Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur 47. Sit zung des Landtages Brandenburg. Ich frage Sie: Gibt es von Ihrer Seite Bemerkungen zum vorliegenden Entwurf der Ta gesordnung? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich darüber abstimmen. Wer der Tagesordnung folgt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es gibt kei ne Gegenstimmen und auch keine Enthaltungen, damit ist die Tagesordnung einstimmig beschlossen.
Weiterhin liegen ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion auf Drucksache 6/6872 sowie ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/6879 vor.
Wir beginnen die Aussprache am heutigen Morgen. Zu uns spricht Frau Abgeordnete Lieske für die SPD-Fraktion.
Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Werte Gäste! Wir starten heute mit einem wichti gen Thema, dem Verkehr in Berlin und Brandenburg, in den Tag. Herr Genilke, das ist doch Ihr Lieblingsthema, der Ver kehr in Brandenburg.
Wir können eine positive Situation verzeichnen, die vor zehn Jahren so noch nicht abzusehen war: Unsere Metropole im Herzen von Brandenburg wächst. Sie wächst seit den letzten zehn Jahren immer stärker und mit ihr wachsen auch die Be völkerungsströme in das Land Brandenburg.
Deshalb haben wir als Koalitionsfraktionen im September 2016 wohlweislich den Antrag „Wachstumschancen für das
ganze Land Brandenburg nutzen“ gestellt. Und wir kommen immer wieder auf diese Worte zurück. Bei all dem, was damit verbunden ist, treffen wir immer wieder auf die gleichen Schlagwörter. In dem Antrag wurde die Abstimmung der Stra tegie zur Landesentwicklung mit der Mobilitätsstrategie, der Stadtentwicklung und der Unterstützung der Regionalen Wachstumskerne gefordert, damit alle Landesteile ihre Stärken ausbauen können.
Nicht von ungefähr sind von den vier Strategien drei aus dem Haus von Ministerin Schneider, denn Infrastruktur spielt bei der Entwicklung des ganzen Landes und der Bewältigung der vor uns stehenden Herausforderungen immer wieder die ent scheidende Rolle.
Das ist uns in der Anhörung zum Entwurf des Landesentwick lungsplanes wieder ganz besonders deutlich geworden. Die Experten haben uns bestätigt, dass Brandenburg und Berlin es in den vergangenen 27 Jahren geschafft haben, eine verkehrs sparende und damit nachhaltige Siedlungsentwicklung zu ge nerieren. Die Entwicklungsachsen der Verkehrsradialen er möglichen eine Ausstrahlung des Wachstums in Berlin und seinem Umland bis in entfernte Regionen. Wir sprechen hier bei von den Städten aus der zweiten Reihe, und ich darf Ihnen sagen: Fürstenwalde, Neuruppin, Königs Wusterhausen, Bran denburg und auch Eberswalde verstehen sich schon lange als Städte in der zweiten Reihe und bereiten sich genau auf dieses Thema intensiv vor. Frau Tack, Herr Vogel und ich konnten das beim Städteforum sehr deutlich erkennen. Die Städte sind be reit, Bevölkerungswachstum zu generieren, und sie sind mit ihren Strategien ganz an der Seite der Landesstrategie.
Aufgrund der vorhandenen Potenziale können weitere Aus strahlungseffekte erwartet werden. Wenn beispielsweise die Verkehrsachsen nach Berlin, Hamburg, Dresden oder Leipzig in die Betrachtung einbezogen werden, haben auch Städte wie Schwedt weitere Entwicklungsmöglichkeiten.
Wir haben in der Stellungnahme des Ausschusses für Infra struktur und Landesplanung zum Landesentwicklungsplan deutlich gemacht, dass diese Achsenverflechtungen im LEP HR stärkere Beachtung finden sollen und die Landesplanung einen geeigneten Rahmen für solche überregionalen Effekte ermöglichen soll. Ich betone: Es ist eine Strategie für das ganze Land, nicht nur für den engeren Bereich der Hauptstadtregion, son dern die Effekte strahlen in das ganze Land hinaus.
Wenn wir den sternförmigen Regionalverkehr stärken, stärken wir die Mittelzentren im ganzen Land. Starke Mittelzentren strahlen dauerhaft auf das Umland aus. Selbstverständlich brauchen wir auch leistungsfähige Verbindungen zwischen Mittelzentren und den grundfunktionalen Schwerpunkten. Selbstverständlich ist auch, dass im gesamten Land die Da seinsvorsorge gewährleistet sein muss. Eine Strategie bedeutet allerdings auch, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie die Entwicklung des Landes langfristig und nachhaltig gestaltet werden kann, und das bei so unterschiedlichen Voraussetzun gen wie dem Wachstum im engeren Verflechtungsraum und
In aktuellen Untersuchungen des VBB wurde aber auch deut lich, dass die Wachstumseffekte nur dann nachhaltig sind, wenn auf der einen Seite neben ausreichend bezahlbarem Wohnraum auf der anderen Seite leistungsfähige Strecken für den Regionalverkehr auf der Schiene angeboten werden. Ver handlungen mit Berlin, DB Netz und dem VBB müssen Be rücksichtigung finden. Nur wenn Pendler schnell und bequem mit dem öffentlichen Verkehr zu ihren Arbeitsorten gelangen, können und wollen sie diesen auch nutzen.
Wie schon erwähnt, wurde in den letzten zehn Jahren immer wieder über die Erweiterung des Streckennetzes diskutiert; Sie kennen das alle aus dem Raum Velten, Falkensee, aber auch über die Stammbahn ist immer wieder diskutiert worden. Noch vor zehn Jahren war das nicht notwendig, weil Wachstum in Berlin kaum in dieser Dimension zu verzeichnen war. Diese Situation hat sich grundlegend gewandelt. Die VBB-Korridor untersuchungen haben deutlich gemacht, dass wir jetzt handeln müssen. Wir müssen Projekte aufs Gleis bringen.
Lieber Herr Genilke, Sie haben im Infrastrukturausschuss noch bezweifelt, dass das heutige Thema für die Aktuelle Stunde ge eignet ist. Aus unserer Sicht ist es das. Der Landesnahverkehrs plan geht im Herbst dieses Jahr in die nächste Runde, und wir können dann all die Betrachtungen entsprechend einbringen. Wir werden uns im Infrastrukturausschuss sicherlich auch in tensiv mit dem Landesnahverkehrsplan beschäftigen. Dazu gab es Anfang Juni vier Regionaldialoge; einige von Ihnen haben daran teilgenommen. Dort ist deutlich geworden, dass von Frau Ministerin Schneider und ihrem Haus alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um sich mit den Partnern abzu stimmen, um tatsächlich jetzt mit den Planungen zu beginnen.
Es ist allerdings festzuhalten: Die Gestaltung des Wachstums werden wir nicht zum Nulltarif bekommen. Wir brauchen da für natürlich Geld. Wir müssen die SPNV-Infrastruktur für die nächsten Jahrzehnte finanzieren, wir brauchen die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz für Straßen, Wohnraumförderung und natürlich auch für die Hochschulen. Wir brauchen eventu ell auch einen höheren Anteil an Landesmitteln für den ÖPNV, um das alles bedienen zu können.
Wir brauchen die Regionalisierungsmittel und natürlich auch weiterhin Investitionen in das Landesstraßennetz. Das sind al les Dinge, bei denen Sie sagen könnten: riesige Herausforde rungen. - Ja, das sind riesige Herausforderungen. Ja, damit ist sehr viel Geld für Infrastrukturmaßnahmen und Investitions mittel verbunden. Aber wir wollen uns diesen Herausforderun gen stellen; denn nur so ist Wachstum in allen Regionen Bran denburgs möglich.
Mein Fazit ist: Die Hauptstadtregion wächst, und der öffentli che Verkehr muss mitwachsen. Für uns ist wichtig: Alle Regio nen sollen profitieren, nicht nur das Berliner Umland, sondern auch die zweite und irgendwann die dritte Reihe.
Das bedeutet erhebliche Investitionen, Herr Genilke, und ich freue mich schon darauf, dies mit Ihnen weiter zu vertiefen, wenn wir uns über den Landesnahverkehrsplan unterhalten und in die Haushaltsberatungen einsteigen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir setzen die Aussprache fort. Es spricht der Abgeordnete Genilke für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als vor kurzem die Mail kam, dass es eine Aktuel le Stunde zum Schienenpersonennahverkehr geben soll, war ich sehr erfreut. Ich habe gleich die Drucken-Taste betätigt und den Antrag ausgedruckt. Und dann habe ich mir diesen Antrag durchgelesen.
Danach habe ich den Antrag noch einmal gelesen. Dabei habe ich gedacht, dass der Inhalt wohl auf der zweiten Seite des An trags stehen muss. Ich habe dann aber festgestellt: Es gibt gar keine zweite Seite.
Danach habe ich in allen anderen 15 Landesparlamenten da nach gesucht, was die dortigen Regierungsfraktionen an Anträ gen zum Schienenpersonennahverkehr eingebracht haben. Ich kann Ihnen sagen: Dies hier ist mit Abstand der letzte, ein fachste, man muss fast schon sagen: zum Schämen verurteilte Antrag, den ich zum Schienenpersonennahverkehr in den Par lamentsdiskussionen aller Landtage gelesen habe.
Übrigens: Als ich die Tagesordnung las und sah, dass Frau Lieske als Rednerin vorgesehen ist, war mir klar, wozu die Ak tuelle Stunde dient: Ich wünsche Ihnen bei Ihrem Bürgermeis terwahlkampf viel Erfolg, Frau Kollegin.
„Es zeichnet sich jedoch ab, dass die wichtigen Verkehrs korridore von und nach Berlin an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen.“