Protocol of the Session on April 6, 2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn sich die Reihen jetzt erst beginnen zu füllen, möchte ich Sie trotzdem schon einmal ganz herzlich zu unserer heutigen Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen begrüßen. Wir haben heute die große Freude, die 142. Sitzung unseres Parlaments miteinander zu gestalten. Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich bisher zwölf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Zum Geburtstag dürfen wir heute auch gratulieren, und zwar Herrn Kollegen Hendrik Schmitz von der CDU-Fraktion, der allerdings bis heute Mittag entschuldigt ist. Die Glückwünsche werden wir dann nachholen und persönlich überbringen, sobald er wieder im Plenarsaal sein kann.

Mit diesen Vorbemerkungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, treten wir nunmehr in die heutige Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Vorausschauende Wirtschaftspolitik fortset

zen. Starker Standort NRW!

Unterrichtung durch die Landesregierung

Der Chef der Staatskanzlei hat mit Schreiben vom 28. März dieses Jahres mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, zu dem Thema „Vorausschauende Wirtschaftspolitik fortsetzen. Starker Standort NRW!“ zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt durch Herrn Minister Duin.

Herr Minister Duin hat jetzt auch das Wort für die Unterrichtung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! NordrheinWestfalen ist wieder auf Wachstumskurs. In der vergangenen Woche hat der Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder bekannt gegeben, dass er für das Jahr 2016 von einem Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes von 1,8 % ausgeht. Mit nur noch leichtem Abstand zum Bundesergebnis von 1,9 % können wir daher feststellen: Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist in einer guten Verfassung. 2017 wird es weiter aufwärts gehen, wie die Prognosen besagen. Im Vergleich der Bundesländer sind wir eben nicht das Schlusslicht,

sondern Platz 6 und auf dem Weg nach oben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden sicherlich gleich, ohne dass ich es exakt vorhersagen könnte, von Rednern aus der Opposition interessante Zahlenspiele hören, wie man 0,1 irgendwie in 27,5 umrechnen kann. Besonders bemerkenswert fand ich – auch wenn er im Moment nicht da ist, möchte ich ihn trotzdem in diesem Sinne zitieren – den Abgeordneten Optendrenk. Der ist ja ausweislich seines Amtes wahrscheinlich derjenige in der CDU-Fraktion, den man für den hält, der am besten mit Zahlen umgehen kann. Er hat in der letzten Woche angesichts dieser Zahlen gesagt, das sei auch kein Wunder mit diesen Prozenten; denn man käme ja von einem niedrigen Niveau. Dann kann ich nur empfehlen, noch einmal in die Grundlagen der Prozentrechnung einzusteigen

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

und sich noch einmal vor Augen zu führen, dass wir in Nordrhein-Westfalen das mit Abstand stärkste Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland sind und dass das Wachstum eben nicht nur in Prozenten, sondern auch nominal in absoluten Zahlen ausgedrückt mit einer Steigerung von 648 Milliarden € auf 669 Milliarden € seines Gleichen im Vergleich im anderen Bundesländern sucht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist kein niedriges Niveau, sondern ein ausgesprochen hohes.

Das Schöne ist: Das Wachstum kommt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an. Mit über 9 Millionen Erwerbstätigen und 7 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten stehen heute so viele Menschen in Lohn und Brot wie niemals zuvor in der Geschichte dieses Landes. Auch die Arbeitslosigkeit ist im Verlauf des Jahres 2016 weiter gesunken. Das ist ebenfalls ein Erfolg der Unternehmen und der Beschäftigten in unserem Land.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Gleichzeitig sind auch die Reallöhne in 2016 um kräftige 1,7 % gestiegen. Der Arbeitskreis hat ebenfalls festgestellt – das sei an dieser Stelle durchaus ohne jede Selbstzufriedenheit erwähnt –, dass es das Nullwachstum, über das wir hier so heftig gestritten und gesprochen haben, tatsächlich nie gegeben hat – genauso wenig wie den Platz 16. Auch das muss zu dieser Debatte noch einmal ausdrücklich gesagt werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nordrhein-Westfalen ist das wirtschaftliche Herzstück Deutschlands und hat auch in Europa gute Karte. Das sieht man auch im Ausland so. Ausländi

sche Unternehmen, die in Deutschland handeln wollen, kommen vorzugsweise zu uns. Nordrhein-Westfalen ist der Investitionsstandort Nr. 1. Fast jeder dritte aus dem Ausland investierte in NRW; der Euro fließt. Wir weisen unter allen Bundesländern den größten Anteil an ausländischen Direktinvestitionen auf, fast so viel wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Kurz gesagt: Nordrhein-Westfalen ist ein Magnet für Investoren und nicht in irgendeiner schlechten Situation wie häufig behauptet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das bestätigt uns ja auch das Ranking des Magazins „fDi“. Das ist eine Tochter der britischen „Financial Times“. Diese Studie wurde nicht zu unserem Gefallen, zum Gefallen der Landesregierung gemacht, sondern sie wurde absolut unabhängig erstellt. Und die setzt NRW im europaweiten Vergleich von 481 Standorten nicht auf Platz 6, nicht auf Platz 5, nicht auf Platz 2, sondern auf Platz 1 der Zukunftsregionen in Europa. Danach sind wir die attraktivste Wirtschafts- und Investitionsregion. Das sagt doch alles!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn man sich im Land auskennt bzw. wenn man in den einzelnen Regionen präsent ist, dann ist es keine Überraschung, wenn man sieht, dass im Münsterland nahezu Vollbeschäftigung erreicht ist und dass wir Boomregionen – Ostwestfalen-Lippe oder Südwestfalen – haben. Und das Rheinland hat eine sehr gute Ausgangsposition auf sehr hohem Niveau. Nicht zuletzt haben wir auch das Ruhrgebiet, das die großen Themen dieses Landes durchaus auch immer widerspiegelt, sich aber auf den Weg zu neuen Ufern gemacht hat. Diese Regionen brauchen unsere Unterstützung. Und sie haben in diesen fünf bzw. sieben Jahren diese Unterstützung durch diese Landesregierung erhalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist in den vergangenen wirtschaftspolitischen Debatten häufig gesagt worden: Der Wirtschaftsminister macht da wieder einen runden Tisch zu dem und dem Thema. – Ja, in der Tat, ich setze auf Dialog und Plan. Und wir haben einen Plan für Nordrhein-Westfalen. Den denken wir uns nicht in irgendwelchen Hinterstübchen aus, sondern den organisieren wir eben in diesem Dialog mit den Beteiligten bzw. mit den betroffenen Unternehmen und nicht zuletzt auch mit den Gewerkschaften in unserem Land. Das will ich an dieser Stelle schon einmal vorwegschicken: Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren auch gerade im internationalen Wettbewerb ist die gelebte Sozialpartnerschaft in Nordrhein-Westfalen. Das ist hier so wie nirgendwo anders der Fall!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will Ihnen gerne ein paar Beispiele nennen, wie erfolgreich wir diesen Dialog organisiert haben, um Neues zu schaffen, um nicht an Altem festzuhalten:

Bochum: Wir haben hier im Plenum Sondersitzungen gehabt, weil uns alle miteinander die Schließung des Opel-Werkes sehr bedrückt hat. In der Vergangenheit wäre es sicherlich oft dabei geblieben, die Solidarität mit den Beschäftigten – mit denen, die von der Schließung eines solchen Werkes betroffen sind – auszudrücken. Wir sind bei diesem Punkt eben nicht stehengeblieben, sondern wir haben – als klar war, dass es keine Alternative gibt und dass es zu einer Schließung kommen wird – die besten Leute aus der Region bzw. aus der Branche zusammengeholt: ob das Herr Kirchhoff ist, ob das Frau Thoben oder der Chef der Ruhruniversität war.

Die und noch viele andere Experten haben zusammengesessen und sich neue Gedanken gemacht. Sie haben dafür gesorgt, dass unmittelbar nach diesem bitteren Moment, als dieses Werk geschlossen wurde, die Bagger kommen konnten, um Platz für Neues zu machen. Und es gibt die ersten Investitionen auf dieser Fläche. Wer sich das dort anguckt, sieht, dass dort Neues entsteht. Dort wird nicht das Vergangene vor der Zukunft geschützt, sondern in Bochum und in der gesamten Region gibt es Aufbruch. Das ist überhaupt erst mit Hilfe der Landesregierung möglich geworden!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das alles basiert auf diesem dialogorientierten Politikansatz. Wir nennen das vorausschauende Wirtschaftspolitik, weil wir eben nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, und weil wir in Bezug auf neue Entwicklungen sehr wachsam sind.

Ich nenne ein zweites Beispiel: Die zentrale Herausforderung für unser Land ist die Digitalisierung. Es war nicht die Opposition, die hier kluge Anträge gestellt hätte, über die man hätte nachdenken müssen, sondern es war diese Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die hier mit ihrer Regierungserklärung das Thema „Digitalisierung“ für unser Land ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt hat!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Ralph Bombis [FDP]: Megaschwach!)

Auch da wurde nach dem gleichen Prinzip vorgegangen, das ich versuche, Ihnen zu erläutern. Es wurden die besten Köpfe zusammengeholt. Mit der Ernennung von Prof. Kollmann zum Beauftragten Digitale Wirtschaft war nur ein kleiner Baustein gesetzt. Dann ging es darum, einen Beirat zu installieren – in dem Start-ups, Wissenschaftler, Business Angels sowie auch die sogenannten Corporates, also die großen Unternehmen, und nicht zuletzt Vertreter des Mittelstandes sitzen –, um gemeinsam zu beraten: Wie kann eine solche digitale Strategie für das Land Nordrhein-Westfalen aussehen? Wir haben diese digitale Strategie vorgelegt und mit entsprechenden Mitteln unterlegt. Alle anderen Bundesländer orientieren sich an dem, was wir im Bereich der Digitalisierung schon auf den Weg gebracht haben.

Wenn Sie mir nicht glauben – so hat Herr Lindner gestern seine einzelnen Punkte immer eingeleitet –, glauben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, vielleicht dem IW, dem Institut der deutschen Wirtschaft; denn auf das beziehen Sie sich sehr häufig.

(Zuruf von der CDU)

Deswegen haben wir gesagt: Die sollen einmal untersuchen, wie der Digitalisierungsgrad in unsrem Land ist. – Die erste und wichtigste Erkenntnis ist: Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein Ecosystem geschaffen, in dem sich junge Gründerinnen und Gründer zu Hause fühlen. Die Zahl der Start-ups ist in Nordrhein-Westfalen in dem Zeitraum, in dem wir diese digitale Strategie umgesetzt haben, von 500 auf 1.500 gewachsen. Das ist ein Riesenerfolg.

(Beifall von der SPD)

Es war eben nicht so, dass wir irgendeiner Forderung der Opposition hinterher gelaufen wären,

(Zuruf von der CDU)

sondern wir haben gesagt: Wir wollen die einzelnen Zentren unseres Landes, ob im Rheinland, im Münsterland oder in anderen Regionen, stärken, um bei der Digitalisierung voranzukommen. Deswegen haben wir gesagt, wir schaffen sogenannte DigitalHubs, digitale Zentren, in den Start-ups wachsen können, die aber vor allen Dingen eine Schnittstelle zwischen Mittelstand und Industrie bilden.

Das, was wir mit den sechs Hubs gemacht haben, wurde kritisiert. Vor Ort gehen die Abgeordneten, auch die der Opposition, gerne dorthin, schauen sich das an und sagen: Das ist super hier, alles tolle Akteure. – Hier wird dagegen erzählt, das sei ein falscher Weg gewesen. Wir hätten nicht sechs verschiedene Hubs, sondern einen großen schaffen sollen.

Sie kennen die Realität dieses Landes nicht. Wir sind dezentral organisiert.

(Beifall von der SPD)

Es ist gut, dass wir etwas in Münster, in Bonn, in Aachen, im Ruhrgebiet, in Köln und in Düsseldorf machen, dass wir uns also nicht auf einen Standort konzentrieren, sondern in die Regionen gehen. Es ist auch gut, dass wir das gemeinsam machen, zum Beispiel mit der Founders Foundation – das sind die, die das in Bielefeld organisiert haben –, mit denen aus Paderborn, die jetzt, auch in dem Bundeswettbewerb, sehr weit gekommen sind, und mit denen, die die Kompetenzzentren in Dortmund, in Lemgo, in Aachen, in Siegen und in Hagen haben: Wir sorgen gemeinsam dafür, dass die Digitalisierung auch außerhalb von Start-ups in Industrie und Mittelstand ankommt. Unser Mittelstand ist in der Lage, diese große Herausforderung zu meistern, weil wir ihn auf diesem Weg intensiv begleiten.

(Beifall von der SPD)