Axel Vogel
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Last Statements
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vor redner haben umfassend ausgeführt, was die wesentlichen In halte dieses Gesetzentwurfs sind. Insofern möchte ich einige andere Akzente setzen.
Zunächst einmal ist es nicht selbsterklärend, warum dieser An trag von vier Abgeordneten gestellt wurde. Wenn man genauer
hinsieht, stellt man fest: Es handelt sich um vier Parlamentari sche Geschäftsführer bzw. drei Parlamentarische Geschäftsfüh rer und eine Parlamentarische Geschäftsführerin. Warum? Es ist offenkundig, dass die Regierung nicht für parlamentsrechtli che Angelegenheiten zuständig ist, weshalb die Zuständigkeit beim Parlament liegt und die Regierung hier nicht aufgefordert war, irgendeine Regelung auch nur vorzuschlagen.
Der Entwurf hätte natürlich auch von der Präsidentin erarbeitet werden können. Das hätte aber bedeutet, dass die Zuständig keit allein bei der Landtagsverwaltung liegt und die Fraktionen erst nachträglich eingeschaltet werden. Insofern war es folge richtig, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer und die Parlamentarische Geschäftsführerin - die Experten für die Re geln und Verfahren zum Innenleben dieses Landtags - sich der Sache widmen und die Schlussfolgerungen aus einer Legisla turperiode ziehen bzw. beim Untersuchungsausschussgesetz sogar auf die Erfahrungen aus mehreren Legislaturperioden zurückgreifen.
Wenn ich von Parlamentarischen Geschäftsführern rede, fällt vielleicht dem einen oder anderen auf, dass sie ein Schattenda sein in unseren Kodifizierungen führen. Wer in das Register der Geschäftsordnung schaut, wird den Begriff „Parlamentari scher Geschäftsführer“ überhaupt nicht finden. Er taucht zwei mal auf: in § 8 der Geschäftsordnung, wonach die Namen der Parlamentarischen Geschäftsführer der Präsidentin mitzuteilen sind, und in § 40, wonach sie zeichnungsberechtigt für die Fraktion bei der Einbringung von Beratungsmaterialien sind.
Tatsächlich haben sie inzwischen viel umfassendere Aufgaben. Sie haben eine herausgehobene Funktion. Wer im Hauptaus schuss mitarbeitet und sieht, wie oft die Parlamentarischen Ge schäftsführer - und die Parlamentarische Geschäftsführerin - beauftragt werden, Zu- bzw. Vorarbeiten zu leisten, der sieht auch, dass sie, was die Verankerung in unseren Gesetzen be trifft, momentan etwas „unterbelichtet“ sind.
- Nein, nicht sie sind unterbelichtet, sondern ihre Funktion ist unterbelichtet.
Sie tauchen im Fraktionsgesetz nicht auf und werden im Abge ordnetengesetz nicht so gewürdigt wie zum Beispiel die Vize präsidentin oder der Vizepräsident. Wir werden in der nächsten Legislaturperiode noch einmal darüber nachdenken müssen, wie wir dem gerecht werden.
Zu dem Thema Einbeziehung des Landesrechnungshofs wurde umfassend ausgeführt. Ich möchte an dieser Stelle nur erwäh nen: Es war ja wohl einmalig, dass sich 16 Rechnungshofprä sidenten und -präsidentinnen mit unserem Landesrechnungs hofpräsidenten solidarisiert haben. Die Kritik hat dazu geführt, dass wir jetzt ein so vorbildliches Gesetz haben, dass unser Landesrechnungshofpräsident in Zukunft vielleicht Soli-Erklä rungen für andere Landesrechnungshofpräsidenten abgeben muss, die eine ähnliche Forderung an ihre Landtage stellen und für ihre Fraktionsgesetze eine ähnliche Regelung haben wollen.
Eine Geschichte treibt uns jetzt um - eine Überraschungsakti on. Es gibt nämlich, gerade verteilt, einen Änderungsantrag der Abgeordneten Domres, Lüttmann und Dr. Redmann, wonach kurzerhand jede Fraktion 13,33 % des Grundbetrags zusätzlich dafür erhalten soll, dass die Aufgaben der PKK auch ordentlich durch Mitarbeiter - in diesem Fall: der Vergütungsgruppe A 14 - der Fraktionen abgedeckt werden können. Bezug genommen wird hierbei auf einen Vergleich mit den Enquetekommissio nen und Untersuchungsausschüssen. Das ist unseres Erachtens nicht sachgerecht.
Enquetekommissionen und Untersuchungsausschüsse kommen fallweise zustande. Nicht in jeder Legislaturperiode wird eine Enquetekommission gebildet, nicht immer werden Untersu chungsausschüsse eingerichtet, und wenn, dann nur befristet. Die Aufgabe der PKK ist eine Daueraufgabe und muss daher aus den zur Verfügung stehenden Mitteln der Fraktionen finan ziert werden. Es ist unseres Erachtens nicht richtig, dass dafür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Ich muss ehrlich sagen, dass wir eigentlich vorhatten, dem Ge setzentwurf zuzustimmen. Wir hatten getrennte Abstimmungen beantragt, weil ein anderer Änderungsantrag von uns, der sich auf das Diskontinuitätsprinzip bei Volksinitiativen und Volks begehren bezieht, abgelehnt wurde. Trotzdem hätten wir die sem Gesetzentwurf der vier Parlamentarischen Geschäftsführer in der getrennten Abstimmung zugestimmt; aber das, muss ich sagen, überfordert uns, und unsere Bereitschaft, dies noch mit zutragen, ist nicht gegeben. Daher werden wir dem Fraktions gesetz bzw. der Änderung an dieser Stelle nicht zustimmen, auch wenn wir die wesentlichen Inhalte teilen. - Recht herzli chen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, wenn ich es richtig verstanden habe, wurde doch gerade ein Änderungsantrag, der in letzter Minute einge reicht worden war, mit Mehrheit verabschiedet. Insofern steht nicht mehr der in der Fassung des Hauptausschusses vorliegen de Gesetzentwurf zur Abstimmung, sondern ein vom Plenum geänderter Gesetzentwurf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden mir verzeihen, aber das ist so ziemlich die skurrilste Beschluss vorlage, die ich in dieser Legislaturperiode gesehen habe, vor allem, wenn ich bewerte, welche Sätze hier gefallen sind.
Herr Bommert lehnt unseren ursprünglichen Gesetzentwurf ab. Dieser sah vor, aus § 5 des IHK-Gesetzes den Absatz 3 zu strei chen. Die Formulierung dieses Absatzes lautet:
„Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht der allgemeinen Prüfung durch den Landesrechnungshof.“
Herr Bommert lehnt die Streichung mit der Begründung ab, er sei generell der Auffassung, dass alles bestens sei und es über haupt keiner zusätzlichen Prüfungen bedürfe. Der Inhalt der Beschlussvorlage rekurriert aber gerade darauf, dass es dieses Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes bereits gibt.
Ich zitiere jetzt einfach mal umfassend aus der Begründung:
„Nach Auffassung des Landesrechnungshofs […] besteht die Prüfungskompetenz in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern bereits.“
Das war auch der Anlass unseres Gesetzentwurfs.
Ich zitiere weiter:
„Ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdiens tes“
- ein Gutachten!
„kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass sich durch § 5 Abs. 3 AGIHKG kein Ausschluss der umfassenden Prü fungsbefugnisse des Landesrechnungshofs für die Indus trie- und Handelskammern ergibt.“
Also: Ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes!
Weiter heißt es:
„Diese Auffassung wird nun von den Kammern geteilt.“
Nur weil diese Auffassung von den Kammern geteilt wird, ist man jetzt der Auffassung, in § 5 Abs. 3 des IHK-Gesetzes die Formulierung stehenlassen zu können, dass es kein Prüfungs recht des Landesrechnungshofes gebe. Das heißt, das Prü fungsrecht wird zum Gnadenrecht der IHK-Präsidenten erklärt. Ich finde, das ist ein absolutes Unding.
Dann heißt es:
„Inwieweit zur Vermeidung von Problemen bei der Aus legung […]“
Es geht hier um eine exzessive Auslegung, weil man nämlich eine Auslegung finden muss, die im Gegensatz zum Wortlaut des Gesetzes steht.
„[…] und Anwendung des § 5 Abs. 3 AGIHKG eine ge setzgeberische Klarstellung notwendig sein sollte, kann von einem neu zu wählenden Landtag entschieden wer den.“
Wir alle wissen: Den neu zu wählenden Landtag wird es geben, spätestens nach der konstituierenden Sitzung im September dieses Jahres.
Ich muss ehrlich sagen: Eine Koalition, die zwar zugibt, dass eine bestimmte Regelung überflüssig ist und umfassende Aus legungsprobleme verursacht, aber nicht in der Lage ist, dies zu ändern, sondern diese Aufgabe an den nächsten Landtag dele giert, hat sich von der Politikgestaltung in diesem Lande schon verabschiedet. - Recht herzlichen Dank.
Herr Ministerpräsident, als Sie sich zu Wort gemeldet haben, habe ich Hoffnung geschöpft, Sie würden darauf eingehen, dass wir alle gemeinsam ein Ziel verfolgen.
Ich habe ein solches Zeichen der Hoffnung bei Ihnen allerdings nicht erkennen können.
Sie haben den Kompromiss als ein Zeichen der Hoffnung in Bezug auf Greenpeace und IG BCE dargestellt und dazu aufge fordert, nicht daran zu rütteln. Ich darf Sie daran erinnern, dass dieser Kompromiss für die Einwohner von Proschim kein Zei chen der Hoffnung ist.
Wenn Sie schon die einzelnen Exponenten darstellen, müssen Sie auch einräumen, dass es die brandenburgische Landesre gierung gewesen ist, die durch ihre Intervention verhindert hat, ein deutliches Zeichen zu setzen, dass Horno das letzte Dorf in Brandenburg ist, das für die Braunkohle abgebaggert wurde.
Wenn Sie herausstellen, dass Baden-Württemberg erst 3,2 % seiner Einsparungen gegenüber 1990 erbracht hat, möchte ich Sie an Folgendes erinnern: Die wesentlichen CO2-Einsparungen, die in Deutschland geleistet werden können, müssen zwangsläu fig in den ehemaligen Kohlegebieten erbracht werden.
Wir haben 1990 in Ostdeutschland 300 Millionen Tonnen Braunkohle - und das heißt 300 Millionen Tonnen CO2-Aus stoß pro Jahr - produziert. Dass wir nun diese Reduzierung um 20 % oder 40 % erreichen, hat etwas mit der Wende und damit zu tun, dass es nach 1990 in wesentlichen Teilen schon einen Ausstieg aus der Braunkohle gegeben hat.
Was Sie verschweigen, ist, dass der CO2-Ausstoß seit 1995 aufgrund der steigenden Braunkohleverstromung in Branden burg wieder angestiegen ist.
Ja, der Umbau des Energiesystems ist unser aller Aufgabe. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesge setzgebung und das Versteigerungsverfahren dazu geführt ha ben, dass der Ausbau der Windenergie zum Erliegen gekom men ist. Das ist kein Problem, das wir als Land alleine lösen können. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. Das wird eine wesentliche Aufgabe in der nächsten Zeit sein. - Recht herzlichen Dank.
Danke, Herr Ministerpräsident, dass Sie mir damit die Gele genheit geben, ein paar Dinge herauszuarbeiten. - Das eine ist das Thema erneuerbare Energien. Wir haben tatsächlich das Problem, dass der Zuwachs an erneuerbaren Energien nicht den erwarteten Einspareffekt auf den CO2-Ausstoß hatte, weil - das haben Sie jetzt leider nicht erwähnt - der Exportanteil an Strom enorm angestiegen ist.
All das, was wir hier an Zubau an erneuerbaren Energien ha ben, wird zu einem großen Teil dadurch kompensiert, dass wir im Gegenzug Braunkohlestrom in andere Länder exportieren, etwa nach Frankreich, Tschechien, in die Slowakei oder nach Österreich. Das muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen. Da sollte man nicht so tun, als ob die Stromerzeugung in Deutschland zusammenbricht, nur weil wir hier aussteigen.
Zum Zweiten möchte ich noch Zahlen richtigstellen, weil Sie vorhin gesagt haben, Baden-Württemberg verzeichne eine Sen kung um 3,4 % - wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Ba den-Württemberg hat seinen CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 13,9 % - das sind die Zahlen von 2015 - und Brandenburg um 29,6 % verringert. Zielsetzung ist, dass wir alle zusammen in ganz Deutschland gegenüber 1990 um 40 % reduzieren. Das heißt, davon sind wir alle noch ein großes Stück entfernt.
Es hilft uns in der Tat auch nicht, immer nur auf andere Länder zu verweisen. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass allein das Kohlekraftwerk Jänschwalde so viel CO2 im Jahr produziert wie alle emissionshandelspflichtigen Unternehmen des Landes
Bayern. Es ist völlig klar, dass es fast unmöglich erscheint, in Bayern beispielsweise bei Audi oder BMW den CO2-Ausstoß so massiv zu reduzieren,
dass wir auch nur ansatzweise das kompensieren könnten, was hier in Brandenburg bei der Kohlestromproduktion entsteht.
Es ist viel einfacher - das sehen wir doch alle -, dort anzuset zen, wo die großen Emittenten sind. Das sind nun einmal die Kohlekraftwerke. Von daher kommen wir um den Kohleaus stieg nicht herum.
Wir müssen sehr schnell aussteigen. Ich hatte gehofft, dass Sie verstanden haben, dass wir aus der Kohle aussteigen müssen, und zwar so schnell wie möglich, und dafür auch ein Konzept brauchen.
Das ist das, was mehrfach angesprochen wurde.
In Nordrhein-Westfalen hat man sich langsam darauf verstän digt, wie und in welcher Geschwindigkeit die einzelnen Kohle kraftwerke abgeschaltet werden sollen. In Brandenburg fehlt das bisher. Sie haben - ich habe vorhin versucht, das deutlich zu machen, Benjamin Raschke hat es auch noch einmal ange sprochen - bisher immer noch offengelassen, ob es zur Er schließung des Teilfelds II von Welzow-Süd kommt. Damit haben Sie auch offengelassen, ob Proschim abgebaggert wird. Wir gehen davon aus und hoffen inständig, dass an dieser Stel le noch einmal deutlich Bewegung in die Landesregierung kommt, dass das endgültig ausgeschlossen wird. Meine Hoff nung gründet sich auch darauf, dass die CDU in Gestalt ihres Landesvorsitzenden, Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandi daten Herrn Senftleben ebenfalls deutlich gesagt hat, dass Pro schim nicht abgebaggert wird.
Es ist wichtig, dass wir das nicht nur erklären, sondern es auch in der praktischen Politik Konsequenzen hat. Ich hoffe, dass diese Geschichte am 1. September abends um 18.01 Uhr ge klärt ist und sich dann anschließend in der Koalitionsvereinba rung niederschlägt.
Wir müssen bundesweit 40 % einsparen. Es ist völlig klar, dass die Kohleländer hier eine stärkere Last tragen als die Länder, die 1990 fast keine Kohleproduktion, fast keine Kohleverstro mung hatten. Das ist in Baden-Württemberg der Fall, das ist ein Stück weit in Bayern der Fall, weil dort die CO2-Emittenten nicht in der Zahl vorhanden waren. Nehmen wir eine gesamt deutsche Sichtweise ein! Lassen Sie uns unseren Beitrag dazu leisten. Dann, so denke ich, können wir auch darauf hoffen, dass wir den Klimawandel wenigstens noch begrenzen können. - Recht herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorlie gende Bericht gilt als die Erfüllung des Landtagsbeschlusses vom 1. Februar 2019, und auch ich referiere noch einmal kurz, was gefordert war.
Punkt 1: Der Landtag hatte vom Finanzminister gefordert, den aufgeworfenen Korruptionsverdacht gegen die Referatsleiterin proaktiv aufzuarbeiten, intensiv zu untersuchen und sich dabei - ich betone - externer, unabhängiger Expertise zu bedienen. Tatsächlich beauftragte der Vorstand der ILB aber die interne Revision der Bank. Eine Rechtsanwaltskanzlei bekam außer dem den Auftrag, zusätzliche Förderfälle zu prüfen. Ergebnis: Persönliches Fehlverhalten der Referatsleiterin wurde nicht festgestellt.
Punkt 2 des Beschlusses war es, die internen Kontrollregulari en der Banken zu überprüfen und so fortzuentwickeln, dass sie bereits bei ersten Verdachtsmomenten schneller greifen. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsagentur kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die von der ILB bereits implementierten Maß nahmen und Prozesse geeignet seien, strafbaren Handlungen angemessen vorzubeugen. Daher hält die Landesregierung An passungen in der Prozess- und Ablauforganisation nicht für er forderlich.
Drittens wurde der Finanzminister beauftragt, darauf hinzuwir ken, dass die von der ILB bei der Aufklärung zugesagte Trans parenz gegenüber der Öffentlichkeit tatsächlich umgesetzt wird. Aber auch hier ist man der Auffassung, dass alles bestens sei. Die Landesregierung sieht daher „keine Notwendigkeit, die ILB zu weiteren Maßnahmen zu veranlassen“, heißt es im Bericht.
Es bleibt also festzuhalten, dass die Landesregierung, obwohl die Förderpraxis der ILB nicht zum ersten Mal in die Kritik geraten war - ich erinnere einmal an die Yachten in Mecklen burg-Vorpommern, über die sich der Landesrechnungshof ge äußert hatte, oder die Wundpflasterfabrik in Luckenwalde - und der Landtag sie aufgefordert hatte, Maßnahmen zu ergrei fen, um den andauernden Diskussionen in der Öffentlichkeit über systemisches Versagen bei der Korruptionsvorbeugung in der ILB die Grundlagen zur entziehen, keine Maßnahmen er greifen wird.
Dass das wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, wage ich zu bezweifeln. Unabhängig von diesem Bericht, den wir nur zur Kenntnis nehmen können - im Gegensatz zu anderen Fraktionen sind wir auch nicht in Gremien und Organen der ILB vertreten -, bleibt zu hoffen, dass in der ILB weitergehende Schlussfolge rungen insbesondere für den Umgang mit den Transparenzan forderungen der Medien gezogen und weitergehende Maßnah men zur Korruptionsbekämpfung ergriffen werden.
Ich möchte einen zusätzlichen Gesichtspunkt einbringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ILB sind nicht gerade zu beneiden. Die ILB muss ständig einen Spagat machen: Auf der einen Seite stehen der Anspruch der Unternehmen auf unbüro kratische Mittelbereitstellung und das damit verbundene Prob lem der mangelhaften Inanspruchnahme von Fördermitteln aufgrund angeblich überbordender bürokratischer Anforderun gen; auf der anderen Seite ist sicherzustellen, dass es keine „Fördermittelabzocke“ gibt - egal ob aus krimineller Motivati on oder weil unsinnige Projekte gefördert werden.
Es ist klar, dass niemand fehlerfrei sein kann. Die Bereitstellung von Risikokapital ohne die Inkaufnahme von Risiko gibt es nicht. Das bedeutet: In einer Marktwirtschaft kann ein Unter nehmen jederzeit Gefahr laufen, dass sich geplante Investitionen nicht rechnen und Verluste bis hin zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals und der erhaltenen Fördermittel eintreten. Niemand ist fehlerfrei. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbei ter der ILB müssen das Recht haben, Fehler zu begehen.
Sie müssen die Rückendeckung der Landesregierung haben, wenn geförderte Projekte scheitern und im Einzelfall auch ein mal Fehler gemacht wurden. Voraussetzung dafür ist aller dings, dass es keine systemischen Fehler gibt, dass Korruption - wie auch der Anschein von Korruption - ausgeschlossen ist und ausreichende Vorkehrungen gegen kriminelle Abzocke ge troffen wurden.
Laut dem Bericht sieht die Landesregierung hier kein Prob lem. Das sei alles gewährleistet. Wir werden sehen, ob das ei ne bloße Behauptung ist oder tatsächlich trägt - was zu wün schen ist. - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, die von Ihnen gesehene Alternativlosigkeit hat das Gericht wohl nicht gesehen. Aber unbestritten ist ja - und ich denke, das bestreiten auch Sie nicht -, dass sich der Einsatz auf das Ökosystem und auch auf Nichtzielorganismen aus wirkt: Eine bestimmte Art soll bekämpft werden, aber es gibt auch Auswirkungen auf Arten, die nicht zu den Zielarten ge hören. Meine Frage ist, ob ein Monitoring zu den Auswirkun gen des Insektizideinsatzes auf Nichtzielorganismen durch die Landesregierung durchgeführt wird.
Meine zweite Frage: Die Pflanzenschutzmittel wirken ja ab hängig vom Standort auch unterschiedlich, sie werden teils schneller abgebaut, teils dauert es etwas länger. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie angesichts der Größenordnung, in der dieses Mittel versprüht wird, inwieweit ein Monitoring zur Dauer der insektiziden Wirkung des Mittels unter den gegebe nen Standortbedingungen erfolgen soll.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Sie alle haben schon einmal den Begriff der „Good Gover nance“, der guten Regierungsführung, gehört, und jeder von Ihnen hat eine Vorstellung, was das bedeuten soll. Was Sie vielleicht nicht verinnerlicht haben, ist, dass diese gute Regie rungsführung nicht nur von überregionalen Organisationen wie OPEC und Weltbank näher definiert wurde, sondern auch in vielen überstaatlichen Vereinbarungen als Zielvorgabe für Regierungshandeln verbindlich vorgeschrieben ist. So definiert zum Beispiel das AKP-EG-Partnerschaftsabkommen aus dem Jahr 2000 wie folgt:
„[…] Verantwortungsvolle Staatsführung ist die transpa rente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanzi ellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung. Sie beinhaltet klare Be schlussfassungsverfahren für Behörden, transparente und verantwortungsvolle Institutionen, den Vorrang des Ge setzes bei der Verwaltung und Verteilung der Ressourcen […].“
Ich hebe noch einmal hervor: Transparenz, verantwortungsbe wusster Umgang mit menschlichen und finanziellen Ressour cen, klare Beschlussfassungsverfahren, nachhaltige Entwick lung - das ist der Anspruch, den die EU an ihre Partnerländer in Afrika, in der Karibik und im Pazifik, von denen früher einmal viele mit Bananen in Verbindung gebracht wurden,
stellt. Das ist ein Anspruch, den wir aber auch an uns selbst stellen müssen.
Gute Regierungsführung - dazu gehören definitiv nicht: über fallartiges Schaffen vollendeter Tatsachen, Ausblenden gesetz lich oder vertraglich geregelter Beteiligungsverfahren, Igno ranz gegenüber Ansprüchen der Beschäftigten an eine moderne
Personalführung oder gegenüber bundesweit geltenden Haus haltsgrundsätzen.
Worum geht es also? Am 18. April erreichte uns Abgeordnete ein bemerkenswertes Schreiben des Ministerpräsidenten datiert vom 17. April. Demnach hatte die Landesregierung am Tage zuvor beschlossen, mehrere Landesbehörden auf andere Stand orte zu verteilen und das Ministerium für Wissenschaft, For schung und Kultur - kurz: MWFK - nach Cottbus zu verlegen.
Dem Personalrat des betroffenen Ministeriums war die Ent scheidung zwei Stunden vor Beginn der Kabinettssitzung mit geteilt worden. Der rechtlich garantierte Anspruch auf vertrau ensvolle Zusammenarbeit wurde missachtet, Mitwirkungsrech te der Personalvertretung unter anderem nach § 13 GGO wur den ignoriert. Noch schlimmer: Die Mitarbeiter der Landes forstverwaltung erfuhren von der Verlegung ihres Dienstsitzes nach Eberswalde laut Aussage des Hauptpersonalratsvorsitzen den trotz des zeitgleich stattfindenden Monatsgesprächs mit der Staatssekretärin erst aus den Medien.
Die nach Artikel 94 der Landesverfassung vorgeschriebene Unterrichtung des Landtages erreichte uns erst am 9. Mai - nachdem der Chef der Staatskanzlei auf diese Unterrichtungs pflicht hingewiesen worden war. Die vorgeschriebene Wirt schaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 LHO fand nicht statt und ist nach Auffassung des Finanzministers auch nicht beabsich tigt, da es sich um eine strukturpolitische - also politische - Richtungsentscheidung handelte.
Wer hier nur missglückte Kommunikation sehen oder die gan ze Beschlussfassung als Auftaktveranstaltung eines langfristig angelegten Prozesses umdeuten will, übersieht die wirkliche Dimension des Vorgangs: Offensichtlich gedachte die Landes regierung einen Coup zu landen und vollendete Tatsachen zu schaffen, und um gleich allen deutlich zu machen, dass jeder Widerstand zwecklos und die ganze Angelegenheit als abge schlossen zu betrachten ist, verfiel der Ministerpräsident in seinem Schreiben an uns Abgeordnete vom 17. April gleich in die Vergangenheitsform. Wörtlich heißt es dort in seinem Ab gesang auf den MWFK-Standort Potsdam:
„Keine Frage, dass das MWFK seinen Sitz in Potsdam hatte, war ein Standortvorteil; auf kurzen Wegen konnte jederzeit schnell ein Kontakt hergestellt, ein Gespräch ge führt werden.“
Als Beschreibung der Gegenwart - im Präsens - wäre das eine gute Zustandsbeschreibung gewesen. Aber wer weiß, dass dieser Umzug frühestens 2023, also zum Ende der nächsten Legislaturperiode, wirksam werden wird,
hätte eher mit einer Beschreibung im Futur II gerechnet, also zum Beispiel: Wenn wir diesen Beschluss umsetzen, wird das MWFK 2023 seinen Standortvorteil verloren haben.
Aber der Zeithorizont 2023 kommt in dem Schreiben über haupt nicht zum Ausdruck. Stattdessen wird der Eindruck einer nicht aufschiebbaren, sofortigen Entscheidung geweckt, die auch noch dringlich vor Ostern fallen musste. Unaufschiebbar laut Landesregierung angeblich, weil die schon seit langem vorbereitete Ansiedlung der Bundespolizei auf dem landes eigenen Gelände der Heinrich-Mann-Allee 103 den Umzug von Landesbehörden - ab 2021 übrigens - erforderlich macht. Unverzüglich und unaufschiebbar, weil die Ministerien auf zwei Standorte in Potsdam konzentriert werden sollen und der bisherige Sitz des MWFK im Großen Weisenhaus rund 250 Meter von der Tresckow-Straße entfernt liegt. Deswegen soll jetzt nach Cottbus umgezogen werden. Ich halte das für ausgesprochen lächerlich.
Dringlich und unaufschiebbar ist meines Erachtens nur eines: nämlich einen „Wahlkampfschlager“ für die SPD als „Lausitz partei“ zu finden.
Herausgekommen ist ein veritabler Rohrkrepierer - tut mir leid, Herr Bischoff.
Die Kulturszene ist in Aufruhr. 95 % der Beschäftigten des Ministeriums stimmen einer Versetzung nicht zu und werden mit Kusshand beim Bund, dem Land Berlin oder anderen Ministerien Aufnahme finden. Nachbesetzungen freier Stellen des MWFK am Standort Potsdam werden damit ab sofort schwieriger werden und in Cottbus müsste demnach mit neuem Personal ein ganz neues Ministerium aufgebaut werden. Die Unruhe innerhalb der Koalitionsfraktionen ist demgegenüber eine zu vernachlässigende Größe.
In völliger Verkennung der Aufgaben eines Ministeriums soll jetzt also in der Lausitz das MWFK Wissenschaft und For schung entwickeln - völlig unberührt von den tatsächlichen landesweiten Aufgaben eines Ministeriums, die der örtliche Personalrat wie folgt beschreibt:
„Ein Ministerium arbeitet strategisch, politisch, pro grammgestaltend und nicht operativ. Das MWFK betreibt auch keine eigene Forschung und Entwicklung und ist selbst auch kein Kulturprojektträger. Synergien und Effi zienzsteigerungen werden in Cottbus durch einen Minis teriumsstandort nicht erzielt. […] Das MWFK wird in eine Außenseiterrolle innerhalb der Landesregierung ge drängt.“
Der Lausitz muss geholfen werden, ganz richtig, aber der Umzug des MWFK ist es nicht - oder, wie es der frühere SPDBildungsminister Steffen Reiche auf den Punkt gebracht hat:
„Der Umzug des MWFK aber ist kein Zeichen des Res pekts! Weder für die Lausitz noch für das MWFK sowie Wissenschaft, Forschung und Kultur. Diese Entscheidung
ist nicht nachhaltig, denn dieser Aktionismus wird nach den Wahlen wieder kassiert werden.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diesen Res pekt gegenüber der Lausitz aufbringen. Sicher kann auch über die in den Sternen stehende Gründung einer medizinischen Hochschule in Cottbus gesprochen werden. Aber reden wir doch zunächst darüber, wie wir die Unterfinanzierung und Schrumpfung der BTU beenden, wie wir neue Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe schaffen können, wie wir das Fach kräfteproblem in der Lausitzer Wirtschaft lösen und Neubürge rinnen und Neubürger in die Lausitz bewegen und, ja, lassen Sie uns in der nächsten Legislaturperiode auf fundierter Basis darüber reden, ob und wie wir den Verwaltungsstandort Cott bus stärken können, wie wir die Stellen der 5 980 schon in Cottbus Beschäftigten des Landes sichern und diese gegebe nenfalls auch ausweiten können. Der Antrag von CDU und Grünen soll dazu dienen, diese Grundlagen zu legen.
Die bisherige Beschlusslage der Koalition zu einer angeblich alternativlosen und ein für alle Mal beschlossenen Verlegung des MWFK vier Monate vor der Landtagswahl ist dagegen die Hybris einer dem Ende zulaufenden Regierung in Endzeitstim mung.
Ich denke, mit diesem Aktionismus schaden Sie der Lausitz und sich selbst. Dies kann in niemandes Sinne sein.
Wir sollten stattdessen die Regierung auf ihre Verantwortung für eine gute Regierungsarbeit, Good Governance, verpflich ten. Stimmen Sie deswegen dem gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen zu. - Recht herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gemerkt, es ist Allgemeingut geworden: Die Verankerung der Schuldenbremse auf Verfassungsebene war überfällig und ist ein Gewinn für uns alle. Sie wertet die Bedeutung des Parla ments auf - das wurde angesprochen - und sie verschafft Regie rung und Landtag überhaupt erst den nötigen Freiraum, um in besonderen Notlagen und bei Konjunktureinbrüchen notwen dig werdende Kredite aufzunehmen.
Im Gegensatz zur allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung ist die Schuldenbremse kein Neuverschuldungsverbot, das Kredit aufnahmen ausschließt - im Gegenteil: Sie räumt dem Land Brandenburg in Verbindung mit der am Freitag zur Beschluss fassung anstehenden Ausgestaltung in der Landeshaushaltsord nung Spielräume ein, Schulden aufzunehmen, die ohne diese Änderungen wegen des ansonsten verbindlichen, strikten grundgesetzlichen Verschuldungsverbotes ab 2020 nicht mehr bestünden.
Herr Bretz, es gab, weil wir diesen ganz großen Konsens über die Folgeänderung der Landeshaushaltsordnung haben, die
Verabredung, dass wir am Freitag auf eine Aussprache verzich ten. Das fällt uns allen deswegen leicht, weil den Bedenken der kommunalen Familie und der Spitzenverbände ja Rechnung getragen werden konnte und klar ist, dass die Schuldenbremse nicht zulasten der Kommunen und Landkreise gehen wird.
Ich möchte jetzt aber anknüpfend an Herrn Christoffers auch noch auf die anderen Verfassungsänderungen hinweisen, und zwar insbesondere auf Artikel 55. Nun ist es nicht selbst verständlich, dass, wenn wir einen Antrag zur Schuldenbremse einbringen, plötzlich auch ganz andere Artikel geändert werden; aber wir Grünen haben uns den Änderungsbegehren angeschlossen - nicht nur bei den Punkten, die schon länger vorbereitet waren, wie der Änderung bei Untersuchungsaus schüssen oder in der Volksgesetzgebung, wo es um eine Verlängerung von Fristen geht, um die Zusammenlegung von Volksabstimmungen und Wahlen zu ermöglichen, sondern auch bei der Bestimmung der Aufgaben des Landtages. Bisher hieß es hier kurz und bündig: „Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes.“
In Zukunft soll es lauten - ich lese den gesamten Absatz vor, weil ich denke, er ist für uns alle wichtig -:
„Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes und Stätte der politischen Willensbildung. Er beschließt Gesetze und den Landeshaushalt, kontrolliert die vollzie hende Gewalt, behandelt öffentliche Angelegenheiten, wirkt in bundes- und europapolitischen Fragen an der Willensbildung des Landes mit und erfüllt andere, ihm nach dieser Verfassung zustehende Aufgaben.“
Wer glaubt, dass hier nur Selbstverständlichkeiten zusammen gefasst und wiederholt werden, täuscht sich. Gerade die Mit wirkung des Landtags an der Willensbildung des Landes in „bundes- und europapolitischen Fragen“ stellt zwar die gängi ge Praxis in Brandenburg dar, ist aber in vielen Ländern ein heiß umstrittenes Thema. So gab und gibt es womöglich auch heute noch Bundesländer, in denen Anträge der Opposition zu Bundesratsinitiativen gar nicht erst auf die Tagesordnung des Plenums gelangen, da der Bundesrat erklärtermaßen eine Ver tretung der Landesregierungen und nicht der Landesparlamen te ist. Diese Argumentation ist natürlich absurd und wurde in Brandenburg auch nie zur Anwendung gebracht. Sie ist des wegen absurd, weil man berücksichtigen muss, dass die Landesgesetzgebung heute vielfach die Umsetzung von Bundesgesetzen und EU-Richtlinien beinhaltet, denen eine Beschlussfassung im Bundesrat vorausgegangen ist.
So diskutieren wir zum Beispiel heute und am Freitag ganz selbstverständlich über die Grundsteuerreform, die zwar formal ein vom Bundestag zu verabschiedendes Bundesgesetz darstellt, aber gravierende Auswirkungen auf die Länder und ihre Kommunen hat. Solche Selbstverständlichkeiten, das Recht, hierüber zu diskutieren, dauerhaft in der Verfassung zu verankern und damit die Rechte der Opposition gegenüber einer möglicherweise später restriktiveren Auffassung anderer Parlamentsmehrheiten zu schützen - auch dazu dient die hier zur Beschlussfassung vorgelegte Verfassungsänderung. Ich bitte deswegen alle um Zustimmung. - Recht herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Wortlaut der Verfassung in Artikel 106 hat der Landesrech nungshof die Wirtschaftsführung der Landesregierung und die Haushaltsrechnung zu prüfen. Ergänzend hat er nach § 1 unseres Landesrechnungshofgesetzes aber auch eine Bera tungsfunktion für den Landtag und die Regierung. Von einer Vorwarnfunktion ist übrigens nicht die Rede.
Aber gerade diese Vorwarnfunktion - Frau Lazarus sprach es an - kommt in diesem Jahresbericht sehr deutlich zum Aus druck: Der Landesrechnungshof hat hier - das ist bemerkens wert - erstmalig konstatiert, dass es im Jahr 2017 kein struktu relles Defizit im Landeshaushalt gegeben hat. Das ist erfreu lich. Aber gleichzeitig hat er eben auch die Risiken aufgezeigt, die mit der mittelfristigen Finanzplanung verbunden sind - Frau Lazarus hat sie hier minutiös erläutert. Denn die positive Entwicklung oder überhaupt die Ausgestaltung der Haushalte ohne Nettokreditaufnahme kann nur unter sehr einschränken den Bedingungen formuliert werden. Der besonders bedeut same Punkt ist dabei die positive Annahme, dass die Steuerein nahmen bis 2022 um 23,7 % steigen. Sie alle kennen die Steuerschätzung. Sie kennen aber auch die Beschlüsse ver schiedener Landesparteitage zu den Wahlprogrammen, die - das wage ich vorauszusagen - nicht mit den Rahmenbedingun gen, die der Landesrechnungshof für die nächsten fünf Jahre in der mittelfristigen Finanzplanung formuliert hat, vereinbar sind. Man kann auch sagen: Die Wahlprogramme passen nicht so ganz in das Bild, das der Landesrechnungshof von der finanziellen Situation des Landes zeichnet. Das gilt nicht nur für die SPD, Herr Bretz!
Zum Thema Beratungsberichte: Diese finde ich insofern be merkenswert, als wir zunehmend dazu übergegangen sind, dass der Haushaltskontrollausschuss die Aufgabe, mit diesen Bera tungsberichten umzugehen, auch an die Fachausschüsse dele giert hat: Wir haben diese Woche den Beratungsbericht zum Gerichtsvollzieherwesen auf der Tagesordnung. Wir haben den Bericht über die Abstufung von Landesstraßen an den Infra strukturausschuss weitergeleitet; das ist übrigens ein durch schlagender Erfolg des Landesrechnungshofs, dass das Thema
überhaupt mal wieder auf die Tagesordnung gekommen ist und sich hier etwas bewegt, genauso wie wir auch im Hauptaus schuss über die Grundsatzprüfung zur Ausübung der Fach- und Rechtsaufsicht von vier Ministerien diskutiert haben und sich auch die Fachausschüsse jeweils weiter damit auseinander setzen werden.
Der größte Erfolg allerdings - Herr Weiser sprach es an - war in der Tat der Bericht vom 23. Mai über die mögliche Ausgestal tung einer Schuldenbremse im Land Brandenburg, der wirklich die Initialzündung dafür war, dass wir heute und morgen die Verfassung ändern - die Schuldenbremse in die Verfassung ein fügen - und auch gemeinsam in die Ausführungsbestimmun gen, also in die Landeshaushaltsordnung, zurückgreifend auf diesen Beratungsbericht ein Verfahren zur Konjunkturbereini gung hineingeschrieben haben, das große Unterstützung auch bei der Wissenschaft gefunden hat.
Zu den einzelnen Berichtspunkten kann ich mir schon fast die Beiträge sparen - es wurde vieles angesprochen: Die Berlin Brandenburg International School sprach der Präsident selbst an. Es wurde auch angesprochen, dass sich der Landesrech nungshof sehr stark mit den Landesbauten beschäftigt hat. Wir haben ja nun, Frau Geywitz, keinen Nachhaltigkeitsbeirat mehr, aber man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass der Landesrechnungshof zunehmend in diese Rolle schlüpft. Ins besondere - das finde ich doch sehr bemerkenswert - hat der Landesrechnungshof festgestellt, dass wir schon seit Jahren einen Leitfaden für nachhaltiges Bauen des Bundes haben, der auch von der Landesbauverwaltung für Bundesbauten, die sie für den Bund durchführt, zur Anwendung kommt, aber bislang nicht für Landesbauten zur Anwendung kam. Dass sich das jetzt ändert, ist auch ein Verdienst des Landesrechnungshofes, und darüber freue ich mich außerordentlich.
Zur harmonischen Zusammenarbeit im Haushaltskontrollaus schuss: Da muss ich auch ein Stück weit Herrn Weiser meinen Dank aussprechen, der den Landesrechnungshof mit seinem Team sehr stark profiliert bzw. neu profiliert hat und allgemein parteiübergreifend, fraktionsübergreifend große Anerkennung genießt. Ich denke, auch das erleichtert die Konsensfindung im Haushaltskontrollausschuss - dafür vielen Dank.
Es geht um den BER, und zwar konkret um die Mängelbeseiti gung an der Brandmeldeanlage. Die Firma Bosch hatte die Mängelbeseitigung an der Brandmeldeanlage bis zum 29. März 2019 vertraglich zugesichert. Wie jetzt bekannt wurde - laut ei nem Bericht der „PNN“ vom 8. April dieses Jahres -, konnte der Termin nicht gehalten werden. Der Abschlussbericht darü ber, dass die Anlage freigabebereit ist für die Tests durch den TÜV Rheinland, soll jetzt im Mai vorgelegt werden. Experten halten das erneute Verschieben der Eröffnung dieses Flughafens inzwischen für wahrscheinlicher als einen Start im nächsten Jahr.
Ich frage daher die Landesregierung: Welche Konsequenzen zieht sie aus der Einschätzung, dass eine erneute Verschiebung wahrscheinlicher ist als die Eröffnung des Flughafens im nächsten Jahr?
Danke, Herr Staatssekretär. Sie haben gerade ausgeführt, dass die Geschäftsführung der FBB diesen Zeitplan Ende 2017 auf
gestellt hat und Sie immer noch auf dieser Basis arbeiten. Sie haben weiter ausgeführt, dass Ihnen keine anderen Ergebnisse oder Erkenntnisse vorliegen als die damals für den Ablauf ge planten.
Nun wissen wir ja alle, dass die Pufferzeit weitestgehend auf gebraucht ist, sodass mit Blick auf die drei Monate für die Wirkprinzipprüfung alle Tests klappen müssen. Da keine Puf fer mehr zur Verfügung stehen, käme es anderenfalls zu einer Verschiebung.
Nun haben Sie ausgeführt, dass erst im Mai eine Aufsichtsrats sitzung stattfindet und Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt kei nerlei Anlass sehen, aktiv zu werden. Die Frage, die daraus na türlich folgt, ist: Wollen Sie, da sich dieser Zeitdruck jetzt of fenkundig aufbaut, tatsächlich bis zur Aufsichtsratssitzung im Mai abwarten, oder wird die Landesregierung darauf drängen, dass die Geschäftsführung sie vorher offiziell über den aktuel len Stand informiert?
Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, dass die Populati onsgröße der Wolfsrudel in Brandenburg nicht allein dadurch definiert wird, wie hoch die Zahl der Geburten und der aufgezo genen Welpen ist, sondern dass es auch Abwanderungstenden zen und Todesfälle natürlicher und weniger natürlicher Art - beispielsweise wenn Wölfe im Straßenverkehr ums Leben kommen - gibt? Gibt es über diese Abwanderungen und Todes fälle von Wölfen auch Erkenntnisse der Landesregierung?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ich ver mutet habe, ist eingetreten: Frau Schwarzenberg und alle Vor redner haben umfassend und kompetent zu Ziel und Inhalt einer Höfeordnung und des vorliegenden Gesetzentwurfes ausge führt. Deswegen darf ich gleich zur Frage aller Fragen kom men, die sich eigentlich bei jedem Gesetzgebungsverfahren stellt: Brauchen wir überhaupt ein neues Gesetz? Wenn ich dem vorliegenden Bericht der Landesregierung glauben darf: Nein. Dort wird unter anderem darauf verwiesen, dass das Höferecht in der Literatur als „totes Recht“ bezeichnet wird und der 68. Deutsche Juristentag bereits 2010 dessen Abschaffung - wohlgemerkt: in den westdeutschen Bundesländern - gefordert hatte.
Als wesentlicher Grund wird angeführt, dass die Höfeordnung in den Bundesländern, in denen sie gilt, kaum zur Anwendung kommt. Darüber hinaus wird angeführt - darauf ist auch Herr Gliese eingegangen -, dass die Erblasser in ihrer Testierfreiheit eingeschränkt würden. Die Testierfreiheit ist in Artikel 14 Abs. 1 GG geregelt. Danach darf der Erblasser selbst bestim men, wer wie viel erben soll. Entgegen der Darlegung im Be richt der Landesregierung geht es bei der Höfeordnung aber nicht darum, die Erblasser in ihrer Testierfreiheit zu beschrän ken, sondern ganz im Gegenteil darum, ihre Entscheidungs möglichkeiten zu erweitern.
Dazu braucht es auch kein Gutachten des Deutschen Bundesta ges, sondern das kann man unmittelbar aus dem Gesetzentwurf
selbst herauslesen: Allein die Erblasser und Erblasserinnen - und nicht der Staat - entscheiden darüber, ob die Höfeordnung überhaupt zur Anwendung kommt. Die Anwendung der Höfe ordnung ist dann tatsächlich nur das letzte Mittel des Erblassers oder der Erblasserin, um den Wunsch nach einer ungeteilten Weitergabe des Hofes durchzusetzen.
Der Wert einer Höfeordnung - damit komme ich zu dem Begriff „totes Recht“, der suggeriert, dass es kaum zur Anwendung komme - besteht nämlich genau darin, dass sie nicht zur An wendung kommt, sondern im besten Fall dafür sorgt, dass die Familien eine Regelung jenseits der Höfeordnung finden, mit der alle Erbberechtigten leben können und mit der zugleich die Betriebe in ihrer Struktur und Leistungsfähigkeit erhalten blei ben. Dieser Sachverhalt spricht nun gerade für und nicht gegen eine Höfeordnung als neues Landesgesetz.
Entscheidend für das Ob eines eigenen Landesgesetzes ist ein ganz anderer Punkt, nämlich die Frage nach der Bewertung des Betriebes. Wir haben es gehört: Bei den rund 1 000 juristischen Personen spielt diese Frage überhaupt keine Rolle. Dort gibt es Eigentumsanteile, Gesellschaftsanteile und Genossenschafts anteile. Da interessiert es allenfalls das Finanzministerium für die Bemessung der Höhe der Erbschaftsteuer, wie hoch der Wert ist; aber es interessiert nicht im Binnenverhältnis bei der Verteilung zwischen den Erben.
Wortreich wird im Bericht der Landesregierung ausgeführt, dass bei der Berechnung des für die Abfindung der weichenden Erben relevanten Hofwertes nicht auf den Einheitswert - das können wir alle aus den einschlägigen Verfassungsgerichtsur teilen ableiten - und den Ersatzwirtschaftswert - da wird es et was schwieriger - zurückgegriffen werden könne. Wenn statt dessen der Ertragswert - definiert als das 25-Fache des jährlichen Hofertrages - zur Anwendung käme, dann sei das gesamte Ge setz jedoch überflüssig. Interessanterweise treffen sich hier Mi nisterium und Bauernbund, der eine derartige Höfeordnung ebenfalls für überflüssig ansieht, da eine Abfindung zum Er tragswert bereits heute nach § 2049 BGB möglich ist. Aufgabe im weiteren parlamentarischen Verfahren ist es, genau hier in novative Lösungen zu finden. Insbesondere den Vorschlag des Bauernbundes, dass bei der Abfindung der weichenden Erben das Wohneigentum zum Verkehrswert und das landwirtschaftli che Vermögen zum Ersatzwirtschaftswert bewertet wird, müs sen wir im weiteren Verfahren eingehend prüfen. Gelingt es nicht, zu einer vom Ertragswert abweichenden Bewertung zu kommen, dann ist das Ziel der Höfeordnung, nämlich der Erhalt des Hofes in seiner Gesamtheit, infrage gestellt, und dann bräuchten wir dieses Gesetz in der Tat nicht.
Großartig finde ich, dass die Koalitionsfraktionen sich von dem ablehnenden Prüfbericht der Landesregierung nicht haben ins Bockshorn jagen lassen, sondern von sich aus diesen Gesetz entwurf hier eingebracht haben - auch wenn er Schwächen hat. Herr Gliese hat es bereits angesprochen: Dort ist immer noch die Rede vom Ertragswert. Ich denke, da müssen wir ran. Dazu dienen unter anderem die Anhörungen.
Nach unserer Einschätzung ist es in der Tat der übereinstim mende Wunsch aller Fraktionen im diesem Hause, das Problem der Bewertung konstruktiv zu lösen und das Gesetzesvorhaben noch in dieser Legislaturperiode - so hoffe ich, Herr Folgart -
erfolgreich abschließen zu können. Hierbei wünsche ich uns allen viel Erfolg. - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerk samkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klopf, klopf! - Jedes Jahr widmet sich der Haushaltskontrollausschuss mit viel Zeit, Energie und Akribie dem Jahresbericht des Lan desrechnungshofes. Wenn die zu einem einzigen Tagesord nungspunkt zusammengezogenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Haushaltskontrollausschuss hier im Plenum aufgerufen werden, liegt bereits eine Menge Arbeit hinter uns: die Befassung der Berichterstatterinnen und Berichterstatter mit den einzelnen Prüfergebnissen des Landesrechnungshofs, die Beratungen mit den Vertretern der Ministerien, die Anhö rung der Ressortchefs im Haushaltskontrollausschuss und schließlich die Vorlage der Beschlussempfehlungen und des Berichts an das Plenum.
Die Zustimmung zu diesem Bericht setzt dann nur einen vor läufigen Schlusspunkt hinter die parlamentarischen Beratun gen. Die Prüfung der in der Beschlussvorlage erteilten Arbeits aufträge wird den Haushaltskontrollausschuss allerdings noch über Monate, vielleicht auch Jahre beschäftigen.
Eine Premiere bei diesem Jahresbericht bestand darin, dass der Landesrechnungshof die Kammern als Bereich der mittelbaren Landesverwaltung nicht nur einer Prüfung unterzogen hat - das macht er regelmäßig -, sondern seine Prüfergebnisse auch in den Jahresbericht aufgenommen hat. Das hat er im Falle von Kammern noch nie gemacht; es handelt sich dabei um die Handwerkskammern.
Während sich aktuell die Industrie- und Handelskammern noch mit Händen und Füßen gegen eine Prüfung durch den Landes rechnungshof wehren und die Koalition noch nicht weiß, wie sie mit diesem Widerstand umgehen soll, sind die Handwerks kammern da schon weiter. Sie haben erkannt, dass es ihnen als mittelbarer Landesverwaltung - ja, das sind die Kammern: mit telbare Landesverwaltung - gut zu Gesicht steht, in ihrem Fi nanzgebaren dem Landesrechnungshof und schließlich auch dem Haushaltskontrollausschuss Rede und Antwort zu stehen und damit auch ihren Mitgliedern erweiterte Rechenschaft zu legen.
Die vorliegende Prüfung des Landesrechnungshofes - das ist vielleicht ein bisschen untergegangen - hat ergeben, dass die Handwerkskammern finanziell solide aufgestellt sind. Natür lich gibt es aber auch Mängel, und die sind auch benannt wor den. Das betrifft unter anderem die Führungsebene; ich erinne re nur mal an die Bezüge der Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer oder den allgemeinen Klassiker: die Bereitstel lung von Dienst-Kfz.
Das alles sollte ausgewertet werden in den Organen, in den Selbstverwaltungsgremien der Handwerkskammern. Dort sol len die Schlussfolgerungen gezogen werden. Das ist weitestge hend schon geschehen. Ein solches Vorgehen - externe Prüfung auf der einen Seite und Diskussion der Ergebnisse in den Kam merorganen auf der anderen Seite - halte ich für außerordent lich hilfreich, um die Legitimation dieser berufsständischen Einrichtungen zu befördern. So können nebenbei auch die Selbstverwaltungsorgane der Kammern gestärkt werden.
Ich kann den Industrie- und Handelskammern die Offenlegung ihrer Bücher und das Rede-und-Antwort-Stehen gegenüber dem Landesrechnungshof nur zur Nachahmung empfehlen. Ein trot ziges Festhalten an einer überholten Rechtsauffassung, nach der die IHKs vom Landesrechnungshof nicht geprüft werden dürfen, ist nicht zeitgemäß und überdies unwürdig.
Die Tatsache, dass die Pflichtmitglieder mit ihren Beiträgen da für bluten, dass teure Gerichtsverfahren und Rechtsanwälte zum Schutze ihrer Führungskräfte ein Mehr an Transparenz so lange wie möglich hinauszögern, sollte den Gesetzgeber end lich dazu veranlassen, das Prüfungsrecht des Landesrechnungs hofs im IHK-Gesetz klarzustellen.
Der Landesrechnungshof prüft aber nicht nur - Frau Geywitz hat es dargelegt -, sondern er hat auch eine Beratungsfunktion gegenüber Landesregierung und Landtag. Vorbildlich kommt das im heute zur Überweisung an die Ausschüsse vorgesehenen
Beratungsbericht über die mögliche Ausgestaltung der Schul denbremse im Land Brandenburg zum Ausdruck.
Auch wenn die Haushaltslage des Landes derzeit sehr gut ist und ab 2020 die Bundesländer vom Bund noch einmal 10 Mil liarden Euro mehr pro Jahr bekommen sollen - der Versuchung, neue Schulden aufzunehmen, werden auch künftige Landesre gierungen kaum widerstehen können, wenn es finanziell wieder enger wird. Hierfür muss es Regeln geben.
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist die Schuldenbrem se im Grundgesetz kein grundsätzliches Neuverschuldungsver bot. Sie wird aber ab 2020 zu einem faktischen Neuverschul dungsverbot, wenn die Länder bis dahin keine landesgesetzlichen Regelungen verabschieden, die die zulässige Neuverschuldung definieren.
Der Landesrechnungshof hat dieses Thema mit dem vorliegen den Bericht proaktiv aufgegriffen und dem Landtag in Form eines Beratungsberichtes die Spielräume aufgezeigt. Ich möch te mich dafür ausdrücklich bedanken.
Ich bin mir sicher: Wir werden gemeinsam mit großer Mehrheit hier im Landtag eine Verfassungsänderung verabschieden.
Damit komme ich zum Schluss: Wie jedes Jahr bedanke ich mich wie meine Vorrednerinnen und Vorredner besonders beim Landesrechnungshofpräsidenten, aber auch bei allen Beteilig ten im und um den Haushaltskontrollausschuss für die großarti ge Arbeit.
Sehr geehrter Herr Weiser, liebe Mitarbeiterinnen und Mitar beiter des Landesrechnungshofs, auch wenn Ihre Vorschläge nicht immer sofort auf fruchtbaren Boden fallen - bleiben Sie dran! Bei einigen Samen dauert es etwas länger, bis sie keimen; am Ende aber setzen auch sie sich durch. Alles Gute für Ihre weitere Arbeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitglieder der ARE auf der Besuchertribüne! Ich denke, es ist ein Verdienst der CDU, dass sie das Thema „bodenre formbetroffene Neusiedlererben“ mit der Großen Anfrage wie der auf die Tagesordnung des Landtages gesetzt hat. Für uns Grüne kann dieser Jahrestag allerdings nur ein Aufhänger für eine weiterführende Diskussion sein; denn die in der sogenann ten Bodenreformaffäre zutage getretenen Probleme sind unver ändert weit davon entfernt, abschließend gelöst zu werden: Es geht noch viel tiefer. Da sehe ich ein großes Problem; denn die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung kratzen letztendlich nur an der Oberfläche.
Rufen wir uns in Erinnerung: Anfang der 90er-Jahre wurden im FDP-geführten Bundesjustizministerium offenkundig Mittel und Wege gesucht, wie man die Ergebnisse des Zwei-plus-VierVertrags hinsichtlich der Bodenreform der Jahre 1945 bis 1949 wieder rückgängig machen konnte. Öffentlich wurde dies fast nur unter dem Gesichtspunkt einer Rückgabe von in der SBZ enteigneten Großgrundbesitzern an deren meist adelige Erben diskutiert. „Rückgabe vor Entschädigung“ war das Stichwort.
Aber wer etwas zurückgeben wollte, der musste sich natürlich zunächst einmal wieder in das Eigentum hineinbringen, und ge nau das war das Problem mit den 1992 von der schwarz-gelben Regierung verabschiedeten Bestimmungen des Artikels 233 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, die für be stimmte Konstellationen eine entschädigungslose Enteignung von Neusiedlererben zugunsten des Fiskus vorsahen. Um dies zu erreichen, wurde die Vererbbarkeit des Bodenreformlandes infrage gestellt und nur noch für bestimmte Fallkonstellationen anerkannt; es ist geschildert worden. Wer zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Landwirtschaft arbeitete, konnte sein er erbtes Eigentum verlieren.
Den Ländern wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum 2. Oktober 2000 dieses Land anzueignen oder sich dort, wo es bereits verkauft war, die Verkaufserlöse unter den Nagel zu rei ßen. Die Bundesländer gingen dabei unterschiedlich vor. Das war Gegenstand der Enquetekommission 5/1. So kam es in Thüringen oder Sachsen nur zu relativ wenigen derartigen An eignungen; Brandenburg aber legte ein besonders gieriges Ver halten an den Tag, um in den Besitz dieser Flächen zu gelangen. Das wurde auch als eine besonders ausgeprägte Enteignungs mentalität bezeichnet.
Insgesamt ging es bundesweit um rund 100 000 Hektar - das ist eine Fläche so groß wie Berlin. Brandenburg ließ sich in rund 7 500 Fällen unter Rückgriff auf das Rechtsinstitut der gesetzli chen Vertretung bei unbekannten Erben - wie sich später her ausstellte - unrechtmäßig und sittenwidrig als Eigentümer ein tragen; darauf konzentrieren sich auch die Fragen der CDU und die Antworten der Landesregierung.
Ausgeblendet werden in der Großen Anfrage aber die mindes tens 6 500 Fälle, in denen sich Brandenburg das Bodenreform land bekannter, also nicht anonymer Eigentümer vor dem 02.10.2000 zunächst „rechtmäßig“ aneignete. Insgesamt geht es um eine Fläche von mindestens 16 500 Hektar, die sich noch immer in Landeseigentum befinden - nachzuschlagen im Ein zelplan 20, Titelgruppe 67. Hierzu will sich die Landesregie rung definitiv nicht äußern, wie die Antworten auf die Fragen 33 und 34 zeigen. Aber auch bei diesen Flächen gibt es 308 Fälle, bei denen nachträglich Grundstücksübergaben angeboten wurden - siehe die Antwort auf Frage 22.
Man kann es wenden, wie man will: Bis heute sind in puncto Bodenreformland die Ehrlichen die Dummen. Wer sich als Ei gentümer von Bodenreformland outete, verlor häufig seinen gesamten Grundbesitz. Wer stillhielt und den Stichtag 02.10.2000 unbemerkt erreichte, behielt seine Flächen. Soll das allen Ernstes gerecht sein? 6 500 Fälle - das sind weit über 6 500 betroffene Personen, weil es sich häufig um Erbenge meinschaften handelte, denen ihr Land oder ihr Verkaufserlös von Staats wegen weggenommen wurde. Alle unsere bündnis grünen Versuche, hier eine Gleichbehandlung zu erreichen und
alle Flurstücke zurückzugeben, sind an Rot-Rot gescheitert. In Erinnerung ist mir insbesondere Andreas Kuhnert, der mit dem zynischen Bonmot, die DDR-Bürger hätten die Demokratie ge wollt und den Rechtsstaat gefunden, nach dem Motto „Pech gehabt!“ unseren ersten Versuch abschmetterte. Zuletzt kam dann Minister Görke, der unser Bodenreform-Wiedergutma chungsgesetz 2016 wegen eines Verstoßes gegen den Gleich heitsgrundsatz schlichtweg als verfassungswidrig abtun wollte.
Angesichts dieses Zynismus kein Wunder also, dass sich viele Menschen gerade auf dem Land von diesem Rechtsstaat und dieser Demokratie abgewendet haben, reiht sich in der Welt vieler Dorfbewohner die Enteignung der Bodenreformflächen doch nahtlos ein in die Benachteiligung der ausscheidenden LPG-Genossen bei ihren Versuchen, als Wiedereinrichter Fuß zu fassen, oder bei der Verschleuderung von öffentlichem Ei gentum durch die Treuhand an neue Großgrundbesitzer.
Ich denke nicht, dass es zur Wiedergewinnung des Vertrauens in den Rechtsstaat mit einem Härtefallfonds getan ist, auf den sich die CDU jetzt konzentriert. Wir sind der Gesetzgeber und müssen Mittel und Wege finden, alle vom Land angeeigneten Flächen zurückzugeben. Dann brauchen wir auch keinen Härte fallfonds. Und wenn die SPD bei den im Bund anstehenden Koalitionsgesprächen jetzt „Ost-Kompetenz“ zeigen will, wür de die Rückgabeoption für ausnahmslos alle Neusiedlerflächen auch eine Schlüsselforderung darstellen, um zu zeigen, dass man verstanden hat, worin die Gründe für den Bruch des Ver trauens in den Rechtsstaat und in die Demokratie auf dem Land liegen.
In diesem Sinne werden wir dem CDU-Antrag zustimmen. Zudem verspreche ich Ihnen - und insbesondere Ihnen dort oben auf der Gästetribüne -, dass wir das Thema nicht bis zum 20. Jahrestag der Bodenreform ad acta legen. - Recht herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als die Anhörung zum Gesetz über die Kreisgebietsreform am Donnerstag, dem 19. Oktober um 9 Uhr begann, war ein Kern stück der Verwaltungsstrukturreform am Kippen. Als der erste Anhörungstag in der Nacht zum Freitag um 2.50 Uhr endete, war die Kreisgebietsreform bereits erledigt. Sie war unter der mit aller Wucht vorgetragenen Ablehnung des Vorhabens durch die Landräte, Oberbürgermeister, Vorsitzenden der Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen - aus allen Parteien - zu sammengebrochen und damit politisch tot.
Unabhängig davon war die Kreisgebietsreform allein wegen gravierender Fehler im Gesetzgebungsverfahren formaljuris tisch erledigt und mausetot. Das Scheitern des Vorschaltgeset zes zur Kommunalreform in Thüringen hätte es eigentlich je dem zeigen müssen: Gesetzlich vorgeschriebene Anhörungen sind keine formale und lästige Pflichterfüllung, sondern ele mentarer Bestandteil eines demokratischen Verfahrens. Um zu verstehen, dass eine Anhörung, die zu nachtschlafender Zeit durchgeführt wird, gegen die einfachsten Grundsätze des zu gewährenden rechtlichen Gehörs verstößt, braucht man in der Tat kein Zweites Juristischen Staatsexamen.
Als Ministerpräsident Woidke zwei Wochen später seine im provisierte Pressekonferenz auf dem trostlosen Parkplatz in Meyenburg abhielt, konnte er deswegen das Ableben der Kreisgebietsreform nur noch notariell beglaubigen. Mut - den er sich in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ selbst be scheinigte - zu diesem Rückzug brauchte es allerdings keinen mehr. Das Abblasen der Kreisgebietsreform war im wahrsten Sinne alternativlos geworden - alternativlos, wollte Rot-Rot verhindern, nicht nur seine eigene kommunalpolitische Basis zu verlieren, sondern auch die gesamte politische Basis im Land aufs Spiel zu setzen, und alternativlos, wollte Rot-Rot nicht Gefahr laufen, nach den bereits angekündigten Anfech tungsklagen gegen die nächtliche Anhörung vor dem Verfas sungsgericht vorgeführt zu werden.
Ein bitteres Ende für ein großes Vorhaben. Dabei war doch ein mal alles ganz anders geplant. Am Anfang stand die Überle gung, dass den Herausforderungen des demografischen Wan dels - Alterung der Gesellschaft, sinkende Einwohnerzahlen
und, nicht zu vergessen, schrumpfende Zahl der Erwerbstäti gen - und den mit dem Auslaufen des Solidarpakts verbunde nen absehbar verringerten Einnahmen nicht mehr mit einer Fortschreibung des Status quo begegnet werden kann. Am An fang stand die Idee, diese Entwicklung zugleich als Chance für eine Effizienzsteigerung der Verwaltungen, die Neuverteilung und Dezentralisierung von Aufgaben und für ein Mehr an kom munaler Demokratie zu begreifen. Hervorragende Ideen, zu denen sich auch meine Fraktion uneingeschränkt bekennt. Her vorragende Ideen, für deren Ausgestaltung wir Bündnisgrünen, allen voran Ursula Nonnemacher, in der Enquetekommission gestritten und dort genauso wie auf unseren Landesparteitagen Mehrheiten gewonnen haben.
Amtsgemeindemodell, Teilentschuldung der besonders ver schuldeten Städte - nicht nur der kreisfreien Städte -, Auswei tung der Mitbestimmungsrechte der Gemeindebürgerinnen und -bürger, Erleichterung von Bürgerbegehren und -entscheiden sind Elemente, die wir Grünen in den Enqueteprozess einge bracht haben und für die wir unverändert streiten.
Mit dem Scheitern der Kreisgebietsreform droht allerdings auch vieles von diesen Vorhaben zu scheitern.
Wenn der Ministerpräsident jetzt erklärt, eine Mitschuld an diesem Scheitern zu tragen, ohne in seiner Rede auch nur einen einzigen Fehler zu benennen, gleichzeitig aber die CDU als Hauptschuldige attackiert, hat das mit kritischer Selbstreflexion nichts zu tun.
In aller Kürze deswegen folgende Hinweise: Ein Kardinalfeh ler war bereits, dass die SPD sich weigerte, das Thema Verwal tungsstrukturreform offensiv in den Landtagswahlkampf 2014 einzubringen. Mit dem Verzicht darauf, dieses Thema im Wahlkampf auch nur zu erörtern, hatte sie natürlich auch jedes Recht verwirkt, das Wahlergebnis als Auftrag für eine solche Reform zu deuten.
Umso verrückter, dass nach den Wahlen von der SPD die Hal tung zur Kreisneugliederung zum entscheidenden Kriterium für die Auswahl des Koalitionspartners erhoben wurde. Und statt die CDU, wenn nicht als Koalitionspartner, dann aber we nigstens als notwendigen Bündnispartner für dieses Vorhaben mit ins Boot zu holen, wurde sie von Herrn Ness mit dem Zi tieren aus internen Gesprächen als opportunistische Umfaller partei gebrandmarkt und bis zur Weißglut getrieben. Ich denke, das war ein entscheidender Fehler, der dazu führte, dass am Ende die Volksinitiative mit diesem Erfolg durchgeführt wer den konnte.
Hinzu kam der wenig sensible Umgang der gesamten Landes regierung mit den Betroffenen. Ironie im politischen Geschäft ist immer eine Gratwanderung. Feiner Humor des Innenminis ters wurde mitunter nicht als solcher erkannt. Umso besser aber sein ebenfalls ab und zu vorkommender Brachialhumor, der von den Betroffenen als Versuch gedeutet wurde, für dum me Witze herhalten zu müssen, während man zugleich mit dem
Holzhammer einen über die Rübe gezogen bekommt. Im Zwei fel wurde dann verkündet statt überzeugt. Strategische Partner wurden offenkundig nicht aktiv gesucht und, soweit sie an fangs vorhanden waren - wie der Potsdamer Oberbürgermeis ter Jann Jakobs sowie die Landräte von Barnim und Ucker mark -, verprellt.
Statt die Menschen emotional mitzunehmen und ein positives Bild einer effizienten, ortsnahen Verwaltung mit erweiterten Aufgaben und den Mehrwert an demokratischer Teilhabe für den Einzelnen zu verbreiten, wurde lang und breit über nicht belegte Fusionsrenditen und Skaleneffekte geredet. Das ver stand niemand.
Anstatt dass sich der Ministerpräsident selbst in die erste Reihe stellte, hat er seine Adjutanten, Innenminister Schröter und Fi nanzminister Görke, nach vorn geschickt.
Statt das Ohr an der Basis zu haben, Skeptiker in den eigenen Reihen zu hören, auf ihre Argumente einzugehen, wenigstens zu versuchen, diese zu überzeugen und einzubinden, auch ein mal in den eigenen Reihen zu intervenieren, wenn Koalitions vertreter in ihren Heimatkommunen ganz anders redeten als hier im Landtag - ich denke zum Beispiel an Herrn Gorholt -, bestand höchstens die Bereitschaft, Vorschläge der im Auftrag ihres Herrn vorgepreschten Minister aus taktischen Gründen wieder einzufangen und abzumildern.
Ganz am Schluss dann der Tiefpunkt: die Probeabstimmung in der SPD. Eine Probeabstimmung über ein Gesetz wohlge merkt, zu dem bis dato weder eine Anhörung geschweige denn eine Auswertung der Anhörung durchgeführt worden war. Das Ganze ein einziges Politik- und Kommunikationsdesaster.
Auch wir Grünen sind an den handwerklichen Fehlern und Kommunikationsfehlern der Regierung verzweifelt. Auch wir konnten letztlich unsere Unterstützung für das Vorhaben nicht mehr aufrechterhalten.
Am vorläufigen Ende dann das trostlose Bild des Ministerprä sidenten auf dem Fabrikparkplatz in Meyenburg.
Das Bild eines Ministerpräsidenten, der die Entscheidung aus der Hand gegeben hat, selber noch über Ort und Verkündung des Endes seines wichtigsten Reformvorhabens zu bestimmen.
Auch demokratische Politik lebt von Bildersprache. Das Min deste wäre es gewesen, gemeinsam mit dem Koalitionspartner und den Spitzen der beiden Fraktionen vor die Landespresse konferenz zu treten und damit die Chance zu nutzen, zu erklä ren, wie es weitergeht.
Anständig wäre es zudem gewesen, das Ende des wichtigsten Vorhabens dieser Legislaturperiode erst einmal mit den eige nen Abgeordneten zu erörtern und nicht die eigene Generalse kretärin zu einem Rücktritt aus Resignation zu treiben.
Stattdessen wurde im Vorbeigehen der Schwarze Peter der CDU und der kommunalen Familie zugeschoben, wurden
schnell einmal 400 Millionen Euro zur Neuverteilung und wur de den kreisfreien Städten Teilentschuldung gegen Wohlver halten angeboten. Das sollte wohl Stärke und Entscheidungsfä higkeit demonstrieren, war aber ein Zeichen unheimlicher Schwäche.
Es zeugt aber auch von Respektlosigkeit gegenüber dem Parla ment, wenn ein im Verfahren weit vorangeschrittener Gesetz entwurf eben mal so aus dem Off heraus einkassiert wird.
Das sind Bilder, die sich einbrennen. Nein, Herr Woidke, so nicht!
Angesichts des krachenden Scheiterns beim selbst ausgerufe nen Leuchtturmprojekt kann es kein Abschieben der Verant wortung auf andere geben. Mehr Demut angesichts der eigenen Fehler war angesagt und wurde von uns auch erwartet.
Aber Demut einzufordern heißt für uns Grüne nicht Demüti gung. Wir weiden uns nicht genüsslich am Scheitern des zent ralen Regierungsvorhabens dieser Landesregierung, und wir stellen auch nicht jegliche Kompetenz des Ministerpräsidenten und seiner Koalition infrage.
Wir stellen uns hier nicht in eine Reihe mit der CDU und der AfD. Eine Auflösung des Landtags, bei der es auf die Stimmen der AfD ankäme oder ankommt, wäre die Selbstdemontage dieses Landesparlaments. Das wäre eine Botschaft, die hier niemand wollen kann.
Solange die Regierung eine Mehrheit hat und nicht von sich aus Neuwahlen anstrebt, werden wir hier auch keine Neuwahl forderung unterstützen.
Der Respekt vor dem laufenden Volksbegehren hätte für uns aber auch bedeutet, dessen Inhalte nicht immer wieder aufs Neue im Landtag zur Abstimmung zu stellen, sondern erst ein mal die gesetzliche Eintragungsfrist abzuwarten.
Demut einzufordern, das heißt zu verlangen, dass aus dem Scheitern Lehren gezogen werden, dass in Zukunft eine besse re, eine den Menschen zugewandte Politik erfolgt und - last, but not least - dass der Landtag als Landes- und auch als Haus haltsgesetzgeber ernst genommen wird, kurz gesagt: ein neuer Politikstil Einzug hält. Das erschöpft sich nicht in einem besse ren Politikmarketing. Das erfordert nicht nur eine Ansage, wie es mit der Verwaltungsstrukturreform weitergeht. Das erfordert in der Tat auch eine neue Zielbestimmung für den Rest der Le gislaturperide. Fangen wir gleich damit an!
Mit der Absage der Kreisgebietsreform und der Funktionalre form I ist kein einziges Zukunftsproblem gelöst.
Das Leitbild ist damit zwar auch ohne formelle Aufhebung er ledigt, aber die Aufgabe, die Kommunalverwaltungen zu kunftsfest zu machen, bleibt unverändert bestehen.
Wie das aktuell in der Enquetekommission „Ländliche Räume“ diskutierte Gutachten des Länderinstituts in Leipzig zeigt, sind Globalzahlen und Durchschnittswerte kein geeigneter Grad messer für die Beurteilung der demografischen Probleme im Land.
Trotz des schönen Bildes von einzelnen wachsenden Kommu nen - insbesondere im Berliner Umland -: Die Hälfte der Kom munen verliert immer noch Einwohner gleichermaßen durch Abwanderung und Geburtendefizite. Während im berlinnahen Raum aufgrund des Zuzugs zusätzliche Mittel für neuen Wohn raum, mehr Schulen und Kitaplätze benötigt werden, braucht die überwiegende Zahl der Kommunen in der Peripherie, in den Randregionen neue Strukturen und mehr Mittel, um ein Mindestmaß an Daseinsvorsorge für - je nach Sichtweise - eine überalterte oder - wie ich gelesen habe; ein neuer Begriff - un terjüngte Einwohnerschaft sicherzustellen.
Wir sind bereits zu einem Bundesland der zwei Geschwindig keiten geworden. Das muss natürlich Folgen für die Landes entwicklungsplanung haben. Das Thema einer Gemeindestruk turreform, die Einführung des Amtsgemeindemodells als Alter native zu Einheitsgemeinden und Ämtern bleibt daher genauso auf der Tagesordnung wie eine mögliche Neuverteilung der Aufgaben zwischen Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden. Diese sogenannte Funktionalreform II muss jetzt auch schnell mit den Kommunen zum Abschluss gebracht werden, weil das nämlich unmittelbar Auswirkungen auf den kommunalen Fi nanzausgleich hat.
Das in der Anhörung von deren Präsidenten, Herrn Blasig und Herrn Jakobs, gezeichnete Bild, dass sich Landkreistag und Städte- und Gemeindebund über diese Aufgabenverteilung ganz schnell einigen könnten, hat aber schon seine ersten Risse bekommen. Indem die Verantwortung wieder an die Landesre gierung delegiert wird, spiegelt sich erneut das bekannte Bild aus der Enquetekommission, dass die Landräte zwar gern alles haben, aber keine Aufgabe abgeben wollen.
Hier ist in der Tat die Regierung als Impulsgeber unverzicht bar.
Unverändert sind Cottbus, Frankfurt, Brandenburg an der Ha vel mit Millionenbeträgen überschuldet und kaum noch in der Lage, Investitionen zu planen. Bis heute ist unklar, welcher Anteil strukturell - also zum Beispiel durch besonders hohe So ziallasten - bedingt und welcher Anteil einer unsoliden Haus haltsführung in der Vergangenheit geschuldet ist. Vor einer Neuordnung des horizontalen und des vertikalen Finanzaus gleichs ist deswegen eine unabhängige Analyse notwendig.
Mit 200 Millionen Euro, die Sie bisher für die Teilentschul dung eingeplant hatten - über zehn Jahre verteilt, also 20 Milli onen Euro pro Jahr -, werden sich diese Probleme nicht lösen lassen. Neben einem Investitionszuschuss als Kompensation für 2020 wegfallende Solidarpaktmittel für alle Gemeinden
muss dann auch der Soziallastenausgleich im FAG weiterent wickelt werden -
beispielsweise weniger Pauschalierung und Orientierung an Einwohnerzahlen, sondern mehr am Bedarf orientiert. Ich den ke, das hatten Sie auch angesprochen.
Wir teilen die Auffassung, dass mit dem Verzicht auf die Kreis gebietsreform auch die Grundlagen für die Übertragung weite rer Landesaufgaben auf die Kreise vorerst entfallen sind. Erst einmal müssen gemeinsam mit den Kreisen andere Wege ge funden werden, um die Aufgabenerledigung auch in Kreisen mit schrumpfender Bevölkerungszahl langfristig qualifiziert sicherzustellen und auszufinanzieren.
Das bedeutet aber im Gegenzug, wenn jetzt die Aufgaben beim Land verbleiben, dass die Forstreform jetzt in Landeszustän digkeit zum Abschluss gebracht wird - da geht es nicht nur um die Waldarbeiter - und das notleidende Landesamt für Umwelt durch Zuführung neuer Stellen endlich in die Lage versetzt wird, seine Aufgaben in Natur- und Umweltschutz wieder zu erfüllen.
Die im ursprünglichen Gesetzentwurf, der jetzt zurückgezogen wurde, bereits enthaltenen Vorschläge zur Stärkung der Ein wohnerrechte auf kommunaler Ebene, zur Stärkung der Mit wirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen, die Verbesserungen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden müssen kommen, auch wenn der Städte- und Gemeindebund bislang nicht mitziehen will.
Die diesbezüglich notwendigen Änderungen in der Kommu nalverfassung könnten schon in der nächsten Sitzung des Landtags auf die Tagesordnung genommen werden. Die ent sprechende Formulierung liegt ja schon vor.
Und nicht zuletzt Verwaltungsmodernisierung und E-Govern ment. Hier besteht unverändert großer Handlungsbedarf. Aber das haben Sie selbst erkannt; deswegen werde ich jetzt dazu nicht mehr sehr viel ausführen.
Kommen wir deswegen zum großen Ganzen - zur Zielsetzung für die verbleibenden zwei Jahre bis zu den nächsten Landtags wahlen. „Den Aufbruch vollenden“ war das Motto des Koaliti onsvertrages von 2014; das ist Geschichte. „Moderne Heimat Brandenburg für alle“ heißt jetzt also das neue Leitmotiv. Das erinnert ein wenig an „Das Land, in dem wir gut und gerne le ben“. „Modern“ und „Heimat“ klingt gut; hier soll wohl auch ein wenig „Laptop und Lederhose“ mit anklingen. Das Wört chen „modern“ soll wohl die Jugend begeistern, und mit dem Begriff Heimat sollen wohl der selbsterklärten Heimatpartei CDU die Wählerinnen und Wähler streitig gemacht werden.