Protocol of the Session on May 13, 2004

Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Dies ist die erste Plenarsitzung nach dem 1. Mai. Wenn man die letzten 17 Jahre 1. Mai in Kreuzberg und den Verlauf des diesjährigen 1. Mais betrachtet, müsste man zur Aktualität des Themas kaum noch etwas sagen. Ich möchte Ihnen aber dennoch einige Argumente vortragen, warum wir heute mit Ihnen darüber diskutieren wollen.

Die Berichterstattung zum diesjährigen 1. Mai spart nicht mit Lob für die gelungene Einsatzkonzeption der Polizei, für das Engagement der Bezirksbürgermeisterin von Kreuzberg und der Organisatoren des „Myfestes“ in Kreuzberg – zu Recht!

Was hier geleistet wurde, ist in der Bundesrepublik einmalig und vorbildlich. Es ist nicht nur überaus aktuell, sondern auch geradezu ein Gebot der Redlichkeit gegenüber einem Polizeipräsidenten, den Sie von der CDU nicht haben wollten, gegenüber einem Innensenator, den Sie, liebe CDU, ein Sicherheitsrisiko genannt haben, und gegenüber dem zivilgesellschaftlichen Engagement, das Sie nie ernst genommen haben, diese geleistete Arbeit im Rahmen einer Aktuellen Stunde ausführlich zu würdigen.

Präsident Momper eröffnet die Sitzung um 13.03 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 51. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle sowie die Vertreter der Medien sehr herzlich.

Wir haben heute einige Geburtstagskinder unter uns. Der Abgeordnete Wolfgang Brauer von der CDU der PDS hat heute seinen 50. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

[Allgemeiner Beifall]

Alles Gute, gute Gesundheit, Herr Brauer!

Dann hat der Abgeordnete Dr. Heide von der Fraktion der CDU Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Dr. Heide!

[Allgemeiner Beifall]

Alles Gute, Gesundheit!

Und schließlich hat der Abgeordnete Andreas Pape aus der Stadt Bremen Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Pape! Alles Gute, Gesundheit!

[Allgemeiner Beifall]

Ich habe einiges Geschäftliche mitzuteilen. Als neuen Abgeordneten der Fraktion der SPD in der 15. Wahlperiode begrüße ich den wieder in das Abgeordnetenhaus eingerückten Kollegen Prof. Dr. Holger Rogall. Herr Rogall, herzlich willkommen, auf gute Zusammenarbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Am Montag sind vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen, und zwar

1. Antrag der Fraktion der SPD und der PDS zum Thema: „1. Mai in Kreuzberg – Engagement der Anwohner und Polizeikonzept haben sich bewährt“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Konzeptionsloser und durchsetzungsschwacher Senator Flierl – Berlins Potentiale in Wissenschaft und Kultur werden verspielt“,

3. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Steuerschätzung führt zu neuem Haushaltsloch – doch der Senat sperrt sich weiter gegen Privatisierungen!“,

4. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Berlins Zukunft in einem gemeinsamen Bundesland – Fusion Berlin-Brandenburg aktiv betreiben!“.

Im Ältestenrat konnten wir uns auf ein gemeinsames Thema nicht verständigen. Die Fraktion der FDP und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben inzwischen ihre Themen für die Aktuelle Stunde zurückgezogen. Nun rufe ich die übrig gebliebenen Fraktionen zur Begründung der Aktualität auf. Für die PDS hat der Kollege Udo Wolf das Wort zur Begründung der Aktualität. – Bitte schön, Herr Kollege Wolf!

[Beifall bei der PDS, der SPD und den Grünen]

Dieser Erfolg wäre ohne den Paradigmenwechsel in der Berliner Innenpolitik – Stichworte wie Deeskalationsstrategie und Zivilgesellschaft stärken – nicht denkbar.

[Dr. Lindner (FDP): Wo ist denn der Herr Over heute?]

Das ist ein Erfolg der Kreuzberger Bürgerinnen und Bürger, der Berliner Polizei, des Polizeipräsidenten, des Innensenators und dieser Koalition, die beharrlich über drei Jahre eine vernünftige Konzeption entwickelt haben und weiter entwickelt haben, die nicht nur am 1. Mai, sondern auch bei anderen Großlagen erfolgreich war.

[Beifall bei der PDS, der SPD und den Grünen – Henkel (CDU): Sagen Sie doch gleich, worüber Sie reden wollen!]

Es ist schon bemerkenswert, dass, während in den Medien der Erfolg gefeiert und fast nur noch die Frage diskutiert wird, ob das schon der Durchbruch ist, ausgerechnet die Koalition noch die kritischsten und damit auch selbstkritischen Fragen zu Details von Polizeieinsätzen stellt. Denn kaum etwas ist so gut, dass es nicht noch besser gemacht werden kann.

Und so hervorragend und intelligent die Polizeieinsatzkonzeption in Kreuzberg war, in Lichtenberg rund um den Naziaufmarsch funktionierte das Verhältnis von Zivilgesellschaft und Polizei nicht so, wie wir uns das gewünscht hätten. Jeder Naziaufmarsch in Berlin ist unerträglich, sie sind aber versammlungsrechtlich und polizeilich nicht zu verhindern. Dass der Naziaufmarsch quasi im Anschluss an die OSZE-Konferenz zu Antisemitismus stattfand, macht es aktuell noch schlimmer. Um so wichtiger ist es zu diskutieren, wie zivilgesellschaftlicher Protest gegen solche Aufmärsche gestärkt werden kann, wie die Kommunikation zwischen Polizei und Protestierenden

Wolf

Bei aller Polemik zwischen konkurrierenden Parteien, zwischen Opposition und Regierung will ich an dieser Stelle auch sagen, dass die Unterstützung im Grundsatz, in Bezug auf Deeskalationsstrategie und Polizeikonzeption durch Wolfgang Wieland und seine Kritik in der Sache eine wichtige Hilfe für den erzielten Erfolg war. Wir hätten es auch ohne ihn so gemacht, aber mit ihm war es einfacher.

Da die Aktualität dieses Themas von niemandem ernsthaft zu bestreiten ist, bitten wir um Ihre Zustimmung. – Danke!

Danke schön, Herr Kollege! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr Frau Grütters das Wort zur Begründung der Aktualität. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zwei Anmeldungen zur Aktuellen Stunde werden heute diskutiert. Die Regierungsfraktionen – wir haben es gerade gehört – wollen am 13. Mai über den 1. Mai reden, und sie wollen ihn natürlich schönreden.

Wir halten es dagegen für dringend geboten, Herr Gaebler, das erschreckende Versagen des Kultur- und Wissenschaftssenators zu debattieren.

verbessert werden kann, Überreaktionen und Konflikte auf beiden Seiten besser vermieden werden können, wie wir den Nazis den Spaß am Demonstrieren in Berlin verderben können.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Weil bekanntermaßen nach dem 1. Mai auch vor dem 1. Mai ist, wollen wir aber auch von der CDU wissen, ob sie endlich etwas dazugelernt hat, ob sie ihrerseits aktuell und zukünftig bereit ist, aus dem Ritual der letzten 17 Jahre auszubrechen. Es ist schon erstaunlich, wie der Kollege Henkel von der CDU versucht hat, in seiner ganz eigenen Vorstellung von Geschmeidigkeit auf die Seite der Gewinner des 1. Mais zu wechseln. Im letzten Jahr hat er noch die Wahnvorstellung, nicht in Kreuzberg, sondern in Beirut zu sein,

[Borgis (CDU): Begründung!]

erklärte die Deeskalationsstrategie für gescheitert.

[Braun (CDU): Das ist eine Rede zur Sache!]

In diesem Jahr, ganz aktuell, trompetete er vor dem 1. Mai in die Welt, der Innensenator und einflussreiche Kreuzberger PDS-Politiker würden den Leipziger Platz der Randale ausliefern, und ähnliche von Sachkenntnis ungetrübte Katastrophenszenarien. Und immer die gleiche Leier: Demonstrationsverbote müssen her! – ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass die Demonstrationen schon im vergangenen Jahr friedlich blieben. Und auch aktuell nach dem 1. Mai kein: Oops, Entschuldigung, ich habe mich geirrt! – Stattdessen die etwas dreiste Behauptung, Innensenator und Polizei hätten endlich seine Forderung aufgenommen, und deshalb sei es so gut verlaufen. Wollen Sie uns eigentlich veralbern? – Wir wollen von Ihnen heute wissen, ob Sie tatsächlich endlich etwas gelernt haben oder wir uns auch 2005 wieder darauf vorbereiten müssen, dass Sie die Randale herbeireden.

[Beifall bei der PDS, der SPD und den Grünen]

Zur Aktualität gehört auch, dass dieser 1. Mai in Berlin vorläufig der letzte ist, den der Kollege Wolfgang Wieland in der Funktion eines Berliner Innenpolitikers auswerten kann. Er verlässt dieses Haus in eine ungewisse Zukunft.

[Heiterkeit bei der PDS]

Er gehört zu den wenigen in diesem Hause, die wie ich den 1. Mai in Kreuzberg seit 1987 jährlich live und in Farbe erlebt haben. Wir geben ihm zum Abschied Gelegenheit, zu einem Thema zu sprechen, von dem er im Unterschied zur CDU wirklich etwas versteht.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU]

Auch auf die Gefahr hin, dass daraus eine brandenburgische Wahlkampfrede wird, in Sachen Innenpolitik und 1. Mai schulden wir ihm Dank.

[Beifall bei der PDS und der SPD – Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

[Beifall bei der PDS und der SPD – Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

[Beifall bei der PDS, der SPD und den Grünen]