Protocol of the Session on December 13, 2017

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur 53. Sit zung des Landtages Brandenburg und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Ebenso begrüße ich auf das Herzlichste Gäste, die auf der Besuchertribüne Platz genommen haben, sowie Zuschauer außerhalb des Saales, die unsere Plenarsitzung mit verfolgen. Ihnen allen ein herzliches Willkommen heute Mor gen!

(Allgemeiner Beifall)

Vor Eintritt in die Tagesordnung informiere ich Sie darüber, dass der Antrag „Fördermöglichkeiten von lokalen TV-Anbie tern im Land Brandenburg erweitern“ auf Drucksache 6/5356 vom Antragsteller zurückgezogen worden ist.

Gemäß § 20 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung informiere ich Sie darüber, dass die SPD-Fraktion mit Schreiben vom 21. No vember 2017 angezeigt hat, dass sie am selbigen Tage Frau Ab geordnete Simona Koß zur stellvertretenden Fraktionsvorsit zenden gewählt hat. Herzlichen Glückwünsch!

(Beifall SPD, CDU, DIE LINKE und B90/GRÜNE)

Des Weiteren informiere ich Sie darüber, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 angezeigt hat, dass sie am selben Tag Frau Abgeordnete Ursula Nonnemacher und Herrn Abgeordneten Axel Vogel zu den Fraktionsvorsitzenden gewählt hat. Zudem hat die Abge ordnete Nonnemacher weiterhin die Funktion der Parlamentari schen Geschäftsführerin inne. Auch Ihnen beiden herzlichen Glückwunsch! Auf weiterhin gute Zusammenarbeit!

(Beifall SPD, DIE LINKE, CDU und B90/GRÜNE)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Gibt es von Ihrer Seite Bemerkungen zum vorliegenden Entwurf der Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung einstimmig beschlossen.

Für die heutige Sitzung sind einige ganztägige oder teilweise Abwesenheiten angezeigt worden. Sie betreffen Frau Heinrich, Herrn Kosanke, Herrn Nowka, Frau Schade und Herrn Weiß.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 der heutigen Sitzung auf:

Aktuelle Stunde

Thema:

Fernes Land, totes Land? Keine Option für Brandenburg!

Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 6/7738

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/7783 vor.

Wir beginnen die Aussprache. Zu uns spricht der Abgeordnete Schröder für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne! Die Fraktion der Alternative für Deutschland möchte die heutige Aktuelle Stunde dazu nut zen, auf einige Kernfragen der Landespolitik zurückzukommen.

(Raschke [B90/GRÜNE]: Kernfragen!)

Was bewegt die Menschen, was motiviert sie, und was ist für sie von Interesse? Sehr viele Menschen in unserer Heimat inte ressieren sich beispielsweise für so banal klingende Fragen wie: Wie kommt man von A nach B, und das nach Möglichkeit auch ohne Auto? Wo findet man den nächsten Supermarkt? Schienenverbindungen nach Berlin und Potsdam aus allen Ge genden unserer Heimat sind gefragt, und das übrigens nicht nur tagsüber, sondern auch nachts. Die Brandenburger wollen vor umherziehenden Diebesbanden sicher sein und eine Polizei, die genau dann da ist, wenn man sie benötigt.

Es interessiert sie, wie ihre Kinder zur Schule bzw. zum Kinder garten und wieder nach Hause kommen. Dabei ist es wichtig, dass die Kinder einen 100-Prozent-Unterricht an den Schulen und eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung und un politische Erziehung erhalten. Kinder sind begeisterungsfähig, meine Damen und Herren; sie sind unsere Zukunft. Sie müssen für handwerkliche Fertigkeiten, Kunst, Kultur, aber auch Ge schichte als Grundlage eines späteren selbstbestimmten, erfüll ten und erfolgreichen Lebens interessiert werden. Dem stehen mittlerweile vielerorts überfüllte Kindergärten und ständiger Unterrichtsausfall in den Schulen, ganz einfach weil Lehrer fehlen, gegenüber.

Ältere Menschen benötigen öfter ärztliche Behandlung und wollen medizinische Betreuung gesichert wissen. Sie wollen und sollen aktiv am Leben teilhaben und sind daher auf gut funktionierende Busverbindungen angewiesen.

Mittlere und kleinere Unternehmen benötigen schnelles Inter net via Glasfaserkabel und nicht auf den letzten hundert Metern einen Kupferkessel, aus dem sich höchstens eine Wassersuppe an Datenmengen schöpfen lässt - gemeint ist hier das Kupferka bel der Telekom. Auch private Haushalte benötigen ein schnel les Internet, denn auf dem Lande ist es oft hilfreich, wenn man vieles online bestellen kann.

Wer von breiter ärztlicher Versorgung spricht, der muss sich auch mit E-Health beschäftigen; die Möglichkeiten von EGovernment muss man eigentlich nicht gesondert erwähnen. Gleichzeitig gilt für die Schule der Zukunft auf dem Lande: Viele Defizite können durch E-Learning kompensiert werden. Breitbandausbau ist also das Stichwort.

Damit zusammenhängend und mit einem Ausrufezeichen ver sehen: Wir leben im 21. Jahrhundert! Kommen Sie, meine Da men und Herren der alten Kräfte, mal in der Gegenwart an!

(Frau Lehmann [SPD]: Der alten Kräfte?)

Provinzieller Kleingeist und Viel-Papier-Vollschreiben sind das Gegenteil dessen, was Sie immer wieder darzustellen versu

chen. Diese Vorgehensweise ist genauso überholt wie Ihr politi sches Handeln, das sich ausschließlich an Ihrer politischen Far benlehre orientiert.

(Beifall AfD)

Sie sind es doch, die ständig von Zukunftsfähigkeit und Chan cengleichheit schwadronieren. Dafür ist Ihnen, Herr Minister präsident, und Ihrer roten Entourage allerdings nichts Besseres eingefallen, als die Verwaltung neu strukturieren zu wollen. Sie sind davon ausgegangen, dass es ausreiche, Defizite effizienter und kostengünstiger zu verwalten, statt sie zu beseitigen - wo bei Ihr Erfolg bei diesem hanebüchenen Vorhaben - und dem lieben Gott sei an dieser Stelle heftigst gedankt - absolut nicht messbar ist.

(Frau Lieske [SPD]: Mit Danksagungen wäre ich mal ganz vorsichtig!)

Aber verweilen wir noch einen Augenblick bei den - übrigens völlig normalen - Wünschen der Brandenburger.

(Frau Lieske [SPD]: Hilfe!)

Niemand möchte in Industrieparks - bestehend aus Windrädern oder Solarflächen - leben. Diese durch den Energiewendewahn herbeigeführte Entstellung unserer Kulturlandschaften ist nicht das, was man unter einer lebenswerten Umwelt auf dem Lande versteht.

(Beifall AfD - Kurth [SPD]: Endlich wieder Atomkraft!)

Gesunde regionale Lebensmittel zum Beispiel, ohne dass unse re Bauern gezwungen sind, ihre Nutztiere ganzjährig in Ställen zu halten, weil Wölfe die Art der Nutztierhaltung diktieren - das ist etwas, was sich die Menschen wieder mehr und mehr wün schen, nicht nur bei uns im Lande, sondern auch in Berlin.

Die Leute wollen auch mal ausgehen. Sie wollen sich treffen, sie wollen sich unterhalten, sie wollen Kultur genießen. Ganz vorn steht aber der Wunsch nach einem gut bezahlten Arbeitsplatz - einem richtigen Arbeitsplatz, von dem man gut leben kann,

(Domres [DIE LINKE]: Das haben wir gestern im Bun destag gehört!)

und nicht nach einem prekären Job, der nur die Arbeitslosenstatistik aufhübscht.

Das und vieles mehr sind den Menschen im Lande Bedürfnisse. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, haben diese Bedürfnisse leider aus den Augen verloren. Einen anderen Schluss lässt der Entwurf - der erste Entwurf und die Vorschau zum zweiten Entwurf - des Landesentwicklungsplans Hauptstadtregion leider nicht zu.

(Beifall AfD)

Sie haben vergessen, dass die Mehrheit der Brandenburger - mithin mehr als 60 % - in den Dörfern und kleinen Landstädten abseits der großen Metropole zu Hause ist. Sie von der SPD und von der Linken machen nur noch Politik für Minderheiten - in diesem Fall einzig für die Minderheit der Bevölkerung im ber linnahen Raum. Anders als Sie, meine Damen und Herren von

Rot-Rot, fokussieren wir uns jedoch auf alle Menschen in unse rem Lande; wir lassen niemanden zurück.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: „Wir sind das Volk!“)

Wir vermeiden Aufteilungen in Entwicklungsräume und totgesagte Räume, so wie Sie sie - wenn auch unbewusst; aber Sie tun es - mit dem Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion vor nehmen.

Unser Land, meine Damen und Herren, benötigt keinen Plan, der sich schlussendlich wie Mehltau lähmend auf unserer Hei mat ausbreitet. Brandenburg benötigt regional differenziert ab gestimmte Konzepte. Ein Landesentwicklungsplan muss hier für einen maßvollen Rahmen vorgeben können. Aber er darf in seiner Wirkung niemals einschränkend sein. Vielmehr muss er die Akteure in den Dörfern und Städten motivieren und ermuti gen. Die Details müssen sich an den Bedarfen der Kommunen orientieren. Dies zu bewerkstelligen obliegt den Regionalen Planungsgemeinschaften, die übrigens erst einmal zu ertüchti gen sind, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden können - derzeit sind sie ja mit der Windkraft und der Rohstoffgewin nung beschäftigt.

Keinesfalls darf sich ein Landesentwicklungsplan anmaßen, über die Bedürfnisse der Menschen, die in ganz verschiedenen Gegen den ihr Zuhause gefunden haben, zu urteilen und über ihre künf tigen Lebensumstände einheitlich zu befinden. Vor allem die Dörfer und kleinen Landstädte müssen wieder an Bedeutung ge winnen. Die raumordnerische Dreistufigkeit muss auch in unse rer Heimat wieder Einzug halten, so, wie das in anderen Bundes ländern der Fall ist. Brandenburg benötigt die Stufe unterhalb der Mittelzentren. Die Grundfunktionalen Schwerpunkte müssen in das System der Zentralen Orte integriert werden. Dabei geht es um die Förderung regionaler Kompetenzen und deren finanzielle Ausstattung. Reine Worthülsen, die etwas suggerieren, was nicht ist, sind Papiertiger, die allerhöchstens das Gewissen des regie renden rot-roten Theaterstadels beruhigen.

(Beifall AfD - Zuruf von der SPD)

Nicht umsonst, meine Damen und Herren, sind viele Menschen in den ländlichen Räumen mit der herrschenden Politik unzu frieden, was übrigens auch die Umfrageergebnisse der En quetekommission unter Beweis stellen. Den ländlichen Räu men ist die Hilfe zu gewähren, die sie benötigen. Es sind Voraussetzungen zu schaffen, damit die Gemeinden nicht müs sen, sondern können dürfen. Nicht Vorgaben, sondern Vertrau en - Vertrauen in die Menschen - ist hier das Schlüsselwort. Die Entscheidungsträger vor Ort wissen nämlich genau, wo der Schuh drückt. Ihnen ist die Freiheit zu gewähren, ihre Vorhaben eigenverantwortlich umsetzen zu können. Ein Korsett von au ßen - mit den Vorgaben zur Siedlungsentwicklung - ist kontra produktiv und bringt Brandenburg absolut nicht voran.

Ich möchte, dass unserer Heimat der Stellenwert zukommt, den sie verdient. Brandenburg ist mitnichten nur der Vorgarten Ber lins, auch nicht der Klimaausgleichsraum und schon gar kein Freilandmuseum für gestresste Großstädter. Wenn zum Tragen kommt, was Sie von Rot-Rot präferieren, wird dies allerdings unseren stolzen Adler in Bälde sein Federkleid kosten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE - Zuruf der Abge ordneten Lieske [SPD])