Protocol of the Session on December 17, 2015

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 21. Sitzung des Landtages Brandenburg. Als Gäste möchte ich heute Morgen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizeiinspektion Havel land begrüßen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bevor wir über die Tagesordnung abstimmen, frage ich: Gibt es Bemerkungen von Ihrer Seite? Ich sage Ihnen vorweg, dass mir ein Antrag der CDU-Fraktion vorliegt, den ich hier verle sen möchte:

„Sehr geehrter Herr Präsident! Die CDU-Fraktion bean tragt für die 21. Sitzung des Landtages Brandenburg am 17. Dezember 2015 die Aufnahme eines zusätzlichen Ta gesordnungspunktes mit folgendem Wortlaut: ‚Bericht des Ministers der Justiz und für Europa und Verbraucher schutz und Aussprache zur Entlassung zweier wegen Se xualstraftaten Angeklagter aus der Untersuchungshaft durch das Landgericht Cottbus.‘“

Die CDU-Fraktion beantragt, dies als - zusätzlichen - Tages ordnungspunkt 0 auf die Tagesordnung zu setzen.

Ich frage die Antragsteller: Möchten Sie dazu noch etwas aus führen? Dann haben Sie nun Gelegenheit dazu.

(Frau Lehmann [SPD]: Was sagt denn die Präsidentin da zu?)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegen! Wir haben er fahren, dass das Oberlandesgericht Brandenburg ein Urteil ge fällt hat, auf dessen Grundlage zwei angeklagte Sexualstraftä ter aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten. Wir wollen die Gelegenheit nutzen, in einer Aussprache zu erör tern, welche Gründe dazu geführt haben und wie die Personal situation an den Gerichten ist, um diesen Sachverhalt aufzuklä ren.

Nun geht es um die Frage, ob wir dies auf die Tagesordnung setzen wollen. Es gibt auch die Möglichkeit, dagegen zu votie ren. Wer übernimmt das? - Frau Mächtig, bitte.

Frau Präsidentin! Herr Vizepräsident - um korrekt zu bleiben, Herr Eichelbaum! Ich bitte darum, die Aufnahme dieses Tages ordnungspunktes abzulehnen. Ich denke, dass die richtigen Orte für diese auf der Grundlage einer sachlichen Berichter stattung seitens des zuständigen Gerichts zu führenden Diskus sion das Ministerium und der Rechtsausschuss sind. Dies sollte kein Thema für die populistische Weihnachtsfete der CDU sein. Ich bitte, diesen Antrag abzulehnen.

(Oh! bei der AfD - Schröder [AfD]: Das kann ja wohl nicht wahr sein! Die kann nach Hause gehen, die Frau!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? - Bitte schön, Herr Dr. Red mann.

Frau Mächtig, der Verweis auf die Weihnachtszeit ist das unge eignetste Argument, um die Besprechung dieses Themas heute abzulehnen. Es geht ja nicht nur darum, aufzuklären, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist und dazu geführt hat, dass diese vorbestraften Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten. Es geht auch darum zu erfahren, welche Maßnahmen die Landesregierung in dieser Minute er greift, damit von diesen Tätern, die nun auf freiem Fuß sind, keine Gefahr für die Menschen in Brandenburg ausgeht. Damit kann man nicht bis nach der Weihnachtspause warten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und AfD)

Wir sind immer noch bei der Frage, wie die Tagesordnung aus sehen soll. Wenn es keine weiteren Wortmeldungen gibt, stim men wir darüber ab. - Bitte schön, Sie haben Gelegenheit zu sprechen.

Frau Präsidentin! Wir von der AfD-Fraktion erwarten, dass Herr Markov hier eine Stellungnahme abgibt, wie die Situation aussieht und was für die Bevölkerung und die Kinder getan wird. Wir haben aktuelle Fälle. Wir erinnern uns nur an den schrecklichen Fall im Schlaatz in Potsdam.

Ich erwarte eine Erklärung. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sind nicht angezeigt. Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen darüber ab, auf die heutige Tagesordnung einen Tagesordnungspunkt 0 mit dem Titel „Bericht des Ministers der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz und Aussprache zur Entlassung zweier we gen Sexualstraftaten Angeklagter aus der Untersuchungshaft durch das Landgericht Cottbus“ zu setzen. Wer zustimmt, dies als Tagesordnungspunkt 0 auf die heutige Tagesordnung zu set zen, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Tagesordnung. Wer der Tagesordnung in dieser Form seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung beschlossen.

(Unruhe bei der CDU)

Zu den Abwesenheiten teile ich Ihnen mit, dass die Abgeordne ten Frau Bessin, Hein, Frau Dr. Liedtke, Dr. van Raemdonck sowie der Abgeordnete Bretz ganztägig fehlen. Der Abgeord nete Dr. Gauland wird ab 18 Uhr abwesend sein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema:

Soziale Sicherheit für alle

Antrag

der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/3151

Dazu liegen Ihnen zwei Entschließungsanträge der AfD-Frakti on, Drucksachen 6/3217 und 6/3218, vor.

Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Zu uns spricht der Abgeordnete Wilke.

Das geht ja heute gut los. Vielleicht bekommen wir es hin, uns jetzt auf das neue Thema zu konzentrieren.

(Zurufe von CDU und AfD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nun die letzte Aktuelle Stunde in diesem Jahr. In ziemlich ge nau einer Woche werden wir alle, die wir hier sitzen - wie hof fentlich alle Brandenburgerinnen und Brandenburger -, bei der Familie sein und Weihnachten feiern. Wir können uns ganz si cher sein, dass bei diesem Weihnachtsfest ein Thema immer wieder eine Rolle spielen wird: die Sorgen, die Unsicherheiten, die Ängste mit Blick auf die Frage, welche wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Zuzug von ca. 30 000 Menschen nach Brandenburg im nächsten Jahr auf dieses Land haben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir hatten gestern ei ne, wie ich finde, sehr angemessene Aktuelle Stunde, eine sehr gute fraktionsübergreifende Diskussion über das Bündnis für Brandenburg und die Frage, wie wir diese Herausforderung am besten meistern können.

Wir können feststellen, dass es uns an dieser Stelle gelungen ist - das ist ein ganz wichtiges Zeichen -, fast fraktionsübergrei fend - mit einer Ausnahme, wie wir wissen - alle politischen Kräfte hier zusammenzuführen, um konstruktiv an der best möglichen Lösung zu arbeiten. Ich glaube, das stärkt das ange schlagene Vertrauen, und das stärkt auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

Genau darum geht es uns heute auch in der Aktuellen Stunde: Uns geht es um Vertrauen und Sicherheit. Wir wollen den Fo kus daher heute im Gegensatz zu gestern in eine etwas andere Richtung lenken. Uns geht es insbesondere um jene Menschen, die Angst vor Benachteiligung und Überforderung haben. Ich glaube, mit genau diesen beiden Begriffen kann man es auf den Punkt bringen; wir erleben nämlich genau das: Wir erleben Menschen, die Sorge haben, dass sie weniger bekommen wer den, weil andere Menschen zu uns kommen, und Benachteili gungen gegenüber dem Ist-Stand hinnehmen müssen - sei es in der Kita, in der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Woh nungsmarkt oder bei der gesundheitlichen Versorgung.

Wir erleben darüber hinaus Angst vor Überforderung. Das be trifft vor allen Dingen unsere Strukturen. Es ist die Angst, dass

Strukturen, die sich lange bewährt haben, hier überfordert sein könnten. Auch das berührt das Sicherheitsbedürfnis der Men schen. Mit diesen Fragen haben wir jeden Tag zu tun: bei Besu chergruppen hier im Landtag, im Wahlkreis und sicherlich auch in der Familie.

Und dann gibt es jene, die sagen „Ja, all das ist berechtigt. Sorgt euch! Ihr werdet benachteiligt. Wir werden überfordert sein.“ - jene, die sich dann zurücklehnen und sagen „Wir wol len das übrigens auch nicht schaffen“ sowie jede Gelegenheit nutzen, um weitere Ängste und Sorgen zu schüren. Menschen, die genau das tun, sitzen hier rechts.

Und es gibt jene hier im Landtag und im Land Brandenburg, die die große Mehrheit bilden, die sagen: Ja, wir verstehen die se Sorgen, und wir tun alles Mögliche dafür, dass sie sich als unberechtigt erweisen. Wir arbeiten hart dafür, diese Heraus forderungen zu meistern, und werden die Chance, die sich da mit verbindet, nutzen.

Mit dem Bekenntnis, das wir heute hier als Koalitionsfrakti onen und hoffentlich auch als gesamter Landtag abgeben, wol len wir den Hetzern und Aufwieglern den Boden entziehen und es den Menschen in diesem Land leichter machen, sich uns bei der Bewältigung der Herausforderung anzuschließen, indem wir ihnen Sicherheit und auch ein Stückchen Halt geben.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD - Schröder [AfD]: Das steht Ihnen frei!)

Wir sagen heute und hier ganz klar für die Landespolitik in Brandenburg, für das, was wir als Landtag verantworten kön nen: Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich als Folge der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen wird es in Brandenburg nicht geben.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Die Sorge und die Angst vor Benachteiligung braucht ihr nicht zu haben.

(Schröder [AfD]: Na prima!)

Wir fordern selbiges auch von der Bundesregierung. Wir for dern es deshalb, weil auch viele der sozialpolitischen Steuer instrumente bundespolitisch angesiedelt sind. Wir glauben, dass das auch nicht allzu schwer sein kann, denn 2008, in der Krise von Hypo Real Estate, waren es die Bundeskanzlerin und der Finanzminister, die eine ganz ähnliche Garantie - eine Art Sozialgarantie für die Spareinlagen der Bürgerinnen und Bür ger - gegeben haben. Nicht weniger und auch nicht mehr als das fordern wir in der jetzigen Situation auch.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Unser Ziel muss es sein, dass weder Arbeitslose, Hartz-IVEmpfänger, Obdachlose, Rentner, von Armut betroffene Fami lien noch Migrantinnen oder Migranten oder Geflüchtete oder andere Teile der Gesellschaft gegeneinander ausgespielt wer den.

(Schröder [AfD]: Das machen Sie doch!)