Ursula Nonnemacher
Appearances
6/3
6/11
6/14
6/16
6/18
6/21
6/22
6/29
6/30
6/32
6/33
6/35
6/36
6/37
6/41
6/46
6/47
6/51
6/53
6/63
6/75
6/77
6/81
Last Statements
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim vorlie genden Antrag ist nicht ganz klar, ob man lachen oder weinen soll.
Die Koalitionsfraktionen haben im September des vergange nen Jahres - also vor neun Monaten - das Konzept zur Steige rung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Land Bran denburg beschlossen. Mit dem heute zur Debatte stehenden Antrag soll der Landtag nun erneut über zentrale Forderungen aus diesem jüngst beschlossenen Konzept abstimmen. Eigent lich könnte ich meine damalige Rede noch einmal halten; trotz der Versuchung mache ich es nicht.
Wir Bündnisgrünen nehmen stattdessen sehr positiv zur Kennt nis, dass gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen für die Ko alitionsfraktionen und die Landesregierung offenbar ein wich tiges Thema sind. Vielleicht sind die Fraktionen von SPD und Linke aufgeschreckt angesichts des hohen Krankenstandes in der Brandenburger Landesverwaltung. Das wäre nachvollzieh bar und die zwar viel zu späte, aber richtige Reaktion.
Wie erschreckend hoch die Anzahl der Krankentage ist, zeigt die Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU-Fraktion vom März dieses Jahres. Vielleicht sind Sie auch aufgeschreckt an gesichts der - freundlich ausgedrückt - kontroversen Debatte um die Entscheidung, das Ministerium für Wissenschaft, For schung und Kultur nach Cottbus zu verlegen. Beide Aspekte werfen kein gutes Licht auf die Arbeitskultur, die Würdigung und Förderung von Beschäftigten in der Brandenburger Lan desverwaltung.
Dabei hatte die Landesregierung nicht erst zum Zeitpunkt des erwähnten Beschlusses die Relevanz von intelligenter Perso nalentwicklung erkannt. Im Januar 2016 fassten die Regie rungskoalitionen den Beschluss zur Gründung des Branden burger Bündnisses für Gute Arbeit. Viele wichtige Impulse - darunter die Etablierung einer Präventionskultur - wurden ge setzt. Hier hätte ein selbstkritischer Blick auf den eigenen La den mit Sicherheit schon etwas gebracht. Der blieb offenbar aus, und damit wurde viel wertvolle Zeit vertan.
Wir haben schon oft gesagt, vor allem wenn es um die Fach kräftebindung im Gesundheitswesen ging, dass sich jüngere Menschen neben einem attraktiven Gehalt vor allem eine ande re Arbeitskultur wünschen. Sie wünschen sich mehr Mitspra cherecht beispielsweise über das Wieviel, das Wann und Wo ihrer Arbeitsleistung. Sie möchten in Teams mit flachen Hier archien arbeiten und mehr Entscheidungskompetenzen haben. Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Übrigen deutlich seltener krank. Auch das sind keine brandneuen ar beitswissenschaftlichen oder gar exklusiv bündnisgrünen Er kenntnisse, sondern das alles ist hinreichend lange bekannt.
Dennoch werden diese wichtigen Faktoren mit dem vorliegen den Antrag nicht operationalisiert, ja, sie werden erst gar nicht erwähnt. Dabei wäre das ein echter Bonus gegenüber dem Konzept zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes gewesen.
Gute Arbeitsbedingungen führen nicht nur zu einer Reduzie rung von Fehltagen, gute Arbeitsbedingungen führen auch zu besseren Arbeitsergebnissen, zu kreativeren Lösungen und zu einer stärkeren Identifikation der Beschäftigten mit ihrer Ar beitsaufgabe. Das alles wünscht man sich dringend für die Landesbehörden.
Der Minimalkonsens ist jedoch sicher: Arbeit darf nicht krank machen. - Neue Erkenntnisse, warum sie das in der Branden burger Verwaltung möglicherweise tut, haben wir heute leider nicht gewonnen, sondern nur das ungute Gefühl, dass die Lan desregierung bei dem Thema offenbar dringend eine Erinne rung braucht.
Wir stimmen dem Antrag deswegen genauso zu, wie wir ihm im letzten September zugestimmt haben, indem wir das Kon zept zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes angenommen haben - aber doppelt hält bekanntlich besser.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorlie gende Gesetzentwurf sieht vor, dass Kommunen künftig auf die Erhebung von Beiträgen für die Sanierung oder Erweite rung bestehender Straßen verzichten. Für Straßen, die nach dem Stichtag 31.12.2018 fertiggestellt sind, müssen Anwohne rinnen und Anwohner dann nicht mehr zahlen. Die Gemeinden erhalten vom Land zunächst pauschale Ausgleichszahlungen für die entfallenden Beiträge. Mit der sogenannten Spitzab rechnung fließen zusätzliche Landesmittel dorthin, wo die pau schalen Zuweisungen die entfallenden Beiträge nicht ausglei chen.
Wir haben schwere Bedenken hinsichtlich der Folgen, die die Abschaffung für den Landeshaushalt mit sich bringt. Über die nächsten Jahre ist mit stark steigenden Kosten zu rechnen, die den ohnehin strukturell notleidenden Haushalt weiter in Schief lage bringen könnten. Herr Bischoff sprach noch im Januar dieses Jahres von 25 Millionen Euro jährlich als Ausgleich, ak tuell sind 31 Millionen Euro als Kompensation vorgesehen, Kollege Lüttmann befürchtet perspektivisch bis zu 50 Millio nen Euro. Die Koalition versäumt es, darzustellen, wie diese Belastungen aufgefangen werden sollen. Nachhaltige Haus haltspolitik sieht anders aus.
Dabei wären Verbesserungen auch an der bestehenden Rege lung durchaus möglich gewesen, ohne die Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz gänzlich abzuschaffen. In Nieder sachsen will die rot-schwarze Regierungskoalition die Straßen ausbaubeiträge beibehalten, Bürgerinnen und Bürgern jedoch bessere Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten einräu men. Solche Modelle hatten wir hier auch umfänglich venti liert.
Davon, dass sich Konflikte um die Erhebung von Straßenaus
baubeiträgen mit dem vorliegenden Gesetz befrieden lassen, ist kaum auszugehen. Da hilft auch keine Diskussion darüber, ob der Stichtag nun zum Jahreswechsel 2017/18 oder 2018/19 sein soll. Auch, dass Anwohnerinnen und Anwohner bei Neu erschließung nach Bundesbaugesetz weiterhin zahlen müssen, wird kaum vermittelbar sein. Damit sind die nächsten Konflik te schon vorprogrammiert, und es lassen sich Wetten darauf abschließen, welche Beiträge als Nächstes ins Visier der Volks gesetzgebung genommen werden.
Im Sinne der Gemeinden muss mit der vorgesehenen Verord nung schnellstens Klarheit über die Abrechnung hergestellt werden. Die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung hat dazu im letzten Innenausschuss vorgetragen und eine erste Verordnung binnen drei Monaten in Aussicht gestellt. Der 7. Landtag Brandenburg wird mit der Begleitung dieses Gesetzes sicher gut beschäftigt sein.
Ja, auch wir sehen es: Die Volksinitiative hat es vermocht, mit mehr als 100 000 Unterschriften in Rekordzeit erheblichen po litischen Druck zu erzeugen. Auch die politische Großwetterla ge trägt wohl ihren Teil dazu bei. Vereinzelte Schlaglöcher der neuen Regelung wurden im Ausschuss noch geflickt, aber der eingeschlagene Weg bleibt holprig. Wir werden uns zu dem Gesetzentwurf enthalten.
Ich möchte noch auf zwei Dinge eingehen, die von den Vorred nern angesprochen wurden, und sagen, warum ich glaube, dass wir keinerlei Befriedigung bekommen werden. Die CDU geht in ihrem Änderungsantrag ja schon das Erschließungsrecht an, indem sie sagt, der Ausbau alter Sandstraßen solle nicht mehr als Neuerschließung, sondern als Sanierung gewertet werden. In dieser Richtung stehen uns bestimmt noch sehr intensive Diskussionen ins Haus.
Aber ich finde, das Highlight ist wirklich der Entschließungs antrag des Kollegen Vida. Darin wird die Landesregierung be auftragt, einen Straßenbaubeitrag-Härtefall-Fonds zur Entschä digung von Bürgern einzurichten, die in den letzten fünf Jahren nach geltendem Recht Straßenausbaubeiträge geleistet und ei ne besondere Härte erlitten haben. Wenn wir jetzt schon anfan gen, Entschädigungsfonds für zu Recht gezahlte Beiträge zu diskutieren, liegt auf diesem Gebiet noch ein sehr weites Feld vor uns. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Polizei wünschen wir uns? Bürgernah, freundlich, hilfsbereit und in der Lage, mit harter Hand und auf dem Boden des Rechtsstaates dem Verbrechen zu begegnen. Dies sind hohe Ansprüche an ein Berufsbild und die Polizistinnen und Polizis ten dahinter, die diesem ohne solide und ganzheitliche Ausbil dung kaum gerecht werden können.
So begrüßen wir sehr den nun vorliegenden Gesetzentwurf, der in unseren Augen eine sinnvolle und zukunftsfähige Weiterent wicklung der Polizeiausbildung in Brandenburg ermöglicht. Er soll insbesondere die Grundlage für die Einrichtung von Spezi alisierungsstudiengängen in Ergänzung zur allgemeinen Poli zeiausbildung darstellen.
Bereits in meinen bisherigen Reden zu dieser Thematik habe ich immer wieder betont, wie wichtig uns die hochwertige Ausbildung einer auskömmlichen Anzahl junger Polizeikräfte in Brandenburg ist. Die Notwendigkeit einer spezialisierten Kriminalistinnen- und Kriminalistenausbildung habe ich, einer langjährigen Forderung des Bundes Deutscher Kriminalbeam ter und des Deutschen Richterbundes folgend, immer sehr un terstützt. Auch andere sicherheitspolitische Herausforderungen unserer Zeit, etwa die Abwehr von Cyberkriminalität und orga nisierter Wirtschaftskriminalität, erfordern Kenntnisse und Fä higkeiten unserer Polizistinnen und Polizisten, die allein mit der allgemeinen Ausbildung nicht mehr zu erlernen sind.
Wie die genauen Zuschnitte der Studiengänge aussehen wer den, lässt der Gesetzentwurf jedoch noch offen. Es ist der Wunsch von uns Bündnisgrünen, dass die Ausarbeitung der je weiligen Prüfungsordnungen genutzt wird, um auch andere Bereiche, die in unseren Augen bisher nicht ausreichend Be achtung fanden, in die Polizeiausbildung einzubeziehen. Dazu gehört neben den bereits genannten und geplanten Spezialisie rungsstudiengängen auch die Berücksichtigung der Bekämp fung spezieller Formen der organisierten bzw. Wirtschaftskri minalität wie Umweltstraftaten oder Menschenhandel sowie Zwangsprostitution.
Auch haben für uns die jüngst veröffentlichten Erkenntnisse zur Kfz-Kennzeichenüberwachung in Brandenburg gezeigt, dass nicht überall in der Polizei die notwendige Sensibilität in Bezug auf die Grundrechtsrelevanz systematischer Kennzei chenerfassung und -speicherung vorhanden ist. Hier sehen wir Nachholbedarf bei der Sensibilisierung junger Polizistinnen und Polizisten.
Schließlich sieht der Gesetzentwurf in § 3 Abs. 5 die Einrich tung eines internationalen Zentrums vor, welches wir als Bei trag zur sicherheitspolitischen Entwicklungszusammenarbeit begrüßen. In diesem Zusammenhang müsste auch über die Wiederaufnahme der Beteiligung Brandenburgs an internatio nalen Polizeimissionen entschieden werden, von denen sich das Land zuletzt zurückgezogen hatte.
Den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, den Ab solventen des Masterstudiengangs Kriminalistik eine ihrem Abschluss entsprechende Personalentwicklung zu ermögli chen, finden wir sehr sinnvoll und werden wir unterstützen. - Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Besucher auf der Tribüne! War man vor einer Wo che im Innenausschuss zugegen, so hätte man meinen können, dass Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbe stimmung ein nettes Gimmick seien - nice to have -, doch mit Vorsicht zu dosieren. Da habe ich eine andere Wahrnehmung als unsere geschätzte Ausschussvorsitzende, Frau Geywitz.
Zwei wesentliche Aspekte werden dabei völlig vergessen: Ers tens. Wir sprechen bei der informationellen Selbstbestimmung von einem in der Verfassung verankerten Grundrecht.
Zweitens. Selten war es so wichtig wie heute, unsere Daten zu schützen. Wir alle sind Bürgerinnen und Bürger des digitalen Zeitalters und müssen für uns als Gesellschaft grundsätzlich entscheiden, wo wir Speicherung und Verarbeitung persönli cher Daten für akzeptabel und sinnvoll halten und wo nicht.
Es gibt politische Ordnungen - beispielsweise in China -, in de nen nicht nur Namen, Geburtsdaten und Schulzensuren gespei chert werden, sondern nach einem Punktesystem auch sämtli ches Sozialverhalten gespeichert und bewertet wird. In solch einer Gesellschaft möchte ich nicht leben.
Der vorliegende Gesetzentwurf hätte nun die Chance für ein eindeutiges Grundsatzbekenntnis zum Grundrecht auf informa tionelle Selbstbestimmung geboten. Stattdessen sind wir Zeu gen eines weiteren Beispiels für einen in letzter Minute durch gepeitschten Gesetzentwurf zu einer hochkomplexen Materie.
Der Entwurf wird dadurch der Zielrichtung der dem Gesetz zu grunde liegenden Richtlinie nur unzureichend gerecht, und der Gesetzgebungsprozess war bezeichnend für eine Regierung, die viel zu vieles auf die lange Bank geschoben hat und am Ende der Legislaturperiode unter immensen Druck geraten ist.
Zunächst verzögerte sich die Umsetzung der sogenannten JIRichtlinie durch die Loslösung vom Polizeigesetz beträchtlich. Dann geriet der Gesetzentwurf im federführenden AIK zeitlich in einen Anhörungsmarathon mit sämtlichen weiteren noch aus der Schublade auferstandenen Gesetzentwürfen der Regierung, sodass man der Landesbeauftragten für den Datenschutz statt einer mündlichen nur noch eine schriftliche Anhörung zubillig te. Deren reichlich vorhandenen inhaltlichen Bedenken wurden bis kurz vor Schluss großzügig ignoriert, genauso wie ihre Empfehlung, den Gesetzentwurf nicht zwingend noch vor den Wahlen zu verabschieden, sondern in der neuen Wahlperiode in besonnenerer Art und Weise erneut in die Hand zu nehmen.
Vergessen wurde zunächst auch die Überweisung an den mit beratenden Fachausschuss für Gesundheit und Soziales. Ein Plenum später wurde das nachgeholt.
Immerhin führte der fachlich für den Maßregelvollzug zustän dige Ausschuss dann - wiederum in einer Sondersitzung - eine sehr instruktive Anhörung zu der hochkomplexen Materie durch.
Es musste neben den datenschutzrechtlichen Regelungen der EU-Richtlinie auch die aktuelle Rechtsprechung des Bundes verfassungsgerichts zur Fixierung von Menschen im Maßre gelvollzug landesrechtlich umgesetzt werden. Gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen konnten wir hier einen Teil unserer Änderungswünsche durchsetzen. Leider nicht durchsetzen konnten wir uns mit unserer Forderung nach einer grundsätzli chen richterlichen Überprüfung angeordneter Maßnahmen.
Der derzeitige Entwurf räumt unserer Ansicht nach die verfas sungsrechtlichen Bedenken des Deutschen Richterbundes - Landesverbrand Brandenburg - und aus der Ärzteschaft selbst nicht aus, die in den sehr weit gefassten Befugnissen der unab hängigen Prüfstelle einen Widerspruch zu den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts sehen. Erforderlich wäre hier ein echter Richtervorbehalt. Inhaltlich bleiben die Regelungen
zum Maßregelvollzug dennoch der einzig akzeptable Teil des Gesetzentwurfs.
Betrachtet man den Bereich der Justiz, so finden sich reichlich datenschutzrechtliche Vorbehalte, die die EU-Richtlinie so nicht fordert. Der Entwurf lässt leider weiterhin klare Durch griffsrechte für die Landesbeauftragte für den Datenschutz - so die langjährige Forderung unserer Faktion - vermissen.
Für besonders kritikwürdig halte ich es, dass die Landesbeauf tragte für den Datenschutz in Bezug auf Personen, denen Ver traulichkeit zugesichert worden ist, entgegen der Intention der Richtlinie und entgegen den Regelungen im Bund keine Kon trollkompetenz erhält. Da bleibt Brandenburg bei seiner Wa genburgmentalität und lässt sich bei V-Leuten von niemandem in die Karten gucken. Dieses Thema werden wir ja gleich noch behandeln.
Dieser Gesetzentwurf hätte dringend einer sorgfältigen Überar beitung bedurft. In der vorliegenden Form ist er für uns nicht zustimmungsfähig. - Danke schön.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! - Ein wohlgefülltes Plenum jetzt. - Verehrte Gäste! Der vorlie gende Verfassungsschutzgesetzentwurf ist in unseren Augen ein Armutszeugnis. Als Sie von SPD und Linken ihn schrieben, lagen ihnen die Handlungsempfehlungen von neun NSU-Un tersuchungsausschüssen sowie Verfassungsschutzgesetze, un ter anderem aus Thüringen, Niedersachsen und Baden-Würt temberg sowie des Bundes, in denen zumindest etliche dieser Handlungsempfehlungen längst umgesetzt worden sind, vor. Es hätte also genügt, aus bestehenden Gesetzen richtig abzu schreiben, um einen deutlich besseren Gesetzentwurf vorzule gen, als Sie es getan haben.
Die von Ihnen behauptete Stärkung der parlamentarischen Ver fassungsschutzkontrolle ist leider nur eine sprichwörtliche Sei fenblase.
Denn Sie weigern sich, Minderheitenrechte gesetzlich zu ver ankern. Das bedeutet, dass die jeweiligen Regierungsfraktio nen mit ihrer Mehrheit dafür sorgen können, dass die Parla mentarische Kontrollkommission nur das erfährt, was die Lan desregierung von sich aus berichtet. Abgesehen von den Unter richtungspflichten, denen die Landesregierung nachkommt - oder auch nicht -, sind sämtliche Kontrollrechte, beispielsweise Prüfungen durch einen ständigen Bevollmächtigten oder Be fragungen, an Mehrheitsentscheidungen gebunden.
Die CDU hat im Unterschied zu Ihnen erkannt, dass parlamen tarische Kontrolle auch Qualitätskontrolle ist. Ein schlecht kontrollierter Nachrichtendienst stellt kein Frühwarnsystem dar, sondern birgt Risiken. Stell dir vor: Die CDU fordert, was eigentlich die Linke will. - Diese Situation hatten wir vergan gene Woche schon im Innenausschuss.
Besonders erschütternd ist, dass Sie die Erkenntnisse aus drei Jahren parlamentarischer NSU-Aufklärung in Brandenburg weitgehend ignorieren und in einer „Lex ‚Piatto‘“ sogar kon terkarieren. So können nach Ihrem Gesetzentwurf selbst Mord verdächtige als V-Leute angeworben werden; denn der Aus schluss der Anwerbung ist an die Verurteilung geknüpft. Wer beispielsweise wegen eines Mordversuches verurteilt ist, der könnte aufgrund einer Ausnahmeregelung verpflichtet werden; denn diese Ausnahmeregelung gibt es auch noch. Ein Beispiel ist die sogenannte Lex „Barte“. Wer wie dieser V-Mann Mord aufrufe auf CDs verbreitet, kann auch künftig für den Branden
burger Verfassungsschutz arbeiten - wiederum als Ausnahme fall.
Wir Bündnisgrünen dagegen wollen, dass der Verfassungs schutz keine V-Leute mehr einsetzen darf, weil sie unserer De mokratie mehr schaden als nutzen. Wir wollen zudem - so ab surd es ist, dass man so etwas überhaupt fordern muss -, dass beim Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln - nachrich tendienstliche Mittel sind eben auch V-Leute - keine Straftaten mehr begangen werden dürfen.
Außerdem kritisieren wir, dass das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendienst und Polizei in Brandenburg aufgeweicht wird. Wenn es um die mehrfach im Verfassungsschutzgesetz erwähnte Anwendung von Gewalt geht, dann ist gerade nicht ein nur beobachtender Nachrichtendienst gefordert, sondern dann muss die Polizei eingreifen. Aus demselben Grund hat ei ne Gefahr-in-Verzug-Regelung nichts in einem Verfassungs schutzgesetz verloren.
Wir Bündnisgrünen lehnen diesen Gesetzentwurf ab, weil er zu viele nachrichtendienstliche Befugnisse enthält, viele Befug nisse obendrein nur unzureichend reguliert und die parlamenta rische Kontrolle nicht in ausreichendem Maß sichergestellt wird.
Wir Bündnisgrünen sind außerdem dagegen, dass der Personal bestand des Nachrichtendienstes um knapp 40 % aufgestockt wird - auf 130 Stellen. Heißt das eigentlich, dass der Verfas sungsschutz bisher kaum arbeitsfähig war, oder haben Sie schlicht das Maß verloren?
Ich habe mehrfach für unsere Fraktion erklärt, dass wir bei ei ner moderaten Aufstockung durchaus mitgegangen wären, ge rade was Spezialistinnen und Spezialisten zur Erhöhung der Analysefähigkeit angeht. Es spricht für sich, dass das Innenmi nisterium als Erstes zwei Stellen für V-Mann-Führer ausge schrieben hat.
Den Änderungsantrag der CDU-Fraktion lehnen wir selbstver ständlich auch ab. Wir loben zwar, was im Antrag in Bezug auf Regulierung von V-Leuten und Regelungen zur besseren Kon trolle durch die PKK gefordert wird, aber die ausgeweiteten Befugnisse, die noch weit über den Gesetzentwurf der Koaliti onsfraktionen hinausgehen, sind für uns absolut nicht zustim mungsfähig. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben Tau senden Bomben mit konventionellen Aufschlagzündern gingen nach Angaben der Stadt Oranienburg im Jahr 1945 insgesamt auch rund 10 500 Großbomben auf die Stadt nieder, ausgestat tet mit chemischen Langzeitzündern, die erst 12 bis 48 Stunden nach dem Aufprall der Bombe zünden sollten, wenn die Zivil bevölkerung sich bereits wieder in Sicherheit wähnte. Trotz zahlreicher Räumungen und Entschärfungen - seit 1990 wur den gut 200 Bomben entschärft - lauern noch immer etwa 270 Blindgänger mit chemischen Zündern in Oranienburger Böden. Es ist ein Rennen gegen die Zeit; denn die Frage ist weniger, ob sie eines Tages explodieren, sondern eher, wann.
Mit der Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 2. Februar 2018 - „Kampfmittelbeseitigung in Brandenburg verstärken: Einrichtung einer Modellregion Oranienburg“ - und des Be schlusses vom 14. Dezember 2018 rennt die Landesregierung bei uns offene Türen ein. Die Einrichtung einer „Modellregion Oranienburg“ unterstützen wir sehr gern.
Zur Umsetzung der Mammutaufgabe der Kampfmittelbeseiti gung sollen dem Zentraldienst der Polizei mit seinem Kampf mittelbeseitigungsdienst als Sonderordnungsbehörde zeitlich und regional begrenzt bestimmte zusätzliche Aufgaben erteilt werden. So soll etwa der Kampfmittelberäumungsdienst die fachgerechte Ausführung sämtlicher Kampfmittelbeseitigun gen kontrollieren, und auch Kampfmittelfreiheitsbescheinigun gen sollen nur noch durch den KMBD ausgestellt werden dür fen. Räumverfahren gewerblicher Kampfmittelräumfirmen müssen durch den KMBD freigegeben werden.
Angesichts der erwähnten Dringlichkeit, der weitgehenden Konsequenzen für die Sicherheit der Bevölkerung und des Ausmaßes der zu bewältigenden Aufgaben erscheint diese Bündelung sinnvoll, selbst wenn damit gewisse Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung verbunden sind. Wir halten die zeitliche und örtliche Begrenzung dennoch für richtig, um eine transparente Evaluierung zu befördern.
Sollte sich das Modell Oranienburg bewähren - was wir nun alle hoffen -, hätten wir möglicherweise eine geeignete Vorge hensweise gefunden und könnten diese auf weitere mit Kampf mitteln belastete Städte in Brandenburg übertragen. Also: Eine gute Sache! - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Ver treter der Community! Zum Abschluss der Wahlperiode reden wir heute über den „Aktionsplan Queeres Brandenburg“. Be vor es um die Inhalte geht, möchte ich sagen, dass die Etablie rung eines Aktionsplans aus bündnisgrüner Sicht ein Meilen
stein dieser Wahlperiode ist. Er ist ein starkes Zeichen gegen Hass, gegen die verstärkte homofeindliche Mobilisierung, ge gen queer- und genderfeindliche Hetze. Und es ist höchst er freulich, dass das Land Brandenburg hier tätig geworden ist, obwohl eigentlich der Bund eine Lösung versprochen hatte.
Warum ist uns der Aktionsplan - und noch mehr dessen gute Umsetzung - so wichtig? Laut der vom MASGF durchgeführ ten Befragung ist fast jede zweite queere Person unter 30 Jah ren nicht geoutet, während es bei den über 45-Jährigen 85 % sind. Dieses Ergebnis macht deutlich, wie wichtig es ist, in den Schulen und Jugendeinrichtungen, aber auch in Ausbildungs betrieben und Universitäten ein Klima zu schaffen, in dem Ju gendliche und junge Erwachsene ermutigt werden, zu ihrer se xuellen und geschlechtlichen Identität zu stehen. Deswegen freuen wir uns, dass - auch dank unserer Initiative - das Projekt „Schule unterm Regenbogen“ weiterfinanziert wird. Der Peerto-Peer-Ansatz von „Schule unterm Regenbogen“ ist geeignet, Jugendliche authentisch und direkt anzusprechen. Gleichzeitig bietet das Projekt aber auch ein Beratungsangebot für Lehr kräfte. An dieser Stelle möchte ich eindringlich an die zustän digen Ressorts appellieren: Dieses Projekt muss langfristig weiterfinanziert werden! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts sollen sich zukünftig durch eine Bestandssiche rung ganz auf ihre so wichtige fachliche Arbeit konzentrieren können.
Mit der Vielzahl an Neuanstellungen in den Schulen ist auch eine Chance der Bewusstseinsbildung verbunden. Dafür müs sen allerdings an den Hochschulen Themen wie Diversität, se xuelle und geschlechtliche Vielfalt fester Bestandteil der Curri cula werden. Wir freuen uns, wenn queere Hochschulgruppen Veranstaltungen zum Thema organisieren, und rufen die Hoch schulen dazu auf, sie dabei zu unterstützen. Die Universitäten dürfen aber nicht nur auf die Selbstorganisation setzen. Gerade im pädagogischen Bereich müssen die Lehrpläne entsprechend angepasst werden. Erfreulich ist, dass dies in der Polizeiausbil dung bereits geschehen ist. Denn die Anzeigebereitschaft nach Diskriminierungs- oder Gewalterfahrungen steigt, wenn die Betroffenen sicher sein können, dass sie in den Polizeiwachen auf vorurteilsfreie und über queere Belange informierte Poli zeikräfte treffen.
Unabhängig von unserem grundsätzlichen Lob für den Akti onsplan gab und gibt es an dessen Umsetzung einige Kritik - seitens der Verbände, aber auch von uns. Vieles, was wir Bünd nisgrüne bereits vor anderthalb Jahren kritisiert haben, ist im mer noch nicht gelöst. Dazu gehört die Frage der Landesregie rung, ob eine Handreichung für den öffentlichen Dienst erstellt werden soll. Für uns ist klar: Natürlich soll sie das! Die Hand reichung ist ein absolutes Muss, vor allem, solange es in die sem Land noch kein Antidiskriminierungsgesetz gibt.
Deutlich zeigt der Bericht auch die vielen Aspekte des Aktions plans, mit deren Umsetzung noch gar nicht begonnen wurde. Das ist an vielen Stellen enttäuschend und mag auch der kur zen Zeit geschuldet sein. Eines aber macht uns das klar: Der Abstand der Berichterstattung ist für ein derartiges Quer schnittsthema zu groß. Wir wünschen uns in der nächsten Wahlperiode eine häufigere Berichterstattung - nicht zwingend
immer im Plenum, aber ganz sicher im zuständigen Ausschuss. Passend dazu finden wir die heutige Redezeit viel zu knapp für dieses umfassende Thema, das alle Bereiche der Gesellschaft betrifft.
Am Ende möchte ich einen weiteren wichtigen Kritikpunkt an sprechen: Ein besonderes Problembewusstsein für Intersektio nalität atmet der Aktionsplan noch nicht. Aspekte wie die Mehrfachdiskriminierung queerer Menschen mit Behinderun gen werden nur angesprochen, und der Tatsache, dass sich der Gender Pay Gap auch in der queeren Community abbildet, wird nicht substanziell begegnet.
Wir haben in diesem Bereich in den nächsten Jahren noch viel zu tun! - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe zahl reich anwesenden Akteure aus den Beratungsnetzwerken des Toleranten Brandenburgs! Das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ steht exemplarisch für das, was auch in Bran denburg die Wehrhaftigkeit unsere Demokratie ausmacht: Zi vilgesellschaft, Staat und demokratische Parteien stehen eng zusammen, wenn extremistische Kräfte das Wertefundament unserer Gesellschaft untergraben wollen.
Vorurteilen und Hass begegnen wir bereits dort, wo sie entste hen, und schaffen Strukturen, die einer weltoffenen Gesell schaft Vorschub leisten - und das ist notwendig: Der jüngste Verfassungsschutzbericht zum Jahre 2017 beziffert das rechts extremistische Personenpotenzial auf 1 540 Personen und da mit auf den zweithöchsten gemessenen Stand seit 1993.
Das Tolerante Brandenburg ist eine Erfolgsgeschichte, die es weiterzuschreiben gilt, damit sie zukünftige Herausforderun gen stemmen kann. Die konsequente Weiterentwicklung und Aktualisierung des Konzepts dürfen wir bei aller Zufriedenheit mit den bisherigen Erfolgsbilanzen nicht aus dem Blick verlie ren. Insofern begrüßen wir den eingeschlagenen Weg der regel mäßigen Evaluierung durch die Wissenschaft. Auch das Parla ment leistet unter anderem mit der heutigen Debatte und der regelmäßigen Begleitung seinen Beitrag.
Eine nicht zu unterschätzende Stärke des Konzeptes sind seine Präsenz in der Region und seine Flexibilität. Allein das „De mokratie-Mobil“ war über 40-mal im Einsatz. Das mobile Be ratungsteam in Cottbus wurde als Reaktion auf das dort kon zentrierte Auftreten rechtsextremer Netzwerke gestärkt. Aufsu chen, unterstützen, ermutigen - diesem Motto macht das Kon zept alle Ehre.
Ein wichtiger Schritt ist die zum 1. Januar dieses Jahres erfolg te Einrichtung der Fachstelle „Antisemitismus“ in Trägerschaft des Moses Mendelssohn Zentrums. Hier wird sinnvoll an be stehende Strukturen angeknüpft und an Handlungsfähigkeit hinzugewonnen. Im Dezember 2018 veröffentlichte die Agen tur der Europäischen Union für Grundrechte eine Studie mit alarmierenden Ergebnissen. In Deutschland gaben 85 % der befragten Betroffenen an, dass Antisemitismus für sie ein Prob lem darstellt. Ich zitiere aus der Studie:
„Allein die Tatsache, jüdisch zu sein, erhöht die Wahr scheinlichkeit für die Betroffenen, anhaltenden Beleidi gungen in den verschiedensten Formen ausgesetzt zu sein […].“
Kürzlich äußerte sich der Antisemitismusbeauftragte der Bun desregierung, Felix Klein, dahin gehend, Juden nicht empfeh len zu können, jederzeit überall in Deutschland Kippa zu tra gen. Diese Entwicklung ist beschämend, und wir werden kei nen Zweifel an unserer Entschlossenheit aufkommen lassen, diesen Entwicklungen entgegenzutreten.
Auch populistische Bestrebungen müssen zukünftig stärker in den Blick genommen werden. Insbesondere der in den letzten Jahren erstarkte Rechtspopulismus will den Boden für eine An schlussfähigkeit rechtsextremistischen Gedankenguts an die gesellschaftliche Mitte bereiten. Der zivilgesellschaftliche Bei trag für ein Tolerantes Brandenburg ist sehr groß, und auch der Staat tut viel, um die Demokratie zu schützen.
Baustellen gibt es dennoch. Das umstrittene V-Leute-Wesen gehört dazu, was sich aus dem NSU-Untersuchungsausschuss bericht ableiten lässt. Herausstellen möchte ich hier aber auch das System der Strafverfolgung. Welche Botschaft sendet der Staat an die Zivilgesellschaft, wenn wegen vermeidbarer Ver fahrensverzögerungen ein NPD-Kader wie Maik Schneider aus der Untersuchungshaft entlassen werden muss?
Die AfD zeigt heute erneut, wes Geistes Kind sie ist. Es ist be zeichnend, dass sie das Konzept mit zahlreichen Anfragen in den Fokus ihrer ansonsten spärlichen parlamentarischen Akti vitäten gerückt hat und bekämpft. Sie beantragt heute die Ab schaffung des Konzeptes - das ist ein folgerichtiger Offenba rungseid.
Das Konzept stärkt die Zivilgesellschaft gegen Hass und Het ze, fördert eine offene Gesellschaft und entzieht so auch dem Rechtspopulismus seine Grundlage. Wer die Rede von Herrn Kalbitz heute gehört hat, weiß: Das Netzwerk „Tolerantes Brandenburg“ bleibt unverzichtbar für unser Land.
Die Betonung liegt bei diesem Handlungskonzept auf dem Handeln. Wenn ich den Bericht zur Umsetzung lese und in die ser Runde in die Gesichter der Demokratinnen und Demokra ten schaue, weiß ich, dass wir dieses Verständnis teilen und gemeinsam und entschlossen für ein Tolerantes Brandenburg eintreten werden. Davon zeugt auch der Entschließungsantrag von vier Fraktionen. Ein sehr gutes Zeichen!
Herr Jung, ich fühle mich in keinster Weise für Herrn Kunzel mann verantwortlich.
Aber ich möchte in anderer Weise auf Sie reagieren. Ihre Kurz intervention von vorhin, als Sie hier standen und mit hassver zerrtem Gesicht gebrüllt haben, hat mich erschreckt.
- Ja, ich weiß, dass Sie persönlich stark betroffen sind. Aber wie Sie sich in diesem Haus präsentiert haben, hat mich zu tiefst erschreckt.
Ich habe mich immer wieder klar geäußert, distanziert und ge sagt, dass ich persönliche Verfolgungen oder Demonstrationen vor Privathäusern von Politikern für inakzeptabel halte.
Aber der Auftritt, den Sie hier geliefert haben, zeigt uns, was wir von Ihnen zu erwarten haben. Da geht jede Begrenzung verloren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 unseres Grundgesetzes verpflichtet den Staat und damit auch das Land Brandenburg und seine Kommunen, die Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Nach Artikel 12 Abs. 3 unserer Landesverfassung muss das Land durch wirksame Maßnahmen in allen Bereichen für die Gleichstel lung von Mann und Frau sorgen. Zur Verwirklichung dieser Ziele im öffentlichen Dienst wurde am 04.07.1994 das Landes gleichstellungsgesetz verabschiedet. Es wurde im Dezember 2013 umfassend novelliert. Dabei wurde der Geltungsbereich auf privatrechtliche Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Landes und die Behörden der LDA und der LAkD ausge weitet und in allen Bereichen bei Unterrepräsentanz eine Frau enquote von 50 % eingeführt. Zusätzlich hat man die Bestel lung der Landesgleichstellungsbeauftragten gesetzlich veran kert, Gleichstellungspläne konkretisiert und den Tatbestand der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz aufgenommen - alles Maßnahmen, die unsere Fraktion außerordentlich begrüßt.
Ein absolutes Manko bei der Novelle 2013 war die völlig unzu reichende Stellung der kommunalen Gleichstellungsbeauftrag ten, die auch bei der Novellierung der Kommunalverfassung nicht behoben wurde. Die kommunalen GBA erfüllen eine Doppelfunktion: Einerseits wirken sie als „Agentinnen des ge
schlechterpolitischen Wandels“ in die Kommune hinein, ande rerseits üben sie die Funktion einer behördlichen Gleichstel lungsbeauftragten nach dem Landesgleichstellungsgesetz aus. Sie genießen aber nicht wie andere behördliche GBA automa tisch die Rechte nach §§ 22 - 24 LGG, sondern die kommuna len Vertretungen legen in ihren Hauptsatzungen fest, ob diese Rechte vollständig oder nur in Teilen für ihre Gleichstellungs beauftragten gelten.
Diese Situation ist völlig inakzeptabel! Sie führt zu unter schiedlichen Handlungsspielräumen und unzureichenden Mög lichkeiten - auch aufgrund der immer wieder beklagten Mehr fachbeauftragung. Im Land entsteht ein gleichstellungspoliti scher Flickenteppich, und gerade die männerdominierten kom munalen Vertretungen entscheiden über die Rechte derjenigen, die die Gleichstellungspolitik entscheidend voranbringen soll ten. Kein Wunder, dass der Anteil von Mandatsträgerinnen bei der Kommunalwahl 2019 gegenüber 2014 um sagenhafte 1,5 % gestiegen ist: von 26,9 % auf 28,46 %. So wird das nichts mit der Parität in den Kommunen! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben übrigens 98 Mandate auf kreislicher Ebene errungen, und davon gingen 49 an Frauen - eine Punktlandung. Wie schon im Vorbericht werden die kommunalen GBA nicht eigenständig betrachtet. Ihnen ist ein knapper Passus gewid met, in dem es um die Zusammenarbeit mit der Landesgleich stellungsbeauftragten geht - mehr nicht.
80 % der behördlichen GBA klagen darüber, dass trotz klarer gesetzlicher Rahmenbedingungen keine organisatorischen Maßnahmen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsaufwand ge troffen wurden, und wünschen sich zeitliche Entlastungen.
Erfreulich ist, dass bei der Gremienbesetzung erhebliche Fort schritte erzielt wurden - Stichwort: Aufsichtsräte landesbeteilig ter Unternehmen - und ein in etwa ausgeglichenes Geschlech terverhältnis erreicht wurde. Auch bei der Besetzung von Posi tionen in der politischen Führungsebene, der Privatwirtschaft und den obersten Landesbehörden schneidet Brandenburg im Ländervergleich gut ab. Bei den Beamtinnen bleibt weiterhin festzustellen, dass der Frauenanteil mit steigender Besoldungs gruppe sinkt und ab A 16 bei unter einem Drittel liegt.
Ernüchternd finde ich, dass der Anteil von Frauen an den Teil zeitarbeitenden 85 % beträgt und in den letzten zehn Jahren erneut um 10 % gestiegen ist. Dies bedeutet, dass der Löwen anteil familiärer Sorgearbeit unverändert bei den Frauen liegt - mit allen Auswirkungen, zum Beispiel auf den Rentenbezug.
Der siebte Gleichstellungsbericht offenbart, dass es bezüglich mehrerer gleichstellungsrelevanter Parameter Fortschritte gibt. Wo klare gesetzliche Regelungen bestehen, stellen sich auch sichtbare Erfolge ein. Deshalb ist es wichtig, diese klaren ge setzlichen Regelungen in allen gleichstellungspolitischen Fel dern zu schaffen - das gilt für das Wahlrecht genauso wie für die Entgeltgleichheit. - Ich danke Ihnen.
Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Im September 2018, nach Beginn des letzten Ausbil dungsjahres, waren fast 1 900 Ausbildungsstellen im Land Brandenburg nicht besetzt. Demgegenüber war die Zahl der jungen Menschen ohne Ausbildungsplatz mit rund 1 190 deut lich geringer. Rein mathematisch gesehen gab es also einen Überhang von Ausbildungsplätzen, ergo einen Bedarf an Aus zubildenden. - So viel auch zu der Sozialneid-Debatte.
Ebenfalls im letzten Sommer gab es mehrere junge Menschen, die nach längeren Praktika im gleichen Betrieb gerne eine Aus bildung begonnen hätten. Auch die Betriebe hätten sie gern als Auszubildende begrüßt und hatten ihnen bereits Verträge aus gestellt. Doch die Bereitschaft der Betriebe, die persönliche und fachliche Eignung der potenziellen Auszubildenden, das Missverhältnis zwischen der Zahl offener Ausbildungsplätze und der von Bewerberinnen und Bewerbern - das war alles ir relevant. Denn diese jungen Männer haben einen Fluchthinter grund. Deshalb können sie - ebenso wenig wie die interessier ten Betriebe - nicht frei entscheiden, ob sie den angepeilten Beruf erlernen dürfen.
Ausreisepflichtige Jugendliche und junge Erwachsene müssen zunächst eine sogenannte Ausbildungsduldung beantragen. Warum ist das so? Im August 2016 trat auf Bundesebene das Integrationsgesetz in Kraft. Mit ihm sollte auch integrations willigen jungen Geflüchteten über die Ausbildungsduldung ex plizit eine aufenthaltsrechtliche Perspektive geschaffen wer den. Diese sogenannte 3+2-Regelung ist eigentlich sehr zu be grüßen. Denn nicht nur junge Geflüchtete profitieren, auch die Betriebe im Land Brandenburg erhalten damit Perspektiven zur Gewinnung motivierter Beschäftigter.
Leider hat die Bundesregierung den Ländern aber erhebliche Interpretationsspielräume bei der Auslegung der 3+2-Regelung
gelassen. Eine landesweit sehr uneinheitliche Auslegungspra xis haben die Vertreterinnen und Vertreter der Kammern und des Flüchtlingsrats in der Anhörung zu unserem Antrag bestä tigt und stark kritisiert.
In einigen Landkreisen oder kreisfreien Städten wird die Dul dung völlig unkompliziert in einem transparenten Verfahren erteilt. In anderen hingegen fordern die kommunalen Auslän derbehörden die jungen Menschen im Zuge der Identitätsfest stellung zu Maßnahmen auf, die eine unverhältnismäßig hohe finanzielle oder persönliche Belastung der Betroffenen darstel len.
So wurde beispielsweise ein junger Mann, der mit 14 Jahren sein afrikanisches Herkunftsland verlassen hatte und dement sprechend über keinen Pass verfügt, aufgefordert, in sein Her kunftsland zurückzureisen, um sich dort einen Pass zu beschaf fen. Dann könne er ja versuchen, wieder nach Deutschland einzureisen, und die Ausbildung beginnen - das übrigens in dem Betrieb, in dem er bereits seit zwei Jahren als Praktikant tätig ist und der ihm bereits zwei Verträge angeboten hatte.
Solche Hürden sind de facto unüberwindbar. Für eine Ausbil dungsduldung nach der 3+2-Regelung reicht der Nachweis, sich ernsthaft um die Erlangung von Identitätspapieren bemüht zu haben. Oberstes Handlungsziel unseres Antrags war daher, die kommunalen Ausländerbehörden landesseitig dementspre chend anzuweisen und so im gesamten Land Brandenburg Pla nungssicherheit sowohl für die potenziellen Auszubildenden als auch für die Betriebe zu erreichen.
Wir sind erfreut über den guten Entschließungsantrag der Koa litionsfraktionen. Er bildet die Intention unseres Antrags gut ab und greift aktuelle bundesrechtliche Entwicklungen auf - ähn lich wie die vor zwei Wochen gefasste wohlwollende Be schlussempfehlung des Sozialausschusses. Wir stimmen dem Entschließungsantrag gern zu.
Danke schön. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol legen! Viele Menschen sehnen sich nach mehr Zeit: berufstäti ge Eltern oder Berufstätige, die ihre alten Eltern pflegen, Men schen, die sich in ihrer Erwerbsarbeit und im Ehrenamt enga gieren. Aus einer eher philosophischen Perspektive betrachtet verlieren sich viele Menschen auch einfach in den vielen Mög lichkeiten, die ihnen die Freizeit zu bieten hat, und fühlen sich dadurch wie gehetzt. Zwischendurch wird medial immer mal wieder sogar von Schulkindern berichtet, die schon in Zeitnot seien. Ich möchte daher bereits zum Anfang sagen: Das Thema Zeitknappheit hat sehr viele Facetten.
Die AfD-Fraktion möchte mit ihrem Antrag eine einfache Ant wort auf dieses Lebensgefühl geben, und wie so oft greift sie ganz tief in die Mottenkiste der deutschen Vergangenheit. Die Nationalsozialisten führten 1943 einen monatlichen Hausar beitstag für Mütter von Kindern unter 14 Jahren ein. An dieser Altersgrenze der Kinder orientiert sich nun auch die Fraktion der AfD im Brandenburger Landtag. In den Leistungen in den Sozialgesetzbüchern gelten teilweise ganz unterschiedliche Al tersmaxima der Kinder. Kongruent und empirisch begründbar sind diese meist nicht, und auch die AfD begründet die Wahl der Altersgrenze nicht. Sie lehnt sich an die damals gewählte Regelung an. Dass aber nicht mehr 1943, sondern 2019 ist, an erkennt die AfD dann offenbar doch ein wenig, indem sie auch die Väter in die Regelung aufnehmen möchte.
Nun ist es aber so, dass die Sehnsucht nach Zeit eben nicht durch drei respektive sechs zusätzliche freie Tage gestillt wer den kann. Wir brauchen keine Antwort aus dem letzten Jahr hundert, als Familien- und Erwerbsarbeit noch völlig anders und deutlich patriarchaler organisiert waren als heute, und ja, das gilt auch für die ehemalige DDR, in der dieser Tag den Frauen vorbehalten war - übrigens ohne Altersgrenze der Kin der. Das war kein emanzipatorischer Akt, sondern ein gesetz geberischer Minimaltribut an die gewollte Berufstätigkeit von Frauen. Die Geschlechterrollen hat die DDR-Regierung damit sogar regelrecht zementiert.
Im 21. Jahrhundert brauchen wir dagegen einen ganzen Strauß an Antworten, und zwar solche, die in unsere Zeit passen. Digi talisierung kann für mehr Zeitsouveränität sorgen. Behörden gänge können online vorbereitet, und zukünftig kann ganz si cher vieles auch ohne Besuch des Amtes erledigt werden.
Das ist aber nur ein kleiner Baustein. Viel wichtiger sind Ar beitsmodelle, die den Beschäftigten mehr Möglichkeiten ein räumen, über das Wieviel, Wann und Wo ihrer Arbeitsleistung mitzubestimmen. Auch ein echtes Rückkehrrecht in Vollzeit kann berufstätigen Frauen und Männern ermöglichen, sich um
andere Menschen zu kümmern, ohne sich sorgen zu müssen, beruflich aufs Abstellgleis zu gelangen. Eine bundesgesetzli che Pflegezeit setzt hier an, ebenso wie eine Berücksichtigung von Pflege- und familiären Sorgezeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Rente.
Ein weiterer Baustein wäre eine Weiterentwicklung der berufli chen Weiterbildung. Manchmal passen eine veränderte Le benssituation und die Erfordernisse des ursprünglich erlernten Berufes nicht mehr zusammen. Den Menschen hier über einen Aus- und Umbau des Systems der beruflichen Weiterbildung mehr Handlungsspielräume zu ermöglichen, ist nachhaltig und stärkt die Eigenbestimmung der Menschen.
Die Gewährleistung von drei bzw. sechs freien Tagen pro Jahr bedeutet kein Mehr an Selbstbestimmung und entspricht eher einer paternalistischen Grundhaltung.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Bei den Kommunalwahlen in eineinhalb Wochen wer den knapp 9 000 Mandate zu vergeben sein, 938 in den Kreis tagen und den Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte, über 6 000 in den Vertretungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Darüber hinaus werden Ortsvorsteher und Ortsbeiräte, 264 ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie in Uebigau-Wahrenbrück und Zehdenick hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt. Auf diese Mandate bewerben sich etwa 21 000 Kandidierende, knapp ein Drittel auf der kreislichen Ebene, gut zwei Drittel auf der Ebene der Gemeindevertretungen und der Stadtverord netenversammlungen der kreisangehörigen Städte.
Obwohl häufig von einer Krise der repräsentativen Demokratie oder angeblicher Demokratieverdrossenheit gesprochen wird, hat sich der Anteil der Kandidatinnen und Kandidaten bei den Wahlen zu den Kreistagen und den Stadtverordnetenversamm lungen der kreisfreien Städte um 8,4 % erhöht. Auf der kreisan gehörigen Ebene ist auch eine Zunahme zu verzeichnen - aller dings in geringerem Maße. Dies spiegelt die bekannten Proble me wider: Je kleiner der Ort, desto schwieriger ist die Gewin nung von Kandidierenden, insbesondere für Parteien. So stel len in den Gemeindevertretungen Parteilose etwa 25 % der Mitglieder. Äußerst bedauerlich ist, dass sich die Zahl der Frauen unter den Kandidierenden gegenüber 2014 nur margi nal erhöht hat. Somit ist auch nicht zu erwarten, dass sich an dem beschämend niedrigen Frauenanteil in unseren kommuna len Vertretungen grundlegend etwas ändern wird. Sie wissen, er liegt zwischen 23,3 und 25 %. Konsequente Frauenförde rung im politischen Ehrenamt und Paritéregelungen im Kommunalwahlrecht bleiben weiterhin aktuell.
Ein besonderes Augenmerk wird auch darauf zu richten sein, dass die parteipolitische Rechte 675 Kandidierende mobilisiert, darunter 85 % Männer, worauf ganz aktuell die Emil Julius Gumbel Forschungsstelle des Moses Mendelssohn Zentrums hinweist. Die Repräsentation und Partizipation aller Bürgerin nen und Bürger in allen Teilen des Landes zu verbessern muss deshalb weiterhin unser gemeinsames Anliegen sein.
Die Kommunen sind nicht nur Seismographen unserer Demo kratie, dort entscheidet sich das gelingende Zusammenleben. Es hängt ab von guter Anbindung - sowohl verkehrlich als auch digital -, der Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum, Bil dungsangeboten auf allen Ebenen und guter gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung. Um dies alles stemmen zu kön nen, müssen neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen eben auch die Kommunalfinanzen stimmen. Wir Bündnis grünen haben die mit dem letzten Doppelhaushalt auf den Weg gebrachten Teilentschuldungsprogramme für unsere Kommu nen immer unterstützt, ebenso wie die Anhebung der Ver bundquote.
Neben dem verbesserten kommunalen Finanzausgleich ist die Grundsteuer mit ihrem jährlichen Aufkommen von 270 Millio nen Euro landesweit für die Brandenburger Kommunen ein wesentlicher Baustein der Kommunalfinanzierung. Eine Ver abschiedung der Gesetzesnovelle auf Bundesebene bis zum
Jahresende ist unerlässlich. Wir fordern die Landesregierung in unserem Entschließungsantrag auf, sich weiterhin für eine wertabhängige Berechnung der neuen Grundsteuer und die Einführung einer optionalen Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke einzusetzen, um das spekulative Brachliegenlas sen von Baugrundstücken zu erschweren.
Meine Damen und Herren, Brandenburg vor der Kommunal wahl heißt auch Brandenburg vor der Europawahl, und diese Europawahl ist in ihrer Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als darum, ob wir die EU dem noch stärkeren verderblichen Einfluss von Rechts populisten und Rechtsextremisten aussetzen wollen, die den Nationalstaat predigen und unser gemeinsames Haus Europa zerstören wollen.
In einer sich unter dem Einfluss von problematischen Autokra ten polarisierenden Welt müssen wir in der EU zusammen stehen. Die großen Herausforderungen des Klimawandels, der Energiewende, des Artensterbens, einer sozial gestalteten Globalisierung sowie von Flüchtlingselend und Handels kriegen können wir nur gemeinsam bewältigen.
Deshalb sollten wir alle Brandenburger und Brandenburgerin nen motivieren, sich an den Kommunal- und Europawahlen zu beteiligen. Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen stieg von 29,9 % 2009 auf 46,7 % im Jahre 2014 - ein gewaltiger Sprung. Trotzdem ist da noch sehr viel Luft nach oben! - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Eine Frage stellte sich mir schon bei der ersten Lektüre Ihres Gesetzes: Warum so unverbindlich? Für die anstehenden Kommunalwahlen 2019 bilden Frauen nur 29 % der Kandidie
renden, auf der kreislichen Ebene sogar nur 27,8 % - und das vor dem Hintergrund, dass nach der Verabschiedung des Parité-Gesetzes am 31.01.2019 intensiv über den Anteil von Frauen auf den Wahllisten debattiert wurde. Die Aufstellung der Wahllisten stand also unter besonderer Beobachtung, ohne dass dies zu einem überzeugenden Ergebnis geführt hätte. Es besteht also Handlungsbedarf, und hat uns doch die Geschichte gezeigt, dass im Bereich der Durchsetzung von Frauenrechten mit unverbindlichen Vorschlägen nur wenig zu gewinnen war. Nie wäre es auch nur zu einer annähernden Gleichberechtigung gekommen, hätten sich nicht Elisabeth Selbert, eine der Mütter unseres Grundgesetzes und Juristin der ersten Stunde in West deutschland, oder Elli Schmidt, damals Vorsitzende des Demo kratischen Frauenbundes Deutschland in Ostdeutschland, für feste, verbindliche Regelungen eingesetzt.
Nur so haben wir viel erreicht bei der Gleichheit vor dem Gesetz.
Heute geht es um Chancengleichheit, für die ebenfalls die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen. Der Gesetzentwurf der CDU enthält hierzu einige vernünftige Ansätze, die wir in jedem Fall umsetzen sollten. Regelungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Mandat und Familie etwa durch die Übernahme von mandatsbedingten Kinder betreuungskosten oder die Bereitstellung von statistischem Datenmaterial wären hier zu nennen. Einige dieser sinnvollen Forderungen haben wir in einen gemeinsamen Entschließungs antrag mit den Koalitionsfraktionen aufgenommen, für den ich um Zustimmung bitte. Auch die vorgeschlagenen Regelungen zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen für Eltern sind sehr zu begrüßen und haben meine volle Unterstützung. Doch was die paritätische Beteiligung von Frauen im politischen Leben, bei Kandidaturen und Mandatsausübung angeht, so haben unverbindliche Soll-Regelungen, wie der Gesetzentwurf der CDU sie für die Wahlgesetze vorsieht, in anderen Bundes ländern keine merkliche Wirkung entfaltet. In Baden-Württem berg, welches über eine ähnliche Regelung in seinem Kommu nalwahlgesetz verfügt, konnte damit ein stolzer Frauenanteil bei den letzten Kommunalwahlen von 23,9 % in den Gemein deräten und von sagenhaften 18,9 % in den Kreistagen erreicht werden. In Rheinland-Pfalz wurde die Änderung des Wahlge setzes 2014 mit einer Soll-Regelung von einem Anstieg des Frauenanteils von 1,4 % begleitet. So kommen wir nicht weiter.
Für die Landesebene sind wir mit unserem Parité-Gesetz einen großen Schritt vorangegangen. Gleiches wollen wir in der 7. Wahlperiode auch für die kommunale Ebene auf den Weg bringen.
Mit einer Formulierung wie der vorliegenden könnten wir uns allenfalls das Gefühl verschaffen, etwas zu tun. Die Realität würde sich nicht substanziell ändern. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Was die Überschrift Ihres Antrags angeht, so sind wir noch einigermaßen bei Ihnen. Auch wir Bündnisgrüne setzen uns für einen Ausbau präventiver Maßnahmen in der Sicherheitspolitik ein. Ja, auch das Sicherheitsgefühl der Menschen ist ein wichti ger Faktor. Darüber hinaus soll natürlich die Sicherheit selbst weiter erhöht werden.
Dennoch halten wir den Duktus Ihres Antrages nicht für den richtigen; denn mehrfach wird nicht klar, warum nun gerade die in Ihrem Antrag genannten Mittel zielführend für den von Ihnen skizzierten Problemaufriss sein sollen. Zwar scheinen einige der Ziele, die Sie nennen, auf den ersten Blick vernünf tig. Polizeipräsenz vor Ort und die personelle Aufstockung mit jungen Polizistinnen und Polizisten sind sicher wünschens wert, sofern das ausgebildete Personal überhaupt zur Ver fügung steht. Auch die finanzielle Unterstützung von Präven tionsmaßnahmen begrüßen wir grundsätzlich.
All diesen Maßnahmen ist aber gemein, dass sie in groben Zügen bereits jetzt umgesetzt werden, auch wenn man selbst verständlich über die genaue Anzahl von Polizistinnen und Polizisten oder über die genaue Höhe finanzieller Unterstüt zung für Präventionsmaßnahmen streiten kann. Das Konzept „Kommunale Kriminalitätsverhütung“ - KKV - findet in Bran denburg seit vielen Jahren Anwendung. Einmal jährlich wird der sogenannte Landespräventionspreis vergeben.
Andere Maßnahmen aus Ihrem Katalog sehen wir sogar als kontraproduktiv an, etwa die Zuführung von Verwaltungsper sonal zur Entlastung der Vollzugspolizei. Kaum etwas ist so wesentlich für nachhaltige Sicherheit wie eine funktionierende Verwaltung, die Rechtssicherheit sowie Gleichbehandlung vor dem Gesetz gewährleistet und die ihr in die Hand gelegten Kontrollfunktionen ausüben kann. Das ist ebenfalls Prävention - fehlt hier das Personal, entfällt diese.
In Bezug auf die in Ihrem Antrag genannten Sicherheitspart nerschaften müssen wir zunächst betrachten, was diese über haupt leisten können. Erhöhen sie tatsächlich die Sicherheit oder sind sie nur gut für das Gefühl, etwas getan zu haben?
Sicherheitspartner handeln ohne hoheitliche Befugnisse nach dem sogenannten Jedermannsrecht. Sie verfügen über keinerlei polizeiliche Ausbildung und tragen keine Waffen. Sie sollen als aufmerksame Nachbarn die Polizei bei der Gefahrenabwehr unterstützen. Damit ist klar: Die von Ihnen in der Begründung Ihres Antrags besonders adressierten Kriminalitätsphänomene wie organisierte Kriminalität, grenzüberschreitende, politisch motivierte, Wirtschafts- oder Cyberkriminalität sind mit dem Mittel der Sicherheitspartnerschaften nicht zu bewältigen. Sicherheitspartnerschaften ersetzen keine einzige Polizistin und keinen einzigen Polizisten, können aber einer Ortschaft oder einem Dorf das Gefühl geben, es werde etwas getan. Ich bin nicht der Ansicht, dass der Ausbau von Sicherheitspartner schaften von oben verordnet werden sollte.
Auch in der Informationsbroschüre des MIK heißt es so schön:
„Vielmehr finden sich engagierte Einwohnerinnen und Einwohner auf Vorschlag der Einwohnerversammlung, der Gemeindevertretung bzw. der Stadtverordnetenver sammlung, einer Interessengemeinschaft oder sonstigen Institution des öffentlichen Lebens zusammen.“
Das können wir nicht von Landesebene verordnen.
Des Weiteren streben Sie eine „systematische Beseitigung von Angsträumen in den Kommunen“ unter anderem durch siche rungstechnische Anlagen wie Videoüberwachung an. Unsere Meinung zu Videoüberwachung kennen Sie. Wie bei dieser so ist auch bei anderen von Ihnen genannten Maßnahmen sehr in dividuell von Kommune zu Kommune, ja von Straße zu Straße zu beurteilen, ob die Maßnahme zielführend sein kann oder nicht; so allgemein formuliert werden wir Ihnen nicht folgen.
Schließlich schrammt Ihr Antrag leider an einigen Stellen wie der hart an unnötiger Stimmungsmache entlang: In Ihrem letz ten Punkt verlangen Sie ein Sicherheitssiegel für Kommunen, die erfolgreich ein Präventionskonzept umgesetzt haben. Der Schutzanspruch, den Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat haben, sowie das öffentliche Sicherheitsinteresse sind doch keine verhandelbaren Güter. Auch sind die Kommunen aufgrund vieler unterschiedlicher Faktoren wie geographische Lage, Bevölkerungsdichte- oder -struktur nicht miteinander vergleichbar. Einen Einstieg in einen fragwürdigen Überbie tungswettbewerb möchten wir verhindern, weshalb wir das vorgeschlagene Sicherheitssiegel ablehnen - ebenso wie Ihren Antrag.
Man könnte fast meinen, es stünden Kommunalwahlen an. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Krankheiten, die sind die manifest gewordenen Folgen sozialer Ungerechtigkeit. Diabetes mellitus Typ 2 gehört definitiv dazu. Wenn wir es ernst damit meinen, das Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern zu wollen, müssen wir unser Augen merk unbedingt auch auf die Verteilung von gesundheitlichen Chancen legen. Es kann uns nicht egal sein, dass ausgerechnet die mit niedrigem Sozialstatus assoziierten Gesundheitslagen im Land Brandenburg besonders stark ausgeprägt sind.
Der Bericht benennt deutlich die Sozialstruktur einer Region als eigenständigen Risikofaktor für die Auftretenshäufigkeit von Diabetes Typ 2. Das ist keine neue Erkenntnis. Ich hatte dazu bereits in meiner Rede im Juni 2017 den folgenden Ver gleich gebracht: Während in Hamburg-Blankenese das Diabetesrisiko bei nur 3,8 % liegt, erkranken in der Prignitz 14,1 % der Menschen im Laufe ihres Lebens daran. Aber auch im restlichen Land Brandenburg ist das Diabetesrisiko mit 11,5 % im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt von 9,2 % deutlich erhöht.
Besonders verheerend ist, dass sich das Diabetesrisiko in einer ungünstigen Vergesellschaftung mit anderen verhaltensbezoge nen und potenziell lebensverkürzenden Risikofaktoren befin det. Dazu zählen das Adipositasrisiko, namentlich aufgrund fehlender Bewegung und falscher Ernährung, sowie das Rauchen.
Was wir angesichts dieser Befundlage jedoch ausdrücklich nicht brauchen, ist ein moralisch erhobener Zeigefinger. Viel eher ist die hohe bevölkerungsmedizinische Relevanz ein deut licher Auftrag an uns, endlich die Gesundheitschancen armer Menschen zu verbessern.
Nun müssen mit Nachdruck Strategien für Prävention und Früherkennung vorangetrieben werden. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass wir bereits seit dem Jahr 2003 durch große Studien wissen, was in diesem Bereich machbar ist. Wis senschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen unter dem Motto „Lebensstil als Medizin“ darauf hin, dass bis zu 90 % der Erkrankungsfälle beim Typ-2-Diabetes verhindert werden können.
Vor diesem Hintergrund kritisieren wir viele Entscheidungen auf Bundesebene. Dazu gehören die beschlossenen Änderun gen beim Check-Up für über 35-jährige, der zukünftig nur noch alle drei Jahre in Anspruch genommen werden darf und noch dazu keine regulären Blut- und Urinuntersuchungen mehr zur Aufdeckung eines Diabetes beinhalten soll. Geradezu fahr lässig ist aus unserer Sicht angesichts der Trias Armut, Adipo sitas und Diabetes die gezielte Verschleppung der Einführung einer Nährwertkennzeichnung - auch als Lebensmittelampel bekannt - durch Bundesministerin Klöckner.
Aber auch auf Landesebene könnten wir mehr tun. Die Landes regierung nennt als eine Maßnahme die Diabetesprävention über das Bündnis Gesund Älter werden. Das ist richtig und sinnvoll, sie vergisst jedoch angesichts der im Bericht aufge zeigten deutlichen Verschlechterung des Diabetes: Bei hinzu kommender Demenz gehört das Thema unbedingt auch in das Kompetenzzentrum Demenz.
Ein besonders bedrückender Befund ist zudem die steigende Zahl von Kindern, die unter Adipositas leiden. Auch hier sind besonders häufig arme Kinder betroffen, mit allen negativen gesundheitlichen Folgen für den Rest ihres Lebens. Im Bünd nis Gesund Aufwachsen findet sich bisher aber viel zu wenig zur Diabetesprävention. Dabei müssen wir bei den Kindern an fangen. In höherem Lebensalter sind Lebensstiländerungen viel schwieriger umzusetzen.
Die Einflussnahme der Landesregierung auf den ambulanten Sektor hinsichtlich der Ausweitung der Teilnahme an struktu rierten Behandlungsprogramm - die DMP-Programme sind von der Ministerin angesprochen worden - ist sicher sinnvoll. Die Digitalisierung bietet für die lebensstilbezogene Präven tion, das Selbstmanagement und die Überwachung relevanter Parameter in der Behandlung des Diabetes ein erhebliches Po tenzial.
Unambitioniert zeigt sich die Landesregierung jedoch bisher mit ihrer Digitalisierungsstrategie. Der Aspekt Gesundheit als eigenes Handelsfeld kommt darin gar nicht vor. Das ist ein Fehler, der schnell korrigiert werden muss.
Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen ein risikobehaftetes
Gesundheitsverhalten zeigen. In dem wichtigen Lebensaspekt der Gesundheit müssen wir ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft verhindern. - Danke.
In einem Bericht der „Lausitzer Rundschau“ vom 28. März wird der Landrat von Oberspreewald-Lausitz dahin gehend zi tiert, dass bei mehrfach straffällig gewordenen Asylbewerbern eine Abschiebung folgerichtig und zwingend sei. Allerdings wurde erst Ende November 2018 der generelle Abschiebestopp ins Bürgerkriegsland Syrien von der Innenministerkonferenz verlängert und gilt auch für Senftenberg. Auf unsere Nachfrage hin wurde mitgeteilt, dass es sich bei der Rückreise nicht um eine Abschiebung, sondern eine freiwillige Rückkehr handele. Der Betroffene habe mehrfach den Wunsch geäußert, nach Sy rien zurückzukehren, und die entsprechenden Formulare unter zeichnet.
Ich frage die Landesregierung: Durch welche Maßnahmen wur de in diesem Fall der offenkundig besonderen Schutzbedürftig keit des Betroffenen als Psychiatriepatient Rechnung getragen, indem insbesondere sichergestellt wurde, ob dessen mutmaßli chem Willen bei der Unterzeichnung der Papiere entsprochen wurde?
Danke schön, Herr Innenminister. Ich habe drei Nachfragen:
Die eine Frage ist: Hat der Betroffene die Freiwilligkeitserklä rung in der Psychiatrie unterschrieben, und handelte es sich da bei um eine geschlossene Abteilung?
Die zweite: Laut MIK war der rechtliche Betreuer des Betrof fenen offenbar zugleich Rechtsvertreter in aufenthaltsrechtli chen Belangen. Ist das juristisch überhaupt zulässig?
Die dritte Frage ist: Der Landrat wird in der Zeitung dahin gehend zitiert, dass es sich um eine Abschiebung - Abschie bungen in ein Bürgerkriegsland sind im Moment ausgesetzt - handelt. Stünde es dem Innenministerium und Ministerium für Kommunales als Fachaufsicht nicht zu, darauf hinzuwei sen, dass in der Öffentlichkeit ein falscher Eindruck erweckt wird? Müssten Sie nicht den Landrat dahin gehend korrigie ren, dass Abschiebungen nach Syrien momentan nicht mög lich sind?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Land kann mit der Planung der Krankenhäuser wesentlich Einfluss darauf nehmen, mit welchen medizinischen Angeboten die Menschen an welchen Standorten versorgt werden. Doch nicht nur auf das „Was“ und das „Wo“ kann das Land hier Einfluss nehmen. Vor einigen Jahren hat der Bundesgesetzgeber mit dem Krankenhausstrukturgesetz einen neuen Maßstab für die Planung von stationärer Gesundheitsversorgung eingeführt, und zwar die Qualität. Wir Bündnisgrünen haben begrüßt, dass damit neben der Frage der Versorgungssicherheit, also dem „Was“ und dem „Wo“, die Frage des „Wie“ gestellt wird. Si cher spielen bei allen Beteiligten ohnehin Indikatoren zur Güte von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen schon immer eine wichtige Rolle. Für uns - das haben wir bisher immer deutlich gemacht - ist die Behandlungssicherheit der Patientinnen und Patienten jedoch ein zentrales Anliegen.
Nun sind die vorgeschlagenen Qualitätsindikatoren des G-BA - des Gemeinsamen Bundesausschusses - aber kein in Stein ge meißeltes Dogma und stehen zum Teil auch in der fachlichen Kritik. Zudem muss die Anwendung von Qualitätsindikatoren in einem dünn besiedelten Flächenland unter Versorgungsge sichtspunkten besonders sorgfältig abgewogen werden. Das Bundesgesetz gibt den Ländern die Möglichkeit, die vorge schlagenen Qualitätsindikatoren auszuschließen, damit diese nicht automatisch Bestandteil des Krankenhausplans werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bereitet sich die Landes regierung darauf vor, von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen zu können. Es ist daher ein Gesetzentwurf von großer Relevanz. Der Ausschuss und das Gesundheitsministerium sind mit dieser Relevanz angemessen umgegangen. Die Anhö rung zum Gesetzentwurf war sehr instruktiv, in Teilen aber auch durchaus emotional. Was vor allem deutlich wurde, sind die unterschiedlichen Perspektiven darauf, was eine gute stati onäre Versorgung ausmacht. Die Erfassung der Qualität medi
zinischer Leistungen ist komplex. Der Diskurs darüber, was das für die Krankenhausplanung hier im Land bedeutet, war es glücklicherweise auch.
Wir sind mit der im Ausschuss gefassten Beschlussempfehlung sehr zufrieden. Unser Änderungsantrag, der darauf abzielte, den Landesgesetzgeber stärker in die Entscheidungen der Kran kenhausplanung einzubeziehen, wurde angenommen. Zukünf tig muss der Gesundheitsausschuss des Landtages vor der An nahme oder der Ablehnung eines bundesseitig vorgegebenen Qualitätsindikators gehört werden.
Und nicht nur das: Die Aufnahme oder Ablehnung eines bun desseitig vorgegebenen Qualitätsindikators muss dem Gesund heitsausschuss auch fachlich begründet werden. Unsere Hoff nung ist, dass das Land mit den so hinzugewonnen Perspekti ven, mit diesem für jeden Patienten und jede Patientin hoch gradig relevanten Aspekt der Behandlungsqualität abwägend und in großer Verantwortung umgehen wird.
Ich freue mich darüber - es ist praktisch bei allen Rednern zum Ausdruck gekommen -, dass in Bezug auf dieses Abwägen, in wieweit die Qualität zu berücksichtigen ist oder wir wegen der Versorgungssicherheit Abstriche machen müssen, bei allen an gekommen ist, dass es nicht ein Entweder-oder sein kann, son dern wir wollen beides haben.
Wir sind zudem ausgesprochen froh, dass die Anhörung die Frage der Informationsweitergabe beim Verdacht auf Kindes wohlgefährdung näher beleuchtet hat. Die bisherige Regelung dazu im Landesgesetz war zwar durch eine bundesrechtliche Regelung faktisch obsolet geworden, der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen mit der Wiederaufnahme der Regelung in dieses Gesetz ist jedoch ein unmissverständliches Bekenntnis zum Schutz von Kindern. Bei Missbrauchsverdacht sind klar zugeordnete Zuständigkeiten ebenso unabdingbar wie transpa rente Kommunikations-, Kooperations- und Meldestrukturen.
Wir stimmen der Beschlussempfehlung des Ausschusses zum Gesetzentwurf zu und denken, dass er gut geworden ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäs te! Es ist gut, dass die Landesregierung nach fast 20 Jahren das Gesetz des Brandenburgischen Kurorterechts anfasst und über arbeitet. In dieser Zeit hat ein Umdenken stattgefunden. Die
Vorteile der Prävention und von Angeboten zum Erhalt der Ge sundheit sind mittlerweile breit anerkannt. Auch der Bundesge setzgeber hat mit dem Präventionsgesetz die Zusammenarbeit von Sozialversicherungsträgern, Ländern und Kommunen hin sichtlich des Angebots der Gesundheitsvorsorge gestärkt.
Viele Aspekte, die in der Begründung des Gesetzentwurfs ge nannt werden, sind richtig und zugegebenermaßen auch auf Orte, die weder Kurorte noch Erholungsorte sind, anwendbar.
Besonders allgemeingültig ist aus unserer Sicht die Argumen tation der Landesregierung für die Einführung eines kostenlo sen ÖPNV-Angebots für Gäste. Die Landesregierung geht - wie auch wir - davon aus, dass durch einen hochattraktiven ÖPNV dessen Inanspruchnahme steigen und damit einherge hend der motorisierte Individualverkehr abnehmen wird.
Die Landesregierung ist sogar bereit zu schlussfolgern, dass es damit zu einer spürbaren Verbesserung des Umweltschutzes kommen wird. Die Belastungen durch CO2-Emissionen wer den sinken, die Lärmemissionen werden geringer. Ebenso wird vermutet, dass bei einer verstärkten Inanspruchnahme des ÖPNV durch Besucherinnen und Besucher dessen qualitatives und quantitatives Niveau steigen wird und alle Bürgerinnen und Bürger davon profitieren werden.
Da kann ich nur sagen: Grün wirkt. Wir hoffen, dass die kom munale Ebene die Chance erkennt, die Möglichkeit eines fahr scheinlosen Verkehrsangebots nicht nur für Gäste, sondern auch für die Einwohnerinnen und Einwohner zu schaffen. Die Stadt Templin hat das bereits mit Erfolg eingeführt und pro biert weitere Modifizierungen aus.
Wir hätten uns gewünscht, dass im Zuge der Gesetzesänderung auch Anreize für Menschen geschaffen werden, die aufgrund ihrer sozialen Lage ein besonderes Gesundheitsrisiko haben. Wir sind gespannt, was die Landesregierung plant, damit die Angebote auch bei der schwer erreichbaren Gruppe der sozial Benachteiligten ankommen. Hier geht die Schere auseinander. Statistisch betrachtet, hat das unterste Fünftel der Bevölkerung, ausgehend von Ausbildung, Stellung im Beruf und Einkom men, ein mindestens doppelt so hohes Risiko, ernsthaft zu er kranken oder früher zu sterben, wie Angehörige des obersten gesellschaftlichen Fünftels.
Allen Menschen ist zu wünschen, noch möglichst viele gesun de Lebensjahre vor sich zu haben. Dafür brauchen sie neben guten Erholungsmöglichkeiten vor allem im Alltag die richti gen sozialen und ökonomischen sowie Umweltbedingungen.
Dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion, der es Kommunen erlaubt, auch von Tagesgästen Kurtaxe zu erheben, werden wir zustimmen. Wir halten es für sinnvoll, dass von diesem Ange bot Gebrauch gemacht werden kann, wenn die Kommune das wünscht. Insgesamt stimmen wir dem Gesetzentwurf selbst verständlich zu. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäs te! Am 7. März dieses Jahres fand im Ausschuss für Inneres und Kommunales eine umfangreiche Anhörung zur geplanten Ab schaffung der Straßenbaubeiträge statt. Neben Vertreterinnen und Vertretern der erfolgreichen Volksinitiative um die Freien Wähler, welche sich aus nachvollziehbaren Gründen ausnahms los für eine Abschaffung aussprachen, führten die geladenen Ex perten zahlreiche Argumente auf, welche Risiken und Probleme mit der Abschaffung der Beitragserhebung einhergehen.
Herr Prof. Driehaus, ehemals Vorsitzender Richter am Bundes verwaltungsgericht, wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass die von Befürworterinnen und Befürwortern einer Ab schaffung lautstark eingeforderte „Gerechtigkeit“ ein Irrglaube sei. Entlastet würden durch eine Beitragsabschaffung einzig und allein Grundstücksbesitzerinnen und -besitzer, weshalb der nun von SPD, Linken und Herrn Vida vorgelegte Gesetz entwurf treffender den Titel „Grundeigentümerentlastungsgesetz“ tragen müsse.
Die Ungleichbehandlung zwischen Grundstücksbesitzerinnen bzw. -besitzern und zur Miete wohnenden Menschen wird nicht die einzige bleiben. Bereits seit einigen Wochen errei chen mich E-Mails von Bürgerinnen und Bürgern, welche ihre Straßenbaubeiträge vor der geplanten rückwirkenden Stich tagsregelung zum 1. Januar 2019 entrichteten und sich nun be nachteiligt sehen. Dasselbe gilt für Brandenburger und Bran denburgerinnen, die weiterhin eine Zahlungsaufforderung für Erschließungsbeiträge zu ihrer Anliegerstraße erhalten. Erste Initiativen zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge sind be reits gestartet; wir haben hier ja mehrere Statements dazu ge hört. Das wird das Einfallstor sein.
Sehr geehrter Minister Schröter, wir sind bekanntermaßen recht selten einer Meinung, aber Ihren Bedenken bezüglich der finanziellen Belastung des Landeshaushalts durch den Gesetz entwurf Ihrer Partei sowie der Linken kann ich mich guten Ge wissens anschließen.
Der Bericht Ihres Hauses zur Weiterentwicklung der Straßen ausbaubeiträge beziffert die Mehrbelastung durch den Wegfall der Beiträge noch auf 25 Millionen Euro pro Jahr.
Mittlerweile stehen 31 Millionen Euro zur Debatte - plus eventu elle Mehrkosten durch Spitzabrechnungen einzelner Kommu nen. Neben der erheblichen Belastung des Landeshaushalts ist auch mit einer Zusatzbelastung der kommunalen Haushalte zu rechnen, wenn die dämpfende Wirkung der Straßenbaubeiträge auf die für erforderlich gehaltenen Ausbaumaßnahmen entfällt.
Eine von Sachverständigen angeführte Berechnung aus Bay ern, wo die Straßenbaubeiträge vor den Landtagswahlen 2018 ebenfalls abgeschafft wurden, zeigt, dass allein zum Substanzerhalt von Gemeindestraßen Finanzierungslücken von ca. 50 % entstehen. Diese müssten anderweitig geschlossen wer den, zum Beispiel durch Anhebung der Grundsteuer bzw. Kür zungen bei freiwilligen Leistungen wie Volkshochschulen oder Freibädern. Beide Optionen halte ich für inakzeptabel und sehe darüber hinaus die Gefahr, dass der Straßenausbau bis zur Klärung aller finanziellen Fragen zeitweilig zum Erlie gen kommen wird. Um dies zu verhindern, erwarte ich ebenso wie der Städte- und Gemeindebund, dass die Rechtsverord nung zur Erstattung der Kosten möglichst zeitgleich mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes in Kraft gesetzt wird.
Ebenso erwarte ich Lösungsansätze zur Beitragsproblematik bei Sandstraßen, von denen es in Brandenburg etliche gibt. Kollegin Richstein hat das Beispiel Falkensee angeführt. Wir haben nach der Wende 90 % Sandstraßen vorgefunden, die meisten älter als 80 Jahre. Das ist eine sehr komplexe Proble matik. Für die beitragspflichtigen Grundstückseigentümerin nen und -eigentümer wird schwer nachzuvollziehen sein, war um für eine Teilanlage einer Ausbaumaßnahme ein Beitragserhebungsverbot greift, andere Teilanlagen aber nach Erschlie ßungsrecht weiter abgerechnet werden sollen.
Wir Bündnisgrüne verkennen nicht den erheblichen politischen Druck, der gerade in Vorwahlzeiten durch die Abschaffung der Beiträge in anderen Bundesländern entsteht. Wir werden uns dem übermächtigen Wunsch nach Beitragsabschaffung nicht verweigern, sehen aber erhebliche Probleme bei der Ausgestal tung und den langfristigen Belastungen des Landeshaushaltes auf uns zukommen.
Der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für In neres und Kommunales stimme ich mit dem Wunsch nach ei ner perspektivreichen Diskussion zu und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Gäste! Verehrter Herr Nürnberger! Wer nach der rechtsterroristischen Mordserie des NSU und dem islamisti schen Terroranschlag von Anis Amri weiterhin den Versuch wagen will, die freiheitlich-demokratische Grundordnung mit einem Nachrichtendienst zu schützen, der muss dafür gute Gründe finden.
Er muss zudem den Entwurf eines Verfassungsschutzgesetzes vorlegen, der sicherstellt, dass der Nachrichtendienst wirklich dem Schutz der Verfassung dient - und nicht das Gegenteil der Fall ist. Denn allzu oft waren die Verfassungsschutzbehörden nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, auch hier in Brandenburg.
So hat der Informant „Piatto“ zeitweise den deutschen Brü ckenkopf zur Neonazi-Terrorgruppe „Combat 18“ in England gebildet. Der V-Mann Toni S. hat die Hassmusik-Strukturen, die er aufklären sollte, als Neonazi-Geschäftsmann maßgeblich geprägt und sogar Mordaufrufe auf CDs verbreitet.
All das geschah mit Wissen des Brandenburger Verfassungs schutzes. Trotz der Erfahrung mit diesen beiden Fulltime-Na zis will die rot-rote Regierungskoalition dem Verfassungs schutz künftig die Anwerbung von Rechtsextremisten ermögli chen, sofern ihre - ich zitiere - alleinige Lebensgrundlage nicht auf Dauer von den Geld- oder Sachzuwendungen des Verfas sungsschutzes abhängt.
Im Klartext: Wer einen Versand für neonazistische Hassmusik betreibt, kann verpflichtet werden, und wer für 450 Euro im Monat seinen Kameraden Kampfsporttraining erteilt, eben falls. Es soll also möglich bleiben, dass der Verfassungsschutz den überwiegenden Lebensunterhalt von Neonazis und ande ren Extremisten finanziert und ihnen damit ermöglicht, sich hauptberuflich extremistisch zu betätigen. Das ist verantwor tungslos!
Hinzu kommt, dass dieser mangelhaft begrenzte Einsatz nach richtendienstlicher Mittel nach dem vorliegenden Gesetzent wurf auch noch mangelhaft kontrolliert werden soll. So soll die Parlamentarische Kontrollkommission nur mit Zustimmung des Innenministers Beschäftigte des Verfassungsschutzes be fragen dürfen. Ein unbeschränkter Zugang der Landesdaten schutzbeauftragten zur Verfassungsschutzbehörde ist schlicht nicht vorgesehen.
Fehlanzeige auch, was persönliche Zugangs-, Akteneinsichts- und Befragungsrechte für die PKK-Mitglieder sowie Sonder voten in den PKK-Berichten betrifft; darauf hatte bereits Kol lege Redmann hingewiesen. Damit bleibt dieser Gesetzentwurf hinter mehreren Verfassungsschutzgesetzen in Deutschland zurück, die nach dem NSU-Desaster bereits geändert worden
sind. Das ist wahrlich keine Glanzleistung einer rot-roten Lan desregierung.
Dieser schlecht kontrollierte Verfassungsschutz soll sich künf tig bei Banken nicht nur die Personalien von Kontoinhabern verschaffen dürfen, sondern zudem Einblick in die Kontenbe wegungen nehmen dürfen. Von Telekommunikationsanbietern sollen auch jene Kundendaten abgegriffen werden - ich zitie re -, „mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird.“
Was soll daraus werden - eine Online-Durchsuchung ohne Staatstrojaner? Und welche Personengruppen soll der Verfas sungsschutz überhaupt auf diese grundrechtsverletzende Weise überwachen? Sofern es um Straftaten geht, ist die Polizei zum Einsatz solcher Mittel befugt und - anders als der Verfassungs schutz - auch dafür zuständig. Zur Erinnerung: Nicht nur Ter roranschläge sind strafbar, sondern bereits deren Vorbereitung und sogar die Vorbereitung der Vorbereitung. Spionage und Gewalt sind sowieso strafbar.
Vor diesem Hintergrund stellt sich nicht nur die Frage, ob der Brandenburger Verfassungsschutz solche nachrichtendienstli chen Mittel benötigt, sondern viel grundsätzlicher, ob ein Bun desland wie Brandenburg überhaupt einen Nachrichtendienst zum Schutz der Verfassung braucht. Vieles spricht dafür, dass ein unabhängiges Institut für Verfassungsschutz, das auf wis senschaftlicher Basis arbeitet, mehr zum Schutz der freiheit lich-demokratischen Grundordnung beitragen könnte als ein Nachrichtendienst.
Ich komme zum Stellenaufwuchs. Für unsere Fraktion habe ich immer gesagt, dass wir einer moderaten Erhöhung der Stellen zahl beim Verfassungsschutz aufgeschlossen und positiv ge genüberstehen. 37 neue Stellen für den Verfassungsschutz sind uns jedoch zu viele. Sinnvoll wären weitere Fachleute für die Analyse; in den ersten zwei von mehreren Ausschreibungen, die im Internet und sonst wo veröffentlicht wurden, werden aber ausgerechnet V-Mann-Führer gesucht.
Dass mit der Aufstockung von 37 Stellen ein SPD-Innenminis ter praktisch die Wahlkampfforderung der CDU umsetzt, wie der auf den Stand zu Zeiten von Jörg Schönbohm zurückzu kommen, finde ich äußerst fragwürdig.
Der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Inneres und Kommunales stimmen wir zu. Was die Personal aufstockung betrifft, so halten wir diese für entbehrlich. Sie haben doch bereits vollendete Tatsachen geschaffen - was sol len wir da noch groß debattieren? - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Das Gesundheitsministerium hat mit dem vorliegenden Bericht einen Teil der rot-rot-grünen Forderungen zu Konsequenzen aus dem Bericht der Taskforce Lunapharm erfüllt. Unser Hauptziel war es, Maßnahmen anzustoßen, die das verlorenge gangene Vertrauen in die staatliche Medikamentenaufsicht zu rückgewinnen können. Dafür ist eine funktionierende Fach- und Rechtsaufsicht essenziell, und es ist absolut zu begrüßen, dass nun im Gesundheitsministerium ein ausschließlich mit Belangen der Arzneimittel-, Apotheken- und Medizinproduk teaufsicht betrautes Aufsichtsreferat eingerichtet wurde.
Wir begrüßen weiterhin die übersichtliche Darstellung der personellen Maßnahmen dazu im vorliegenden Bericht: Sie erleichtert die parlamentarische Kontrolle sowie die im An trag formulierte Absicht, der Landtag werde die Aufarbeitung des Lunapharm-Skandals intensiv und kontinuierlich beglei ten.
Wir Bündnisgrünen wünschen uns ähnlich transparente Dar stellungen der vorhandenen Abteilungen, Referate, Aufgaben gebiete sowie zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für al le Ministerien und oberen Landesbehörden. Deshalb haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt, der hier morgen behan delt werden wird.
Deutlich wird im Lunapharm-Bericht die Herausforderung bei der Gewinnung geeigneter Fachkräfte. Weil das wahrlich kein neuer Befund ist, gibt es an dieser Stelle aus unserer Sicht kei nen Anlass, hier heute kritisch mit dem Finger auf die Hauslei tung des Gesundheitsministeriums zu zeigen. Ein Anlass, sich auf dem Argument des Fachkräftemangels auszuruhen, sollte es für das Ministerium allerdings auch nicht werden. Es hat viel in der Hand, seine wertvollen Fachkräfte langfristig zu binden. Der drastische Anstieg der Krankheitstage ausgerech net im Gesundheitsministerium und im LAVG ist ein echter Arbeitsauftrag für die Hausspitze, wenn sich Skandale um die gesundheitliche Versorgung der brandenburgischen Bevölke rung nicht wiederholen sollen.
Lobenswert finden wir die Aktivitäten der Ministerin auf der Ebene des Bundes und in der Zusammenarbeit zwischen den Ländern.