Protocol of the Session on March 27, 2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 28. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, alle Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Gäste sowie die Zuhörer sehr herzlich in unserem Saal, die Medienvertreter natürlich auch!

Als neue Mitglieder in der Fraktion der CDU begrüße ich Herrn Stephan Tromp und Herrn Carsten Wilke. – Herzlich willkommen!

[Beifall]

Dem durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes am 21. März 2003 ausgeschiedenen Kollegen Rainer Ueckert danke ich ausdrücklich für seine engagierte Tätigkeit hier im Hause.

[Beifall]

Ich hatte dem ehemaligen Kollegen Ueckert in einem Schreiben bereits mein Bedauern über die nachvollziehbar belastenden Umstände seines Mandatsverlustes ausgedrückt, für den er zweifelsfrei keine Ursache gesetzt hat. Herr Ueckert hat mich gebeten, in der heutigen Sitzung für ihn eine Erklärung abzugeben, die er schriftlich niedergelegt hat, in der er sein Unverständnis über die gerichtliche Entscheidung darlegt und sich bei allen Kolleginnen und Kollegen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses herzlich bedankt. Diesen Dank gebe ich an Sie alle sehr gern weiter. Von der erbetenen Verlesung des gesamten Textes der Erklärung möchte ich an dieser Stelle absehen und bitte dafür um Ihr Verständnis.

Die Fraktion der Grünen hat ihren Antrag: Artgerech

ter Lebensabend für Schimpansen – Drucksache 15/1264 vom 30. Januar 2003, zur Beratung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz überwiesen, zurückgezogen.

[Vereinzelter Beifall]

Ich dachte, da freuten sich die Schimpansen.

Es sind am Montag wieder vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS zum Thema: „Situation in Berlin nach Beginn des Irakkrieges“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Schlingerkurs des Senats beim Verkauf der Bankgesellschaft, dem Risikocontrolling und der Aufklärung bei Fonds und Krediten“,

3. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Die drohende Pleite der städtischen Wohnungsbaugesellschaften – haushaltspolitische Perspektiven sowie vermögens- und wohnungspolitische Konsequenzen“,

4. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Berlin nach Beginn des Irakkrieges“.

Ich weise jetzt schon darauf hin, dass wir im Anschluss an diese Aktuelle Stunde einen Tagesordnungspunkt „Bankgesellschaft Berlin“ in Verbindung mit dem bisherigen Tagesordnungspunkt 7 aufrufen werden.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde gem. § 51 der Geschäftsordnung

Vor Aufruf der ersten Frage möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Zusammenstellung der Mündlichen Anfragen verändert wurde. In einem nachträglichen Schreiben war mitgeteilt worden, dass sich der Text der Frage Nummer 6 geändert hat. Ich bitte, dies zu berücksichtigen.

Das Wort zur Mündlichen Anfrage Nummer 1 hat der Kollege Günter Krug von der SPD über

Arbeitsplatzeffekte und Wachstumseffekte durch die Old Economy

Bitte schön, Herr Kollege Krug, eilen Sie herbei, wenn auch nicht mit der Eisenbahn! – aber schnell, wollte ich damit sagen.

Gilette hat ebenfalls erhebliche neue Investitionen getätigt, die den Standort stärken und es ermöglichen, dass neue Produkte in Berlin produziert werden.

Wir haben gleichzeitig viele kleinere Unternehmen, die Investitionen bis zu einem Umfang von 1 Millionen € getätigt haben, was im Einzelfall die Schaffung von bis zu zehn neuen Arbeitsplätzen bedeutet hat.

Das zeigt mir, dass es gerade auch im industriellen Bereich eine Stärkung und Konsolidierung des Standortes Berlin gegeben hat.

(D

Sie haben nach der Trennung von Old Economy und New Economy gefragt. Ich glaube, dass die Grenze zwischen diesen Bereichen mehr und mehr schwindet. Eines der wesentlichen Resultate einer Studie, die meine Verwaltung gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Auftrag gegeben hat, ist, dass wir heute besser von einem „Netzwerk Industrie“ sprechen statt von dieser Trennung von Old und New Economy. Wir haben innerhalb der Industrie einerseits eine Stärkung der eher strategischen Bereiche wie z. B. Forschung, Produktentwicklung, Qualitätskontrolle und Vertrieb. Häufig hat die eigentliche Fertigung oder die Beschäftigung in der Fertigung abgenommen. Gleichzeitig haben wir die Entwicklung, dass es in zunehmendem Maße ein Outsourcing gibt, was wiederum eine stärkere Vernetzung mit dem Dienstleistungsbereich, gerade auch mit den Dienstleistungen, die aus dem Bereich der New Economy kommen – z. B. Informations- und Kommunikationstechnologien – erfordert.

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über positive Wachstums- bzw. Arbeitsplatzeffekte, die sich im industriellen Bereich, u. a. aus der Erweiterung des BMWWerkes in Berlin und der Berlin Chemie, ergeben?

2. Sieht der Senat in dieser Entwicklung Indizien für eine Trendwende in der strukturellen Entwicklung des Industriebereiches, und inwieweit können hier vermehrt Wachstumsimpulse erwartet werden?

Danke schön! – Zur Beantwortung – der Wirtschaftssenator, Herr Senator Wolf, bitte!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Krug! Wir hatten im letzten Jahr eine konjunkturell schwierige Situation, und häufig mussten wir feststellen, dass Unternehmen deswegen ihre Investitionen aufgeschoben oder gar gänzlich aufgegeben haben. Es gibt allerdings – Sie haben es teilweise angesprochen – auch eine Reihe positiver Entwicklungen gerade auch im industriellen Bereich, die in der Öffentlichkeit nicht so zur Kenntnis genommen werden wie die weniger positiven Nachrichten. Das ist einmal das BMW-Motorradwerk, das im letzten Jahr zum zehnten Mal in Folge die Produktion gesteigert hat. Es werden dort mittlerweile 93 000 Motorräder produziert. In den letzten Jahren gab es eine Steigerung der Mitarbeiterschaft um 400 auf mittlerweile 2 700 Arbeitsplätze. Im Februar dieses Jahres ist mit einer Investitionssumme von 117 Millionen € eine neue Montagehalle eröffnet worden. Diese Investition war mit der Schaffung von 70 neuen Arbeitsplätzen verbunden.

Berlin Chemie, das ehemalige DDR-Unternehmen, das jetzt einen italienischen Eigentümer hat, verzeichnet seit 1992 ein kontinuierliches Wachstum. Der Umsatz im letzten Jahr ist um 24,3 % gestiegen – das ist eine beachtliche Zahl. Diese Umsatzsteigerung bezieht sich allerdings nicht nur auf den Berliner Standort, sondern ist international, da Berlin Chemie – beispielhaft, wie ich finde – auch auf den internationalen Märkten und vor allen Dingen auf den osteuropäischen Märkten präsent ist. Für das Jahr 2003 sind Investitionen geplant, die insgesamt 400 zusätzliche Arbeitsplätze bedeuten, davon 119 zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland.

Bei Daimler-Chrysler in Marienfelde startete im Jahre 2002 die Produktion für den Zwölfzylindermotor für den „Maybach“. Daimler-Chrysler plant gleichzeitig die Neueinrichtung der Produktion eines PKW-Dieselmotors mit einem Investitionsvolumen von 207 Millionen €. Die Planung bei Daimler-Chrysler sieht vor, Berlin als zweiten inländischen Motorenbaustandort des Konzerns zu konsolidieren und auszubauen.

Philip Morris stärkt den Standort weiter mit Investitionen bis 2004 in Höhe von 73 Millionen €, mit denen die Produktion noch einmal erweitert wird.

Mittlerweile haben wir die Situation, dass jedes zweite Dienstleistungsunternehmen in Berlin Auftragnehmer von industriellen Unternehmen ist. Dies macht noch einmal deutlich, wie bedeutsam die Berliner Industrie gerade auch als Auftraggeber und für die Entwicklung des Dienstleistungssektors ist. Es handelt sich bei der Industrie also nicht um ein Überbleibsel aus alter Zeit, sondern es handelt sich in der Vernetzung mit dem Dienstleistungsbereich und gerade auch mit Forschung und Entwicklung um ein Zukunftspotential. Trotz der konjunkturell schwierigen Situation – bundesweit und in Berlin – haben wir mittlerweile eine solide Basis erreicht, der Strukturwandel hat gegriffen, und insofern werden wir auch darauf aufbauen können.

Danke schön, Herr Senator! Eine Nachfrage des Kollegen Krug – bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herzlichen Dank, Herr Senator, für die ausführliche Beschreibung auch dieser Standortvorteile, die wir hier in Berlin in der Old Economy haben.

Danke schön, Herr Präsident! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wer ist für die bedauernswerten Umstände des tragischen Todesfalles eines vierjährigen Kindes, das an Meningitis erkrankt war, verantwortlich?

2. Wie kann durch Präventivmaßnahmen solchen bekannten Krankheitsverläufen rechtzeitig entgegengewirkt werden?

Danke schön, Herr Kollege! – Zur Beantwortung hat das Wort Frau Senatorin Dr. Knake-Werner – bitte schön!

Doch noch einmal zurück zur New Economy. Dieses Verhältnis ist – Sie haben es beschrieben – ein durchaus fruchtbringendes. Welche Möglichkeiten sehen Sie, gerade die New Economy durch die Netzwerke mit der Old Economy voranzubringen?

Herr Senator Wolf, bitte!

Es ist wichtig, die Kooperation und Netzwerkbildung voranzutreiben. Über die unterschiedlichen Netzwerke, die sich um die Technologiestiftung bilden, aber auch durch Initiativen der Wirtschaftsverwaltung, wie das Projekt Zukunft, das vor allen Dingen die Informations- und Kommunikationstechnologien voranbringen will, versuchen wir, das Bewusstsein sowohl bei der Old Economy als auch bei der New Economy für diese Netzwerkbildung zu wecken. Es geht darum, Netzwerke innerhalb der jeweiligen Branchen, aber auch innerhalb der Region zu bilden, damit die Austauschbeziehungen innerhalb der Region verbessert werden. Netzwerke müssen natürlich auch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und der außeruniversitären Forschung gebildet werden, damit wir auf diese Art und Weise Modernisierung vorantreiben.

Die Kompetenzzentren, die wir haben – also die Themen Biotechnologie, Kommunikationstechnologien und Medien, Wirtschaft und Verkehrstechnik sowie der Bereich der optischen Technologie –, zeigen deutlich, dass wir uns hier an einer Schnittstelle von Old und New Economy bewegen. Ich habe den Eindruck, dass hier die Vernetzung in zunehmendem Maße zu greifen beginnt und wir auf einem guten Weg sind.

Danke, Herr Senator! Es gibt keine weitere Nachfrage des Kollegen Krug. Dann hat Frau Paus das Wort zu einer Nachfrage!

Herr Senator Wolf! Sie hatten bereits auf die Studie hingewiesen, die das DIW in Zusammenarbeit mit der IHK und Regio-Consult erarbeitet hat. Darin gibt es auch konkrete Empfehlungen an den Senat, was man tun könnte, um den Gewerbestandort Berlin zusätzlich zu stärken. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass es eine starke Ernährungswirtschaft in Berlin gibt und dass es sinnvoll wäre, darüber nachzudenken – im Sinne von Vernetzung –, ein Kompetenzzentrum Ernährungswirtschaft zu schaffen. Wie stehen Sie zu dieser Idee, sind Sie bereit, diese Idee umzusetzen?

Herr Senator Wolf!