Christoph Schulze

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Last Statements

Herr Präsident! Verehrte Anwesende! 100. Sitzung. Ein wichtiges Thema. Tagesordnungspunkt 1: LEG-Untersuchungsausschuss. Tagesordnungspunkt 2: Chipfabrik-Untersuchungsausschuss. Ich kann nur sagen: Schade, schade, schade! Wir haben hier zum Teil eine Chance verpasst. Einige konnten der Versuchung nicht widerstehen, hier ein bisschen die Messer zu wetzen.
Schade finde ich auch das zwischenzeitliche große Desinteresse in diesem Saal. Zeitweise war kaum die Hälfte der Abgeordneten anwesend, waren die Regierungsbänke leer. Auch von den Journalistinnen und Journalisten, die sich mit den heutigen Themen beschäftigt haben, waren nur wenige anwesend. Ich meine, das muss hier gesagt werden.
Wir reden beim Thema Chipfabrik-Untersuchungsausschuss über einen der größten wirtschaftspolitischen Skandale in dieser Wahlperiode. Die heutige Sitzung ist leider keine Sternstunde. Das muss man mit Bedauern feststellen, wenn man auch zwischen den einzelnen Beiträgen differenzieren muss.
Im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 1 ist die Herangehensweise des Ausschusses und seiner Mitglieder heute hier deutlich geworden, im Vergleich dazu auch die unterschiedliche Herangehensweise von Abgeordneten im Chipfabrik- Untersuchungsausschuss. Ich meine, das war mit Händen zu greifen.
So erreicht man - unsere heutige Sitzung geht bekanntlich über den Äther - leider nicht die Zustimmung bei den Bürgern, wenn man die Vorurteile über Politik und Politiker bedient.
Zu dem Beitrag des Kollegen Lunacek möchte ich nur kurz bemerken, dass ich traurig darüber bin, weil wir im Untersuchungsausschuss schon ein bisschen weiter waren.
Ein Untersuchungsausschuss wird in der Regel dann eingesetzt, wenn Fehler gemacht wurden und es etwas aufzuklären gilt. Das ist hier zweifellos der Fall gewesen. Anderenfalls hätten wir uns nicht so oft in diesem Hause damit beschäftigt.
Heute ist hier viel geredet worden über die Abläufe, die man auch in dem schriftlichen Bericht nachlesen kann. Es hat eine Anamnese gegeben zu der Frage, wie es zu dieser herrlichen Katastrophe kommen konnte. Hier und da wurden auch Diagnosen gestellt. Von Therapie, also von der Frage, wie wir das in Zukunft anders machen können, ist nur sehr wenig gesprochen worden. Dankenswerterweise hat der Ministerpräsident in seinem kurzen Beitrag dazu zwei oder drei wesentliche Dinge gesagt.
Ich meine, wir müssen konstatieren, dass dort, wo Menschen arbeiten, auch Fehler gemacht werden. Einige sind schon länger in der Verantwortung und haben deshalb mehr auf der Latte. Andere sind erst seit 1999 dabei und wollten alles besser machen. Auch sie müssen nun erfahren, dass Fehler dazugehören. Die spannende Frage ist nicht, ob man Fehler macht, sondern die, wie man damit umgeht. Andere, die immer alles besser wissen, haben ebenfalls schon Fehler gemacht, haben ein ganzes Land gegen die Wand gefahren. Ich finde, dass Belehrung da oftmals nicht die richtige Reaktion ist.
Die gute Zusammenarbeit zwischen den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss ist schon angesprochen worden, aber die Frage der Konsequenzen ist nicht erwähnt worden. Wo sind die internen und strukturellen Fehler? Politische Bewertung hin, politische Bewertung her, aber wir müssen doch aus diesem ganzen Vorgang eine Lehre ziehen und klären, wie wir das in Zukunft verhindern können.
Was mich persönlich in der ganzen Zeit der Arbeit des Untersuchungsausschusses sowohl bei den Zeugenvernehmungen als auch bei der Sichtung der Akten gestört hat, war, dass es immer wieder hieß: Dafür haben wir keine Verantwortung. - Meine Damen und Herren, das ist etwas, was die Bürger stört, was auch mich persönlich stört. Wir haben dafür die Verantwortung. Dieses Plenum, dieser Landtag, diese Landesregierung haben die Verantwortung. Aber Verantwortung heißt nicht, dass wir Schuld haben oder dass Verantwortung mit Schuld gleichgesetzt werden darf. Ich denke, daran müssen wir auch arbeiten; denn das macht einen Teil unserer Glaubwürdigkeit aus.
Welches Fazit muss im Hinblick auf eine strukturelle Veränderung in der Zukunft unbedingt gezogen werden? - Es ist vom Kollegen Vietze und anderen schon angesprochen worden, dass auch der Landtag seine Rolle überdenken muss. Auf der Tagesordnung steht: die Verantwortung der Landesregierung und des Landes am Scheitern des Projektes Chipfabrik. Wir sind ein Teil dieser verfassungsmäßigen Strukturen und wir müssen uns fragen: Wie konnte es dazu kommen, dass wir es uns haben gefallen lassen, falsch informiert worden zu sein? Welche Falschinformationen sind gelaufen oder welche Märchen sind aufgetischt worden? - Allerdings gehören dazu immer zwei: einer,
der ein Märchen erzählt, und einer, der es glaubt.
Ein Weiteres muss dieser Landtag konstatieren: Es hat zu den verschiedensten Themen, die der Untersuchungsausschuss bearbeitet hat, auch immer Mahner in diesem Hause gegeben. Für die Zukunft muss gelten, dass Mahner in diesem Hause ernst genommen und nicht untergepflügt werden. Wenn ich gleich wieder von der PDS-Fraktion höre, dass es bei ihr nicht so ist, dann kann ich nur sagen, liebe Kollegen: Sie schließen solche Abgeordneten dann gleich aus der Fraktion aus.
Ein weiteres Problem ist - das ist im Untersuchungsausschuss, bei der Sichtung der Akten und der Zeugenvernehmung, auch deutlich geworden -, dass es auch strukturelle Probleme in der Landesverwaltung gibt. Wie wird hier zusammengearbeitet? Die Häuser sind voneinander abgeschottet. Dass nicht vertrauensvoll zusammengearbeitet wird, ist, denke ich, ein Teil der Genese des Problems. Die Frage der Personalpolitik hat der Ministerpräsident dankenswerter- und richtigerweise schon angesprochen. Daraus müssen der neue Landtag und die neue Landesregierung Konsequenzen ziehen; denn es ist eben nicht egal, wer auf welche Weise Minister, Aufsichtsrat, Chef eines Instituts oder Beirats wird.
Wir müssen mehr externen Sachverstand in den Landtag hineinziehen, um uns zu verstärken, damit wir uns selbst motivieren. Wir müssen in Zukunft die Motive sorgfältiger prüfen, warum dieser oder jener einen Antritt macht, ein Projekt vorzutragen und zu verwirklichen.
Schwerer als der Verlust von 100 Millionen Euro Fördermitteln wiegt der Vertrauensverlust in der Region. Diesbezüglich hätten wir heute bei den Bürgern punkten können, indem wir nämlich die Verantwortung annehmen und nicht wieder aufeinander einschlagen.
Herr Präsident, lassen Sie mich noch als Schlusswort ein gutes deutsches Sprichwort zitieren, das, denke ich, auf diesen und den ersten Sachverhalt zutrifft: Den Irrtum zu erkennen ist leichter als die Wahrheit zu suchen und zu finden. Der Irrtum liegt auf der Oberfläche. Damit lässt sichs wohl leben, aber die Wahrheit in der Tiefe verborgen und dort zu suchen ist nicht jedermanns Sache.
Dieses Problem haben wir auch in den Untersuchungsausschüssen gehabt und gesehen: Es bleibt eine offene Aufgabe und eine offene Wunde, mit der wir umgehen müssen. Unsere Aufgabe ist es, das gestörte Vertrauen der Bürger in die Politik und in den demokratischen Rechtsstaat wiederzugewinnen. Das erreichen wir nicht dadurch, dass wir aufeinander einschlagen, sondern dadurch, dass wir versuchen, die Lehren zu ziehen. - Ich danke Ihnen.
Wie heute bekannt wurde, ist es den Beelitzer Spargelbauern nach jahrelangen und kostenintensiven Forschungen gelungen, die Weltneuheit Mörgel, eine züchterische Kombination aus Spargel und Möhre, zu erfinden. Da die Erntezeit bedauerlicherweise sehr kurz ist, sind das Wertschöpfungspotenzial für Brandenburg, insbesondere das Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen, sowie die Exportchancen ausbaufähig.
Aus diesem Grund frage ich die Landesregierung:
Erstens: Welche Aktivitäten unternimmt die Landesregierung, um die Marktfähigkeit dieses innovativen Produkts zu verbessern?
Zweitens: Erwägt die Landesregierung, bei der Bundesregierung oder der Europäischen Kommission mit einer Bundesratsoder Europaratsinitiative vorstellig zu werden, um eine Kalenderreform zur Verlängerung der Erntezeit zu erwirken? Spargel darf bekanntermaßen nur bis zum Johannistag geerntet werden.
An den Innenminister habe ich die Frage, warum es dem Verfassungsschutz nicht gelungen ist, diese Untergrundtätigkeit frühzeitig aufzuklären und darüber vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu berichten.
In Wünsdorf steht in großem Umfang ausgebaute Bürofläche zur Verfügung. Zu dem Konversionsprojekt Wünsdorf muss ich Ihnen nicht allzu viel sagen. Bislang wird nur ein Teil dieser sanierten Büroflächen durch Landeseinrichtungen genutzt. Gleichzeitig sind Teile der Landesverwaltung in Mietobjekten untergebracht, wie die Landesregierung in Beantwortung der Kleinen Anfrage des Kollegen Bochow eingeräumt hat.
Die Verlagerung von Landeseinrichtungen in landeseigene Objekte ist insbesondere unter Kostengesichtspunkten sinnvoll und bei der Haushaltslage dringend geboten.
Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: Welche Maßnahmen ergreift sie, um eine zeitnahe und umfangreiche Nutzung des Standortes Wünsdorf durch die Landesverwaltung zu sichern?
Ich habe eine Nachfrage. Gibt es Überlegungen im Hinblick auf Teile des Landesumweltamtes, die in Potsdam, Michendorfer Chaussee, untergebracht sind? Das ist eine bundeseigene Liegenschaft, die dem Land in den vergangenen Jahren sehr kostengünstig vom Bund überlassen wurde. Es stehen Neuverhandlungen an. Gibt es konkrete Überlegungen, Teile dieser Landesoberbehörde nach Wünsdorf zu verlagern, was zu immensen Kosteneinsparungen führen würde?
Herr Präsident, das ist nach der Landesverfassung mein gutes Recht. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie das auch so sehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute über gesellschaftsrechtliche Fragen. Leider wird hier immer wieder vergessen, was draußen im Land gesagt wird, dass die Menschen vergessen werden. Ich erinnere mich noch gut an die Aufregungen in den letzten Tagen in Bezug auf das Bombodrom, wo viele Tränen geflossen sind. Aber darüber, dass hier von dem offensichtlich von der Mehrheit dieses Hauses unterstützten Projekt zehnmal so viel Leute - nach regierungsamtlichen Angaben - betroffen sind, fällt kein Wort.
Ich möchte denjenigen, die heute gewählt und bestimmt werden sollen, das in diesem Zusammenhang noch einmal ins Gedächtnis rufen. Herr Junghanns, ich habe nichts gegen Sie persönlich. Ich schätze Ihre Arbeit. Sie sind der vierte Wirtschaftsminister, der sich mit diesem Thema auseinander setzen darf, Frau Ziegler ist die dritte Finanzministerin. Die letzte interessante Debatte zu diesem Thema hatten wir am 7. Juli 1999. Ich
möchte Sie auffordern: Denken Sie bei Ihrer Arbeit in diesen Gremien auch an die Menschen! Rücken Sie das mehr in den Mittelpunkt der Arbeit! Denn dort, wo die Menschen keine wichtige Rolle spielen, da ist kein Segen. Deshalb möchte ich Sie bitten daran zu denken, dass es bei dieser Frage nicht nur um die politische Absicherung eines in schwieriges Fahrwasser geratenen Großprojektes geht. Rufen Sie sich ins Gedächtnis, wofür wir alle da sind, was das Land ausmacht. Das sind die Menschen.
Deswegen möchte ich als ceterum censeo noch einmal sagen: Bitte denken Sie an die Menschen und an das, was ihnen da zugemutet werden soll! Wägen Sie sorgfältig ab! Denn wenn dieses Projekt Wirklichkeit ist, können Sie es nicht mehr ungeschehen machen. Menschliches Leid ist nicht mit Geld aufzuwiegen.
Ich würde mich auch freuen, wenn die Debatte in diesem Sinne etwas von den parteipolitischen Gesichtspunkten „entpolitisiert“ würde, die humanistischen und humanen Gesichtspunkte etwas mehr in den Fokus gerückt würden und nicht immer nur über Geld und vermeintliche oder tatsächliche Arbeitsplätze geredet würde, sondern über die Menschen, die es im Zweifelsfalle ausbaden müssen.
Herr Ehler, Sie lächeln. Ich kann Ihnen nur raten: Ziehen Sie doch in die Flughafenumgegend. Dann werden Sie zu dieser Sache möglicherweise auch anders stehen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, die ansatzweise gegenüber dem Innenausschuss geäußerte Schelte möchte ich doch in aller Öffentlichkeit relativieren. Die Kollegen des Innenausschusses haben lediglich Bitten, Wünsche und Forderungen aus den Reihen des Parlaments aufgenommen. Uns ist bewusst, dass das unge
wöhnlich ist. Aber es besteht das Einspruchsrecht einer Fraktion oder von fünf Abgeordneten. Der Vorgang ist einvernehmlich gelaufen. Ob es nun in zwei Gesetzesdrucksachen oder in einer behandelt wird, ist aus Sicht der Kollegen des Innenausschusses relativ unerheblich.
Insofern möchte ich einfach darum bitten, hier nicht die Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses zu schelten. Sie haben lediglich den Forderungen und Wünschen aus diesem Haus Rechnung getragen und auch die Kollegen der PDS-Fraktion und der DVU-Fraktion eng einbezogen.
Herr Präsident, Sie nehmen richtig an.
Sie wissen doch, Herr Präsident, dass ich ein zurückhaltender Mensch bin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe dem Gesetz meine Zustimmung gegeben und ich möchte den Anwesenden kurz begründen, warum ich das getan habe.
In mir streiten zwei Seelen miteinander. Einerseits ist das das Pflichtgefühl, die Staatsräson,
die mir sagen, dass wir das schwierige Gesetzgebungsvorhaben hinter uns bringen müssen, das heißt, dass wir jedes einzelne Gesetz in dem gesamten Paket nicht losgelöst von den anderen betrachten können; denn wenn jeder an der Stelle, die ihm gerade Bauchschmerzen bereitet, seinen ungezügelten Gefühlen freien Lauf lässt, dann kommt am Ende möglicherweise nur Stückwerk oder ein Trümmerhaufen dabei heraus.
Andererseits habe ich ernste Zweifel daran, dass jedes Faktum an jeder Stelle sachgerecht abgewogen worden ist.
Ich habe dem Gesetz also zugestimmt, aber ich möchte an dieser Stelle auch gern meine Zweifel zu Protokoll geben.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Anwesende und - sofern noch jemand vor den Bildschirmen ausharrt - werte Zuschauer! Einiges, was heute hier rüberkam, hat mich veranlasst, noch einmal das Wort zu ergreifen, weil es zum Teil ein Zerrbild dessen war, was im Innenausschuss stattgefunden hat. Ich bin sehr irritiert darüber; denn die Arbeit im Innenausschuss war sowohl, was die Kollegen als auch die Anzuhörenden angeht, sehr kollegial, fair und offen.
Wie will man in eine Debatte eintreten, wenn sich ihr niemand stellt? Kurt Schumacher hat - für mich jedenfalls - sehr einprägsam formuliert: Die Aufgabe der Opposition ist es, der Regierung ihren konkreten Handlungswillen aufzuzwingen. - Kollege Sarrach hat beklagt, wir hätten fünf Tage für verschiedene Besprechungen und zum Abstimmen gehabt, aber nur zwei davon genutzt. Dazu sage ich Ihnen: Es kann, wenn niemand da ist, der einen nach dem hegelschen Prinzip der Dialektik - These, Antithese, Synthese - herausfordert, auch keine Diskussion geben.
Wenn die Antithese fehlt, ist These gleich Synthese. Kollege Petke hat schon darauf hingewiesen, dass es eben an Anträgen fehlte. Darauf gehe ich noch näher ein.
Ich bin seit 1990 Mitglied des Innenausschusses, habe alle Kommunalreformen im Lande mitgemacht und kann mir daher, glaube ich, ein Urteil darüber erlauben, wie es bei der Amtsbildung, bei der Kreisneugliederung gelaufen ist. Was wir heute haben, ist nur eine Neuauflage all dieser Diskussionen und Schlachten, die damals schon geschlagen worden sind.
Es geht bei der Gemeindegebietsreform doch nicht um die Abschaffung der Selbstverwaltung. Ich glaube, das ist eines der größten Missverständnisse, das hier aber auch von einigen in besonderer Art und Weise kultiviert, gepflegt und entwickelt wird.
Ich bin auch ein Stück weit fassungslos über die Behauptungen zum Zeitdruck, weil wir im Innenausschuss im Mai 2002 begonnen haben, dieses Gesetzgebungsverfahren vorzubereiten, und dazu immer wieder in Gesprächen waren, als der Gesetzentwurf als Referentenentwurf im Lande kursierte. Ich habe Anfang der Sommerpause dafür gesorgt, dass alle Fraktionen den Referentenentwurf zugestellt bekamen, damit sie wussten, worüber in den Gemeinden gesprochen wird und dies nicht aus der Zeitung oder aus von Bürgermeistern zugestellten Kopien erfahren müssen.
Wir haben ab Mai über Zeitpläne und darüber gesprochen, wie wir das Anhörungsverfahren staffeln, wie wir miteinander umgehen und uns bezüglich Anträgen und Fristen verhalten wollen. Ich habe immer gesagt: Es kann nicht sein, dass die Opposition über den Tisch gezogen wird, dass die Koalition ihre Mehrheit ausspielt und so These gleich Synthese ist.
Herr Sarrach, Sie wissen, dass ich Sie an bestimmten Stellen auch beschützt habe, wenn man Druck auf Sie auszuüben versuchte, weil - das muss ich auch sagen -, Herr Sarrach im Innenausschuss eine durchaus konstruktive Rolle gespielt und sich
nicht so, wie es hier heute manchmal kolportiert wurde oder wie er es heute selbst dargestellt hat, verhalten hat. Heute haben Sie nicht dasselbe Bild abgegeben wie im Innenausschuss. Der heutige Sarrach war ein anderer als der, den ich im Innenausschuss kennen gelernt habe.
Wir hatten - auch das muss man einmal all denjenigen, die sich damit nicht befasst haben, vor Augen führen - nur ein Zeitfenster von einer Wahlperiode. Man muss diese Gemeindegebietsreform im Gesamtkontext der Strukturierung des Landes Brandenburg sehen. In der 1. Wahlperiode war sie nicht möglich; da war nur Kraft für die Amtsordnung und die Kreisneugliederung. In der 2. Wahlperiode sollte das Thema angefasst werden; da konnte man sich im Landtag nicht einigen. Nun war die Situation nicht mehr haltbar; wir mussten die Gemeindegebietsreform anpacken. Dafür bleibt nun einmal nur das Zeitfenster einer Wahl, weil die Wahlergebnisse und die Konstellationen immer volatiler werden, was doch auch allen klar ist.
Wenn man in die Betrachtung einbezieht, dass die Freiwilligkeitsphase seit 1996 lief, kann man hier nicht allen Ernstes sagen, es sei nicht genug Zeit gewesen, miteinander zu reden.
Ich glaube, die Gemeindegebietsreform ist ein Meilenstein in unserer Geschichte, aber sie ist keine Sternstunde. Sie ist ein Meilenstein, weil wir eine sehr schwierige Aufgabe angefasst und erledigt haben, aber sie ist keine Sternstunde, weil diesem Wein leider die Blume fehlt oder weil es trockenes Brot ist. Frisches Brot schmeckt und hat Leben. Trockenes Brot nährt zwar auch,
füllt auch den Magen, aber es hat nicht den Geruch des Lebens. Warum fehlt der Geruch des Lebens? Weil sich einige dieser Aufgabe, die von uns allen erledigt werden muss - es geht hier nämlich nicht um parteipolitische Dinge -, dieses Land zu strukturieren, verweigert haben. Das beklage ich, obwohl es an verschiedenen Stellen immer wieder Angebote und auch Ansatzpunkte gab.
Deshalb bin ich auch so irritiert über die heutige Diskussion, die ein Zerrbild dessen ist, was im Innenausschuss stattgefunden hat. Wir Abgeordnete haben uns dort in Tages- und Nachtsitzungen stets in höchster Friedfertigkeit, Einmütigkeit und Übereinstimmung über die Dinge verständigt. Das trifft auch auf die Gespräche mit den Anzuhörenden zu. Wir haben den Anzuhörenden Zeit eingeräumt, haben ihnen niemals das Wort abgeschnitten, haben die Redezeit nicht begrenzt. Es gab Vertreter von Gemeinden, die zwei Stunden am Stück geredet haben weil dies ein freies Land ist, und das ist auch gut so.
Ich hätte mir jedoch gewünscht - auch das wäre für dieses Land diesmal so wichtig gewesen, wie es bei der Kreisneugliederung war -, dass einige hinter sich selbst zurückgetreten wären und gesagt hätten: Es geht hier um das Land Brandenburg, um Strukturen und Zukunftsfragen.
Wer heute hier beklagt, die Gesetze seien verfassungswidrig
liebe Kollegen, wer immer das gesagt hat -, dem sei gesagt: Ich habe mir das Protokoll vom 29.11.2001 über die Diskussion zur Polizeireform auf Wiedervorlage gelegt, um zu prüfen, ob all die vorausgesagten Dinge - nämlich der Untergang des Abendlandes - eintreten. Bis heute habe ich dies nicht erkennen können. Ich glaube, es werden sich alle die heute von Ihnen gesagten Dinge vorhalten lassen müssen; denn hier werden bestimmte Ängste kultiviert und auch prolongiert. Die Aufgabe, diese Dinge zu bewerten, wird künftig beim Verfassungsgericht liegen.
Herr Kollege Präsident!
Wir haben im Innenausschuss 140 Stunden miteinander gerungen, haben gehört und haben gearbeitet. Ein Bruchteil dieser Zeit sollte auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, um all das, was dort - für viele nicht erkennbar - gelaufen ist, noch einmal transparent zu machen.
Kollege Homeyer hat vorhin gesagt, der Innenausschuss habe sich größte Mühe gegeben. Da erinnere ich nur an den Spruch von Frau Sommer: Mühe allein genügt nicht. - Wir haben uns nicht nur Mühe gegeben, sondern auch Sachverstand herangezogen, haben auch unsere Intelligenz und Erfahrungen bemüht, haben die Menschen bemüht. Deshalb ist das Ergebnis auch sachgerecht. Man kann sich darüber streiten, ob jede Lösung wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Aber es ist am Ende ein Gesamtpaket und das kann niemand negieren.
Ich möchte noch einen Hinweis geben - der Herr Präsident bedeutet mir, dass ich Schluss machen muss -: Wir haben im Innenausschuss nicht nur dagesessen und uns die Statements angehört, sondern auch mit den Anzuhörenden kommuniziert. Es gab allerdings auch Ironie, gepaart mit Selbstkritik und Kritik vonseiten der Anzuhörenden. Die Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses wissen, dass es nicht nur eine trockene Reformdiskussion gab, sondern dass des Öfteren auch einmal ein Scherz gemacht wurde. Sie wissen, dass ich einen Hang dazu habe, etwas aufzuzeichnen und Kritik und Selbstkritik in Bilder zu fassen. Das wird nachher als kleines Andenken an die Gemeindegebietsreform an Sie verteilt.
Ich möchte noch eine Botschaft an Sie weitergeben: Wir sollten nicht versprechen, Differenzen auszugleichen, die nicht auszugleichen sind. Es gibt Widersprüche, zu denen ein Ausgleich nicht gefunden werden kann und zu denen eine Entscheidung getroffen werden muss. Solche Widersprüche dürfen nicht konserviert werden; denn dies würde einen Keim des dauerhaften Unfriedens bedeuten. Wir sollten Frieden stiften, statt Zwietracht zu säen.
Wie würden Sie Ihren Vorwurf, dass wir - bzw. ich - unser ganzes Bestreben darauf richteten, die Sache in kürzester Zeit durchzubringen, damit in Übereinstimmung bringen, dass einzelnen Gemeinden weit mehr als eine Stunde Redezeit eingeräumt wurde?
Herr Präsident, von Herrn Sarrach ist hier ein Eindruck erweckt worden, dem ich energisch entgegentreten muss. Es gab stets emotionale Redebeiträge zu wichtigen Gesetzesvorhaben. Bestimmte Äußerungen, die in dieser Debatte gefallen sind, können so nicht stehen bleiben.
Ich versichere Ihnen, dass entgegen dem Eindruck, der hier erweckt wurde, im Innenausschuss sehr ruhig und konzentriert und nicht so emotional und polemisch wie hier eben beraten wird, auch wenn die Mittel der Polemik und Groteske seit Aristoteles in Politik und Literatur eingeführt sind. Entgegen dem, was Herr Sarrach hier deutlich zu machen versucht hat, verfährt der Innenausschuss in vorbildlicher Weise. Wir führen wahrscheinlich die offenste und umfassendste Anhörung und das offenste und umfassendste Gesetzgebungsverfahren durch, die es zu einer Gemeindegebietsreform je gab.
Herr Sarrach hat den Eindruck zu vermitteln versucht, den Gemeinden seien keine ausreichenden Fristen für ihre Stellungnahmen gesetzt worden. Ich verweise darauf - das muss hier einfach gesagt werden und im Protokoll erscheinen -, dass das Brandenburgische Landesverfassungsgericht eine Frist von drei Wochen für ausreichend erachtet hat. An diese Frist halten wir uns. Herr Sarrach hat ferner zu implizieren versucht, dass man ihn bzw. die Opposition in ein Zeitkorsett presse. Der Terminplan für die Anhörung ist sehr lange im Voraus besprochen worden und am 19. September einstimmig - ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen - beschlossen worden. An diesem Zeitplan gibt es nichts zu deuteln. Ich weise auch darauf hin, dass im Vorfeld der Erarbeitung dieses Zeitplans allen Abgeordneten im Innenausschuss bekannt war, wie umfangreich das Gesetzesvorhaben ist.
Nein, es geht darum, dass Herr Sarrach mir als dem Innenausschussvorsitzenden vorgeworfen hat, dass ich mich nicht korrekt verhielte. Das ist nicht der Fall und das muss ich hier einfach richtig stellen. Herr Sarrach hat mit der Geschäftsordnung argumentiert und davon gesprochen, dass erst am 5. November im Innenausschuss ein Beschluss gefasst worden sei. Zwei Sitzungen zuvor ist aber im Innenausschuss ausweislich des Protokolls bereits festgelegt worden, dass so verfahren wird. Daher kann er sich nicht beschweren, wenn so verfahren wird.
Herr Präsident! Auch wenn ich vielleicht die vormittägliche Harmonie in diesem Hause störe, möchte ich Sie mit einem Problem konfrontieren und einen Antrag daraus formulieren. Die PDS-Fraktion hat mit dem Tagesordnungspunkt 9 in Drucksache 3/4780 einen Antrag gestellt. Nach langwieriger und reiflicher Überlegung und nach Prüfung meinerseits, auch in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkommission, und auch durch Juristen bin ich zu der Auffassung gelangt, dass dieser Antrag rechtswidrig und verfassungswidrig ist. Deswegen möchte ich darum bitten, dass er von der Tagesordnung genommen wird; denn nach Verfassung und Geschäftsordnung können verfassungswidrige Dinge nicht behandelt werden. Das ist ein komplizierter Rechtssachverhalt, den ich gerne, wenn es gewünscht wird, ausführen kann. Es ist offensichtlich, dass dem so ist, weil hier in Rechte eines verfassungsgemäßen Gremiums, nämlich der Parlamentarischen Kontrollkommission, eingegriffen wird. Deswegen bitte ich darum, den Antrag von der Tagesordnung zu nehmen, damit wir nicht in die Bredouille kommen.
Herr Präsident! Hier ist eine Reihe von Sachverhalten vorgetragen worden, von denen ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Parlamentarischen Kontrollkommission einige zurückzuweisen habe.
Aber ich möchte auf die Vorwürfe von Herrn Bisky eingehen, der wissen wollte, an welcher Stelle dies geregelt ist. Ich hatte vorhin angeboten, dies umfänglich zu begründen; denn das ist nun einmal nicht in drei Sätzen möglich.
Die Parlamentarische Kontrollkommission ist ein besonderes Gremium zur parlamentarischen Kontrolle des auf Basis des Grundgesetzes und von Bundesrecht errichteten Verfassungsschutzes.
Insbesondere in Artikel 11 Abs. 3 der Landesverfassung ist normiert, dass es ein besonderes Gremium zur besonderen parlamentarischen Kontrolle gibt. Dieses ist im Rahmen des Verfassungsschutzgesetzes die Parlamentarische Kontrollkommission. Hier ist ganz richtig aus den §§ 23 ff. zitiert worden, in denen Rechte, Pflichten und Aufgaben normiert werden.
Hier liegt der Fall vor, dass die Parlamentarische Kontrollkommission als Gesamtgremium über das Gruppenrecht verfügt, bestimmte Kontrollrechte wahrzunehmen; dies gilt jedoch nicht für einzelne ihr angehörende Abgeordnete. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat sich in sehr langwierigen Sitzungen mit dem diesem Antrag zugrunde liegenden Vorgang auseinander gesetzt. Ich weise darauf hin, dass die Parlamentarische Kontrollkommission durch den Landtag in Einzelwahl ad personam gewählt wird.
Im Verfassungsschutzgesetz ist nur davon die Rede, dass die Kontrollkommission gewählt wird. Insbesondere in § 24 ist geregelt, dass sie „ihre Tätigkeit“ ausübt. Verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich ist - insbesondere unter Berücksichtigung des Artikels 56 Abs. 1 der Landesverfassung - abzuleiten, dass Abgeordnete an Weisungen und anderes nicht gebunden sind, sondern nur ihren Überzeugungen und ihrem Gewissen Folge zu leisten haben. Dieser Antrag verfolgt die Absicht, durch einen Beschluss des Landtages, der nirgendwo in der Verfassung oder im Landesgesetz zum Verfassungsschutz vorgesehen ist,
die Abgeordneten in der PKK zu zwingen, etwas zu tun, was sie aufgrund ihres Gewissens und ihrer Überzeugung nicht tun wollten, nämlich dem Ansinnen eines Mitgliedes dieser Kommission nachzukommen.
Es muss einfach festgestellt werden, dass das an mehreren Punkten gegen die Verfassung und auch gegen das Verfassungsschutzgesetz verstößt, denn hier soll versucht werden, etwas herbeizuführen, was die Abgeordneten nicht herbeiführen wollten, weil es gegen ihre Überzeugung und ihr Gewissen verstoßen hätte und nicht sachgerecht und geeignet gewesen wäre. Deswegen ist es rechts- und verfassungswidrig.
Ich weise noch einmal darauf hin: Die Parlamentarische Kontrollkommission ist geheimverpflichtet. Das heißt, es kann gar nicht in der Art und Weise berichtet werden, wie es von dem einen oder anderen begehrt wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Der Gesetzentwurf ist nicht der Versuch der Beschleunigung eines Vorhabens, das vom Innenausschuss beschlossen wurde und dem sich der Landtag im Rahmen der Stellungnahme angeschlossen hat, sondern es ist der Versuch der Vorführung und des Ausbrechens aus einer Vereinbarung.
Das wundert mich nicht, weil seit Jahren von der PDS immerwieder versucht wird, Dinge, die wir ohnehin besprochen haben. neu aufzuwärmen, uns einen Ring durch die Nase zu ziehen und uns dann durch die Arena zu führen. Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Übrigens sind Sie auch Spitzenreiter hei Anträgen und Entschließungsanträgen.
Ich möchte noch auf etwas hinweisen - für diejenigen, die es nicht wissen. Das Akteneinsichtsgesetz ist 1998 nach langwierigen Diskussionen und vor allem auf Initiative der SPD-Fraktion hier im Landtag, damals noch mit absoluter Mehrheit der SPD, eingeführt worden. Es ist ein gutes Gesetz. ein relativ kurzes Gesetz. Deswegen ist es auch so praktisch. Gesetze werden nicht dadurch besser, dass man sie kompliziert und alle möglichen Dinge hinzufügt, wie Sie das in Ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf gemacht haben. Hier handelt es sich um zwei kleine Änderungen.
Der Innenausschuss hat sich mit diesem Thema beschäftigt und hat diesem Hohen Hause bereits eine Beschlussempfehlung zugeleitet und die Landesregierung entsprechend beauftragt. Was Sie jetzt versuchen, ist, von links zu überholen, nach dem alten Ulbricht-Wort „Überholen, ohne einzuholen". Deswegen werden wir dabei nicht mitmachen.
Der Hinweis auf kanadisches Bundesrecht, den Sie hier vorbringen, ist sehr amüsant, aber hilft uns in der Sache nicht weiter. Wir vertrauen darauf, dass die Landesregierung dem Beschluss des Landtages nachkommen wird. Selbst wenn die Frist bis 31. August nicht 100%ig eingehalten werden sollte. ist das noch kein Beinbruch. Aber diese Art und Weise. bei Dingen, die wir besprochen haben, von hinten durch die Brust ins Auge zu schießen, werden wir nicht mitmachen. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab, weil Sie damit versuchen, uns hier vorzuführen, was ich persönlich auch unanständig finde. Das ist eine Art und Weise. mit der Sie immer wieder versuchen. Themen für sich zu besetzen und zu reklamieren, die gar nicht Ihre Themen sind. Genauso wenig, wie das Akteneinsichtsrecht auf Ihrem Mist gewachsen ist, können Sie sich als Partei der deutschen Einheit bezeichnen. Wer das glaubt, zieht sich die Hosen auch mit der Kneifzange an.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle eines voran: Alle, die mich kennen, wissen, dass ich der Auffassung bin, dass Luftverkehr eine Wachstumsbranche und die infrastrukturelle Voraussetzung für weiteren wirtschaftlichen Erfolg ist. Die entscheidende Frage ist für mich also nicht, ob man einen Flughafen baut; diese Frage ist ganz klar mit Ja zu beantworten. Die Frage lautet vielmehr, wo man ihn baut, wer ihn baut und wie man ihn baut. Wenn man ihn auf Treibsand baut, muss man sich nicht wundern, dass man da landet, wo man jetzt ist.
Die CDU-Fraktion hat den Flughafen Schönefeld als Schlüsselprojekt für die Infrastruktur bezeichnet. Sie hat damit einen bildhaften Vergleich, eine Metapher, die des Schlüssels, gewählt, die ich aufgreife. Man muss immer einen Schlüssel und eine Tür haben. Hat man die Tür, muss man den passenden Schlüssel finden. Hat man den Schlüssel, muss man die richtige Tür dafür finden.
1991 hielten wir im Vorschaltgesetz zum Landesplanungsgesetz fest, dass wir einen Flughafen wollen. Danach bekamen wir nach einem bestimmten Verfahren drei Türen, um bei der Metapher des Schlüssels und der Tür zu bleiben: Jüterbog, Sperenberg und Schönefeld. Die handelnden Figuren wählten die Tür Schönefeld. Der Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt, aber er passte nicht. Dann kam es zu einer gewissen Gewaltanwendung, weil man meinte, der Schlüssel müsse doch passen, das müsse doch gehen, getreu dem Motto: “weil nicht sein kann, was nicht sein darf”. Dummerweise ist der im Schloss steckende Schlüssel dabei abgebrochen. Das aber wollen einige nicht zur Kenntnis nehmen. Nun kann man vor der Tür stehen und an die Tür dremmeln. Dadurch geht die Tür allerdings auch nicht auf.
Meine Damen und Herren, nehmen Sie zur Kenntnis: Es ist vorbei, Sie haben die falsche Tür gewählt, diese Tür bleibt zu. Die Wahl der Tür war ein tragischer Irrtum, weil der Schlüsselinhaber bereits vorher wusste bzw. hätte wissen können - ich verweise auf das Raumordnungsverfahren -, dass seine Entscheidung im Hinblick auf die Tür falsch war. Um bei der Metapher des Schlüssels zu bleiben: Wenn man einen Schlüssel betrachtet, kann man schon an der Form des Bartes sehen, ob er ins Schloss passen wird. Dies ist übrigens keine Frage des Glaubens oder des Instinktes.
An dieser Stelle zitiere ich einen Kalenderblattspruch, der mir letztens aufgefallen ist und sehr gut auf die Situation passt:
“Der Irrtum hat drei Stufen. Die erste Stufe ist, dass man ihn begeht; das ist menschlich. Die zweite Stufe ist, dass man ihn nicht wahrhaben will; auch das ist noch menschlich, wird aber bereits tragisch. Die dritte Stufe ist, dass man den Irrtum nicht rückgängig machen kann oder will oder jedenfalls glaubt, ihn nicht rückgängig machen zu können; das ist töricht.”
Meine Damen und Herren, zu jedem Schlüssel gibt es in der Regel ein Duplikat. Deswegen bitte ich Sie, einen zweiten Versuch zu starten. Zwei Türen bleiben Ihnen ja noch.
Herr Präsident, eben blinkte gerade noch die gelbe Lampe, das heißt, ich habe noch eine Minute Zeit.
Wählen Sie besser, wählen Sie klug! Zwei Türen bleiben Ihnen noch, nachdem Sie hinter der ersten Tür nichts gefunden haben.
Im Übrigen lege ich den Kollegen, die hier einige Unwahrheiten verbreitet haben, nahe, bestimmte Protokolle aus den Untersuchungsausschüssen - ich verweise auf die Anhörung von Dr. Köllen, Geschäftsführer der IVG - nachzulesen. Der stärkste Tobak, den ich heute hier gehört habe, kam von Herrn Ehler.
Lassen Sie mich noch den Irrtum von Herrn Ehler richtig stellen, den er hier öffentlich verbreitet hat. Er sprach von 1,4 Milliarden DM Mehrkosten für die Verkehrsanbindung in Sperenberg.
Sie wissen, dass das ein tumbes Märchen ist. - Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Trunschke, ich habe eine Frage bzw. eine Bitte an Sie. Können Sie es vielleicht unterlassen, hier ständig das Wort Gott zu benutzen! In diesem Raum sitzen einige gläubige Christen und ich finde mich schon in ziemlich unanständiger Weise berührt, wenn Sie hier in so blasphemischer Art damit umgehen.
Frau Abgeordnete, sind Sie der Auffassung, alle Homosexuellen, egal, ob Schwule oder Lesben, sind Päderasten, die Erde ist eine Scheibe und Gott hat die Welt vor 5 000 Jahren erschaffen?
Herr Präsident! Damit werde ich gut auskommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute titelt der „Tagesspiegel”: „590 Millionen zu viel verbaut”. Es geht um den Regierungsumzug nach Berlin und Brandenburg usw. Die 590 Millionen DM sind jedoch nicht in einem einzigen Projekt überflüssigerweise verbaut worden, sondern zu viel Geld ist Taler für Taler an unterschiedlichen Stellen ausgegeben worden. Das tut natürlich weh.
In neun von heute 16 Tagesordnungspunkten ist darauf hingewiesen worden, dass wir sparen müssen, dass wir kein Geld haben, zum Beispiel vom Kollegen Niekisch, meinem Kollegen haushaltspolitischen Sprecher aus der SPD-Fraktion oder dem Kollegen von Arnim.
Vielleicht nehmen Sie mir das nicht ab - ich stehe hier jedoch nicht mit Schaum vorm Mund und bebender Stimme, vielleicht habe ich an einigen Stellen den Antrag auch etwas unglücklich formuliert; man hätte eine andere Überschrift finden können -, aber meine Rede geht nicht gegen das Flughafenprojekt, auch wenn ich ein eingeschworener Gegner des Flughafens bin, sondern es geht hier um Geldverschwendung.
Es ist so: Wir haben kein Geld. Wir überweisen der FlughafenHolding dieses Jahr - das wurde im Landeshaushalt beschlossen und ist allen bekannt - um die 53 Millionen DM. Vor wenigen Tagen mussten wir feststellen, dass es ganzseitige und doppelseitige Anzeigen in allen größeren Tageszeitungen und eine riesige Plakataktion: „73 % sind dafür” - das mag alles stimmen gab. Da fragt man sich, was das alles kostet, ob das alles notwendig ist. Man fragt sich vor allem: Warum tun die das? Natürlich befindet sich die Flughafen-Holding im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens in einer schwierigen Situation. Das bestreitet auch niemand. Alle Seiten geben ihr Bestes. Es findet jetzt ein gesetzliches Verfahren statt. Aber warum zum jetzigen Zeitpunkt Hunderttausende von Mark, vielleicht sogar Millionen - das werden wir ja noch erfahren; ich habe dazu Kleine Anfragen gestellt -, für Aktionen zum Fenster rausgeworfen werden, an die sich in drei Tagen kein Mensch mehr erinnert, ist nicht zu verstehen. Was passiert hier eigentlich! Hätten es nicht 52, 51 oder 49 Millionen DM auch getan?
Bei den Polizisten wird gespart: Nur 1,4 Millionen DM wären
erforderlich, um den Beförderungsstau aufzulösen. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich diese Praxis unabhängig vom Thema anprangere. Ich hätte das genauso getan, wenn es um die BLG gegangen wäre, die es nun nicht mehr gibt, die LEG oder eine andere Landesgesellschaft. Es kann nicht sein, dass wir hier doppelzüngig herangehen. Auf der einen Seite sagen wir, wir müssen sparen, aber auf der anderen Seite schauen wir an bestimmten Stellen kritiklos weg. Das sehen die Leute draußen im Land. Die Landesregierung sagt: Wir müssen 20 Millionen DM bei den Kitas sparen. Da müssen die Leute doch sagen: Das kann doch nicht sein, auf der einen Seite finanzieren sie die Flughafen-Holding mit 53 Millionen DM, die LEG und alle möglichen anderen Gesellschaften, aber für das, was die Bürger betrifft, ist kein Geld da!
Ich möchte heute die Landesregierung auffordern, nicht nur bei der Flughafen-Holding, sondern generell noch einmal genau zu prüfen, ob das Geld, das angefordert wird, auch wirklich benötigt wird.
Wenn mir irgendjemand erzählt, dass diese Plakataktion, diese Werbeaktion, die ja weitergeht, notwendig ist, dann brat ich mir ‘nen Storch.
- Gut, dann anderes Geflügel, das Sie mir tunlichst empfehlen. Die Kanzlergans darf es auch nicht sein; die steht ebenfalls unter Artenschutz.
Ich möchte Sie also bitten, bezüglich der Geldverwendung beim Flughafen nicht mit Lippenbekenntnissen und Appellen zu arbeiten und Krokodilstränen zu vergießen, sondern genau hinzuschauen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal eines klarzustellen, weil dies einigen Leuten in diesem Hause offenbar nicht klar ist: Ich bin kein vehementer Gegner eines Flughafens. Ich kritisiere den Flughafenstandort Schönefeld nur deshalb, weil es - da das Geld nicht vorhanden ist - nicht möglich ist, die Menschen adäquat zu entschädigen.
Ich möchte Sie bitten, genau hinzuschauen, damit diese Flughafengesellschaft nicht unsere Bankgesellschaft wird; denn was da passiert - da werden ganze Eliten ausgetauscht -, kann man ja sehen.
Was den Antrag der Koalitionsfraktionen betrifft, nutzen Sie ihn natürlich als günstige Möglichkeit, noch einmal Ihre Befürwortung des Flughafenprojektes zu unterstreichen. Das kann ich nachvollziehen, allerdings ist es ein Ablenkungsmanöver; denn mein Antrag zielt nicht auf die Flughafengesellschaft - der Flughafenausbau soll gestoppt werden -, sondern darauf, dass das Geld, das wir hineinstecken, sinnvoll verwendet wird. Dabei ist die Verwendung für Plakate und sonstige Aktionen nicht der einzige kritikwürdige Punkt - da sind schon 40 Millionen DM für eine Planung verballert worden, da ist ein Geschäftsführer der Flughafen-Holding gegangen; übrigens SPD-Mitglied, da kenne ich keine Freunde -, sondern die spannende Aussage ist: Geld darf in Zeiten kritischer Haushaltslagen nicht verbrannt werden. Darauf müssen wir achten.
Deshalb lautet mein Appell: Bitte sorgen Sie vonseiten der Landesregierung dafür - vielleicht werden Sie durch den heutigen Beitrag sensibilisiert, vielleicht führt dies zu einigen internen Durchstellungen, die höchstwahrscheinlich nie zugegeben werden -, dass solche Aktionen nicht wieder vorkommen. Das Geld, das bereits ausgegeben worden ist, holen wir nicht zurück. Aber vielleicht können wir weitere sinnlose Ausgaben vermeiden.
Lieber Herr Präsident, ich hatte auch nicht vor zu landen, sondern zu beenden.
Ich möchte Sie also bitten, dem Antrag zuzustimmen und ein entsprechendes Signal zu setzen. - Ich bedanke mich.
Herr Dellmann, ist Ihnen bekannt, dass die Gesellschafter der Flughafen-Holding bereits in mehreren Fällen die Entscheidung des Vorstandes und des Aufsichtsrates an sich gezogen haben, so zum Beispiel in der Frage der Standortentscheidung, bei der sich Vorstand und Aufsichtsrat für den Standort Sperenberg ausgesprochen hatten und die Gesellschafter die Entscheidung an sich gezogen und somit sehr wohl in die Gesellschaft hineinregiert haben?
Herr Dellmann, Sie haben ausgeführt, dass eine Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Anzeigenkampagnen nicht zu
befürchten sei. Da frage ich Sie: Wozu schalten Parteien und andere große Organisationen während des Wahlkampfes seitenweise Anzeigen, wenn damit nichts zu bewirken ist?
Herr Minister, mehrere Fragen.
Erstens: Sie stimmen mir doch zu, dass das Geld im Landeshaushalt eher knapp als reichlich vorhanden ist?
Zweitens: Es ist ja wohl so, dass die BBF ihren Zuschussbedarf, auch wenn Sie sagen, dass er zweckgebunden ist, im Voraus anmeldet und nicht nach der Jahresrechnung des Vorjahres - anhand eines Wirtschaftsplans.
Es ist eine Frage. - Es ist doch so? Das ist eine Frage.
Frage drei: Damit ist ja wohl klar, dass in diesen Wirtschaftsplan für das laufende Jahr entsprechende Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit eingestellt worden sein müssen.
Viertens:
Sie sind nur durch Komma getrennt. Ich bin schließlich auch Einzelkämpfer.
Sie sind alle ganz einfach zu beantworten.
Ja. - Wenn die BBF Zuschüsse vom Land Brandenburg, von Berlin und vom Bund für bestimmte Aufwendungen bekommt, die sie nicht allein decken kann, weil sie nicht so viel erwirtschaftet hat,
- immer langsam -, dann wäre ja wohl der Zuschussbedarf geringer gewesen, wenn man eine solche exorbitante Werbekampagne nicht gemacht hätte.
Herr Minister, die Gemeinden, die von den verschiedensten Auswirkungen des Flughafens betroffen sind, an den wirtschaftlichen Erfolgen zu beteiligen ist eine lobenswerte Angelegenheit. Ich möchte Sie fragen, wie zum Beispiel eine Gemeinde wie Eichwalde, in der 2,6 Quadratkilometer komplett bebaut sind und es überhaupt keine Freiflächen gibt, auf denen irgendeine sinnvolle Nutzung entwickelt werden kann, von solch einer
Flughafengesellschaft profitieren kann. Dort gibt es nur kaputte Straßen und bebaute Grundstücke, aber keine Gewerbeflächen. Wie könnte nach Ihrer Vorstellung eine solche Gemeinde von einer Flughafenentwicklungsgesellschaft profitieren? Oder würden Sie alternativ vorschlagen, die Gemeinden, die davon betroffen sind, zusammenzuschließen, damit im Rahmen eines Zusammenschlusses alle davon profitieren?
Herr Präsident! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten, nämlich, warum ich die Anträge der DVU und der PDS abgelehnt und der Beschlussempfehlung, dem Bericht sowie dem Gesetz als solchem zugestimmt habe, wie folgt begründen:
Erstens: Diskussionen um Geld schüren in der Regel Sozialneid und ich finde, dass einige Anträge darauf abzielten, derartige simple Taktiken zu unterstützen und zu nutzen. Das lehne ich aus grundsätzlichen politischen und moralischen Erwägungen ab.
Zweitens: Die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis wissen, dass ich mich bemühe, einen guten Job zu machen - wie man landläufig sagt.
Herr Präsident, ich korrigiere mich: Die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlkreis wissen - das hoffe ich jedenfalls -, dass ich mich bemühe, als Abgeordneter gute Arbeit zu leisten, und dass ich mich mit voller Kraft einsetze.
Ich glaube, wenn die Bürgerinnen und Bürger in den Wahlkreisen darüber abzustimmen hätten, welche Entschädigungen wir Abgeordnete zu bekommen haben, würden diese sehr differenziert ausfallen, was sich auf einige, die sich heute als sehr sozial und bescheiden brüsten, sehr nachteilig auswirken würde.
Ich denke, dass wir als Abgeordnete eine hohe Verantwortung für dieses Land tragen und dass ein Abgeordneter, der sich mit Hingabe und ganzer Kraft dieser Verantwortung stellt - wer das für sich in Anspruch nimmt, soll das auch sagen - und sich wählen lässt, sich nicht zu schämen braucht, nicht schlechter als zum Beispiel ein Busfahrer in Berlin oder ein Schuldirektor im Land Brandenburg bezahlt werden zu wollen.
Wir werden schlechter bezahlt als Referatsleiter in der Landesregierung, die wir kontrollieren sollen. Deswegen schäme ich
mich nicht. Ich sehe, dass wir gut bezahlt sind, aber wir üben auch eine anstrengende, ausfüllende Tätigkeit aus, die hohe Anforderungen stellt und die man nicht lebenslang ausüben kann. Deswegen meine ich, dass wir - auch unter Berücksichtigung dieser Novelle - angemessen bezahlt werden sollten und dass ich mich ganz persönlich nicht dafür entschuldigen muss, dass ich diese Arbeit mache.
Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe mich der Stimme enthalten, und zwar aus mehreren Gründen.
Erstens: Das Anliegen, das die PDS-Fraktion mit diesem Antrag verfolgt, ist auch ein Anliegen der SPD; denn zu der Zeit, als ich Mitglied des Landesvorstandes war, immerhin sechs Jahre, hat die SPD einen Parteitagsbeschluss gefasst, und ich bin nicht bereit, diesen Parteitagsbeschluss, den die Partei nach langwierigen Debatten gefasst hat, einfach so in den Skat zu drücken.
Zweitens hat allerdings der Innenminister Schönbohm hier auch
einige schwer wiegende Dinge vorgetragen, die auch Berücksichtigung finden müssen, die mich bewogen haben, dem Antrag nicht zuzustimmen. Ich glaube, von dieser Abstimmung, von dieser Diskussion muss ein Signal ausgehen, dass wir Parlamentarier uns vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern hinsetzen und diese Sache noch einmal in Augenschein nehmen und diskutieren.
Ich kenne das Problem aus Schönefeld. Hier aus Potsdam lässt sich diese Sache immer sehr einfach entscheiden, sozusagen auf der Landkarte oder am Schreibtisch. Ich finde, es geht nicht darum, ob dort ein Truppenübungsplatz ist oder nicht, sondern gegebenenfalls darum, wie er gemeinsam mit denen, die es aushalten müssen, organisiert wird. Da scheint mir bisher noch nicht der glücklichste Weg gefunden. Deswegen sollten wir die Sache politisch ernst nehmen und die Sorgen und Ängste mitnehmen; denn gegen die Menschen sollte man solche Dinge nicht tun. Das ist nicht auf gutem Boden gebaut. Das kann nichts werden.
Deswegen habe ich mich der Stimme enthalten und möchte uns allen empfehlen, uns Richtung Ruppiner Heide zu bewegen, um mit den Menschen dort zu sprechen. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich mache seit 1990 Innen- und Kommunalpolitik und wir haben dieses Land an verschiedenen Stellen strukturieren müssen: Amtsordnung, Gemeindeordnung, Kreisneugliederung, Kommunalabgabengesetz, Gesetz über die Stabilisierung der Zweckverbände, Heilungsgesetz etc., etc., etc. Ich habe keines von diesen kommunalpolitischen und innenpolitischen Gesetzen in diesem Landtag und in den Ausschüssen erlebt, das nicht einen ähnlichen Sturm der Entrüstung verursacht hätte. Trotz alledem existiert das Land noch und der Untergang des Abendlandes musste leider vertagt werden.
Ich hatte gehofft, dass wir nach zehn Jahren gemeinsamer Arbeit und Kommunalpolitik ein Stückchen ruhiger geworden
wären. Aber die Emotionalität bei diesem Thema spricht dafür, dass wir eine lebendige Demokratie haben.
Bei dem großen Vorhaben, wozu dieses Gesetz nur der Auftakt, die Ouvertüre ist, geht es natürlich darum, Verwaltung und Politik zu verändern und zu reformieren, damit am Ende mehr für die Bürger herauskommt. Es geht natürlich auch um besetzte Posten; denn Veränderung heißt, dass es nicht so bleibt, wie es ist.
Herr Schönbohm hat mir leider meinen Auftaktslogan weggenommen.
Eine gute Botschaft vorweg: Die Kirche bleibt im Dorf.
Obwohl uns der Untergang des Abendlandes schon oft vorausgesagt worden ist, er ist nicht eingetreten. Er wird auch nach Verabschiedung dieses Gesetzes nicht eintreten. Denn es werden leider - für diejenigen, die es nicht wissen - in dieses Gesetz Dinge hineininterpretiert, die mit diesem Gesetz weder beabsichtigt sind noch geregelt werden.
Es wird - da danke ich Frau Kollegin Dr. Enkelmann - offensichtlich jetzt der Reformbedarf nicht mehr bestritten.
Das war nicht zu allen Zeiten so. Aber das Gesetz reformiert die Gemeinden nicht in dem Sinne, wie es zu inaugurieren versucht wird. Die Wirklichkeit ist, dass mit diesem Gesetz natürlich eine Regelung geschaffen wird, nach der sich Gemeinden, die unter 500 Einwohner haben, zusammenschließen müssen. Wenn sie es nicht freiwillig tun, dann wird das in wenigen Monaten und Jahren nachgeholt. Aber ich habe im Rahmen unserer Anhörung und in den letzten zehn Jahren keinen ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Vertreter erlebt, der ernsthaft in Frage gestellt hat, dass die Frage der Kleinstgemeinden ein Problem ist, das gelöst werden muss. Die Mindestzahl von 500 Einwohnern wird von keinem ernst zu nehmenden Menschen, den ich kenne, in Frage gestellt. Deswegen besteht an dieser Stelle auch kein Streitpunkt und kein Streitbedarf.
Was schafft dieses Gesetz im Weiteren? Dieses Gesetz schafft im Weiteren Möglichkeiten, Optionen, freiwillig Dinge zu verändern. Wenn wir hier Optionen, Möglichkeiten schaffen, wenn alles kann, nichts muss, dann frage ich mich: Warum die Aufregung? Warum die Aufregung, wenn wir einfach Handlungsfreiheit schaffen und sagen, ihr könnt dies oder das tun, ihr könnt Ortsteilverfassungen ändern, ihr könnt auswählen, da verstehe ich die Welt nicht mehr. Wenn wir das zwangsweise verordnen würden, dann wäre die Aufregung noch verständlich. Aber hier geht es um Optionen, um Freiwilligkeit.
Die Regelungen sind im Prinzip simpel und nachvollziehbar, sodass auch niemand von irgendwelcher Spökenkiekerei sprechen muss, von Dingen, die kryptisch sind, die man nicht verstehen kann. Im Übrigen wird diese Debatte bei uns seit September 2000 geführt, seitdem der Referentenentwurf ins Land
geschickt wurde. Wenn wir ehrlich sind - und das haben die Kollegen alle auch zugegeben -, müssen wir sagen: Diesen Gesetzentwurf hatte jeder von uns seit Oktober 2000 in der Hand. Der Duktus war im Allgemeinen bekannt. Sich jetzt darauf zurückzuziehen, dass der Gesetzentwurf erst am 11. Januar im Landtag eingebracht worden sei, ist ein äußerst fadenscheiniges Argument. Wenn man den Gesetzentwurf in der Tasche hatte und sich damit auseinander setzen konnte, dann kann man sich auf solche Dinge nicht zurückziehen.
Es gab im Übrigen einen verabredeten Zeitplan, der von vornherein bei einigen nicht unbedingt auf Zustimmung gestoßen ist. Aber dieser Zeitplan war transparent, er war seit langer Zeit bekannt und es kann nicht die Rede davon sein, dass Leute über den Tisch gezogen worden sind.
Das Gesetz ermöglicht, wie ich schon sagte, insbesondere im Rahmen der Freiwilligkeit viele Möglichkeiten.
Herr Sarrach, Sie haben ausgeführt, dass die Anzahl der Gemeinden und Ämter verändert werde. Erst einmal wird die Frage der Einwohnerzahl bei den Kleinstgemeinden geregelt. Ich habe schon ausgeführt, dass das auch von keinem ernst zu nehmenden Menschen bestritten wird, dass das eine Notwendigkeit ist. Deswegen muss ich Ihre Kritik an dieser Stelle zurückweisen; denn sie ist nicht substanziell.
Sie haben ausgeführt, Herr Sarrach, dass das Beteiligungsverfahren pro forma gewesen sei. Ich mache nun seit zehn Jahren im Landtag Anhörungen, Kolloquien und sonstige Dinge mit. Beteiligungsverfahren und Anhörungen sind dazu da, dass die Kollegen Abgeordneten sich von anderen deren parteiliche Position anhören. Es gibt nur parteiliche Positionen. Mir kann keiner erzählen - jedenfalls nicht, seitdem ich Friedrich Wolfs „Professor Mamlock” gelesen habe -, dass es eine Neutralität gibt. Es gibt keine Neutralität. Jeder der Anzuhörenden hat eine klare Position, die er vertritt, und zwar mit politischen und weltanschaulichen Hintergründen. Diese muss man sich anhören, muss sie abwägen und bewerten und das haben wir getan. Im Übrigen finde ich, dass diese Anhörung nicht das Desaster war, wie es hier verbreitet wird. Ich werde gleich noch darauf zu sprechen kommen.
Weiterhin haben Sie ausgeführt, dass die Ergebnisse der Enquetekommission nicht beachtet würden. Das ist ein Ergebnis, das vorliegt, das kann sich jeder durchlesen. Es ist zu einem bestimmten konkreten historischen Zeitpunkt unter konkreten politischen Konstellationen entstanden. Das Dumme ist, dass eine Landtagswahl dazwischen kam. Die Wählerinnen und Wähler dieses Landes, der Souverän - ich erinnere an die Präambel der Landesverfassung: „Wir, die Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg, haben uns...” eine Verfassung gegeben, das Volk, der Souverän, usw. -, das Volk, haben einfach bestimmt, dass sich die politischen Mehrheiten im Landtag verändern.
Nun muss man einfach akzeptieren, dass die Wirklichkeit so ist, wie sie ist,
und dass Dinge, die bis zum 5. September 1999 möglich waren, heute nicht mehr möglich sind, weil die politischen Mehrheiten sich verändert haben. Das versteht doch nun wirklich jeder Mensch auch draußen im Land. Das muss man einfach anerkennen.
Frau Dr. Enkelmann, ich gebe Ihnen in einem Punkt Recht. In bestimmten Punkten stimme ich mit dem Gesetzentwurf überein, an bestimmten Stellen habe ich meine Bauchschmerzen. Nur bin ich Realist. Wir sind in einer Koalition, wir haben einen Reformbedarf. Wir müssen handeln. Wir müssen jetzt handeln, denn wir können das nicht auf das Jahr 2003 oder 2004 verschieben. Daher erkenne ich die Wirklichkeit an. Man muss Kompromisse machen. Kompromisse zu machen heißt, dass man sich auf den anderen zubewegt. Das mussten auch die Kollegen von der CDU, die von ihren Wahlversprechen schmerzlich abgehen mussten, weil sie einsehen mussten: Opposition ist das eine, Wirklichkeit ist das andere.
Wir stimmen nicht in allen Punkten überein, aber diesen Kompromiss schließen wir und er muss geschlossen werden - zum Wohle des Landes.
Herr Kollege Sarrach, Sie haben weiter mit einem etwas abfälligen Unterton ausgeführt, dass es immer auf die Brille ankommt, durch die man etwas betrachtet. Das ist eine Banalität, eine Wirklichkeit. Die muss man auch nicht abfällig aussprechen. Das ist das Wesen von Politik, das Wesen unterschiedlicher Weltanschauungen, unterschiedlicher Einstellungen, unterschiedlicher Erfahrungen. Das ist so. Für den einen ist das Glas halb voll, für den anderen ist es halb leer. Wir haben uns im Rahmen unserer politischen Diskussion für das entschieden, was uns machbar erscheint.
Die Anhörung hat kein vernichtendes Ergebnis gebracht, Herr Sarrach. Diese Ihre Darstellung ist sehr einseitig. Es gab zahlreiche Amtsdirektoren und Bürgermeister - ich nenne nur den Amtsdirektor von Bergholz-Rehbrücke, den Bürgermeister von Rathenow, den Bürgermeister der Gemeinden von Nuthe-Urstromtal, der übrigens der Einzige in dieser Runde war, der schon eine Gemeindeneugliederung hinter sich hat -, die sich sehr positiv geäußert haben.
Ich bitte alle Kollegen Abgeordneten, in die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses, Drucksache 3/2422, hineinzuschauen, wo steht, dass es eine sehr große Spannungsbreite zwischen Ablehnung und Zustimmung gibt. Den einen geht das alles viel zu weit und anderen ist es noch zu wenig.
Ich habe von Ihnen, Kollege Sarrach, keinen Antrag vernommen - vielleicht war ich ja geistig abwesend, obwohl ich der Sitzung immer sehr aufmerksam gefolgt bin -, der eine Verlängerung um vier Wochen betrifft, wie Sie es hier ausgeführt haben. Ganz im Gegenteil. Ich habe mit Ihrem Mitarbeiter Herrn Scharfenberg am letzten Freitag telefoniert und wir haben Möglichkeiten besprochen, die Sache höchst friedfertig zu organisieren.
Ich habe Ihnen auch in der Innenausschusssitzung am Montag das Angebot zu einer weiteren Sitzung unterbreitet. Einen entsprechenden Antrag hat es nicht gegeben. Das kann man auch in
der Drucksache 3/2422 - Beschlussempfehlung und Bericht nachlesen.
Ich möchte an Ihre Forderung, Kollege Sarrach, erinnern, die Ortsteilverfassung weiter auszubauen - Veto- und Kontrollrechte nach Artikel 36 Gemeindeordnung. Ich darf in dem Zusammenhang auch an das erinnern, was der Kollege Innenminister schon gesagt hat: Dem Städte- und Gemeindebund geht das alles schon zu weit. Der Landkreistag lehnt das sowieso grundsätzlich ab. Nun muss man sich entscheiden, wofür man ist, politisch gesehen. Wir haben uns dafür entschieden, die bestehenden gesetzlichen Regelungen der Gemeindeordnung etwas zu verfeinern, aber Sie wollen sie extrem ausbauen. An dieser Stelle konnten wir unser Mitgehen nicht zusagen.
Lieber Kollege Sarrach, die Leitlinien der Landesregierung sind ein unscharfes Bild
und wir sind jetzt bei einer substanziellen Gesetzgebung.
Kollege Sarrach, was mich so bewegt, ist Ihr Reformansatz: Wasch mich, aber mach mich nicht nass!
Sie haben ausgeführt: Die Ämter sind gemeinwohlverträglich zusammengekommen. - Herr Sarrach, es gibt da eine interessante Kleine Anfrage aus einer vorhergehenden Wahlperiode. Da hat ein Kollege - ich glaube, es war Kollege Werner - angefragt, wie viel Ämter denn im Rahmen der Ämterbildung 1992 freiwillig bzw. zwangsweise vom Innenministerium zugeordnet worden sind. Es waren deutlich über 100 Gemeinden, die zwangsweise zugeordnet wurden.
Wer heute die Bildung der Ämter ohne das konkrete historische Wissen über das, was damals war, als die friedliche Gemeinwohlveranstaltung bezeichnet, der möge sich in die Protokolle der damaligen Sitzungen vertiefen und dann fragen: Hat es damals nicht dieselbe Aufregung wie heute gegeben? Ich sage Ihnen: Es war so.
Im Übrigen war die Amtsordnung niemals als dauerhafte Lösung angelegt. Ich kann mich daran sehr gut erinnern, weil ich zusammen mit Innenminister Ziel und einigen anderen in der damaligen Koalition aus BÜNDNIS 90, F.D.P und SPD an der Sache federführend beteiligt war. Es war eine höchst problematische Herangehensweise. Wir wussten: Einheitsgemeinden waren zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Ämter waren das Machbare; deshalb wurden sie gebildet.
Wir verabschieden uns auch nicht vom Amtsmodell. Es soll auf der Basis des politisch Möglichen weiterentwickelt werden.
Herr Kollege Claus von der DVU hat hier ausgeführt: Die Anhörung wird zum Kasperletheater degradiert. - Mit Verlaub, auch als Vorsitzender des Innenausschusses muss ich sagen: Die Anhörung wird selbstverständlich nicht zum Kasperletheater degradiert. Sie ist eine Möglichkeit, in geordnetem Verfahren, in sachlichem Rahmen die politische Meinung kundzutun. Jede der in diesem Landtag vertretenen Parteien hat diejenigen eingeladen, von denen sie meint, dass sie ihre politische Meinung unterstützen. Wenn sich da eine Mehrheit nicht dem anschließt, was Sachverständige und Anzuhörende dort äußern, so heißt das noch nicht, dass eine Anhörung zu einem Kasperletheater degradiert wird. Dagegen würde ich mich auch ernsthaft verwahren.
Im Übrigen erweckt das für die, die nicht dabei waren, den Eindruck, dass diese Anhörung unter etwas hanebüchenen Umständen stattgefunden hätte. Mitnichten! Sie fand in sehr geordneter und ernsthafter Form statt.
Herr Kollege von der DVU, wenn Sie ausführen, dass Sie so lange auf das Protokoll warten mussten, dann muss ich Ihnen sagen: Jeder Student im ersten Semester muss lernen, bei einer Anhörung in der Universität, beim Vortrag des Professors das Wesentliche mitzuschreiben, zu denken und zu handeln. Deshalb kann man sich nicht damit herausreden, dass das Anhörungsprotokoll noch nicht vorlag. Man muss als Abgeordneter das Wesentliche erfassen können und verarbeiten.
Ich möchte, bevor meine Redezeit gänzlich um ist, noch im Hinblick auf Kollegin Enkelmann aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht zitieren:
„Zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der PDS konstatiert der Landkreistag Brandenburg eine große Ähnlichkeit mit den Ergebnissen der Empfehlung der Enquetekommission der 2. Legislaturperiode. Allerdings werde abweichend von dem Vorschlag der Enquetekommission neben der amtsfreien Gemeinde und dem Amt eine zusätzliche Strukturalternative, das so genannte Amtsgemeindemodell, vorgesehen. Da für Letzteres die Struktur nicht erklärt werde, bleibe das Konzept insgesamt unklar.”
Was heißt das? Dass wir uns auch mit dem Gesetzentwurf der PDS befassten, muss einfach konzidiert werden. Der Gesetzentwurf war ein Versuch. Er ist nicht zu Ende gedacht worden.
Man sollte das aufgreifen. Die Gemeindegebietsreform hat ja erst begonnen, sie hat mitnichten ihren Abschluss gefunden. Deswegen kann nicht die Rede davon sein, dass Vorschläge und Anträge der PDS nicht beachtet werden. Sie werden zum gegebenen Zeitpunkt aufgegriffen werden müssen.
Ich möchte Sie, liebe Kollegen, bitten, dem Gesetzentwurf, der ein erster Schritt auf dem langen Weg einer Gemeindestrukturreform ist, Ihre Unterstützung zu geben, dem Antrag zuzustimmen und dem Gesetzentwurf der PDS die Zustimmung zu versagen.
Wir werden uns mit diesem Thema in Zukunft weiter zu befas
sen haben. Ich bedanke mich und wünsche uns allen noch eine gute Beratung und einen guten Weg mit diesem Gesetz.
Herr Abgeordneter, in Ihrem Antrag steht:
„Daher ist es - ähnlich wie in Frankreich oder in Polen notwendig, ein Gesetz zum Schutz der deutschen Muttersprache vorzubereiten.”
Ich möchte Sie fragen, warum in Frankreich und Polen Gesetze zum Schutze der deutschen Muttersprache vorbereitet werden.
Oder ist das eher ein Sprachfehler?
Herr Kollege, haben Sie einmal durchgezählt, wie viel Fremdwörter Sie in Ihrer Rede verwendet haben, die Sie a) ablehnen und die Sie b) subtil verwenden?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln heute die verschiedenen Berichte, die bereits genannt worden sind.
Ich möchte auf einige Angriffe der Kollegin Kaiser-Nicht eingehen. Die späte Behandlung ist mittlerweile zum regelmäßigen Ereignis in diesem Hause geworden. Ich kann allerdings nicht feststellen, dass sich die PDS-Fraktion im Innenausschuss dadurch ausgezeichnet hat, in der Frage der frühzeitigen Behandlung dieser Unterlagen Eigeninitiativen zu ergreifen. Es bedurfte der Initiative des Ausschussvorsitzenden, der immer wieder darauf gedrängt hat, dass endlich abschließend beraten wird.
Im Übrigen möchten wir von der SPD-Fraktion hier einen anderen Zungenschlag hineinbringen. Aus diesem Grunde habe ich mich auch entschlossen, nicht wie in den vergangenen Jahren, wie in den Reden ab 1998, die ich habe Revue passieren lassen, noch einmal darauf einzugehen, welche besondere Rolle Datenschutz in der Landesverfassung, in unserer Rechtsordnung spielt etc. etc. etc. Ich denke, das sind Gemeinplätze. Stattdessen möchte ich hier noch einmal ausführen, wie sich die Zusammenarbeit mit Dr. Dix und seinem Ausschuss und zwischen Dr. Dix und seiner Behörde und der Landesregierung entwickelt hat.
Vielleicht hat der eine oder andere noch in Erinnerung, dass es mit dem Vorgänger von Herrn Dr. Dix regelmäßig zu spannungsgeladenen Situationen gekommen ist. Wir haben uns bei der Neuwahl nicht für eine Verlängerung der Amtszeit seines Vorgängers entschieden, sondern für Herrn Dr. Dix.