Dieter Althaus

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, zwanzig Jahre friedliche Revolution - gestern haben wir gemeinsam an den 17. Juni 1953 erinnert, den Volksaufstand in der ehemaligen DDR, an die Opfer, aber auch an die Täter. Es war eine beeindruckende Veranstaltung auf Point Alpha, die in einer Diskussionsrunde mit Bürgerrechtlern noch einmal sehr deutlich gemacht hat, wo unsere Verantwortung liegt: für Frieden, für Freiheit, für Menschenrechte, gegen diktatorische Systeme, gegen Extremismus. Ich denke, wir müssen uns gerade diese Zeit und das Erbe dieser Zeit immer wieder bewusst machen, weil dann noch deutlicher wird, was wir erreicht haben und was wir gestalten können.
Thüringen ist heute die starke Mitte Deutschlands im Herzen Europas. Wer in Thüringen in den letzten Jahren und gerade in den letzten Wochen unterwegs war, spürt die Leistungsbereitschaft, die hohe Motivation, die Flexibilität, die Kreativität, die Innovationsfreude und auch die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Deshalb glaube ich, wir können dankbar und stolz sein, ein Thüringen mitzuverantworten, was sich in dieser Form in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt hat.
„Thüringen ist auf fast allen Gebieten der Star unter den jungen Ländern“, das ist ein Zitat von Prof. Dr. Michael Lingenfelder, der als Leiter der Forschungsstelle Mittelständische Wirtschaft der Universität Marburg im letzten Jahr Thüringen aus dem Blick dieser Institution untersucht hat, und ich darf diesem Fazit zustimmen. Thüringen ist auf fast allen Gebieten der Star unter den jungen Ländern. Die Menschen haben sich in diesem Land engagiert, haben die Chancen der Freiheit genutzt und insgesamt ist auch die politische Führung seit 1990 erfolgreich gewesen, so dass wir ein positives Fazit in diesem Jahr und am Ende dieser Legislaturperiode ziehen können.
Ich bin dankbar, dass das auch immer wieder deutlich wird bei Veranstaltungen im Land. Vor wenigen Tagen war in Jena die Einweihung der Erweiterung von WACKER SCHOTT Solar und Prof. Dr. Ungeheuer, der Vorstandsvorsitzende von Schott, hat dort gesagt: „Thüringen ist ein hervorragender Investitionsstandort, beste Bedingungen haben SCHOTT zu immer neuen Investitionen in Jena ermuntert.“ Sie hat dort auch gesagt: verlässliche Politik der Landesregierung und der LEG bei der Begleitung. Ich denke, ein gutes und auch ein objektives Kriterium, das wir auch sehen sollten im Blick auf die aktuell bestehende Krise. Der Geschäftsführer von MOTEX Hörselgau, Herr Ohnesorge, hat im letzten Jahr bei einer entsprechenden Veranstaltung seiner Firma vor Ort in Hörselgau formuliert: „Die Bedingungen in Thüringen waren für uns geradezu perfekt, nicht nur die Infrastruktur, auch das politische Umfeld hätte günstiger kaum sein können. Nach sechs Wochen war die Baugenehmigung erteilt; so schnell wäre das in Bayern nie und nimmer über die Bühne gegangen.“ Zwei Statements, die klar beweisen, wir sind gut vorangekommen; gerade im Blick auf die Wirtschaft ist das eine beste Bedingung für die Menschen, weil sie dadurch Arbeitsplätze und Zukunft haben.
Wir sind stolz auf die Lebensleistung der Menschen. Es ist ein großartiges Aufbauwerk seit der friedlichen Revolution geschafft. Aber wir haben auch Wesentliches eingebracht in die Wiedervereinigung und gerade in die Gestaltungsaufgaben, die wir zu lösen hatten. Ich will nur Weniges nennen. Ich denke an die Entscheidung, im Grundsatz bei 12 Jahren bis zum Abitur zu bleiben. Ich denke an die landwirtschaftlichen Strukturen, die sich erhalten, entwickelt und - wie wir alle spüren - zukunftsfähig gestaltet haben. Ich denke an unsere starke Orientierung an der Ingenieurwissenschaft, an mathematisch-naturwissenschaftlicher Prägung und vieles andere mehr. Das heißt, wir alle, aber ganz besonders die Menschen dieses Landes, können stolz sein, dass sie das, was ihnen wichtig war, auch eingebracht haben in die Wiedervereinigung und dass wir das auch in der politischen Gestaltung umsetzen konnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind in einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, wir haben in unserem Land die größte Krise seit der deutschen Einheit zu bestehen und wir haben trotzdem, und das ist wichtig, in Thüringen ein gutes, ein stabiles Fundament, die Krise zu überwinden und unsere Zukunft zu sichern. Das heißt, aus der Krise lernen und die Krise als Chance zu begreifen; wir wollen im Ergebnis
der Krise stärker sein als vorher, wir wollen gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Ich bin dem Vorstandsvorsitzenden der Jenoptik dankbar, der das für sein Unternehmen sehr klar formuliert hat: „Wir wollen gestärkt aus der Krise kommen.“ Ich darf Herrn Dr. Mertin deshalb zitieren, weil das gleiche Ziel für uns alle gilt, gerade auch für uns gilt, dass wir Potenziale, die wir entwickeln konnten, die sich entwickelt haben, als tragfähige und zukunftsfähige Potenziale sehen. Aber natürlich gilt es auch, neue zu entwickeln und vorhandene weiterzuentwickeln. Trotzdem sind die Fakten eindeutig. Die Auswirkungen der Krise sind deutlich spürbar. Sie kennen die Fakten, sie sind in den letzten Wochen und Monaten sehr oft diskutiert worden und sie unterscheiden sich nicht vom generellen Trend in Deutschland und leider auch darüber hinaus. Das Bruttoinlandsprodukt im I. Quartal 2009 ist um 3,8 Prozent - und besonders betroffen ist das verarbeitende Gewerbe - zurückgegangen. Die Frühjahrsprognose der Bundesregierung - vor einigen Wochen zusammen mit dem Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute vorgelegt - geht von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6 Prozent aus und für die neuen Länder von 5 Prozent. Für Thüringen ist besonders deutlich der Exporteinbruch mit minus 30,9 Prozent. Die Thüringer Industrieumsätze sind zurückgegangen mit minus 21,6 Prozent im I. Quartal, aber der März-Umsatz in der Industrie ist um 11,3 Prozent gegenüber dem Februar dieses Jahres gestiegen. Das heißt, es zeigt sich auch schon wieder, dass es Entwicklungen gibt, die den Mittelstand und die Industrie auch als Motoren in dieser Situation beschreiben. Die Arbeitslosenquote ist mit 11,8 Prozent natürlich für uns alle zu hoch, aber trotzdem haben wir die zweitniedrigste MaiArbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung und wir dürfen für uns alle positiv, besonders für die betroffenen Menschen, feststellen: Seit 10 Jahren hat Thüringen kontinuierlich die geringste Arbeitslosigkeit unter den jungen Ländern.
Ich bin dankbar, dass es uns auch in den letzten Wochen mit der Bundesregierung und den betroffenen Ländern gelungen ist, eine wichtige Entscheidung für das Unternehmen Opel Eisenach zu treffen. Opel hat eine klare Perspektive am Automobilstandort Eisenach. Der Einstieg von Magna bedeutet aktuelle Sicherung, aber bedeutet auch, wie Sie wissen, spätere Ausbauperspektive für Eisenach. Das ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Opel in Eisenach genauso wichtig wie für die vielen Zulieferer rund um Eisenach und in Thüringen und in Deutschland. Deshalb bin ich dankbar, dass uns
dieses Werk erfolgreich gelungen ist.
Ich bin auch sehr dankbar, dass in dieser wirtschaftsangespannten Situation die Mehrheit der Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmer gerade im Mittelstand das Instrument der Kurzarbeit intensiv nutzt. Wir haben gemeinsam mit den Arbeitsagenturen und den Weiterbildungsinstitutionen eine ganze Reihe wichtiger Qualifikationsoffensiven gestartet, damit man diese Kurzarbeit nutzt, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren auf andere und neue Technologien hin, oder auch für ganz grundsätzliche Qualifikationen, die für ein Unternehmen entscheidend sind. In dieser Situation - der Krise mit ihren Auswirkungen - ist es sehr wichtig, keine falschen Versprechungen zu machen, vor Illusionen oder auch vor Politikentwürfen von gestern zu warnen. Wir werden die Krise als Chance begreifen, gerade auch als Chance zur Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft.
In den letzten Tagen und Wochen gab es mehrfach die Debatte, international, aber vor allen Dingen national: Ist das nun eine ganz generelle Strukturkrise, auch eine Strukturkrise der sozialen Marktwirtschaft,
oder ist es eine Krise, die auch auf mangelnde Strukturen in der globalisierten Welt zurückzuführen ist? Wir sind ganz eindeutig der Überzeugung, es ist keine Krise der sozialen Marktwirtschaft, sondern die soziale Marktwirtschaft hat in dieser Situation die Chance, ihre grundsätzlichen ordnungspolitischen Elemente und ihre grundsätzlichen Werteüberzeugungen nicht nur in Deutschland, sondern auch europäisch und international zu nutzen, um zu klaren Strukturen und Übereinkünften zu kommen.
Das heißt, es geht darum, die Globalisierung politisch zu gestalten, damit sie für möglichst alle Menschen international zu einem persönlichen Entwicklungsschub führt. Deshalb sollten wir in dieser Situation gerade auch unsere Erfahrungen mit dem Umsetzen der sozialen Marktwirtschaft einbringen, denn wir haben zweimal in Deutschland erlebt, dass die soziale Marktwirtschaft ordnungspolitisch wie wertepolitisch eine erfolgreiche Gestaltungskraft entwickeln konnte, das eine Mal nach 1949 der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, den erfolgreichen Aufstieg zu einem Land, das mit Wohlstand, Freiheit
und Demokratie gestaltet und verbindet. Und wir konnten erleben, dass mit der Wiedervereinigung und den Entscheidungen 1990 ebenfalls die soziale Marktwirtschaft für uns alle, für Thüringen und für die Thüringerinnen und Thüringer, erfolgreich umgesetzt werden konnte. Wir sollten jetzt alle dafür sorgen, dass zum dritten Mal in diesem 21. Jahrhundert diese Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft auch als Beispiel für Deutschland weit über Deutschland hinaus genutzt werden, damit wir zu ordnungspolitischen Übereinkünften kommen, damit es nicht wieder zu einer umfassenden Krise kommt, wie wir sie in den letzten Monaten erleben mussten und mit deren Folgen wir jetzt auch umgehen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir in dieser Krise eine besondere Chance haben, erfolgreich aus der Krise herauszukommen, weil wir eine mittelständische Struktur der Thüringer Wirtschaft, einen Branchenmix der Thüringer Wirtschaft und auch eine Innovationstiefe und -breite haben, die uns helfen kann, gerade in dieser Situation im Ergebnis stärker zu sein als vorher. Ich weiß, dass gerade in der Automobil- und Automobilzulieferindustrie die Lasten besonders groß sind, aber es gibt auch erfreuliche Zuwächse in anderen Branchen; ich darf stellvertretend die Optik-, die Solar- und auch die Medizintechnikbranche nennen. Das heißt, wir haben Hoffnungszeichen und Zukunftszeichen genauso, wie wir große Probleme in einigen Branchen und an bestimmten Wirtschaftsstandorten haben. Besonders erfreulich ist es, dass wir 50 neue Unternehmensansiedlungen bzw. -erweiterungen in den Jahren 2008 und 2009 erleben, begleiten und gestalten durften, immerhin eine Gesamtinvestitionssumme von etwa einer halben Milliarde Euro, immerhin mehr als 3.000 neue Arbeitsplätze, die dadurch entstehen konnten. Einige große und prägnante Beispiele sind N3, sind Bosch, ersol Solar Energy, sind Masda, IHI, WACKER SCHOTT Solar und auch die Erweiterung des Daimler-Motorenwerks in Kölleda. Auch wer, wie einige Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag das ja tun konnten, bei der Thüringer Ausstellerschaft der Hannover-Messe war, konnte feststellen, dass es natürlich Probleme gibt, aber dass dankenswerterweise im Grundsatz eine positive Stimmung existiert. Die Neuansiedlungen und die Erweiterungen auf der einen Seite, aber auch die generelle Stimmung in der Thüringer Wirtschaft ermuntern uns, unseren Weg weiter zu gehen, die Wirtschaft zu stärken, zu stützen, damit wir im Ergebnis der Krise stärker hervorgehen, als wir in die Krise hineingegangen sind.
Entscheidend ist - und das war die Arbeit der letzten Wochen -, dass wir unseren - ich will es bezeichnen - Instrumentenkoffer der Hilfen und Unterstützung mit der Wirtschaft, dem Wirtschaftsministerium, der Landesentwicklungsgesellschaft, der Thüringer Auf
baubank weiterentwickeln. Das haben wir getan. Ich danke allen handelnden Akteuren, dass sie das in einem engen Kontakt mit der Thüringer Wirtschaft getan haben. Wir waren flexibel und haben neue Elemente hinzuentwickelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da ist das aktuell vor wenigen Tagen entschiedene Liquiditätsprogramm in Höhe von 100 Mio. € ein gutes Beispiel. Damit können wir die Eigenkapitaldecke des Mittelstands stärken, wir können über die Thüringer Aufbaubank Beteiligungen oder zinsgünstige Darlehen geben und es ist auch möglich, für Unternehmen in Schwierigkeiten die Konsolidierungsanstrengungen zu verstärken. Beides war wichtig, aber ist in einer ganzen Reihe von Entscheidungen der letzten Monate zu sehen. Außerdem konnten wir durch sehr zügiges Handeln auf Landesebene, aber auch auf kommunaler Ebene das Konjunkturpaket II umsetzen. Ich bin den Kabinettskolleginnen und -kollegen, aber auch den vielen auf kommunaler Ebene dankbar, dass sie die Zeit intensiv genutzt haben, denn dieses Konjunkturpaket soll in den Jahren 2009 und 2010 helfen, möglicherweise fehlende Industrie- und Wirtschaftsprojekte in der Bauwirtschaft zu kompensieren und durch zweckmäßige Investitionen in Bildung, in Infrastruktur, auch in Gesundheitseinrichtungen für eine konjunkturelle Hilfe zu sorgen. Wir haben 80 Prozent dieser Mittel den Kommunen zur Verfügung gestellt; damit liegen wir über dem Schnitt von 70 Prozent, der vom Bund gefordert war. Ich bin dankbar, dass wir inzwischen einen großen Planungsvorsprung haben, dass über 77 Prozent aller Mittel verplant sind. Ich bin dankbar, dass wir in der letzten Woche im Bundesrat mit dem Artikel 104 b des Grundgesetzes die Voraussetzung geschaffen haben, dass die Kommunen jetzt auch die Mittel nutzen können, um in Bildung zu investieren. Artikel 104 b sagt aus, dass der Bund zusätzlich und zukünftig direkt an die Kommunen auch für Bildungsinvestitionen Geld geben kann. Das war bisher ausgeschlossen nach dem Grundgesetz. Deshalb bin ich, wenn ich diese Punkte anschaue, optimistisch und zuversichtlich, dass wir, wenn wir die Kreativität der Menschen, die Kreativität in unseren mittelständischen Unternehmen, in unseren Forschungseinrichtungen, Hochschulen sehen und die Innovationsfähigkeit, die wir auch nutzen, und die Innovationsberatung, die wir betreiben, diese Chancen intensiv nutzen und auch erfolgreich bleiben werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das bestätigt auch der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit, der in der letzten Woche vom Bundesminister Tiefensee vorgelegt worden ist. Die
Grundüberzeugung, die ich für Thüringen gezogen habe, ist auch in diesem Bericht nachlesbar. Das Grundfazit dieses Berichts: Die Schere zwischen Ost und West geht zusammen, der Aufbau Ost kommt voran, wirtschaftliche Entwicklung nimmt Fahrt auf. Aber eine andere Seite dieses Berichts ist auch, dass wir die nächsten Jahre nutzen müssen, um ab dem Jahr 2019, dem Ende des Solidarpakts, auf eigenen Beinen zu stehen. Nach knapp 20 Jahren ist es also eine Ausgangsposition für die nächsten Jahre, die wir im Grundsatz als positiv beschreiben dürfen. Einige markante Daten sind dort aufgeführt. Das Bruttoinlandsprodukt für die neuen Länder insgesamt liegt inzwischen bei 71 Prozent des westlichen Niveaus. Das Wachstum der Industrie ist im Osten mit 7,5 Prozent in den letzten drei Jahren sogar höher gewesen als das Wachstum in den sogenannten alten Ländern mit 4,3 Prozent. Bei der Selbstständigenquote haben wir schon im Jahr 2007 den OstWest-Gleichstand erreicht. Aber auf der anderen Seite ist unsere Arbeitslosenquote immer noch doppelt so hoch wie die der alten Länder. Das heißt, es bleiben Aufgaben für uns in Deutschland insgesamt. Die teilungsbedingten Lasten sind noch zu einem guten Teil vorhanden. Wir brauchen also sowohl die Solidarität innerhalb Deutschlands, aber auch die eigene Kraftanstrengung, um diese teilungsbedingten Lasten abschließend zu überwinden und nach 2019 selbstständig und eigenständig erfolgreich zu gestalten.
Das Fazit dieses Berichts im Blick auf die Bewältigungschancen für die Krise ist ebenso eindeutig, wie ich das für Thüringen beschrieben habe. Die ostdeutschen Länder, so die Überzeugung aus dem Bericht, können und werden die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise besser bewältigen. Die Gründe für diese wichtige Formulierung: Wir haben eine starke mittelständische Struktur, wir sind weniger exportabhängig, was auf der einen Seite auch ein Nachteil ist, auf der anderen Seite ist dies in der Krise ein Vorteil, und wir haben geringere Arbeitskosten generell. Auch das sind sowohl Vorteile, aber natürlich im Kontext der Wettbewerbssituation der einzelnen Standorte in Deutschland durchaus auch Nachteile.
Ich will für Thüringen eines herausgreifen, weil das, glaube ich, die Leistungsfähigkeit der Thüringer Mittelständler, der Menschen in Thüringen, aber auch der politischen Rahmenbedingungen besonders deutlich markiert. Im Bericht zum Stand der Deutschen Einheit steht zum Thema „Industrielle Wertschöpfung“, also einem wesentlichen Teil unserer Thüringer Wirtschaft: „Betrachtet man die Industrialisierung der einzelnen Bundesländer, ergeben sich zum Teil erhebliche Unterschiede. So entspricht der
Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung im Jahr 2008 in Thüringen mit 23,7 Prozent nahezu dem westdeutschen Durchschnitt.“ Das ist ein gutes und auch motivierendes Ergebnis aus diesem Bericht gerade für unsere Leistungen hier in Thüringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was gehört entscheidend zur Bilanz am Ende dieser Legislaturperiode? Zum Wichtigsten gehört, dass wir ein weltoffenes, ein modernes Land sind und dass wir die Chancen, die uns die friedliche Revolution ermöglicht hat, einen grundlegenden Neuaufbau des Landes zu bewegen, umzubauen und neu aufzubauen, umfassend genutzt haben, dass wir sowohl die Solidarität aller Deutschen wertschätzen, die erheblichen Beitrag dazu geleistet hat, aber auch, dass wir seit 1990, in den letzten Jahren im Besonderen, dafür Sorge getragen haben, dass durch politische Entscheidungen die Strukturen des Landes so geprägt werden konnten, dass wir diesen Aufbau erfolgreich leisten konnten.
Deshalb, am Ende dieser Legislaturperiode - ich bin sechs Jahre im Amt als Ministerpräsident -, darf ich meinem Kabinett, meiner Fraktion, allen Unterstützern im Land und besonders natürlich den vielen Tausenden Menschen im Land, die sich Tag für Tag engagieren, danken. Thüringen ist gut vorangekommen und wir haben auf dem Fundament, das Bernhard Vogel mit seiner Mannschaft geprägt hat, gut weiterentwickelt und weiter aufgebaut.
Wer, wie Sie alle, Tag für Tag im Land unterwegs ist, spürt auch, dass die Thüringer Bilanz, die wir in diesem wichtigen Jahr 2009 ziehen, auch von den Menschen so gesehen wird. Sie sind stolz auf das, was sie erreicht haben. Sie lieben ihre Heimat und sie sind ihrer Heimat verbunden, auch wenn sie im Einzelnen, weil es noch Entwicklungsprobleme gibt, noch andere Perspektiven suchen müssen, gerade junge Menschen. Das bedrückt uns, aber trotzdem kann man überall erkennen, dass eine grundsätzlich positive Überzeugung für das, was sie selbst geleistet haben und wir gemeinsam geleistet haben, vorhanden ist. Deshalb kann ich auch nur reflektieren, was ich Tag für Tag erlebe: Die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer hat kein Interesse an politischen Experimenten.
Wir haben Wort gehalten. Meine Regierungserklärung im Jahr 2004 war überschrieben mit der Aussage „Die Chancen der Freiheit nutzen“. All das, was wir damals angekündigt haben für die Legis
laturperiode, ist im Wesentlichen umgesetzt. Das heißt, wir haben überhaupt keinen Grund, unsere Leistungsbilanz in dieser sicher krisenbelasteten Zeit zu verstecken. Ganz im Gegenteil, die Ergebnisse stimmen und ich bin ganz sicher, dass die Thüringerinnen und Thüringer in ihrer Mehrheit das genauso sehen und sich deshalb auch gegen politische Experimente und für politische Kontinuität entscheiden werden.
Es sind sehr viele Säulen, die als grundtragende Säulen für Thüringen zu nennen sind. Darin werden die Potenziale, die Standortvorteile sichtbar. Natürlich sind nicht alle erarbeitet, viele auch historisch vererbt und weiter geprägt und oft auch durch politische Rahmenbedingungen zusätzlich ausgestaltet. Thüringen, ein beispielgebendes Familienland, beste Bildungsangebote, technologieorientierter Mittelstand und Branchenmix, gut ausgebildete Fachkräfte, modernste Infrastruktur, ein sicheres Land, eine leistungsfähige Landwirtschaft, eine prägende Kultur und ein soziales Thüringen - das überschreibt in Stichworten die Situation in Thüringen. Ich bin dankbar, dass wir diesen Stand erreicht haben.
Einige spezielle Beispiele will ich stärker herausgreifen - zuallererst und wesentlich den Mittelstand in Thüringen: Wir sind das Mittelstandsland Thüringen. Das heißt, wir haben es in den letzten Jahren erleben und mitgestalten dürfen, dass wir attraktive, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze haben und dass wir gerade auch den Gesamtstandort Thüringen attraktiv weiterentwickeln konnten. Nach einer amerikanischen Zeitschrift „Site Selection“, die im März eine Studie für Westeuropa vorgelegt hat, vor wenigen Wochen also erst, hat Thüringen im Vergleich der Standorte in Westeuropa Platz 5 eingenommen. Die entscheidenden Argumente für diese Platzierung: zentrale Lage, gut ausgebildete Fachkräfte und professionelle Investorenbetreuung. Das, denke ich, sind wichtige Voraussetzungen, um auch in Zukunft erfolgreich zu bleiben.
Wenn man auf die vorhin für Deutschland genannten zentralen Positionen schaut und sie für Thüringen einmal genauer betrachtet, bestätigt sich dieses generelle Bild. Das Bruttoinlandsprodukt betrug im Jahr 2003 43,4 Mrd. €, am Ende des letzten Jahres waren wir bei knapp 50 Mrd. €, also eine deutliche Steigerung des Bruttoinlandsprodukts. Wir haben beim Industrieumsatz eine deutliche Steigerung erleben dürfen von 21,6 Mrd. € 2003 auf 30,8 Mrd. € 2008. Wir haben mit einer Betriebs
dichte von 39 Betrieben je 100.000 Einwohner inzwischen die zweithöchste Betriebsdichte nach Baden-Württemberg. Das Bruttosozialprodukt hat sich zwischen 2004 und 2008 um 11,6 Prozent erhöht. Ich bin dankbar, dass sich auch die Bruttoverdienste nach oben entwickelt haben - im Jahr 2003 waren es im Durchschnitt noch 20.773 € pro Jahr und am Ende des letzten Jahres waren es 22.175 € pro Jahr. Das heißt, der Wachstumsentwicklungsweg ist nicht nur ein Wachstumsweg, der von der Wirtschaft für die Wirtschaft gestaltet wird, sondern er kommt bei den Menschen an. Der Wohlstand steigt in diesem Land, dafür sollten wir alle weiterarbeiten und dafür sind wir auch dankbar.
Es wird immer wieder behauptet, dass im statistischen Vergleich der jungen Länder die Thüringerinnen und Thüringer Arbeitnehmer die im Vergleich geringsten Einkommen haben. Auch da sollten wir die aktuellen Entwicklungen bewerten und nicht alte Statistiken. Der IAB- Betriebspanel sagt das noch einmal für Gewerbe und Dienstleistung, unsere breiteste Branche, deutlich aus: Für Thüringen zeigt sich das gleiche Bild wie für Mecklenburg-Vorpommern mit exakt 1.830 € im Durchschnitt pro Monat. Im Vergleich: Sachsen-Anhalt liegt 10 € davon weg mit 1.840 € und auch Sachsen liegt mit 20 € mehr, also 1.850 €, dicht dabei. Das heißt, wir haben insgesamt in den jungen Ländern einen Aufwuchsprozess erlebt, aber wir haben ihn auch in Thüringen erlebt und deshalb sollten wir an diesem Aufwuchsprozess weiterarbeiten, weil er den Menschen in Thüringen Perspektiven bietet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch bei den Erwerbstätigen kann man diese Entwicklung konkret nachvollziehen. Die Erwerbstätigenquote liegt mit knapp 79 Prozent deutlich über dem Bundesschnitt von gut 75 Prozent. Die Arbeitslosenzahlen habe ich schon genannt. Auch wenn sie uns in der Höhe und in jedem Einzelfall bedrücken, so ist trotzdem insgesamt die Entwicklung positiv. Eine wesentliche Aufgabe haben wir in den letzten Jahren gemeinsam erfolgreich geleistet, dass wir mit der Wirtschaft zusammen den jungen Menschen über den Ausbildungspakt eine konkrete Ausbildungsperspektive in Thüringen bieten konnten. Deshalb danke ich der Thüringer Wirtschaft, danke dem Mittelstand, danke dem Handwerk, danke der Landwirtschaft und allen, die sich beteiligt haben. Dieser Ausbildungspakt war beispielgebend für Deutschland und ist erfolgreich umgesetzt worden.
Es ist folgerichtig und, wie ich finde, auch sehr konsequent, dass jetzt dieser Ausbildungspakt wegen der demographischen Entwicklung und auch ganz generell wegen der Wanderungsentwicklung der letzten Jahre zu einem Fachkräftesicherungspakt weiterentwickelt wurde. Ich bin auch dankbar, dass zusätzliche Elemente entwickelt wurden. Ich denke an die Allianz für Familien, die wir mit der Wirtschaft auf den Weg bringen konnten, damit sich auch die Wirtschaft stark engagiert, um das Familienland weiter zu profilieren und die unternehmerische Organisation auf und für Familie weiterzuentwickeln. Das hilft jungen Menschen, sich für Thüringen zu entscheiden, sowohl für die eigene Perspektive als auch für die Familienperspektive. Ich bin auch dankbar, dass wir zusammen mit der Wirtschaft den Unternehmer- und Fachkräfteservice entwickeln konnten, der regional in den Thüringer Landschaften dafür sorgt, dass das konkrete Unternehmensprofil nach außen vermittelt wird, die Bedarfe für die nächsten Jahre deutlich gespiegelt werden und dass dieses gleichzeitig auch in die Familien hinein zu den Menschen, die möglicherweise zurückkommen wollen oder in der Region eine Perspektive suchen, deutlich wird. Dieser Unternehmerfachkräfteservice Thüringen war die richtige Antwort in dieser Zeit.
Ganz entscheidend ist die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft. Diese Innovationsfähigkeit kann man sicher zum einen an den vorhin dargestellten Entwicklungsdaten nachlesen, aber sie wird besonders deutlich in der großen Steigerung der Exportquote. Auch wenn jetzt in der Krise genau dieser Export ein Problem ist, weil wir damit natürlich innerhalb der globalisierten Wirtschaft stärker abhängig werden, ist trotzdem für eine hochmoderne zukunftsfähige Wirtschaft generell wichtig, dass wir eine Entwicklung mit Blick auf den Export weiter begleiten, um stärker zu werden. Deshalb haben wir gerade in den letzten Jahren seit 2003 das Wachstum des Exports mit aller Kraft durch Auslandsreisen, durch Akquisitionen und durch wettbewerbsfördernde Maßnahmen unterstützt. Wir hatten im Jahr 2003 mit 28,1 Prozent Exportquote einen guten Ausgangswert, aber wir sind am Ende des letzten Jahres mit 32,7 Prozent Exportquote immerhin das zweitbeste Land unter den jungen Ländern, kurz nach Sachsen. Das zeigt mir, dass wir unsere Kraft an der richtigen Stelle konzentriert haben. Was erfreulich ist, auch das sollten wir sagen, die Vitalität der Unternehmen ist groß. Die Thüringerinnen und Thüringer haben dafür gearbeitet und die Technologieorientierung ist eine wichtige Grundlage dafür. Bei den Insolvenzen hatte Thüringen im Jahr 2008 den niedrigsten Wert in ganz Deutschland. Warum wir in den letzten Jahren darauf Wert gelegt haben, nicht nur einzelne mittelständische Unternehmen zu begleiten, zu stärken, zu un
terstützen, sondern für Netzwerke und Cluster die Sorge mitzutragen, das liegt auf der Hand. Diese Netzwerke und Cluster sind in der Lage, dieser Struktur der mittelständischen Wirtschaft zusammen mit Technologie- und Forschungsleistungen die Zukunftsperspektive zu stärken. Wir haben in Thüringen ganz exzellent arbeitende Netzwerke und Cluster - ich will nur nennen: SolarInput, CoOPTICS, automotive thüringen e.V., PolymerMat e.V., medways, also Medizintechnik, Bioinstrumente, Mediencluster und Mikrotechnik. Jeder weiß, dass diese Netzwerke und Cluster zusammen mit den Forschungseinrichtungen und den Hochschulen die wichtigsten Impulsgeber für die Zukunft sind. Deswegen sind wir sehr froh, dass wir neben den vorhandenen Max-Planck- und Fraunhofer-Instituten weitere Institute in Aussicht haben. Es ist ein Helmholtz-Institut in Jena geplant. Das HITK Hermsdorf wird aller Voraussicht nach Fraunhofer-Institut. Es wird das Abbe Center of Photonics in Jena und das Digital Bauhaus Lab in Weimar geben. Wir unterstützen auch Mess- und Gerätetechnik-Cluster in Ilmenau und auch Light Alliance, das Optiknetzwerk. Deshalb bin ich ganz froh, hier sagen zu können, wir setzen weiter auf Forschung, auf Technologie und vor allen Dingen auf enge Verbindung zur Thüringer Wirtschaft, weil das die Fundamente für eine zukunftsfähige und tragfähige Wirtschaftsentwicklung weiter stärkt und fortentwickelt.
Entscheidend war - und gerade jetzt in der Krisenzeit ist es auch noch stärker so -, dass wir zielgenau fördern, dass wir die Hilfen genau überlegen. Ich habe vorhin schon das zusätzliche Programm genannt, die 100 Mio. €. Für Bürgschaften ist ebenfalls gesorgt. Aber wir haben auch andere, weitere Elemente in den letzten Jahren und gerade in den letzten Monaten entwickelt, zusammen natürlich mit denen, die es umsetzen müssen, die die Flexibilität in dieser Situation sehr deutlich machen.
Ich nenne das Thema Mietfabrik. Damit sind wir alleine innerhalb Deutschlands. Es ist eine Leistung, die wir für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erbringen, damit besonders strategisch wichtige Investitionen für Thüringen gewonnen werden können. N3 ist ein prominentes Beispiel, aber weitere wären zu nennen. Ich nenne auch die Umstellung der Förderpolitik immer stärker zu sogenannten revolvierenden Fonds. Wir alle wissen, ab 2013 und dann in den nächsten Jahren auch bis 2019 wird weniger Geld aus der EU für die Förderung zur Verfügung stehen, aber auch durch den Rückgang des Solidarpakts. Deshalb ist es richtig, wenn wir jetzt, begonnen im letzten Jahr, stärker diese revolvierenden Fonds entwickeln. Ich will nur drei nennen: den Private-Equity-Fonds (PET), Thüringen-Invest für die
ganz kleinen Unternehmen und Thüringen-Dynamik für die mittelständischen und großen Unternehmen. Wir haben in dieser Situation - und dazu wird ja auch heute und morgen noch ein Gesetz beraten - die Bürgschaften deutlich gestärkt, weil sie, so wie in anderen Ländern auch, in dieser Situation Hilfen geben, damit Unternehmen, die im Grundsatz solide sind und eine gute Perspektive haben, aber aufgrund von Liquiditätsschwäche oder auch im Moment reiner Marktschwäche, weil der Markt an anderen Stellen zusammengebrochen ist, Hilfe bekommen. Deshalb sind auch die Bürgschaften in so einer Situation wichtig, nicht nur für Opel Eisenach, sondern genauso auch für unsere mittelständische Wirtschaft in Thüringen. Was besonders wesentlich war, dass die gesamte Technologieförderung überarbeitet worden ist und dass es heute im Grundsatz zwei Technologieförderprogramme gibt, die genutzt werden, und sie werden auch erfolgreich genutzt, wie die Beispiele beweisen. Wir haben auch die GA-Förderung weiterentwickelt, nicht nur, dass wir die Prozentsätze der Förderung erhöht haben, sondern gleichzeitig, dass wir auch die Bedingungen verändert, flexibilisiert haben. Z.B. die Neuschaffung von Arbeitsplätzen ist nicht automatisch mehr eine zwingende Bedingung; es kann im Einzelfall wichtiger sein, dass ein Unternehmen investiert, um damit Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern oder durch neue Technologien dann andere Arbeitsplätze in der Zukunft wieder zu entwickeln. Diesen Wandel der Wirtschaft hin zu einer noch stärker technologieorientierten Wirtschaft werden wir damit noch stärker begleiten. Ich bin sehr dankbar, dass wir heute auch über die Verdopplung des Volumens möglicher Staatsgarantien und Bürgschaften eine Debatte führen; denn es ist wichtig, dass wir in dieser Situation die Handlungsfähigkeit des Staates umfassend nutzen, nicht um Unternehmen, die vielleicht schon dauerhaft Probleme haben, zu helfen - hier muss der Markt, die Wirtschaft, die Technologie Antworten geben -, sondern Unternehmen, die in dieser Situation allein aufgrund der internationalen und nationalen Krise in Turbulenzen kommen, zu helfen. Deshalb ist es gut, wenn wir den Bürgschaftsrahmen von 200 Mio. € auf 400 Mio. € erhöhen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass diese beschriebenen Förderungen, Veränderungen der Förderungen, die Veränderung der Rahmenbedingungen und auch diese Begleitung der Unternehmen beim Investieren, beim Wachsen oder auch beim Sichverändern häufig entscheidend ist, um den Standort Thüringen national und auch international in seiner Attraktivität darzustellen. Das ist zuletzt sehr deutlich formuliert worden wenige Tage vor dem Ende des letzten Jahres in Kölleda. Herr Dr. Breitschwerdt, der Geschäftsführer von MDC,
hat dort formuliert: „Die Erweiterung am Standort war nur möglich, da durch die Verlässlichkeit der Politik der Landesregierung und der LEG die Rahmenbedingungen gegeben waren, auch in schwieriger Zeit zu investieren.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine klare Aussage eines Unternehmens, das für Thüringen spricht.
Wir werden diesen Weg fortsetzen. Auch aktuell gibt es eine ganze Reihe von Gesprächen über Neuansiedlungen, über Neugründungen, aber was vor allen Dingen entscheidend ist - und dazu haben wir die Elemente entwickelt -, ist die intensive Bestandspflege.
Zweitens werden wir die Einrichtung eines Landesbildungsförderungsgesetzes betreiben, weil natürlich die Bildung, die Weiterbildung ganz entscheidend ist. Die Kooperation von Wirtschaft, Schule, Hochschule, Forschungseinrichtungen, die wir in den letzten Jahren kräftig unterstützt haben, werden wir weiter ausbauen, z.B. wird es Wiedereinstiegs- und Kontaktstipendien geben für junge Forscher in der Familiengründungsphase, und wir werden auch unser dezentrales Energieerzeugungsprinzip weiter beibehalten und ausbauen, weil es nicht nur eine wichtige Aufgabe der Nachhaltigkeit, also für unsere Umwelt ist, sondern gleichzeitig auch ein wichtiges wirtschaftspolitisches Feld.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zweite zentrale Feld, bei dem wir in den letzten Jahren und eigentlich seit 1990 sehr erfolgreich gearbeitet haben, ist das Thema Bildung. Thüringen ist ein Bildungsland innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, das einen hervorragenden Namen und hervorragende Ergebnisse hat.
Ich weiß, dass für Bildung nicht nur die Schule die Aufgabe erfüllt. Da ist die Familie zu nennen, da sind die Kindertagesstätten zu nennen, da sind die Schule, die Ausbildung, die Hochschule, aber auch das lebensbegleitende Lernen, die Erwachsenenbildung zu nennen. All diese tragen erheblich dazu bei, dass wir erfolgreich sind und bleiben. Aber - keine Frage - ein wesentliches Fundament prägt die Schule. Deshalb will ich das hier einmal ganz klar und auch unmissverständlich sagen: Wir haben von Beginn an, seit 1990, und gerade auch in den letzten Jahren mit Vehemenz auf klare Strukturen, auf Leistung und auf Kontinuität gesetzt. Wir haben keine ständigen Strukturdebatten geführt, sondern wir haben uns auf die Inhalte konzentriert und das werden wir auch weiter tun.
Die nationalen Ergebnisse, aber auch die internationalen Ergebnisse geben uns hier sehr recht. Ich muss hier sicher nicht die Details der einzelnen Studien darstellen, weil sie oft auch Inhalt von Landtagsdebatten waren. Aber wenn wir bei PISA, diesem internationalen Vergleich, gerade im Blick auf mathematisch-naturwissenschaftliche Kenntnisse, aber auch darüber hinaus, wenn wir bei IGLU Fertigkeiten des Lesens, des Verstehens in der Grundschule, wenn wir im Bildungsmonitor des letzten Jahres und bei der Bertelsmann-Studie deutlich in die Spitzengruppe in Deutschland und darüber hinaus gewertet werden, dann ist ein Beweis, dass die Lehrerinnen und Lehrer eine exzellente Arbeit machen, aber auch dass die Strukturen und generell die Inhalte stimmen. Auf dem Weg werden wir weitergehen.
Ich finde, wir sollten auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern und damit auch uns als Landtag und uns als Regierung sagen, dafür war ein Einsatz notwendig. Thüringen investiert im bundesweiten Vergleich das meiste Geld in Bildung - 6.400 € pro Schüler in den allgemeinbildenden Schulen. Das sind im Übrigen 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deutschland steht derzeit bei 2,9 Prozent. Die OECD-Studie sagt, dass die OECD im Durchschnitt bei 3,6 Prozent steht. Das heißt, wir haben auch eine klare Priorität in diesem Landtag immer wieder beschlossen, nämlich für Bildung mehr zu tun als andere.
Nun weiß ich und jeder weiß das, dass es im Einzelfall immer Probleme und Defizite gibt. Trotzdem ist es doch eine sehr positive Botschaft, wenn wir sagen können, wir haben die beste Lehrer-SchülerRelation in allen Schulformen und allen Jahrgängen in Deutschland. Sie ist auch ein sehr gutes Beispiel für diese Leistungsfähigkeit, dass wir heute Spezialschulen haben, die nationalen und internationalen Ruf haben. Schauen Sie sich die aktuellen Sprachenwettbewerbe an und das Abschneiden unserer Schule in Schnepfenthal, dann werden Sie ein aktuelles Beispiel hören und genau das Gleiche kann man für unsere mathematisch-naturwissenschaftlichen Schulen in Jena, Erfurt und Ilmenau sagen oder auch für die exzellent arbeitende Spezialschule für Musik und im Sport ist es selbstredend, sowohl in Jena wie in Erfurt, aber vor allen Dingen auch in Oberhof sind die Ergebnisse am Ende auch Ergebnisse, die insgesamt dem Freistaat eine wichtige Unterstützung bieten. Dass wir auch in den letzten Jahren die veränderte Wirklichkeit, also mehr Ganztagsan
gebote nicht nur erlebt haben, sondern gestaltet haben, darf man als positives Ergebnis auch sagen, offene Ganztagsschule - 63 Prozent aller Grundschüler besuchen dieses Ganztagsangebot. Dass wir inzwischen eine offene Schuleingangsphase haben, um flexible Antworten zu geben, beweist auch, dass wir den inhaltlichen Veränderungsprozess gestalten; und dass wir inzwischen einen Bildungsplan als Orientierungsplan von 0 bis 10 Jahren haben, beweist doch, dass wir z.B. keine Grenze und keine Übergangsprobleme sehen wollen zwischen Kindertagesstätte und Schule, das ist ein Kontinuum, und dass wir inzwischen auch die Eigenverantwortung der Schule als wichtiges Grundprinzip weiterentwickeln, weil hier die Qualitätsentwicklung vorangebracht und weiter stabilisiert werden kann, das ist entscheidend. Worüber ich sehr froh bin, dass wir die kommunale Bildungsverantwortung weiter stärken, indem wir Schule und Sozialraum vernetzen. Es gibt dazu Modellprojekte und die Pilotprojekte und auch die Weiterentwicklung der Sekundarstufe II, also der Oberstufe der Gymnasien, zu mehr Verbindlichkeit. Das ist ja ein von uns immer wieder und schon sehr lange verfolgtes Ziel, das leider aufgrund der Gesamtabkommen innerhalb der Kultusministerkonferenz nicht so einfach zu verwirklichen war. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt einen guten Schritt vorangekommen sind und auch dass wir den Einstieg z.B. für Kinder, für Jugendliche im Blick auf Natur und Technik noch einmal neu weiterentwickeln durch das Fach „Mensch-Natur-Technik“ zeigt, dass wir die inhaltliche Profilierung der Schule im Blick haben. Ich bin sehr dankbar und erlebe das auch draußen, dass im Grundsatz die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler diesen Wert erkennen und diesen Wert auch weitertragen und deshalb bleiben wir dabei, wir brauchen keine Einheitsschule, wir brauchen eine differenzierte Schullandschaft, wir brauchen keine Strukturdebatten, sondern brauchen Qualitätsdebatten und wir müssen weiter das hohe Maß an Durchlässigkeit auch an Leistungsfähigkeit messen. Deshalb ist es für die nächsten Jahre wichtig, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer weiter stärken und dass wir dafür Sorge tragen, dass wir immer mehr junge Lehrer, um den Generationswechsel auch zu gestalten, in die Schulen bekommen, deshalb ist der Einstellungskorridor von 100 jungen Lehrern pro Jahr ganz entscheidend. Es ist auch wichtig und ich danke dafür, dass es einen guten Kompromiss gibt im Blick auf die sogenannten Floatingverträge. Das zeigt, dass Lehrer, Gewerkschaften und auch Kultusministerium an dieser Stelle zu einem gemeinsamen Kompromiss in der Lage und fähig waren. Das schafft Sicherheit für die Zukunft.
Ich finde, wir sollten, weil wir das ja auch als eigenständiges Politikprinzip in Thüringen von 1990 an ganz allein gestaltet haben und die Verantwortung tragen als föderalistisches Land, diesen Wert immer wieder nach außen vermitteln. Deshalb bin ich dankbar, dass wir da zum einen im Konzert der jungen Länder erfolgreich sind, aber auch ganz eigenständig als Thüringen.
Von Manfred Prenzel, den die meisten hier kennen, der Leiter der PISA-Studie war, ist zu lesen: „Man besinnt sich dort“, also in den jungen Ländern, „auf das Kerngeschäft des Unterrichts und man spart sich Debatten über komplizierte Schulsysteme.“ Das heißt, es wird sehr, sehr deutlich, dass es richtig ist, dass wir den Inhalt, die Qualität und das Kind im Mittelpunkt gesehen haben. Er sagt weiter: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass wir auch im bestehenden System an Qualität gewinnen können. Man kann deshalb nur vor unüberlegten Maßnahmen warnen. Länder wie Thüringen und Sachsen sind positive Beispiele dafür, wie behutsam man Strukturen verändern kann, ohne einen Einbruch bei den Leistungen zu verzeichnen. Diese Länder sind dabei sehr erfolgreich.“ Das ist wegweisend auch für die Zukunft.
Ein drittes besonderes Standbein oder eine dritte wesentliche Säule, auf der unsere Perspektive weiterentwickelt werden kann, ist das Hochschul- und Forschungsland Thüringen. Neben den vorhin schon genannten wichtigen Forschungseinrichtungen, die außeruniversitär und wirtschaftsnah sich entwickelt haben und die wir unterstützen, sind dann natürlich besonders unsere Hochschulen, unsere Fachhochschulen, unsere Universitäten und die Berufsakademien zu nennen. Unser Weg in den letzten Jahren war ganz eindeutig davon gekennzeichnet, dass wir die Autonomie der Hochschulen weiterentwickeln wollten und auch weiterentwickelt haben, weil damit die Attraktivität der Hochschulen und das wissenschaftliche Leistungsprofil, aber auch das Profil bei Forschung und Lehre weiter gestärkt werden konnte. Die Eigenständigkeit hat eine gute Entwicklungsresonanz und eine gute Entwicklungsgrundlage geschaffen. Gleichzeitig hatten wir einen Aufbauprozess zu gestalten. Ich erinnere noch einmal daran: Thüringen hatte 1990 etwa 14.000 Studierende. Wir haben mit Wintersemester 2008/09 52.347 Studierende. Das heißt, ein gewaltiger Aufbau- und Veränderungsprozess war zu gestalten. Ich will jetzt nur beispielhaft eine aktuelle Studie nennen; Gleiches könnte man auch für die Technische Universität Ilmenau, die Bauhaus-Universität, die Universität Erfurt, die Fachhochschulen oder auch die Berufsakademien nennen. Das Centrum für Hochschulentwicklung und DIE ZEIT 2009 haben der FriedrichSchiller-Universität Jena in fast allen Fächern vordere
Plätze im Vergleich zu anderen Lehrstätten bescheinigt. Das heißt, die Investitionen seit 1991, immerhin 1,5 Mrd. €, aber auch die Konzentration auf Forschung und Lehre und der Ausbau und Aufbau im Blick auf neue hochschulische Disziplinen haben sich als beispielgebend erwiesen. Deshalb werden wir auch in Zukunft ein Forschungs- und Hochschulland bleiben und unsere ganze Kraft auf den Ausbau und die Stabilisierung dieses Forschungs- und Hochschullands legen.
Zwei Beispiele aktuell: Wir haben vor wenigen Monaten entschieden, eine zusätzliche Ingenieurausbildung durchzuführen. Wir sind die Ingenieurschule in Deutschland. Nach den Entwicklungen, die in den letzten Jahren gestaltet worden sind, haben wir also neue Entscheidungen gefällt: 360 zusätzliche Ingenieure, die an den Fachhochschulen Erfurt und Jena ausgebildet werden. Wir sind zusammen mit Sachsen beispielgebend bei der Ingenieurausbildung. Wie wichtig das für die Wirtschaftsentwicklung ist, weiß jeder. Wir haben auch gemeinsam mit der Wirtschaft, mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen - übrigens einmütig und ohne jede Streitdebatte - unter der Überschrift „Exzellentes Thüringen“ immerhin ein Gesamtvolumen von fast 2,8 Mrd. € bis zum Jahr 2011 beschlossen, damit diese Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch weiter nicht nur an Stabilität gewinnen und sie erhalten, sondern damit sie ausgebaut werden können und damit am Ende die Wirtschaftsentwicklung und damit die Menschen in Thüringen davon profitieren.
Wir haben eine Thüringer Forschungsstrategie, die gerade die Clusterentwicklung und die Vernetzung mit den Hochschulen und der Wirtschaft im Blick hat. Wir haben im Fachkräftesicherungspakt ebenfalls die Aufgaben der Hochschulen definiert und wir haben auch die Autonomie der Hochschulen weiterentwickelt. Was jetzt in den nächsten Jahren entscheidend ist, ist zum einen, die sehr, sehr gute Forschungs- und Hochschullandschaft der sich in Thüringen entwickelnden verschiedenen Hochschulen und Fachhochschulen und der Berufsakademien national und international noch stärker zu vermarkten. Dazu dient der Hochschulpakt 2020, den wir mit der Bundesregierung gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
Zum Zweiten ist es wichtig, dass wir weiter werben für dieses Angebot innerhalb Deutschlands und auch international. Deshalb bleibt es wichtig, dass wir einen Campus Thüringen haben, der in seiner Vielfalt, aber auch in seiner Eigenständigkeit vermit
telt wird; wir bleiben auch dabei, dass es keine Studiengebühren gibt, weil damit natürlich die Attraktivität des Studienstandorts Deutschland und konkret des Studienstandorts Thüringen in den nächsten Jahren differenziert vermarktet werden kann. Unser wichtiges Ziel zusammen mit den Hochschulen ist es, dass wir die Campus-Idee weiterentwickeln, denn wir müssen es realisieren, dass in Thüringen junge Menschen gleichzeitig an mehreren Thüringer Hochschulen studieren können. Das heißt, wir brauchen einen einheitlichen Thüringer Studentenausweis, das Campus-Thüringen-Ticket, weil dadurch die Qualität für die Forschung und Lehre, aber auch die konkreten Studiermöglichkeiten deutlich verbessert werden. Auch wir werden uns dafür einsetzen, dass wir sogenannte Seniorprofessuren einrichten, denn das Wissen, die Fähigkeiten, die Talente der heute vielleicht 65-jährigen Professorinnen und Professoren, die in Thüringen vorhanden sind, sind zu nutzen für die Zukunft. Deshalb werden wir eine solche Seniorprofessurentwicklung ermöglichen.
Ganz entscheidend ist, dass wir sowohl bei Bildung, Schule, aber auch bei Hochschule, Forschung und Entwicklung immer wieder die Leistung als wesentlichen Parameter erhalten und an der Leistung - individuell wie generell - auch den Erfolg, die Durchlässigkeit, die Entwicklung messen. Das ist gerade in dieser Krisenentwicklung ganz entscheidend. Deshalb wollen wir auch keine Experimente an dieser Stelle zulassen. Dass das aus Sicht der Wirtschaft genauso gesehen wird, das will ich an einem Zitat deutlich machen, dass ich bei Dr. Mertin, dem Vorstandsvorsitzenden der Jenoptik AG, gelesen habe. Er ist gerade in dieser Krise, die auch an Jenoptik nicht vorbeigeht, wie wir aktuell lesen konnten, gefragt worden zum Thema Krise und die richtige Unternehmensstrategie. Zu einem mangelnden Leistungsanreiz in der staatlichen Ausbildung in den alten Ländern meint Dr. Mertin im Hinblick auf Thüringen: „Auch in Thüringen?“, so die Frage, „Nein, hier steht das Leistungsprinzip viel mehr im Vordergrund. Schon in den Schulen ist die Orientierung auf Leistung, Disziplin und Anerkennung ausgeprägt. Auch außerschulisch wird Anreiz für Leistungen geschaffen, sei es bei Physik- oder Mathematikolympiaden, bei Sportwettbewerben.“ Das heißt, auch die Wirtschaft erkennt sehr zu Recht, die Leistungsfähigkeit der Thüringer Schulen und der Thüringer Hochschulen ist entscheidend für den Erfolg der Thüringer Unternehmen und damit Thüringens insgesamt. Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen.
Ganz wesentlich - und gerade auch in dieser sich neigenden Legislaturperiode ist es deutlich zu sagen - war für uns die Entscheidung, dass wir Familienland Nummer 1 in Deutschland werden und dass wir dafür alles tun. Das soll ein besonderes Markenzeichen in Thüringen auch bleiben. Wir wollen Familienpolitik vom Kind aus und für den Freistaat weiter gestalten und wir sind dankbar, dass wir inzwischen in Deutschland entscheidende Punkte gesetzt haben, die von anderen nachentwickelt werden.
Dass wir als einziges Land in der Bundesrepublik Deutschland ein einkommensunabhängiges Betreuungsgeld als Erziehungsgeld zahlen, ist dafür ein wesentlicher Bestandteil gewesen. Ich bin dankbar, dass auf unsere Initiative hin die Große Koalition in Berlin entschieden hat, ab 2013 ein Betreuungsgeld auch bundesweit einzuführen. Dass wir kein anderes Flächenland in Deutschland haben, das mehr Geld pro Kindertagesstättenplatz ausgibt, ist ebenfalls ein Beweis für die besondere Prioritätensetzung hier im Thüringer Landtag und in unserer Politik.
Es ist auch erlebbar, dass sich das in der konkreten Kinderbetreuungsquote niederschlägt: für die Kinder von einem bis unter zwei Jahren eine Besuchsquote, die ihre Beispiele sucht, mit 34,6 Prozent, Kinder von zwei Jahren bis drei Jahren schon eine Besuchsquote von 76,1 Prozent und Kinder im Alter von vier Jahren bis zur Grundschule eine Besuchsquote von 98,3 Prozent. Dass wir eine Infrastrukturpauschale zahlen, 1.000 € für jedes neugeborene Kind an die Kommune, ist auch eine wichtige Leistung für die Familien, für die Familienausrichtung in den Kommunen. Kein anderes Land hat bereits seit 2006 einen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz ab zwei Jahre. Wir leisten mit unserer Stiftung FamilienSinn ganz entscheidende Unterstützung für die Familien, für die Familienbildungsangebote, für die Familienerholung, für die Familienzentren und Investitionen in Einrichtungen der Familien und auch für die Elternakademie. Deshalb werden wir diesen Grundsatz weiterverfolgen; wir bleiben Familienland, weil: Wer auf Familie setzt, setzt auf Zukunft eines Landes.
Im Übrigen, weil ich das jetzt oft auch in der Öffentlichkeit als Diskussionsthema erlebe, wundert mich, dass wir nicht verfassungstreu in Thüringen hier im Landtag einmütig sind, denn unsere Verfassung spricht eine ganz klare Sprache, die wir damals bis auf die damalige PDS alle miteinander unterstützt haben und die auch eine große Zustim
mung in einer Volksabstimmung bekommen hat. In unserer Thüringer Verfassung in Artikel 17 steht neben der Priorität, Ehe und Familie als besondere Aufgabe für die staatliche Ordnung zu definieren, in Absatz 2: „Wer in häuslicher Gemeinschaft Kinder erzieht oder für andere sorgt, verdient Förderung und Entlastung.“
Das heißt, unsere Verfassung ist vollkommen eindeutig, Priorität und Entscheidungskompetenz haben die Eltern und wir müssen sie dabei unterstützen und Angebote unterbreiten; wir dürfen aber diese Entscheidung nicht relativieren. Das ist Verfassungsgebot in Thüringen.
Wir werden diesen erfolgreichen Weg weitergehen. Wir haben gerade entschieden, dass wir 1.000 zusätzliche Fachkräfte für die Kinderbetreuung in den nächsten Jahren durch zusätzliche Förderung erreichen wollen. Wir haben entschieden, dass eine Landespauschale für alle Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr von 20 € pro Monat ab 1. August dieses Jahres und später dann 50 € pro Monat dazu beiträgt, und zum Zweiten, dass wir die Erhöhung der Landespauschale für Kinder unter einem Jahr, die eine Kindertagesstätte besuchen, auf 120 € ab 1. August und dann später auf 150 € als Stärkung vornehmen. Wir wollen die Bezugsdauer für das Erziehungsgeld verdoppeln. Wir werden wiederum als einziges und erstes Land in Deutschland den Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz schon ab dem 1. Geburtstag festlegen. Wir werden in den nächsten Jahren über 150 Mio. € in den Ausbau von Kindertagesstätten investieren. Das heißt, diese wichtige Aufgabe, Familienland in Thüringen, Familienland auch für Deutschland, nehmen wir ernst, weil wir damit natürlich auch die Grundlage unserer Gesellschaft stärken. Deshalb ist es ganz offensichtlich, dass diese Familienoffensive die Attraktivität des Landes insgesamt gestärkt hat, denn die Wirtschaft hat in ihrer Allianz für Familie mit uns entschieden, sich genau auf dieser Grundlage bereit zu erklären, ihre konkreten Möglichkeiten zu nutzen, Flexibilität im Unternehmen, in der Unternehmensorganisation zu ermöglichen etc., um für junge Familien diese Entscheidung, in Thüringen zu Hause zu sein, Arbeit zu haben, aber auch Familienentwicklung zu organisieren, zu verbessern. Ich will deutlich sagen, auch wenn es auf geringem Niveau ist: Dass wir im Jahr 2008 gegen den Bundestrend eine gestiegene Geburtenzahl haben, sollte uns alle erfreuen und beweisen, wir sind da auf dem richtigen Weg.
Auch wenn man die Entwicklung, wie entscheiden sich jetzt Eltern, weil das oft diskutiert wird, genauer betrachtet, ergibt sich ein klares Bild, das für unsere Politik spricht. Allein die Betreuungsquote der Zweijährigen ist als Beispiel prägnant. Im Jahr 2005 lag die Betreuungsquote der Kinder im 3. Lebensjahr bei 50 bis etwa 55 Prozent. Aktuell liegt sie bei über 75 Prozent, das heißt, die Eltern sowie die Alleinerziehenden entscheiden sich für die Entwicklungsperspektive ihres Kindes und auch für ihre eigene Entwicklungsperspektive. Deswegen braucht es an dieser Stelle keinen eingreifenden Staat, sondern einen Staat, der Hilfe leistet, damit diese Einstellung und Einschätzung für das Kind positiv getroffen werden kann.
Auch die Entscheidung, dass wir einen Bildungsplan als Orientierungsperspektive zusammen mit anderen Institutionen vorgelegt haben, zeigt, dass es auf die Qualitätsdiskussion ankommt und nicht auf die Quantitätsdiskussion.
Ich will aber auch das Stichwort „Kinder und Armutsrisiko“ kurz ansprechen. Ich glaube, wichtig ist, darauf zu achten, dass wir immer im Einzelfall Hilfe leisten, Eltern, Alleinerziehenden und da, wo Kinder in Not sind allemal. Es war richtig, dass wir durch das Thüringer Erziehungsgeld auch die Stärkung der finanziellen Basis der Familien bewirkt haben, denn damit wird insgesamt auch der Wert der Familie in der Gesellschaft deutlich. Ich bin auch dankbar, dass wir mit dem entsprechenden Kinderschutzgesetz im letzten Jahr die verbindliche Sorge für die Kinder verstärken konnten - Vorsorgeuntersuchungen sind verbindlich geregelt, es gibt Angebote für Hilfesuchende, Familienhebammen. Es ist die Zusammenarbeit von Ärzten, von Jugendämtern, Familiengerichten und Polizei noch einmal weiterentwickelt und gestärkt worden. Wir alle - ich denke, dass das nicht nur unsere Überzeugung ist, sondern dass das auch eine übergroße Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer so sieht - sind fest davon überzeugt, dass in einer freiheitlichen Gesellschaft im Ordnungsgefüge insgesamt nicht die Politik, nicht die Wirtschaft, nicht möglicherweise nationale und internationale Gremien zuallererst zu nennen sind, sondern im Ordnungsgefüge einer freiheitlichen Gesellschaft steht im Zentrum und im Fundament die Familie. Deshalb bleiben wir Familienland und werden dafür auch in Zukunft alles tun.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine besondere Wertschätzung und auch eine besondere Entwicklungsperspektive hat unser ländlicher Raum. Über 75 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer
leben in Landkreisen, im ländlichen Raum. Natürlich sind die Städte, die Metropolen entscheidende Impulsgeber für wirtschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle Entwicklung. Aber der ländliche Raum bietet besondere Chancen wie selbstbewusste Kommunen, erfolgreiche Landwirtschaft im ländlichen Raum und starker ländlicher Raum. Das ist eine ganz entscheidende Wegweisung für uns gewesen, deshalb wollen wir auch, dass dieser ländliche Raum strukturell seine Entwicklungsperspektive erhält, und deswegen wollen wir nicht die kommunalen Strukturen immer wieder durch neue mathematische Modelle verändert sehen, sondern die Landgemeinde ist genau die richtige Perspektive für den ländlichen Raum.
Hier gibt es demokratische Teilhabe, hier gibt es die Integration in Vereine und die Entwicklung durch Vereine und Verbände, bürgerschaftliches Engagement und hier wurzelt auch für die Wirtschaftsstruktur Thüringens die entscheidende Kraft, nämlich die Land- und die Ernährungswirtschaft, die nach der Automobil- und Zulieferindustrie zweitstärkste Wirtschaftsbranche in Thüringen ist. Immerhin sind 54 Prozent der Gesamtfläche Thüringens auch Landwirtschaftsfläche, das heißt genutzte Fläche durch die Landwirtschaft. Deswegen sind wir sehr dafür, dass diese landwirtschaftliche Struktur auch zentrale Aufgabe der Thüringer Landespolitik bleibt. Deswegen stehen wir zu unseren Landwirten, zu unseren Ernährungswirten. Deswegen sind wir im Übrigen gegen anonyme kommunale Großstrukturen, weil Land- und Ernährungswirte in ihrer Landschaft, in ihren Dörfern, in ihren Städten ganz entscheidend sind und auch kommunalpolitisches Engagement erbringen. Wir bleiben also dabei, Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, ländlicher Raum brauchen eine überschaubare und auch eine ordnende Struktur. Deswegen sind wir gegen Großstrukturen, die Anonymität mit sich bringen.
Die FörderInitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen, die beschlossen wurde für 2007 bis 2013, setzt dazu klare Festlegungen. Wir haben aktuell mit dem „Zukunftsprogramm Milch“, das vor wenigen Wochen erst entschieden worden ist, ein weiteres Element entwickelt, das gerade in dieser Situation den Landwirten Hilfe gibt, um z.B. Investitionsförderung in den Milchbetrieben zu betreiben.
Was besonders entscheidend ist, dass wir auch bei Landwirten auf die Perspektive mit Blick auf junge Menschen sehr viel Wert gelegt haben. Die Ausbildung ist ein wesentliches Element der Politik der letzten Jahre gewesen. Wir haben sehr erfolgreich einen doppelqualifizierenden Bildungsgang in Schwerstedt initialisiert, Ausbildungen zum Tierwirt oder Landwirt zusammen mit der Abiturprüfung. Das bedeutet auch Entwicklungsperspektive für junge Menschen. Wir werden die Fachschule in Stadtroda sanieren und wir planen auch einen agrarwissenschaftlichen Lehrstuhl an der Fachhochschule Erfurt. Wir stehen, das will ich hier ganz klar sagen, auch zur Grundstruktur unserer landwirtschaftlichen Betriebe und haben ein klares Bekenntnis zur grünen Gentechnologie, ein klares Bekenntnis auch zur intensiven Tierhaltung und auch ein klares Bekenntnis zum Land- und zum Energiewirt; das zeichnet unsere Politik aus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein paar besondere Projekte symbolisieren diesen Einsatz für den ländlichen Raum, für die Attraktivität, die sich damit auch für Freizeit und Tourismus entwickelt, besonders. Wir haben uns erfolgreich, und das über eine ganz lange Zeit, dafür eingesetzt, dass das Grüne Band erhalten bleibt und dass das Grüne Band übergeben wird, und es ist in Thüringen zuallererst übergeben worden, weil Thüringen an dieser Stelle die ganzen Jahre über mit Nachdruck gearbeitet hat, dass diese Narbe der Geschichte nicht einfach übergangen wird, sondern dass sie ein Grünes Band der Erinnerung in Deutschland und später sogar in Europa wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Jahr 2007 - viele waren dabei - haben wir in Gera-Ronneburg eine Bundesgartenschau erleben dürfen, die wir entschieden haben für diese Region, bei der auch sichtbar wurde, wie man einer ganzen Landschaft wieder ein zukunftsfähiges Gesicht geben kann. Denn der Uranabbau in dieser Ostthüringer und westsächsischen Region hat nicht nur den Menschen geschadet, sondern der ganzen Landschaft und hätte die Zukunftsperspektive erheblich eingeschränkt. Dass wir diese Sanierung in den frühen 90er-Jahren als Großsanierung in Deutschland unter Helmut Kohl beschließen konnten, war entscheidend, aber auch, dass wir die Bundesgartenschau für diese Region entscheiden konnten, hat den Lebenswert und die Anziehungskraft der ganzen Region gestärkt.
Auch beim Thema Nachhaltigkeit haben wir durch besondere Projekte gute und wegweisende Entscheidungen gefällt. Ich denke an die nationalen Naturlandschaften, an die Biosphärenreservate, die Naturparke und jetzt ganz aktuell auch an unseren Nationalpark Hainich mit Baumkronenpfad, der sich als Besuchermagnet entwickelt hat, also nicht nur den Umweltgedanken, den wir dort verfolgen, maßgeblich unterstützt, sondern gleichzeitig auch als Fremdenverkehrs- und Tourismuswert gesehen werden kann und gesehen werden muss. Wenn wir in diesem Jahr beim Landesprojekt „Mensch, Natur und Städtebau“ in Bad Langensalza das einmal verknüpft betrachten, dann wird, glaube ich, ganz deutlich, dass Natur und wirtschaftliche Erfolge nicht gegeneinander stehen, sondern miteinander gehen; sie dienen den Menschen und der Zukunft Thüringens.
Weil der BUND oft auch möglicherweise kritisch zu uns zitiert wird, will ich einmal sagen, was Prof. Weiger, der Vorsitzende des BUND, anlässlich der „10 Jahre Nationalpark Hainich“ im letzten Jahr formuliert hat: „Thüringen hat mit der Ausweisung des Nationalparks Hainich Naturschutzgeschichte geschrieben, der damit zur ersten mitteleuropäischen Arche Noah der Buchenwälder geworden ist. Bei der Bewahrung unseres Naturerbes sind Sie in Thüringen und im Nationalpark Hainich auf einem guten Weg. Der Dank des deutschen Naturschutzes gilt dem Bundesland Thüringen für ein vorbildliches Handeln.“
Das ist eindeutig. Der ländliche Raum braucht Impulse für weitere Entwicklungen; das wird Aufgabe bleiben. Ganz entscheidend war und ist die Dorferneuerung. Wir haben inzwischen 1.768 Gemeinden von den 2.669, also weit mehr als die Hälfte, fast 70 Prozent, die durch die Dorferneuerung in ein ganz neues Licht gehüllt sind. Jeder spürt das tagtäglich. Deshalb war es richtig, sehr viel Geld in die Dorferneuerung zu investieren, weil es eine umfassende Gestaltung des Dorfes, der dörflichen Landschaft mit sich gebracht hat. Es war und ist auch richtig, dass wir uns jetzt verstärkt dafür einsetzen, dass die modernen Medien und die Zugänge zu den modernen Medien überall verfügbar sind. Deswegen haben wir eine Förderinitiative des Landes zur Breitbandversorgung im ländlichen Raum gestartet, die die Bundesinitiative ebenfalls nutzt. Wir haben bei der Landesentwicklungsgesellschaft ein Beratungs- und Kompetenzzentrum und wir werden dafür auch GA-Mittel einsetzen. Unser Ziel ist es, bis 2012 in jeder Thüringer Gemeinde eine entsprechende Versorgung zur Verfügung zu stellen. Das ist wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung, auch die landwirt
schaftliche Entwicklung, aber genauso wichtig auch für die generelle Attraktivität im ländlichen Raum, eine wichtige und der Zeit angemessene Entscheidung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein sehr aktuelles Thema, das auch für diese zwei Plenumstage auf der Tagesordnung steht, ist Wasser und Abwasser. Als vor fünf Jahren in einigen Regionen Thüringens der Unmut der Menschen, im Übrigen sehr zu Recht, gegen sehr hohe Beiträge artikuliert wurde, war eines doch ganz offensichtlich: Wir haben hier eine Erblast nach 40 Jahren Sozialismus, dass nicht investiert worden ist in Wasserversorgung und auch nicht in Abwasserbehandlung, sondern dass auf Kosten der Umwelt und damit auf Kosten der Menschen und gerade in den ländlichen Räumen einfach Politik der Verteilung betrieben wurde, die wir gemeinsam aufzuheben haben. Diese Erblast bleibt eine Aufgabe für uns auch in der nächsten Legislaturperiode, dass wir sie gemeinsam bewältigen.
Deshalb bin ich dankbar, dass das Landesverfassungsgericht uns beim Thema Wassergebührenabschaffung bestätigt hat. Wir werden jetzt, wie die Gesetzesvorlage mit dem Beitragsbegrenzungsgesetz der CDU-Fraktion deutlich macht, beim Thema Abwasser die Privilegierung im Grundsatz beibehalten. Wir werden deutlich machen, dass es wichtig ist, zukünftig genau zu prüfen, was ist notwendig und was ist auch zweckmäßig aufgrund der Landschaft, der Entfernung etc. Manchmal sind dezentrale Anlagen die bessere Lösung als zentrale Anlagen, weil damit der Umwelt genauso Gerechtigkeit widerfährt, gleichzeitig aber auch die Kostenstruktur besser organisiert werden kann. Wir werden diese Entwicklung zum einen deshalb organisieren, damit Gerechtigkeit denen widerfährt, die auch jetzt in einer Beitragssituation sind. Ich will aber ganz klar sagen, wir haben uns auch deshalb dafür entschieden, weil das für uns eine Überwindung der Benachteiligung des Eigentums im ländlichen Raum ist. Wir wollen auch in Zukunft, dass in unseren Dörfern die Menschen ihr Eigentum haben können und auch weitervererben können, ohne dass sie Angst haben, dass sie durch überhöhte Beiträge das Eigentum verlieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben eine wichtige Aufgabe gehabt in Thüringen im Wohnungs- und Städtebau, die Infrastruktur in diesem grünen Herzen Deutschlands, in der Mitte Europas weiterzuentwickeln. Die ersten großen Entscheidungen sind gleich 1990, 1991, 1992 von der Thüringer Landesregierung und der Bundesregierung sehr gut getroffen worden. Es sollte uns alle
erfreuen, dass wir heute Lebensadern in Thüringen haben, die für uns Zukunftsadern bedeuten, fast eine Entwicklung, die so nicht vorstellbar war, und wenn man die Entwicklung in den alten Ländern betrachtet, dass wir eine sehr große Entwicklungschance nur dadurch erhalten haben, dass wir mutig waren, andere Wege zu gehen. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz ist da ein Beispiel. Wir haben im Jahr 1990 250 Kilometer marode Autobahnen in unserem Land gehabt. Wir werden zum Ende des Jahrzehnts 530 Kilometer ausgebaute Autobahnen haben, das heißt von jedem Ort Thüringens zur Autobahn etwa 30 Minuten. Wir haben dafür viel Kraft eingebracht, insgesamt viel Steuergeld investiert innerhalb Deutschlands. Wir haben aber auch viele Widerstände überwinden müssen. Ich erinnere mich noch gut an den Ausbau und die Pläne zum Ausbau der Thüringer Waldautobahn. Da standen wir politisch ganz allein und wir haben es durchgesetzt und es war richtig für Thüringen.
Die Investitionen in die Fernstraßen, aber auch in die Schieneninfrastruktur sind zu nennen, und was mir jetzt besonders wichtig ist, ist der Bau von Ortsumgehungen. Ich nenne die zwei aktuellen Beispiele Sondershausen und Bad Langensalza, die das schon beweisen, wie wichtig das ist auch für den Lebenswert in den Städten. Wir haben ein Radwegeverkehrskonzept, das für Freizeit und Tourismus wichtig ist, aber auch für die umweltfreundliche Mobilität. Wir haben beim Städtebau und bei der Wohnungsentwicklung eine gute Entwicklungsgrundlage in den letzten Jahren geschaffen;wir haben mit 49 Prozent die höchste Wohneigentumsquote in den jungen Ländern. Das heißt, wir beweisen damit auch, wir setzen wieder auf das Eigentum und die Verantwortung der Menschen für ihr Eigentum und deswegen war es richtig, für die Wohnungs- und die Städtebaupolitik so viel Geld zu investieren und mit konkreten Entwicklungsperspektiven auch die Städte und gerade die größeren Regionen attraktiv weiterzuentwickeln. Die besonderen Beispiele kennt jeder in Thüringen und wir bleiben dabei: Es bleibt die Aufgabe in der nächsten Legislaturperiode, den Wohnungs- und den Städtebau weiterzuentwickeln, das heißt auch Rückbau, das heißt auch Veränderungen in den Regionen. Ich bin auch dankbar, dass wir ein Landesstraßen-Erhaltungsprogramm auf den Weg bringen konnten. Denn auch hier bleibt eine wichtige Aufgabe, dass wir neben den großen Verkehrsadern auch die kleinen Verkehrsadern so ertüchtigen, dass dieses Land ein Land der Mobilität, der Heimat und auch der schönen Landschaften bleibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Attraktivität Thüringens tragen auch weitere Politikbereiche bei, die ich nur nenne, weil sie häufig auch mit besonderer Aufmerksamkeit im Mittelpunkt gerade der Debatten der letzten Wochen und Monate standen.
Thüringen ist das Kindermedienland in Deutschland. Dass wir heute der Kindermedienstandort Nummer 1 sind, beweist, dass die Entscheidung in den 90erJahren richtig war, auf diese Kindermedien zu setzen. Wir spüren jetzt, dass es immer wichtiger wird, weil natürlich neue Mediennutzung hinzutritt, die wir dann gleich mit beeinflussen können. Wir haben vier Medienprofessuren neu errichten können in Erfurt und in Ilmenau, die dafür zusätzliche wissenschaftliche Kraft entwickeln und in der Lehre aktiv sind. Deshalb bin ich auch dankbar, dass wir nach der Eröffnung des Kindermedienzentrums 2007 entscheiden konnten, dass noch in diesem Sommer, im Jahr 2009, der Baustart für den Erweiterungsbau des Kindermedienzentrums erfolgt. Thüringen: Kindermedienland in Deutschland und in der Perspektive auch Kindermedienland in Europa.
Ein zweiter wichtiger Aufgabenbereich war es, das Kulturland Thüringen weiter zu profilieren und auch die Entwicklungschancen immer wieder mit neuen Impulsen zu versehen. Unser Kulturland ist reich, das weiß jeder und jeder hat seine eigenen Beispiele aus seiner Region. Da sind es die Schlösser, die Burgen, die Theater, die Orchester mit besonderer Strahlkraft, aber auch die Residenzen, die Garten- und die Parkanlagen sowie die vielen Bau- und Kulturdenkmäler, über 30.000 allein in Thüringen. Aber es ist auch die Breitenkultur, die in den Dörfern, in den Städten, in den Vereinen gewachsen ist, die häufig Brauchtum übernehmen oder auch Neues entwickelt haben, die den Reichtum ausmacht. Deshalb ist es doch gut und wir sollten das gemeinsam auch unterstreichen: Thüringen ist eines der Länder mit den höchsten Kulturausgaben im Ländervergleich, ca. 100 € pro Einwohner. Wir stehen zu unserer Kulturlandschaft und wir fördern sie auch.
Wir haben, wenn es um Denkmalschutz und Denkmalpflege geht, die zweithöchste Ausgabenquote in Deutschland, 8,90 € pro Einwohner. Wir haben in dieser Legislaturperiode auch mit der Festschreibung der Landesfinanzierung für Theater und Orchester in Höhe von rund 60 Mio. € den Rahmen gesichert, dass dieses dichte Netz von Theatern und Orchestern nicht nur erhalten bleibt, sondern sich die Strahlkraft nach innen wie nach außen weiterentwickeln kann, deswegen bleiben wir Kulturland. In
einem Jahr wie in diesem, wo wir 90 Jahre Bauhaus feiern dürfen, ist es, glaube ich, richtig zu sagen und es ist bewiesen durch diese Entwicklung, dass Kultur und wirtschaftliche Entwicklung eng beieinander liegen. Genau das wollte das Bauhaus, Kunst, Design, kulturelle Ausstrahlung mit industrieller Fertigung verbinden. Deshalb ist es schön, wenn wir in diesem Jahr, gerade im Jahr „90 Jahre Bauhaus“, sagen können, Thüringen ist ein Kulturland, weil Thüringen damit auch neben Heimat, Fremdenverkehr und Tourismus wirtschaftliche Potenziale erschließen und noch besser nutzen kann.
Dass wir das erste Bibliotheksgesetz in Deutschland haben, ist auch ein Beweis, dass wir weitergehen. Das ist vor wenigen Tagen hier in Erfurt von der Bibliotheksgesellschaft auch noch einmal deutlich gewürdigt worden. Dass wir mit der Landesausstellung zur Heiligen Elisabeth 2007 auch national große Aufmerksamkeit erzielt haben, ist ebenfalls zu vermerken. Auch dass wir die Neuausrichtung der Stiftung Weimarer Klassik auf den Weg gebracht haben und ein Kulturkonzept in die Fortschreibung 2005 hineinnehmen konnten, ist wichtig. Ich sage noch einmal ausdrücklich, das ist keine Fortschreibung, die nur im politischen Raum erfolgt, sondern ich bin dankbar für die Vorschläge aus Kulturverbänden, Künstlervereinen, der Landesarbeitsgemeinschaften und insgesamt der Kunst- und Kulturvereine.
Wir bereiten uns jetzt auf weitere besondere Höhepunkte vor. Das Franz-Liszt-Jahr 2011 ist ein weiterer Beweis für diese besonderen Höhepunkte, die wir vorbereiten. Ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Kulturland Thüringen, Mittelstandsland Thüringen, Familienland Thüringen, Bildungsland Thüringen, das sind alles Werte, die wir gemeinsam ererbt, aber auch gemeinsam geschaffen haben. Wir müssen alles dafür tun, dass sie erhalten bleiben für die Zukunft Thüringens.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade im Kontext des 17. Juni 1953, im Gedenken an den Volksaufstand und die Opfer, ist es, glaube ich, ganz offensichtlich, dass Freiheit der Sicherheit bedarf. Freiheit und Sicherheit sind wie zwei Seiten ein und derselben Medaille, deshalb bin ich dankbar, sagen zu dürfen: Thüringen ist ein sicheres Land, Land der Freiheit. Thüringen ist ein sicheres Land in der Bundesrepublik Deutschland und dafür sind vor allen Dingen die Personen zuständig und verantwortlich, die Tag für Tag dafür Sorge tragen in der Polizei und in der Justiz.
Das Risiko, in Thüringen Opfer einer Straftat zu werden, hat sich im Verlauf der letzten Jahre weiter verringert. Wir haben mit 64,5 Prozent die zweitbeste Aufklärungsquote nach Bayern. Thüringen ist nach Bayern und Baden-Württemberg das sicherste Land in Deutschland. Wir sind in einem deutlichen Abstand zu anderen neuen Ländern. Deswegen war es auch richtig, dass wir die Polizei weiter ausrüsten mit moderner und leistungsfähiger Technik, Einführung von Digitalfunk, so dass wir die Vernetzung von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften weiter verbessern können. Es ist auch richtig, dass wir bei der Polizeistruktur weiter optimiert haben, Kontaktbereichsbeamte für den ländlichen Raum, um das Stichwort zu nennen, und dass wir vor allen Dingen darauf Wert gelegt haben, dass bei der Weiterentwicklung der Polizeistruktur nicht theoretische Pläne von oben gemacht werden, sondern dass man die Polizeipräsenz vor Ort als entscheidenden Ausgangspunkt für innere Sicherheit auch in Zukunft bedenkt und erhält.
Deswegen haben wir von Anfang an deutlich gemacht, dass diese Polizeipräsenz vor Ort auch damit zusammenhängt, dass wir natürlich altersbedingte Abgänge durch Neueinstellungen kompensieren und dass wir vor allen Dingen auch bei der Organisationsstruktur dieses Prinzip beachten. Ich bin dankbar, dass wir auch Erfolge haben. Die Kriminalitätsbekämpfung, aber auch die Straftatenstatistik ist ganz eindeutig, dass wir Erfolge haben, wenn es um den Kampf gegen den Extremismus geht. Das ist deutlich zu nennen. Bei allem Ärger darüber, dass es Rechtsextreme bei der Kommunalwahl geschafft haben, in kommunalen Gebietskörperschaften erfolgreich zu sein, weil die 5-Prozent-Hürde weggefallen ist, bin ich dankbar, dass es keinen landesweiten Durchbruch rechtsextremer Parteien gab und hoffentlich auch in Zukunft nicht gibt. Ich bin dankbar der Thüringer Polizei, bin dankbar der Thüringer Justiz und ich bin dankbar den vielen Verantwortlichen, die präventiv ehrenamtlich bürgerschaftlich engagiert in den letzten Jahren dafür gesorgt haben, dass wir ein Land der Demokratie sind und bleiben, dass Extreme, im Besonderen Rechtsextreme, bekämpft werden und dass wir uns mit ihnen auseinandersetzen.
Gerade in diesem Jahr, in dem wir ja ein Jubiläum mit begehen „90 Jahre Weimarer Reichsverfassung“, ist es, glaube ich, sehr wesentlich zu betonen, dass diese Verfassung eine moderne, eine demokratische Verfassung war. Sie hat am Ende aber
nicht gehalten, was sie im Kern als wichtiges Ziel ausgesagt hat, nämlich für Demokratie den Rahmen zu sichern, weil die damaligen Demokraten keinen ausreichenden Zusammenhalt hatten. Deshalb bin ich auch dankbar, dass es den fraktionsübergreifenden Beschluss „Initiative für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt“ gibt. Aber ich bin vor allen Dingen auch dankbar, dass wir sehr, sehr viele Initiativen in Thüringen haben, die präventiv tätig sind. Ich bin auch dankbar, dass der Innenminister jetzt nach der Kommunalwahl mit einem Internet-Blog als Plattform eine Antwort gibt, damit man sich vor Ort in den Kommunen, in denen Rechtsextreme in kommunalen Gebietskörperschaften gewählt sind, mit den Erfahrungen, die wir und andere haben, auseinandersetzt, um mit diesen rechtsextremen Kräften sich so auseinanderzusetzen, dass sie in Zukunft keinerlei politische Chance haben.
Wir sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ein Land des Fremdenverkehrs und des Tourismus. Das hängt sehr mit unserer natürlichen Gegebenheit zusammen, mit der schönen Landschaft, mit den Gemeinden, mit den Städten, mit den Attraktivitäten, die uns gegeben waren und die wir genutzt haben, aber das hängt auch mit der Vermarktung der touristischen Angebote zusammen. Der Tourismus entwickelt sich gut. Allein im Jahr 2007 gab es einen wahren Run auf die Thüringer Städte mit einer Zuwachsrate von 6 Prozent. Bei den Übernachtungen und bei Übernachtungs- und Gästezahlen liegt Thüringen auf Platz 3 unter den jungen Ländern. Das zeigt, dass dieser Einsatz auch als wirtschaftspolitischer Einsatz wichtig war. Ich bin dankbar, dass wir inzwischen einige zusätzliche Potenziale haben, die wir nutzen können und auch nutzen werden. Die Wiederentdeckung des besonders langjährigen, viele Jahrhunderte alten jüdischen Erbes hier in Erfurt, in unserer Landeshauptstadt, ist ganz entscheidend für das Leben der Juden in Europa und konkret hier in Erfurt gewesen. Das wird ein besonderer Wert sein, den wir auch national und international vermarkten. Auch neue Flugverbindungen, als Beispiel Altenburg-Nobitz nach Edinburgh, bietet eine solche Chance. Wir werden auch das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 nutzen, 500 Jahre Reformation als Land der Reformation mit besonderen Orten der Reformation, um national und international die Chance zu nutzen, auf diese Wurzeln, die in Thüringen vorhanden sind, zu verweisen und damit die Attraktivität als Bildungs- und als Reiseland weiterzuentwickeln.
Ein wichtiger Schwerpunkt unserer politischen Arbeit war und bleibt „Soziales Thüringen“. Da wäre die
Gesundheitspolitik zu nennen, die Vorsorge, die Fürsorge für die prinzipielle Ausstattung unserer Krankenhäuser und die generelle Entwicklung unserer Krankenhäuser; das ist eine große Freude, im Land zu sehen, wie viel da in den letzten Jahren geleistet werden konnte. Die Krankenhäuser sind modern, sie sind leistungsfähig und attraktiv. Im Wesentlichen sind die Investitionen entweder weit vorangeschritten oder sogar abgeschlossen. Wir sind zweitens ein Land mit medizinisch-technologischen Höchstleistungen - Medizintechnologie, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - und wir sorgen besonders dafür, dass für die Zukunft dieses Potenzial erhalten bleibt. Ich erinnere an die Einrichtung des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Ich erinnere auch daran, dass wir uns dafür einsetzen, dass der Beruf des Arztes, der Ärztin attraktiv bleibt. Wir haben uns dafür eingesetzt, unsere Initiative, dass es schrittweise zu einer Angleichung der Ärztehonorare in Ost und West kommt, weil gerade für die ländlichen Räume Thüringens ganz entscheidend ist, dass wir hier die Attraktivität erhöhen. Das war ein wichtiger Einsatz für die Gesundheitspolitik in Thüringen.
Zum Thema Pflege: Sie alle kennen die zum Teil menschenunwürdigen Zustände in den Altenheimen zu DDR-Zeiten. Da hat sich das Bild vollständig gewandelt. Wir haben Alten- und Pflegeheime, die attraktiv sind, die auch Heimat bieten. Wir haben inzwischen 344 Pflegeheime in allen Pflegeformen mit über 20.000 Plätzen, die für alle in allen Regionen auch gute Betreuungs- und Pflegemöglichkeiten bieten, und wir haben in den letzten Jahren sehr darauf Wert gelegt, dass neue Wohn- und Betreuungsformen hinzukommen, zukunftsorientierte Modelle, Mehrgenerationenwohnen, ein Stichwort, dem wir auch entsprechen. Auch wenn wir die Menschen mit Behinderungen anschauen, die wir integrieren wollen, die wir fördern wollen, mit ihren Kompetenzen in der Gesellschaft präsent zu sein, Selbstwertgefühl nicht nur zu haben, sondern auch zu demonstrieren, wird das sehr deutlich. Ich bin dankbar, dass wir mit dem Blindenverband einen tragfähigen Kompromiss schließen konnten zum Thema Blindengeld und zum Thema der Einrichtung einer Blindenstiftung für Härtefälle. Ich bin auch dankbar, dass wir gerade im Blick auf die Förderung und die Unterstützung der Behinderten erhebliches Potenzial schaffen konnten - Wohnheime, Ausstattung, Betreuung und Arbeitsmöglichkeiten. Man muss überlegen, wir hatten 1992 noch 53 Wohnheime mit etwa 2.700 Betten; wir haben inzwischen 118 Wohnheime mit 3.300 Betten. Damit ist das, glaube ich, deutlich, dass hier auch für uns ein Schlüsselfaktor für die eigene Arbeit immer gelegen hat. Ich finde, es bleibt wichtig, wir sollten unseren behinderten Menschen den Raum in der Gesellschaft geben, den wir selbst auch für uns beanspruchen. Behindert zu sein, das
kann jeder von heute auf morgen selbst erleben, ist kein Schicksal, das nur individuell ist, sondern ist eine Aufgabe, die für uns alle als Verantwortung besteht. Deswegen bleibe ich dabei, es gilt für Bildung, es gilt für die Betreuung, es gilt für die Gesellschaft ganz generell: Menschen mit Behinderung gehören in die Mitte der Gesellschaft und wir müssen alles für sie tun, damit sie maximal integriert werden.
Ein kurzes Wort zur Rentenpolitik: Das ist Bundespolitik, das ist mir bewusst, aber wir haben uns dafür eingesetzt, dass es zu zwei wichtigen Entwicklungen gekommen ist. Am 1. Juli gibt es eine deutliche Rentenerhöhung und zum ersten Mal seit langer Zeit wird die Schere zwischen den Rentnerinnen und Rentnern in den sogenannten jungen Ländern und den alten Ländern wieder zusammengehen. Zweitens haben wir uns dafür eingesetzt, dass jetzt intensiv daran gearbeitet wird, dass wir in der nächsten Zeit zu einer Rentenangleichung zwischen Ost und West kommen, denn es ist dauerhaft kein Zustand, dass wir mit unterschiedlicher Rentensystematik die Rentnerinnen und Rentner in Ost und West anders behandeln. Wir brauchen auf Dauer eine Angleichung zwischen Ost und West.
Ein Wort zu dem Thema, das auch gestern im Rahmen der Gedenkfeiern zum 17. Juni 1953 an den Volksaufstand, der blutig niedergeschlagen worden ist, ein wichtiges Thema war, der Einsatz für die SED-Opfer. Ich bin zum einen sehr froh, zu sagen, wir werden diesen Lernort der Geschichte, diesen Gedächtnisort der Geschichte, dieses ehemalige Stasi-Gefängnis in der Andreasstraße erhalten, weil wir auch für die Zukunft sichern müssen, dass das SED-Unrecht gesichert auch für die Zukunftsgenerationen vermittelt werden kann, damit wir nie wieder in die Versuchung kommen, einer solchen Entwicklung die Bahn zu brechen. Deshalb werden wir die Andreasstraße als Gedenkort und als Lernort entwickeln; die Stiftung dazu wird in den nächsten Wochen auf den Weg gebracht.
Zweitens haben wir uns als Landesregierung sehr dafür eingesetzt, dass es die sogenannte Opferpension in Höhe von 250 € pro Monat gibt. Die Fristverlängerung ist inzwischen auch erreicht auf 2011 und wir werden an dieser Stelle auch nicht nachlassen. Die bessere Unterstützung von SEDOpfern, die Abschaffung von Bedürftigkeitsregelungen bei Opferpensionen, der Ausbau der Leistungshöhe nach Haftdauer, die Entfristung aller SEDUnrechtsbereinigungsgesetze, das bleiben wichtige
Ziele. Ich will es so sagen, wie es gestern einer der Podiumsteilnehmer auf Point Alpha formulierte: „Wer die Opfer vergisst, vergisst die Täter.“ Unsere Aufgabe bleibt es, an die Opfer zu erinnern, ihnen so viel Wiedergutmachung zu ermöglichen, wie wir es leisten können, damit wir auch die Täter nicht vergessen. Denn wir bleiben dabei, wir kommen aus einem Unrechtsstaat und dieser Unrechtsstaat muss in seiner Grundstruktur weiter vermittelt werden, damit wir in Zukunft für Demokratie und Freiheit alles tun.
Ein wesentliches Ziel in dieser Legislaturperiode war es, die staatlichen Aufgaben zu überprüfen, zu begrenzen, zu verändern, damit wir insgesamt als Gesellschaft, als Staat moderner und leistungsfähiger bleiben und werden. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger wichtig, dass sie ihre Dienstleistungschancen weiter nutzen können, aber es ist auch für uns wichtig. Deswegen haben wir eine erhebliche Kraftanstrengung unternommen, um die Behördenstrukturreform und die Verwaltungsmodernisierung umzusetzen. Wir haben inzwischen sieben Amtsgerichte weniger, wir haben inzwischen acht Finanzämter weniger, wir haben nur noch 28 Forstämter und vier Landwirtschaftsämter weniger. Wir haben Standorte zusammengeführt, z.B. Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, wir haben die Kommunalisierung bestimmter Landesaufgaben mit Blick auf Familie und Soziales und staatliche Umweltaufgaben vorgenommen. Wir haben im Ergebnis erreicht, dass die Bürgeransprache vor Ort erhalten bleibt, dass die öffentliche Verwaltung ihre Dienstleistungsfunktion weiter exzellent wahrnehmen kann, gleichzeitig aber auch eine Entlastung der öffentliche Haushalte. Das war ein wichtiger Schritt. Auf diesem Weg werden wir auch in der nächsten Legislaturperiode weiter bleiben.
Dazu haben wir auch Personalabbau beschlossen und umgesetzt, aber wir haben immer gesagt: Personalabbau sozial verträglich. Von den 7.400 zu streichenden Stellen haben wir bisher knapp 4.000 sozial verträglich abgebaut und damit auch dauerhaft zu einer Entlastung des Landeshaushalts beigetragen. Ich will nur eine Zahl als Vergleich nennen: Im Jahr 2003 hatten wir noch 57.719 Landesbedienstete und wir hatten Ende des letzten Jahres 48.958 Landesbedienstete, also auch ein deutliches Ergebnis. Was aber ebenfalls wichtig war und bleibt, dass wir beim Thema Ansprechbarkeit die modernen Medien und die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, umfassend nutzen - also Online-Aktivitäten, kurze Wege -, um umfassenden Service zu bekommen; zu nennen sind hier der Zuständigkeitsfinder, Online-Initiativen bei der Thüringer Justiz, vom elek
tronischen Grundbuch über das Handelsregister bis zum Genossenschafts- und Partnerschaftsregister, oder auch beim Mahngericht. Auch der Formularservice ist zu nennen. Insgesamt sollten wir auch in Zukunft die Möglichkeiten der modernen Medien nutzen, um an dieser Stelle die Effizienz weiter zu erhöhen, gleichzeitig aber auch die Dienstleistungsfunktion und Vermarktung weiterzuentwickeln. Ein wichtiges Thema bleibt das übergreifende Thema, den Einsatz für Nachhaltigkeit zu erhalten und zu verstärken. Vor wenigen Tagen hat es dazu ein Bildungssymposium gegeben, wo dieses Thema sehr intensiv mit Vertretern von Schulen und Kindertagesstätten erörtert worden ist. Wir haben selbst eine Nachhaltigkeitsabkommensentwicklung mit der Thüringer Wirtschaft aus dem Jahr 2004 im März 2009 verlängert und wir haben eine Energie- und Klimastrategie in Thüringen bis zum Jahr 2015, die wir in den nächsten Tagen noch abschließend beraten wollen. Wir haben ein Bioenergieprogramm aus dem Jahr 2006 mit dem Ziel: Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energien, verantwortlicher Energiemix und auch verlässliche und bezahlbare Energieversorgung. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir für die Landwirte eine Perspektive sehen, indem sich Land- und Energiewirte miteinander verbunden organisieren können. Ich will das hier noch einmal deutlich sagen, wir haben ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien gegeben, und wenn wir heute 15,4 Prozent Anteil an erneuerbaren Energien beim Primärstromverbrauch in Thüringen haben, liegen wir an der Spitze der Länder in Deutschland und zeigen damit auch, dass diese Strategie richtig war.
Bei der Industrie sind wir inzwischen sogar bei 21 Prozent, weil es da sehr viele interne Lösungen gibt, und wir nutzen eine Vielzahl von Landes- und Bundesprogrammen, um damit dann auch diese Strategie in die Zukunft zu entwickeln. Wir haben ein Geothermieportal der Landessituation aufgestellt, damit man auch Erdwärme als weitere Perspektivchance intensiv nutzt, und ein besonderer Schwerpunkt, das wissen Sie, ist die Solarförderung. Eine ganze Reihe großer strategischer Unternehmen hat sich in den letzten Jahren für Thüringen entschieden, weil sie gesehen haben, dass diese Strategie ihrer eigenen Unternehmensphilosophie genau entspricht. Die großen Unternehmen sind immer wieder genannt: Ersol ist vom großen Konzern Bosch übernommen worden, weil Bosch sich auf diesem Gebiet große Wachstumsperspektiven verspricht. Wir haben mit SCHOTT eine Entwicklung, dass in Thüringen mit der Gemeinschaft zwischen SCHOTT und WACKER genau dieses Feld als Wirtschaftsfeld entwickelt worden ist und weiterentwickelt wird. Wir haben die einzige Investition aus dem arabischen Raum mit Masda PV in einem europäischen Land
in Thüringen und andere Firmen, die rundherum sind, sind ebenfalls zu nennen. Wir haben hier in Thüringen, in der Landeshauptstadt Erfurt ein „Kompetenzzentrum für Hochtechnologie und Solarindustrie“ im Januar dieses Jahres grundgelegt und werden es noch in diesem Jahr eröffnen, das heißt, wir setzen auch auf Ausbildung für Hochtechnologie und besonders für die Solarindustrie. Wir sind das einzige Land in Deutschland, das zwei Solarprofessuren haben wird, an der Fachhochschule in Jena und der Technischen Universität in Ilmenau. Wir versprechen uns dadurch erhebliches Arbeitsplatzpotenzial, Technologiepotenzial, aber natürlich auch Nachhaltigkeitspotenzial. Ich will das sehr deutlich sagen, dass das Arbeitsplatzpotenzial und das Technologiepotenzial zusammen ein Wert sind. Wir haben inzwischen einen großen Umsatz - etwa 800 Mio. € - der Photovoltaikunternehmen im letzten Jahr gehabt und 21 Prozent der gesamten Photovoltaikbranche in Deutschland ist in Thüringen und 10 Prozent der ganzen Photovoltaikbranche in Europa ist in Thüringen. Ich finde, das ist ein guter Beweis, dass es richtig war, auf diese Strategie zu setzen und diese auch intensiv zu verfolgen.
Ganz entscheidend, das ist sozusagen die Klammer um die ganzen Politikfelder, die innerhalb der Gestaltung für das Land ganz entscheidend sind, ist, diese Wege zu verbinden mit dem generellen Weg der Haushaltskonsolidierung. Denn jeder weiß, das wird das entscheidende Thema der Zukunft sein in Thüringen und in Deutschland, auf kommunaler Ebene, auf Landesebene und Bundesebene: Gelingt es uns, in Zukunft andere Haushaltsgestaltungen zu entscheiden als in der Vergangenheit, damit die Kinder und Kindeskinder ihre politische Verantwortung stärker unabhängig von den finanziellen Lasten der Vergangenheit wahrnehmen können? Deswegen bleiben wir dabei, Haushaltskonsolidierung und solide Finanzpolitik bleiben ein Markenzeichen für uns als Regierung auch in der nächsten Legislaturperiode.
Vor ein paar Tagen haben wir im Bundesrat entschieden, dass wir auf grundgesetzlicher Ebene eine Schuldenbremse regeln; ab dem Jahr 2020 dürfen die Länder keine neuen Schulden aufnehmen außer in Notsituationen. Ab 2016 gilt dann für den Bund die 0,35-Prozent-Regel des Bruttoinlandsprodukts. Natürlich sind Sonderregelungen für besondere Notlagen integriert. Ich bin sehr dankbar, dass auch im Thüringer Landtag dieses Thema eine wichtige Rolle spielt, denn wir brauchen auch den Mut, hier im Thüringer Landtag dieses prinzipielle Neuverschuldungsverbot in die Verfassung zu schreiben, weil es
wichtig ist, dass wir nicht auf Zukunft leben, sondern für die Zukunft leben.
Ich weiß, dass wir dabei Vorreiter sind, wenn wir das rechtlich so klar regeln, aber es ist eine gute Vorreiterrolle, die wir übernehmen. Ich bin der Finanzministerin und allen dankbar, dass wir hier ein gutes Beispiel gesetzt haben. Im Jahr 2004 hatten wir noch knapp 1 Mrd. € Neuverschuldung. Ab dem Jahr 2007 haben wir keine neuen Schulden mehr gemacht. Das heißt, wir haben dafür gesorgt, auch durch eigene Entscheidungen, dass wir nicht nur von Konsolidierung sprechen, sondern dass wir diese Konsolidierung auch durch mutige Schritte unterstützen.
Auch da wird immer wieder ein Bild der Vergangenheit als angebliches Realitätsbild hergeholt, die Schulden im Landeshaushalt je Einwohner, ich will das noch einmal deutlich sagen, in Thüringen im Jahr 2007 - das war statistisch abgerechnet beim Statistischen Bundesamt - 6.826 €, in SachsenAnhalt 8.269 €, in Brandenburg 6.798 €. Das heißt, wir sind hier auch einen deutlichen Entwicklungsschritt gegangen. Das hat sich in den letzten Jahren sogar weiterentwickelt durch die guten Entscheidungen im Jahr 2008 und auch im Haushaltsjahr 2009, so dass wir ganz konkret schon spüren, wir minimieren damit die Schuldenlast und stabilisieren im Moment diese Schuldenlast. Unser Ziel ist es in den nächsten Jahren, sowohl diesen Weg weiter fortzusetzen als auch im Ergebnis dazu beizutragen, dass der Schuldenberg abgetragen wird, denn das ist eine Verpflichtung, die wir der Zukunft gegenüber und der nachfolgenden Generation haben.
Lassen Sie mich ein Wort zum Abschluss sagen: Was wir bewegen, was wir erreichen, was wir gemeinsam entscheiden, ist natürlich das Ergebnis einer harten und häufig auch streitigen politischen Debatte, aber es ist vor allen Dingen auch das Ergebnis der Menschen, die sich in diesem Land über Jahre - inzwischen fast 20 Jahre - für das Land und das Vorankommen eingesetzt haben, besonders der Menschen, die sich in vielfältiger Form ehrenamtlich einbringen. Dieses lebendige Miteinander, das Sie alle erleben in Vereinen, in Verbänden, in Institutionen, ist spürbar als lebendige Kraft im Land, in unseren Dörfern, in unseren Städten, in den Vereinen tagtäglich erleben wir das. Deshalb bleibt es dabei, wir werden dieses Ehrenamt auch weiter unterstützen; dafür haben wir die Ehrenamtsstiftung geschaffen. Sie leistet eine sehr gute Arbeit. Darüber hinaus haben wir ein Beispiel gesetzt für ein Ehrenamt, das besondere Belastungen mitbringt und möglicherweise
auch existenzielle und gesundheitliche Schäden mit sich bringen kann, das war die Feuerwehrrente. Das ist ein Beispiel dafür, dass wir zu den Ehrenamtlichen in Thüringen stehen und dass wir ihre Arbeit wertschätzen und auch weiter unterstützen.
Ich will aber auch meinen Kabinettsmitgliedern, meiner Fraktion, den vielen Gesprächspartnern über die Jahre herzlich danken, die mich und uns begleitet haben mit Hinweisen, mit Kritik, mit Unterstützung. Ich danke besonders den Bürgerinnen und Bürgern für ihr Engagement in unsere Demokratie. Gerade in diesem „Jahr der Demokratie“, wo wir große Jubiläen feiern, ist das, glaube ich, wesentlich deutlich zu machen, dass das demokratische Engagement der Menschen in Thüringen entscheidend ist, um das Erbe, das wir vor 20 Jahren übernommen haben mit der friedlichen Revolution, auch gut in die Zukunft hinein zu entwickeln. Das ist ein großer Auftrag für uns, für uns insgesamt als Thüringerinnen und Thüringer. Deshalb bin ich auch dankbar, dass es eine Entscheidung gibt, eine Einigung mit der Volksbegehren-Initiative, die demokratische Mitwirkung der Menschen vor Ort auf kommunaler Ebene weiterzuentwickeln, weil wir damit auch ein Beispiel für dieses Engagement setzen. Ich hoffe sehr, dass es mit Leben erfüllt wird.
Fazit: Die Thüringerinnen und Thüringer konnten und können sich auf uns, meine Landesregierung, verlassen. Wir haben uns sehr dafür engagiert, durch Führungsstärke, durch Kompetenz, durch Glaubwürdigkeit diesem Land in den letzten Jahren diese Perspektive weiter zu ermöglichen. Gemeinsam sind wir als Land und als Menschen in diesem Land gut vorangekommen. Darauf dürfen wir stolz sein. Ich werde auch weiter diesem Land mit ganzer Kraft dienen wie die vielen, die mich und uns unterstützen. Ich bin dankbar, dass wir damit einen Beitrag leisten konnten, diesem Land in Freiheit und Gerechtigkeit einen Dienst zu leisten, denn am Ende kommt es auf diesen Gemeinschaftsdienst an, den wir alle leisten.
Jetzt geht es darum, noch kräftiger dafür zu arbeiten, dass wir zum einen den Anschluss an die alten Länder schaffen, dass wir aus der Spitzengruppe der jungen Länder in das Mittelfeld und dann auch weiter voran in die Gruppe der Länder in ganz Deutschland kommen, die treiben, die vorangehen. Zweitens geht es darum, dass wir die nächsten Jahre bis zum Jahr 2019 nutzen, im Zuge der zurückgehenden Zuweisungen aus dem Solidarpakt und der Europäischen Union die eigenen Kräfte weiterzuentwickeln, dass wir im Ergebnis vom Nehmerland zum Geberland werden und dass wir ein Zuwanderungsland werden - das meine ich sehr bewusst nach innen, innerhalb Deutschlands, aber natürlich auch darü
ber hinaus - und dass wir attraktive Arbeitsplätze, lebendige Städte, Natur- und Tourismusland, Bildungsland und Familienland miteinander weiter so verbinden wie in den letzten Jahren. Dafür ist es wichtig, die enge Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft zu begleiten. Wichtig ist, dass wir auch weiter die Pfunde, die wir als Kulturland geerbt haben, nutzen, und die Pfunde, die wir als Sozialland in den letzten Jahren entwickeln konnten, als besonderes Markenzeichen erhalten. Deshalb ist es wichtig gewesen, dass wir all diese Politikfelder nicht im Gegeneinander, sondern im Miteinander betrachtet und entwickelt haben. Thüringen ist ein sicheres Land der Freiheit und wir sind stolz auf das Engagement der Thüringerinnen und Thüringer. Wir sind aber auch dankbar, dass wir diese Arbeit als Landesregierung und auch mit der Mehrheitsfraktion leisten dürfen. Ich darf es mit dem Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa AG sagen, der hier in der Nachbarschaft von Erfurt formuliert hat: „Thüringen ist ein Volltreffer. Das war Teamwork erster Klasse.“ Das gilt auch für uns. Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Jahr lag das Hauptaugenmerk des Thüringen-Monitors auf dem Thema „Soziale Marktwirtschaft“. Dieses wichtige wirtschaftspolitische, aber auch gesellschaftspolitische Thema macht deutlich, wie wesentlich es ist - so der Thüringen-Monitor -, dass aus dem ökonomischen Vertrauen auch politisches Vertrauen erwächst. Jeder weiß, die freiheitliche Demokratie einerseits und die freie und soziale Wirtschaftsordnung andererseits tragen und stärken sich gegenseitig. Beide geben den Menschen die Möglichkeit, sich zu entfalten und ihre Interessen wahrzunehmen. Diese Freiheit baut auf zwei wesentlichen Grundlagen
auf: auf Verantwortung und auf Vertrauen. Wer Verantwortung wahrnimmt für sich und für andere, insbesondere für die, die sich nicht ausreichend selbst helfen können, einsetzt, erwirbt Vertrauen und bietet Vertrauen. Damit wächst auch das Vertrauen in die demokratischen Institutionen, in die Politik, in die Unternehmen, in die Mitmenschen. Anders kann eine freiheitliche Gesellschaft auch nicht funktionieren. Als wir vor der Sommerpause dieses Thema „Soziale Marktwirtschaft“ festgelegt haben, war überhaupt noch nicht abzusehen, welche besondere Aktualität dieses Thema heute hat. Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise, der Entwicklung der Wirtschaft, der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt steht dieses Thema „Soziale Marktwirtschaft“ natürlich im Fokus. In den letzten Wochen ist von einigen ja auch das Ende der sozialen Marktwirtschaft schon prophezeit worden. Eine Position, die nicht nur falsch ist, sondern die auch gefährlich ist.
Meines Erachtens ist die Marktwirtschaft die einzige Ordnung für eine freiheitliche Gesellschaft, denn nur sie kann es ermöglichen, Freiheit und Eigenverantwortung, Wettbewerb, Eigentumsbildung und Kreativität miteinander zu verbinden. Diese große Stärke der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie, das enorme Integrationsvermögen, das alles haben wir selbst auch in den letzten 18 Jahren als Bereicherung erfahren. Unterschiedliche Interessen von Jung und Alt, Leistungsträgern und Schwachen, Arbeitgebern, Arbeitnehmern lassen sich so am besten miteinander verbinden. Diese Balance ist entscheidend und diese Balance bedeutet auch, dass soziales Miteinander und verantwortliches Handeln, das freie Spiel der Kräfte auf der einen Seite und die Solidarität und Fürsorge der Gesellschaft auf der anderen Seite in Einklang zu bringen sind. Die derzeitigen Entwicklungen - das ist gar keine Frage - werfen besondere Probleme, besondere Situationen in die Debatte. Das Verhältnis von Markt und Staat wird diskutiert, Vertrauen und Kontrolle, Freiheit und Ordnung. Natürlich brauchen wir diese Debatte, wir müssen auch neue Antworten finden, aber wir müssen uns vor allen Dingen dauerhaft bekennen zur sozialen Marktwirtschaft. Denn für uns ist die soziale Marktwirtschaft auch das wichtige kulturelle Kapital in Deutschland.
Die soziale Marktwirtschaft hat schon zweimal dazu beigetragen, dass eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden konnte. Zum einen konnte nach dem Zweiten Weltkrieg ein zerrüttetes Land aufgebaut werden. Unter dem Stichwort Wirtschaftswunder wurde ein Wohlstand entwickelt, wurde eine Demokratie fest verwurzelt, die sich als prägend für Europa und als wichtige Voraussetzung für die Wiedervereinigung gezeigt hat. Mit der Wiedervereinigung haben wir
auch hier erlebt, dass eine beispielhafte Leistungsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft dazu geführt hat, dass Thüringen heute so wie die anderen jungen Länder sich hervorragend entwickelt hat, dass die Folgen von 40 Jahren Staatssozialismus weitestgehend überwunden werden konnten. Diese Leitvorstellung für die ostdeutsche Transformation, so der ThüringenMonitor, ist ein Beispiel, dass diese soziale Marktwirtschaft Zukunft hat.
Deshalb wollen die Thüringerinnen und Thüringer und deshalb wollen auch wir diese soziale Marktwirtschaft erhalten. Aber es ist sicher gut, wenn wir auch mit diesem Thüringen-Monitor die Einstellung zur sozialen Marktwirtschaft einmal genauer betrachten. Die nachhaltige Bewältigung der bestehenden und der künftigen Herausforderungen, die Frage der Stabilität der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie, all das ist in diesem Thüringen-Monitor genau untersucht worden. Die wichtigsten Aussagen, die ohne Frage natürlich nur eine Auswahl sein können, sind jetzt auch Mittelpunkt meiner Aussagen. Diese Telefonumfrage, die Grundlage des Thüringen-Monitors ist, fand im Juli statt. Uns hat interessiert, welche Einstellungen sich in den letzten 18 Jahren gelebter sozialer Marktwirtschaft herausgebildet haben. Bei unserem Standbein, den Einstellungen zur Demokratie, können wir inzwischen auf die kontinuierliche Erhebung aus einem Zeitraum von über 8 Jahren zurückgreifen. Das erlaubt jetzt auch, längerfristige Entwicklungen nachzuvollziehen und zu bewerten.
Ich möchte sehr gern den Autoren des ThüringenMonitors herzlich danken für die solide und umfassende Arbeit in diesem Jahr.
Eine entscheidende Frage ist: Welche Akzeptanz finden Demokratie und soziale Marktwirtschaft bei den Menschen in unserem Land? Fast 80 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer halten die Demokratie für die beste aller Staatsideen. Drei von vier Befragten unterstützen die Demokratie so, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist. Zahlen und Ergebnisse untermauern, dass die Demokratie in Thüringen fest verwurzelt ist. Die außerordentlich stabile Zustimmung zu den demokratischen Werten, zur Verfassungsordnung darf uns aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass jeder fünfte Befragte, etwa 22 Prozent, auch sagt, wir sollten zur sozialistischen Ordnung zurückkehren.
Außerdem stimmt es auch nachdenklich, dass die Unterstützung der demokratischen Praxis, also Plenardebatten, Wahlkampf, Abstimmungsprozesse, erheblich schwankt. Die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer ist mit dem demokratischen Alltag unzufrieden - bei nur 42 Prozent findet er, so der Thürin
gen-Monitor, Zustimmung. Eine Entwicklung, die nicht nur in Thüringen, sondern in ganz Deutschland zu beobachten ist. Das hat auch der Datenreport 2008 der Bundeszentrale für Politische Bildung bestätigt. Eine mögliche Erklärung liegt in der starken Konsensorientierung unserer Gesellschaft. Aber wir alle wissen, Demokratie bedeutet nicht nur Harmonie. Zur Demokratie gehört der Wettstreit, gehört die Diskussion, gehört die Auseinandersetzung um die besten Lösungen. Das müssen wir auch als Politikerinnen und Politiker noch stärker vermitteln.
Vor allem diejenigen, die mit der Leistungsfähigkeit des Wirtschaftssystems unzufrieden sind, kritisieren, so der Thüringen-Monitor, die „real existierende Demokratie“, also das, was als Lebenswirklichkeit erfahren wird. Das zeigt auch, wie groß die Verantwortung ist, die die Politiker, die wir, aber auch die Wirtschaftslenker tragen. Denn wir wissen, dass die demokratische Praxis sehr stark nach der wirtschaftlichen Leistung beurteilt wird.
Ich möchte gerade die Zweifler, die Kritiker dazu ermutigen, sich einzumischen, nicht, sich zurückzuziehen, denn die Demokratie ist keine Unterhaltungsshow. Die Demokratie ist eine Staatsform, bei der es auf Mitmachen, auf Mitwirken, auf Mitgestalten ankommt. Es gibt vielfältige Möglichkeiten in den demokratischen Parteien, auf kommunaler Ebene oder auch in anderer Form, die Demokratie aktiv mitzugestalten.
Ich danke denen, die sich Tag für Tag und Jahr für Jahr als Demokraten gerade auf kommunaler Ebene einbringen, um das Gemeinwesen zu gestalten.
Wie stehen nun die Thüringer zur sozialen Marktwirtschaft? Zwei Drittel der Gesellschaft, und zwar quer durch alle Bildungsschichten, bescheinigen ihr eine gute Funktionsfähigkeit. Und knapp 60 Prozent glauben an ihre Zukunftsfähigkeit, so der Thüringen-Monitor. Das sind, wie ich finde, sehr erfreuliche Ergebnisse, auch wenn sie möglicherweise unter dem Licht der aktuellen Entwicklung sich anders darstellen. Die Grundlage ist gut fundamentiert.
Die große Mehrheit der Thüringer bejaht eine wesentliche Grundlage der sozialen Marktwirtschaft. 83 Prozent der Thüringer sagen: Eigenverantwortung kommt vor Fürsorge. Ein Wert, der auch positiv überrascht, das will ich gern sagen. Die Mehrheit will sich nicht zuerst auf den Staat verlassen, sondern zuallererst die Probleme selbst lösen.
Gleichwohl will fast die Hälfte der Befragten auf staatliche Eingriffe in die Wirtschaft nicht verzichten. Das sehen auch wir so, denn eine ungezügelte Wirtschaft ohne ordnungspolitische Regeln, ohne Staat, der Fehlentwicklungen begradigt und verlässliche Strukturen schafft, funktioniert nicht, wie wir es auch in der aktuellen Entwicklung erneut erleben. Deshalb bekennt sich auch die Thüringer Wirtschaft zu diesem ordnenden Staat und jeder weiß, dass diese ordoliberale Schule ja auch letztlich die Grundlage für die Grundregeln der sozialen Marktwirtschaft war.
Hier setzt sich ein gesellschaftlicher Konsens vor allem auch international durch. Dieser gesellschaftliche Konsens ist wichtig, denn wir brauchen Transparenz. Wir brauchen auch die notwendige Kontrolle, insbesondere beim internationalen Finanzsystem.
Besonders erfreulich finde ich, dass den Thüringern Solidarität und Leistung außerordentlich wichtig sind: 54 Prozent wünschen eine Gesellschaft, in der Solidarität mehr zählt. Etwa ein Drittel möchte mehr Leistungsorientierung. Sie wissen: Nur Solidarität, Hilfe zur Selbsthilfe und Verantwortungsgefühl schaffen eine menschliche Gesellschaft. Das Miteinander in der sozialen Marktwirtschaft ist also bewusst und darf kein Lippenbekenntnis sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist übrigens ausgesprochen aufschlussreich, dass vor allem die Anhänger der beiden großen deutschen Volksparteien von der Richtigkeit der sozialen Marktwirtschaft überzeugt sind - so der Thüringen-Monitor. Dagegen gibt es bei den Anhängern der LINKEN keine Mehrheit für dieses Modell: Vier von zehn dieser Anhänger wünschen die sozialistische Ordnung zurück. Eine gleichmachende, leistungsfeindliche und menschenunwürdige Ordnung, wie sie der Sozialismus darstellt, schadet Freiheit und Demokratie.
Ludwig Erhard hat das Wesen der sozialen Marktwirtschaft in zwei sehr klaren Sätzen charakterisiert: „[Sie] beruht auf den Grundsätzen der Freiheit und der Ordnung, die - soll Harmonie herrschen - ein untrennbares Ganzes bilden; denn wo Freiheit ohne eine festgefügte Ordnung obwaltet, droht sie ins Chaotische zu entarten, und wo Ordnung ohne Freiheit bestehen soll, führt sie nur allzu leicht zu brutalem Zwang.“ Das, was Ludwig Erhard gleich zu Beginn der Begründung der sozialen Marktwirtschaft gesagt hat, haben wir erlebt: diesen brutalen Zwang, Ordnung ohne Freiheit. Das, was im ersten Teil ausgedrückt worden ist, die Freiheit durch eine festgefügte Ordnung zu sichern, hatten die Menschen in der alten Bundesrepublik über 40 Jahre als Wirklichkeit. Wir
können heute davon profitieren, dass sich die soziale Marktwirtschaft durchgesetzt hat. Deshalb werden und sollten wir auch in Zukunft alles dafür tun, dass diese freiheitliche Wirtschaftsordnung auch als Schutz der Freiheit erhalten bleibt und gestärkt wird.
Ludwig Erhard ging es um einen Ordnungsrahmen, der auf eigenverantwortliches Handeln und auf Vertrauen setzt. Da gibt es auch klare Grenzen und klare Verantwortlichkeiten des Staates für den Einzelnen und für das Funktionieren von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft. Da muss die Politik auch darauf achten, dass die Gemeinwohlorientierung erhalten bleibt.
Der Bundespräsident Horst Köhler hat im Mai dieses Jahres zu Recht angemahnt: „Auch Marktwirtschaften garantieren nur dann dauerhaft Arbeit und wachsende Einkommen, wenn sie von der breiten Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und mitgetragen werden.“ Diese Verantwortung auch von uns, für diese Akzeptanz und das Mittragen zu sorgen, ist gerade in den letzten Wochen durch die Finanzkrise und die sich daraus entwickelnde Wirtschaftskrise besonders herausgefordert worden.
Aber, um es ganz deutlich zu sagen, es sind keine Fehlentwicklungen der sozialen Marktwirtschaft, sondern Einzelne haben sich rücksichtslos bereichert - auch auf Kosten der Allgemeinheit. Für die realwirtschaftlichen Folgen dieser Finanzkrise müssen wir nun alle geradestehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Verantwortung nutzen, um der Verantwortungslosigkeit deutlich zu widersprechen. Wir brauchen den Zusammenhang zwischen Moral und Wirtschaft. Das ist das Erfolgskonzept der sozialen Marktwirtschaft und das muss national und international gesichert sein.
Manche Zeitgenossen wollen in dieser Situation den Menschen einreden, das wäre ein Versagen der sozialen Marktwirtschaft, die Finanzkrise würde dies deutlich dokumentieren. Die Thüringerinnen und Thüringer wissen: Die Krise ist nicht entstanden, weil das Prinzip „Soziale Marktwirtschaft“ versagt hat, sondern weil international Akteure im Wirtschafts- und Finanzsystem versagt haben und weil der Ordnungsrahmen, z.B. für Finanzgeschäfte, unzureichend ist. Wir haben im Sonderplenum am 27. Oktober 2008 dazu ausführlich gesprochen. Nun müssen wir alles dafür tun, dass die Finanzkrise nicht zu einem Vertrauensverlust in die soziale Marktwirtschaft führt. Deshalb war es richtig, dass Bund und Länder zügig das Rettungspaket verabschiedet haben. Nicht um die Banken zu schützen, sondern es ging zuallererst um die Sparguthaben der Menschen. Und es geht zuallererst um die Funktionsfähigkeit unserer
mittelständischen Wirtschaft. Deshalb darf es keine dauerhafte „Kreditklemme“ geben, denn das würde im Ergebnis Tausende Arbeitsplätze kosten.
Wir müssen jetzt erstens sehen, wie die Maßnahmen greifen und welche Schäden die Krise am Ende wirklich hinterlässt. Zweitens müssen wir wirksame Regeln aufstellen, damit sich ähnliche Krisen künftig verhindern lassen. Ich bin dankbar, dass die Europäische Union sich zur Meinungsführerschaft entschieden hat und dass ein erster Gipfel in Washington einen ersten Diskussionsrahmen eröffnet hat. Denn es geht auch darum, dass wir durch einen international gültigen Ordnungsrahmen die Globalisierung positiv und sozial gestalten. Ansonsten läuft die Globalisierung „aus dem Ruder“ und die Ängste werden größer. Wir haben allen Grund aus Thüringer und aus deutscher Sicht, dafür mitzukämpfen, dass die Grundregeln der sozialen Marktwirtschaft, die Grundregeln einer freiheitlichen Ordnung, wie sie sich in Deutschland über Jahrzehnte bewährt haben, jetzt auch noch stärker international angewendet werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, zurück zum Thüringen-Monitor: Wir wissen, Radikalismus und Extremismus sind besondere Herausforderungen für die Demokratie. Hier geht es auch um Fragen der Verantwortung und des Vertrauens. Ein demokratischer, freiheitlicher Rechtsstaat gründet auf das Vertrauen in die Bürger und dass diese ihre Freiheit auch verantwortlich nutzen. Das ist eine gute Nachricht im Thüringen-Monitor: Dass die ganz große Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer mit ihrer verfassungsrechtlich garantierten Freiheit verantwortlich umgeht und so das Vertrauen, das unser demokratisches Gemeinwesen in den Einzelnen setzt, auch rechtfertigt.
Die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer lehnt zum Beispiel die rechtsextremen Parolen ab; die Häufigkeit ausländerfeindlicher, antisemitischer und den Nationalsozialismus verharmlosender Aussagen geht weiter zurück - so der Thüringen-Monitor. Ebenso ermutigend ist es, dass rechtsextremistische Parteien außerordentlich wenig Sympathie genießen. Selbst bei vielen Menschen mit rechtsextremen Einstellungsmustern stoßen sie - so der Thüringen-Monitor - auf Ablehnung.
Dennoch, das wissen wir, müssen wir wachsam bleiben gegenüber den Feinden der Demokratie, den Extremisten, denn zum Beispiel rechtsextreme Einstellungen sind nach wie vor, auch das drückt der Thüringen-Monitor aus, verbreitet. Vor allem auslän
derfeindliche Vorurteile fordern uns heraus. Vorurteile, die vor allem die NPD schürt und sich leider zunutze macht, so dass ihre Mitgliederzahlen steigen. Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht gehörten 2007 mehr als 550 Mitglieder der Thüringer NPD an. Das sind immerhin 170 Personen mehr als noch im Jahr 2006.
753 Delikte politisch motivierter Kriminalität von Rechtsextremen gab es im Jahr 2007, davon 61 Gewaltstraftaten - auch diese Zahlen liegen über den Werten von 2006.
Wir müssen weiterhin wachsam bleiben, und wir sind auch weiterhin wachsam. Die verabscheuungswürdigen Schändungen der jüdischen Friedhöfe in Gotha und Erfurt Mitte November sind Beispiele, die leider zeigen, dass auch 70 Jahre nach der Reichspogromnacht und fast 70 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges der Antisemitismus, die Intoleranz, die Fremdenfeindlichkeit immer noch eine besondere Gefahr sind, eine Gefahr, gegen die sich der Staat wehren muss. Ich bin Polizei und Justiz ausdrücklich dankbar, dass mit aller Konsequenz ermittelt wird und auch erfolgreich ermittelt werden konnte.
Im aktuellen Bericht der Landesregierung zur „Initiative für Demokratie und Toleranz“ in der Drucksache 4/4638 haben wir zahlreiche Maßnahmen aufgeführt. Besonders nachhaltig wirkt - das erleben wir alle tagtäglich - ein starkes demokratisches Bewusstsein. Die Zivilgesellschaft in Thüringen ist bemerkenswert aktiv im Kampf gegen Rechtsextremismus und ich danke ausdrücklich den Vielen in Thüringen, die durch Aktionen, durch Beiträge, durch entsprechendes dauerhaftes Engagement diese zivilgesellschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren so stark gefördert haben.
Wir sollten das Jahr der Demokratie 2009 nutzen. Denn es gibt geschichtsträchtige Jubiläen wie 90 Jahre Weimarer Reichsverfassung, 60 Jahre Grundgesetz, 20 Jahre friedliche Revolution, die wie Meilensteine der Demokratieentwicklung genutzt werden können durch Initiativen, Aktivitäten, Gedenkveranstaltungen, um daran zu erinnern, wie wichtig demokratische Strukturen sind, wie wichtig die damit verbundenen Werte sind, aber auch wie wichtig es ist, diese demokratischen Strukturen zu stärken und zu festigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringen-Monitor 2008 zeigt, welche Probleme in den Augen der Thüringer wesentlich und drängend sind. Als vordringliche Probleme nehmen die Befragten die
Abwanderung, gefolgt von der Arbeitslosigkeit und der öffentlichen Verschuldung, wahr. Es ist für mich bemerkenswert, dass die Menschen in der Arbeitslosigkeit zwar ein sehr drängendes, aber nicht mehr das größte Problem sehen. Die Zahl derjenigen, die Arbeitslosigkeit für ein großes Problem halten, ist signifikant vom Jahr 2006 mit 85 Prozent auf das Jahr 2008 mit 64 Prozent zurückgegangen. Eine Entwicklung, die in der besser werdenden Lage auf dem Arbeitsmarkt gründet. Die Arbeitslosenquote in Thüringen liegt, wie wir alle wissen, im zweiten Monat unter 10 Prozent. Das heißt, die starke mittelständische Wirtschaftsstruktur hat jetzt auch dauerhaft positive Arbeitsmarkteffekte und wir werden alles dafür tun, dass dieser außerordentlich positive Trend nicht der internationalen Krise zum Opfer fällt. Der starke Mittelstand in Thüringen wird mit Vitalität auch in den nächsten Jahren sich weiter gut entwickeln.
Abwanderung wird von 70 Prozent der Befragten als größtes Problem wahrgenommen. Viele Menschen erleben das im eigenen Umfeld, im Familien- und Freundeskreis. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Zukunftschancen, die sich in Thüringen in den letzten Jahren stetig verbessert haben, noch stärker allen Interessierten deutlich machen, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, Thüringen bietet exzellente Chancen; Natur, Kulturlandschaft, starke Wirtschaftsregionen, eine gute Beheimatungsmöglichkeit, starke Strukturen für Familie, für Bildung, für Hochschule, Forschung und Entwicklung. Diese Werte, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben, die durch die Thüringerinnen und Thüringer gestaltet worden sind, müssen noch stärker vermittelt werden. Wir brauchen keine Negativszenarien, sondern wir müssen das uns Wertvolle auch als wertvoll darstellen. Dann wird der Anziehungswert Thüringens nach innen wie nach außen auch in den nächsten Jahren weiter stärker zunehmen.
Auf Platz 3 der Problemskala steht die öffentliche Verschuldung. Mehr als jeder Zweite, 55 Prozent, nimmt sie als großes Problem wahr. Ich denke, hier zeigt sich das Verantwortungsgefühl der Thüringer, die sich selbst dann, wenn dafür manche staatliche Leistungen fallen, mit großer Mehrheit, 69 Prozent, für den Abbau der Staatsverschuldung aussprechen. Die Thüringer wollen also nicht auf Kosten künftiger Generationen leben! Das bestärkt die Landesregierung darin, ihre Verantwortung auch weiter wahrzunehmen, um zum einen die Konsolidierung des Landeshaushalts weiter voranzubringen, zum Zweiten aber auch ein Neuverschuldungsverbot weiterhin konsequent zu verfolgen. Das gilt für die Debatten in der Föderalismuskommission II, aber das gilt auch
für unsere Entscheidungskompetenz hier im Land. Der Landtag wird sich dazu in Kürze mit einem entsprechenden Vorschlag befassen können.
Bei der Prioritätensetzung folgt der öffentlichen Verschuldung gleich die Rentensicherung, die aber heute weniger problematisch wahrgenommen wird als noch vor zwei Jahren. Auch hier zeigt sich durch die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, den Beschäftigungsaufbau, dass natürlich die sozialen Sicherungssysteme eine geringfügige Entlastung erhalten haben.
Immerhin fast die Hälfte der Befragten, 48 Prozent, hält den Fachkräftemangel für ein großes Problem. Ein Weg, den wir gehen müssen, ist, den jungen Menschen und denen, die Interesse an Thüringen auch aus anderen Ländern haben, die Chancen am Thüringer Arbeitsmarkt deutlich zu machen. Denn die aktuelle Fachkräftestudie, die vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist, zeigt: Wir haben in den nächsten Jahren erhebliche Fachkräfteprobleme. Aber wir können sie lösen, wenn es uns gelingt, diese besonderen Chancen Thüringens auch bei den Menschen zu verankern. Die Autoren des Monitors weisen darauf hin, dass, und so wörtlich, „die Brille ihrer eigenen Betroffenheit“ eine wichtige Rolle spielt. Das heißt, der Fachkräftemangel wie die Abwanderung werden immer durch ganz persönliche Erfahrungen in der persönlichen Betroffenheit gespeist.
In der Umweltbelastung sieht nur knapp jeder Vierte, 23 Prozent, der Befragten ein großes Problem. Die relative Gelassenheit der Thüringer in diesem Punkt folgt möglicherweise aus der nun wirklich umfassenden Sanierung unserer Umwelt, eine viel bessere Umweltsituation im Vergleich zu 1989. Die kann man auch objektiv messen und jeder kann sie in seiner eigenen Region nachvollziehen. Deshalb bin ich dankbar, dass es uns gelungen ist, in den letzten 18 Jahren diesen drohenden Kollaps unserer Umwelt aufgrund der sozialistischen Staatswirtschaft abzuwenden, und dass sich unsere Umwelt wieder zukunftsfähig entwickeln konnte.
Da die Thüringer die öffentliche Verschuldung zu Recht als problematisch wahrnehmen, hat uns auch interessiert, ob die Staatseinnahmen oder die Staatsausgaben in ihren Augen das Problem darstellen. Die überwältigende Mehrheit der Thüringer sieht in den Ausgaben das Problem. Eine Position, die, wie ich finde, auch verständlich ist. Wenn von 100 € Lohnkosten des Arbeitgebers bei einem alleinstehenden Durchschnittsverdiener nur 47,40 € ankommen, dann hat auch jeder selbst eine Erfahrung über die viel zu hohe Abgabenlast. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig, dass fast neun von zehn Befragten für Ausgabenkürzungen eintreten. Es wird klar, dass wir
mittelfristig auch deshalb zu einer deutlichen Senkung der Steuer- und Abgabenlast kommen, damit die Menschen auch spüren, dass durch die eigene Arbeit auch ein höherer eigener Ertrag möglich ist. Das ist auch ökonomisch geboten. Wie Sie alle wissen, im Wettbewerb der europäischen Länder haben wir an dieser Stelle eine schlechte Position.
Unverändert lehnen die Thüringer Kürzungen bei den Bildungsausgaben mit großer Mehrheit ab. Sie wissen also, wie entscheidend eine exzellente Thüringer Bildungslandschaft für die Zukunft des Freistaats, für die Zukunft jedes Einzelnen ist. Auch die Themen Fachkräftemangel und Abwanderung korrespondieren ja direkt mit dieser Investition.
Die jüngsten PISA- und IGLU-Ergebnisse zeigen, dass unsere Politik richtig ist. Ich danke den engagierten Lehrerinnen und Lehrern, den Erzieherinnen und Erziehern, dass sie bei diesem kontinuierlichen politischen Rahmen eine so exzellente Leistung vollbracht haben.
Worauf es jetzt ankommt, das ist ganz eindeutig: Kontinuität und Qualität sind die Stichworte, die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit jeder einzelnen Schule ist hier ein entscheidender Weg. Wichtig ist es, dass wir auf keinen Fall ständige Strukturveränderungen betreiben oder immer mit neuen Konzepten diese Arbeit belasten. Am Ende müssen Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher auch wissen, dass man zu ihrer Arbeit steht, dass man sie begleitet und dass sie in ihrer Struktur, in die sie sich eingearbeitet haben, auch zukünftig ihre Arbeit leisten können.
Am ehesten halten interessanterweise die Thüringer Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung und beim Umweltschutz für vertretbar. Offenbar beeinflussen auch hier die wirtschaftlichen Erfolge und die verbesserte Umweltsituation die Befragten. Der Handlungsbedarf wird in beiden Bereichen vergleichsweise gering eingeschätzt. Ich bin sicher, dass damit nicht gemeint ist, dass wir die Wirtschaftsförderung einstellen sollen oder dass wir uns nicht weiter bemühen, z.B. beim Thema alternative Energien, weiter gut voranzukommen. Die Thüringerinnen und Thüringer sehen aber auch die Erfolge dieser Wirtschaftsförderung und Förderung für eine bessere Umweltsituation. Insoweit sehe ich das eher als Zustimmung für den Weg, den wir in den letzten Jahren gegangen sind. Diese gute wirtschaftliche Bilanz ist ja auch Folge einer zielgenauen Förderpolitik,
einer Politik, die den Mittelstand in den Mittelpunkt rückt, die mit vielen selbst verantwortlichen Unternehmern in Thüringen eine gute Entwicklung organisieren konnte. Diese Förderpolitik, das wissen Sie alle, bleibt wichtig. Denn wir müssen jetzt den Zeitraum nutzen bis zum Jahr 2013 und dann auch noch bis zum Jahr 2019, wo uns erhebliche Mittel aus der Europäischen Union und aus der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stehen. Deshalb sind unsere Förderprogramme und Förderprojekte zielgenau auf diesen Mittelstand und auf die Förderung von Mittelstand, Wissenschaft und Forschung ausgerichtet.
Entscheidend ist, dass wir auch weiterhin nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern dass wir zielgenau fördern, denn nur so können wir das Vertrauen auch in die Wirksamkeit der Wirtschaftsförderung erhöhen. Nachhaltigkeit, die auch dem Willen der allermeisten Thüringer entspricht, müssen wir in Zukunft weiter Rechnung tragen. 83 Prozent sprechen sich dafür aus, dass bei der Wirtschaftspolitik vor allen Dingen Beschäftigungsanreize wichtig sind. Die Mehrheit spricht sich gegen staatliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aus. Das heißt, der Vorrang der direkten Wirtschaftsförderung von Mittelstand, von Landwirtschaft, von Dienstleistung ist nicht nur unser politischer Weg, sondern wird auch von der Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer genauso gesehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nachhaltige Investitionen, dieses Thema steht nun auch in der aktuellen Debatte. Was sind nachhaltige Investitionen? Wir hören in den letzten Wochen Vorschläge von Einkaufsschecks und vieles andere mehr. Wenn wir wirklich auch in Zukunft nachhaltig investieren wollen - und das will auch die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer -, ist es wichtig, diese Wirtschaftskraft, diese Wirtschaftsstruktur weiter zu stärken. Genau dazu haben wir in den letzten Monaten immer wieder neue Entscheidungen gefällt. Ich denke an die zusätzliche Qualifikation von Ingenieuren, an das stärkere Vermarkten des Wirtschaftsstandorts Thüringen, an die gute und auch flexible Anwendung der vorhandenen Förderprogramme und eine Ausweitung der entsprechenden Rahmenbedingungen. Auch das Landesstraßenprogramm ist eine solche wichtige Initiative, denn hier wird nachhaltig in die Struktur Thüringens investiert und damit die Zukunftsfähigkeit Thüringens entscheidend gestärkt.
Ein wichtiges Programm ist das unter der Überschrift „Exzellentes Thüringen“, wo wir im letzten Jahr schon im Einvernehmen mit der Wirtschaft, den Hochschulvertretern, den Forschungsvertretern eine sehr große Summe aus Steuermitteln für vier Jahre festgelegt haben, um die Verbindung von Mittelstand, Forschung, Hochschule noch zu stärken. Sie alle wissen,
dass gerade Forschung, Entwicklung und Technologie entscheidend sind für den Erfolg unserer Wirtschaft. Die Autoren haben gefragt, welchen Stellenwert die gegenwärtigen Probleme voraussichtlich in zehn Jahren haben werden, also durchaus eine mittelfristige Perspektive.
Mit Blick auf die Zukunft unterscheidet sich die Einschätzung beträchtlich. Wirtschaftspolitische Probleme verlieren an Bedeutung, sozialpolitische Probleme werden in den Augen der Befragten immer größer. Ohne Frage, wenn wir es heute fragen würden, würde das Ergebnis sicher anders ausfallen, denn die wirtschaftspolitischen Probleme würden deutlich gestärkt werden. Die künftige Problemagenda aus mittelfristiger Sicht: Sozialpolitische Probleme werden an Bedeutung zunehmen, werden vor allem vom Thema Rentensicherung und Abwanderung angeführt. Die Aufgaben, die hier zu lösen sind, sind enorm. Das wissen auch die Thüringerinnen und Thüringer. 62 Prozent sind für eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme. Eine klare Aussage, die uns auch als Politikerinnen und Politiker in die Pflicht nimmt. Die Forderung nach einer grundlegenden Reform bedeutet nicht für die Thüringerinnen und Thüringer, dass das eigenverantwortliche, private Handeln vernachlässigt werden soll. Nein, es bedeutet, dass die finanziellen Grundlagen für das soziale Sicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland neu festgelegt werden müssen. Denn zwei Drittel sagen zum Thema „Eigenverantwortung“, dass ein gewisser Geldbetrag natürlich auf die sogenannte hohe Kante zu legen ist. Das ist ein positiver Beitrag, denn Eigenverantwortung und Verantwortung der Gemeinschaft sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringen-Monitor zeigt, dass die Thüringerinnen und Thüringer verantwortlich denken und handeln, und dass sie sich weiter eine nachhaltige Politik wünschen. So sind sich die Menschen im Freistaat auch einig, dass Wirtschaftswachstum nicht auf Kosten der Umwelt gehen darf. Sechs von sieben Befragten vertreten genau diese Position. Eine Position, die im Übrigen auch Arbeitslose in hohem Maße unterstützen. 60 Prozent sind sogar bereit, höhere Preise für Produkte zu zahlen. Ein, wie ich finde, positiver Ansatz, denn gerade unsere Landwirtschaft und unsere Ernährungswirtschaft leiden ja darunter, dass häufig die Preise nicht wirklich den Produktwerten entsprechen. Die Thüringer Landesregierung stellt sich aus Überzeugung auch diesen Forderungen und gestaltet eine verantwortungsvolle, seriöse Politik, die über den Tag hinausreicht. Eine Politik, die nicht utopische Wohltaten verspricht, sondern das Verantwortungsbewusstsein aller fordert. Die Thüringer wollen auch, dass sie ihre eigenen Kräfte weiter stärken. Wir sagen, was wir tun. Wir tun, was wir sagen.
Wir halten Wort und das schafft, wie man auch dem Thüringen-Monitor entnehmen kann, Vertrauen.
In diesem Sinn ist auch das hohe Maß an Kompetenz vor allem in Wirtschaftsfragen, das die Thüringer der Politik der Landesregierung zusprechen, ein erfreulicher Vertrauensbeweis. 50 Prozent der Thüringer sagen, die Landesregierung macht diese verantwortliche Politik. Ausgesprochen positiv ist auch, dass vor allem der demokratischen Mitte die Kompetenz zur Lösung der Herausforderungen zugesprochen wird.
Insgesamt zeigt der Thüringen-Monitor 2008, dass das Vertrauen der Befragten in die Union groß ist. Gerade wenn es darum geht, die am drängendsten empfundenen Probleme zu lösen, nämlich Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern und die Abwanderung zu stoppen, traut man das am ehesten der Union zu. Auch beim Voranbringen des ländlichen Raums und bei der Kriminalitätsbekämpfung genießen wir großes Vertrauen. Die Daten beweisen, dass dieses Vertrauen auch gerechtfertigt ist. Beste Aufklärungsrate gleich kurz nach Bayern.
Auch unsere bildungspolitische Linie ist richtig. Das bestätigen die guten und auch sehr guten Ergebnisse Thüringens bei der PISA-Studie, beim Bertelsmann Länderreport und ganz aktuell im IGLU-Ländervergleich. Allerdings müssen wir diese Erfolge noch stärker vermitteln, denn sie sind nicht nur Erfolge, die statistisch wahrgenommen werden sollten, sondern sie sind ein Standortvorteil für Thüringen. Sie schaffen Zukunftspotenzial.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Thüringen-Monitor 2008 bestätigt nicht nur die Politik der Landesregierung, sondern er zeichnet auch ein positives Bild der Menschen im Freistaat. Hier leben also in der Mehrzahl Menschen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Menschen, die aber auch zu Recht fordern, dass Politik Rahmenbedingungen für dieses eigenverantwortliche Handeln schafft und weiter sichert.
Wie in den Vorjahren spricht auch der ThüringenMonitor 2008 von einem hohen Institutionenvertrauen. Zwei Drittel der Thüringer haben großes Vertrauen in sogenannte politikferne Institutionen, allen voran in die Polizei und in die Gerichte. Allerdings vertrauen immer weniger - nämlich ein Drittel - den sogenannten politiknahen Institutionen. Das Maß an Vertrauen hängt auch von wirtschaftlichen Fragen und ihrer Wahrnehmung ab. Ökonomisches Vertrauen stärkt - das war der Ausgangspunkt - politisches Vertrauen. Vertrauen, das wir rechtfertigen wollen mit einer Politik der Vernunft, der langfristigen Perspektive, der
Kontinuität und der Besonnenheit. Thüringen ist für die aktuellen und künftigen Herausforderungen gut gerüstet. Das beweisen die Daten der letzten Monate und das beweist auch dieser Thüringen-Monitor.
Trotzdem kommt der Erfolg auch künftig nicht von allein. Wenn wir unsere Verantwortung wahrnehmen, jeder an seinem Platz, wird Thüringen die gute Entwicklung der letzten 18 Jahre fortsetzen. Die Politik muss dafür glaubwürdig sein, sie muss ernsthaft sein, sie muss die Reformen anpacken, für optimale Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Thüringen sorgen und sie darf keine Luftschlösser bauen oder die Menschen mit populistischen Versprechen täuschen. Wenn man die Thüringer mittelständische Wirtschaft betrachtet, wenn man die leistungsfähige Bildungs-, Hochschul- und Forschungslandschaft betrachtet, wenn man das hohe Maß an innovativen Technologien im Thüringer Mittelstand ansieht, wenn man die Stärke der Familien betrachtet, die leistungsfähigen und intakten Kommunen oder auch die reiche Kulturlandschaft, dann sind das entscheidende Beispiele, die deutlich machen, dass die Potenziale in Thüringen gut geprägt und zukunftsfähig entwickelt sind.
Die Thüringerinnen und Thüringer werden weiterhin ihre Motivation, ihre Kreativität und Flexibilität einbringen, um diese Voraussetzungen, die geschaffen worden sind, weiter zu stärken und daraus wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Die Schlüssel für unsere Zukunft heißen also Verantwortung und Vertrauen. Wir setzen auf Thüringen, ein modernes, ein weltoffenes Land. Wir setzen vor allen Dingen auf die Menschen, die hier leben und die hier auch in Zukunft leben wollen und die auch Interesse an Thüringen haben, die zu uns kommen. Der Thüringen-Monitor 2008 bestätigt uns, er ermutigt uns und gibt uns auch neue Aufgaben auf, denen wir uns mit aller Kraft stellen werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag befasst sich heute in dem Plenum mit der Finanzmarktkrise, die uns seit einigen Wochen international, national, aber natürlich auch hier in Thüringen bewegt. Was auf den Finanzplätzen der Welt an den Börsen und Banken im Gang ist und auf die Realwirtschaft überschwappt, stellt uns alle vor eine besondere Bewährungsprobe. Es handelt sich, das kann man so formulieren, um eine außergewöhnliche Krise und die Politik hat zügig gehandelt. Ich will die Entwicklung der Krise jetzt nicht in allen Einzelheiten nachzeichnen, wichtig scheint mir, dass wir alles Erdenkliche und Mögliche tun, damit unser Finanzsystem und damit unser Wirtschaftssystem nicht zusammenbricht. Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen und nichts tun, sind die Folgen im Besonderen für Arbeitnehmer, aber auch für Unternehmen und im Besonderen auch für die Sparer verheerend. Demagogie, Lamento und reflexartige Schuldzuweisungen helfen hier nicht weiter. Wir müssen Schaden von der deutschen Volkswirtschaft abwenden im Interesse aller Bürger. Jetzt geht es darum, durch staatliche Garantien, durch gemeinsames staatliches Handeln das Vertrauen zu erhalten oder, wo es verloren gegangen ist, zurückzugewinnen, Vertrauen der Bürger, Vertrauen der Unternehmer in das deutsche Bankensystem.
Ich meine, die Bundesregierung unter Führung der Bundeskanzlerin hat ein überzeugendes Krisenmanagement geleistet; das schafft Vertrauen in Deutschland. Die Deutschen lassen ihr Geld auf den Konten, sie verfallen trotz der Krise nicht in Hysterie und Angst und das ist der Arbeit des Bundeskabinetts, vor allem dem souveränen Auftreten, der großen Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit des Duos Merkel/Steinbrück zu verdanken.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, auch der Föderalismus hat sich in dieser Notsituation bewährt. Bund und Länder haben gemeinsam bewiesen, dass unsere föderale Ordnung auch außergewöhnlichen
Herausforderungen gewachsen ist. Wir haben schnell und solide gehandelt.
Ich will auf einiges kurz eingehen und Frau Kollegin Diezel wird dann im Detail vertiefen. Am 17. Oktober haben der Deutsche Bundestag mit deutlicher Mehrheit und der Bundesrat einstimmig das Finanzmarktstabilisierungsgesetz beschlossen; ein beispielloses Rettungspaket, um den deutschen Finanzmarkt zu sichern. Das Vorgehen ist, wie Sie alle wissen, auch eng mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union und den G 7-Staaten abgestimmt. Das Gesetz hat vor allem zwei Ziele:
Erstens soll damit das Vertrauen in das Finanzsystem wiederhergestellt werden und zweitens soll damit der sogenannte Interbankenmarkt wieder aktiviert werden. Dabei sollen die Maßnahmen, wenn überhaupt, die deutsche Volkswirtschaft und die Steuerzahler nur minimal belasten. Das Paket bietet Sicherungsmöglichkeiten, mobilisiert aber auch Eigenverantwortlichkeit. Die geplanten Maßnahmen sehen vor, dass die Finanzinstitute ihr Eigenkapital stärken und Liquiditätsengpässe durch staatlich abgesicherte Garantien beheben können. Das Angebot ist nach Gesetz befristet bis zum 31. Dezember 2009.
Der sogenannte Finanzmarktstabilisierungsfonds hat drei Komponenten: Die Rekapitalisierung, die Garantieermächtigung und die Risikoübernahme. Mit Bürgschaften und Kapitalhilfen im Umfang von bis zu 480 Mrd. €, im Extrem bis 500 Mrd. €, will die Bundesregierung die Finanzmarktbranche unterstützen. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Garantieposition von 400 Mrd. € für Geschäfte von Bank zu Bank. Der Staat springt erst ein, wenn ein Kredit platzt. Der Bund veranschlagt dafür 20 Mrd. €. Außerdem soll ein Sonderfonds bis Ende des nächsten Jahres Banken Eigenkapital von bis zu 80 Mrd. € bereitstellen. Institute, die den Fonds in Anspruch nehmen wollen, müssen dafür aber Gegenleistungen erbringen. Dazu ist der § 10 besonders wichtig, denn - das ist auch eine wichtige politische Aussage - der Staat stellt Anforderungen, zum Beispiel zur Verwendung der Mittel oder wie die Gremien und die Verantwortlichen in einer Bank in einer solchen Situation vergütet werden. Er stellt auch Anforderungen an mögliche Ausschüttungen. Das ist wichtig, damit die berechtigte Sorge, die auch in Thüringen überall diskutiert wird, dass die Verantwortung der Manager in den entsprechenden Banken nicht wahrgenommen wird, dass sie aber trotzdem entsprechend hohe Vergütung bekommen, nicht einzeln erfüllt wird, sondern dass es umgekehrt dann Finanzhilfe gibt, wenn auch eine Managerverantwortung wahrgenommen wird und wenn sich auch die Vergütung der Manager an Regeln orientiert, die der Staat vor
gibt.
Falls es zu Defiziten aus dem Fonds kommen sollte - ich spreche bewusst im Konjunktiv, weil das heute niemand abschätzen kann -, werden sie im Verhältnis 65 : 35 zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Ich mache ausdrücklich deutlich, dieser Verteilungsschlüssel ist eine Ausnahme, der der gesamtstaatlichen Notsituation geschuldet ist. Bund und Länder sind einig geworden, dass wir das auch festlegen. Es gibt ein Schreiben des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, der darauf verweist, und es gibt eine entsprechende Reaktion des Bundeskanzleramts. Wir haben eine Deckelung der möglichen maximalen Belastung erreicht, sie liegt bei 7,7 Mrd. €. Das ist immer noch eine große Summe, aber erstens haben wir so Planungssicherheit und zweitens haben wir für die Abwicklung und Auflösung des Fonds auch Mitsprache gesichert. Ich bin sehr froh, dass wir uns als Länder einstimmig entscheiden konnten, Kurt Biedenkopf in den Lenkungsausschuss zu entsenden. Er vertritt Landesinteressen und ist als Volks- und Finanzwirt ausgewiesener Fachmann.
Außerdem haben wir erreicht, dass für Landesbanken oder Zweckgesellschaften, aber auch Finanzinstitute des Bundes die Länder bzw. der Bund entsprechend der jeweiligen Anteile die Verantwortung tragen. Auch das war ein Streitpunkt, der gut aufgelöst worden ist. In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass nach aktuellen Erkenntnissen die Hessisch-Thüringische Landesbank im Grundsatz eine solide Finanzsituation aufweist. Ein Beispiel dafür, dass das auch national so gesehen wird, ist, glaube ich, dass der frühere Vorstandsvorsitzende Dr. Günther Merl jetzt dem Bewilligungsausschuss vorsitzt, auch eine Wertschätzung seiner Arbeit, aber auch der Arbeit der Hessisch-Thüringischen Landesbank.
Ich will an dieser Stelle etwas zur Wahrscheinlichkeit möglicher Verluste sagen, weil die Spanne aller denkbaren Szenarien sicher sehr breit ist. Die Bundesregierung hat sich an den Erfahrungen Schwedens Anfang der 90er-Jahre orientiert. Nachdem alle Risiken überstanden waren und abgerechnet wurde, hat der Staat nicht eine einzige schwedische Krone verloren. Sicher anders als damals beschränkt sich jetzt die Finanzmarktkrise nicht nur auf ein Land, sondern hat eine globale Dimension, aber gleichwohl kann man auch Parallelen ziehen. Nach heutigem Kenntnisstand ist es nicht wahrscheinlich, dass die öffentlichen Haushalte das gesamte Paket im Umfang von 480 Mrd. € finanzieren müssen. Experten gehen - und so ist es auch im Gesetz verankert -
von einer Summe bis 20 Mrd. € aus. Sollte aber der worst-case-Fall eintreten und der Staat für Verluste aus dem Rettungspaket haften, müsste der Freistaat Thüringen rund 184 Mio. € zahlen - eine Belastung, die für Thüringen einen enormen Kraftakt bedeutet, das wissen wir alle, wenn wir unseren Haushalt anschauen. Ich will das auch gar nicht schönreden, aber es ist ein außergewöhnlicher Erfolg, dass wir eine Deckelung der Risiken erreicht haben und sie auf ein Niveau begrenzen konnten, das über Jahre auch tragbar ist.