Karl Schultheis

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Löttgen, Ihr Redebeitrag hatte zwar wenig mit dem Innovationsbericht zu tun, aber
der zweite Teil erinnerte mich in der Art und Weise, wie Sie hier vortragen, vom Duktus her an Beiträge, die man eigentlich früher SED-Kaderschulen zugewiesen hat.
Weil ich Geschichte studiert habe, Herr Witzel, und ich natürlich der Sozialdemokratischen Partei angehöre, die immer fern solcher Kaderschulungen gearbeitet hat.
Aber jetzt zum Innovationsbericht, sehr geehrte Damen und Herren. Nordrhein-Westfalen, Innovationsland Nummer eins in Deutschland – das ist und war der Wunsch von Herrn Minister Pinkwart. Dieses Ziel wollte er bis zum Jahr 2015 erreichen. Das ist ja ein Wunsch, den wir allgemein tragen. Wer wäre nicht dafür, Nordrhein-Westfalen zum Innovationsland Nummer eins zu machen? In der Zielsetzung sind wir da nah beieinander.
Fakt ist jedoch, dass sich Nordrhein-Westfalen in den letzten fünf Jahren unter Schwarz-Gelb nicht an die Spitze gesetzt hat, sondern zurückgefallen ist. Das zeigen objektive Bundesländervergleiche. Beim Bildungsmonitor der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ ist Nordrhein-Westfalen vom elften Rang 2004 auf den 15. Rang 2009 abgerutscht.
Auch die Wirtschaft wird unzufriedener mit der schwarz-gelben Bildungspolitik. Immerhin ist Bildung einer der wichtigen Motoren von Innovation. NRW stürzte hier im Bundesländervergleich von Platz 1 im Jahr 2007 auf Platz 12 2009 ab. Das ist jetzt nicht irgendeiner SPD-Publikation entnommen, sondern das ist aus dem Mittelstandsbarometer von Ernst & Young.
Privatfirmen und das Land investieren in NordrheinWestfalen deutlich weniger in Forschung und Entwicklung als in anderen Bundesländern, mit denen sich diese Landesregierung so gerne messen will. Baden-Württemberg investiert 4,3 % seiner Wirtschaftskraft in Forschung und Entwicklung, Bayern immerhin noch 2,9 %, Nordrhein-Westfalen dagegen 1,83 %. Das sind Zahlen, die dem Innovationsbericht entstammen, Herr Kollege Löttgen.
Ich darf ein Zitat nochmals mit Genehmigung des Präsidenten in Ergänzung vortragen, und zwar aus der Publikation „facts“ vom Stifterverband der Deutschen Wissenschaft vom März 2010. Das ist also ganz aktuell. Hier heißt es:
Setzt man nämlich die regionalen internen FuEAufwendungen in Bezug zum regionalen Bruttoinlandsprodukt, dann findet sich beispielsweise Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland und der damit einhergehenden Wirtschaftskraft erst an achter Stelle wieder. Sowohl die FuE-Aufwendungen pro Einwohner und in Relation zum regionalen BIP betragen
weniger als ein Drittel der vergleichbaren Größen von Baden-Württemberg. Auch Bayern und Hessen liegen deutlich über den nordrheinwestfälischen Werten.
Das ist die Situation, wie wir sie vorfinden, Herr Kollege Löttgen und Herr Kollege Witzel.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an den Beginn der nun zu Ende gehenden Wahlperiode, Herr Minister Pinkwart, als Sie und die Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen ständig die RWE-Studie hinsichtlich der FuE-Quote in Nordrhein-Westfalen ins Feld geführt haben. Die darin festgestellte FuE-Quote, die zu niedrig ist und zu niedrig war, wurde der Vorgängerregierung zugeschrieben. Seit 2005 hat sich diese FuE-Quote aber kaum verändert.
Sie ist nach wie vor nicht so positiv, wie wir dies für wünschenswert halten, gar keine Frage. In den letzten fünf Jahren ist auch nichts passiert. Ich erinnere mich noch daran, dass die Damen und Herren von der FDP, insbesondere der Generalsekretär Lindner, damals so getan haben, als würde allein die Anwesenheit der FDP im Parlament und in der Regierung dafür sorgen, dass Nordrhein-Westfalen allenthalben boomt. Das ist nicht der Fall. Der Innovationsbericht zeigt dies ganz deutlich und die weiteren genannten Quellen ebenfalls.
Der Innovationsbericht 2008 bescheinigte Nordrhein-Westfalen erneut, dass in Nordrhein-Westfalen mit 4.700 Patenten immer noch deutlich weniger Patente angemeldet werden als in Bayern mit 7.000 und Baden-Württemberg mit 6.200 Patenten. Besonders die Patentanmeldung im Hochtechnologiebereich ist mit 14,5 % unterdurchschnittlich; im Bundesdurchschnitt sind es 25 %. Es geht aber nicht nur um die Anzahl der Patente, sondern ganz zentral ist auch ihre Verwertung in NordrheinWestfalen. Das ist die Messgröße, an der wir ein Innovationsland messen müssen.
Voraussetzung, damit Innovation sich entfalten kann, sind die richtigen Rahmenbedingungen. Dies gilt bei FuE genauso wie in der Bildung. Hinzunehmen muss man die unternehmerische Umsetzung. Nur zusammen bestimmen diese Faktoren den Fortschritt der Gesellschaft. Sie bilden die Grundlage für den künftigen Innovationserfolg eines jeden Bundeslandes.
Man muss eben zwischen dem Innovationserfolg und den Rahmenbedingungen für Innovation unterscheiden. Ein Bundesland mit schlechten Rahmenbedingungen muss nicht zwangsläufig einen entsprechenden Erfolg haben. Doch hält der Erfolg meistens nicht auf Dauer an; deshalb muss es auch um die Nachhaltigkeit des Erfolges gehen. Nicht jedes Bundesland, das gute Rahmenbedingungen aufweisen kann, hat auch guten Erfolg. In diesem Fall kann aber mit einiger Sicherheit angenommen werden, dass dieser sich mittelfristig einstellen wird.
Das heißt, dass die Unterschiede zwischen Innovationsrahmenbedingungen und Innovationserfolgen bei den einzelnen Bundesländern enorm groß sein können. Ich zitiere – mit Erlaubnis des Präsidenten – aus der Studie der Bertelsmann Stiftung „Die Bundesländer im Innovationswettbewerb“ vom 31. März 2009:
Während das eine Bundesland über ein ausgeprägtes Forschungssystem verfügt, aber Schwächen bei den Rahmenbedingungen für Entwicklung aufweist, bietet ein anderes optimale Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung, erschwert jedoch die unternehmerische Umsetzung der Innovation …
Bei der Herstellung optimaler Rahmenbedingungen haben Sie versagt. Verfehlte Schulpolitik und Abschaffung einer regionalisierten Strukturpolitik sind nur zwei Beispiele, die hier genannt werden müssen und die Voraussetzungen dafür wären, dass unternehmerischer Erfolg auch möglich wird.
Verbesserungsmöglichkeiten bestehen allerdings in allen Bundesländern. Insofern sind wir hoffnungsfroh, dass es auch für Nordrhein-Westfalen eine bessere Entwicklung geben kann als bisher. Spitzenreiter beim Innovationserfolg ist nicht NordrheinWestfalen, sondern Baden-Württemberg, dicht gefolgt von Bayern. Nordrhein-Westfalen folgt mit einigem Abstand; auch dies können Sie der Studie der Bertelsmann Stiftung entnehmen. Auch bei den Innovationsbedingungen hat Baden-Württemberg die Nase vorn; Nordrhein-Westfalen liegt da nur im Mittelfeld.
Die Hauptlast bei der Entwicklung von Innovationen wurde bisher immer von den Unternehmen getragen – bei einem bisher geringen Einsatz von öffentlichen Fördermitteln. In der Finanz- und Wirtschaftskrise hat aber noch die Bundesregierung aus CDU und SPD erfolgreiche Akzente gesetzt: Fördermittel aus dem Konjunkturpaket II, FuE-Projekt ZIM – Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand – seit 2008. Der Bund hat die Mittel hierfür für die Jahre 2009 und 2010 auf jeweils 775 Millionen € verdoppelt; so stand es im Februar in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.
Nordrhein-Westfalen hinkt beim Einsatz dieser Mittel gerade für den Mittelstand, der für die unternehmerischen Umsetzungserfolge so wichtig ist, hinter Baden-Württemberg hinterher. In Baden-Württemberg flossen 108 Millionen € an Betriebe und Forschungseinrichtungen, in Sachsen waren es noch 84 Millionen €, und Nordrhein-Westfalen war nur mit rund 66 Millionen € dabei. Da können Sie sehen – auch Frau Ministerin Thoben –, welche Mittelstandspolitik Sie hier in Nordrhein-Westfalen betreiben.
Nordrhein-Westfalen muss sich also sputen, um eine hohe Beteiligung zu erreichen. Das Jahr 2010 ist noch nicht abgeschlossen. Ich gehe einmal davon aus, dass nach den Wahlen am 9. Mai in der
zweiten Hälfte des Jahres ein neuer Wirtschaftsminister oder eine neue Wirtschaftsministerin sowie ein neuer Innovationsminister oder eine neue Innovationsministerin hier neue Akzente setzen können.
Fazit: Nordrhein-Westfalen hat in den letzten vier Jahren in einzelnen Bereichen auch aufgeholt – gar keine Frage –, zum Beispiel bei den Absolventen; das haben wir nie bestritten, und das ist auch ein guter Ansatz. Dazu haben auch wir durch unsere Politik beigetragen. Es gibt weitere, allerdings nur wenige Anstrengungen originär von NRW, auch was die zusätzlichen FuE-Mittel angeht. Hier stützen Sie sich im Wesentlichen auf EU- und Bundesprogramme sowie auf Studiengebühren. Das eigene Landesengagement ist vergleichsweise gering.
Sie haben eben das Plus an Beschäftigten im FuEBereich genannt. Dazu kann ich Ihnen nur sagen, dass gerade im FuE-Bereich die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse von wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern erheblich angestiegen ist.
Wenn es Marktwirtschaft ist, dass die Leute immer weniger verdienen, Herr Löttgen, finde ich das sehr interessant.
Wir wollen guten Lohn für gute Arbeit, und den verdienen auch die wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter in unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Dann können wir auch der Konkurrenz zu anderen Ländern standhalten und uns wirklich darum bemühen, die deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die abgewandert sind, wieder in die Bundesrepublik, nach Nordrhein-Westfalen zurückzuholen.
Meine Damen und Herren, von dem Anspruch also, Innovationsland Nummer eins zu sein, was wir uns alle wünschen und wofür wir auch alle antreten und kämpfen, sind wir noch sehr weit entfernt. Die letzten fünf Jahre haben uns hier überhaupt nicht entscheidend weitergebracht, Herr Löttgen.
Wenn ich Ihrer Lobhudelei, die Sie eben vorgetragen haben, noch einmal mit Shakespeare vorhalten darf – der hätte gesagt: Viel Lärm um nichts oder um wenig. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Minister, ich zitiere noch einmal den Ausdruck aus „facts“, den Fakten des Stifterverbandes. Ich frage Sie, ob Sie den hier gemachten Aussagen und Feststellungen zustimmen. Hier heißt es – März 2010 –:
Setzt man nämlich die regionalen internen FuEAufwendungen in Bezug zum regionalen Bruttoinlandsprodukt, dann findet sich beispielsweise Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland und der damit einhergehenden Wirtschaftskraft erst an achter Stelle wieder. Sowohl die FuE-Aufwendungen pro Einwohner und in Relation zum regionalen BIP betragen weniger als ein Drittel der vergleichbaren Größen von Baden-Württemberg. Auch Bayern und Hessen liegen deutlich über den nordrheinwestfälischen Werten.
Ist das aus Ihrer Sicht richtig oder falsch?
Herr Präsident, ich versuche, es auf drei Punkte einzuschmelzen. Aber wenn Herr Witzel über mentale Offenheit spricht, dann denke ich immer, dass sich zwei Welten begegnen. Herr Witzel, tut mir schrecklich leid!
Nein, nein, da brauche ich keine Scheuklappen abzulegen. Selbst wenn ich welche hätte, würde ich noch erkennen, wenn Sie hier anlabern.
Drei Punkte. – Erstens: zum Patent und zur Patentverwertung an unseren Hochschulen. Sie alle wissen, dass das Patent-, das Erfinderrecht, gerade durch SPD und Grüne geändert worden ist, damit die Hochschulen überhaupt Träger von Patenten werden konnten.
Das war bis dato überhaupt nicht der Fall. SPD und Grüne haben eine Patentagentur in NordrheinWestfalen aufgebaut, PROvendis, um die Entwicklung von Patenten in den Hochschulen und aus den Hochschulen in Verbindung mit der Wirtschaft zu fördern. Damit nenne ich nur mal zwei Maßnahmen, bei denen in der Vergangenheit erhebliche Aktivitäten entwickelt worden sind, die natürlich auch Ergebnisse erzeugen.
Zweitens: Drittmittel. Sicherlich haben wir eine positive Drittmittelentwicklung. Die hat aber damit zu tun, dass noch unter Rot-Grün die Exzellenzinitiative mit der Förderung von Exzellenzclustern, mit der Förderung von Graduiertenschulen und mit der Förderung von Exzellenzkonzepten wie im Falle Aachen auf den Weg gebracht worden ist. Das hat doch damit zu tun, dass im Rahmen des Pakts für Forschung 3 % mehr für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, 3 % mehr für die Max-PlanckGesellschaft und 3 % mehr für die FraunhoferGesellschaft aufgewendet worden sind. Rechnen Sie das mal alles zusammen, werden Sie schnell auf diese Zahlen kommen.
Mir geht es ja nur darum, dass Sie ehrlich mit dem Zahlenmaterial umgehen
und auch bewerten, wer im Bundestag die Hand gehoben hat, dass diese Entwicklung in NordrheinWestfalen eintreten konnte.
Drittens. Im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern – gerade mit Baden-Württemberg – war Nordrhein-Westfalen über viele Jahrzehnte gerade auch in den Sonderforschungsbereichen in einer hervorragenden Position. Herr Minister, Sie sollten sich die Liste mal anschauen. Über die Sonderforschungsbereiche an den NRW-Hochschulen haben Sie lange nicht mehr berichtet. Sie sollten sich mal ansehen, wie andere Länder uns da im Endeffekt überholt haben. Schauen Sie mal genau hin!
Sie müssen – ich habe nur drei Punkte genannt – Wirkung und Zusammenhang ordentlich darstellen. Das erwarten wir als Parlament von Ihnen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Brinkmeier, Sie haben ein sehr deterministisches Geschichts- und Weltbild. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Geschichte offen ist und insofern all das, was menschliches Werk ist, auch rückgängig gemacht werden kann.
Das gilt insbesondere für die Studiengebühren, die Sie eingeführt haben.
Sie haben gefragt: Wann soll dies geschehen? – Wir hätten heute eine erste Chance, es gemeinsam zu tun – dann wäre es erledigt –, indem wir dem Gesetzentwurf der Grünen zustimmen.
Das wäre die erste Variante. Ich lade Sie und auch Herrn Witzel ein, dies zu tun.
Besser jetzt als später.
Aber es wird, wenn es eine neue Mehrheit gibt – und ich gehe davon, dass SPD und Grüne gemeinsam eine Koalition bilden werden –, eine der ersten gesetzgeberischen Maßnahmen des neuen Landtags sein, diese Studiengebühren, die Sie und Sie eingeführt haben, wieder abzuschaffen.
Nein. Wie gesagt, es stünde Ihnen auch immer frei, der SPD-Grünen-Mehrheit an die Seite zu springen. Das ist gar keine Frage. Aber warten Sie ab. Sie werden sehen, es wird eine SPD-Grüne Mehrheit hier im Landtag geben.
Gerade an dieser Stelle, nämlich bei den Studiengebühren, passt kein schwarz-gelbes Blatt zwischen Rot-Grün.
Das können Sie so oft mit Ihrer Plakatdiskussion …
Ich fand es sehr interessant, dass wir heute diese bildungspolitische Debatte entlang der Bildungskette geführt haben und sehen, dass dieser schwarzgelbe Faden der sozialen Selektion bei jedem Tagesordnungspunkt wieder ins Licht tritt, Herr Witzel,
und zwar gerade auch an dieser Stelle, wo es um die Studiengebühren geht. Hier geht es um die Interessen der jungen Menschen in diesem Land,
darum, dass sie nach ihren Fähigkeiten gefördert werden und auch nach ihren Fähigkeiten ein Studium aufnehmen können. Wir wollen, dass jeder junge Mann, jede junge Frau in diesem Land bestmögliche Abschlüsse erzielen kann und dies nicht durch Studiengebühren erschwert wird, Herr Witzel.
Selbstverständlich.
Herr Kollege Kuhmichel, es gab ein Studienkontenmodell, aber dieses Studienkontenmodell erfasste keine allgemeinen Studiengebühren. Wir haben klare Aussagen dazu gemacht: Es wird kein Studienkontenmodell mehr geben. Das ist aus der Welt. Es wird nach der Wahl am 9. Mai keine Studiengebühren mehr geben –
ganz klar. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Dem ist so.
Wir werden auch gewährleisten, Herr Brinkmeier – Sie sind insofern ja wirklich in brennender Sorge –, dass das Finanzierungsmodell, das wir benötigen, um den Hochschulen eine Kompensation für diese Mittel zu bieten, so wasserdicht ist, dass die Gelder
auch aus Drittmitteln bereitgestellt werden können. Darauf können Sie sich verlassen. Dafür haben wir genügend Erfahrung und Kompetenz in unseren Fraktionen, hier ein Modell vorzustellen, das diesen Anforderungen gerecht wird.
Wir wollen auch – ich sage das noch mal ganz deutlich in Richtung der Fraktionen, aber auch der interessierten Öffentlichkeit – sicherstellen, dass diese Mittel, die den Hochschulen dann zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, nicht kapazitätswirksam werden.
Denn wir wollen doch gerade, dass den jungen Leuten in den Bachelor-Studiengängen bessere Studienbedingungen geboten werden als bisher.
Wir alle wissen, dass gerade die Einführung der gestuften Studiengänge Bachelor und Master 15 % mehr Personal erfordert. Wir werden durch ein neues Gesetz, das die Studiengebühren abschafft, dafür sorgen, dass an den Hochschulen verlässlich und ohne prekäre Beschäftigungsverhältnisse neues Personal eingestellt werden kann. Dann sind die Hochschulen, die Rektorate und die Kanzler, die in der Anhörung nur diese Sorge vorgetragen haben, auf der sicheren Seite – einer sichereren Seite, als sie es jetzt sind, Herr Dr. Brinkmeier.
Wir haben in der Anhörung die Argumente erfahren, warum man für Studiengebühren sein kann. Die Rektorenkonferenzvertreter sowie die Vertreter und Vertreterinnen der Kanzlerinnen und Kanzler haben dazu ausgeführt. Aber diejenigen, um die es geht, nämlich die Studierenden, und die Organisationen, die sie vertreten – das Landes-ASten-Treffen, das Studentenwerk und das Hochschulinformationssystem, die mit Vertreterinnen und Vertretern dort anwesend waren –, haben deutlich gemacht, dass Studiengebühren selektiv wirken – gerade im Hinblick auf junge Frauen, die kein Studium aufnehmen, weil sie sich nicht verschulden wollen. Das ist ganz eindeutig.
Es wird eine weitere Studie geben – es ist ganz interessant, dass sie noch nicht veröffentlicht worden ist –, eine Studie, die HIS erarbeitet und bei der wir erfahren werden, dass es einen Riesenrücklauf aus der Studierendenschaft gibt, was die Beantwortung dieser Anfrage angeht. Wir erwarten, dass diese Studie belegen wird, dass die Studiengebühren sozial selektiv wirken.
Dafür brauchen wir diese Studie. Aber wir können das auch schon anhand der uns jetzt vorliegenden Zahlen feststellen, die zeigen, dass sich die Schere zwischen Studienberechtigten und denjenigen, die
ein Studium aufnehmen, immer weiter öffnet. Das können Sie nicht bestreiten.
Deshalb werden wir diesen Weg konsequent gehen.
Nochmals: Abschaffung unmittelbar nach den Wahlen am 9. Mai – eine der ersten gesetzgeberischen Maßnahmen –, Kompensation für die Hochschulen unter Bedingungen, die gewährleisten, dass diese zusätzlichen Mittel nicht kapazitätswirksam werden. Herr Brinkmeier, das sind zwei klare Antworten auf Ihre unklaren Fragen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin, das ist keine Zwischenfrage, sondern eine Zwischenantwort. Ich möchte mit Ja antworten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich Herrn Dr. Brinkmeier hier höre, dann stelle ich fest, dass man dessen Sicherheitskonzept schon fast auf den folgenden Punkt bringen könnte – das würde dann auch für die Polizei und die Innenpolitik im Allgemeinen gelten –: Am besten ist, jeder passt auf sich selbst auf. Das ist bürgernah und kosteneffizient.
Meine Damen und Herren, wir müssen leider feststellen, dass sich auch in der Frage des betrügerischen Handels mit Doktortiteln die FDP/CDULandesregierung hinter ihrem NRW-Hochschulrecht versteckt. Die Äußerungen des Kollegen Brinkmeier haben das gerade bestätigt. Die zentrale Frage ist, Herr Dr. Brinkmeier, wie wir Betrug und Korruption effektiv bekämpfen, denn auch andere Kriminalitätsraten bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind gering. Das ist hier Gott sei Dank auch der Fall.
Die Anhörung zum Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen hat uns gerade durch die Stellungnahme der Vertreterin des Wissenschaftsrates darin bestärkt, dass eine bessere gesetzliche Regelung Sinn macht und mehr Transparenz, mehr Rechtssicherheit und Verantwortung gewährleisten würde. Sie haben Herrn Professor Hillgruber zitiert, der in der Anhörung in der Tat eine andere Position vertreten hat. Allerdings war das, was er dort vorgetragen hat, widersprüchlich zu dem, was seitens des Hochschulverbandes vorher schriftlich auf den Weg gebracht worden ist. Da müsste man innerverbandlich mit Herrn Hillgruber sicherlich noch einmal diskutieren.
Meine Damen und Herren, auch in diesem Fall springen Landesregierung und die sie vermeintlich tragenden Fraktionen – heute Morgen war das recht unübersichtlich – in ihrer Ablehnung, gesetzgeberisch zu handeln, zu kurz. Der Handel mit Doktortiteln ist auch Ausdruck der zunehmenden Ökonomisierung unserer Hochschulen, die Sie, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, mit Ihren ordnungspolitischen Vorstellungen immer weiter forcieren.
Sie werden sehen, dass uns dieses Thema in den nächsten Jahren nachhaltig begleiten wird, nicht nur bei diesem Thema, das wir heute hier beraten.
Von daher ist es richtig: Die Fraktion der SPD vertritt ebenfalls wie die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen die Position, dass wir gesetzgeberisch tätig werden müssen. Die Eigenständigkeit der Forschungsleistung der Doktorandinnen und Doktoranden ist Ziel der Promotion. Es darf nicht sein, dass ein so skandalöser Missbrauch mit dem Handel von Doktortiteln, wie er momentan nicht nur – das ist
richtig –, aber auch an nordrhein-westfälischen Hochschulen herrscht, das Image der deutschen Promotionen im internationalen Wettbewerb gefährdet.
Die Promotionsverfahren müssen transparenter werden, um eventuelle Machenschaften abzuwehren. Hinreichende Qualitätsstandards, die sich stets weiterentwickeln und mehr Verfahrenssicherheit beim Promotionsverfahren bringen sollen, sind eine wirkungsvolle Maßnahme, dies zu erreichen. Die Hochschulen und eben nicht nur die Doktorväter und Doktormütter sind hier aus unserer Sicht in der Pflicht, also die Institutionen selbst auch. Darum geht es im Wesentlichen in diesem Gesetzentwurf.
Die Fraktion der SPD ist ebenso wie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Auffassung, dass durch die Aufnahme von mehr Regelungen diesbezüglich ins Hochschulgesetz einem Missbrauch vorgebeugt werden kann. Korruption beim Promotionsverfahren zu bekämpfen, ist auch unser Ziel. Unsere Vorstellung war es jedoch, hinsichtlich dieser Problematik eine gemeinsame Lösung bzw. Initiative aller Fraktionen zu erreichen. Wir hatten signalisiert, dass wir hierzu bereit sind. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat leider ohne unsere vorherige Kenntnis ihren Entschließungsantrag als Tischvorlage in die Ausschussberatungen eingebracht. Die Möglichkeit einer ausreichenden Abstimmung der Fraktionen war so nicht mehr möglich. Das bedauern wir sehr.
Wir werden uns heute deshalb bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag der Stimme enthalten, stehen allerdings für eine gemeinsame Gesetzesinitiative hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Wir halten eine Änderung des Hochschulgesetzes in diesem Punkt für unbedingt erforderlich und werben dafür, dass wir hier gemeinsam antreten und eine Mehrheit im Landtag dafür zustande bringen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister, für Ihre Antwort. Sie können versichert sein, dass auch die sozialdemokratische Fraktion hier im Hause der Autonomie der Hochschulen einen hohen Wert beimisst. Dennoch verstehen Sie zu Recht, dass wir natürlich nachfragen, wenn Sie Sondergenehmigungen erteilen wollen und das in einem Memorandum oder zumindest in der Pressemitteilung, die diesem Memorandum folgt, mitteilen.
Wir wüssten gerne, welchem Rechtsraum Sie diese Sondergenehmigung zuordnen? Nehmen Sie diese Kompetenz im Rahmen Ihrer Fachaufsicht wahr, die Sie ja nicht mehr haben? Oder nehmen Sie sie im Rahmen der Rechtsaufsicht wahr? Welche weiteren Bereiche können Sie sich vorstellen, in denen Sie Sondergenehmigungen erteilen würden oder sich zumindest damit befassen würden?
Herr Minister, wie bewerten Sie die Kritik der Hochschulen und der Hochschulleitungen an den Akkreditierungsverfahren? In den letzten Wochen ist doch sehr deutlich geworden, dass die Verfahren, einzelne Studiengänge akkreditieren zu lassen, als zu teuer und zu zeitraubend angesehen werden.
Ich frage Sie: Beabsichtigen Sie, in diesem Zusammenhang neue Wege zu gehen, um gleiche oder bessere Qualität herzustellen?
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Die Forderungen der Studierenden ernst nehmen“ – da fällt mir gerade ein, was Herr Finanzminister Linssen vorgetragen hat. All diese Wohltaten, die er meint, verkünden zu müssen, scheinen bei den Kunden nicht anzukommen.
Bereits am 25. Juni dieses Jahres war der Bildungsstreik Tagesordnungspunkt einer Plenardebatte des Landtages von Nordrhein-Westfalen. Zu diesem Zeitpunkt waren Schülerinnen und Schüler sowie Studierende in Nordrhein-Westfalen zu Tausenden auf der Straße und forderten zu Beginn des Sommersemesters 2009 ihr Recht auf Bildung und demonstrierten gegen Turboabitur, Kopfnoten und Studiengebühren. Bereits damals sagte Minister Pinkwart: Wir sind offen für Verbesserungsvorschläge.
Das war aus unserer Sicht ein gutes Signal. Bildungspolitiker aus Bund und Ländern sprachen sich für schnelle Lösungen aus.
Nur: Wenn wir Bilanz ziehen, so geschah nichts oder nur sehr wenig. Man hatte den Eindruck, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die Proteste einfach ignoriert und ausgesessen hat.
Meine Damen und Herren, die erneuten massiven Streiks und Besetzungen von Hörsälen in unseren Hochschulen haben dazu geführt, dass Finanz- und Bildungspolitiker von Bund und Ländern über die geforderte Nachbesserung bzw. Reform der Reform des Bologna-Prozesses zumindest nachdenken. Es muss etwas passieren! Die Umsetzung der Bologna-Reform an den Hochschulen muss überarbeitet, muss reformiert werden.
Meine Damen und Herren, wer den Weg an die Hochschule einschlägt – wir fordern möglichst viele junge Menschen auf, dies zu tun –, sollte auch die Chance haben, vernünftig zu studieren. Hier muss die Landesregierung die Rahmenbedingungen schaffen und den Hochschulen Hilfestellung leisten. Die Landesregierung und der zuständige Minister sind in der Verantwortung und nicht Zuschauer, meine Damen und Herren.
Schlecht umgesetzte Bachelor- und Masterstudiengänge haben für die Studierenden schwerwiegende Auswirkungen, führen oft zum Abbruch des Studiums. Die Studierenden brauchen mehr Freiräume – dies auch, weil zwei Drittel der Studierenden neben dem Studium einem Nebenjob nachgehen müssen, um sich zu finanzieren.
Bitte? – Fragen Sie doch ordentlich, dann antworte ich Ihnen auch. – Sie müssen sich verschulden, um überhaupt studieren zu können.
Auch der Wechsel zu einer anderen Hochschule ist noch immer wegen fehlender gegenseitiger Anerkennung von Leistungen nicht möglich.
Meine Damen und Herren, NRW belegt beim Ländercheck, bei der Studie des Stifterverbandes zum Bologna-Prozess, bei der Mobilität den letzten Platz.
Es ist mehr als verständlich, dass sich die Studierenden diesem Druck nicht mehr beugen wollen. Minister Pinkwart muss endlich verstehen, worum es den Studierenden eigentlich geht, statt sie – zumindest war das in der ersten Reaktion so zu vernehmen – zu beschimpfen.
Zum einen müssen Studiengebühren wieder abgeschafft werden, zum anderen muss die schwarzgelbe Landesregierung ihr Versprechen einhalten, dass diese zusätzlichen Einnahmen zur Verbesserung der Lehre führen. Genau das tun sie aber häufig nicht, weil Studiengebühren nur die unzureichende Landesfinanzierung kompensieren. Das belegt auch die Studie des Deutschen Stifterverbandes und des Studentenwerks, die heute schon Thema war. Die Studierenden aber haben ein Recht auf eine verlässliche und angemessene staatliche
Grundfinanzierung der Hochschulen. Hier ist die Landesregierung in der Verantwortung.
Die Zeit der gesetzlich abgesicherten Verantwortungslosigkeit, Herr Minister, muss vorbei sein.
Die Unsicherheit der Hochschulen, eventuell Löcher stopfen zu müssen, die die schwarz-gelbe Landesregierung nicht schließt, muss durch eine solide Grundfinanzierung genommen werden. Nur so kann die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Hochschulen Mehrausgaben für das erforderliche zusätzliche Personal bereitstellen und somit zur Verbesserung der Lehre beitragen können, und das ohne Schaffung weiterer prekärer Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse im wissenschaftlichen und im nicht wissenschaftlichen Bereich.
Diese Erkenntnisse sind im Übrigen durch die Experten in der Anhörung vom 10. Dezember bestätigt worden. Wir sehen uns mit den Anhörungsergebnissen in unserer Positionierung bestätigt.
Bundesministerin Schavan hat auf den ersten Blick die Forderung der Studierenden aufgenommen und sich für eine Erhöhung des BAföG ausgesprochen. Wir wünschen, dass dies ermöglicht wird. Ich hoffe nicht, dass es wieder einen Zickzackkurs gibt. Was wir aber auf jeden Fall ablehnen, ist eine Verbindung, ein Junktim zu dem FDP-Stipendienmodell, das hier hergestellt werden soll: Wir sind für die Erhöhung des BAföG, wenn ihr gleichzeitig das Stipendienmodell mitbeschließt. – Das ist nicht unsere Position.
Die Kultusministerkonferenz hatte bereits im Oktober 2009 einen Beschluss zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses getroffen. Doch erst die erneute Protestwelle vieler Tausende Studierender hat dazu geführt, dass diese Proteste nun hoffentlich ernst genommen werden.
Herr Minister, wir fordern Sie auf, hier wirklich eine aktive Rolle zu spielen und nicht in der Rolle des Beobachters zu verharren. Das haben Sie in der Vergangenheit, in den letzten fünf Jahren zu oft getan. Sie wissen selbst, dass dies eine Entwicklung ist, die unseren Hochschulen nicht zuträglich ist und den Studierenden erst recht nicht.
Wir fordern Sie auf: Gehen Sie einen neuen Weg im Interesse der Studierenden! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe den pädagogischen Hinweis des Präsidenten sehr wohl wahrgenommen und mich beeilt, um früh hier zu sein.
Sehr geehrter Herr Minister Pinkwart, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss hier zum wiederholten Mal mahnen, dass Sie sich entscheiden müssen, ob das, was in der Vergangenheit in diesem Land aufgebaut worden ist, zu den schlechten Taten gehört und nur das, was Sie seit 2005 gemacht haben, zu den guten. All das, was Sie gerade im Zusammenhang mit den kleinen Fächern gelobt haben, ist nämlich zu Zeiten sozialdemokratisch geführter Regierungen hier aufgebaut worden.
Ich denke dabei etwa an den Bereich „Arides Afrika“ an der Universiät zu Köln, der von der früheren Ministerin Anke Brunn maßgeblich gefördert worden ist. Aber das ist nur ein Beispiel dafür. Auch Herr Witzel hat hier alle Hochschulen, alle Forschungsinstitute, namentlich aufgeführt – zumindest in der Summe – und so getan, als ob dies seit 2005 durch CDU und FDP aufgebaut worden wäre.
Nein, sie sind eben nicht finanziell besser ausgestattet worden, sondern sie haben davon profitiert, dass es beispielsweise, was die Bund-LänderFinanzierung angeht, einen Pakt für Forschung gibt. Dieser Pakt für Forschung und die dreiprozentige jährliche Erhöhung sind schon vereinbart worden, bevor diese Landesregierung ihre Arbeit aufgenommen hat. Es ist auch gut so, dass es mehr Geld gibt, aber Sie müssen dann zwischen Ursache und Wirkung unterscheiden.
Herr Minister Pinkwart hat hier das Memorandum angesprochen. Ich muss wirklich sagen, ich wundere mich, was die Rektoren der Universitäten heutzutage alles unterschreiben. Sie haben auf einer Veranstaltung unterschrieben, über die Herr Minister Pinkwart berichtet hat, an der er jedoch leider nicht selbst teilnehmen konnte. Deshalb fand ich es sehr interessant, wie er mittels Mimik und Gestik dargestellt hat, wie sich die Beteiligten dort verhalten ha
ben. Ich weiß nicht, ob er da eine Videoaufzeichnung hatte. Auf jeden Fall war er nicht da.
Die Sprecher der Rektorenkonferenzen haben dort unterschrieben, dass unsere Hochschulen auskömmlich finanziert sind. Ich muss Ihnen wirklich sagen: Bei aller Liebe zur Landesregierung, die man den Rektoren vielleicht unterstellen könnte, ist es fahrlässig, so etwas zu unterschreiben. Die Rektorin der Universität Münster hat auch wenige Tage danach klargestellt, dass unsere Hochschulen selbstverständlich nach wie vor unterfinanziert sind. Das ist auch der Fall.
Im Rahmen des Bildungsgipfels geht es auch heute um Finanzierungsfragen. Der Bildungsgipfel ist doch eine Tarnveranstaltung, um dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz, wie es zu Unrecht heißt, über den Berg zu bringen. Im Endeffekt bedeutet dieses Gesetz doch weniger Geld für das Land Nordrhein-Westfalen und für seine Kommunen. Das muss man doch sehen.
Ich halte es für perfide, es dann auch noch mit besonderen Anstrengungen zu verbinden, die im Bereich der Bildungs- und Hochschulpolitik vorangebracht werden sollen – gerade auch im Zusammenhang mit Bologna.
Ja, Herr Minister Pinkwart, die SPD steht für die Garantie, dass die jetzt durch Studiengebühren genommenen Finanzmittel in Zukunft durch den Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellt werden, so wie es auch im Lande Hessen nach wie vor geschieht. Leider regiert dort nicht die SPD, sondern die FDP zusammen mit der CDU. Wenn es aber in Hessen geht, wird es hier genauso gut gehen.
Wir meinen, dass die insbesondere durch unsere Fraktionsvorsitzende abgegebene Garantieerklärung glaubwürdig ist, und gehen davon aus, dass wir dieses Vorhaben nach den Wahlen, wenn es in Nordrhein-Westfalen andere Mehrheiten geben wird, entsprechend umsetzen werden.
Wie sieht die Situation nun wirklich aus? Wir haben in den letzten Tagen einige Studien vorgelegt bekommen. Die HIS-Studie macht deutlich, dass immer weniger studienberechtigte junge Leute, insbesondere Frauen, unsere Hochschulen nutzen. Dazu liegen klare Zahlen auf dem Tisch.
Das Statistische Bundesamt stellt fest, dass Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern einen Wanderungsverlust hat, was den Austausch von Studierenden aus NRW und aus anderen Bundesländern angeht.
Auch die Studie, die sich mit dem Einsatz der Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen beschäftigt, lässt noch viele Fragen offen, gerade im Hinblick auf die großen Rücklagen, die gebildet werden – Rücklagen, die wir benötigen, um eben den Bologna-Prozess voranzubringen. Es geht ja auch darum, dieses Geld in Form von zusätzlichem Personal zielgerichtet für die Studierenden einzusetzen.
Sie malen immer die KapVO als Gespenst an die Wand; das war schon Thema in einer Sondersitzung des Wissenschaftsausschusses. Dieses Geld, das im rein rechtlichen Sinne ein Sondervermögen darstellt, kann man für zusätzliche Personalkapazitäten einzusetzen, die nicht KapVO-relevant sind. Dafür gibt es Lösungen. Schauen Sie nur nach Hessen! Hessen ist nicht verdächtig, jedenfalls zurzeit nicht, SPD-geführt zu sein.
Ja, Herr Präsident, ich komme zum Ende.
Wir erwarten von Ihnen, Herr Minister Pinkwart, dass Sie Ihr Versprechen, bis zum Ende des Semesters erhebliche Verbesserungen bei den Studienbedingungen zu erreichen, einlösen und dies auch dem Landtag sowie den Studierenden garantieren, die wie die Rektoren ebenfalls Teil der Hochschulen sind. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsentwurf, der zur Beschlussfassung ansteht, ist im Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Wochen, und nicht nur der letzten Wochen, sondern mit der Entwicklung unseres Hochschulsystems insgesamt, zu sehen.
Denn wir müssen feststellen, dass die ordnungspolitischen Vorstellungen der Koalition und von Herrn Minister Pinkwart an ihre Grenzen stoßen.
Das spiegelt sich sowohl in dem Haushalt als auch im Zusammenhang des Haushalts mit dem NRWHochschulgesetz wider. Dieses Gesetz trägt aus unserer Sicht einen Namen, den es so nicht verdient.
Insofern geht es um eine Bewertung dieses Haushalts vor dem Hintergrund der Entwicklung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen und sich natürlich auch die Landesregierung auseinandersetzen muss.
Herr Minister Pinkwart, ich zitiere Ihren Kollegen Stratmann, den CDU-Wissenschaftsminister des Landes Niedersachsen. Der sagt – mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich –:
Wir als Politiker haben den Hochschulen zu viel zugetraut. Wir haben ihre Autonomie respektiert und gefördert. Wir haben aber verkannt, dass die Hochschulleitungen oft gar nicht in der Lage waren, eine vernünftige Reform gegen die Vielzahl von Einzelinteressen und Gremien durchzusetzen. Vielfach haben die Lobbyisten der Teildisziplinen triumphiert, die ihre Inhalte in allen infrage kommenden Modulen bis ins Detail unterbringen und abgeprüft sehen wollten. Darum muss die Politik die Zügel wieder stärker in die Hand nehmen.
Dieses Zitat spiegelt eine Entwicklung wider, die wir schon befürchtet haben, als es darum ging, das NRW-Hochschulgesetz in Gang zu bringen, nämlich dass sowohl das Landesparlament als auch die Landesregierung zunehmend an Gestaltungsmöglichkeiten für den Hochschulbereich verlieren. Wir haben den Eindruck, dass die Landesregierung überhaupt keinen genauen Überblick mehr darüber hat, was in unseren Hochschulen geschieht. Das
zeigen auch die Studierendenproteste der letzten Wochen.
Das Volumen des Wissenschaftshaushalts steigt nach den Angaben des Wissenschaftsministeriums um 3,8 %. Das ist natürlich ein wohlklingender Prozentsatz, aber man muss sehen: Wie kommt es zu diesen Mehreinnahmen? Wer zahlt diese Mehreinnahmen bzw. Mehrausgaben für den Wissenschaftshaushalt?
Herr Minister Pinkwart hat in der Sondersitzung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass seit 2005 rund 600 Millionen € mehr in die Hochschulen fließen. Das war natürlich als besonders positive Bilanz gedacht, die dort vorgelegt werden sollte.
Doch wir müssen fragen: Wer zahlt dieses Mehr von 600 Millionen € seit 2005?
Fast die Hälfte dieses Mehr zahlen die Studierenden in Nordrhein-Westfalen über ihre Studiengebühren.
Wir können davon ausgehen, dass dies in diesem Jahr dann 260 Millionen € sein werden. Die Zahl schwankt immer ein wenig, aber das ist die Planungsgröße.
Wir müssen feststellen, dass die Hochschulen – das ist auch in dieser Sondersitzung deutlich geworden – die Mittel aus dem Hochschulpakt als zusätzliche Mittel für ihren ganz normalen Hochschulhaushalt einsetzen und überhaupt nicht nachgewiesen wird, dass hierdurch zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Auch hier zeigt sich, dass die ordnungspolitische Richtung einem Minister gar keine Handhabe mehr gibt, das, was gewollt ist, durchzusetzen.
Außerdem wird die starke Zunahme an prekären Beschäftigungsverhältnissen sowohl bei den nichtwissenschaftlichen als auch bei den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Hochschulen in den nächsten Jahren schwerwiegend begleiten. Dies bedeutet im Endeffekt auch eine Minderung der Qualität von Studium und Lehre und bei den Angeboten der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter. Das ist eine fatale Entwicklung.
Es kann nicht sein, dass sich unterhalb der Ebene der Professorinnen und Professoren ein großer Bereich von prekären Beschäftigungsverhältnissen aufbaut. Das geht zulasten der Studierenden und der Hochschulen und ihrer Qualität insgesamt.
Der Haushalt insgesamt lässt den Grundsatz von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit vermissen, was auch schon Thema bei der Beratung des vorhergehenden Einzelplans 05 war:
Sie sehen in diesem Haushalt zwei globale Minderausgaben vor.
Ferner speisen Sie den Innovationsfonds mit Erlösen aus Privatisierungen. Wir haben mehrfach nachgefragt, in welchem Umfang und von wem denn Privatisierungserlöse zu erwarten seien. Diese Fragen sind mit dem Hinweis nicht beantwortet worden, dass man damit die Verhandlungsposition des Landes schwächen würde.
Das könnte ich verstehen, wenn es darum ging, in jedem Fall Ross und Reiter zu nennen, also konkrete Verhandlungspartner. Aber die Aussage über das Volumen, das Sie anstreben, um den Innovationsfonds zu speisen, kann das Parlament meiner Meinung nach erwarten. Sonst bieten Sie hier eine Nullnummer an.
Das sind nur zwei Punkte, an denen deutlich wird, dass viele Fragen offen sind und der Grundsatz der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit nicht die Rolle spielt, die er spielen müsste.
Bei den Steigerungen im Forschungsbereich ist ersichtlich, dass sich die Linie, die Sie in den letzten Jahren eingeschlagen haben, nämlich die Landesaktivitäten zurückzufahren, fortsetzt. Wir sind in der Bund-Länder-Finanzierung in der Situation, dass die Mittel durch den Pakt für Forschung natürlich gesteigert werden und gesteigert werden müssen. Hier haben wir einen Vertrag mit den anderen Bundesländern und dem Bund; das ist wohl richtig.
Dabei lässt sich aber Folgendes deutlich feststellen: Der Königsteiner Schlüssel, der sich zum einen durch die Steuereinnahmen des Landes und zum anderen durch die Bevölkerungsentwicklung errechnet und zugrunde gelegt wird, um den Anteil Nordrhein-Westfalens an der überregionalen Forschungsförderung festzulegen, hat sich so entwickelt, dass das Land Nordrhein-Westfalen weniger einzahlen muss. Nun könnte man sagen: Weniger einzuzahlen ist immer gut, aber dieses Weniger an Einzahlung beruht nun eben darauf, dass die Steuereinnahmen und natürlich auch die Bevölkerungszahl gesunken sind. Daher bringen wir, wie gesagt, insgesamt weniger Geld in die überregionale Forschungsförderung ein.
Das finde ich auch deswegen ganz interessant, weil Nordrhein-Westfalen bei wirtschaftspolitischen Debatten sonst als starkes Land dargestellt wird,
wenn wir die Verbindung von Strukturwandel, Wirtschaftspolitik und Bildungspolitik in den Mittelpunkt stellen. Die Zahlen zeigen etwas anderes,
wenn es darum geht, was wir denn wirtschaftlich und steuerlich mit diesem Engagement erreichen. Ich bitte Sie also, genau hinzuschauen, wie sich unser Land wirklich entwickelt.
Sie verfolgen auch weiterhin die Linie, die landesfinanzierte außeruniversitäre Forschung schrittweise abzubauen. Titelgruppe 73 schmilzt immer weiter ab. Dadurch werden die Forschungsaktivitäten weniger sichtbar und verlieren damit an Bedeutung für das Land Nordrhein-Westfalen. Wir halten diesen Weg für falsch. In einigen Jahren werden wir bilanzieren können, welch verheerende Wirkung das hat.
Zur Studierendenförderung. Hier stehen Studiengebühren im Raum und das BAföG soll erhöht werden. Auch soll der Stipendienfonds aufgestockt werden, der als große Leistung in die Vertragsverhandlungen der Koalition in Berlin eingebracht worden ist. Er erreicht eine ganz kleine Zahl von Studierenden in Nordrhein-Westfalen. Und die Stipendien sollen auch nur nach Begabung vergeben werden. 10 % sind das Ziel. Bisher bekommen 0,3 % der Studierenden diese Stipendien.
Wir sind der Meinung, dass das Geld des Stipendienfonds nicht die Rücknahme der Studiengebühren ersetzen kann, wie diskutiert wird. Denn dann müsste ein ganz anderes Stipendiensystem aufgebaut werden, das sich sowohl an sozialen als auch an Leistungskriterien bemisst.
Hierbei handelt es sich also um eine Politik gegen die Mehrheit der Studierenden, die dazu beiträgt, dass die möglichen Studierenden, also mehr Studienberechtigte, immer seltener ein Studium beginnen. Das ist Ihnen in den letzten Wochen auch wieder attestiert worden. Diese Entwicklung setzt sich fort. Das kann sich Nordrhein-Westfalen nicht leisten. Wir brauchen so viele Studierende wie möglich und dürfen nicht durch Studiengebühren abschrecken. Dieses Stipendienmodell ist ungeeignet, eine Gegenwirkung zu erzeugen.
Sie bleiben auch bei der Zerschlagung der Studienkollegs für ausländische Studierende – ganz im Gegensatz zu vielen Bundesländern, die die Studienkollegs ausgebaut haben, um begabte ausländische Studierende in ihr Bundesland zu holen. Hier wird behauptet, all die Mittel, die vorher in die Studienkollegs investiert wurden, würden jetzt für die beiden Stipendienprogramme für ausländische Studierende eingesetzt. Dies ist nicht der Fall, meine Damen und Herren; denn die Mittel, die bisher aus dem Schulhaushalt für die Lehrerinnen und Lehrer bereitgestellt wurden, fließen nicht in diese Stipendienprogramme ein. Also auch bei der Studierendenförderung insgesamt gibt es eine negative Entwicklung, die unserem Land schadet.
Einen einzigen Punkt muss ich positiv hervorheben. Wie in den Jahren zuvor haben wir als SPDFraktion beantragt, Ihre seit 2006 vorgenommenen
Kürzungen bei den Studentenwerken zurückzunehmen. Hier sind die Regierungsfraktionen zum ersten Mal seit 2005 der Opposition zumindest einen kleinen Schritt entgegengekommen. Das muss man lobend erwähnen. Ich hoffe, dass sich unser Engagement für die Studentenwerke ein wenig auszahlt. Wir bleiben am Ball; das kann ich Ihnen versprechen.
Meine Damen und Herren, um ein Fazit zu ziehen: Gehen Sie hin und bilanzieren Sie Ihre Politik ähnlich wie wir, auch Ihre Haushaltspolitik. Dann werden Sie feststellen, wer im Endeffekt die Rechnung für Ihre Politik bezahlen muss und wie wir die Zukunftsperspektiven für Nordrhein-Westfalen haushaltsmäßig und ordnungspolitisch neu aufstellen müssen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund dessen, was Sie gerade gesagt haben, folgende Äußerung der Rektorin der Universität Münster, Frau Prof. Nelles? Sie sagt: Wir verwenden schon heute die Studienbeiträge vorwiegend für die Einstellung von zusätzlichem Lehrpersonal. Das können wir nicht beliebig ausweiten. Wir sind nach wie vor unterfinanziert, wenn es darum geht, die Betreuung der Studenten zu verbessern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch zum Thema Ehrlichkeit: Herr Minister Pinkwart, Sie haben den Qualitätspakt angesprochen, den Sie als Zukunftspakt fortgeschrieben haben. Wenn Sie in Ihren Haushaltsplanentwurf schauen, werden Sie sehen, dass rund 200 Stellen in diesem Jahr durch diese Landesregierung abgesetzt werden.
Sie wollten ja hier etwas zum Thema Ehrlichkeit sagen, dann seien Sie auch so ehrlich, dass Sie das, was die Vorgängerregierung als Qualitätspakt eingeführt hat, konsequent weitergeführt haben. Die zusätzlichen Finanzmittel, die Sie ansprechen – das können wir einmal gut bilanzieren – sind im Wesentlichen Mittel, die die Große Koalition in Berlin auf den Weg gebracht hat, von denen wir natürlich hier profitieren.
Ob das der Pakt für Forschung ist, ob das die Excellenzinitiative ist.
All das ist gut und schön, ist von SPD und CDU in Berlin auf den Weg gebracht worden und wirkt sich natürlich in Nordrhein-Westfalen aus. Rechnen Sie das Mehr an Mitteln für die Hochschulen – ich habe es Ihnen eingangs schon einmal gesagt – einmal hoch, sind das im Wesentlichen die Studiengebühren, die die jungen Menschen bzw. deren Eltern bezahlen.
Ich habe es jetzt in Aachen zum ersten Mal erlebt, dass nicht nur die Studierenden gegen Studiengebühren auftreten, sondern auch diejenigen, die sie in der Regel zahlen, nämlich zwei Mütter, die ganz mutig und glaubwürdig dargelegt haben, was es für sie persönlich bedeutet, diese Studiengebühren aufbringen zu müssen.
Ich sage Ihnen zum Schluss, weil Sie ja gerne so knackige Worte haben: Studiengebühren sind weniger netto vom Brutto, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Pinkwart, ich muss feststellen: Ihnen ist kein falsches Argument zu schade, um es hier einzubringen.
Ich finde es einfach zynisch, die schreckliche Situation der Menschen im Iran in dieser Debatte als ein Argument anzuführen.
(Widerspruch von der CDU – Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Sie haben es an- geführt! Frau Kollegin Löhrmann hat zu Recht gesagt, dass Menschenrechte auch in Nordrhein-Westfalen gel- ten. Hier geht es nicht um die Menschenrechtssitua- tion im Iran, sondern um die Menschenrechtssituati- on in Nordrhein-Westfalen. (Beifall von SPD und GRÜNEN)
Die Menschenrechte, Herr Minister Pinkwart, sind unteilbar. Die Menschenrechte müssen auch in einem Land wie der Bundesrepublik Deutschland immer wieder auf den Prüfstand. Wir müssen da
nach schauen, ob auch wir sie einhalten. Die Menschenrechte in Deutschland sind nichts für Feiertage, sondern für den Alltag. Darum geht es. So haben wir alle Frau Kollegin Löhrmann verstehen können. Es ist eine Unverschämtheit, diesen Vergleich zu ziehen.
Es kommt hinzu – auch das ist zynisch –, dass selbstverständlich die Eltern und die Familien für ihre Kinder verantwortlich sind. Der größte Teil der Familien und Eltern nimmt diese Verantwortung auch voll wahr. Aber die Situation, aus der heraus sie diese Verantwortung wahrnehmen können, ist doch sehr unterschiedlich und hängt von der sozialen Situation der Menschen ab.
Das ist nämlich der entscheidende Punkt. Die soziale Ausgangslage ist eben nicht gleich. Deshalb sind wir als Sozialdemokraten gerade der Meinung,
dass, wenn es darum geht, gleiche Zukunftschancen zu bieten, der Bildungsbereich entscheidend ist, um über soziale Schranken hinweg Zukunftschancen gesellschaftlich anders zu verteilen.
Herr Kollege Brinkmeier, ich muss wirklich sagen: Sie haben überhaupt nichts zu den Themen gesagt, deretwegen junge Menschen in NordrheinWestfalen und auch in anderen Bundesländern auf die Straßen gegangen sind.
Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass in der Vergangenheit alles gut war. Das wäre Unsinn.
Aber es geht um die konkrete Politik jetzt.
Darauf geben Sie keine Antworten, sondern begeben sich auf eine Ebene, die davon ablenkt. Sie sprachen von Lebenserfahrung; ich muss Ihnen sagen: Ihre Lebenserfahrung lässt eine bestimmte Breite vermissen, was die Einschätzung der jungen Leute angeht. Der Ausbund der Liberalität, Herr Witzel, hat noch einmal alles aufgeführt. Wir wollen die jungen Menschen für diese Demokratie doch gewinnen.
Also muss ich sie ernst nehmen, selbst wenn sie in Organisationen sind, von denen wir alle der Meinung sind, dass sie dort nicht sein sollten; das ist doch überhaupt keine Frage. Aber es gilt, diese jungen Menschen für diese Gesellschaft zu gewinnen und sie nicht durch solche Wortbeiträge wie Ihren, Herr Brinkmeier, zu diskriminieren.
Meine Damen und Herren, es geht darum, die Bildungsthemen aufzugreifen. Sie sind eindeutig: Es geht um die gesamte Bildungskette. Das ist eben zu Recht gesagt worden. Es geht um den frühkindlichen Bereich, um die Elementarbildung in unserem Land. Hier werden Berechnungen vorgestellt, die einfach nicht stimmen.
Sie behaupten, dass die Frühförderung gestärkt worden ist; das ist sie in der Tat – aber zulasten derjenigen, die in den Kindertagesstätten arbeiten und für die Kinder von drei bis sechs Jahren ihre Arbeit machen. Ansonsten ist der ver.di-Streik oder die Auseinandersetzung in dieser Frage nicht zu verstehen.
Die Belastung des Kindergartenpersonals hat mit Ihrem KiBiz zu tun.
Sie hören das nicht gern, aber es ist so.
Sie haben einen Verschiebebahnhof organisiert und die Geldströme anders gelenkt, um Bereiche aufzubauen, die wir alle aufbauen wollen. Aber an anderer Stelle haben Sie das Geld weggenommen und damit die Bedingungen dort gerade unter Bildungsgesichtspunkten nicht gestärkt, sondern geschwächt.
Das Zweite ist das dreigliedrige Schulsystem. Es ist ein System – das ist auch in den Streiktagen deutlich geworden –, das nicht mehr trägt. Wir erleben das gerade in Aachen, Frau Ministerin Sommer. Mit den CDU-Kollegen zusammen haben wir einen Weg gesucht, wie wir die Schulentwicklungsplanung bei rückläufigen Schülerinnen- und Schülerzahlen noch sinnvoll organisieren können. Dabei waren Sie auch hilfreich; das muss ich Ihnen zugestehen.
Sehen Sie einmal, dazu kann ein Abgeordneter in diesem Hause auch fähig sein, lieber Kollege, wenn man nur einmal sein Gehirn einschaltet.
Ich setze diese Entwicklung einmal unter das Leitthema: Schulpolitik und Schulrecht treffen Wirklichkeit. Darum geht es doch in dieser Debatte. Wir sind mit unseren und Ihren politischen Maßnahmen an
Grenzen gekommen, an denen wir handeln müssen. Das merken die jungen Leute.
Das gilt auch für die Studiengebühren und für Bachelor und Master. Wir sind alle dafür, den Bolognaprozess zu organisieren und umzusetzen. Aber es kann nicht sein, dass sich wegen des Bolognaprozesses die Beratungen in den psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke um Tausende erhöhen, weil die jungen Menschen bis zum Unerträglichen belastet sind.
Das darf doch nicht sein. Da muss man doch anpacken. Man kann doch nicht zugucken. Darum geht es.
Es gibt sicherlich auch Gemeinsamkeiten hier im Hause; ich bestreite das überhaupt nicht. Aber schauen Sie hin, was die jungen Menschen wollen und wofür sie auf die Straße gehen. Arbeiten Sie mit uns gemeinsam daran, diese Defizite im Sinne der Jugend unseres Landes zu beseitigen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Brinkmeier, ich kann zumindest für den Entschließungsantrag der SPD sagen – ich habe gerade noch einmal draufgeschaut –: Ich wüsste nicht, wo wir dort meckern.
Es geht einfach darum, die Kritik und die Warnungen, die in der Öffentlichkeit formuliert worden sind, auch aufzunehmen. Die Warnungen, die gerade aus der Finanzministerkonferenz an die Öffentlichkeit gelangt sind, beziehen sich auf das, was wir
gemeinsam wollen. Ich glaube, das wird hier niemand bestreiten: Wir wollen, dass es einen Hochschulpakt II gibt. Wir wollen, dass die Exzellenzinitiative fortgeführt wird. Und wir wollen auch, dass der Pakt für Forschung weitergeführt wird. Das steht außer Frage.
Es geht darum, wie diese drei Sonderprogramme finanziert werden. Es ist deutlich geworden, dass es hier durchaus Meinungsdifferenzen gibt zwischen denjenigen, die die Wissenschaft in den Regierungen vertreten, und denjenigen, die für die Finanzen zuständig sind. Das ist unabhängig von der Parteicouleur; Herr Wowereit hat sich da ähnlich wie andere geäußert.
Deshalb will ich das in das Gesamtbild der Politik einordnen, was hier zurzeit ebenfalls eine Rolle spielt. Das machen wir mit unserem Entschließungsantrag auch. Es geht insbesondere darum, wie wir nachhaltig, über lange Jahre, das finanzieren, was wir hier auf den Weg bringen wollen.
Ich muss Ihnen einfach sagen: Wenn ich an die selbst ernannte Freiheitsstatue der FDP und deren steuerpolitische Vorstellungen denke – manchmal erinnert der mich aber mehr an das Manneken Pis in Brüssel –,
stelle ich fest, das passt nicht in diese Landschaft. Die steuerpolitischen Vorstellungen einiger in der CDU und vieler in der FDP passen nicht zu dem, was erforderlich ist, wenn es darum geht, die wichtigen Sonderprogramme gerade im Bildungs- und Wissenschaftsbereich nachhaltig zu finanzieren.
Wir müssen darüber nachdenken, wie wir gemeinsam dafür Vorsorge treffen, dass diese Programme und die Vereinbarung dazu in der Tat am 4. Juni unterschrieben werden können. Wir wollen das jedenfalls.
Wir wollen natürlich auch, dass überprüft wird, ob das Geld, das hier seitens der Länder und des Bundes eingesetzt wird, zielgerichtet genutzt wird. Beim Hochschulpakt II haben wir Zweifel – da hat Kollegin Dr. Seidl recht –, dass das vereinbarte Ziel, nämlich 26.375 zusätzliche Studienplätze für Studienanfängerinnen und -anfänger bis 2010 bereitzustellen, wirklich erreicht wird. Wir haben nachgerechnet: Es fehlen noch immer 10.000 Studienplätze. Sie wissen, 2010 ist nächstes Jahr.
Nun frage ich mich: Wie erreichen wir das, auch wenn es darum geht, im Endeffekt mit dem Bund abzurechnen? Wir stehen nämlich auch in der Pflicht, die Vereinbarung einzuhalten. Wie schaffen wir es, dass wir nachher nicht noch Geld, das schon längst eingesetzt worden ist, an den Bund zurückgeben müssen? Ich bitte die Landesregierung, da wirklich genau hinzuschauen, damit wir hier nicht in eine Bredouille geraten, die wir uns nicht erlauben können.
Nochmals: Wir wollen, dass es die drei Sonderprogramme gibt, und wir werben bei unserem Bundesfinanzminister dafür, dass er, was die Bundesseite betrifft, diese Verpflichtung mit eingeht.
Aber wir sagen klipp und klar: Eine Steuerpolitik, wie sie von Teilen der CDU und insbesondere von der FDP – in Richtung Bundestagswahlkampf, das muss man dazusagen – hier formuliert wird, ist absolut kontraproduktiv. Das können wir uns nicht leisten.
Wir würden uns freuen, wenn es ginge. Das ist gar keine Frage. Das ist bei allen Menschen so – auch bei Abgeordneten –, wenn es um das Zahlen von Steuern geht: Da zahlt man lieber weniger als mehr. Keine Frage; das bestreite ich nicht.