Protocol of the Session on November 13, 2002

Wie Sie über die Medien erfahren haben, gab es in Lübben einen sehr tragischen Unfall mit Toten. Ich bitte Sie, sich zu Ehren der Toten von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Ich danke Ihnen, dass Sie sich von den Plätzen erhoben haben.

Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Ihnen einige Mitteilungen zu machen:

Der Abgeordnete und das Mitglied des Landtages Brandenburg, Herr Dr. Manfred Stolpe, hat mit Ablauf des 11. November 2002 auf sein Mandat im Landtag verzichtet.

Die Fraktion der PDS hat mir mitgeteilt, dass Frau Abgeordnete Dr. Schröder mit Wirkung vom 15. Oktober 2002 nicht mehr der Fraktion der PDS angehört. Das Präsidium hat der Abgeordneten Frau Dr. Schröder gemäß § 75 Abs. 5 Sätze 2 und 3 der Geschäftsordnung den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen zugewiesen, in dem sie als Mitglied mit Stimmrecht mitarbeiten wird. Die Zuordnung ist auf Wunsch von Frau Dr. Schröder erfolgt.

Es gibt eine Reihe von Abwesenheitserklärungen, die ich im Einzelnen nicht aufführen möchte.

Gibt es von Ihrer Seite zu dem Entwurf der Tagesordnung, wie er Ihnen vom Präsidium zugeleitet worden ist, Bemerkungen? - Dies ist nicht der Fall. Dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, dass wir die Tagesordnung heute gemäß Entwurf abarbeiten. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Regierungserklärung

Das Wort geht an den Ministerpräsidenten. Herr Ministerpräsident Platzeck, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwölf Jahre nach der Wiedergründung des Landes Brandenburg ist die Nachwendezeit abgelaufen. Die Zeit ist zu Ende, die gekennzeichnet war durch den dramatischen Umbruch des Jahres 1989 und seine Folgen, gekennzeichnet durch einen Umbruch - wir haben es alle erlebt -, für den es weder ein Modell noch ein Beispiel gab, der aber von Millionen gewollt und ohne Alternative war. Die DDR war bankrott, die Substanz aufgebraucht, die Umwelt stark geschädigt, das Land ohne Perspektive.

Was dann kam, war eine Zeit, in der Hoffnung und Freude, aber auch Bangen und Verzweiflung nahe beieinander lagen. In all ihren Lebensbereichen hatten die Menschen in unserem Land ungeheure Veränderungen zu verarbeiten. Hunderttausende verloren ihren Arbeitsplatz. Viele haben sich im Kampf um ihre berufliche Existenz und auch um den privaten Zusammenhalt ihrer Familien aufgerieben. Wenige Brandenburgerinnen, wenige Bran

denburger können heute auf einen geradlinigen Berufsweg zurückblicken und kaum jemand ist unter uns, der nicht auch im privaten Leben heftige Brüche und schwere Krisen erlebt hätte.

Meine Damen und Herren, natürlich ist das alles nicht vergessen und vorbei. Riesige Aufgaben sind auch weiterhin zu bewältigen. Aber zugleich - ich denke, es geht Ihnen wie mir - ist für uns alle klar zu spüren, dass wir am Beginn eines neuen Abschnitts unserer Landesgeschichte stehen. Wir Brandenburgerinnen und Brandenburger sind im Alltag der neuen Bundesrepublik angekommen. Es wächst inzwischen eine junge Generation heran, die mit der Zeit vor 1989 höchstens noch vage Kindheitserinnerungen verbindet und oft nicht einmal mehr das. Im Herbst vor 13 Jahren waren viele der Jungwähler des Jahres 2002 noch nicht einmal eingeschult.

Wir sind zu Bundesbürgern geworden, meine Damen und Herren. Die Fremdheit des Anfangs, die Unsicherheit der frühen Jahre, all das ist noch nicht, wird aber zunehmend Geschichte. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger wissen heute auch eines: dass sie mithalten können. Sie haben im Laufe der Zeit auch ziemlich genau begriffen, dass andere, scheinbar sehr selbstsicher daher Kommende, letztlich auch nur mit Wasser kochen. Genau deshalb, meine Damen und Herren, ist es an der Zeit für neuen Mut und neues Selbstbewusstsein.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir haben in den vergangenen Jahren gelernt, flexibel mit schnellem Wandel zurechtzukommen. Wir haben gelernt, dass Veränderung nicht der Sonderfall, sondern der Normalfall ist und Stillstand die Ausnahme. Wir haben auch gelernt, unerwartete Rückschläge einzustecken und uns trotzdem immer wieder aufzurappeln, und wir haben gelernt, dass sich die meisten Problemlösungen als vorläufig erweisen, weil jede Zeit ihre eigenen Antworten braucht. Genau darin liegt heute auch unser Vorsprung unser Vorsprung vor denen, die so viel Umbruch und Wandel in den letzten Jahrzehnten nicht erlebt haben, nicht erleben mussten.

Meine Damen und Herren, „Die Ostdeutschen als Avantgarde” heißt sehr pointiert ein neues Buch des Berliner Soziologen Wolfgang Engler. Die Ostdeutschen - so sieht es Engler - haben in den vergangenen Jahren rasante Veränderungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft überstanden, die der Westen unserer Republik so oder ähnlich erst vor sich hat. Engler hat Recht: Unsere Erfahrungen der Umbruchjahre sind unser großes Kapital. Wir haben allen Grund, aus ihnen neues Selbstbewusstsein zu ziehen und aus diesem Selbstbewusstsein auch neue Kraft zu schöpfen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Viel Kraft werden wir auch weiterhin brauchen.

Es ist also mit den Händen zu greifen: Was man die „Nachwendezeit” genannt hat, ist zu Ende; etwas Neues fängt an. In Zeiten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels werden wir aber - da können wir sicher sein - weiterhin leben, hier in Brandenburg, in der Bundesrepublik, in ganz Europa. Deshalb werden wir den Aufbau und die Modernisierung unseres Landes weiter vorantreiben, meine Damen und Herren. Nicht etwa, weil wir so viel Gefallen am stetigen Verändern, am Immer-wieder-anders-Machen gefunden hätten; denn Modernisierung ist kein Selbstzweck. Modernisierung ist ein Mittel zur Bewahrung und zur Verbesserung. Gerade weil wir beschützen und pflegen wollen, was wir an unserer Heimat am meisten lieben, gerade deshalb schaffen wir das moderne Brandenburg.

Meine Damen und Herren, das ist das eine. Andererseits heißt Veränderung immer zugleich Risiko. Erfolgreiche Reformpolitik

ist deshalb auch eine Frage des realistischen Menschenbildes. Die Zumutungen des Wandels müssen das glaubwürdige Versprechen einer lebenswerten Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger enthalten. Wo Modernisierung nicht gerade auch denjenigen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt, die sich fürchten, abgehängt und ausgebootet zu werden, da können sich auch die, die gut zurechtkommen, die vermeintlichen Gewinner, eigentlich nicht am Fortschritt freuen; denn ein Fortschritt, der Menschen gegeneinander ausspielt, ist kein Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wirkliche Modernität im 21. Jahrhundert wird und muss also mehr sein als technologische Innovation und schnelle Verkehrsanbindung. Beides ist sehr wichtig. Beides brauchen wir und wir arbeiten daran, dass die Bedingungen für den weiteren erfolgreichen Auf- und Ausbau Brandenburgs geschaffen werden.

Meine Damen und Herren! Ein modernes Land werden wir auch erst dann sein, wenn wir es vermögen, aus eigener Leistungsfähigkeit die Zukunft zu gestalten. Aber ein rundherum modernes Land wird Brandenburg erst in dem Maße, wie seine Bürgerinnen und Bürger es als lebenswerte gemeinsame Heimat erleben - im Einklang mit sich selbst und ihren Traditionen. Unser Ziel muss es dabei sein, dass niemand zurückbleibt. Brandenburgs Modernität im 21. Jahrhundert wird eine Modernität mit märkischer Prägung sein.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Unser Erfolg hat Voraussetzungen; von allein wird das moderne Brandenburg nicht entstehen. Vieles ist in den vergangenen Jahren schon geschaffen worden, aber wir werden weiter sehr hart arbeiten müssen. Noch viel mehr als vorher müssen wir auf Eigeninitiative setzen, müssen wir auf die Eigenverantwortung und die Leistungskraft eines jeden bauen. Erfolg und Glaubwürdigkeit von Politik hängen immer auch davon ab, dass wir die Entwicklungstrends der Zukunft rechtzeitig erkennen, unseren Einsichten entsprechend handeln und gezielt unsere Chancen nutzen. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten dabei mit Recht, dass die Politik das Ausmaß der Herausforderungen nicht herunterspielt.

Eines unserer größten Probleme - wenn nicht das größte überhaupt - ist die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland insgesamt wie auch bei uns in Brandenburg. Die fundamentalen Daten sind bekannt: Die Menschen leben immer länger - was ein großes Glück ist -, aber sie bekommen auch immer weniger Kinder. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen. In Brandenburg waren 1999 etwa 15 % der Bürger über 65 Jahre alt, schon im Jahr 2015 werden es über 22 % sein. Das muss man sich vor Augen führen und im realen Leben vorstellen. Dieser Trend wird sich fortsetzen.

Auch wenn sich der demographische Wandel bereits seit längerem abzeichnet, treten die konkreten Folgen für das Land erst nach und nach zutage. Eine in Dimension, flächendeckendem Auftreten und Dynamik vergleichbare Entwicklung hat es in der jüngeren Geschichte Deutschlands nicht gegeben. Allein mit den Mitteln brandenburgischer Landespolitik - das wissen wir auch - lässt sich diese langfristige Entwicklung kaum beeinflussen oder umkehren. Es sind umfassende Maßnahmen nötig, die eine Vernetzung fast aller Politikfelder erforderlich machen. So beginnen wir in den Städten, wo die Probleme schon heute besonders deutlich sichtbar werden, die Weichen in Richtung Stadtumbau zu stellen. Einen ersten Überblick über die von der Landesregierung hierzu eingeleiteten Maßnahmen wird es im Dezember in einem Bericht zum Stadtumbau geben. Wir wissen, welch wichtigen Beitrag zukunftsfähige und lebenswerte Städte zur sozialen Stabilität leisten.

Meine Damen und Herren! Wir lassen die Kommunen und die Unternehmen nicht allein. Wir unterstützen sie mit Anleitung, Moderation und einem bis vor kurzem noch nicht denkbaren Mix an Fördermitteln, angefangen von der Wohnungsbauförderung in der Innenstadt bis zum Programm „Zukunft im Stadtteil”. Wir begrüßen die Initiative der Bundesregierung, das Programm „Soziale Stadt” auszubauen, und werden dies nach allen Kräften unterstützen.

Die ländlichen Regionen unseres Landes - das wissen wir alle und das ist über das Land hinaus bekannt - sind auch wunderbare Landschaften. Sie sind unverdorbene Natur, wie man sie in Deutschland kaum noch findet. Das ist in jeder Hinsicht ein kostbares Kapital unseres Landes. Aber Uckermark, Prignitz, Lausitz und Elbe-Elster sind auch Heimat der dort lebenden Menschen. Ziel unserer Politik bleibt deshalb - und muss es auch bleiben -, die ländliche Infrastruktur zu erhalten. Beispielsweise ist die Erreichbarkeit für die Bewohner und ihre Gäste gleichermaßen wichtig. „Bahn 2009" und „Blaues Netz” sind die Konzepte, die wir hierzu umsetzen werden.

Auch eine leistungsfähige Landwirtschaft, die das Vertrauen der Verbraucher hat, gehört zu einem modernen Brandenburg. Im naturnahen Tourismus liegt eines unserer großen Zukunftspotenziale. Wir haben es so nicht erwartet, wenn auch erhofft: Heute leben über 90 000 Brandenburgerinnen und Brandenburger schon ganz oder teilweise vom Tourismus. Dabei sind die Wachstumsmöglichkeiten dieser Branche noch lange nicht erschöpft. Ihren weiteren Ausbau werden wir deshalb mit allen Kräften fördern.

Es wäre aber falsch, den Eindruck zu erwecken, dass die Strukturprobleme des äußeren Entwicklungsraums mit der Förderung des Tourismus gelöst werden könnten. Das zu tun hieße auch, die Dimension des Problems zu unterschätzen. Wir haben es hier mit einem großen und strukturellen Problem zu tun, wo wir ehrlich zugeben müssen, dass wir dafür noch keine ideale Lösung gefunden haben. Wer hier schnelle und schmerzlose Abhilfe verspricht, der macht sich unglaubwürdig. Dennoch ist unser Ziel klar: Das Auseinanderfallen unseres Landes in ein dynamisches Zentrum und eine zurückbleibende Peripherie werden wir auch in Zukunft nicht hinnehmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Diese Entwicklung würde nicht nur den Betroffenen, sondern auch dem Land insgesamt und damit uns allen schaden.

Bei allen Problemen erleben wir in den Kreisen, Städten und Gemeinden der äußeren Entwicklungsräume Brandenburgs weiterhin eine ungeheure Aufbaubereitschaft. Diese Bereitschaft, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter schwierigen Bedingungen aus eigener Kraft zu verbessern, verdient die allergrößte Anerkennung und jede nur mögliche politische Unterstützung. Die Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Randregionen Brandenburgs können sich fest darauf verlassen: Unsere Politik ist und bleibt eine Politik für das eine, das ganze Land Brandenburg.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, bleiben wir realistisch! Wir werden bei weitem nicht alles politisch Wünschenswerte leisten können. Alle Politik wird heute und in Zukunft bei äußerst angespannter öffentlicher Kassenlage gemacht. Das gilt für Deutschland insgesamt, für den Bund, die Länder, die Städte und Gemeinden sowie für die gesamte Europäische Union. Es gilt natürlich auch für Brandenburg. Man kann das beklagen, und zwar aus guten Gründen; man darf sich auch wünschen, dass es anders wäre; man darf darauf hoffen, dass die Konjunktur bald wieder anspringt und die Steuer

einnahmen steigen - nur die Augen vor dem Ernst der Tatsachen verschließen, das darf man nicht. Mit dem Ziel, das Entstehen einer großen Zahl von Arbeitsplätzen zu fördern und daraus resultierende Steuereinnahmen zu erlangen, sind wir in Brandenburg Anfang der 90er Jahre eine hohe Pro-Kopf-Verschuldung eingegangen. Die damit verbundenen Hoffnungen haben sich nicht im erforderlichen und erwünschten Maße erfüllt. Die Steuereinnahmen sind deutlich hinter den Prognosen zurückgeblieben.

Hinzu kommt, dass heute ein großer Teil unserer Mittel fest gebunden ist. Versuche, diese Situation allein durch Einnahmeverbesserungen abzuwenden, sind zum Scheitern verurteilt. Wir müssen zunächst die uns zur Verfügung gestellten Hilfen und Fördermittel neu justieren, nämlich so, dass sie einen höchstmöglichen Beitrag zum Ausbau der Infrastruktur und zur Verbesserung der Standortbedingungen leisten.

Wir müssen aber auch die Beantwortung der Frage nach den staatlichen Aufgaben und der Nachhaltigkeit der Finanzen auf der Ausgabenseite angehen. Realismus bedeutet deshalb vor allem, dass wir uns über die Möglichkeiten unseres Haushalts keinerlei Illusionen machen.

Die Landesregierung spart nicht erst seit heute. Seit 1994 weisen wir unter allen Flächenländern der Bundesrepublik den niedrigsten Ausgabenzuwachs auf. Aber wir müssen in Brandenburg weiterhin strikteste Haushaltsdisziplin üben - nicht, weil dies Selbstzweck ist oder Sparsamkeit besonders tugendhaft, sondern weil wir sonst Gefahr laufen, von der Last unserer Schulden erdrückt zu werden.

In diesem und im nächsten Jahr fehlt uns nach derzeitiger Kenntnis eine Summe von 1,5 Milliarden Euro. Für manche immer noch besser verständlich: Das sind 3 Milliarden DM. Einige in diesem hohen Hause werden sich daran erinnern, wie wir noch vor kurzem über das Einsparerfordernis von 100 Millionen Euro gestritten und die Aufbringung dieser Summe für fast unmöglich erachtet haben. Wir stehen jetzt vor der Notwendigkeit, einen um ein Vielfaches höheren Betrag darzustellen.

Die Dringlichkeit, hier rasch und vor allem dauerhaft wirksam gegenzusteuern, geht über die Betrachtung der aktuellen Haushaltslage weit hinaus. Das zeigt übrigens auch schon die Langzeitstudie zum Solidarpakt II: Während seiner Laufzeit bis 2019 muss das Land seinen Haushalt strukturell so umgestalten, dass weitere 700 Millionen Euro jährlich bei den konsumtiven Ausgaben eingespart werden.

Angesichts dessen muss uns allen klar sein: Die Lage ist nicht nur dramatisch, sie ist hochdramatisch. Auf dem Spiel steht die Handlungsfähigkeit des Landes Brandenburg. Auf dem Spiel steht nicht weniger als unsere politische Selbstständigkeit. Das müssen wir uns bei jedem Schritt, den wir in Zukunft gehen, immer wieder vor Augen führen. Einen handlungsunfähigen Staat kann niemand wünschen. Das ist der Grund dafür, weshalb wir die harte Arbeit der Haushaltskonsolidierung entschlossen fortführen und weiter intensivieren werden.

Bei der Bewältigung dieser Aufgabe sehe ich alle in der Pflicht. Die Folgen unserer Entscheidungen werden wir sorgfältig abzuwägen haben. Es wird auch Einschnitte in wichtige Politikfelder geben müssen. Unsere Aufgabe besteht darin, Sparen so zu gestalten, dass die Kernaufgaben des Staates erfüllt werden können. Wir müssen uns beim Sparen die Drittmittel so weit wie möglich erhalten, nicht zuletzt, um die in den letzten Jahren geschaffene Substanz zu sichern. Im Lichte dieses fortlaufenden und aller Voraussicht nach sehr harten Klärungsprozesses werden wir im Frühjahr 2003 die haushaltspolitischen Entscheidungen zu treffen haben.

Eines steht jetzt schon fest: Bis zum Jahr 2006 werden wir mindestens 9 300 Stellen abzubauen haben. Fest steht auch, meine Damen und Herren - das ist in der Dimension für viele noch nicht richtig erkennbar und vorstellbar -, dass wir in verschiedenen Bereichen unser Engagement verringern und in nicht wenigen Bereichen auch völlig einstellen müssen.

Bei allem Verdruss hierüber sollten wir allerdings den Blick für die Relationen bewahren: Nur düster und nur hoffnungslos ist unsere finanzielle Lage keineswegs; denn wir verfügen in Brandenburg derzeit noch über eine Finanzausstattung je Einwohner, die um ein Drittel höher als in den westdeutschen Flächenländern liegt. Bei dieser überdurchschnittlichen Finanzzuweisung, die zum Ausbau der Infrastruktur auf gesamtdeutsches Niveau notwendig ist, wird es noch Jahre bleiben. Sie wird aber - das wissen wir alle - im nächsten Jahrzehnt abgeschmolzen werden. Deshalb müssen wir jetzt und nicht erst in Zukunft handeln, um diesen Anpassungsprozess bewältigen zu können. Dass nicht alles Wünschenswerte gemacht werden kann, ist vielleicht eine triviale, in jedem Falle aber wichtige Einsicht. Sie ist allerdings wenig wert, wenn sie nicht um präzise Vorstellungen davon ergänzt wird, wofür trotz allem unbedingt Mittel aufgebracht werden müssen.

(Beifall des Abgeordneten Vietze [PDS])