Juliane Pfeil-Zabel
Appearances
6/42
6/43
6/44
6/47
6/49
6/50
6/53
6/54
6/57
6/58
6/59
6/61
6/62
6/64
6/67
6/70
6/72
6/73
6/74
6/77
6/78
6/80
6/81
6/82
6/83
6/86
6/89
Last Statements
Vielen herzlichen Dank! Sehr geehrter Herr Minister Piwarz! Das Gute-Kita-Gesetz ist jetzt durch alle Instanzen durch. Wir fragen uns, wie weit denn die Vereinbarungen zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Bund vorangegangen sind, wann wir mit einem Abschluss rechnen können und vor allem auch, auf wie viele Jahre geschlossen wird, sprich auf zwei oder auf vier Jahre, um auch zu wissen, wie die nächsten Haushalte entsprechend finanziell ausgestattet sind.
Sehr geehrter Herr Sitzungspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wohl kaum eine Kollegin oder ein Kollege wird heute ausführen, dass er hinter dem Ziel, Sachsen zu einem familien- und kinderfreundlichen Bundesland zu entwickeln, nicht steht. Es wird auch keiner der hier Anwesenden anzweifeln, dass Eltern ausreichend Zeit für ihre Kinder haben sollen. Aber – Frau Kuge hat es zu Recht angesprochen – Familie ist ein Stück weit mehr.
Herr Gebhardt, Sie sprachen über die unterschiedlichen Formen von Familie. Was mir in Ihrem Antrag, im Gesetzentwurf, fehlt, ist die große Frage der pflegenden Angehörigen. Es ist etwas mehr als nur die Erziehung der Kinder, die eine Familie ausmacht, sondern auch, wie man sich um die anderen Familienmitglieder kümmert, wie man sie pflegt, wie man füreinander da ist.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist nett gemeint. Wir lesen von einer vermeintlich einfachen Lösung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranzubringen und dem Zeitproblem zu begegnen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Trugschluss, wenn wir meinen, mit einem Tag mehr frei und einzig mit der Betitelung eines einzigen Tages lösen wir die in der Begründung angeführten Probleme – Herr
Gebhardt sagte es: Bekämpfung von Kinderarmut, Stärkung der Kinderrechte, Stärkung des Kinderschutzes. Weder der eine Tag noch der eine Titel ändern an diesen grundsätzlichen Problemen im Freistaat etwas.
Ich würde mir wünschen, dass es so einfache Antworten gäbe. Aber wir alle wissen, so einfach sind die Antworten nun einmal nicht.
Ich bin bei Ihnen, wenn Sie zu Recht ansprechen, dass wir die Familien in Sachsen weiter stärken müssen. Ich bin auch bei Ihnen, dass die stetig wachsenden Anforderungen gerade an unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu einer immer stärkeren Belastung führen. Sie prägen das Familienleben in negativer Art und Weise. Hier besteht dringender Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen der Gesellschaft und der Arbeitswelt. An dieser Stelle bringt uns ein Feiertag jedoch wenig. Lassen Sie uns eher über die Forderung der IG Metall nach einer 35Stunden-Woche sprechen
und an den Stellen drehen, die wirklich zu einer Entlastung führen. Die Arbeitszeitbelastung ist enorm hoch, die Fahrtwege oftmals sehr lang, eine 40-Stunden-Woche für viele Arbeitnehmer schon lange keine Realität mehr. Viele arbeiten weit darüber hinaus und das, um ihre Familien überhaupt ernähren zu können. Wer jeden Tag 14 Stunden arbeiten muss und es dann mit Pausen und Fahrtzeiten nicht einmal schafft, sein Kind, das neun Stunden in der Kita betreut wird, selbst abzuholen – dann reden wir über eine systematische Problemlage in unserer Gesellschaft und nicht nur über einen Feiertag.
Daher ist es uns enorm wichtig, dass die Eltern auf eine stabile Betreuungsstruktur für ihre Kinder zurückgreifen können. Aber nicht nur das, wir müssen sie auch im Job entlasten.
Ich bin ebenfalls bei Ihnen, wenn Sie zu Recht die schwierige Situation von Alleinerziehenden ansprechen, die gemeinsam mit ihren Kindern zu den am stärksten von Armut bedrohten Gruppen im Freistaat zählen. Das ist ungerecht und stimmt mich traurig. Aber auch dieser Punkt wird mit einem Feiertag nicht gelöst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht, dass diese Debatte eine wird, die im Nachgang so dargestellt wird, dass es der Mehrheit des Sächsischen Landtags nicht wert wäre, den Eltern und den Kindern im Freistaat mehr Zeit zu schenken. Es geht um mehr Zeit – jeden Tag, jede Woche, jeden Monat und jeden Moment. Nicht der Titel allein wird an der realen Situation der Familien in Sachsen etwas ändern. Es damit zu suggerieren ist ein wenig Augenwischerei und wird den großen Herausforderungen in diesem Bereich nicht gerecht.
Wir bleiben im Ziel geeint, auch gemeinsam mit den LINKEN. Ich schätze sehr, welche Initiativen in den letzten Jahren von Ihnen ergriffen wurden. Ich denke an
die Große Anfrage zu Alleinerziehenden. Ich glaube, wir hatten wichtige Themen, die wir hier gemeinsam diskutiert haben. Wir bleiben geeint im Ziel. Die Mittel sind unterschiedlich. Dieses Mittel lehnen wir an der Stelle ab.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Es schließt sich die AfD-Fraktion mit Herrn Dr. Weigand an. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder bedeuten Armut. So furchtbar, wie sich das anhört, so real ist das leider noch immer in Deutschland, in Sachsen im Jahr 2018. Kinder gelten als einer der Hauptgründe für Armut und jedes fünfte Kind gilt selbst als arm oder von Armut bedroht. Die Statistiken zeigen leider auch, dass ein Grund für die Armut von Kindern ist, dass sie bei nur einem Elternteil aufwachsen. Zahlt ein Elternteil nicht den geforderten Unterhalt, bedeutet dies nicht nur Streit zwischen den Eltern, sondern vor allem auch, dass die Leidtragenden die Kinder sind.
Mit dem heute vorliegenden Aufgabenübertragungsgesetz werden nun auch die Neuregelungen für den Unterhaltsvorschuss auf Landesebene nachvollzogen. Die vom Bund beschlossenen Neuregelungen waren ganz dringend notwendig, denn es war viel zu lange für alle nicht nachvollziehbar, dass der Unterhaltsvorschuss auf eine Zeitdauer von 72 Monaten beschränkt und nur maximal bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gezahlt wurde.
Die Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes war ein Meilenstein für eine moderne Familienpolitik. Mit der Aufhebung der Höchstbezugsdauer und der Höchstaltersgrenze auf 18 Jahre können Kinder, die bei nur einem Elternteil aufwachsen, wirklich gestärkt werden.
Getragen wird diese Aufgabe von Bund, Land und Kommunen gemeinsam, doch die entscheidende Rolle – und genau darum soll es heute auch gehen – schultern unsere Kommunen vor Ort. Sie entscheiden über den Unterhaltsvorschuss, sie zahlen ihn aus und sie begleiten die Familien in diesen schwierigen Situationen. Sie sind es auch, die in den letzten Monaten entsprechend Personal dafür bereitstellen mussten. Bei der Berechnung der möglichen Fallzahlen musste ein Schätzwert angenommen werden. Über diesen haben wir schon mehrfach diskutiert. Schon heute zeigt sich – Frau Lauterbach hat es auch schon erwähnt –, dass er nicht mit den realen Zahlen übereinstimmt.
Als Beispiel habe auch ich mir die Stadt Dresden herausgenommen und die Prognosezahl des Bundes mit hergenommen, die nämlich für die Landeshauptstadt bei 4 606 Fällen lag. Real zum 30. Juni 2018 – Frau Lauterbach hat es schon erwähnt – waren es 6 871 Fälle. Dementsprechend wurde uns in der Anhörung vonseiten des Jugendamtes Dresden auch das Mehr an Personalaufwendungen widergespiegelt, welches sich auf 15 Personen beziffern lässt.
Der von uns heute vorgelegte Entschließungsantrag, den ich jetzt einbringe, fordert daher die Staatsregierung auf, die mit den kommunalen Landesverbänden für das Jahr 2020 vereinbarte gemeinsame Überprüfung bereits im Jahr 2019 einzuleiten. Dabei muss das Gesetz und seine Wirkung dringend evaluiert werden. Besonders die gestiegenen Fallzahlen, aber auch die Bearbeitungsdauer müssen dabei genau berücksichtigt werden. Danach müssen die nötigen Anpassungen vorgenommen werden.
Der Freistaat – so glaube ich – möchte keine dauerhafte Mehrbelastung der Kommunen und muss daher eine möglichst baldige Evaluierung des Gesetzes auf Bundesebene fordern.
Schon mehrfach sprachen wir in diesem Haus über die Möglichkeit der Rückholquoten. Unser Entschließungsantrag fordert daher die Staatsregierung auf, mit den Kommunen weitere Versuche zu unternehmen, diese zu steigern, und Modelle aus anderen Bundesländern in Betracht zu ziehen. In der Anhörung hat es dabei einige Vorschläge gegeben. Unter anderem wurde eine zentrale Unterstützung beim Forderungsmanagement oder eine Änderung des Landesvollstreckungsgesetzes angesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über den Inhalt des Unterhaltsvorschussgesetzes haben wir schon mehrfach diskutiert. Ich denke, heute ist der Tag, an dem wir die Anpassung vornehmen müssen. Dabei müssen wir mit Blick auf unsere Kommunen für uns die Entscheidung treffen, dass wir beim Status quo nicht bleiben können. Wir müssen das Gesetz dringend evaluieren und die Zahlen überprüfen. Dafür gibt es heute den Entschließungsantrag von CDU und SPD und den Auftrag an die Staatsregierung.
Ich bitte Sie alle um Unterstützung des Antrages und natürlich des Gesetzes.
Trotzdem noch einmal ganz kurz: Wir haben mit dem Entschließungsantrag an dieser
Stelle einen anderen Weg aufgezeigt, wie wir mit der Problematik umgehen wollen. Ich denke, gerade was die Kommunen betrifft, wollen wir alle in die gleiche Richtung. Wir sehen den Weg nur in der Evaluierung und nicht in der Festschreibung im Gesetz. Daher lehnen wir den Änderungsantrag ab, werben aber nochmals für die Unterstützung unseres Entschließungsantrags.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im wahrsten Sinne des Wortes: Bundesweit wegweisend ist etwas, was vom sächsischen Ministerium für Gleichstellung und Integration im Jahre 2015 eingeführt und erprobt wurde: die Wegweiserkurse in der EAE in Dresden für neu ankommende Flüchtlinge, die inzwischen zum Regelangebot der Erstorientierungskurse deutschlandweit geworden sind.
Das damalige Modellprojekt der Wegweiserkurse war für Sachsen und die Bundesrepublik bis dato einmalig. Das Konzept, das in Sachsen entwickelt wurde, wird inzwischen flächendeckend, nicht nur deutschlandweit, auch in Bayern – für die Kolleginnen und Kollegen der CDU – umgesetzt – ein kleiner und erfolgreicher Meilenstein in der Integrationsarbeit.
Unabhängig vom Stand des Asylanerkennungsverfahrens werden in den Erstorientierungskursen sofort erste grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache und die Grundregeln unseres Zusammenlebens vermittelt. Mit dem praxisnahen Alltagswissen, das die Teilnehmer erhalten, können so manche Konflikte bereits im Entstehen entschärft werden. Das kommt sowohl den Asylsuchenden als auch denjenigen zugute, die mit Asylsuchenden zu tun haben. Sie werden darüber informiert, wie das Zusammenleben in Deutschland funktioniert, wie wichtig beispielsweise die Werte der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Religionsfreiheit und der Gewaltlosigkeit sind, und sie lernen erste wichtige deutsche Worte.
Das sächsische Konzept zeichnet sich aber vor allem dadurch aus, dass neben den Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern, die einen niedrigschwelligen Einstig in die deutsche Sprache ermöglichen, auch sogenannte Kulturmittler mit Migrationshintergrund den Teilnehmenden wichtiges Orientierungswissen und grundlegende Werte für ein Zusammenleben in Deutschland in der Herkunftssprache der Asylsuchenden vermitteln.
Ich bedauere daher etwas, dass das Konzept der Kulturmittler keinen Einzug in das Bundesprogramm gefunden hat, sondern nur in unseren Wegweiserkursen so gehandhabt wird. Die Kulturmittler sind wichtige Brückenbauer. Es sind überwiegend Frauen, die die Muttersprache der Asylbewerberinnen und Asylbewerber sprechen und seit längerer Zeit in Deutschland leben.
Unsere Kurse haben einen Umfang von 30 Unterrichtsstunden und werden kompakt für Gruppen von maximal 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Woche angeboten. Mit dem Malteser Hilfsdienst, der Dresdener Volkshochschule, den Johannitern und „Arbeit und Leben“ haben wir starke Partner für die Umsetzung dieser Kurse. Aber natürlich läuft in einem Kurs nicht immer alles rund und perfekt. Einigen Kursteilnehmern fällt die sprachliche und kulturelle Umstellung schwer. Natürlich können wir nicht davon ausgehen, dass sich die Menschen in den wenigen Unterrichtseinheiten vollkommen an Deutschland gewöhnen. Aber sie können ein Grundniveau zur Verständigung und Orientierung erreichen.
Bei den meisten sind gerade in der Ankunftszeit in Deutschland die Neugier und die Euphorie sehr groß. Wenn die Menschen dann wissen, dass sie nicht in Deutschland bleiben dürfen, ist die Motivation vielleicht nicht mehr ganz so hoch. Aber auch das ist doch nur menschlich.
Nichtsdestotrotz kann bei den sächsischen Erstorientierungsprojekten von einem Erfolgsprojekt gesprochen werden. Sie geben schnelle Orientierung und vermitteln
unkompliziert wichtige Inhalte für das Zusammenleben in Deutschland. Damit stärken sie auch unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Der Antrag heute soll dazu dienen, dieses sehr gute sächsische Projekt, das inzwischen zum Standard geworden ist, noch einmal in den Blick zu nehmen, Wirkung und Zielrichtung zu evaluieren; denn ich glaube, auch auf guten Projekten sollte man sich nicht ausruhen, sondern sie immer wieder einmal hinterfragen. Dazu dient dieser Antrag, und ich freue mich schon sehr auf die Ausführungen der Ministerin später dazu und werbe hiermit um Unterstützung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte und die Ausführungen der Ministerin haben gezeigt, dass es eben nicht so ist, dass wir nicht darüber sprechen sollten, welche Projekte bei uns laufen bzw. wie die Mittel ausgegeben werden.
Gerade die AfD ist immer die Erste, die genau darauf schaut, wie die Mittel im Bereich Integration ausgegeben werden. Das ist ein Erfolgsprojekt. Es stehen jetzt wieder 3 Millionen Euro im Haushalt. Das ist doch kein Pappenstiel, wie wir damit umgehen.
Wenn wir damit tatsächlich etwas geschaffen haben, worauf jetzt von Bayern aus und deutschlandweit geschaut wird, dann sollten wir darüber sprechen. Dann sollten wir einmal sagen: Ja, liebe Frau Ministerin, das haben Sie richtig gemacht. Ja, lieber Sächsischer Landtag, damit haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Da schauen wir auch noch einmal drauf, wie es sich weiterentwickelt und was sich daran noch ändern kann. Ich weiß, das Ministerium ist immer darauf bedacht zu schauen, wie effektiv die Strukturen laufen und was man daran ändern kann.
Der Antrag hat auf alle Fälle eine Bewandtnis. Wir unterstützen ihn weiterhin und bitten um Zustimmung.
Ich würde gern unsere Ablehnung begründen. Die Punkte 1 und 3 kann man größtenteils in der Stellungnahme nachlesen bzw. hat die Ministe
rin vorhin auch gesagt, Sie können gern eine Kleine Anfrage dazu stellen.
Zum Punkt 1.2: An dieser Stelle entblößen Sie sich natürlich wieder einmal selbst. Es wird davon ausgegangen, dass nur Deutschstämmige oder diejenigen, die eine deutsche Staatsbürgerschaft haben, über Werte wie Gleichstellung oder Gerechtigkeit sprechen und deutsche Werte vermitteln können – was auch immer die deutschen Werte sind.
Uns geht es um Werte, die einfach das Zusammenleben in der Gesellschaft organisieren bzw. sicherstellen. Das sind nicht nur deutsche Werte, sondern Werte, die sehr viel mehr Länder betreffen und die nicht nur jemand mit einer deutschen Staatsbürgerschaft vermitteln kann. Es wurde vorhin schon gesagt: Die Kulturmittler wurden geschult. Sie haben natürlich alle eine Arbeitsgenehmigung, denn sonst könnten sie dort nicht arbeiten. Von daher erübrigt sich diese Frage auch. Ich finde den ersten Punkt des Änderungsantrages eher etwas dreist und des Themas nicht würdig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch im Namen der SPD-Fraktion möchten wir Herrn Mackenroth für die geleistete Arbeit danken, auch wieder für den vorliegenden Bericht, und hoffen weiterhin auf konstruktive und gute Zusammenarbeit. Wir geben die Rede zu Protokoll.
„Sachsen hat, was den Ruf bezüglich Weltoffenheit angeht, noch eine deutliche Wegstrecke vor sich. Einen guten Ruf kann man schnell verlieren. Bei einem schlechten Ruf muss man sich über viele Jahre beweisen, ehe er vergessen ist.“ – Martin Gillo, Jahresbericht 2013, Seite 102. Dieses Zitat stammt aus dem Jahresbericht des Ausländerbeauftragten Martin Gillo aus dem Jahre 2013.
„Zwar lernen wir hier in Sachsen, immer besser mit den Herausforderungen umzugehen. Wir lernen aber auch, dass unakzeptable, fremdenfeindliche Gegenbewegungen nicht Halt machen. Wir sehen Diskriminierungen, Bedrohungen und Populismus.“ Dieses Zitat stammt aus dem uns heute vorliegenden Bericht, Seite 117.
Schrieb Martin Gillo vor fünf Jahren, dass wir uns über viele Jahre beweisen müssen, so hatte er recht. Teil der gesellschaftlichen Stimmung in Sachsen ist leider noch immer Ausgrenzung und Hass, was uns die Ereignisse zuletzt in Chemnitz wieder einmal deutlich vor Augen geführt haben. Der uns heute vorliegende Jahresbericht des Ausländerbeauftragten von 2017 zeigt uns aber auch, mit welchem Engagement der Freistaat, die Vereine und Initiativen und die vielen Ehrenamtlichen für eine schnelle und gute Integration einstehen.
Der Bericht gibt wieder einmal einen ausführlichen Einblick, auf welch vielfältige Art und Weise Integration in Sachsen gefördert wird, sei es durch die Förderung der Flüchtlingssozialarbeit, der Forschung des Dachverbandes sächsischer Migrantenorganistionen oder der psychosozialen Zentren. Er zeigt uns aber auch, welche behördlichen Hürden es in Sachsen gibt, welche Defizite zum Teil in den Kreisausländerbehörden bestehen und welche Bereiche, beispielhaft die Situation am sächsischen Wohnungsmarkt, stärker in unseren Fokus rücken müssen.
Im Bericht ist dazu zu lesen, dass ein Testing des Antidiskriminierungsbüros Sachsen e. V. belegt, dass Ausländer in 60 % der auswertbaren Fälle auf dem Wohnungsmarkt in Leipzig diskriminiert werden. Ähnliche Meldungen erhielt der Sächsische Ausländerbeauftragte auch aus anderen Kommunen.
Aus den geführten Interviews kann man außerdem beispielhaft gut erkennen, dass es auch vermeintlich „kleinere Probleme“ gibt, die Ausländer in Sachsen das Leben erschweren: Unklarheiten über BAföG-Bezüge, Führer
scheinanerkennung, einfache Sprache bei Behördenbriefen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich, Herr Dr. Mackenroth, diesen Dingen in Ihrer Funktion als Ausländerbeauftragter noch stärker annehmen. Aus dem Jahresbericht gehen für mich drei Schwerpunkte hervor, die zu Recht angesprochen wurden und dringend einer Klärung bedürfen.
Erstens, die Schulbildung: Im Bericht wird mehrfach angesprochen, dass eine schulische Bildung, gar ein Schulabschluss als dringendes Erfordernis für eine gute Integration am Arbeitsmarkt gesehen wird. Mit dem nun endlich gestarteten Programm zur Beschulung der über 18-Jährigen beginnen wir eine Lücke zu schließen - leider bislang nur für 1 600 statt für 2 000 Teilnehmer; damit lassen wir weiterhin zu viele junge Menschen zurück –, die in der Perspektive geschlossen werden muss. Auch eine weitere Lücke ist in Sachsen noch nicht geschlossen worden – ich zitiere –: „Der Zugang zum Bildungssystem darf nicht um mehr als drei Monate, nachdem ein Antrag auf internationalen Schutz von einem Minderjährigen oder in seinem Namen gestellt wurde, verzögert werden. Das gibt Artikel 14 Abs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, vor.“
Auch das Sächsische Schulgesetz sieht das nicht anders. § 26 – Allgemeines: (1) Schulpflicht besteht für alle Kinder und Jugendlichen, die im Freistaat Sachsen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Die Realität sieht in den sächsischen EAEs jedoch ganz anders aus. Gerade einmal ein Modellprojekt mit 30 Plätzen an der EAE Chemnitz ist Sachsens Realität. Und wir fragen uns, ob damit tatsächlich den gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen wird. Ich habe mir mit einigen Kollegen meiner Fraktion das Projekt in Chemnitz angeschaut. Wir sehen es durchaus als gute Betreuungsmaßnahme für die geflüchteten Kinder in der Einrichtung, als eine Art Ergänzung, die in den ersten drei Monaten, nachdem dann die Schulpflicht greift, zur Verfügung gestellt wird.
Das Projekt kann jedoch, nach unserer ausdrücklichen Überzeugung, den regelhaften Besuch einer Schule nicht ersetzen.
In den §§ 26, 27 und 28 unseres Schulgesetzes ist klar geregelt, dass für alle Kinder ab sechs Jahren, die im Freistaat wohnen, eine Schulpflicht besteht. Dies gilt ebenso für Kinder, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, denen nach drei Monaten der Besuch einer wohnortnahen staatlichen Schule ermöglicht werden muss.
Deswegen fordern wir das SMK und das SMI auf, hier schnell eine Lösung für das Problem zu finden, und Sie, Herr Mackenroth, sich für das Recht auf Bildung für Flüchtlingskinder starkzumachen.
Zweitens, der Zugang zu Ausbildung und Arbeit. Im Bericht wird durchaus kritisch der Umgang mit der 3+2
Regelung in den einzelnen Kreisausländerbehörden angesprochen. Diese Kritik und der Wunsch nach klaren Ansagen in die Kommunen teilen wir ausdrücklich. Ohne die zuverlässige Anwendung der 3+2-Regelung können weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zuverlässig planen. Auch ihre Forderung nach einer zügigen Umsetzung des „Spurwechsels“ unterstützen wir.
Etwas befremdlich war für mich, dass im Bericht die mangelnde Unterstützung der Arbeitgeber benannt wurde, die oft hilflos vor den bürokratischen Hürden stehen, die eine Einstellung eines Geflüchteten mit sich bringen. Es befremdet mich nicht, dass diese Feststellung getroffen wurde, durchaus aber, dass die Arbeitsmarktmentoren keine Erwähnung in den insgesamt 186 Seiten finden. Die Arbeitsmarktmentoren sind ebendieses Bindeglied zwischen den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern. Sie beraten und unterstützen die Geflüchteten bei allen Maßnahmen, die diese ergreifen müssen, bis sie einen Job oder einen Ausbildungsplatz finden, und stehen ihnen auch danach mit Rat und Tat zur Seite. Zugleich beraten sie die Arbeitgeber und vermitteln geeignete Azubis oder Arbeitskräfte.
In einem Gespräch mit einer Arbeitsmarktmentorin im Vogtland wurde mir geschildert, dass sie ihre Zielquote zur Vermittlung längst erreicht hat und nun das Ziel bis Ende des Jahres sei, die Quote zu verdoppeln. Diese Arbeit sollte definitiv wertgeschätzt und verstetigt werden.
Drittens, die psychosoziale Betreuung. Die im Bericht gefasste Einschätzung, dass neben dem hohen Andrang und den somit entstehenden Versorgungsengpässen auch fehlende Übernahme von Dolmetscherkosten und die schwierige Übernahme von Kosten für Psychotherapeuten grundlegend zu problematisieren sind, findet ebenso meine Zustimmung. Die Struktur unserer Psychosozialen Zentren muss dringend erweitert und somit auch in den ländlichen Strukturen jenseits der drei großen Städte etabliert werden.
Allein diese drei Punkte zeigen mir, dass der Bericht nicht nur zur Erfassung von Istbeständen dienen sollte, sondern die genannten Defizite auch durch die Person des Ausländerbeauftragten mit behoben werden sollten. Ein erster Schritt wäre vielleicht, auch in der eigenen Fraktion zu werben.
Ich danke Ihnen für die geleistete Arbeit und hoffe auch weiterhin auf gute, konstruktive Zusammenarbeit.
Ich habe eine Frage zum Thema Demografie und Migration. Das ist ja der zweite Punkt, den wir noch einmal ansprechen wollten. Sie sind gerade schon ein bisschen darauf eingegangen.
Was glauben Sie, welchen Einfluss das Thema Migration insgesamt auf unseren demografischen Wandel hat? Ich würde mich freuen – wenn ich das noch mit anknüpfen könnte –, wenn Sie noch ein paar Projekte aus der Förderrichtlinie Demografie der Staatskanzlei nennen könnten, um dem Parlament darzulegen, was Sie in den letzten Jahren schon getan haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Bienst hat es schon angeführt: Auf den Anfang kommt es an. Auch für uns als SPD-Fraktion ist es natürlich von ganz entscheidender Bedeutung, dass der Anfang für unsere Kinder im Freistaat ein guter ist. Wir glauben, nur mit einer guten frühkindlichen Bildung können wir auch die gleichen Bildungschancen für alle Kinder gewährleisten.
Den Anfang – schauen wir es uns einmal an – haben wir ganz klar, was die Frage nach Qualitätsverbesserungen und die Absenkung des Betreuungsschlüssels betrifft, im Jahr 2014 mit dem Koalitionsvertrag gemacht.
Ich möchte die Situation nutzen, um die Zahlen aufzurufen, wo wir im Jahr 2014 standen, wo wir heute stehen und wo wir im Jahr 2020 stehen werden. Im Jahr 2014 hatten wir 2 860 Kindertageseinrichtungen. Im Jahr 2017 sind es schon 2 947. Ja, auch steigende Kinderzahlen tragen dazu bei; aber schauen wir uns einmal die Erzieherzahl an. Hatten wir im Jahr 2014 circa 28 400 Erzie
her, liegen wir jetzt bei 31 200 Erziehern. Das hat nicht nur mit steigenden Kinderzahlen zu tun, sondern es sind auch ganz klar die Auswirkungen unserer Absenkung des Betreuungsschlüssels.
Das wirkt sich natürlich auch auf den Haushalt aus. Im Jahr 2014 hatten wir Ausgaben für Qualitätsverbesserungen in Höhe von 431 Millionen Euro. Wir werden im Jahr 2020, mit Blick auf den Doppelhaushalt, bei 811 Millionen Euro landen. Das entspricht einer Verdoppelung der Ausgaben. Das war etwas, was diese Koalition und maßgeblich auch die SPD mit vorangetragen hat.
Das heißt natürlich nicht, dass wir schon am Ende sind; Herr Bienst hat es gerade angesprochen. Wir wollen einen wichtigen weiteren Schritt gehen, das ist die Einführung der Vor- und Nachberatungszeit. Es ist wirklich wichtig, dass wir an dieser Stelle auch mit Blick auf den Doppelhaushalt eine ehrliche Variante finden, die zwei Stunden für einen Großteil der Erzieherinnen und Erzieher im Freistaat bringen wird.
Wir haben es in den letzten Jahren erlebt, wie lange es gedauert hat, bis die Schlüsselabsenkungen tatsächlich ankamen. Wenn wir jetzt die Vor- und Nachbereitungszeit einführen, dann muss sie bei jeder einzelnen Erzieherin ankommen und nicht in Deutungshoheit der Leiterin oder der Träger bleiben.
Es ist ein Anfang, haben wir uns auch gedacht und unseren Perspektivenwechsel als Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion in diesem Jahr dafür genutzt, in die Kindertageseinrichtungen zu gehen. Ich glaube, es war für jeden von uns ein guter Moment, zu sehen, dass tatsächlich mehr Personal in den Einrichtungen vorhanden ist. Wir haben uns sehr wohl vorher angeschaut, wie der Personalstamm im Jahr 2014 war und wo sie heute stehen. Es ist wirklich zu sagen, es sind nicht nur Minuten. Es sind neue Köpfe, neue Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen angekommen. Das hat gedauert, aber spätestens zum 1. September 2018 ist neues Personal da. Ich glaube, das war gut und richtig.
Es gab aber natürlich – das Aber kommt immer hinzu – nicht nur positive Rückmeldungen. Ja, das neue Personal ist da, aber die Probleme, die wir nach wie vor damit haben, dass der Schlüssel nicht ehrlich ist – wir haben keine Einrechnung von Urlaub, Krankschreibung und Weiterbildung –, führen immer wieder dazu, dass es zwar auf dem Papier gut aussieht, aber in der Realität nicht so viele Erzieherinnen und Erzieher in der Einrichtung sind, wie im Gesetz eigentlich angedacht. Ich denke, an der Stelle müssen wir weiter dranbleiben. Den Schlüssel ehrlich zu machen wäre wichtig.
Ein weiteres Aber – das bedrückt mich wirklich sehr – ist die Frage des Personalbedarfs. Ich glaube, keiner von
meinen Kollegen war in einer Einrichtung, in der die Leiterin gesagt hätte: „Ich finde von heute auf morgen eine neue Erzieherin“, oder: „Auf meine Ausschreibung haben sich drei, vier Personen beworben und wir können auswählen.“ Die Realität ist mittlerweile eine andere. Teilweise liegen Ausschreibungen ein halbes Jahr, teilweise gibt es gar keine Bewerberinnen und Bewerber mehr. Ich denke, wir haben tatsächlich ein Problem.
Herr Bienst hat es zu Recht angesprochen: Wenn wir über weitere Qualitätsverbesserungen nachdenken, dann
können wir das nur gemeinsam machen, indem wir eine Antwort auf die Frage nach dem Fachkräftebedarf geben. Es hilft uns auch nicht, wenn wir wieder den gleichen Fehler begehen wie jahrelang bei den Lehrerinnen und Lehrern und sagen: Der Bedarf ist eigentlich gedeckt, wir bilden genug aus. Rein rechnerisch bilden wir 2 000 Erzieherinnen und Erzieher aus, aber kommen sie denn tatsächlich an? – Offensichtlich nicht, ansonsten würden uns die Leiterinnen und Leiter und die Träger nicht sagen, dass sie tatsächlich Probleme haben, überhaupt noch Erzieher zu finden.
Wir führen die Vor- und Nachbereitungszeit ein. Egal, welche Rechnung man aufstellt. Es wird mindestens 1 000 Vollzeitäquivalenten mehr bedürfen. Die Erzieher müssen dann auch tatsächlich da sein. Wir werden nicht nur die einzelnen Stundenkontingente aufbrechen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen also über die Ausbildung spreche – dies werde ich auch gern noch einmal in der zweiten Runde tun.
Ich denke, wir haben als Koalition einen guten Anfang gemacht. Das sollte man auch nicht schlechtreden. Wir haben gute Schritte getan mit der Absenkung des Schlüssels und der Einführung der Vor- und Nachbereitungszeit. Am Ende sind wir damit aber noch nicht.
Sehr geehrteR Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz noch auf einige Kollegen in der Debatte eingehen. Herr Wurlitzer, warum gibt es eigentlich ein Beschäftigungsverbot? Das hat einen Grund, Herr Wurlitzer.
Er ist gar nicht mehr hierß Dann brauche ich das wahrscheinlich nicht zu erklären. Wahrscheinlich wird die Fraktionsvorsitzende es ihm erklären können.
(Zuruf der Abg. Dr. Frauke Petry, fraktionslos – Patrick Schreiber, CDU: Damals gab es eine Impfpflicht! Es gibt einfach einen Unterschied zu damals, Frau Petry!)
Ja, es ist keine Fraktion, noch nicht einmal eine Gruppe.
Es gibt an dieser Stelle ein Beschäftigungsverbot,
das vollkommen gerechtfertigt ist,
wenn damit das ungeborene Leben in Gefahr gebracht wird. Das hat etwas damit zu tun, welche Antikörper die Schwangere in dieser Phase vorzuweisen hat. Wenn diese Antikörper nicht vorhanden sind, geht es ins Beschäftigungsverbot. Das hat nichts mit Willkür zu tun, sondern ist einfach eine ganz normale gesundheitspolitische Maßnahme für die Frau und das Kind. Das ist doch Quatsch, Herr Wurlitzer. Vielleicht noch einen Satz – –
Ich würde vielleicht später noch einmal die Aufklärungsmethode wählen.
Zu dem Verteilungsschlüssel, von dem Herr Wurlitzer sprach: Dazu müssen wir vielleicht Herrn Wurlitzer noch einmal sagen: Von einem Verteilungsschlüssel sprechen wir, wenn wir Geflüchtete in Kommunen verteilen. Wir sprechen heute von einem Betreuungsschlüssel; vielleicht sollte man das bei so einer Debatte auch einmal beachten.
Herr Weigand: Ja, es gibt auch Elterngeld plus. Vielleicht wissen Sie das nicht. Das kann man bis zu 28 Monate
nutzen; es kommt vom Bund. Diese Möglichkeit gibt es. Ich glaube, mit Ihrem Debattenbeitrag haben Sie uns gerade auch keinen Gefallen getan.
Vielleicht noch etwas zu dem, was Herr Kollege Schreiber und Frau Zais gesagt haben: Was die Forderung betrifft, den Betreuungsschlüssel von 1 : 4 auf 1 : 10 oder 1 : 16 zu erhöhen, so hat Kollege Schreiber gerade richtig gesagt: Das können wir nur, wenn wir dafür auch adäquate Fachkräfte haben. Wenn wir das jetzt tun, haben wir einen Fachkräftebedarf von 6 500 Vollzeitäquivalenten. Liebe Frau Zais, ich kann die Forderung nachvollziehen, aber diese Personen müssen erst einmal vorhanden sein. Ich will nicht diejenige sein, die unser System noch weiter für Hilfskräfte öffnet. Unser System ist deswegen gut und mit einem guten Bildungsplan hinterlegt, weil wir Fachkräfte in den Einrichtungen haben. Genau das müssen wir auch weiter fortführen.
Darauf wollte ich vorhin noch einmal eingehen. Herr Bienst und Herr Schreiber haben es beide schon gesagt: Wir können das eine nicht ohne das andere tun. Wir müssen jetzt daran denken, wie wir ausbilden, welche Bedarfe wir haben und wie wir es schaffen, die Ausbildung tatsächlich attraktiver zu machen. Wir müssen uns auch die Frage stellen: Wie attraktiv ist eine fünfjährige Ausbildung? Wir müssen uns die Frage stellen: Ist es attraktiv, in dieser Ausbildung keine Ausbildungsvergütung zu bekommen? Und ist es attraktiv, dafür gar noch Schulgeld zu bezahlen?
Ich glaube, gerade dieser letzte Punkt ist kein Geheimnis. Das wollen wir jetzt im Haushalt angehen. Die Schulgelderstattung ist uns in der Pflege gelungen; sie sollte uns doch bitte auch bei den Erzieherinnen und Erziehern gelingen! Das wäre, so glaube ich, ein gutes und wichtiges Signal, das wir noch mit dem Doppelhaushalt in dieser Legislaturperiode geben könnten.
Außerdem möchte ich noch eine weitere Gruppe benennen – auch wenn Herr Bienst der Meinung ist, dass wir das alles nicht bräuchten, aber wir sollten sie nicht gegeneinander ausspielen –, über die wir nie reden, und zwar über die Eltern. Das sind diejenigen, die das ganze System mittragen. Ja, die Forderung der SPD stand jetzt schon mehrfach im Raum: Wir reden weiterhin über kostenfreie Bildung, das machen wir auch mit voller Überzeugung. Wir lassen uns das auch nicht mit dem Argument nehmen, dass entweder nur Qualität oder nur Kostenfreiheit möglich wäre. Das eine ist nicht mit dem anderen aufzuwiegen. Wir sind stets für weitere Qualitätsverbesserungen, aber wir müssen auch einmal darüber sprechen, welche Belastungen die Eltern haben und welche Unterschiede wir mit dieser Erhebung von Gebühren machen. Wir haben zu Recht einen Bildungsplan in Sachsen; das ist kein Betreuungsplan. Bildung ist für uns kostenfrei. Deshalb wollen wir an dieser Stelle auch
weiterarbeiten – ich glaube, erst nächstes Jahr nach dem Wahlkampf, dafür dann aber mit gemeinsamer Kraft.
Ich möchte an dieser Stelle noch ein weiteres Argument einbringen: Wie hoch sind denn die Belastungen der Kommunen durch die Erstattungen und Teilerstattungen der Elternbeiträge? Das sind jährlich 105 Millionen Euro – das ist fast ein Drittel dessen, was wir momentan an Elternbeiträgen einnehmen. Alle unsere Kommunen sagen uns, dass ihnen die Sozialausgaben über den Kopf wachsen. Es wäre eine tatsächliche Entlastung für unsere Kommunen hier im Freistaat, wenn wir ihnen diese Beträge mit erstatten würden. Das könnten wir mit einer kostenfreien Kita.
Wir haben Gutes getan; das sollten wir uns auch nicht schlechtreden lassen. Frau Junge sprach von dem Schatten über dem Land. Ich glaube, der Schatten über dem Land ist auch ein ganzes Stück weit, dass wir nicht anerkennen, was wir in den letzten vier Jahren schon erreicht haben, und dass wir nicht anerkennen, was wir im nächsten Doppelhaushalt noch vor uns haben.
Vielen Dank.
Frau Junge, wenn ich das so gesagt habe, dann wird das stimmen. Haben Sie aber auch den Nachsatz mitbekommen, dass wir das in dieser Legislaturperiode nicht mehr machen können? Und haben Sie damals auch gehört, dass uns das jährlich etwa 340 Millionen Euro kostet und dafür ein Bedarf an circa 4 000 Erziehern besteht?
Noch eine weitere Frage an Sie: Glauben Sie, dass wir, wenn wir das ad hoc machen würden, diese Fachkräfte jetzt sofort zur Verfügung hätten?
Richtig ist: Wir müssen den Schlüssel schrittweise ehrlich machen. Aber können Sie uns sagen, wo wir diese Erzieherinnen und Erzieher herbekommen sollen? Bitte nehmen Sie auch Bezug auf die Haushaltsdebatte, woher die 340 Millionen Euro kommen sollen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kultur zu erleben und daran teilzunehmen – genau damit setzt sich der vorliegende Antrag der LINKEN auseinander – ist elementar, bereits bei den Allerkleinsten. Die kulturellen Errungenschaften, die unser Bundesland prägen, erleben unsere Kinder mit ihren engsten Angehörigen. Der Familienpass macht es vielen erst möglich; denn – und das sollten wir uns immer wieder bewusst machen – kulturelle Teilhabe kostet nun einmal Geld. Familien aufgrund ihres Einkommens davon auszuschließen ist schlicht und ergreifend ungerecht.
Die soziale Spaltung der Gesellschaft wird auch daran sichtbar, welche Türen unseren Kindern verschlossen bleiben. Um dieser Ungerechtigkeit zu begegnen, gibt es eben diesen Familienpass. Dieser wird kostenlos an die Familien ausgegeben und ermöglicht es Eltern bzw. einem Elternteil, kostenlos bestimmte kulturelle Einrichtungen des Freistaates Sachsen zu nutzen. Wir wollen allen Kindern mit ihren Familien den Zugang zu unseren kulturellen Gütern ermöglichen und ihnen hierfür finanziell unter die Arme greifen.
Ich stimme dem Antrag daher insofern zu, dass die Personengruppe, die vom Familienpass profitiert, gegebenenfalls zu klein gefasst ist. Der Freistaat hat sich bewusst auf Mehrkindfamilien, Alleinerziehende mit zwei Kindern und Eltern mit schwerbehinderten Kindern konzentriert. Nur diese erhalten den Familienpass. Als Grund wird hierfür die finanzielle Belastung angeführt. Es ist für mich an dieser Stelle allerdings fraglich, ob dadurch alle relevanten Personengruppen inbegriffen sind, die ohne den Pass von der kulturellen Teilhabe ausgeschlossen werden.
Ich bitte daher das Sächsische Staatsministerium für Soziales zu prüfen, inwiefern der Pass auf weitere Gruppen auszuweiten ist, insbesondere aufgrund von sozialen und ökonomischen Kriterien. Ich danke Ihnen daher, dass Sie den Finger auf diesen Punkt innerhalb Ihres Antrags gelegt haben.
Anders sieht es bei den darauffolgenden vier Punkten des Antrags aus. Der Vorteil bei der Beantragung des Passes ist es doch, diesen vor Ort ohne große bürokratische Hürden zu beantragen. Mir leuchtet es daher überhaupt
nicht ein, warum wir hierfür einer zentralen Stelle bedürfen. Auch bei der Ausweitung des Passes auf kommunale Einrichtungen erkenne ich den Nutzen nicht. In den meisten Kommunen existieren bereits finanzielle Unterstützungssysteme und Pässe, wodurch Menschen mit geringen Einkünften Vergünstigungen in zahlreichen kommunalen Einrichtungen erhalten.
Der Personenkreis, der von diesen kommunalen Pässen profitiert, ist wesentlich weiter gefasst als unser Familienpass. Zugleich sollten wir diesen Punkt nicht außer Acht lassen: Bei einer Ausweitung des Passes müssten auch die Einnahmeausfälle in den Einrichtungen der Kommunen getragen werden. Sonst würden wir die Kommunen lediglich bevormunden, ohne selbst als Freistaat einen Beitrag zu leisten. Wir sollten die Entscheidung, welche Vergünstigungen sinnvoll wären, den Akteurinnen und Akteuren vor Ort in den Kommunen überlassen.
Die Zusammenarbeit im Bereich der Familienförderung über die Grenzen des Bundeslandes hinweg, die in dem vorliegenden Antrag gefordert wird, ist grundsätzlich zu begrüßen. Zahlreiche Bundesländer bieten Familienpässe in unterschiedlichen Varianten an, die teilweise gegen ein Entgelt abgegeben werden. Das Angebot ist vielfältig und daher nur schwerlich zu vereinheitlichen. Das System unter einen Hut zu bringen ist wohl nicht von Sachsen aus steuerbar. Die Entscheidung dafür treffen die jeweiligen Kommunen und Landesregierungen autonom, und das finde ich auch gut so.
Wir nehmen die Anregungen, gerade den ersten Punkt aus dem Antrag, gern mit, lehnen ihn jedoch aufgrund der inkonsequenten und in der Sache zugleich etwas undienlichen Punkte 2 bis 4 ab.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schreiber hat es schon gesagt: Seit 2014 ist kein Jahr vergangen, in dem wir nicht nur über Qualitätsverbesserungen gesprochen, sondern sie tatsächlich im Freistaat Sachsen auch umgesetzt haben.
Vielleicht sollten wir endlich einmal aufhören, den Betreuungsschlüssel als das Nonplusultra in der Qualitätsdebatte zu sehen.
Getrieben von Bertelsmann scheint mit der Schlüsselabsenkung alles geklärt, alle glücklich und alle Ziele erreicht zu sein. Genauso scheint es auch DIE LINKE zu sehen; denn es ist das Einzige, das Ihr Gesetzentwurf fordert. Aber ich frage mich auch, ob Sie in den letzten Jahren hier im Haus anwesend waren, ob Sie gesehen und erlebt haben, wie der Schlüssel in den sächsischen Kindertagesstätten ankam, und ob Sie nicht erkannt haben, dass die Absenkung allein nicht ausreicht. Denn wer ehrlich und planvoll in der frühkindlichen Bildung agiert, der schaut über den Tellerrand von Bertelsmann hinaus und fragt sich auch, wie viele Fachkräfte in unseren Einrichtungen sind, wie viele Fachkräfte wir brauchen, wenn wir weitere Verbesserungen anstreben. Der fragt sich auch: Kann ich diese hohe Fachkraftquote dann noch realisieren und aufrechterhalten? Der fragt sich, welche weiteren Professionen wir in unseren Teams benötigen.
Dieser Entwurf erweckt den Anschein, dass mit der Absenkung des Schlüssels die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher besser werden würden, dass die Kinder besser betreut werden würden und dass Eltern und Kommunen Ihnen wahrscheinlich mit Begeisterung zustimmen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau hier liegen Sie falsch.
Ihr Entwurf beinhaltet wieder das Problem, dass der ach so schön errechnete Schlüssel kein realer – Kollege Schreiber hat es schon erwähnt –, sondern nur ein rechnerischer ist, der auf dem Papier und dem Rechenschieber toll aussieht, aber der Realität in den Kindergärten eben nicht entspricht. Das ist übrigens ein Kritikpunkt, den Sie uns hier regelmäßig vorgetragen haben.
Was wir tun müssen – davon bin ich überzeugt –, ist, den Schlüssel endlich ehrlich zu machen; den Finanzierungsschlüssel so anzupassen, dass die Fachkraft-KindRelation, also der tatsächliche Betreuungsschlüssel, sinkt. Konkret bedeutet dies: In das Gesetz sollten Zeiten für Urlaub, Krankheit und Weiterbildung in die Berechnung einbezogen werden.
Es muss über eine Praxisanleiterfreistellung nachgedacht werden, und im ersten Schritt, den wir jetzt gehen werden, sollten Vor- und Nachbereitungszeiten für die Erzieherinnen und Erzieher finanziert werden. Das sind für mich weitere ehrliche Schritte, die einen enormen Finanzierungsbedarf hervorrufen, aber vermutlich wirksamer sind als der Überbietungswettbewerb um den kleinsten Schlüssel.
Zum Thema Vor- und Nachbereitungszeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir werden über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus in frühkindliche Bildung investieren und unseren Erzieherinnen und Erziehern Vor- und Nachbereitungszeit finanzieren. Wir wagen hier einen flächendeckenden landesfinanzierten Einstieg. Nach fünf Jahren CDU-/SPD-Regierung in Sachsen werden wir also nicht nur den Schlüssel abgesenkt, sondern auch eine weitere qualitative Maßnahme ergriffen haben. Das zeigt doch nur allen allzu deutlich, dass wir die letzten Jahre die frühkindliche Bildung weder stiefmütterlich noch als
Thema zweiter Klasse betrachtet haben. Das zeigt vielmehr, welchen Stellenwert für uns die Kindertageseinrichtungen in Sachsen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, wer in der Anhörung genau zugehört hat, der vermisst heute Ihren Änderungsantrag zum eigenen Gesetzentwurf. Einige Lücken hatte ich bereits aufgezeigt, aber die Sachverständigen haben auch das Thema Leitungsanteile und die Frage, wie wir in Sachsen Kindergärten mit besonderen Herausforderungen besonders unterstützen werden,
angesprochen.
Und dann, werte Kolleginnen und Kollegen, schauen wir noch einmal zu denjenigen, die vertrauensvoll ihr Kind in unsere Kindergärten bringen und keinen unwesentlichen Teil davon mitfinanzieren. Zuletzt – so die Zahlen von 2017 – waren das über 304 000 Kinder. Deren Eltern zahlen gerade, Kollege Schreiber, nicht 30 %, rund 25 % eines Kita-Platzes. 25 % für einen Kindergartenplatz klingt vielleicht klein, jedoch steigen die absoluten Beiträge kontinuierlich, von knapp 100 Euro im Jahr 2009 etwa auf 116 Euro im Jahr 2016. Das macht 192 Euro nur in einem Jahr. Gerade Menschen mit einem niedrigen mittleren Einkommen, die eben gerade nicht beitragsbefreit sind, werden zunehmend finanziell belastet.
Unser derzeitiges System der Finanzierung kann dies auch mit steigenden Pauschalen nicht abfedern. Die gesetzlichen prozentualen Unter- und Obergrenzen der Elternbeiträge bedingen, dass jede Qualitätsverbesserung auf die Eltern mit umgelegt wird. Der Vergleich scheint beim Betreuungsschlüssel einfach zu fallen. Vielleicht macht man nun auch einmal einen Vergleich der Bundesländer, in welchen zunehmend Kita-Gebühren abgeschafft werden.
Gar zuletzt schafft es DIE LINKE, diejenigen außer Acht zu lassen, die eigentlich für unsere Kindertageseinrichtungen zuständig sind: die Kommunen als Träger. Der Gesetzentwurf bereinigt nicht im Ansatz die KitaPauschale, wie dies von SPD und CDU zum 01.07.2019 geplant ist. Er ist aber auch nicht valide durchgerechnet. Schon heute kann man sagen, dass allein in 2019 und 2020 eine Lücke von 5 bzw. 28 Millionen Euro besteht. Blickt man ins Jahr 2022, so wächst das kleine Delta mal eben auf 90 Millionen Euro Unterfinanzierung an – ein Betrag, der auf die Kommunen abgewälzt werden würde. War es nicht heute Morgen DIE LINKE, die noch die Unterfinanzierung der Kommunen beklagt hat? Auch in der Anhörung thematisiert, aber nicht aufgegriffen wurden Tarifsteigerungen und somit eine Dynamisierung der Landespauschale bzw. die Fehlannahme einer linearen Anpassung bei den Steigerungsbeträgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen, wenn wir über Sachsens Kindergärten sprechen, nicht den Fehler machen, nur die eine Seite der Medaille zu betrachten, indem wir ausschließlich über Qualität sprechen. Nur
wenn wir Kinder, Erzieher, Eltern und Kommunen im Blick haben, können wir unserer Verantwortung gerecht werden. In einem solch komplexen System, in welchem wir Qualität, Fachlichkeit, Familienfreundlichkeit, Arbeitsbedingungen, Finanzierungsanteile der Kommunen sowie Eltern und allen voran unsere Kinder in Sachsen betrachten müssen, werden wir mit solch vermeintlich einfachen Antworten, wie sie uns heute vorliegen, nicht gerecht werden.
Ich bin mir sicher, wir alle werden spätestens zur nächsten Landtagswahl wieder entsprechende Vorschläge auf den Tisch legen. Welche Fragestellungen mich und meine Fraktion gerade bewegen, habe ich ja ausgeführt. Bis zur Wahl werden wir aber den Plan für die bestehende Legislaturperiode umsetzen. Wir werden am 01.08.2018 die vierte Stufe der Schlüsselabsenkung greifen sehen und in der Krippe auf 1,5 senken. In 2019 werden wir mit der Einführung von Vor- und Nachbereitungszeit einen weiteren qualitativen Schritt gehen. Das hat die Koalition in den letzten Jahren gemacht, mit viel Herzblut für unsere Kinder hier in Sachsen.
Der vorliegende Gesetzentwurf lässt dieses Herzblut leider vermissen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute bereits über die frühkindliche Bildung gesprochen. Dabei ging es um Krippen, um Kindergärten, um Horte. Leider werden die Kindertagespflegestellen oft vergessen. Deshalb sind uns die Debatte und der Antrag heute umso wichtiger.
Zugegeben: Die Relation von circa 7 400 betreuten Kindern bei den Tageseltern zu knapp 57 000 Kindern in der Krippe könnte dies begründen; aber ich glaube, dass wir uns eben umso bewusster um die Kindertagespflegestellen kümmern müssen. Als sogenannte kleine Schwester der Kita fallen uns bei näherer Betrachtung doch einige Unterschiede sowohl in der praktischen Arbeit als auch in der rechtlichen Ausgestaltung auf.
Mit einem runden Tisch Kindertagespflegestellen hat die Koalition in den letzten Monaten mit erfahrenen Tagesmüttern, Vertretern des Landesjugendamtes, des Kultusministeriums, der Landesfachstelle sowie Vertretern der Kommunen und Fachverbände verschiedene Probleme und Herausforderungen diskutiert. Mittels des nun vorlie
genden Antrags wollen wir einige der uns am dringendsten erscheinenden Herausforderungen angehen.
Die Kindertagespflege ist für uns eine wichtige Ergänzung zum regulären Kita-System. Gerade in Dresden und Leipzig wäre die angespannte Situation bei der Versorgung unserer Kinder bis drei Jahre ohne die Tagesmütter und Tagesväter wohl kaum mehr zu stemmen. Daher zielt unser Antrag nun in drei Richtungen.
Erstens wollen wir mittels der Empfehlungen des Landesjugendamtes, nach denen sich die Kommunen richten, mehr Sicherheit und Planbarkeit für die Kindertagespflegepersonen erreichen. Noch immer gibt es einige Tagesmütter, die in den jeweiligen Kommunen nicht in der Bedarfsplanung berücksichtigt werden. Dafür gibt es natürlich unterschiedliche Gründe, und wir können die Kommunen auch schwerlich verpflichten, das zu tun. Die Empfehlungen können aber gerade für die kleinen Kommunen, denen es an Erfahrung mit Kindertagespflege fehlt, helfen. Für eine Selbstständigkeit, in welcher sich die Tagespflegepersonen befinden, sind Sicherheit wie ein Übereinstimmen der Laufzeit der Bedarfspläne mit der jeweiligen Finanzierungsvereinbarung der Kommunen elementar. Unsere Gespräche haben außerdem gezeigt, dass es auch einer stärkeren Berücksichtigung von Weiterbildung der zuständigen Jugendamtsmitarbeiter bedarf, die im Besonderen im Bereich Inklusion sehr individuell und sehr different die Tagespflegepersonen behandeln.
Zweitens wollen wir dem seit geraumer Zeit, auch juristisch geführten Streit zu landeseinheitlichen Leistungen begegnen, indem wir das SMK beauftragen, uns aufzuzeigen, mit welchen Kosten der Freistaat zu rechnen hat, wenn wir einheitliche Geldleistungen einführen würden. Da dies sicherlich Auswirkungen auf die kommunalen Finanzbeziehungen hat, gilt es auch die Frage zum Mehrbelastungsausgleich zu erörtern. Die Geldleistungen differieren derzeit sehr stark zwischen den einzelnen Kommunen. Eine einheitliche Regelung könnte endlich ähnliche und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen.
Drittens ist uns der Bereich Inklusion, der in der Kindertagespflege dringend gestärkt werden sollte, sehr wichtig. Tagesmütter und -väter bieten gerade aufgrund ihrer kleinen Gruppen und familiären Atmosphäre eine sehr gute Betreuungsform für Kinder mit Beeinträchtigungen. Leider sind diese tollen Bedingungen bislang noch nicht rechtlich abgesichert. Der Antrag sieht daher vor, dass wir künftig auch bei Kindertagespflegestellen einen doppelten Landeszuschuss für Inklusionskinder zahlen. Zudem soll für Tagesmütter und Tagesväter ein Weiterbildungsangebot zum Heilpädagogen geschaffen werden, das sich den zeitlichen Gegebenheiten und Herausforderungen von Selbstständigen anpasst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind die vielen kleinen Schritte, die unser System der frühkindlichen Bildung besser machen. Daher bitte ich und wahrscheinlich auch die circa 1 650 Tagesmuttis und -vatis um Ihre Zustimmung. Wir freuen uns sehr über den Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Bienst ist schon sehr umfänglich darauf eingegangen, was in den letzten Jahren und Monaten gemacht wurde, was wir alle einzeln auch heute Nachmittag schon diskutiert haben. Wir stehen alle – und das wissen wir, und ich glaube, deswegen ist die Begründung der Staatsregierung auch nicht so falsch – wieder vor einer Landtagswahl. Natürlich werden wir alle mit unterschiedlichen Konzepten, mit Forderungen wieder in die Wahl gehen. Unsere Aufgabe jetzt ist es, unseren – auch schon fast so zu nennenden – Masterplan der letzten Jahre abzuarbeiten, denn wir sind ja einfach noch nicht fertig. Wir haben den letzten Schritt der Schlüsselabsenkungen, und wir haben die Einführung der Vor- und Nachbereitungszeit. Diese Schritte sollten wir noch hinter uns bringen.
Wir werden dann in der Wahlauseinandersetzung natürlich wieder mit eigenen Konzepten starten. Wir werden – Herr Bienst, bitte entschuldigen Sie es – mit unterschiedlichen Konzepten hineingehen, denn uns werden die Elternbeiträge wichtig sein, Ihnen nicht. Alleine das zeigt ja schon: Der neue Masterplan sollte nach der nächsten Landtagswahl anfangen. Jetzt müsste er abgearbeitet werden.
Inhaltlich werde ich meinen Redebeitrag zu Protokoll geben.
Das gesprochene Wort von heute Nachmittag gilt auch weiterhin: Wir dürfen, wenn wir über Sachsens Kindergärten sprechen, nicht den Fehler machen, nur die eine Seite der Medaille zu betrachten, indem wir ausschließlich über Qualität sprechen. Nur, wenn wir Kinder, Erzieherinnen, Eltern und Kommunen im Blick haben, können wir unserer Verantwor
tung gerecht werden und beide Seiten dieser Medaille berücksichtigen.
In einem so komplexen System – in welchem Qualität, Fachlichkeit, Familienfreundlichkeit, Arbeitsbedingungen, Finanzierungsanteile der Kommunen sowie Eltern und allen voran unsere Kinder in Sachsen betrachtet werden müssen – werden wir komplexe Antworten finden müssen.
Ambitioniert am GRÜNEN-Antrag ist die kurze Frist zur Erstellung: Bis Oktober 2018 einen solchen Masterplan zu erarbeiten erachten wir als zu kurzfristig. Vielmehr muss Zeit für einen Dialog bestehen, der mit den Fachverbänden sowie Kommunen geführt wird.
Mit der Kita-Umfrage gibt es erste Tendenzen, an welchen Punkten intensiver diskutiert werden muss. Das Material kann Grundlage für einen Dialog und die Erarbeitung eines Masterplans sein. Es bleibt jedoch dabei, dass der Fortgang der Debatte auch mit der Landtagswahl eine Richtungsentscheidung erhalten wird. Der Druck, den Kollegin Zais in der Debatte zum Kita-Gesetzentwurf der LINKEN anführte, dürfte weiterhin ein guter Rückenwind sind. In diesem Sinne wird sich meine Fraktion weiterhin mit dem Thema beschäftigen, jetzt erst einmal den Masterplan für diese Legislaturperiode umsetzen und dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen können.
Christian Piwarz Staatsminister für Kultus: Die Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung ist der Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Viele der im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kindertagesbetreuung im Freistaat Sachsen wurden oder werden bereits umgesetzt. Dokumentiert wird die Qualitätsverbesserung durch die in dieser Legislaturperiode erfolgte schrittweise Verbesserung des Personalschlüssels in Kindergarten und Kinderkrippe. Ich habe dazu heute bereits gesprochen.
Einschließlich der letzten Stufe, der Verbesserung des Schlüssels in der Krippe, die ab September 2018 erfolgen wird, werden damit insgesamt etwa 2 360 Vollzeitpersonalstellen mehr im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung in Sachsen zur Verfügung stehen. Um diese Maßnahme umzusetzen, investiert die Sächsische Staatsregierung zusätzliche Mittel in Höhe von 108 Millionen Euro.
Ein weiterer Schritt – auch diesen habe ich heute bereits erwähnt – ergibt sich mit der Umsetzung der Ergebnisse der Kita-Umfrage. Ab 2019 werden den Fachkräften in Kinderkrippen, Kindergärten und Horten zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeiten pro Woche gewährt.
Aus dem Ergebnis der Umfrage wurde deutlich, dass die Eltern, ebenso wie die Staatsregierung, der Qualitätsverbesserung eine größere Bedeutung einräumen als der Absenkung der Kita-Beiträge. Darüber hinaus haben bzw. widmen wir uns auch den anderen im Antrag benannten Forderungen. So sind beispielsweise die Freistellungsre
gelungen für die Leiterinnen und Leiter gesetzlich geregelt und gehören deutschlandweit zu den großzügigsten.
Die Erhöhung des Kita-Landeszuschusses ab dem 1. Juli 2019 ist im Rahmen der FAG-Verhandlungen zwischen kommunalen Spitzenverbänden und dem Finanzministerium vereinbart. Die Kindertageseinrichtungen in Ortsteilen mit besonderen Problemlagen werden seit 2016 über das ESF-geförderte Programm „Kinder stärken“ mit zusätzlichem Personal unterstützt.
Um zu entscheiden, inwieweit das Qualitätsentwicklungsgesetz des Bundes, das „Gute-Kita-Gesetz“, die künftige Qualitätsentwicklung im Freistaat Sachsen unterstützen
kann, muss das Gesetz zunächst beschlossen werden. Der aktuell vorliegende Referentenentwurf gibt zwar eine Orientierung, ist aber noch keine hinreichende Arbeitsgrundlage.
Die Staatsregierung hat bereits wesentliche der im Antrag genannten Anliegen aufgegriffen. Für weitere Schritte gibt es durchaus fachliche Gründe. Einen Masterplan am Ende der Legislaturperiode zu erarbeiten und zu verabschieden, halte ich jedoch für einen Vorgriff, der eine neue Regierung über die Maßen binden würde.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht jeder Familie gelingt es, im klassischen Sinne des Wortes zu funktionieren. Das Leben hält Herausforderungen bereit, die nicht alle Familien, auf sich allein gestellt, bewältigen können. Durch Bildungs- und Beratungsangebote muss ihnen dann unter die Arme gegriffen werden. Genau auf eben jene Angebote der Familienbildung zielt der Antrag der LINKEN ab. Leider lassen sich daraus keinerlei neue Erkenntnisse gewinnen. Er fasst lediglich zusammen, was bereits beschlossen war. Ich kann dem Antrag keinen neuen Auftrag für die Regierung entnehmen, weswegen wir ihm auch nicht zustimmen können. Richtig ist, dass tatsächlich noch nicht alles umgesetzt ist. An einem zentralen Punkt aus Ihrem Antrag – der Datenbank für Familienangebote – sind wir jedoch deutlich weiter. Ich
denke, dass die Ministerin dazu gleich noch einmal berichten wird.
Unser Ziel war und ist es, bedarfsgerechte und flächendeckende Angebote im Bereich der Familienbildung und -beratung bereitzustellen. In den kommunalen Angeboten fördert der Freistaat Sachsen daher verstärkt überregionale Angebote der Familienbildung sowie Projekte zur inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung der Familienbildung. Im aktuellen Doppelhaushalt werden für beide Bereiche jährlich 360 000 Euro – Frau Kuge hat es bereits benannt – bereitgestellt. Daneben gesellen sich unter anderem Familienberatungsangebote, Angebote der frühen Hilfe, der Ausbau von Mehrgenerationenhäusern und die Schaffung von Familienwohnungsangeboten. Zielgerichtete Angebote, die die Strukturen vor Ort und die Probleme der Menschen berücksichtigen, können jedoch nicht im luftleeren Raum entstehen. An dieser Stelle müssen wir uns auch ehrlich machen. Dafür braucht es verlässliche Daten und langfristige Konzepte. Eine Grundlage für weitere Maßnahmen und zielgruppenorientierte Angebote im Bereich der Familienbildung kann der neue Sozialbericht sein. Der Weg dahin war lang und ist auch noch nicht abgeschlossen. Wir hoffen jedoch, dass der Bericht Ende dieses Jahres zur Verfügung stehen wird.
DIE LINKE bezieht sich in ihrem Antrag auf eine Analyse des SMS aus dem Jahr 2015. Das stellt für uns eine nicht auskömmliche Grundlage dafür dar, verlässliche Aussagen über den heutigen Zustand zu treffen. Auf positive Veränderungen wird leider gar nicht eingegangen. Im letzten Doppelhaushalt wurden außerdem 70 000 Euro in 2017 und 140 000 Euro in 2018 für die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes der sächsischen Familienpolitik bereitgestellt. Auch darauf warte ich schon gespannt und freue mich auf die Debatte mit dem Ministerium und dem Ausschuss.
Dass wir aber auch neue Ansätze erprobt haben bzw. noch dabei sind, möchte ich an einem für mich sehr positiven Beispiel anführen: Der Zugang zu den Familien fällt nicht immer leicht. Oftmals sind Barrieren vorhanden, die nicht so einfach abzubauen sind. Bei der Beratung und Unterstützung stehen die Akteurinnen und Akteure vor der Herausforderung, dass ihre Hilfe oftmals nicht gewollt ist. Sie sind Fremde, und wer lässt sich schon gern hinter den eigenen Vorhang schauen. Genau auf dieses Dilemma wurde mit der Förderung von Eltern-Kind-Zentren reagiert.
Die Kitas sind wesentlich mehr als Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Sie sind auch ein Ort des Vertrauens für die Eltern. Die Vertrauensbasis, die in den Räumen der Kitas besteht, kann und sollte genutzt werden. In 31 sächsischen Kindertageseinrichtungen haben wir ElternKind-Zentren ausgebaut und in diesen geht Kinderbetreuung und Familienberatung Hand in Hand. Das ist auch gut so. Diesen Ansatz wollen wir als SPD-Fraktion mit aller Kraft weiter verfolgen. Es müssen neue Formen des Zugangs zu den Familien, die Hilfen und Unterstützung brauchen, erschlossen werden.
Wir haben erst vor wenigen Wochen den Zwischenbericht des Felsenweg-Institutes erhalten. Nun wird es an uns sein, diesen zu bewerten. An dieser Stelle werden wir auch ehrlich über die personellen Ressourcen für diesen Bereich sprechen müssen. Unterstützung muss allen Familien in Sachsen zuteilwerden, egal ob kommunal organisiert, ehrenamtlich initiiert, ob in Bildungsstätten, Familienverbänden, in Beratungsstellen, in Elterninitiativen, an Schulen oder in der Kita. Es gilt, das Netz auszubauen und die Bedarfe in diesem Bereich abzudecken. Es gilt, einen immer sensibleren Blick auf die besonderen Bedarfe der Alleinerziehenden zu richten. Dafür haben wir bereits erste Schritte gemacht. Dass da noch weitere folgen müssen, besonders konzeptionell, aber auch in der Umsetzung des Koalitionsvertrages, ist uns klar. Die Aufträge wurden vergeben, zum Teil die Mittel bereitgestellt. Wir werden das SMS sehr gern bei der Umsetzung weiterhin unterstützen.
Liebe LINKE, auch wir werden den Antrag ablehnen. Aber wir nehmen Ihre Mahnung und Erinnerung sehr ernst.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Integration von Menschen, die nicht in unserem Land geboren wurden, in diesem aber gut und sicher leben wollen, ist ein Ziel, welches wir mit aller Kraft vorantreiben wollen. Ich bin sehr froh darüber, dass dieses Ziel und all die großen und kleinen Ziele des Zuwanderungs- und Integrationskonzeptes von der gesamten Staatsregierung mitgetragen werden, mit Ihnen abgestimmt ist. Ich glaube, das ist eines der wichtigsten politischen Signale, die wir heute auch aus diesem Hohen Hause senden: Alle gemeinsam tragen dieses Ziel und haben daran gearbeitet.
Ziele ohne Konzepte führen jedoch zu nichts. Genau dagegen wurde mit Nachdruck bereits seit dem Jahr 2014 angekämpft. Im integrativen Bereich hatte Sachsen so gut wie nichts vorzuweisen. Das ist heute anders, und darauf können wir stolz sein. Wir müssen hierfür vor allem der Staatsministerin Frau Petra Köpping und ihrem Ministerium danken. Das Ministerium für Gleichstellung und Integration hat mit viel Kraft und Energie mit einem kleinen Haus an langfristigen Konzepten gearbeitet, die immer auf das Ziel einer gelungenen Integration in Sachsen ausgerichtet waren.
Beim ZIK II handelt es sich nun um eine Leitplanke. Es basiert auf dem Vorgängerkonzept aus dem Jahr 2012 und musste ganz dringend den neuen Herausforderungen angepasst werden. Eines fällt ganz schnell auf, wenn man einmal tiefer hineinschaut: Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von vielen Akteurinnen und Akteuren mit viel Herzblut angepackt wird und angepackt werden muss, denn wir haben immer noch sehr viel zu tun. Im ZIK II werden Probleme sehr wohl offen und ehrlich benannt und geeignete Lösungen skizziert und festgeschrieben.
Das nun vorliegende Ergebnis kam aber nicht von allein. Ministerin Köpping ist bereits darauf eingegangen. Nicht nur die Gesprächsforen und die Verbände-Gespräche, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger konnten sich online daran beteiligen. Mit mehr als 800 Anmerkungen ist das, wie ich finde, eine ganz stolze Bilanz, was auch Bürgerbeteiligung in diesem Bereich ausmacht. Ich glaube, allein diesen Prozess zu organisieren, so viele Menschen darin einzubinden, hat viel Arbeit und Kraft gekostet. Dem gebührt auch unser Dank.
Gemeinsam wurde dann an konkreten Maßnahmen gearbeitet. Ich möchte – um auf die Bandbreite des Konzeptes aufmerksam zu machen – ein paar Punkte anreißen, die aufzeigen, wie viele verschiedene Ressorts daran beteiligt waren. Frau Köpping und Alexander Dierks haben das Landessprachprogramm schon angesprochen. Es ist ein sehr wichtiges, zusätzliches, ergänzendes Programm, um die Bundesprogramme und die entstehenden Lücken ergänzen zu können.
Integration muss ganz früh beginnen. Dafür brauchen wir eine gute Bildungsarbeit, die bereits bei den Kleinsten anfängt. Ich kann den Empfehlungen, die Willkommens- und Sprach-Kitas auszubauen, nur zustimmen. Wir müssen den Einrichtungen das passende Handwerk zur Verfügung stellen. Erst heute Morgen saßen Teile des Arbeitskreises von SPD und CDU aus dem Sozialarbeitskreis unter anderem mit Vertretern von „Kinder stärken“ zusammen. Das ist im Übrigen auch ein Programm, das sehr gute Ansätze bietet, jetzt aber ausläuft. Die ESFFörderung läuft im Jahr 2020 aus. Hier müssen wir genauso mit ran. Das ist alles sehr wichtig.
Menschen, die zu uns kommen, gilt es zu fördern und auszubilden. Insbesondere unseren Hochschulen soll dabei die Aufgabe zuteil werden, hoch qualifizierte Menschen auszubilden. Wir entnehmen diese Forderung auch dem Hochschulentwicklungsplan 2025, denn darin wird eine weitere Internationalisierung angestrebt. Dies gilt es so schnell wie möglich zu verwirklichen, auch um an Attraktivität und Profil zu gewinnen.
Ein Dach über dem Kopf ist in jeglicher Art und Weise das, was sich jeder von uns wünscht und was jedem von uns zustehen sollte. Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum ist besonders für Menschen mit geringem Einkommen nicht immer vorhanden. Bei Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund wissen wir: Es kommen oftmals noch Ressentiments der Vermieter hinzu. Der Hebel, den wir dafür in Bewegung setzen müssen, ist die Förderung des sozialen Wohnungsbaus.
Auch im Bereich der Gesundheit und Pflege gibt es noch einiges zu tun. Wir brauchen zielgruppenspezifische Informations- und Beratungsangebote, insbesondere auf die Erlebnisse und Traumata der Geflüchteten muss adäquat eingegangen werden, ihnen muss bei der Bewältigung geholfen werden. Hierfür haben wir mit den drei psychosozialen Zentren bereits erste Akzente gesetzt.
All diese Punkte zeigen mir ganz deutlich, dass der Bereich Integration bei Weitem nicht nur ein Randthema ist, sondern dass er alle Ressorts betrifft. Sie haben in den letzten Jahren daran sehr stark mitgearbeitet, und darüber freue ich mich.
Ich möchte auf zwei Punkte etwas genauer eingehen, nämlich im Bereich Bildung und Arbeitsmarkt. Wir haben, glaube ich, insgesamt zweieinhalb Jahre über die große Frage der Beschulung der Ü18-Jährigen diskutiert. Der Umstand, dass wir jetzt durch das Programm, welches im April in Moritzburg vorgestellt wurde, endlich zu einer Maßnahme kommen, freut mich natürlich. Aber ich sage auch: Ich erwarte sowohl von den beteiligten Ressorts, vom SMK und vom Finanzministerium als auch von diesem Hohen Haus, nach einer zweijährigen Debatte, dass wir dieses Konzept nun auch in die Umsetzung bringen und dementsprechend finanziell ausgestalten. Denn sonst wären zwei Jahre umsonst gearbeitet und Konzepte für die große runde Ablage erstellt worden.
Ein weiteres Augenmerk möchte ich auf das Arbeitsmarktmentorenprogramm legen. Das ist für mich ein
Programm – ich habe es im Vogtlandkreis schon mehrfach besucht –, das beispielhaft dafür ist, was man mit wenigen vermittelnden Gesprächen erzielen kann. Das Programm hat jetzt schon 1 400 Geflüchtete mit Integrationsvereinbarungen versorgt. Die Mentoren arbeiten nicht nur mit den Unternehmen, sondern auch mit den Geflüchteten. Sie sind Dolmetscher, sie sind Initiatoren, sie sind Vermittler. Sie geben den Unternehmen auch den gewissen Halt, den sie brauchen bei den Fragen: Wie sind die Deutschkenntnisse? Wie lange können die neuen Arbeitnehmer bei uns bleiben? Welche Zeugnisse bringen sie mit? Oder auch: Welche kulturellen Unterschiede muss ich beachten?
Allein mit diesem kleinen Programm haben wir etwas ganz Wichtiges geschafft: Wir haben es geschafft, eine Vermittlungsarbeit herzustellen. Das SMWA hat an dieser Stelle auf alle Fälle an der richtigen Achse gedreht. Unsere Aufgabe wird es sein, im nächsten Doppelhaushalt diesen tollen Vorstoß, dieses Programm zu verstetigen.
Wir wissen aber alle – Frau Nagel hat es schon angesprochen und Petra Köpping selbst auch –: Das ZIK ist ein Konzept und es ist kein Gesetz. Ich möchte an dieser Stelle den Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und Vizepräsidenten des SSG, Burkhard Jung, zitieren: „Es ist dringend ein Gesetz notwendig, dem ein ressortübergreifendes Konzept zugrunde liegt und das sich mit Wohnen, Sprache, Arbeit, Bildung, Kultur und Sport beschäftigt.“
Das Gesetz muss die Aufgaben in allen Bereichen der Integration und Teilhabe formulieren und deren Finanzierung klären. Dabei geht es uns in der Regel nicht um ein Spezialprogramm für Flüchtlinge, sondern um die Einbindung der Flüchtlingsarbeit in bestehende Aufgaben und Programme. Der SSG hat bereits im Mai 2016 ein landesweites sächsisches Integrationsgesetz gefordert. Ebenso wurde eine Studie vom SMGI in Auftrag gegeben, die ganz klar sagt, ein solches Gesetz würde in den Kommunen zu einer besseren Planbarkeit und zu einer sichereren Finanzierung ihrer Integrationsarbeit führen. Durch ein solches Gesetz würde ganz klar werden, welche Leistungen, Erwartungen, aber auch Pflichten wir an die Zugewanderten haben, es würden der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt und Ungerechtigkeiten – auch die gefühlten – vermindert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ZIK könnte dafür eine Grundlage bieten. Die politischen Mehrheiten gibt es dafür noch nicht, aber ich denke, wir sind alle gemeinsam auf einem guten Weg.
Integration geht jede und jeden von uns etwas an. Daher wünsche ich mir, dass wir das, was wir gemeinsam begonnen haben, gemeinsam fortsetzen, auf die Umsetzung des ZIK II achten und den Prozess aktiv begleiten. Daran müssen alle Ressorts arbeiten. Ich denke, dass wir den einen oder anderen Bereich in den Doppelhaushaltsverhandlungen wieder aufgreifen werden.
Zum Abschluss möchte ich etwas wiederholen, was Petra Köpping vorhin gesagt hat: dass eine gelingende Integration nur geschehen kann, wenn es eine gesell
schaftliche Akzeptanz gibt. In diesem Hohen Haus können wir Abgeordneten alle, die wir heute hier sind, in unserer Funktion als politische Mandatsträger und ein Stück weit als politische Meinungsträger in diesem Land fungieren, indem wir sagen: Wir tragen gemeinsam dieses Konzept mit. Es gibt uns Antworten auf viele Fragen, die die einen oder anderen besorgten Bürgerinnen und Bürger haben. Wir sind alle in der Verantwortung, für diese gesellschaftliche Akzeptanz zu sorgen, jeder Einzelne, wie er hier sitzt, in seinem Wahlkreis, in den vielen Gesprächen. Ich hoffe, dass dieses ZIK II für alle ordentliche Antworten geben kann, die es dafür nutzen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel der Aktuellen Debatte „Bildungspakt jetzt“ – ich glaube nicht, dass wir jetzt damit anfangen; denn es ist einfach ein weiterer Schritt. Wir haben mit diesem Bildungspakt – und das darf man nicht unterschätzen – bereits 2014 angefangen, und wir werden am 01.09. dieses Jahres noch einmal einen deutlichen Schritt machen, wenn wir in der Krippe einen Betreuungsschlüssel von 1 : 5 haben. Wir gehen jetzt einen wichtigen nächsten Schritt, aber angefangen haben wir 2014.
Wir haben in den letzten drei Jahren nicht nur positive Resonanz darauf bekommen – das wissen wir alle, wie wir hier sitzen. Die Schritte waren nicht gleich spürbar. Sie waren für viele nicht wahrnehmbar. Das neue Personal war nicht vorhanden. Aber dass wir 2014 mit dem Finanzumfang von – jeder rechnet anders – 576 Millionen Euro angefangen haben, war so wichtig für die Bildungslandschaft im frühkindlichen Bereich. Wenn wir von einem Bildungspakt sprechen, müssen wir sagen, wir gehen jetzt den nächsten Schritt, aber angefangen haben wir 2014, und das war richtig und wichtig.
Wir haben nicht nur den Betreuungsschlüssel abgesenkt, sondern auch andere Wege eingeschlagen. Ich möchte einmal kurz an die Einführung der e-Kids erinnern. Da haben wir ein gutes Modell entwickelt, bei dem wir jetzt auf die Auswertung warten, die für Ende April angekündigt ist. Darauf bin ich ganz gespannt und wir können wichtige und richtige Schlüsse daraus ziehen.
Nun aber zur Umfrage. Warum ist es jetzt an der richtigen Zeit, den nächsten Schritt zu gehen? Wir sehen, dass die Bündnispartner, sei es das Graswurzelbündnis, seien es die Gewerkschaft oder die Erzieherinnen und Erzieher, die Leitungen, die Kommunen, uns ganz deutlich sagen: Wir brauchen die nächsten deutlich spürbaren Verbesserungen. So ist doch auch ganz klar, dass in die Umfrage vier Punkte gekommen sind, die für uns überschaubar, umsetzbar und – in dem finanziellen Rahmen, der uns mit
75 Millionen Euro gegeben wurde – jetzt auch machbar sind.
Die Forderung nach der Vor- und Nachbereitungszeit – Herr Bienst hat es gerade gesagt – tragen wir sehr gern mit, wenn sie an erster Stelle herauskommt. Das ist doch ganz klar. Sie kam ganz deutlich vom Graswurzelbündnis und auch von den Erziehern selbst: Sie brauchen jetzt die Zeit, um ihre Aufgaben, die sie aus dem Bildungsplan erhalten haben, tatsächlich umsetzen zu können – und eben nicht am Feierabend, nicht am Wochenende, sondern in der Arbeitszeit. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in der Umfrage.
Bei der Absenkung des Betreuungsschlüssels sind es Trippelschritte, das wissen wir auch. Es ist richtig und wichtig darzustellen, was man mit einem finanziellen Umfang von 75 Millionen Euro machen kann. Dann sind das Trippelschritte. Das macht auch mal klar, mit welchen Anstrengungen und mit welchen finanziellen Mitteln wir die letzten drei Jahre den Schlüssel abgesenkt haben.
Stichwort Brennpunkt-Kitas. Ich sage ganz ehrlich, das liegt mir am Herzen; denn ich merke ganz deutlich, gerade auch, wenn man sich mit den Trägern der e-Kids unterhält, wie unterschiedlich die Landschaft unserer Kindertagesstätten ist und wie groß der Unterschied ist zwischen einer Kindertageseinrichtung in Triebel, wo die Erzieherin noch jede Mutti, jede Oma und alle persönlich kennt, und einer Einrichtung in Leipzig, wo uns die Eltern und vor allem die Erzieher sagen: Wir haben Probleme. Da ist der Migrationsanteil sehr hoch, da sind Familien verschiedenen Süchten ausgesetzt – Alkohol, Drogen, was auch immer –; wir haben Kriminalitätsprobleme, Arbeitslosigkeit etc. Die Unterschiede in unseren Einrichtungen in Sachsen sind so massiv, dass auch das ein sinnvoller und guter Punkt zur Umsetzung wäre.
Ich möchte damit nur sagen, wir haben in die Umfrage Aspekte aufgenommen, die auch gute und spürbare Schritte nach sich ziehen werden. Aber es liegt auch meiner Fraktion sehr am Herzen, dass es, wenn wir von einem Bildungspakt und von einem nächsten Schritt sprechen, eben nur ein nächster Schritt ist und noch nicht das Ende. Wir sehen sehr wohl, dass wir bei dieser Verbesserung der Qualität andere Bereiche nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Wir dürfen die Kommunen nicht aus dem Blick lassen. Die Forderung nach einer steigenden Pauschale ist bei uns allen präsent, vor allem beim Finanzminister in den FAG-Verhandlungen. Wir dürfen die Eltern nicht aus dem Blick lassen. Keiner von uns kam in den letzten Jahren umhin, in den Kommunen über die Steigerung von Elternbeiträgen zu diskutieren. Und wir müssen die Fachlichkeit in den Einrichtungen erhalten. Genau dies treibt mich gerade um. Das macht mir Sorgen. Wenn wir in der Perspektive über weitere Qualitätsverbesserungen sprechen, dann muss auch noch genügend Fachpersonal vorhanden sein.