. Garstka – da kann ich mich der Präsidentin nur anschließen – und ebenso bei Ihrem Haus für die fachkundige Begleitung. Aber auch bei Herrn Baer, unserem Ausschussassistenten, bedanke ich mich,
denn wir agieren ab und zu etwas unorthodox. Ich halte es wie die Vorsitzende des so viel größeren und gewichtigeren Hauptausschusses, weil wir eines gemeinsam haben: Wir sind mit allen Bereichen der Berliner Verwaltung befasst, und das ist nicht immer eine Freude. Es muss aber deutlich festgehalten werden, dass der Stellenwert des Datenschutzes in den letzten Jahren zugenommen hat
Das kann man wahrlich nicht sagen! –, dass er ernster genommen wird und die meisten Verwaltungen es sich inzwischen schon überlegen, dass es ihnen nützt, den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sehr frühzeitig in ihre Überlegungen einzubeziehen. Deshalb ist unsere Beschlussempfehlung auch übersichtlich ausgefallen, weil es sehr häufig gelungen ist, im Rahmen der Debatten und der Verhandlungen Beanstandungen in Sachen Datenschutz gemeinsam mit den Verwaltungen aus der Welt zu schaffen. Dazu trägt auch bei, dass die Auseinandersetzung mit den Sachfragen in diesem Ausschuss kurioserweise deutlich vor parteipolitischen und sonstigen Differenzen steht. Kurios nenne ich es deshalb, weil Datenschutz und auch Informationsfreiheit keine technokratischen, sondern hoch politische Themen sind. Umso mehr freue ich mich, dass wir es alle mit großer Ernsthaftigkeit und Kritikfähigkeit gegenüber Verstößen behandeln. Ich kann es mir nur so erklären, dass die Befassung mit einem Thema, das leider immer weniger Bürgerinnen und Bürger zu bewegen scheint, die Augen für die zunehmenden Gefahren der Informationsgesellschaft schärft. Wenn wir im Berliner öffentlichen Dienst nicht mit gutem Beispiel vorangehen, werden wir uns der Zumutungen aus der privaten Wirtschaft immer weniger erwehren können. Ich denke an die zunehmende Privatisierung des öffentlichen Raums, die wir an jedem kommerziellen Gebäude feststellen können, wo Kameras nicht nur den Eingang und das Gebäude erfassen. Ich denke auch an weitere Zumutungen, die in Vorbereitung sind, wie beispielsweise elektronische Chips in der Schuh- und Textilbranche, die an den Erzeugnissen belassen und nicht
im Kaufhaus entfernt werden. Man kann sich vorstellen, in welchem Maße Informationen über Kundinnen und Kunden gesammelt werden. Ich denke auch an immer mehr Rabattkarten für den „gläsernen Kunden“ und an die gefährlichen Schlupflöcher im Internet.
Im Unterausschuss „Datenschutz und Informationsfreiheit“ werden – und davon spricht unsere Beschlussempfehlung – auch die heiklen Sicherheitsbelange nicht ausgespart. Wenn wir über Dinge so konkret reden wie in unserem Ausschuss, habe ich bei keiner Partei den Eindruck, dass die Grund- und Freiheitsrechte keinen Stellenwert hätten.
Für die Zukunft wünsche ich mir weiterhin diese gute Zusammenarbeit, auch viele Konsensbeschlüsse um des Datenschutzes und der Informationsfreiheit willen sowie auch in der Zukunft einen engagierten und streitbaren Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Allzu viele Sorgen mache ich mir um die Erfüllung dieser Wünsche nicht. – Danke schön!
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat den Verlauf des rechtsextremistischen Aufzuges vom 6. Dezember 2003 unter polizeilichen Gesichtspunkten – Festnahmen etc. –?
2. Wie ist diese Demonstration nach Auffassung des Senats in das rechtsextremistische Demonstrationsgeschehen einzuordnen?
Herr Senator! Ist Ihnen bekannt, aus welchen Bevölkerungsteilen sich die Vielzahl von Gegendemonstrationen zusammengesetzt hat?
Herr Senator! Verstehen Sie das Bedürfnis der friedlich Demonstrierenden, ihre Kritik für die Kritisierten sichtbar und hörbar zu artikulieren?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich die Große Anfrage sah, hat sich bei mir die Freude ziemlich in Grenzen gehalten. Das hat nichts damit zu tun, was Sie heute gesagt haben, Herr Ritzmann! Deswegen war Ihr Angriff gegen mich, dass ich Sie nicht ernst nehme – –
Auf all dies – wie vom Innensenator geschildert – hat der Senat versucht in übergreifenden Programmen Einfluss zu nehmen. Ich meine im Übrigen auch, dass die Berliner Landeskommission wesentlich besser dazu in der Lage ist, konkret Problemfelder aufzuzeigen und Handlungsoptionen nicht nur für die Polizei zu entwickeln, als es jede Kriminalstatistik kann. Wir wissen zwar, dass sich gerade Jugendgruppengewalt in besonderer Weise auf das Sicherheitsgefühl der Menschen in der Stadt auswirkt – oft auch in subjektiver Weise –, es ist aber auch bekannt, dass es sich bei den so genannten Intensivstraftätern in diesem Bereich – und das ist heute von vielen Seiten gesagt worden – um eher wenige handelt, wobei dann die Vielzahl von deren Taten sehr oft die Statistik in die Höhe treibt.
Schauen wir uns die Statistik an und vergleichen das erste Halbjahr 2002 und 2003, so ergibt sich in diesem Bereich folgendes Bild: Raub – minus 6,5 %, Körperverletzung – minus 22,01 %, Bedrohung – minus 56,6 %. – Das ist selbstverständlich auch auf die intensive Arbeit entsprechender Sondergruppen der Polizei, die heute ebenfalls bereits angeführt worden sind, zurückzuführen. Wir sind eben nicht in einer Hauptstadt der Gewalt, und wir werden es auch nicht sein. Es gibt – wie gesagt – keinen Grund für eine Skandalisierung.
Herr Ritzmann! Deshalb findet es auch meine Fraktion wünschenswert, dass es im Rahmen der Prävention möglich wäre, ohne rechtliche Konsequenzen Waffen von Jugendlichen einzusammeln – in dem von Ihnen vorgeschlagenen Modell oder auch anders, aber in jedem Fall so, dass dadurch keine Repressionen für die Abgebenden entstehen. Ich weiß auch, dass die Senatsverwaltung für Inneres weiter mit diesem Thema beschäftigt ist, es aber im Moment noch Hindernisse gibt, die nicht in diesem Bereich liegen.
Zur Gewalt auf den Schulhöfen hat die Landeskommission gegen Gewalt eine ziemlich gute Analyse erarbeitet, die einen Handlungsrahmen für das Parlament und den Senat eröffnen kann. Sie macht auch deutlich – und das ist eine der Kernaussagen in dieser Studie –, dass ein verändertes Anzeigeverhalten für die Erhöhung der Zahlen von großer Bedeutung ist. Das gilt wohl generell für große Teile der Kriminalstatistik, wo die Zahlen in einzelnen Deliktbereichen signifikant ansteigen.
Zum Schluss möchte ich noch mit der CDU-Legende aufräumen, dass Straftaten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund viele Jahre nicht in Statistiken auftauchen durften und dass Tatsachen von uns verdrängt wurden. Ich bin seit etlichen Jahren in diesem Parlament. Die Spitzenmeldungen jedes CDU-Innensenators bei der Vorstellung der jährlichen Kriminalstatistik war immer der hohe Anteil von Ausländerkriminalität, der zu so großen Besorgnissen Anlass gab. Dass irgend etwas unter den Teppich gekehrt worden ist, ist mir in all den Jahren Ihrer CDU-Innensenatorschaft nicht zu Ohren gekommen. Gewehrt haben wir uns dagegen, dass die Bewertung der Statistik völlig undifferenziert war, da auch die vielen Straftaten gegen das Ausländerrecht, die von keinem Deutschen begangen werden können, damals gern dazu gezählt wurden. Das hat nichts damit zu tun, dass wir Probleme in diesem Bereich nicht sehen. Wir sehen auch: Natürlich sind die Probleme der Preis, den diese Stadt für eine verfehlte Integrationspolitik über viele Jahre zu zahlen hat. Wir müssen zusehen, dass wir einen anderen Weg einschlagen, um die Situation zu verändern. Ich denke, dass für diesen Preis insbesondere die CDU und gerade ihre fehlende Integrationspolitik in den letzten Jahren die Verantwortung trägt. – Danke schön!
Es wird auch nicht darum gehen können, immer mehr Geld für bestimmte Interventionsmöglichkeiten von Jugendämtern und freien Trägern zu verausgaben, sondern es muss darum gehen, Kräfte zu bündeln und zielgerichtet Maßnahmen auf diesen Personenkreis zu konzentrieren.
Dasselbe gilt selbstverständlich für die Polizei. Wenn das auch immer wieder gern kolportiert wird, so trifft es dennoch nicht zu: Es gibt zwar in Berlin durchaus angstbesetzte Zonen, aber keine Kieze, in die sich die Polizei nicht hineintraut. Nehmen wir das Beispiel Rollbergviertel, das immer wieder in den Medien genannt wird! Es gibt dort eher eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Polizeiabschnitt, Kiezmanagement, vielen Trägerstrukturen und den Bewohnerinnen und Bewohnern. Dieses Maß an Lebensqualität unter schwierigsten Bedingungen hat allerdings – und das muss man auch ehrlich sagen – einen hohen Preis durch diese große Anzahl von soziokulturellen Knotenpunkten, die das Netzwerk zusammenhalten und die natürlich finanziert werden müssen.
Menschen zu motivieren, aus sich heraus Verantwortung für ihr Umfeld zu übernehmen, ist nicht nur unter dem Berliner Spardruck notwendig, sondern auch die notwendige Antwort auf eine sich verändernde Gesellschaft, die nicht nur auf Sozialarbeiter und Polizei setzen kann, wenn es darum geht, Jugendkriminalität zurückzudrängen bzw. zu verhindern, dass sie entsteht. Dabei muss auch mitgedacht werden, was zahllose Studien beweisen und was auch heute bereits gesagt wurde – aber man kann es wohl auch nicht oft genug sagen, vor allem zu der einen Seite hin: Für die Mehrzahl jugendlicher Straftäter bleibt Kriminalität eine Episode. – Das bedeutet auch, dass es nicht um Strafverschärfung geht, sondern um die bereits angesprochene Konzentration auf eine enge Zusammenarbeit, nämlich die Verzahnung von Polizei, Justiz und Jugendbereich. Auch dazu sind bereits reichlich Fakten genannt worden. Da sind Berlin und dieser rot-rote Senat auf einem guten Weg.
Wenn insgesamt nicht von einer erheblichen Zunahme von Jugendgewalt in Berlin gesprochen werden kann, so müssen dennoch bestimmte Tendenzen gründlich analysiert werden. Die sind zum Teil alarmierend. Da ist zum einen die signifikante Zunahme von Gewaltvorfällen an Berliner Schulen und die Tatsache, die auch Herrn Ritzmann besonders umtreibt, dass nämlich die Verschärfung des Waffenrechts offensichtlich nach wie vor eine erhebliche Dunkelziffer an Waffenbesitz nicht verhindern kann. Von Dunkelziffer ist deshalb die Rede, weil auch in diesem Bereich die bereits genannte Statistik zwar starke Rückgänge verzeichnet, aber man z. B. in Gesprächen mit Polizeibeamten immer wieder hört, dass in bestimmten Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Jugendgruppen Messer nach wie vor einen hohen Stellenwert besitzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war zu erahnen, dass diese Debatte dazu genutzt wird, noch einmal Rundumschläge zu verteilen. – Über die Verurteilung des von Finanzsenator Sarrazin gezogenen Vergleichs, kritische Eltern gebärdeten sich so, als schickte man ihre Kinder ins Konzentrationslager, sind alle im Hause sich einig. Das hat die Koalition deutlich gesagt, so deutlich wie die Opposition. Als wir im Ältestenrat verabredeten, die Fragestunde dafür zu nutzen, den Senator nach dem Senat und der Öffentlichkeit auch im Parlament die Gelegenheit zu geben, sich für diese Entgleisung zu entschuldigen, dachte ich ebenfalls, wir seien uns einig, dass es nicht hilfreich sein kann, dieses unerfreuliche Thema über den Medienwirbel hinaus noch parteipolitisch auszuschlachten. Das Parlament ist auch nur schwer als Ort für psychologische Beurteilungen geeignet, deshalb hätte ich mir diese Debatte gern erspart.
Dann sollten Sie die beiden Beispiele, die ich Ihnen genannt habe, die ich auch ausführlich zitieren kann, einfach widerlegen. Ich nehme dann sofort jede Äußerung in dieser Richtung zurück.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wieland, ich bin in keiner Weise beleidigt bei diesen Anträgen, zumal da eine relativ große Übereinstimmung an bestimmten Stellen zu verzeichnen ist.
Ich bin öfter einmal beleidigt bei anderen Anträgen, nämlich da, wo die Bundesregierung mit den Grünen so hohe Schranken gesetzt hat – teilweise im Ausländerrecht – und wir vorneweggejagt werden. Da bin ich dann beleidigt, heute nur vergrippt.
Die Überschriften der fünf Grünen-Anträge beginnen mit der Forderung nach mehr Liberalität in Berlin. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht von uns in Berlin behaupten, dass es hier tatsächlich ein Mehr an Liberalität
gibt, als es beispielsweise in manchen Sicherheitsgesetzen des Bundes und anderer Bundesländer zu finden ist.
Er wird umgesetzt. Zurzeit läuft ein Modellversuch. Ich denke, darüber sollten wir uns im Ausschuss von der Polizeiführung berichten lassen. Dass das gesamte Projekt nicht so schnell umzusetzen ist, wie wir es auch gewünscht haben, muss auch Ihnen einleuchten. Wir haben eine umfassende Strukturreform bei der Polizei, wir haben einen neuen Ansatz bei Großlagen, nämlich Deeskalation als Einsatzphilosphie, und all dies wäre niemals gegen den Willen der Polizistinnen und Polizisten möglich gewesen. Wir müssen Mitarbeiter an solchen Stellen mitnehmen. Wir wissen, dass der Widerstand der Gewerkschaften und Personalvertretungen gegen die Kennzeichnung so irrational wie massiv ist. Da halte ich es nicht für verkehrt, zuerst einen einvernehmlichen Weg zu suchen, zumal sich der Polizeipräsident eindeutig für eine Kennzeichnung ausgesprochen hat.
Ihren dritten Antrag verstehe ich nicht ganz, weil ich davon ausgehe, dass in Berlin das Versammlungsgesetz gilt und das im Gegensatz zu CDU-Senatoren von Senator Körting auch niemals in Frage gestellt wurde.
Wenn Sie in Ihren Beispielen auf Lagen anlässlich von Staatsbesuchen eingehen, denke ich fast, dass an dieser Stelle auch noch einmal die Frage des Hauptstadtsicherheitsvertrags aufgeworfen werden sollte, der, in ausrei
Ich möchte mich hier inhaltlich auf die Schleierfahndung konzentrieren, weil sie aus unserer Sicht der gravierendste Eingriff ist. Man hat sich von dieser Maßnahme viel versprochen, aber selbst die Befürworter müs
sen doch eingestehen, dass es sehr viel Lärm um fast nichts gewesen ist.
Aus bürgerrechtlicher Sicht war es schnell klar, dass hier riesige Bedenken vorherrschen müssen: verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen. Tausende von Bürgern werden einfach mal kontrolliert. Und was springt dabei heraus? – Natürlich auch ein paar Strafanzeigen. Wer das allerdings in einer freiheitlichen Gesellschaft für sinnvoll hält, möchte vielleicht auch, dass regelmäßig Hausdurchsuchungen in Problembezirken durchgeführt werden. Die Absurdität dieses Vorschlages erschließt sich ja selbst. Aber ich glaube, das möchte ja nicht einmal die CDU hier beantragen. – Das Ziel, die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen, hat die Schleierfahndung nicht erreicht. Deswegen muss sie letzten Endes auch abgeschafft werden.
Die Alternative der FDP sieht wie folgt aus: Wir fordern einen verstärkten Einsatz der Polizei in den Kriminalitätsschwerpunkten mit einer bürgernahen Polizei, die auch durch Fußstreifen präsent ist.
Damit erreichen wir nämlich zweierlei, Herr Kollege Trapp. Auf der einen Seite stärken wir das subjektive Sicherheitsgefühl, es ist Polizei wirklich vor Ort. Ich sehe einen Polizisten, ich könnte ihn ansprechen, wenn etwas passiert. Auf der anderen Seite würde das zu einer wirklichen Verbesserung der objektiven Sicherheitslage führen. Das sind unsere Vorschläge. Sie sind aus unserer Sicht auch viel besser geeignet, um eine wirkliche Verbesserung der Sicherheitslage herbeizuführen.
chender Höhe umgesetzt, die Lage der Berliner Sicherheitsbehörden sicher auch im gewünschten Maße entspannen würde. Wenn es da Überreaktion gibt, dann sind sie auch einer gewissen extremen Forderung in diesen Einsatzlagen geschuldet.
Mit Ihrem vierten Antrag wollen Sie die Rasterfahndung eingrenzen. Und auch bei der Rasterfahndung sprechen die Ergebnisse, wie sie jüngst von Schily vorgestellt wurden, für sich. Ausschließlich alle Treffer im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung sind mit herkömmlichen kriminalistischen Methoden erreicht worden. Im Gegenteil, die massenhafte Datenflut im Zusammenhang mit der Rasterfahndung hat sehr viel kriminalistisches Potential gebunden. Es ist sicher angemessen, eine solche Maßnahme als Ultima Ratio anzusehen und dies auch in der gesetzlichen Bindung so zu formulieren. Man muss realistischerweise davon ausgehen, dass die Maßnahme im Wesentlichen einen psychologischen Aspekt hat. Ich gebe nur einmal zu bedenken, wenn sich Berlin als einziges Bundesland nach dem 11. September dieser Maßnahme verschlossen hätte und es wäre etwas passiert – davon ganz abgesehen, dass man das man mit der Maßnahme nicht verhindert hätte –, wäre das Sicherheitsempfinden der Menschen dieser Stadt noch einmal erheblich beschädigt worden. Und es liegt aus meiner Sicht auch da bei der Bundesregierung, diese Maßnahme ernsthaft auf den Prüfstand zu stellen, weil ich denke, da kann kein einzelnes Bundesland die Entscheidung für sich allein treffen. Sie haben hier auch nur eine Einschränkung, nicht eine Abschaffung vorgeschlagen. Wir werden uns die Dinge genau ansehen.
Über Ihren letzten Antrag – keine Fahndung mit verdeckten SMS – erinnere ich nur an den Datenschutzausschuss. Es gibt offensichtlich mindestens drei unterschiedliche Rechtsauffassungen. Es ist darum gebeten worden, eine rechtliche Stellungnahme durch die Innen- und Justizverwaltung vorzubereiten. Lassen Sie uns die einfach abwarten. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, bis zu der Rede von Herrn Henkel hatte diese Veranstaltung sehr viel Sinn, weil wir uns gemeinsam in diesem Haus verständigen konnten, was uns heute nach 50 Jahren der 17. Juni bedeutet. Sie haben Behauptungen aufgestellt, die gänzlich jedes Hintergrunds entbehren, beispielsweise kein einziges Zitat aus dem Papier der Historischen Kommission der PDS gebracht. Gerade dort wird sehr ernsthaft das vorliegende Material ausgewertet. Und es kommt für diese Partei zu überraschenden neuen Ergebnissen, die keineswegs von allen so goutiert werden, die aber tatsächlich einen Riesenschritt nach vorne in der politischen Beurteilung darstellen.
Zum Thema SED-Unrechtsbereinigungsgesetz: Die ersten beiden Fassungen sind unter der Ägide von Kohl entstanden, und sie sind so mangelhaft, wie sie sind. Sie hätten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich den Opfern in einer anderen Art und Weise anzunähern, als sie es zu ihrer Regierungszeit getan haben. Das gilt übrigens auch für die große Koalition, in der Sie die stärkste Fraktion gestellt haben. Sie hätten alle Zeit und alle Gelegenheit der Welt gehabt, Ihren Willen kundzutun, vernünftige Gesetze für die Opfer ins Leben zu rufen.
Ich sehe also die gerade Linie von 1953 bis 1989 nicht, sondern der Herbst 1989 war für den Moment die Emanzipation der DDR-Bürgerinnen und -Bürger und deshalb der Ausgangspunkt für eine neue Sicht auf den 17. Juni. Sie haben sich von ihrem vormundschaftlichen Staat befreit, für dessen Funktionäre ein Arbeiteraufstand in ihrem Einflussbereich nur von Faschisten fremdbestimmt sein konnte, denn sie waren ja höchstpersönlich die Arbeitermacht. Sie haben sich aber auch von den fürsorglichen Sonntagsreden für die armen Brüder und Schwestern in der Ostzone befreit und konnten den 17. Juni als ihre Leistung und ihre Geschichte annehmen. Ich wünschte, sie würden es tun. – Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Mitglieder der SED sowohl Streikführer waren als auch an der Niederschlagung des Aufstands beteiligt waren. An einen dieser Streikführer, Heinz Brandt, ist ja erinnert worden. In der Folge des 17. Junis sind tausende Menschen aus der Partei ausgeschlossen worden.