Walter Kern
Appearances
16/5
16/6
16/12
16/13
16/18
16/25
16/36
16/38
16/43
16/44
16/47
16/48
16/49
16/54
16/58
16/60
16/66
16/72
16/73
16/74
16/76
16/77
16/83
16/93
16/94
16/96
16/101
16/104
16/110
16/111
16/115
16/118
16/130
16/133
16/139
16/140
16/142
Last Statements
Frau Kollegin, besten Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich weiß nicht, ob Sie an dem Tag gefehlt haben, an dem der Landesjugendrat in einer Anhörung verneint hat, dass das Wahlrecht für 16-Jährige …
Sie haben das sehr deutlich gesagt. Ich wollte Sie bitten, das noch mal zu zitieren. Können Sie aus dem Protokoll zitieren, was der Landesjugendrat dort gesagt hat?
Danke schön, Herr Kollege, dass Sie die Frage zulassen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie mir ausrechnen können, was 6,5 % von 250.000 € für den Erwerb eines gebrauchten Hauses bedeuten. Wie viel Geld ist das für die Familie? Könnten Sie mir das bitte kurz sagen und dann auch sagen, wo da die soziale Kompetenz der SPD steckt?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Nordrhein-Westfalen ist arm dran.
Die Kinderarmut liegt bei 23,6 %. Jedes vierte Kind gilt als arm. Die Kinderarmut hat unter der rot-grünen Landesregierung in den letzten Jahren in NordrheinWestfalen zugenommen. Darüber gibt es hier in diesem Hohen Hause, glaube ich, Einigkeit.
Wir können dem Antrag heute nicht zustimmen, da er die derzeitige Noch-Landesregierung und die sie tragenden Regierungsfraktionen schont und ihnen
per Beschluss quasi eine Umleitung auf die Bundesebene ermöglichen soll. Das gilt im Übrigen auch für den heutigen Entschließungsantrag von Rot-Grün.
Nach knapp sieben Jahren Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen bleibt festzuhalten, dass die Kraft-Regierung in der Bekämpfung der Kinderarmut versagt hat
und jedem Nachfolger eine schwere Hypothek oder Erbschaft hinterlässt. Sie lässt insbesondere mehr arme Kinder zurück. Um es deutlich zu sagen: Es ist Zeit für einen Wechsel! Eltern armer Kinder dürfen diese Regierung jedenfalls nicht wählen.
Wir haben uns in der laufenden Legislaturperiode oft und zentral über das Thema „Kinderarmut“ auseinandergesetzt. Es ist die harte Wahrheit, dass sich die Kinderarmut unter Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen verstärkt hat. Das sagen die Hans-Böckler-Stiftung und die Bertelsmann Stiftung. Das liegt an verfehlter Politik, und zwar in der Breite, in der Wirtschaftspolitik, beim Wohnungsbau, beim sozialen Wohnungsbau, bei der Beschäftigungspolitik, an schwacher Schulpolitik, schwacher Bildungspolitik und an der Qualität in den Kitas. Es gibt viele Gründe, weshalb das so ist.
Diese Landesregierung muss am Zeugnistag, am 14. Mai, verantwortlich gemacht werden.
Mit dem heutigen Antrag stellen die Piraten ein wichtiges Thema, die Kindergrundsicherung, zur Diskussion, das einer sorgfältigen Prüfung bedarf. Schnellschüsse sind hier wegen der Komplexität und Grundsätzlichkeit des Themas „Kindergrundsicherung“ nicht angesagt. Kindergrundsicherung ist nur eine von vielen Lösungsmöglichkeiten, die es zu überprüfen gilt. Die Aufgabenstellung ist hiermit vielfältig und herausfordernd.
Der aktuellen Bertelsmann-Studie „Alleinerziehende unter Druck“ zufolge ist Kinderarmut in Deutschland zur Hälfte auf die Armut von Alleinerziehenden zurückzuführen. Meine Damen und Herren, auch Familien mit mehr als drei Kindern tragen höhere Armutsrisiken. Es ist nach meiner Ansicht kein Zufall, dass sich der Verein für Kinderreiche in NordrheinWestfalen gegründet hat, in unserem Bundesland.
Nach Ansicht der CDU ist es geradezu ein Skandal, dass diejenigen, die durch generative Beiträge die Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens sichern, erhöhten Armutsrisiken ausgesetzt sind.
Es gilt: Nicht Arbeitslosigkeit muss verlängert und unterstützt werden, sondern nachhaltige Beschäftigung muss das Ziel sein, um Familien und damit auch Kinder aus dem Armutsrisiko herauszuholen und Teilhabe zu ermöglichen.
Nach dem letzten Landessozialbericht sind Kinder und Jugendliche ganz besonders von Armut betroffen. Die Bertelsmann Stiftung hält dazu fest, dass arme Kinder häufiger sozial isoliert, materiell unterversorgt und gesundheitlich beeinträchtigt sind.
Ob Kindergrundsicherung eine grundsätzliche Lösungsmöglichkeit darstellt, muss meines Erachtens geprüft werden. Ein derartiger Systemwechsel kann nicht zwischen Tür und Angel entschieden werden.
Durch eine übereilte Einführung der Kindergrundsicherung können auch soziale Ungerechtigkeiten provoziert werden.
Es gibt heute 156 ehe- und familienpolitische Leistungen. Für alle gab und gibt es Begründungen. Sie sind die Summe der Erfahrungen der Vergangenheit.
Zum Entschließungsantrag von Rot-Grün: Sie haben es ja noch nicht einmal geschafft, in sieben Jahren ein tragfähiges neues KiBiz zustande zu bringen. Da wollen Sie jetzt schon wieder eine neue Baustelle aufmachen?
Diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen machen gerne den zweiten Schritt vor dem ersten. Am Beispiel der schlechten Einführung der Inklusion an den Schulen kann jedermann sehen, zu wessen Lasten schlecht durchdachte, unvorbereitete und übereilte Umsetzungen gehen, zulasten der betroffenen Kinder und des pädagogischen Personals.
Die Piraten schreiben in ihrem Antrag, dass Kindergrundsicherung ein Schritt in die Richtung zu einem bedingungslosen Grundeinkommen für Erwachsene ist. Dem können wir natürlich nicht entsprechen. Das ist keine Überraschung.
Ich komme zum Schluss.
Ist eine bedingungslose Kindergrundsicherung, bei der jedes Kind das Gleiche vom Staat bekommt, wirklich gerecht? Entspricht das den Vorstellungen von Chancengerechtigkeit, wenn Kinder wohlhabender Eltern dann ebenfalls eine bedingungslose Grundsicherung erhalten? Ich bin sicher, eine solche Regelung ist weder solidarisch noch sozial.
Wir finden es gut, dass wir einmal über Kindergrundsicherung sprechen. Wir sollten das gründlich in der nächsten Legislaturperiode tun.
Eine direkte Abstimmung ist hier aus meiner Sicht deshalb nicht möglich, weil die Enquetekommission
Handlungsempfehlungen ausspricht und eine Diskussion im Fachausschuss mit Experten hier dringend erforderlich ist. – Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Gerne.
Daniel Düngel, ich bin dir sehr dankbar, dass du mir die Möglichkeit gibst, das in einer Kurzintervention zu vertiefen. Ich will es mal sehr deutlich sagen: In dieser Legislaturperiode war das Wappentier der Landesregierung eine Schnecke, insbesondere beim KiBiz. Es hat sieben Jahre gedauert, und wir wissen heute definitiv,
dass sich hier nichts verändern wird.
Ich habe es eben schon gesagt. Vielleicht hast du es überhört oder schon vorher deine Kurzintervention angemeldet. Eine Enquetekommission spricht Handlungsempfehlungen an das Parlament aus. Entscheidungsgremium ist nicht die Enquetekommission – sie spricht nur Empfehlungen aus –, sondern das Parlament. Das Parlament hat in aller Regel dann über Anhörungen noch einmal Fachlichkeit hinzuzuziehen. Das ist meine Antwort darauf.
Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Die FDP-Landtagsfraktion wirft mit ihrem heutigen Antrag eine wichtige gesundheitliche Frage auf: Sollen HPV-Impfungen auch für Jungen und Männer genutzt werden? Bekannt ist, dass bestimmte HPV-Viren das Risiko bei Mädchen und Frauen erhöhen, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, und dass sich jeder sexuell aktive Mensch mit genitalen HPV-Viren anstecken kann.
Die Impfstoffe sind bekannterweise sicher und verträglich. Die STIKO am Robert-Koch-Institut, die eben schon erwähnt wurde, also die Ständige Impfkommission Berlin, spricht sich für die Impfung von Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr aus. Es gibt nun unter Fachleuten wie dem Bundesverband der Urologen und der Deutschen Gesellschaft für Urologie eine wichtige Entwicklung dahin gehend, wegen des umfassenden Schutzes auch die Impfung von Jungen und jungen Männern zu empfehlen. Denn die Häufigkeit von genitalen HPV-Infektionen ist bei Männern genauso groß wie bei Frauen.
Interessant ist, dass das Bundesland Sachsen, wie eben schon erwähnt, die Impfung für junge Männer bereits seit vier Jahren befürwortet. Unstreitig ist, dass mit der Impfung die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Krebsvorsorge steigt. Davon gehen die Wissenschaftler heute aus. Allerdings ist festzuhalten, dass Häufigkeit und Krankheitsverlauf von HPVInfektionen bei Männern nicht so gründlich erforscht sind wie bei Frauen.
Unter Experten gibt es jedoch eine interessante Debatte. Ich erlaube mir, einige Positionen darzustellen:
Harald zur Hausen, deutscher Nobelpreisträger, empfiehlt, bei Jungen zwischen neun und 14 Jahren zu impfen.
Für den Kinderarzt Dr. Martin Hirte ist die Impfung allerdings zu teuer. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten:
„Die HPV-Impfung verursacht immense Kosten für unser Gesundheitssystem, die an anderer Stelle eingespart werden müssen, zum Beispiel beim Krankenhauspersonal.“
Hirte, der ein Buch über HPV-Impfung geschrieben hat, spricht davon, dass Impfungen zu teuer und ineffektiv sind.
Die STIKO am Robert-Koch-Institut hält die Forschung noch nicht für abgeschlossen. Wir sollten auf jeden Fall abwarten, was ihre Kompetenz erbringt.
Hingegen kann zum Beispiel die britische Forscherin Margaret Stanley nicht verstehen, weshalb Jungen nicht systematisch geimpft werden. Damit verstärkt sie eigentlich das Thema.
Dagegen wirft Rolf Rosenstock, Professor für Gesundheitspolitik an der TU Berlin und Mitglied des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen, die Frage auf, wo und wann mit rund 200 Millionen € – das wäre der Kostenfaktor – die für die Krebsprävention größte gesundheitliche Wirkung zu erzielen wäre. Dann hätte – so heißt es bei ihm wörtlich – „die HPV-Impfung wahrscheinlich keinen guten Stand“.
Prof. Dr. Heinz-Harald Abholz, Leiter der Allgemeinmedizin der Universität Düsseldorf, geht noch weiter. Er schreibt: Also scheint es hier – bei HPVImpfungen – um etwas ganz anderes zu gehen, was trotz der extrem schlechten und komplizierten Studienlage zu der ungewöhnlich schnellen Zulassung der neuen Medikamente geführt hat. Es ist offensichtlich, dass es auch um den Verkauf eines sehr teuren Impfstoffes geht. Hier werden also offen Pharmainteressen angesprochen.
Abschließend möchte ich eine Bewertung der im Antrag der FDP vorgeschlagenen Beschlüsse machen. Ich komme zum ersten Vorschlag der FDP, die Information über die HPV-Impfung zu stärken und die Motivation zum Impfen zu steigern. – Das macht Sinn.
Zweitens wird vorgeschlagen, über die gültigen Empfehlungen der STIKO hinaus die HPV-Impfung für Jungen bzw. junge Männer in den Runderlass „Öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen“ aufzunehmen. – Hier bedarf es nach unserer Ansicht weiterer Arbeit und des Abwartens, wie sich die STIKO, die sich ja sehr seriös mit diesem Thema beschäftigt, entscheiden wird.
Drittens wird verlangt, die Bundesebene aufzufordern, die HPV-Impfung für Jungen und junge Männer in die Empfehlungen der STIKO aufzunehmen. Dies kann unseres Erachtens erst nach dem Heranziehen externer Kompetenz empfohlen werden. Hier ist Gründlichkeit angesagt.
Zum vierten Vorschlag stelle ich fest: Ob Schule und der öffentliche Gesundheitsdienst mit koordinierten Aktionen zur HPV-Impfung beauftragt werden können, kann man diskutieren. Das bedarf aber ebenfalls einer breiten systematischen Fachdiskussion in den zuständigen Ausschüssen. – Ich sage dazu: Was soll Schule noch alles machen?
Die direkte Abstimmung ist also für dieses Thema heute nicht geeignet. Deshalb können wir dem Antrag nicht zustimmen.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Und vor allem: Liebe Sachverständige, Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen und des Kommissionssekretariats, die heute auf der Tribüne Platz genommen haben! Besten Dank für Ihre herausragende Arbeit. Ich möchte an dieser Stelle besonders Herrn Dr. Sandhaus vom Kommissionssekretariat nennen, der zur rechten Zeit zu uns kam.
Wir alle sind geneigt, zu sagen: Es ist geschafft. – Dabei haben wir mit viel Mühe und Schweiß gerade erst die Startblöcke eingehauen. Die Arbeit fängt jetzt erst richtig an. Das wird für Nordrhein-Westfalen ein langer Weg, den wir gemeinsam gehen müssen.
Mehr als zwei Jahre lang haben wir uns mit dem Schlüsselthema, der Stärkung der Familien in Nordrhein-Westfalen, befasst. Die Diskussionen und die
fachliche Auseinandersetzung waren konstruktiv, intensiv, teilweise polarisierend und strittig, ideologisch, kleinteilig und detailverliebt, stets unter Zeitdruck – aber immer auf der Suche nach Kompromissen. Manchmal erinnerten mich die Sitzungen an bestimmte gruppendynamische Erfahrungen.
Wir haben tolle Experten kennenlernen dürfen. Beispielhaft will ich Prof. Dr. Franz-Xaver Kaufmann und Prof. Dr. Paul Kirchhof nennen sowie den „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“ und den „Verband kinderreicher Familien Deutschland“.
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, die Ergebnisse der Kommission dürfen nicht in den Schubladen verschwinden, sondern sie sollen und werden uns in der nächsten Dekade begleiten. Das sind wichtige Handlungsempfehlungen an das Parlament, an das Tagesgeschäft. Meines Erachtens stehen alle Kommissionsmitglieder in der besonderen Verantwortung, kontinuierlich darauf zu achten, dass die Stärkung der Familien zu einem führenden Thema, ja zum Hauptthema in Nordrhein-Westfalen wird.
Dazu bedarf es grundlegender politischer Entscheidungen. Dabei muss der Weg so beschritten werden, dass wir uns im Sinne von Qualitätsmanagement ständig verbessern – Schritt für Schritt mit einer rollenden Prüfung und mit Evaluation.
Trotz aller Unterschiede in der politischen und fachlichen Sichtweise war es unser gemeinsamer Nenner, mehr Gutes für Familien in Nordrhein-Westfalen zu erreichen. Wir sollten in dem Bewusstsein weiterarbeiten, Rückstände aufzuholen und in NordrheinWestfalen gegebenenfalls auch einmal mutig voranzugehen – geleitet von dem Maßstab: Was nutzt der Familie?
Das Ziel der CDU – unser Ziel – besteht darin, einmal sagen zu können, dass Nordrhein-Westfalen zu den familienfreundlichsten Bundesländern zählt – und zwar nicht nur als PR-Gag, sondern nachprüfbar und transparent.
Die CDU hat die Enquetekommission von Anfang an als Auftrag verstanden, insbesondere in der NRWLandes- und Kommunalpolitik Chancen zu schaffen, Familien zu stärken.
Ich frage Sie: Weshalb benötigen wir eine Enquetekommission für Nordrhein-Westfalen, wenn wir bei den Handlungsempfehlungen immer wieder Richtung Berlin blicken? Das ist nicht konsequent. Die CDU hat deshalb von der Bewertung bundespolitischer Forderungen abgesehen. Ein Zusammenhang von bundes- und landespolitischen Vorschlägen ist zwar denkbar, würde aber die Bedeutung einer eigenständigen Landesfamilienpolitik Nordrhein-Westfalens infrage stellen, geradezu unterlaufen.
Die CDU Nordrhein-Westfalens stellt sich dieser Verantwortung für das Land. Wir betonen ausdrücklich: Unsere Familien in Nordrhein-Westfalen brauchen eine Landesfamilienpolitik, die passgenau auf die Bedürfnisse der Familien im jeweiligen Sozialraum zugeschnitten ist. Diese können je nach Region sehr unterschiedlich sein: Stadt, Land, Ballungszentren usw. Umso wichtiger ist es, die kommunale Ebene in ihren Handlungs- und Umsetzungsmöglichkeiten wieder zu stärken.
Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, im Zusammenhang mit der bekannten Shell-Studie ist die Bedeutung der Familie für junge Menschen wiederholt dargestellt worden. Sie wünschen sich Kinder und Familie. Politisch schaffen wir es nicht, diesen Wunsch durchzusteuern und so zu unterstützen, dass eine frühe Familiengründung möglich ist, zum Beispiel in Studium oder Ausbildung. So etwas funktioniert unter anderem durch weniger befristete Arbeitsverträge und damit mehr Sicherheit bei der Familiengründung.
Diesen laut Shell-Studie deutlich ausgesprochenen Wunsch junger Menschen müssen wir als politischen Auftrag verstehen. So kann Politik durchaus Einfluss auf das Lebensglück nehmen.
Familien stecken in einem zeitlichen Sandwich. Zeit ist ohne Zweifel die Leitwährung moderner und zeitgemäßer Familienpolitik. Junge Familien fühlen sich berechtigterweise häufig unter Druck – das ist die Rushhour des Lebens. Für die CDU ist und bleibt die Wahlfreiheit der Eltern ein tragendes Ziel ihrer Familienpolitik.
Dabei gilt insbesondere, dass die Eltern Familie und Arbeit miteinander vereinbaren können müssen. Hier erleben wir derzeit einen Paradigmenwechsel. Junge NRW-Bürgerinnen und -Bürger wollen arbeiten, um zu leben, und nicht so sehr leben, um zu arbeiten. Man nennt das auch Work-Life-Balance.
In dieser Legislaturperiode haben die Verantwortlichen zu häufig so getan, als bestünde gute Familienpolitik nur im angemessenen Ausbau von Betreuungsplätzen. Da besteht ohne Zweifel ein Defizit in Nordrhein-Westfalen. Gute Familienpolitik ist aber noch viel mehr. Wir sollten Familie auf einer Lebensachse betrachten – von der Wiege bis zum Lebensende. Ausgerichtet an dieser Lebensachse sollten und könnten, wo es erforderlich und notwendig ist, Unterstützungssysteme herangezogen werden. Das Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“, wobei die Selbstverantwortung der Familien zu stärken ist, muss Maßstab unseres Handelns sein.
Gerade die Unterstützung bei der häuslichen Pflege wird immer mehr zur Schlüsselfrage guter Familienpolitik; ich nenne nur das Stichwort „demografischer
Wandel“. Die Wahrheit ist aber auch, dass Familienpolitik nicht nur eine politische Aufgabe ist. Die Sozial- und Tarifpartner müssen familienbewusste Arbeitszeitmodelle zum selbstverständlichen Verhandlungsgegenstand ihrer Tarifverhandlungen machen.
Hier sehe ich noch Luft nach oben; da gibt es deutliche Entwicklungschancen. Familien zu stärken, muss deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein und den veränderten Anforderungsprofilen gerecht werden.
Ein Beispiel: Junge Väter definieren heutzutage ihre Rolle immer weniger über das Ernährer-Modell; vielmehr wollen sie mehr Teilhabe und Verantwortung beim Aufwachsen ihrer Kinder übernehmen. Das muss ermöglicht werden. Ein gesellschaftliches Klima für Familien, wie es beispielsweise in Norwegen gelebt wird, kann dafür durchaus ein Vorbild sein.
Die CDU-Landtagsfraktion hat sich nach intensiver Diskussion entschieden, dem Parlament und der Öffentlichkeit mit einem Sondervotum aufzuzeigen, wie sie sich ein Gesamtkonzept einer Landesfamilienpolitik in Nordrhein-Westfalen vorstellt.
Wir sind überzeugt, dass wir das geforderte gemeinsame Bündnis der Familienpolitiker benötigen. Der Einsetzungsbeschluss fordert ein Gesamtkonzept der Politik für Familien in Nordrhein-Westfalen. Nur durch die strukturelle Neuausrichtung können wir eine nachhaltige Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen ermöglichen.
Die Kernfrage lautet: Wie können wir verlässliche, langfristige Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen für Familien schaffen? Was nutzt Familien wirklich? Wie unterstützen wir Familien in den heute so vielfältig gelebten Formen – von der klassischen Familie über die Patchwork-Familie bis zur Familie mit einem Elternteil, ob Alleinerziehende, ob Armutssituation von Familien und Kindern, ob Armutsrisiko für Alleinerziehende oder Kinderreiche? Dringend erforderlich ist natürlich auch – und das will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – die erforderliche Familienbildung und Familienberatung.
Nach Ansicht der CDU ist es geradezu ein Skandal, dass diejenigen, die durch generative Beiträge die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens sichern, erhöhten Armutsrisiken ausgesetzt sind. Das darf so nicht bleiben, das muss sich ändern!
In unserem Sondervotum sprechen wir, die CDU, zusammen mit den Experten Dr. Stefan Nacke und Herrn Prof. Klaus Peter Strohmeier Handlungsempfehlungen an:
Erstens. Wir wollen, dass Familienförderung gesetzlich in einem Landesfamilienfördergesetz verankert wird. Das gibt es bisher in Nordrhein-Westfalen nicht.
Zweitens. Wir wollen einen neuen Zuschnitt des Familienministeriums. Die Neuorganisation des Familienministeriums muss sich integriert und systematisch an der Lebenswirklichkeit von Familien orientieren. Wenn 70 % der Pflege in der Familie stattfindet, dann gehört auch die Pflege dazu.
Drittens. Um Familienpolitik langfristig und verlässlich zu planen, brauchen wir regelmäßige Landesfamilienberichte und einen Landesfamilienförderplan, der kurz-, mittel- und langfristige Ziele transparent und messbar darstellt.
Viertens. Wir brauchen eine stärkere und kontinuierliche Vernetzung und einen Austausch der Familienpolitik mit der Wissenschaft. Wichtig ist, dass Wissenschaft und Praxis nicht einfach nur nebeneinander stehen, sondern sich gegenseitig im Austausch befinden. Wir brauchen keine Einbahnstraße der Informationen, vielmehr heißt die Lösungsoption kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung.
Fünftens. Rahmenbedingungen für Familien finden vor Ort statt. Deshalb ist es zukünftig wichtig, dass wir auch eine kommunale Familienkonferenz vor Ort vorhalten. Wir stellen uns das ähnlich vor wie bei der Gesundheitskonferenz, dass die Kompetenzträger vor Ort vorhanden sind. Gerade die Gesundheits- und die Pflegekonferenz haben hier deutliche Entwicklungschancen aufgezeigt. Der kommunale Familienkoordinator, der diese Familienkonferenz leitet, wird nach unserer Vorstellung direkt dem Rat und dem Bürgermeister berichten.
Sechstens. Wir brauchen eine konsequente Qualitätsoffensive zur Kindertagesbetreuung. Darüber haben wir schon beim vorherigen Tagesordnungspunkt gesprochen; deswegen brauche ich nicht weiter darauf einzugehen.
Siebtens. Familienbildung und Familienberatung sind auszubauen. Das Erfolgsmodell „Familienzentrum“, das in der Laschet-Zeit konzipiert worden ist, muss weiter gefestigt werden.
Achtens. Es bedarf der Wertschätzung und des Engagements für berufstätige und pflegende Mütter und Väter. Familienarbeitszeitmodelle und die Vorbildfunktion insbesondere der öffentlichen Hand sind hier Schlüsselbegriffe.
Neuntens. Familien mit besonderen Belastungen müssen sich auf die Gesellschaft deutlich verlassen können. Gerade die familiäre Pflege bedarf der intensivsten Stärkung. In diesem Bereich müssen wir uns noch verbessern. Insbesondere Familien mit behinderten Kindern brauchen gesellschaftliche Solidarität, und sie müssen das konkret spüren.
Zehntens. Familien mit Zuwanderungsgeschichte – da hat Nordrhein-Westfalen eine große Tradition – benötigen Bildung, Gesundheit und Zugang zum Arbeitsmarkt. Das ist die große Chance einer gelingenden Integration. Gesellschaftliches Engagement und
soziale Netzwerke müssen deshalb unterstützt werden.
Elftens. Wir benötigen eine Stiftung „Starke Familien“; dabei stellen wir uns das Prinzip der Zustiftung vor.
Zwölftens. Lassen Sie mich das sagen: Familienpolitik ist kein „Gedöns“. – Sie wissen ja, wer das gesagt hat. Familie muss vor die Klammer gezogen werden. Eine Landesfamilienkonferenz und ein Wettbewerb um familiengerechte Kommunen können zum erforderlichen Paradigmenwechsel beitragen.
Ich komme zum Schluss. Was kommt, wenn Familie geht? – Der Staat ist dramatisch überfordert, wenn er glaubt, die grundlegende Solidarität, die von der Familie ausgeht, ersetzen zu können. Der Staat braucht die Familien wegen ihrer sozialen Bindekraft. Deshalb ist der Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung mehr als begründet. Das ist die zeitgemäße Betrachtung!
Wir treffen damit ausdrücklich den Willen der Bevölkerung. Familie wird den Deutschen immer wichtiger. 1998 waren 68 % der Bevölkerung der Überzeugung, dass ihnen die Familie ein Gefühl von Sicherheit gibt. Heute sind es bereits 79 %, die die Familie ins Zentrum stellen. Weit über drei Viertel der Befragten sagen, dass Ihnen Familie das Wichtigste überhaupt ist. Wenn das kein Auftrag für die Politik ist, dann weiß ich es auch nicht!
Resümee: Die Enquetekommission zur „Zukunft der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“ hat sehr gut gearbeitet. Das sage ich trotz unterschiedlichster Sichtweisen im Einzelfall und im Respekt vor dem Andersdenkenden in den auf demokratischem Fundament arbeitenden Parteien im Landtag NordrheinWestfalen. Auch wenn die CDU-Fraktion nicht allen Empfehlungen zustimmen kann, werden wir der Gesamtpräsentation zustimmen, weil sie die ganze Diskussionsbreite aufzeigt.
Ein wichtiger Hinweis am Rande: Die Katholische Kirche in Nordrhein-Westfalen mit ihren fünf Bistümern hat am 17. Januar dieses Jahres ein bemerkenswertes Papier zur Familienpolitik in NordrheinWestfalen herausgegeben – modern und zeitgemäß. Man kann den vielen Experten nur dankbar sein und ihnen zu dieser Arbeit gratulieren. Das ist ein starker Aufschlag.
Darin wird eine stärkere Priorisierung der Landespolitik zugunsten der Familienpolitik gefordert. Ich denke, das ist ganz im Sinne der Enquetekommission. Des Weiteren wird in dem Papier gefordert – ich zitiere –, „eine Prüfung aller Gesetzesvorhaben auf ihre generationenübergreifende Familienverträglichkeit zu installieren“, damit die Vokabel „Querschnittsaufgabe“ künftig weniger zur Ausweichlegitimation dient, sondern operativ wirksam wird.
Die Tagespolitik hat jetzt ein großes Aufgabenheft vor sich, das es ab sofort zu bearbeiten gilt. Es bleibt noch viel zu tun im Land Nordrhein-Westfalen bis wir Familienland Nummer eins sind. Machen wir uns also auf den Weg! – Ich danke Ihnen.
Danke schön, Frau Ministerin, dass ich eine Frage stellen darf. – Ist Ihnen bekannt, dass der SPD-Landrat aus Lippe uns aufgefordert hat, heute entsprechend unserem Antrag tätig zu werden?
Danke, Herr Tenhumberg. – Sie hatten gerade auf die Sechsjahresfrist angespielt. Eben hat Frau Asch in ihrem Wortbeitrag gesagt: Wir halten unsere Versprechen. – Herr Mostofizadeh hat im September 2015 gesagt: Wir werden die gesetzlich festgelegte jährliche Erhöhung der Kindpauschale von 1,5 % den tatsächlichen Kostensteigerungen in den Kitas anpassen müssen. – Das ist eine Aussage des Fraktionsvorsitzenden. Wie sehen Sie diese beiden Aussagen unter dem Aspekt des Versprechens?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! In der letzten Woche konnten wir uns alle gemeinsam darüber freuen, dass es wieder mehr Geburten in Deutschland gibt. Knapp 738.000 Babys erblickten das Licht der Welt. Das ist ein Plus von über 3 %. In absoluten Zahlen: mehr als 23.000 Kinder.
Die Gelehrten streiten sich zurzeit darüber, woran das liegt. Auf jeden Fall ist dieses Ergebnis ein optimistisches Zeichen, denn Eltern, die Kinder in die Welt setzen, glauben an eine gute Zukunft.
Es gibt in diesem Parlament einen parteiübergreifenden Konsens, dass Familienpolitik ein Zukunftsthema ist. Es ist daher unser gemeinsamer politischer Auftrag, Familie in Nordrhein-Westfalen lebbar zu machen. Das gilt insbesondere auch für die Lebenssituation von Mehrkinderfamilien – oder kinderreichen Familien, wie man allgemein sagt – in Nordrhein-Westfalen. Deren Lebenssituation in einem ganz entscheidenden Punkt zu verbessern, ist das Ziel des heutigen Antrags.
Wir haben – das ist bekannt – in Nordrhein-Westfalen eine sehr angespannte Wohnungssituation, und diese trifft vor allem Familien mit drei und mehr Kindern.
In Art. 5 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen steht ausdrücklich, dass kinderreiche Familien einen Anspruch auf besondere Fürsorge haben. Und zur fürsorglichen Familienunterstützung zählt eben auch, dass ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Dafür brauchen wir erstens der Familiengröße entsprechenden Wohnraum und zweitens bezahlbaren Wohnraum.
Wie lange kinderreiche Familien heute nach passendem Wohnraum in Nordrhein-Westfalen suchen müssen, darüber können Ihnen die betroffenen Eltern und die Vorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien, Frau Dr. Elisabeth Müller, ein Lied singen. Oft bleibt diese Suche ergebnislos. Der Grund
für die Wohnungsknappheit liegt unter anderem daran, dass viel zu langsam und viel zu wenige Wohnungen gebaut wurden und werden.
Der angespannte Mietmarkt kann nur durch Wohnungsbau entlastet werden. Nur bei ausreichendem Angebot werden auch sozialverträgliche Preise erzielbar sein. Das heißt, es muss schneller und möglichst kostengünstig gebaut werden können. Wohnungsbaupolitik, meine Damen und Herren, muss nach Ansicht der CDU-Landtagsfraktion darüber hinaus mehr als bisher die sozialen und familienpolitischen Auswirkungen berücksichtigen.
Ich selbst stamme aus einer kinderreichen Familie mit fünf Kindern. Wir wohnten zur Miete. Die Wohnung entsprach nicht der Familiengröße, sondern dem Portmonee, und das war knapp. Übrigens, vier von fünf Kindern schliefen in einem Raum. Ich habe mit meinem Bruder bis zum Alter von zehn Jahren in einem Bett geschlafen. Und diese Lebenssituation, meine Damen und Herren, gibt es heute in Nordrhein-Westfalen noch tausendfach.
Die Frage stellt sich: Wie stärken wir kinderreiche Familien, die einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren unserer Gesellschaft und unserer Sozialsysteme leisten, ohne deren Leistung unsere Generationenverträge kollabieren würden? Deshalb muss familienfreundliche Wohnungspolitik in unserem Bundesland Vergünstigungen für Familien sicherstellen.
Die rot-grüne Landesregierung hat aber in einem Punkt das Gegenteil getan. So hat Rot-Grün die Grunderwerbsteuer bereits zweimal in vier Jahren erhöht. Das ist nicht nur eine Benachteiligung für Käufer, sondern das ist insbesondere eine Benachteiligung für junge Familien mit Kindern.
Denn vor allem junge Familien, die den Wunsch haben, ein eigenes Haus zu bauen, leiden unter dieser familienfeindlichen Entscheidung. Eine Familie muss bei einem Hauskauf von etwa 250.000 € mit 16.250 € Zusatzkosten rechnen. Das kann eine kinderreiche Familie mit Durchschnittseinkommen kaum stemmen. Das zerstört Lebensträume, Herr Groschek, und hemmt wirtschaftliche Prosperität in NordrheinWestfalen.
Festzuhalten bleibt aber auch: Ein Investor und Kapitalanleger wird Bau- und Renovierungskosten auf seine Mieter umlegen. Und das trifft Familien mit Kindern, die sich Eigentum nicht leisten können und mieten müssen, ebenfalls.
Die Wahrheit ist: Kinderreichen Familien wird in dieser Gesellschaft in Wirklichkeit viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es gibt tatsächlich eine strukturelle Benachteiligung von Familien. Dies ist ein Beispiel dafür.
Insbesondere bei kinderreichen Familien kommt diese politische Gedankenlosigkeit wie Rücksichtslosigkeit rüber. Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung aus dem letzten Jahr waren 70 % der Befragten der Meinung, dass die Mehrheit der Bevölkerung Kinderreichtum als asozial ansieht. Nein, meine Damen und Herren, Kinderreichtum ist hochgradig sozial. Es ist nicht nur ein emotionaler Reichtum für die Familien, finanziell oft mit Armutsrisiken verbunden; aber es ist nachweislich ein großer Reichtum für unsere Gesellschaft.
Deshalb ist es auch begründet, dass wir hier im Landtag für kinderreiche und Mehrkinderfamilien etwas tun müssen. Die NRW-Verfassung – ich sagte es bereits – verlangt das von uns. Gleichzeitig geht aber auch die Wahrnehmung fehl, dass es überwiegend einkommensschwache Familien sind, die viele Kinder bekommen.
Die Wahrheit ist: Viele Familien kommen erst mit höherer Kinderzahl in den Transferbezug. Fakt ist: Viele Kinder können ein Armutsrisiko darstellen. Häuser und Wohnungen mit familiengrößengerechtem Raumzuschnitt werden viel zu selten angeboten. Es ist die Aufgabe des sozialen Wohnungsbaus in NordrheinWestfalen, bezahlbaren Wohnraum für Familien zu schaffen. Deshalb muss Nordrhein-Westfalen beim staatlich geförderten Wohnungsbau den Bedarf von kinderreichen Familien stärker berücksichtigen. Die Landespolitik muss Investoren und Vermieter motivieren, hier mehr zu tun.
Ganz nebenbei – gestatten Sie mir diesen kleinen Nachhilfeunterricht – ist das auch ein Konjunkturprogramm und eine Förderung von Industrie und Handwerk in Nordrhein-Westfalen. Daran müsste die Landesregierung mit ihrer neuen Marke Wirtschaftswachstum 0.0 ein ganz besonderes eigenes Interesse haben.
Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Es gibt heute viele Familienbilder und Lebensmodelle, Patchworkfamilien und Wohngemeinschaften von Alleinerziehenden. Zwei Mütter, die wegen finanzieller oder organisatorischer Schwierigkeiten zusammenziehen und drei oder mehr Kinder haben, brauchen diese Wohnungszuschnitte auch. Auch diese Lebensmodelle werden durch die Wohnungspolitik mit größerem Wohnungszuschnitt abgeholt. Hier wird Familie lebbar gemacht.
Hier brauchen wir Experimente. Hier müssen wir etwas tun. Wir brauchen jetzt einen Paradigmenwechsel im familiengerechten Bauen und, ich denke, 2017 einen Regierungswechsel. – Danke schön.
Danke schön. – Jetzt wird hier schon zweiten Mal gesagt, dass ich nicht vom Fach sei. Ich bin vielleicht nicht im Fachausschuss, aber ist Ihnen bekannt, dass ich 43 Jahre lang bei der Sparkasse gearbeitet habe? Mir zu unterstellen, ich hätte keine Fachlichkeit, ist eine Unverschämtheit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Gesundheit ist ein hohes Gut – das sagt man so dahin. Es ist gut, dass wir heute über Männergesundheit sprechen. Die Wahrheit ist: Auch beim Thema der konsequenten Förderung von Männergesundheit ist Nordrhein-Westfalen im Verhältnis zu anderen Bundesländern durchaus Entwicklungsland.
Im Bereich der Frauengesundheit haben wir in diesem Land schon eine gute, 40-jährige Tradition. Deshalb wissen wir, dass es sinnvoll ist, Gesundheit auch unter Geschlechtergesichtspunkten zu sehen. Auch Konzepte zur Männer- und Jungenförderung müssen in Nordrhein-Westfalen stärker in den Fokus genommen werden.
Auch die Antwort auf die Große Anfrage zu Jungen hat gezeigt, dass dort noch Handlungsbedarf besteht. Die Bundesländer Bayern, Bremen und Schleswig-Holstein sind dabei schon auf dem Weg und können durchaus als Vorbilder fungieren.
Männer und Frauen sind unterschiedlich krank. Fachlich kompetent geht der neue DAK-Gesundheitsreport darauf ein. Die Überschrift der Veröffentlichung „Warum Frauen und Männer anders krank sind“ trifft den Nagel auf den Kopf. Ob Krankheitswahrnehmung oder gesundheitliches Verhalten – es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Das macht sich in der Wahrnehmung gleicher Krankheiten bemerkbar, zum Beispiel beim Herzinfarkt.
Fest steht: Männer haben eine durchschnittlich rund fünf Jahre geringere Lebenserwartung als Frauen. Nur ein Jahr davon ist biologisch-medizinisch begründet. Vier Jahre sind durch Lebens- und Arbeitsbedingungen beeinflusst. Hier gibt es auch für die Politik Ansatzmöglichkeiten.
Fest steht: Männer haben eine ungesündere Lebensweise; der nächste Redner wird dazu vielleicht auch noch etwas sagen. Männer haben andere Ess- und Trinkgewohnheiten.
Jungen und Männer gehen größere Risiken ein. Männer haben häufig größere berufliche Belastungsfaktoren, zum Beispiel körperliche Arbeit und gefährlichere Arbeit. Männer widmen sich der Gesundheitsvorsorge mit einer geringeren Aufmerksamkeit und oft auch fahrlässig. Männer rauchen mehr.
Männer geben nicht zu, wenn es ihnen schlecht geht. Wehwehchen werden verschwiegen. Ein Indianer kennt keinen Schmerz, so heißt das Sprichwort.
Psychische Erkrankungen sind nicht nur Frauensache; sie nehmen bei Männern dramatisch zu. Aus dem Bericht geht mit Blick auf die Suizidgefährdung eindeutig hervor, dass Jungen eher Selbstmord begehen als Mädchen. Das kann uns nicht egal sein.
Nordrhein-Westfalen braucht deshalb beim Thema „Jungen- und Männergesundheit“ Konzepte mit unvoreingenommener Berücksichtigung dieser Fakten. Deshalb müssen Gesundheitsaufklärung und Präventionsmaßnahmen weiter ausgebaut werden. Männer müssen durch Präventionsmaßnahmen anders angesprochen werden als Frauen, weil sich Männer, was ihren Gesundheitszustand angeht, grundsätzlich gut oder besser fühlen oder vielleicht nicht zugeben, dass es ihnen nicht gut geht.
Für Nordrhein-Westfalen steht fest: Es wird zu wenig für Jungen- und Männergesundheit getan. Da müssen wir noch mehr tun, auch wenn das eine oder andere eben schon erwähnt worden ist.
Meine Damen und Herren, ich zitiere mit Genehmigung der Landtagspräsidentin aus dem Zweiten Gesundheitsbericht des Bundes.
Gut, Entschuldigung.
„In weiten Teil der Medizin und des öffentlichen Bewusstseins geht Männergesundheit noch nicht über die Urologie hinaus.“
Im gleichen Bericht wird von der Depressionsblindheit bei der gesundheitlichen Beobachtung und Analyse von Männern gesprochen. Das ist ein wichtiger Hinweis, den wir uns merken sollten.
Ich komme zum Schluss. Es gibt zehn Punkte, die wir in Nordrhein-Westfalen gemeinsam im Ausschuss besprechen sollten:
Erstens. Eine weitere Intensivierung der Männerforschung.
Zweitens. Eine bessere Erreichbarkeit von Männern für Gesundheitsthemen.
Drittens. Die Förderung der Motivation von Jungen und Männern zu mehr Eigenverantwortung in Gesundheitsfragen.
Viertens. Den Ausbau und die nachhaltige Etablierung von Männermedizin.
Fünftens. Mehr Wissen über die medizinischen Anlaufstellen für Männer, um gesundheitliche Aufgabenstellungen und Probleme zu lösen.
Sechstens. Auch das soziale Gefüge ist bei der Männergesundheit zu berücksichtigen. Denn es darf nicht sein, dass Männergesundheit ein Thema für Bildungseliten ist.
Siebtens. Es muss ein Ziel sein, die männerspezifischen Gesundheitsrisiken zu reduzieren.
Achtens – noch ein Aspekt für die Frauen –: Die angesprochene Problematik des gendergerechten Forschungsdesigns von Arzneimitteln ist unbedingt zu vertiefen. Da können wir noch mehr für die Frauen tun.
Neuntens. Eine enge Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern im Gesundheitswesen, insbesondere mit den Krankenkassen, ist wünschenswert.
Zehntens. Eine Weiterentwicklung des Themas „Frauen- und Männergesundheit“ sollte obligatorischer Tagesordnungspunkt auch der lokalen Gesundheitskonferenzen sein, weil sie vor Ort viel dafür tun können.
Es bleibt also viel zu tun. Vielleicht noch ein kleiner Spaß zum Schluss: Schluss mit Männerschnupfen! In dem Sinne.
Danke schön. Genau das wollte ich fragen.
Ja, er kennt seine Schwächen.
Ich möchte wissen, ob die Grünen dort ihre Position verändern und den als grau vermerkten Bereich jetzt wirklich als Entlastung für die A2 sehen. Das Geld ist vorhanden. Der Bund hat sehr deutlich gesagt, dass
wir das zur Anbindung brauchen. Ich möchte wissen, wie Sie dazu stehen und wann Sie uns erklären, dass das jetzt endlich läuft.
Danke schön, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. – Zunächst einmal möchte ich von Ihnen die Frage beantwortet haben, ob es richtig ist, dass Sie nach dem Ist 2004 68 Millionen € ausgegeben haben statt der deklarierten Haushaltsansätze für den Landesjugendplan in Höhe von 80 Millionen €? Hinsichtlich der 20%igen Kürzung möchte ich Sie darauf hinweisen, dass von unserer Seite der Landesjugendplan davon ausdrücklich ausgenommen war. Das ist haushalterisch deutlich von uns gesagt worden.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mir fällt es natürlich schwer, nach dem ersten Tagesordnungspunkt hier als erster Sprecher für die CDU zu reden, nachdem wir solch einem Angriff ausgesetzt waren. Da bin ich doch sehr auch in meinem demokratischen Gefühl erschüttert.
Ich will aber sagen, dass ich den Antrag der Regierungsfraktionen zur Frühförderung als einen wichtigen Schritt ansehe, Kinder mit Behinderung und solche, die von einer Behinderung bedroht sind, zu unterstützen. Ich halte diesen Antrag – das will ich sehr deutlich sagen – für sinnvoll.
Kompetente Beratung und frühzeitige Förderung sind gerade in der frühkindlichen Entwicklungsphase entscheidend, weil wir die Kinder dann noch beeinflussen können. Da diese Leistungen bereits kurz nach der Geburt genutzt werden können, verbessern sie die Entwicklungschancen der betroffenen Kinder deutlich. Sie sichern Lebenschancen.
Genau deshalb ist es wichtig, dass Frühfördermaßnahmen die Bezugspersonen – vor allem die Eltern – konsequent einbeziehen und die Elternberatung zukünftig auch mitfinanziert wird. Das gilt auch für die betroffenen Familien; denn diese Familien haben ganz besondere Herausforderungen zu meistern.
Wenn Eltern zum Beispiel durch den Arzt oder die Hebamme erfahren, dass ihr Kind Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen aufweist, tritt zunächst eine große Verunsicherung auf. Bereits in dieser Phase muss die Frühförderung mit Komplexleistungen ansetzen; denn zur Lebenswirklichkeit zählt, dass zunächst der Schock aufgearbeitet wird und Kenntnisse, Erfahrungen und Austauschmöglichkeiten für die Eltern vermittelt werden können.
Die Gewissheit, ein behindertes oder von Behinderung bedrohtes Kind zu haben, und die besondere Situation, in der sich diese Familien befinden, rufen nach nachhaltiger Unterstützung.
Physische und psychische Belastungen für die Eltern rund um die Uhr und von Dauer sind dabei ebenso auf der Tagesordnung wie besondere Belastungen in der Partnerschaft der Eltern. Auch müssen die Bedürfnisse der Geschwisterkinder berücksichtigt werden. Die Beantwortung der Frage der Eltern „Wer hilft uns weiter?“ darf weniger eine Holschuld der Eltern sein, sondern ist eine Bringschuld der Experten und Institutionen, die frühest
möglich erbracht werden muss. Die CDU überprüft deshalb die Zielrichtung des heute eingebrachten Antrages. Wir bieten konstruktive Mitarbeit zu diesem so wichtigen Thema an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Zeit, endlich zu handeln. Nachdem nun die 16. Legislaturperiode in ihre letzte Phase eintritt, wird das Thema jetzt endlich – dreieinhalb Jahre nach Ihrem Koalitionsvertrag – auf die Agenda genommen. Es ist allerdings bedauerlich, dass nach drei Verhandlungsjahren nur Empfehlungen und keine Vereinbarungen vorliegen.
Mit dem Ausbau und der Weiterentwicklung des Angebotes der Früherkennung und Frühförderung und von heilpädagogischen Leistungen nach § 56 SGB IX als Komplexleistung wird ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Damit wird Hilfeleistung aus einer Hand sichergestellt, was für die Eltern von erheblicher Bedeutung ist und für die Betroffenen eine echte Lebenshilfe darstellt. Dass Therapien auch in Kindertagesstätten stattfinden können, ist genauso zu bemerken wie die wichtige Entlastung der Eltern in dieser schwierigen Lebensphase der Vorbereitung, Beratung, Unterstützung und Anleitung in Bezug auf die Frage: Wie gehe ich mit meinem behinderten Kind um?
Die CDU sieht allerdings auch Felder der Weiterentwicklung. Man hat sich über die Kosten einigen können, aber die Fragen der entscheidenden Qualitätsstandards für Kinder sind leider noch offen, weil es bisher immer nur nach Rahmenempfehlungen geht und, wie eben schon gesagt, es noch keine Rahmenvereinbarung gibt. Es ist aber sicherlich unser gemeinsames Ziel, dass wir dahinkommen.
Die CDU-Landtagsfraktion fordert, dass die aufsuchende Beratung und Therapie im häuslichen Umfeld, die es vor der Einrichtung von Komplexleistungen gab, mindestens im ersten Lebensjahr erhalten bleibt. Betroffene Eltern berichten uns, wie entscheidend für sie die Rettung aus dem psychologischen Loch war, in das sie gefallen waren. Dabei ging es um die praktische Anleitung im Hinblick auf die Frage „Wie gehe ich zu Hause mit meinem Kind um?“ und darum, jemanden zu haben, der der betroffenen Familie wieder Perspektive aufzeigt und Kinder annimmt, wie sie sind.
Wir fordern, dass trotz der guten Erfahrungen mit den Komplexleistungen das Wunsch- und Wahlrecht erhalten bleibt. Eltern müssen sich die Therapeuten, die ihr Kind oft sechs Jahre täglich betreuen, aussuchen können. Wenn das Vertrauensverhältnis oder die Qualität der Beratung nicht stimmt, müssen sie auch wechseln können. Gerade hier liegt auch die Chance des Qualitätsgewinns für die betroffenen Kinder.
Eine Komplexleistung ist, wie gesagt, eine gute Sache und als Hilfe aus einer Hand unersetzlich. Dies darf allerdings nach Ansicht der CDU nicht mit dem
Eintritt in die Schule enden. Hier müssen wir gemeinsam daran arbeiten, dass aus einer Schnittstelle eine Verbindungsstelle wird. Neben dieser Altersgrenze sind die landesweiten Unterschiede zwischen dem Rheinland und Westfalen sicherlich auch noch einmal gemeinsam im Ausschuss zu besprechen.
Der umfangreiche Bericht – er wurde eben schon von der Kollegin zitiert; das ist die Vorlage 16/965 aus 2013 –, der die derzeitigen Strukturen bewertet, lässt viele Schlussfolgerungen und viele positive Ansätze zu, über die wir gemeinsam im Ausschuss sprechen sollten. Auf der Basis dieser Handlungsempfehlungen und der Vorstellungen der CDU freuen wir uns auf eine konstruktive Diskussion im Ausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Erstens. Wir müssen die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Vermittlungshemmnissen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen. Zweitens. Durch gemeinsame Projekte und neue zusätzliche Arbeit können wir eine Winwin-Situation für alle Beteiligten und damit auch für unsere Gesellschaft schaffen. Drittens. Im Handwerk, in der Wirtschaft und in den sozialen Berufen brauchen wir heute und insbesondere in der Zukunft jede Hand, jede Arbeitskraft.
Deshalb ist die Integration von Arbeitslosen und Flüchtlingen mit Bleibeperspektive ein absolutes Muss, eine große Integrationsaufgabe. Wir müssen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren. Wir müssen die Menschen in Beschäftigung bringen. Ob Lang
zeitarbeitslose oder Flüchtlinge mit Anerkennungsperspektive: Es muss vermieden werden, dass beide Gruppen durch eine Neiddiskussion gegeneinander aufgebracht werden. Sie alle brauchen die Chance, sich erfolgreich und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Der CDU ist es nicht egal, dass zum Beispiel Baumaßnahmen, die die Barrierefreiheit betreffen, in Nordrhein-Westfalen so schleppend vorankommen.
Es ist der CDU nicht egal, dass es in unserem Bundesland Stadtteile gibt, die drohen „urban underground“ zu gehen.
Es ist der CDU nicht egal, dass NordrheinWestfalen im Wirtschaftswachstum hinten liegt und mit seiner hohen Arbeitslosigkeit bundesweit als ein Negativbeispiel dasteht.
Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, Molière hat einmal gesagt: Man ist nicht nur verantwortlich für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.
Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns Lösungen. Wir brauchen eine neue Aufbruchstimmung in Nordrhein-Westfalen. Unser Bundesland braucht vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen eine Vision, die mit Optimismus und Durchsetzungskraft angegangen wird, kein Schneckentempo, nicht zögerlich, sondern initiativ. Schon Johann Wolfgang von Goethe sagte, dass Erfolg drei Buchstaben hat: Tun! – Tun!
Ein wesentlicher Schritt dazu ist es, die Menschen mit arbeitsmarktbezogenen Vermittlungshemmnissen viel schneller zu vermitteln. Das ist die Weihnachtsbotschaft, die ihnen das Parlament heute senden sollte, dass sie durch ihrer eigenen Hände Arbeit an der Verbesserung ihres Lebensumfeldes vor Ort mitwirken können und dass durch ihre Arbeit in der Nachbarschaft oder Kommune ihre gesellschaftliche Integration und Identifikation ebenso gestärkt werden wie ihre persönliche Qualifikation und Arbeitsmarktteilhabe.
Wie können wir das schaffen? – Mittelstand und Handwerk werden die notwendige Integration von Menschen mit arbeitsmarktbezogenen Vermittlungshemmnissen nicht alleine bewältigen können, aber sie können und wollen – das sagen sie immer wieder – viel dazu beitragen, denn sie sind auf diese Arbeitskräfte zukünftig angewiesen. Auch Politik, Sozialpartner, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Arbeitslosenverwaltung müssen dazu an einem Strang ziehen.
Ziel aller Maßnahmen muss es sein, dass modulare Integrations- und Förderketten entstehen, die schrittweise durch praktische Erfahrung, durch Aus-
und Fortbildung auf eine berufliche Integration in den ersten Arbeitsmarkt zielen.
Dazu müssen unter anderem die vorhandenen Fördertöpfe für Arbeitssuchende gebündelt werden, um den betroffenen Menschen die schnellstmögliche Integration in die Arbeit zu ermöglichen.
Arbeitsmarktintegration in dem erforderlichen Ausmaß kann nur gelingen, wenn wir neue zusätzliche Arbeit in und für Nordrhein-Westfalen identifizieren. Dadurch lassen sich konjunkturwirksame Effekte erzielen. Ich will einige Beispiele nennen.
Viele Stadtteile mit Erneuerungsbedarf oder, um es ehrlich zu sagen, soziale Brennpunkte bieten konkrete Chancen für Wohnumfeldverbesserungen. Der Nutzen für die Gesellschaft wird groß sein. Private und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften stehen vor großen Investitionsstaus.
Die Inklusion und der damit verbundene Abbau von Barrieren im öffentlichen und privaten Raum rufen nach Umsetzung.
Im Umweltbereich, zum Beispiel bei der Renaturierung von Gewässern und Landschaften oder in der Landschaftspflege, liegen große und nachhaltige Beschäftigungspotenziale für Menschen mit praktischer Begabung. Hier liegen Chancen für Ausbildung, Praktika und Beschäftigung. Das Handwerk ist dort der geborene Partner.
Es gibt viele Arbeitschancen. Maßnahmen zu identifizieren, sollte kein Problem sein. Diese Arbeitschancen bringen gesellschaftlichen Nutzen. Das ist die eigentliche Win-win-Situation.
Was ist zu tun? Wie können wir das erreichen? – Die Landesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die Zugangshürden auf dem Arbeitsmarkt für Menschen mit arbeitsmarktbezogenen Vermittlungshemmnissen abgebaut werden. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat dazu schon etwas gesagt.
Um neue, zusätzliche Arbeitsmarktchancen zu nutzen, müssen die Kommunen aus ihrer Marktkenntnis heraus städteplanerische, infrastrukturelle, ökologische und soziale Projekte identifizieren, die im Handwerk und im Mittelstand Beschäftigungseffekte auslösen.
Die enge Zusammenarbeit mit den Kommunen ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Nochmals: Die vorhandenen Mittel zur Finanzierung aus bestehenden Förderprogrammen müssen gebündelt werden. Dazu ist die Zusammenarbeit der Agentur für Arbeit, der Jobcenter, der Sozialpartner, der Kirchen und der Sozialverbände regional und sozialraumbezogen zu bündeln und ständig zu verbessern.
Meine Damen und Herren, wir müssen die Zukunft aktiv gestalten, und wir sollten damit anfangen. Die CDU ist dazu bereit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Eines möchte ich vorweg sagen: Der Antrag der FDP hat die richtige Stoßrichtung; über Details können wir sicherlich im Ausschuss sprechen. Ich bin der FDP jedenfalls sehr dankbar, dass sie dieses Thema aufgegriffen hat.
Zur Situation: Der plötzliche Herztod und der Kreislaufstillstand führen in Nordrhein-Westfalen zu ca. 12.000 bis 20.000 Todesfällen pro Jahr. Dazu gibt
es unterschiedliche Statistiken. Jedenfalls handelt es sich um eine sehr häufige Todesursache. Die Sauerstoffversorgung des Gehirns ist von entscheidender Bedeutung, und die ersten drei bis fünf Minuten entscheiden praktisch über die spätere Lebensqualität der Betroffenen. Es gehört zur Wahrheit, dass unsere Rettungsdienste zwar sehr schnell reagieren, aber in diesem Zeithorizont nicht vor Ort sein können. Diese drei bis fünf Minuten sind ein sehr kleines Zeitfenster. Es ist ein Rennen gegen die Uhr, in dem es um Sekunden geht, und – das wurde bereits richtig gesagt – jeder kann davon betroffen sein.
Wie wir wissen, stellt die manuelle Reanimation eine wirksame Maßnahme bei einem Kreislaufstillstand dar. Das ist hier eben sehr plastisch aufgezeigt worden. Es steht unzweifelhaft fest, dass mehr gut ausgebildete Ersthelfer und die Sicherstellung der Wiederbelebung durch Laien über die erfolgreiche Versorgung von Patienten mit Kreislaufstillstand entscheiden. Hier liegt der Schlüssel zur Verbesserung.
Was können wir denn in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich verbessern? Die Bereitschaft zur Ersten Hilfe muss durch eine bessere Vermittlung der Kenntnisse gesteigert werden. Es reicht nicht aus, dass das nur im Rahmen der Führerscheinprüfung geschieht. Wir brauchen mehr Ausbildungsangebote, die die Bevölkerung wiederholt und regelmäßig erreichen. Wir brauchen in ganz NordrheinWestfalen ein konsequentes Konzept zur Realisierung der Telefonreanimation. Die Disponenten in unseren Leitstellen müssen in ihrer Arbeit systematisch unterstützt werden. Hier besteht vielerorts – so sagen es mir Fachleuchte – noch Trainings- und Umsetzungsbedarf.
Das wichtige Thema der standardisierten Notrufabfrage durch die Disponenten ist hier zu nennen. Beim standardisierten Verfahren benötigen wir ein flächendeckendes Angebot im Land in allen Leitstellen. Das bereits im Kreis Gütersloh – Sie haben es sicherlich gelesen; das wurde hier heute nicht erwähnt – erfolgreich angewandte Verfahren der Alarmierung von ausgebildeten Ersthelfern in unmittelbarer Nähe des Notfallpatienten ist eine herausragende Idee, die schnellstmöglich landesweit umgesetzt werden kann. Die Vorteile dieses Konzepts sind durchschlagend.
Der Notarzt Dr. Ralf Stroop aus Halle/Westfalen hatte die Idee, die App „Mobile Retter“ zu entwickeln. Dieses inzwischen bundesweit ausgezeichnete Projekt – in einem Wettbewerb der Deutschen Bank hat er damit den ersten Platz erreicht – ist eine Innovation, die ihre Bezeichnung wirklich verdient. Die App „Mobile Retter – smartphonebasiertes Ersthelfersystem“ ist ein echter Gewinn für die Menschen unseres Landes. Die landesweite Einführung darf deshalb nicht mehr lange warten. Im Übrigen möchte ich als Ostwestfalen-Lipper darauf hinweisen, dass
wir die Region der Innovationen sind, weshalb ich besonders stolz darauf bin. Wir sollten dieses System also auch landesweit einführen.
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, das flächendeckend breiter, schneller und fachlich kompetent gehandelt wird.
Zur Beschlussfassung möchten wir sagen: Es ist richtig, dass die Befähigung zur Ersten Hilfe durch mehr praxisorientierte Unterrichtseinheiten ausgebaut werden muss. Hier haben wir im internationalen Vergleich gegenüber anderen Ländern noch sehr aufzuholen. Die Deutschen sind faktisch Wiederbelebungsmuffel. Da könnte Nordrhein-Westfalen einen Quantensprung machen.
Meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer, die Telefonreanimation erhöht die Überlebenschancen von Hilfebedürftigen. Deshalb ist es ein mehr als sinnvolles Ziel, die standardisierte Notfallabfrage und Anleitung zur Wiederbelebung mit aller Konsequenz auf alle Leitstellen in Nordrhein-Westfalen zu übertragen. Die Innovation der Smartphone-App bietet diese Chance; ich hatte es eben schon gesagt.
Die CDU-Fraktion sieht nicht nur die Schüler als Zielgruppe, um all das noch weiter zu verbreiten – darüber müssen wir vielleicht noch einmal im Ausschuss sprechen –, sondern an unseren Gesundheitstagen könnte man durchaus auch einmal ein Fortbildungsseminar für Abgeordnete anbieten.