Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 33. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.
Bevor wir mit unseren Beratungen beginnen, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen und bitte Sie, sich zu erheben.
Gestern erreichte uns die Nachricht, dass Herbert Kowalewsky am vergangenen Freitag im Alter von 96 Jahren gestorben ist. Er hat dem Abgeordnetenhaus von Berlin drei Wahlperioden von 1959 bis 1971 angehört. Auch wenn viele von Ihnen ihn nicht mehr kennen werden, sollten wir uns seiner erinnern.
Herbert Kowalewsky gehörte zu jenen Abgeordneten, die heute in den Parlamenten kaum noch vertreten sind: Er war Industriearbeiter und ein Gewerkschafter aus der alten Arbeiterbewegung.
Der gelernte Dreher wusste, wie es ist, wenn man täglich acht Stunden – und länger – an der Werkbank steht. Er hat jahrzehntelang als Dreher gearbeitet und kannte die Sorgen und Probleme der Kollegen in den Werkhallen. Auch als Parlamentarier blieb er den Arbeiterkollegen eng verbunden.
Seit 1948 war er Betriebsratsvorsitzender der Firma Flohr-Otis in Tegel, auch heute immer noch einer der Vorzeigebetriebe der Berliner Industrie. Herbert Kowalewsky zählte zu jenen führenden Gewerkschaftern im Westberlin der 50er und 60er Jahre, die einerseits die Hauptlast im Kampf gegen die Bedrohung der Freiheit durch die Sowjetunion und durch die DDR – ich nenne nur die Stichworte Blockade, Chruschtschow-Ultimatum und Mauerbau – zu tragen hatten, und zugleich die Abwanderung der Industrie nach Westen verhindern oder wenigstens bremsen wollten und mussten. Ohne den zähen Kampf der Gewerkschafter und Arbeiter in den Betrieben wäre Westberlin an innerer Auszehrung zugrunde gegangen.
Herbert Kowalewsky war seit 1925 Sozialdemokrat. 1945 war er bei der Neugründung der SPD in Waidmannslust und Tegel dabei. Er gehörte zu den führenden Sozialdemokraten in Reinickendorf.
Für seine Verdienste ist Herbert Kowalewsky mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Das konnte nur eine bescheidene Anerkennung sein.
Drucksache 15/420 über Berücksichtigung der Situation Alleinerziehender, die im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis sind, bei Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis zurückgezogen.
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Ohne Plan wird die Stadt an die Wand gefahren – Wowereit erspart Berlin die Zukunft“,
3. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Öffentlich-rechtlichen Rundfunk entschlacken – Gebührenzahler entlasten – Medienwirtschaft stärken!“,
4. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Der Lügenbaron on stage – Senat schleift das Metropol- Theater“.
Im Ältestenrat haben die Fraktionen signalisiert, sich auf das Thema der Fraktion der FDP verständigen zu wollen, jedoch auf die mündliche Begründung ihrer Aktualität nicht verzichten zu wollen.
Ich rufe deshalb zur Begründung der Aktualität auf, und zwar zuerst für die Fraktionen von SPD und PDS Herrn Nolte. – Bitte schön, Herr Nolte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsparteien haben als Thema der letzten Aktuellen Stunde vor der Sommerpause vorgeschlagen, sich damit zu befassen, wie der Verwahrlosung in unserer Stadt entgegengewirkt und die verantwortungsbewusste Nutzung der öffentlichen Plätze und Grünanlagen gesichert werden kann. Das Thema hat eine ganze Reihe von Facetten, und es ist wert, in einer Aktuellen Stunde behandelt zu werden. Die Nutzung öffentlicher Einrichtungen und Plätze spielt gerade in der warmen Jahreszeit eine
Es muss aber unsere Aufgabe sein, auch ordnungsrechtlich sicherzustellen, dass diejenigen Bürger in ihre Schranken gewiesen werden, die sich egoistisch über jede Regelung hinwegsetzen. Dazu gehört nicht nur das Grillen an jedem Ort und zu jeder Zeit, am besten von ganzen Tieren und unter Bäumen, und das Zurücklassen von Müllbergen, dazu gehört auch das Beschmieren von Gebäuden und Verkehrsmitteln, das Zerstören von Spielplätzen, das Wegschmeißen des Restmülls von Fastfoodkost und das leidige Thema des Hundekots. Hier gibt es ge
setzliche Regelungen. Aber es gibt doch zahlreiche Hundefreunde, die unentwegt diese gesetzliche Regelung missachten. Dieses alles und Weiteres mehr gehört zum Thema Verwahrlosung. Es ist unsere Aufgabe, der Verwahrlosung entgegenzuwirken. Ich denke, die geplanten bezirklichen Ordnungsämter könnten hier außerordentlich hilfreich sein. Dies wird uns im Verlauf des Tages noch beschäftigen.
Sie sehen, dass das Thema aktuell ist und einer Besprechung im Parlament im Rahmen einer Aktuellen Stunde bedarf. Es wird uns allerdings auch weiterhin begleiten. Deshalb werden wir heute der Aktuellen Stunde der FDP zur Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zustimmen. – Danke schön!
Für die Fraktion der CDU hat nun der Vorsitzende der Fraktion, Herr Zimmer, das Wort. – Bitte schön, Herr Zimmer!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Nolte! Sie haben ja nicht Unrecht, das ist in der Tat ein Thema, das die Berlinerinnen und Berliner bewegt, aber nicht erst seit gestern. Wie die Zustände in unseren Grünanlagen sind und was für Tiere in welcher Größe dort gegrillt werden, das kann man schon seit geraumer Zeit besichtigen. Es ist aber fein, dass es dann der SPD jetzt auch einmal so wichtig erschien, wenigstens den Versuch zu machen, vor der Sommerpause dieses Thema bei einer Aktuellen Stunde, jedenfalls in der Begründung, noch einmal zu thematisieren. Indes, konkrete Umsetzungsvorschläge gibt es bei Ihnen noch nicht, und deswegen ist es vermutlich auch besser, dass das Thema heute gar nicht diskutiert wird.
Ich will mich auf einige Facetten beschränken und deutlich machen, warum das Thema wert ist, sich in einer Aktuellen Stunde damit zu beschäftigen.
Berlin ist eine Stadt mit über 300 000 Arbeitslosen. Nur etwas mehr als 40 % der Bürger verdienen ihren Lebensunterhalt selbst. Viele Menschen in unserer Stadt sind einkommensschwach, benötigen Hilfen der Gemeinschaft zum Lebensunterhalt. Sie sind auch stärker als andere auf öffentliche Angebote angewiesen. Auch wenn Arbeitslosigkeit und Einkommensschwäche nicht automatisch zu sozialer Schwäche und sozialer Verwahrlosung führen, so sind die Gefahren doch unverkennbar. Wir müssen uns dabei auch vergegenwärtigen, dass insbesondere Familien mit mehreren Kindern zu dieser Bevölkerungsgruppe gehören. Die leeren öffentlichen Kassen erschweren die Herbeiführung eines sozialen Ausgleichs durch den Staat.
Dennoch und gerade deshalb hat sich die Koalition von SPD und PDS in dieser Situation auf eine Politik der sozialen Stadtgestaltung festgelegt, die am besten geeignet ist, Tendenzen zur Verwahrlosung entgegenzutreten.
Für die Lebensqualität in der Stadt ist es von allergrößter Bedeutung, dass die integrativen Orte der Stadt, die öffentlichen Räume – dazu gehören Straßen. Plätze, Parkanlagen – und öffentliche Einrichtungen – dazu gehören Universitäten, Schulen, Schwimmbäder, Kindertagesstätten, Rathäuser usw. – so beschaffen und ausgestattet sind, dass sie ihrer Aufgabe gerecht werden können, den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft zu gewährleisten.
Besser als hier in der Koalitionsvereinbarung formuliert, kann ich es auch nicht ausdrücken, aber es hat Konsequenzen. Es kann deshalb nämlich nicht unsere Aufgabe sein, die Benutzung öffentlicher Räume, Straßen und Parkanlagen einzuschränken oder zu verhindern, die Plätze sozusagen vor den Bürgern zu schützen.
Trotz allem, die Diskussionen in der Stadt stehen im Zeichen des Haushalts, wen wundert´s? Wir haben eine Senatssparklausur gehabt, deren Ergebnisse wir jedenfalls über die Agenturen haben lesen können. Einen konkreten Haushaltsplan gibt es noch nicht. Und der Senat hat heute auch keine Lust, darüber zu reden. Das kann ich in gewisser Hinsicht nachvollziehen. Aber was die Berlinerinnen und Berliner insbesondere bewegt, sind gar nicht mal die Schulden als solche, also nicht die abstrakte Summe von 50 Milliarden €. Denn was bedeutet das eigentlich konkret? – Das bedeutet natürlich nicht, dass irgendwie alle Berlinerinnen und Berliner einen bestimmten Anteil an diesen Schulden haben; es bedeutet nicht, dass irgendwann einmal eine Bank kommt und das Rote Rathaus pfändet. Nein, es hat Folgen. Und die Folgen davon sind politische Entscheidungen, und das sind in der Tat Dinge, die die Berlinerinnen und Berliner beschäftigen.
Der Regierende Bürgermeister hält sich heute wie üblich heraus, weil er keine Lust hat, sich mit solchen Themen auseinander zu setzen. Er zieht es vor, bei der Eröffnung der italienischen Botschaft ein bisschen mitzu
Und nicht unerwähnt bleiben soll bei dieser Gelegenheit die skurrile Idee, nun auch noch Politessen einzusparen. Denn die sind nun tatsächlich, auch wenn der Autofahrer sie in der Regel nicht leiden kann, diejenigen, die auch Einnahmen erwirtschaften, immer mehr, als ihr Gehalt am Ende ausmacht.
Dann streitet sich Herr Müller mit Herrn Sarrazin über das Vorziehen der Steuerreform. Herr Müller, da muss ich Ihnen mal Recht geben, das scheint mir vernünftig zu sein, zu sagen, wir ziehen die Steuerreform vor. Je mehr Geld die Berliner in den Taschen haben, desto mehr können sie auch wieder ausgeben, desto mehr kann unsere Wirtschaft tatsächlich auch – –
Herr Müller, das Problem ist nur: Herr Sarrazin müsste sich mal dazu äußern. Herr Sarrazin müsste erklären, wieso er der Meinung ist, dass das Geld lieber irgendwo im Haushaltsloch verschwindet, anstatt es den Berlinerinnen und Berlinern zurückzugeben, denen es gehört.
Oder auch die SEZ-Privatisierung, auch solch ein haushaltsrelevantes Thema. Dazu kommen Sie auch nicht. Frau Seidel-Kalmutzki muss sich heute darüber beklagen dass der Senat nicht dazu in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen.
feiern. Das ist schon okay, dass man am Anfang mit dabei ist. Er hätte sich vielleicht die Häppchenphase am Ende sparen können, aber sei´s drum. Er wird heute noch irgendwann im Laufe des Tages hier eintreffen.
Ja, die aktuelle Diskussion, Herr Müller, daran können Sie auch nicht vorbeigehen. Eine beliebige Auswahl aus den heutigen Tageszeitungen macht deutlich, dass Sie hier Entscheidungen treffen oder auch nicht treffen unter dem Deckmantel des Haushalts, über die gesprochen werden muss, auch in einer Aktuellen Stunde. Dazu komme ich noch. Aber das Konzept des Senats scheint vielmehr zu sein: Crashkurs als Cashcow. Denn anders ist nicht zu erklären,. wie in Berlin teilweise politische Entscheidungen gefällt werden. Richtig ist, natürlich steht im Grundgesetz: Es gibt einen Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik. Und offensichtlich ist die Theorie des Senats, wenn wir denn diese gleichwertigen Lebensverhältnisse einfordern wollen und damit auch Bundeshilfe, dann müssen wir erst einmal die Berliner Verhältnisse gründlich ruinieren, sprich Ungleichheit erhöhen, um Gleichheit finanziert zu bekommen. Aber anstatt an seinem eigenen Konsum und am Konsum der Verwaltungsbürokratie zu sparen, wird an den Investitionen gespart. Es wird nicht am Staat gespart, sondern an der Stadt und an den Berlinern. Man hat mittlerweile den Eindruck, es ist eine Strafe, in dieser Stadt zu leben. Das kann es eigentlich nicht sein.
Der Haushaltsbeschluss kommt erst in den Parlamentsferien. Klar, es ist ja auch besser, weil man sich dann im Parlament nicht mehr damit auseinander setzen muss. Ich glaube, dass das eher willkürlich gewählt worden ist. Aber sei´s drum. Die Diskussion in den großen Ferien werden Sie nicht vermeiden können.