Protocol of the Session on June 8, 2016

Meine Damen und Herren, als unsere Gäste begrüße ich heute Morgen im Plenarsaal Schülerinnen und Schüler des Strittmat ter-Gymnasiums Gransee und Jugendliche aus dem evange lischen Pfarrsprengel Lindenau-Kroppen und Ortrand-Großkmehlen. Herzlich willkommen bei uns im Plenarsaal!

(Allgemeiner Beifall)

Bevor wir in die Sitzung eintreten, teile ich Ihnen mit, dass der Ministerpräsident nach § 31 der Geschäftsordnung angezeigt hat, das Wort ergreifen zu wollen. Herr Ministerpräsident, bit te.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Seit dem 27. Mai erreichen uns fast täglich, mitunter so gar im Stundentakt Unwetterwarnungen für Deutschland, für die verschiedensten Regionen unseres Landes. Seit dem 27. Mai gab es in mehreren Ländern schwere Unwetterkata strophen; ich denke nur an die Situation in Bayern, in BadenWürttemberg - in beiden Ländern sind leider mehrere Tote zu beklagen - und an die Situation in Nordrhein-Westfalen.

Wir Brandenburgerinnen und Brandenburger haben bei den Hochwasserkatastrophen in den letzten Jahrzehnten große Un terstützung aus der gesamten Bundesrepublik erfahren, haben diese Hochwasserkatastrophen auch dank dieser Unterstützung meistern können und sind im Großen und Ganzen - so schlimm die Ereignisse im Einzelnen waren und so viel Einsatz sie auch gekostet haben - glimpflich davongekommen.

Ich möchte von dieser Stelle aus alle Brandenburgerinnen und Brandenburger bitten, die große Unterstützung und Spenden bereitschaft, die uns zuteilgeworden ist, auch den von den jet zigen Katastrophen Betroffenen zu zeigen. - Ich danke Ihnen.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank. - Ich frage, da das Wort theoretisch auch von den Fraktionen ergriffen werden könnte, ob das gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Sitzung ein.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie herzlich zur heu tigen 29. Sitzung des Landtages Brandenburg. Vor Eintritt in die Tagesordnung informiere ich Sie darüber, dass Herr Stefan Ludwig mit Ablauf des 5. Juni 2016 auf sein Mandat im Land tag Brandenburg verzichtet hat.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [B90/GRÜNE] und der AfD)

Der Landeswahlleiter hat mir mitgeteilt, dass Frau Bettina For tunato seit dem 6. Juni 2016 Mitglied des Landtages Branden burg ist. Sie gehört der Fraktion DIE LINKE an. Frau Fortuna to, herzlich willkommen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, CDU, B90/GRÜNE sowie BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Des Weiteren informiere ich Sie darüber, dass der Ausschuss für Haushalt und Finanzen in seiner Sitzung am 26. Mai 2016 Herrn Abgeordneten René Wilke zum stellvertretenden Vorsit zenden gewählt hat. Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch! Auf gute Zusammenarbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Abschließend informiere ich Sie vor Eintritt in die Tagesord nung darüber, dass der Antrag „Ein Aktionsplan für mehr Viel falt und Akzeptanz“ auf Drucksache 6/5214 vom Antragsteller zurückgezogen worden ist.

Meine Damen und Herren, gibt es Ihrerseits Bemerkungen zum Entwurf der Tagesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die Tagesordnung abstimmen. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Tagesordnung einstimmig zuge stimmt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Mobilität auf der Schiene für Menschen und Güter auf dem Abstellgleis oder Mobilität auf der Schiene stärken?

Antrag

der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/4277

Wir eröffnen die Aussprache. Zu uns spricht die Abgeordnete Tack für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Zur Aktuellen Stunde wollen wir uns auf das Thema „Mobilität auf der Schiene stärken“ konzentrieren. Das ist unser Thema, denn die Mobilität gewinnt für Menschen und Güter an Bedeutung. Eine zukunftsfähige und nachhaltige Mobilität bietet eine Per spektive. Hinzu kommt, dass die Sicherung der Daseinsvorsor ge und auch der verfassungsmäßige Auftrag der Landesverfas sung, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen des Landes zu garantieren, ein hoher Anspruch ist, der zu berück sichtigen ist. Die Entscheidung der DB AG zum Personenfern- und Güterverkehr aber, die immer noch offene Frage der Ver teilung der Regionalisierungsmittel des Bundes auf die Länder und - auch ganz aktuell - der Entwurf des Bundesverkehrs wegeplanes 2030 bringen gravierende Probleme für die Ent wicklung des Personen- und Güterverkehrs mit sich und haben maßgebliche Auswirkungen auf uns in Brandenburg.

Die neueste Hiobsbotschaft lautet, dass die DB Cargo künftig 27 Güterbahnhöfe bzw. Zugangsstellen in Brandenburg nicht mehr bedienen will. Bundesweit sind es sogar über 200. Noch mehr Fernbus- und Güterverkehr auf der Straße wird zum Trend. All das, meine Damen und Herren, ist nicht der richtige Weg - den die DB AG hier geht - und nicht im Sinne einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Das zeugt auch nicht von Verantwortungsbe wusstsein für den Klimaschutz, den wir dringend brauchen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Tatsache ist: Die auf dem deutschen Schienennetz transpor tierte Gütermenge sank von Jahr zu Jahr, zum Beispiel 2014 um 2,3 % und im Jahre 2015 um ein weiteres Prozent. Beson ders bedenklich ist, dass der Versand aus dem Ausland sogar um 6,5 % abnahm.

Insgesamt - keine Frage, jeder spürt es - wuchs der Güterver kehr in Deutschland, aber eben leider nicht auf der Schiene, sondern auf der Straße. Genau das bemerken wir alle auch im Land Brandenburg, nicht nur an den Verkehrsnachrichten, die uns täglich ereilen, sondern auch am Unfallgeschehen. Auch die eigenen Erfahrungen, die wir sammeln, wenn wir unter wegs sind, verdeutlichen uns das. Das Prinzip „Stoßstange an Stoßstange“ auf unseren Autobahnen und Bundesstraßen ist für die Zukunft, meine Damen und Herren, nicht tauglich.

(Beifall DIE LINKE, SPD und der Abgeordneten Schade [AfD])

Worin liegt dieser anhaltende Trend begründet? Die Antwort ist eindeutig: Die bundespolitischen - im wahrsten Sinne des Wortes - Weichenstellungen befördern diesen Trend. Das hal ten wir mit Blick auf eine zukunftsfähige Verkehrspolitik für falsch. Ein Beweis dafür ist der vom Kollegen Dobrindt einge brachte Entwurf des Bundesverkehrswegeplans, wieder eines seiner misslungenen Projekte; ich komme später darauf zurück.

Erstens liegt die Ursache in den ungleichen Wettbewerbsbedin gungen der Verkehrsträger Straße und Schiene. Nach wie vor - seit der Bahnreform vor nun schon 22 Jahren - wird die Mobili tät auf der Schiene insgesamt benachteiligt, da Trassen- und Stationspreise so stark ins Gewicht fallen, dass der kostengünstigere Transport auf der Straße vorgezogen wird. Die Benach teiligung des Schienenverkehrs muss abgeschafft werden; es ist höchste Eisenbahn!

(Beifall DIE LINKE, SPD und B90/GRÜNE)

Zweitens: Im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 ist die Ankündigung der Bundesregierung, eine Umkehr zu den ökologischen Verkehrsträgern vollziehen zu wollen, eben nicht umgesetzt. Im Plan sind die auf Straßen und Autobahnen bezo genen Projekte genau verifiziert. Auch Brandenburg ist da an gemessen berücksichtigt. Bei der Schiene ist das nicht so. Hier gibt es mehr Unklarheiten als Gewissheiten, auch für das Land Brandenburg. Ich verweise noch einmal auf das angemeldete Schienenprojekt zweispuriger Ausbau Cottbus-Lübbenau, wo Brandenburg in Vorleistung geht. Dieses Projekt hat es bisher nicht einmal in den vordringlichen Bedarf geschafft.

Wir sagen, wir brauchen für die nächsten Jahrzehnte eine zu kunftsfeste Verkehrsplanung, um eine zukunftsfähige Ver kehrsentwicklung zu sichern. Wir wollen, dass mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraßen verlagert wird.

(Beifall DIE LINKE)

Dafür sind die Prioritäten in der Koalitionsvereinbarung zwi schen SPD und Linke gesetzt. Wir brauchen dafür aber die ge setzliche Unterstützung des Bundes.

(Jungclaus [B90/GRÜNE]: Ich sage nur Gigaliner!)

- Wir kommen darauf zurück; Sie werden sicherlich darauf ein gehen, Herr Jungclaus.

Wir brauchen mehr durchgängige Elektrifizierung und Zwei gleisigkeit, vor allen Dingen ins Nachbarland Polen. Die ver abredeten Projekte - zum Beispiel die Ostbahn, die im Plan gar nicht vorkommt - finden da nur nachrangige Berücksichtigung. Damit wird sich Brandenburg nicht abfinden, sondern der künftige Bundesverkehrswegeplan muss das Genannte leisten.

(Beifall DIE LINKE)

Drittens zur Verantwortung der Deutschen Bahn AG: Es war meines Erachtens die falsche Entscheidung, dass die Bahn AG in den letzten 22 Jahren - seit der Bahnreform - die Gleisan schlüsse für den Güterverkehr von etwa 13 000 auf 2 200 im Jahr 2014 reduziert hat. So, meine Damen und Herren, sind At traktivität und Anreiz für den Güterverkehr mangels Gleisan schluss nahezu verloren gegangen. Das hat zur Folge, dass bis her durchgehende Verkehrsketten auf der Schiene nicht mehr interessant sind und der Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert wird und dort fährt.

Auch die Absicht, in Brandenburg weitere 27 Güterverkehrs stellen oder Güterbahnhöfe zu schließen oder nicht mehr zu be dienen, führt auf den falschen Weg. Da ist es auch kein Trost, dass DB Cargo all das noch mit der Politik beraten möchte. Wir sagen: Die Streichliste der Güterbahnhöfe gehört gestrichen!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir haben in Brandenburg gut und zuverlässig arbeitende Güterverkehrszentren, die kombinierten Verkehr auf Schiene, Straße und auch Wasserstraße - zum Beispiel im GVZ Hafen Wustermark - anbieten. Dafür brauchen wir DB Cargo als zu verlässige Partnerin auch künftig. Das ist Brandenburgs Forde rung an die Bahn. Geht es nach DB Cargo, wird auch der Bahnhof Wustermark aus ihrer Vermarktungskarte gestrichen. Das ist die falsche Strategie, sagen wir.

Uns geht es um einen zuverlässigen Schienenverkehr - nicht nur für die großen Zulieferer - und um Arbeitsplätze auch bei der Bahn, zum Beispiel in ihren Bahnwerken in Cottbus und Wittenberge, und vor allen Dingen für die Unternehmen in den Regionen. Die Rückzugsstrategie der Deutschen Bahn in Ge stalt der Schließung des Bahnwerks Eberswalde hat uns in Brandenburg überrascht und sehr getroffen. Das war und ist ein wichtiger Standort für den Schienenverkehr und auch für die Schienenverkehrstechnik und zugleich ein wichtiger Standort für Arbeitsplätze in der Region. Ich sage noch einmal: Verant wortungsvolles Handeln des Bahnvorstandes in den Regionen sieht anders aus.

(Beifall DIE LINKE)

Die Landesregierung und alle im Werk Beteiligten - auch die Gewerkschaften und die Vertreter der Stadt - konnten dank des klugen Verhandelns eine Lösung zum Erhalt des Werkes mit einem neuen Investor finden. Die Lösung ist allerdings befristet, wie wir wissen, auch das bringt große Unsicherheit mit sich.

Meine Damen und Herren! Die Deutsche Bahn AG hat sich ganz offensichtlich übernommen. Sie ist unpünktlich, fährt täg

lich ca. 8 000 Stunden - täglich ca. 8 000 Stunden! - Verspä tung ein, hat einen unzureichenden Service, weil sie viel Perso nal abgebaut hat, und hat sich mit Großinvestitionen, zum Bei spiel Stuttgart 21, total verausgabt.

Wir erwarten, dass die Deutsche Bahn AG als hundertprozen tige Tochter des Bundes ihrer Verantwortung für einen zuver lässigen Fernverkehr auf der Schiene im Personen- und im Gü terverkehr endlich wieder Rechnung trägt.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Nonnema cher [B90/GRÜNE])