Protocol of the Session on June 20, 2007

Ich begrüße Sie zu unserer heutigen Sondersitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße ebenso unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags auf Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in Drucksache 4/3096 vor.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Frau Abgeordnete Wolf und die Rednerliste führt Herr Abgeordneter Eckardt.

Für die heutige Sitzung hat sich entschuldigt Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen. Ich möchte ihr von dieser Stelle aus recht herzlich gratulieren zur Geburt ihres Sohnes Peter. Wir wünschen der Mutter und dem Kind alles Gute, ein gutes Gedeihen für den kleinen Peter.

(Beifall im Hause)

Ihnen liegt die Tagesordnung für die heutige Sitzung vor. Wird der Tagesordnung widersprochen? Es liegt kein Widerspruch gegen die Tagesordnung vor.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts unserer heutigen Sondersitzung

Bericht zur Zukunft des Landes Antrag der Fraktionen der Links- partei.PDS und der SPD - Drucksache 4/3095 -

Wünscht jemand der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Ministerpräsidenten Dieter Althaus das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gehört zu der parlamentarischen Praxis und zu dem Recht der Fraktionen, Sondersitzungen zu beantragen, so natürlich auch gleiches Recht für Linksfraktion und SPD. Gleichwohl fehlt mir für das Verhalten der Opposition, für diese ebenso überstürzte wie überflüssige Sondersitzung, für diese ausgeprägte Ungeduld der beiden Fraktionen jegliches

Verständnis.

(Beifall bei der CDU)

Sorgfalt geht vor Schnelligkeit, also haben Sie bitte noch ein wenig Geduld und Verständnis, dass ich bei dem von mir bereits angekündigten Terminplan selbstverständlich bleibe. Am 12. Juli, also schon gut in drei Wochen, werden der Doppelhaushalt 2008/ 2009, das Haushaltsbegleitgesetz sowie das Finanzausgleichsgesetz in den Landtag eingebracht und dann werde ich auch die von Ihnen erwartete Regierungserklärung halten.

Die Regierungserklärung bilanziert dann die Reformprojekte, die wir seit 2004 erfolgreich auf den Weg gebracht und bereits umgesetzt haben. Darüber hinaus werde ich auch den Fahrplan für die Zeit bis 2009 erläutern. Im Anschluss an die Regierungserklärung haben Sie selbstverständlich ausgiebig Gelegenheit, darüber zu debattieren. Damit aber klar ist, dass wir in keiner Weise die Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben, bisher nicht erfüllt haben, sondern im Gegenteil eine exzellente Leistungsbilanz vorliegt, will ich einige kurze Stichworte nur kursorisch aufzählen.

Wir haben die Familienoffensive umgesetzt, wir haben die Behördenstrukturreform auf den Weg gebracht und haben dabei im Besonderen die Standortveränderungen schon umgesetzt.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Wir haben die Straffung der Landesbehörden mit mehr Effizienz und Bürgernähe zum Anlass genommen, um gleichzeitig transparente Strukturen zu bilden und wir haben auch die Aufgaben der Landesgesellschaften gebündelt. Wir haben, so wie zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, nachvollziehbare und verträgliche Kommunalabgaben; auf dieser Ebene ist Ruhe. Wir haben auch die angekündigten abzubauenden Personalstellen selbstverständlich in den Haushalten ausgewiesen und werden jetzt mit dem Doppelhaushalt die letzte Rate der Personalstellen entsprechend ausweisen. Wir sind derzeit in den letzten Beratungen zum Kommunalen Finanzausgleich und werden ihn nächste Woche im Kabinett verabschieden. Wir haben bei den Theatern und Orchestern in den nächsten Tagen noch einige Gespräche, dann ist auch das spätestens zur Beratung des Doppelhaushalts abgeschlossen und wir liegen damit bei einer Kulturquote, wie sie die CDU-Fraktion immer für notwendig erachtet hat, von 1,3 Prozent und

(Beifall bei der CDU)

wir haben in den letzten Monaten des Jahres 2006 die Wirtschaftsförderung neu ausgerichtet und sind in diesen Monaten dabei, abschließend die Technologieförderung neu auszurichten. Das Gesetz zur weiteren Strukturierung der Thüringer Polizei, OPTOPOL, ist im Landtag zur Beratung und wir haben vor wenigen Tagen das Projektpaket „Innere Sicherheit“ gleichzeitig mit der Festlegung, in jedem Jahr, auch in den nächsten Jahren 120 neue Einstellungen in die Thüringer Polizei vorzunehmen, weil wir wissen, wie wichtig innere Sicherheit ist und wie gut unsere Thüringer Polizei arbeitet, das wissen Sie auch. Deshalb ist es richtig, dass dieser erfolgreiche Weg fortgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden einen Doppelhaushalt vorlegen, bei dem in den Jahren 2008 und 2009 keine Nettoneuverschuldung mehr vorgenommen wird, so dass auch mit dem Schuldenabbau ab dem Jahr 2010 begonnen werden kann, wenn die Konjunktur in Deutschland und damit auch in Thüringen sich so weiterentwickelt wie derzeit von den Wirtschaftsinstituten prognostiziert wird. Wir haben eine „Zukunftsinitiative Exzellentes Thüringen“ vorbesprochen, wo wir Hochschulpakt, Forschungseinrichtungen, Technologieförderung miteinander verbinden. Wir werden zusätzlich Geld investieren, um diese wichtigen Bereiche mit der mittelständischen Wirtschaft noch weiter voranzubringen. Wir haben auch die Neuregelung der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft, so wie vom Gesetz vorgeschlagen, auf den Weg gebracht. Wir haben eine ganze Reihe von Gesetzen verabschiedet, die infolge der Föderalismus-1-Reform notwendig waren. Wenn wir dann Mitte Juli den Doppelhaushalt einbringen, das Finanzausgleichsgesetz und das Haushaltsbegleitgesetz in einer ganzen Reihe von Gesetzen, die unter anderem die Kommunalisierungen regeln, dann wird der zweite wesentliche Schritt in dieser Legislaturperiode Gesetz sein und damit wird erneut deutlich, dass die Regierung wichtige Reformprojekte definiert, anpackt und auch umsetzt. Das wird der Leistungsfähigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit Thüringens weiter positive Impulse geben.

(Beifall bei der CDU)

Dass dies in der Praxis so ist und scheinbar nur bei Ihnen nicht angekommen ist, brauchen Sie nur tagtäglich den Zeitungsmeldungen zu entnehmen.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben bei der Arbeitsmarktentwicklung eine hervorragende Platzierung innerhalb der jungen Länder. Wir haben beim Bruttoinlandsprodukt derzeit eine Prognose bis zum Jahr 2010 von 9 Prozent Wachs

tum - im Übrigen noch vor Sachsen -, so gerade vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle prognostiziert. Wir haben bei der Technologieentwicklung und bei der Ansiedlungsentwicklung besondere Erfolge. Ich will nur aufzählen aus den Eröffnungen und aus den Grundsteinlegungen der letzten Wochen und Monate: N3 und Gonvauto bei Arnstadt, ein spanischer Investor, Horsch bei Ronneburg, Ersol hier in der Nachbarschaft bei Arnstadt, Klemme in Nordhausen, Mc Airlid im Eichsfeld, Sandwig in Wernshausen, Kerntechnik in Schleusingen, Schott Solar in Jena und Emitec am Kindel. Wir haben auch wichtige Entscheidungen gefällt, die für die nächsten Jahre für die Kultur von besonderer Bedeutung sind, nicht nur dass der Theater- und Orchesterbereich erfolgreich verhandelt und in den nächsten Tagen auch abgeschlossen wird, sondern wir haben auch entschieden, dass die Ausstellung 2009 „Natur im Städtebau“ in Bad Langensalza stattfindet und der Thüringentag 2009 in Greiz. Das zeigt, dass neben den festen Projekten „Bauhausjahr 2009“ auch diese konkreten Projekte aus der Tradition heraus umgesetzt werden. Ich denke, die wenigen Stichworte machen deutlich, dass Sie entweder blind sind, nicht wahrnehmen wollen oder boshaft sind - egal mit welcher Motivation Sie eine solche Sondersitzung beantragen. Ich habe keine Lust, im Detail auf Ihre Fragen einzugehen, weil die Regierungserklärung angekündigt ist und ich werde sie auch entsprechend halten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Hausold, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, werte Gäste, Herr Ministerpräsident, dass Sie nicht auf Details eingehen können, kann ich ein Stück weit verstehen, weil ich glaube, mit den Details ist es nicht so weit her.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sie haben gesagt, Sorgfalt geht vor Schnelligkeit, aber ich muss Ihnen sagen, aus meiner Sicht gehen bei Ihrer Politik noch nicht mal Langsamkeit und Sorgfältigkeit zusammen. Es gehen Langsamkeit und Unseriösität zusammen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist kein Zustand, den man in diesem Land weiter einfach so hinnehmen kann. Es ist vor allen Dingen ein Zustand, mit dem sich der Gesetzgeber

dieses Landes - nämlich unser Hohes Haus - gründlich befassen muss. Selbst wenn ich Ihre Bemerkung aus der Zeitung ernst nehme - ich zitiere mit Erlaubnis aus der TA vom 20.06. -, selbst dort steht: „Die Landesregierung hat viele ihrer Pläne erfüllt und viele nur halb oder gar nicht; mindestens gemischte Bilanz.“ Also Ihre Erfolgsstory, die Sie hier uns noch mal mit Verweis auf die Presse darbieten wollten im Großen und Ganzen, die trifft ja noch nicht mal in der Presse zu, Herr Ministerpräsident. Die müssen Sie schon genauer lesen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dann gab es natürlich einen recht aktuellen Anlass, der unsere Fraktion letztlich dazu bewogen hat, diese Sondersitzung einzuberufen. Das waren die Auseinandersetzungen um den Kommunalen Finanzausgleich. Ich muss auch mal sagen, man kann das nicht schönreden; denn das, was Sie hier angeboten haben, hat letzten Endes in einer regelrechten Revolte auch Ihrer eigenen Parteifreunde in den Kreisen und Gemeinden gegen die Regierungspolitik seinen Widerhall gefunden. Das kann man doch nicht schönreden und nicht hinnehmen, meine Damen und Herren.

Weil ich dabei bin, dann will ich in Sachen Kommunaler Finanzausgleich - das wird uns ja die nächsten Tage noch beschäftigen - hier schon mal deutlich sagen: Es geht dabei nicht um irgendeine Frage der Landespolitik, um irgendeine Art und Weise der Verwendung von Mitteln und Verteilung von Mitteln so oder so, sondern es geht, meine Damen und Herren, um eine Aufgabe von Verfassungsrang. Dieser Verfassungsrang sagt letztlich, es geht um gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen in diesem Land Thüringen unter unterschiedlichen territorialen Voraussetzungen. Das ist die Pflicht, die die Landesregierung zuerst zu beachten hat. Ich sage, Sie tun das einfach nicht. Es geht auch um die Fragen: Bleibt unseren Städten und Gemeinden - schon oft erörtert - noch eine Möglichkeit zur kommunalen Selbstverwaltung? Bleibt noch die Möglichkeit von Eigeninitiative und Entscheidung? Was Sie vorgelegt haben mit diesem Finanzausgleichsgesetz, sagt das genau nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist eine zuhöchst demokratische Frage in dieser Gesellschaft. Sie stellen mit Ihrer Politik demokratische und verfassungsrechtliche Grundprinzipien dieses Landes von den Füßen auf den Kopf. Das muss thematisiert werden in diesem Haus und in dieser Aussprache.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mein Vorgänger Bodo Ramelow hat bekanntermaßen, Herr Althaus, auf Ihre Regierungserklärung aus dem Jahre 2004 geantwortet.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, ja, das können Sie doch mit sich ausmachen, Herr Fiedler. Ich weiß ja auch, Sie wären gern Innenminister, aber Sie können es wohl nicht werden.

(Unruhe bei der CDU)

Noch nicht mal in Ihrer eigenen Partei scheint es dafür eine Mehrheit und Voraussetzung zu geben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das lassen Sie uns mal miteinander debattieren.

(Glocke der Präsidentin)

(Unruhe bei der CDU)

Worauf ich hinaus wollte, Bodo Ramelow hat damals gesagt, dieser Landesregierung fehlt ein Plan, ein Masterplan für Thüringen. Er hat damals - man höre und staune - gesagt: Die Besetzung 2004 mit Staatssekretären kommt einem Würfelspiel gleich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Erinnere ich mich jetzt falsch oder hatten wir das erst vor Kurzem wieder, meine Damen und Herren, bei den Änderungen, die Sie vorgenommen haben? Ich zitiere noch mal: „Mit dem plan- und wahllosen Streichen und Zusammenlegen von Ämtern hinterlässt die Regierung wahrscheinlich eine Spur der Verwüstung im Land.“