Mürvet Öztürk
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Last Statements
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Roth, herzlichen Dank für die Hinweise, die Sie zum Schluss noch zum Verfahren gemacht haben. Das ist eine gute Grundlage, um den ganzen Bereich abzuräumen und nicht darüber zu diskutieren, warum es kein gemeinsamer Antrag geworden ist. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir in dieser Frage – wie auch schon im September – als Plenum geschlossen dahinter stehen und einen gemeinsamen Antrag verabschieden, damit das Signal, das nach außen hin wirken soll, auch ankommen kann. Daher bin ich ganz zuversichtlich, dass wir hier im Dezember einen gemeinsamen Antrag beschließen werden.
Es ist die Frage der syrischen Familien, die uns allen sehr nahegeht. Die Frage, dass die syrischen Familien auch ihre Angehörigen außerhalb der 5.000er-Kontingente holen können, ist auch ein politisches Thema gewesen, für das wir uns gemeinsam entschieden haben. Wie es so oft im Leben ist, gibt es in der Praxis den einen oder anderen Fallstrick, den man im Vorfeld vielleicht nicht beachtet hat. Deswegen ist es ganz legitim, dass wir jetzt gemeinsam versuchen, mit diesem Antrag in der Anordnung die einen oder anderen Korrekturen vorzunehmen, damit auch die Familien ernsthaft hierher geholt werden können.
Herr Roth hat das Beispiel Wetzlar genannt. In Wetzlar und auch in vielen anderen Städten – sei es Gießen oder Wiesbaden – sitzen gerade syrische Familien, die versuchen, ihre Familien aufgrund dieser Beschlusslage zu holen. Sie scheitern oft an den Krankenversicherungen und auch daran, dass ihr Einkommen nicht ausreicht, um ihre Familien krankenversichern zu können. In anderen Ländern wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen hat man da einen ganz pragmatischen Weg gefunden, indem man in der Anordnung auch über die Kostenfrage gesprochen und eine Deckelung der Kosten eingezogen hat. Das werden wahrscheinlich Dinge sein, die wir uns im Ausschuss näher anschauen müssen.
Wichtig ist, dass das Signal und die tatsächliche Hilfe bei den Familien ankommen. Wichtig ist aber auch, dass die Kommunen in der Kostenfrage nicht ganz alleingelassen werden und dass wir, aus guten Beispielen wie in Nordrhein-Westfalen lernend, diese Initiative auch für uns aufgreifen.
Danke schön. – Ansonsten möchte ich nicht viel über den Inhalt sprechen, weil wir im September schon ausführlich darüber beraten haben. Ich möchte eher, dass wir den Sozialpolitischen Ausschuss und den Innenausschuss dazu nutzen, um aus dieser Initiative einen gemeinsamen Antrag zu machen. Das liegt uns GRÜNEN sehr am Herzen, weil wir sehr verwundert waren, als die Vorlage gestern so im Plenum lag.
Nichtsdestotrotz kann man das im Sozialpolitischen Ausschuss zurechtbügeln und im Dezember hoffentlich ein starkes gemeinsames Signal aussenden, damit die Familien kommen können. – In diesem Sinne: herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen ausdrücklich den gemeinsamen Vorgang und den gemeinsamen Beschluss, den wir gleich in Sachen Aufnahme von syrischen Familienangehörigen nach Hessen fassen werden, begrüßen. Ich glaube, dass dieses Thema in Zeiten des Wahlkampfs hätte instrumentalisiert werden können. Das ist jetzt nicht der Fall, sondern wir lassen humanitäre Hilfe vor Wahlkampf walten. Das ist ein wichtiges und richtiges Zeichen. Deswegen möchte ich zu Beginn sagen, das ist
ein gutes Signal, und mich bei allen im Hause, die das tragen werden, bedanken.
Wir sehen jeden Tag dramatische Bilder aus Syrien. Die Bürgerkriegssituation spitzt sich immer mehr zu, und seit dem Giftgasanschlag sind noch mehr Familien von Vertreibung und Flucht betroffen, was wir im Fernsehen tagtäglich verfolgen.
Den größten Teil der Flüchtlinge haben bisher der Libanon, Jordanien, die Türkei und der Irak aufgenommen. Wir sehen auch, dass jeden Tag Familien in Hessen an uns Politiker in den Wahlkreisen herantreten und sagen, sie möchten gerne ihre Angehörigen zu sich nach Deutschland holen.
Bisher haben wir auf der einen oder anderen Ebene schon große Unterstützung geleistet. Die möchte ich hier auch erwähnen. Es ist nicht zu verschweigen, dass die Europäische Union seit Entstehen der Krise rund 515 Millionen € Unterstützungshilfe bereitgestellt hat. Es ist auch nicht zu verschweigen, dass 328 Millionen € für humanitäre Hilfe den Nachbarländern, also der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak, zur Verfügung gestellt werden. Hinzu kommen weitere Beträge. Insgesamt werden 1,3 Milliarden € vonseiten der Europäischen Union als Unterstützung in Zeiten der Krise für die syrischen Flüchtlinge und die Nachbarländer zur Verfügung gestellt.
Ich möchte aber klarmachen, dass diese finanzielle Unterstützung kein Ersatz dafür ist, wenn Familien in Hessen an uns herantreten und den Wunsch äußern, dass sie ihre Angehörigen gerne aufnehmen wollen, zumal sie finanziell in der Lage sind, das zu tun.
Deswegen ist es richtig, dass wir heute diesen Antrag gemeinsam auf den Weg bringen. Frau Cárdenas hat schon erwähnt, dass es in anderen Bundesländern wie SchleswigHolstein, Baden-Württemberg oder Hamburg schon Initiativen gab. Eine Aufnahmeanordnung ist in diese Richtung erlassen worden. Wir wollen das heute beschließen. Ich bin sehr froh, dass auch von der Regierung her, vom Innenministerium her, bisher Signale gesendet worden sind, dass diese Aufnahmeanordnung so umgehend wie möglich erfolgen wird, sodass auch wir syrischen Familien die bürokratischen Hürden verringern können und ihre Angehörigen zu uns kommen können.
Von wie vielen Personen reden wir? – In Hessen leben ca. 2.373 syrische Familien. Von denen haben 542 einen unbefristeten Aufenthalt, und rund 1.831 haben einen befristeten Aufenthalt. Das sind Menschen, die natürlich, auch wenn die EU genug Hilfen zur Verfügung gestellt hat, nicht zu Hause sitzen und warten werden, bis die Familien im Rahmen des 5.000er-Flüchtlingskontingents überhaupt kommen können.
Für die Flüchtlinge, die im Rahmen dieses 5.000er-Kontingents aufgenommen werden sollen, gibt es die eine oder andere Hürde, auf die wir hier nicht eingehen wollen. Von daher ist es wichtig und richtig, dass wir das Signal senden und sagen: Familien und Angehörige zweiten oder dritten Grades können aufgenommen werden.
Ich will auch gar nicht lange reden, sondern will zum Schluss noch erwähnen, dass wir GRÜNE diesen Giftgasanschlag zutiefst verurteilen. Das ist eine Tat, die zu verurteilen und die bestürzend ist. Wenn gegenüber der Zivilbevölkerung diese Giftgaswaffen eingesetzt werden und unschuldige Menschen darunter leiden, ist das eine Tat, die wir nicht einfach hinnehmen können.
Was wir aber machen können: Wir können auf der einen Seite den UN-Bericht abwarten und auf der anderen Seite auch Mut zur Deeskalation beweisen, damit wir vielleicht doch von einem Militärschlag absehen können, denn das hat in Syrien immer mehr Fluchtgründe hervorgerufen.
Deswegen ist mein Appell zum einen außenpolitisch, vielleicht noch eine politische Lösung zu schaffen, zum anderen innenpolitisch an unsere syrischen Mitbürger, dass sie ihre Angehörigen aufnehmen können. Das ist heute ein gutes Signal vor der Wahl. Von daher bedanke ich mich und möchte damit enden, will aber nur noch sagen, dass wir DIE LINKE in ihrem Antrag unterstützen werden, auch wenn sie jetzt in diesem gemeinsamen Antrag nicht dabei ist. – Herzlichen Dank.
Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion hat in den letzten Tagen die Entwicklungen in Istanbul, im Gezi-Park und in der ganzen Türkei mit großer Besorgnis zur Kenntnis genommen. Die unverhältnismäßige Gewalt, die die Polizei gegenüber friedlichen Demonstranten ausgeübt hat, hat uns hier in Deutschland sehr erschrocken, aber auch sehr viele Menschen in der Türkei und weltweit.
Für uns ist es wichtig, festzuhalten, dass die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit universelle Rechte sind. Sie zu schützen ist die Aufgabe eines jeden Rechtsstaates – und erst recht eines Staates, der auf dem Weg ist, der EU beizutreten, nämlich der Türkei.
Die Proteste in den letzten Tagen sind sehr kreativ und friedlich gewesen, wie wir auch in den Medien immer wieder zur Kenntnis nehmen können. Es hat im Gezi-Park angefangen. Zunächst ging es dort darum, Umwelt und Natur zu schützen, gegen Großprojekte zu demonstrieren, für mehr Meinungsfreiheit und Bürgerbeteiligung einzutreten und sich dagegen zu wehren, dass die individuelle Freiheit der Menschen immer mehr eingeschränkt wird. Umso inspirierender und interessanter waren diese Erklärungen, die man in der Türkei für die Bewegung im Gezi-Park zu finden versucht hat.
Eines möchte ich festhalten. Für diese neue Bewegung – diese neue Zivilgesellschaft, die dort zusammengekommen ist und versucht, über parteipolitische Interessen hinweg ein neues Wir zu entwickeln – müssen auch wir neue Worte und neue Formeln entwickeln. Liebe Damen und Herren in diesem Hause, mit alten, bekannten Parolen werden wir da nicht weiterkommen. Es ist wichtig, dass wir dieses neue Wir in der Türkei unterstützen und versuchen, die Sprache des Dialogs und der Versöhnung sowohl von der Regierung in der Türkei zu fordern, als sie aber auch hier selbst zu praktizieren.
Auf unserer Delegationsreise in die Türkei, auf der wir eine Partnerregion gesucht haben – die dann Bursa geworden ist –, haben wir im Deutschen Generalkonsulat ein Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der Stiftungen geführt. Schon damals wurde dort gesagt, die Spaltung in der türkischen Gesellschaft sei immer größer geworden, aber der Weg heraus könne nicht eine Zuspitzung sein, keine Gewalt gegen Proteste, wie das jetzt die türkische Regierung tut. Nach meiner Meinung schätzt sie die Situation falsch ein. Das ist keine Demonstration, keine Bewegung, die von außen gelenkt ist. Es ist der falsche Weg, sie verbal als von außen gelenkte Bewegung zu diskreditieren, wie das in den letzten Tagen versucht wurde.
Es ist wichtig, dass wir die türkische Gesellschaft – sie ist jung, dynamisch und demokratisch orientiert und tritt für Säkularität, Freiheit und Menschenrechte ein – unterstützen. Daher wünsche ich mir von diesem Haus, heute mit diesem Antrag das Signal zu senden, aber auch alle diplomatischen Wege, die wir haben, zu begehen, um mit unseren Freundinnen und Freunden zu reden. Bitte keinen falschen Zungenschlag hineinbringen – klar in der Sprache sein, aber auch unterstützend und dialogisch. Das ist mein Appell. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Mick, ich schätze Sie sehr in Ihrer sachlichen und Ihrer politischen Darstellung der Materie. Allerdings möchte ich feststellen, dass der Applaus für Ihre Rede eher von der FDP kam, von der CDU kaum.
Das zeigt, dass Sie sich heute hierhin stellen und es als Ihren Erfolg feiern, weil Sie fünf Jahre gebraucht haben, um sich gegenüber Ihrem Koalitionspartner, der CDU, durchzusetzen, damit endlich islamischer Religionsunterricht in Hessen eingeführt wird.
Schauen wir uns die Überschrift über Ihre Aktuelle Stunde an. Damit verraten Sie sich selbst. Sie reden von rot-grünen Versuchen oder Experimenten. In anderen Bundesländern ist islamischer Religionsunterricht eingeführt worden, in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen. NordrheinWestfalen hat schon vor ungefähr zehn Jahren mit Islamkunde angefangen, unter einer schwarz-gelben Regierung. In Niedersachsen hat es ebenfalls unter einer schwarz-gelben Regierung bereits vor zehn Jahren ein Angebot an muslimische Schülerinnen und Schüler für islamischen Religionsunterricht gegeben. In Hessen gab es dieses Angebot nicht. Von daher ist das ein kleiner Schritt, den wir gemeinsam gehen, und kein großer Schritt. Es ist eher Ihr Erfolg als FDP gegenüber der CDU. Das hat aber nichts mit der Lebensrealität der muslimischen Schülerinnen und Schüler in Hessen zu tun.
Ich will auch ausführen, warum. Es sind 27 Schulen. Es ist gut, dass es 27 Schulen sind. Ich möchte daran erinnern, dass Sie zunächst angekündigt haben, es würden erst ein
mal 25 Schulen sein. Wir wissen alle, dass der Bedarf der Schülerinnen und Schüler, in Grundschulen unterrichtet zu werden, weit höher ist als bei 25 oder 27 Schulen. Es ist auch klar, dass die Lehrer bisher nicht ausgebildet worden sind und damit fehlen, um den Bedarf der Schüler in Hessen abdecken zu können.
Wir haben ca. 60.000 Schülerinnen und Schüler in Hessen mit muslimischem Hintergrund. Mit Ihrem Angebot werden ca. 600 bis 1.000 Schülerinnen und Schüler in der Grundschule ein islamisches Religionsunterrichtsangebot bekommen. Dieses knapp mehr als 1 % als Erfolg zu verkaufen nach 15 Jahren schwarzer oder schwarz-gelber Regierung in Hessen – mit Verlaub, das ist nicht Ihr Ernst. Das können wir Ihnen nicht so durchgehen lassen.
In Nordrhein-Westfalen – wenn Sie sich darüber beschweren und sagen, es sei ein Versuch gewesen – ist im Dezember 2011 dem Gesetz, das die rot-grüne Regierung zur Einführung islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach eingebracht hat, komischerweise auch von der CDU zugestimmt worden, und von der FDP haben wir eine kraftvolle Enthaltung zur Kenntnis genommen. Von daher kann das Gesetz, wie es in NRW beschlossen worden ist, gar nicht so falsch sein.
In Niedersachsen ist die gelb-schwarze Koalition bereits vor zehn Jahren auf diesen Weg gegangen und hat angefangen, mit islamkundlichen Modellregionen ein Angebot zu machen. Mittlerweile sind es über 50 Schulen, wo das Angebot unterbreitet wird. Wir haben mit 25 angefangen.
Hätten Sie vor zehn Jahren genau wie die anderen Bundesländer damit beginnen können, islamischen Religionsunterricht zu erteilen, wären wir ganz klar auf Ihrer Seite gewesen und hätten Sie unterstützt. Jetzt, nach 15 Jahren, damit zu kommen, ist ein bisschen mau, meine Damen und Herren.
Es bleiben auch viele offene Fragen. Es ist immer noch nicht klar, wann Sie mit diesem Modellprojekt weitergehen und weiterführende Schulen einbeziehen wollen. Es ist nicht ganz klar, wie Sie das mit den Lehrerinnen und Lehrern machen wollen. Wenn man den Lehrbedarf von 60.000 Schülerinnen und Schülern wirklich decken will, braucht man rund 350 Lehrer im Lande Hessen. Das heißt, jetzt müssten schon ungefähr 40 bis 50 Lehrer pro Lehrjahr ausgebildet werden, damit diese Personen auch eingesetzt werden können. Da brauchen wir Konzepte, die haben Sie uns noch nicht liefern können. Sie haben uns nach mehreren Nachfragen endlich die Schulen genannt, in denen der Unterricht erteilt werden wird.
Das ist ganz gut, darüber freuen wir uns auch. Aber es ist ganz klar: Es ist ein kleiner Schritt, den wir heute gehen, kein großer Schritt. Wer sich groß und wortreich über Islamismus, über Radikalismus bei jungen Muslimen beklagt, der muss sich Gedanken machen, wann endlich in weiterführenden Schulen ein Angebot in deutscher Sprache erteilt wird, damit diese jungen Menschen nicht in HinterhofMoscheen sind, sich nicht auf Internetforen über ihre Religion informieren, sondern in der Schule durch in Deutschland ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Diese Aufgabe
haben Sie noch nicht erfüllt. Von daher haben Sie noch viel zu tun, meine Damen und Herren. – Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An unserem Abstimmungsverhalten haben Sie gesehen, dass der Petitionsausschuss sehr darum bemüht ist, sich den Einzelfällen sachlich und parteiübergreifend zu widmen. Oft ist es so, dass wir nicht die gleiche Meinung haben und uns bei den Abstimmungen unterschiedlich verhalten, was Sie hier auch meistens mitbekommen. Bisher bestand aber immer ein Konsens darüber, dass wir die Petitionen einvernehmlich und entsprechend der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags behandeln.
Bitte erlauben Sie mir, darzustellen, warum wir die Einzelpetition Nr. 4290/18 herausgenommen haben. Es geht darum, dass wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Meinung sind, dass hier die Geschäftsordnung verletzt worden ist.
Wir möchten gern, dass diese Petition an den Ausschuss zurücküberwiesen wird. Der Grund dafür ist, dass in § 100 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags gesagt wird, dass die oder der Ausschussvorsitzende „für Petitionen Mitglieder des Ausschusses als Berichterstatter“ bestellt. „Die Berichterstatter haben im Auftrag des Ausschusses den Sachverhalt aufzuklären und dem Ausschuss einen Erledigungsvorschlag zu unterbreiten.“
In § 100 Abs. 4 wird gesagt, dass die Ausschüsse „über das Ergebnis der Ermittlungen und über den Vorschlag der Berichterstatter über die Erledigung der Petition“ beraten.
Genau in diesem Fall der Petition Nr. 4290/18, einer Petition, der ich als Berichterstatterin zugeteilt worden bin, hatte ich noch inhaltlichen Klärungsbedarf.
Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen, und ich habe beantragt, die Behandlung dieser Petition noch eine Sitzung zu schieben. Ich war noch nicht in der Lage, einen inhaltlichen Erledigungsvorschlag zu machen. Dieser Bitte ist nicht gefolgt worden. Diese Bitte ist mehrheitlich von den Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt worden.
Da es ein Ausschuss ist, der sehr emotional ist, gehe ich davon aus, dass im Eifer des Gefechts eine Fehlentscheidung vonseiten der Fraktionen von CDU und FDP vorge
nommen wurde. Wir als GRÜNE möchten Ihnen heute die Möglichkeit geben, diese Fehlentscheidung zu korrigieren, damit wir weiterhin im Sinne der Einzelfälle im Konsens arbeiten, damit wir die Möglichkeit haben, die Petitionen inhaltlich ausreichend vorzubereiten, und dass nicht mit einer Mehrheit die Erledigung beschlossen wird.
Von daher bitten wir Sie heute, uns zu unterstützen, die Petition an den Ausschuss zurückzuüberweisen.
Eine inhaltliche Debatte möchten wir an dieser Stelle nicht führen, weil es uns wirklich wichtig ist, die Einhaltung der Geschäftsordnung auch für die nächsten Jahre hochzuhalten. Der hessische Bürger und die hessische Bürgerin müssen sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass die Einzelfälle in ihrem Interesse überparteilich sachlich bearbeitet werden.
Von daher glaube ich daran, dass die Mehrheitsfraktionen diesem Beschlussvorschlag folgen werden und einen Schaden vom Hessischen Landtag und vom Petitionsausschuss abwenden werden. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Ich möchte hier noch einmal klarstellen, dass, wenn man die Geschäftsordnung so auslegt, wie es die Fraktionen von CDU und FDP tun, die Berichterstatter in Zukunft bei keiner ihrer Petitionen in Ruhe beraten könnten, weil sie immer einen Zwangsbeschluss befürchten müssten,
und die Mehrheit in diesem Landtag könnte immer selbst behaupten und entscheiden, wann eine Petition entscheidungsreif sei. Das ist doch absurd. So kann man nicht mit Petitionen umgehen.
Zu den Vorwürfen, die hier erhoben werden, dass Petitionen rechtzeitig entschieden werden müssen: In der Tat, Petitionen müssen rechtzeitig bearbeitet und entschieden werden. Diese Petition liegt dem Petitionsausschuss seit Februar vor. Erstmalig ist sie im März zur Beratung im Ausschuss angemeldet gewesen. Das heißt, wir haben drei Monate, in denen wir uns mit diesem Vorgang befassen. Ich habe um Verschiebung gebeten, weil vonseiten der Petenten an mich herangetragen worden ist, dass neue Informationen vorliegen würden. Bevor ich diese aus- und bewerten sowie Ihnen einen Vorschlag machen kann, können Sie doch nicht voreilig nach Ihrem Gusto entscheiden, ob gesetzlich etwas zu machen ist oder nicht.
Hier werden Tatsachen verdreht und Verabredungen dargestellt, wie sie in dieser Form nicht stimmen. In der Diskussion im September letzten Jahres haben wir gesagt, dass Petitionen, die aus Serbien und Mazedonien kommen und keine Chance haben, zeitnah erledigt werden sollten. Hier handelt es sich um eine kosovarische Petition. Damals habe ich auch gesagt, wir sollten uns die Zeit nehmen, Einzelfälle anzusehen. Über den Inhalt können wir im Ausschuss diskutieren. Aber dass uns hier ein Zwangsbeschluss aufgedrängt wird, finde ich – –
Vielen herzlichen Dank.
Mein sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mit dem Punkt anfangen wie mein Kollege Merz, der zu Beginn seiner Rede versucht hat, zu sortieren, was hier gerade passiert. Ich meine, wir stehen heute hier, weil wir eine Regierungserklärung der Landesregierung zum Thema Integration gehört haben und weil sie uns ihre Erfolge präsentieren will. Wir haben in dem Redebeitrag sehr lange gesucht, wo die Erfolge sind. Leider konnten wir keine finden.
Ich glaube, die Landesregierung konnte sie selbst nicht finden. Von daher plaudern wir 30 Minuten lang miteinander, wie es wäre, wenn alles richtig wäre. Aber das ist es nun einmal nicht. Von daher ist es schwierig.
Ich möchte zu Beginn klären, was ein Migrationshintergrund ist. Herr Hahn hat hier klar Herrn Tipi und mich ausgenommen, weil wir das so offensichtlich ausleben würden. Ich weiß noch nicht, ob ich mich vielleicht nicht geoutet habe und hätte outen sollen, was ich offensichtlich lebe. Ich kann mich outen und sage: Ich bin in NordrheinWestfalen in Korschenbroich geboren. Mein Migrationshintergrund ist, aus Nordrhein-Westfalen nach Hessen gekommen zu sein. Ich hoffe, das war in Ordnung.
Ich habe gewagt, aus einer ländlichen Gegend – Korschenbroich, Niederrhein, nahe der holländischen Grenze – in eine andere ländliche Gegend, den Lahn-Dill-Kreis, auszuwandern. Ich fühle mich da sehr wohl, habe eher Berührungsängste in den Ballungsräumen, wenn es zu viele Menschen auf einmal sind – wobei: wenn sie vielfältig, interkulturell und mehrsprachig sind, fühle ich mich wieder wohl. Das ist mein aktives Leben.
Nach der Definition von „Menschen mit Migrationshintergrund“ müssten das Personen sein, deren Elternteil oder zumindest ein Großelternteil aus einem anderen Land nach Deutschland eingewandert ist. Meines Wissens gehört mindestens der Kollege Pentz dazu, Herr Al-Wazir auch. Von daher frage ich mich: Was sind diese Menschen, über die wir hier reden wollen, die offensichtlich irgendetwas leben oder nicht ausleben? – Ich musste das loswerden. Irgendwie muss man das einsortieren.
Herr Bellino auch, Herr Bellino von seinem Namen her; Herr Bouffier wahrscheinlich auch, aber das liegt ein paar Jahrhunderte zurück.
Das zählt nicht mehr. Von daher schauen wir mal.
Bevor ich auf die Ausführungen des Integrationsministers eingehen will, der sich dankenswerterweise an mir abgearbeitet hat – er hat mich dreimal in seiner Rede erwähnt –, sage ich: Es ist gut, dass Sie sich an den GRÜNEN orientieren. Das ist schon einmal die richtige Richtung.
Aber so ganz nah werden Sie unserem Ansatz nicht kommen, mit dem jetzigen Koalitionspartner erst recht nicht.
Herr Hahn, wann ich zur Sache komme, ist meine Sache. Ich finde, Sie schweigen jetzt und hören einmal zu, denn ich musste Ihnen auch zuhören.
Integration: Für uns GRÜNE bedeutet Integration Teilhabe für alle. Das haben wir schon mehrmals gesagt. Wir haben dazu ein Konzept geschrieben. Ich möchte hier auch noch einmal unterstreichen, dass für uns Integrationspolitik nicht bedeutet, eine Migranten- oder Minderheitenpolitik zu gestalten, sondern das ist eine Gesellschaftspolitik, die alle Lebensbereiche im Blick haben sollte und eine ganzheitliche Wahrnehmung der Menschen, die hier leben, erfordert.
Deswegen betrachten auch wir Integrationspolitik als eine Querschnittsaufgabe. Aber was heißt Querschnittsaufgabe? Das heißt, wirklich über die Ressortgrenzen hinweg zu gestalten, Angebote zu machen, Lösungen und Konzepte vorzuschlagen. Herr Hahn, das sind Sie uns bisher schuldig geblieben. Von daher können Sie viel darüber erzählen, was Integration wäre. Das, was Sie gesagt haben, sind leere Worthülsen. Es ist eine Schönrederei Ihrer eigenen Arbeit. Das hat aber nichts mit der Realität der Menschen zu
tun, die wirklich sehr hoffnungsvoll darauf gewartet haben, dass jetzt endlich ein Schub kommt.
Wir sagen ganz klar: Integration ist ein Prozess, der immer wieder neu gestaltet werden muss. Integration hat kein Ende in dem Sinn; denn immer dann, wenn Menschen neu in unser Land zuwandern – das werden sie –, wird der Migrationsprozess neu beginnen.
Im Gegensatz zu Ihnen, der ganz offen aussagt, dass er sich wünschen würde, sein Integrationsministerium würde in ein paar Jahren nicht mehr bestehen, es würde sich erübrigen, weil Sie davon ausgehen, dass Integration dann nicht mehr gestaltet werden muss und Zuwanderung nicht mehr stattfinden wird, sage ich: Das ist ein Trugschluss. Ich glaube, Integration wird auch in nächster Zukunft noch immer eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Gesellschaft bleiben. Denn Zuwanderung wird immer stattfinden. Der Integrationsprozess wird immer wieder neu beginnen. Es hat also gar nichts mit Ihrem Ministerium oder damit zu tun, ob Sie als Minister in diesem Land arbeiten oder nicht, sondern es hat mit der Realität dieser Menschen in unserem Land zu tun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, von daher müssen wir in den nächsten Jahren nach wie vor gestalten.
Ich glaube auch, dass in Hessen die meisten Menschen, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, unabhängig von ihrer nationalen Herkunft eine gleichberechtigte Teilhabe am ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben haben müssen. Von daher ist das eine Aufgabe, die wir gemeinsam gestalten müssen. Darüber haben wir heute viel gesprochen. Es ist auch wichtig, dass wir es so organisieren, dass sich niemand ausgegrenzt fühlt, dass sich niemand am Rande der Gesellschaft zurückgelassen fühlt. Nur so können wir eine ernsthafte internationale Wettbewerbsfähigkeit von Hessen und eine Attraktivität von Hessen organisieren: wenn wir wirklich Vielfalt gestalten, wenn wir Vielfalt als Bereicherung verstehen, wenn wir Teilhabe für alle ermöglichen und wenn wir Integration auch als eine Aufgabe verstehen.
Deswegen steht in unserem Integrationskonzept im Mittelpunkt, dass wir die tatsächlichen und die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen wollen. Wir wollen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Menschen teilhaben können, dass sie ihre Stärken weiter ausbauen und ihre Schwächen überwinden können. Wir können dabei helfen und vernünftige Rahmenbedingungen schaffen.
Ich möchte noch einmal festhalten, dass eine Integrationsleistung nichts mit der ethnischen Identität oder mit dem Herkunftsland eines Menschen zu tun hat. Es hat nichts mit der Farbe des Passes zu tun, ob man sich gut oder schlecht integriert, sondern es hat mehr mit dem sozialen Hintergrund zu tun und auch damit, wie wir neudeutsch sagen, ob jemand aus einer bildungsfernen Bevölkerungsgruppe ist oder nicht. Meine Damen und Herren, das ist bei Deutschen und Nichtdeutschen genau die gleiche Situation.
Es bringt daher gar nichts, in dieser Integrationsdebatte Probleme zu ethnisieren, sie bestimmten Religionen zuzu
schreiben oder bestimmten Kulturen anzulasten und so zu tun, als ob Kulturen ein Problem von Integration wären. Ich möchte daran erinnern, dass auch wir als GRÜNE es nicht klug fanden, als Integrationsminister Hahn Herrn Sarrazin eingeladen hat – und zwar nicht, um ihm Paroli zu bieten und seine Thesen zu entkräften, sondern um ihm den roten Teppich auszurollen und ihm Raum für die Wiederholung seiner kruden Thesen zu geben. Von einem Integrationsminister hätte ich hier etwas anderes erwartet, aber leider haben wir uns getäuscht, meine Damen und Herren.
Wenn wir uns die Integrationsleistung bzw. die Integrationserfolge anschauen, hängt es oft damit zusammen, welchen familiären oder sozialen Hintergrund junge Menschen haben. Es ist immer noch davon abhängig, welchen Status die Eltern haben und ob sie ihre Kinder beim Vorankommen unterstützen können oder nicht. Wir schauen uns die Zahlen der Jugendlichen an. Die Schulabbrecherquote bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund beschäftigt alle Schulpolitiker. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir dort Hilfe leisten, damit auch junge Menschen Erfolg haben können.
Ein Blick auf die Sinus-Studien zeigt, dass längst nicht mehr zwischen ethnischen und kulturellen Gruppierungen unterschieden wird, vielmehr wird in sozialen Milieus nachgeschaut. Wir haben in der Enquetekommission erfahren, dass der Schulabbrecher Kevin keine Unterschiede zum migrantischen Schulabbrecher Achmed aufweist; beide haben die gleichen Probleme. Dabei müssen wir ernsthaft helfen. Hier ist uns die Landesregierung zahlreiche Antworten schuldig geblieben.
Ich möchte nicht verhehlen, dass, wenn wir Integration, Teilhabe und Vielfalt produktiv gestalten wollen, dies durchaus eine Aufgabe ist. Es ist eine Aufgabe voller Herausforderungen, vor denen wir uns nicht verstecken dürfen. Auch dürfen wir die vorhandenen Probleme nicht kleinreden. Ich glaube auch nicht, dass irgendjemand in diesem Land diese Probleme unter einen falsch verstandenen Multikultiteppich gekehrt oder so getan hätte, als wenn es diese Aufgaben nicht gäbe.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagt schon seit Jahren, dass wir Integration produktiv gestalten und Rahmenbedingungen dafür schaffen müssen. Je pluraler unsere Gesellschaft ist, desto schwieriger wird natürlich die Verständigung auf gemeinsame Werte sein. Umso wichtiger ist es aber – und daher lohnt es sich, bei Konflikten dranzubleiben und sie zu lösen –, immer wieder von Toleranz, Respekt, Anerkennung und Gleichberechtigung verschiedener Kulturen zu sprechen, meine Damen und Herren – auch in diesem Hessischen Landtag. Manche Kolleginnen und Kollegen lassen bei ihren Äußerungen gelegentlich Respekt gegenüber anderen Kulturen vermissen – Sie wissen, wen ich meine.
Menschenwürde, die Gleichheit von Mann und Frau, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Religions- und Meinungsfreiheit – das sind natürlich die Werte unseres Grundgesetzes. Darauf können wir uns natürlich einigen und die Anerkennung unseres Grundgesetzes durch alle Mitbürge
rinnen und Mitbürger – egal, ob sie Deutsche oder Nichtdeutsche sind – erwarten; von Abgeordneten kann man das genauso erwarten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die eine oder andere religionspolitische Diskussion, die hart an der Grenze war, meine Damen und Herren.
Zur Regierungserklärung. Herr Hahn, ich hatte schon erwartet, dass Sie etwas Substanz liefern würden. Vielleicht bin ich da ein bisschen naiv, indem ich denke, Sie sind Integrationsminister und wollen hieran ernsthaft etwas gestalten. Aber Sie belehren mich immer wieder eines Besseren und enttäuschen mich. Daher verstehe ich nicht, was das soll. Sie könnten mir doch einmal den Gefallen tun und beispielsweise sagen: Wir haben Integration messbar gestalten können, Ziele formuliert und Folgendes erreicht. – Leider stellen Sie sich aber nur hierhin, loben sich selbst und haben keine Ahnung von der Realität der Menschen dort draußen, die dringend Unterstützung brauchen.
In der Integrationspolitik haben Sie keine klaren Ziele formuliert. Diese Ziele sind unserer Meinung nach auch nicht messbar. Sie sind beispielsweise stolz darauf, dass sich die Erwerbsquote der Menschen mit Migrationshintergrund seit 2005 um 3 % erhöht habe, und Sie erzählen außerdem, dass die Quote der Ausländerinnen und Ausländer bei der Arbeitslosenzahl um 7 % gefallen sei. Ich muss ehrlich sagen, dass Sie hierbei Äpfel mit Birnen vergleichen. Sie wissen ganz genau, dass ausländische Menschen nicht Menschen mit Migrationshintergrund entsprechen. Wenn Sie uns Erfolge oder Zahlen aus dem Integrationsmonitor präsentieren wollen, dann müssen Sie zuvor die Begrifflichkeiten klären, damit wir wissen, was Sie womit vergleichen, statt ein Chaos zu veranstalten, wie Sie es gerade mit diesen Begrifflichkeiten getan haben. Das geht an der Realität vieler Menschen vorbei.
In der Enquetekommission erfahren wir immer wieder, dass Menschen mit Migrationshintergrund um das 3,5-Fache mehr vom Armutsrisiko betroffen sind. Wir erfahren dort, dass Menschen mit Migrationshintergrund in überproportionalem Maße im Niedriglohnsektor beschäftigt und einem hohen Risiko der Altersarmut ausgesetzt sind. Sie stellen sich hierhin, loben irgendwelche Zahlen und sagen uns überhaupt nichts zu dem detaillierten Hintergrund. Anhand Ihrer Zahlen können wir auch nicht feststellen, ob sich die Situation der Menschen wirklich verbessert hat oder ob Sie hier nur Lobhudeleien betreiben; das kann man sich auch sparen.
Wenn wir uns die Zahl der Menschen ansehen, die in den „Modellregionen Integration“ – Stichwort: sechs Kommunen arbeiten sehr fleißig an bestimmten Konzepten – löblich erwähnt worden sind, zeigt sich, dass die Modellregionen in der Tat viel gemacht haben. Allerdings gestalten die Modellregionen Integration – wenn sie dieses Thema ernst nehmen – schon seit mindestens 20 Jahren in ihren Städten und Kommunen aktiv; natürlich ist das so. Angesichts der gesammelten Erfahrungen haben sie uns Abgeordneten aber immer wieder mitgeteilt, dass sie eine strukturelle Finanzierung brauchen, dass sie die Integration auf gesicherte Füße stellen wollen, um nachhaltig gestalten zu können – Antworten dazu sind Sie auch nach diesem Projekt schul
dig geblieben. Das Einzige, was Sie uns verkaufen wollen, ist das WIR-Projekt. Seit letzter Woche, als es in der Integrationsmodellregionabschlusskonferenz vorgestellt worden ist, habe ich in Ihrem Ministerium nach gescheiten Konzepten gesucht und geforscht, bekomme aber keine Antwort. Die einzige Information ist, dass Sie etwas machen wollen und dass es eine Anschlussförderung von Projekten geben soll – aber das sind wieder Einzelprojekte, nicht aber eine nachhaltige Unterstützung der Kommunen vor Ort, die beim besten Willen viel, viel mehr Erfahrung haben, als Sie in Ihrem Ministerium und Sie als Minister vorgeben können.
Daher ist es wichtig für mich, dass Sie einfach einmal die Ziele formulieren. Wann wollen Sie damit anfangen, die Integrationsarbeit vor Ort nachhaltig zu organisieren? So wie ich Sie verstehe, wollen Sie es gar nicht mehr machen. Ihrer Regierungserklärung entnehme ich, dass Sie die Arbeit anderen übergeben wollen. Dazu sage ich noch einmal, dass wir diese Arbeit gern weiter fortführen würden, weil die Menschen dort draußen definitiv etwas anderes verdienen und auch erwarten. Darum wird es Zeit, endlich von dieser Projektitis wegzukommen und gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept auf die Beine zu stellen, wie man Integration strukturell und nachhaltig fördern kann.
Zur politischen Partizipation. Sie sind als Integrationsminister in verschiedenen Bundesgremien unterwegs und sitzen auch in einer Integrationsministerkonferenz. Nun ist es so, dass diese Integrationsministerkonferenz bestimmte Beschlüsse fasst. Die letzte Integrationsministerkonferenz – die achte, am 21. März 2013 – hat den Beschluss gefasst, die Optionspflicht aufzuheben und dass Einbürgerung erleichtert werden soll, indem man Mehrstaatigkeit hinnimmt. Der einzige Minister, der sich hierbei kraftvoll enthalten hat, ist unser Minister Hahn.
Es ist eine Wiederholung, dass Sie sich in der Integrationspolitik total isolieren. Es ist auch eine Wiederholung, dass man sich in Hessen für Sie fremdschämen muss – das muss ich so sagen –, weil Sie die Realität dieser jungen Menschen entweder einfach nicht anerkennen und akzeptieren. Oder Sie sind so überheblich, dass Sie sich mit diesen Dingen überhaupt nicht auseinandersetzen wollen, und das ist umso schlimmer.
Diese Menschen haben wahrhaft ein Problem. Wenn sie die Hinnahme der Mehrstaatigkeit nicht erlaubt bekommen, werden sie Deutsche auf Zeit sein. Das heißt, 2013 werden rund 3.000 Menschen optieren müssen. Wenn sie sich nicht rechtzeitig in der Optierung entscheiden – wie eine junge Dame aus Hanau –, kann es sein, dass sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren werden. Das heißt, sie war quasi über Jahre hinweg bis zu ihrem 23. Lebensjahr Deutsche auf Zeit. Das ist eine Zumutung.
Die Hälfte der Menschen, die in Hessen – beispielsweise im Jahr 2011 – die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben, durfte ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft ohnehin erhalten. Das heißt, 50 % der Menschen in Hessen sind bereits Mehrstaatler und haben keinen Loyalitätskonflikt.
Wie viele andere Menschen haben weder Herr Al-Wazir noch Herr Omid Nouripour ein Loyalitätsproblem; ebenso wenig mein Mann, der ganz legal beide Staatsbürgerschaften hat behalten dürfen, nämlich die der Mutter und des Vaters. Diese Menschen haben kein Loyalitätsproblem in diesem Land. Sie konstruieren etwas, was meiner Meinung nach nicht hinnehmbar ist.
Sie verkennen die Realität dieser jungen Menschen, die sich als transkulturell, als transnational verstehen. Sie verstehen sich nicht als entweder Deutsche oder Jemeniten, Iraner oder Türken, sondern sie fühlen sich in beiden Kulturen heimisch, weil sie aus beiden Kulturen stammen. Von daher geht das, was Sie hier konstruieren, an der Realität dieser Menschen vorbei. Es ist vor allem auch von der Bürokratie her nicht haltbar.
Wir haben im Jahre 2000 genau diese Entwicklung prophezeit. Wir haben als GRÜNE gesagt: Das, was Sie als Kopfgeburt aufgrund eines Kompromisses im Bundesrat zustande bringen, wird nicht funktionieren. Das werden wir im Jahr 2013 sehen. – Jetzt sind wir da, es funktioniert nicht, und Sie tun auch noch so, als ob es ein Erfolg von Ihnen sei, dass durch Sie und die Optionsregelung überhaupt eine Staatsbürgerschaft nach Geburtsland möglich sei.
Meine Damen und Herren, das ist ein Affront. Damit nehmen Sie die Menschen nicht ernst, die mit dieser Realität umgehen müssen.
Von daher haben Sie heute die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen. Wir haben extra einen Antrag gestellt, um der Landesregierung bzw. den Fraktionen in diesem Landtag die Möglichkeit zu geben, diesen Irrweg aufzugeben. Wir haben Ihnen die Möglichkeit gegeben, durch Unterstützung unseres Antrags endlich integrationspolitisch zu den Realitäten zurückzukehren und sich nicht den Problemen, die jetzt schon entstanden sind, zu verweigern. Denn eine Verweigerungshaltung, wie Sie sie betreiben, ist unserer Meinung nach integrationshindernd, hat nichts mit einer Willkommenskultur zu tun. Sie hat auch nichts mit der Anerkennung und Wertschätzung der Realität dieser Menschen zu tun.
Als Nächstes komme ich zum islamischen Religionsunterricht. Da loben Sie sehr Ihre Leistungen. Ich möchte es hier gerne bei dem Zitat von Helmut Kohl belassen, der sagte: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Was ist hinten herausgekommen? Nach 15 Jahren Diskussion über den islamischen Religionsunterricht ist bei Ihnen die Einführung an 25 Grundschulen als Modellprojekt in Hessen herausgekommen. Ich sage Ihnen, warum mich das bestürzt und sehr erbost.
Die ehemalige Ministerin Henzler hat hier am Pult angegeben, dass es in Hessen rund 60.000 muslimische Schülerinnen und Schüler gibt. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Schülerinnen und Schüler nach 1999 eingeschult worden sind und jetzt kurz davor sind, die Schule zu verlassen, dann müssen wir feststellen, dass diese muslimischen Schülerinnen und Schüler nichts, aber auch gar nichts im Unterricht über ihre Religion erfahren haben. Diese Schülerinnen und Schüler werden jetzt als eine Schulgeneration die Schulen verlassen und haben nichts mitbekommen, wie
sie ihre Religion auf Deutsch verstehen und auslegen können.
Was Sie jetzt vorschlagen, sind 25 Grundschulen mit maximal 25 Schülern in einer Klasse. Wenn es hochkommt, sind es vielleicht zwei Klassen pro Schule. Wenn man hochrechnet, wären das ungefähr 625 Schülerinnen und Schüler, die in den Genuss dieses Unterrichts kämen. Wenn wir großzügig zählen, sind es vielleicht 1.000 Kinder. Bei 60.000 Schülern haben Sie 600 bis 1.000 Kindern die Möglichkeit gegeben, in der Grundschule einen Religionsunterricht zu beginnen. Das ist etwas über 1 %. Das versuchen Sie uns als Erfolg zu verkaufen? Das ist doch nicht Ihr Ernst. Wo sind wir hier?
Der Kollege Tipi warnt hier die ganze Zeit vor der Gefahr durch die Salafisten, durch die Islamisten. Herr Tipi, dann bieten Sie den Leuten doch etwas in der Schule an. Was ist Ihr Konzept?
Wir werden hier mit der Grundschule als Modellprojekt anfangen. Wann wir überhaupt in die weiterführenden Schulen kommen, wissen wir überhaupt nicht. Das heißt, diese jungen Menschen, die sich über ihre Religion informieren wollen, informieren sich über abwegige Internetforen, erfahren dort nicht das Wahre über den Islam, werden fehlgeleitet von irgendwelchen konvertierten deutschen jungen Männern, die Sie nirgendwohin abschieben können – einen Pierre Vogel werden Sie nirgendwohin abschieben können –, orientieren sich an ihnen, radikalisieren sich und versuchen, Anschläge zu verüben.
Auf diese Frage haben Sie keine Antworten gegeben. Sie versuchen stattdessen, sich für die 25 Schulen zu loben. Das machen wir nicht mit. Denn das ist eine Verarschung, mit Verlaub, der Jugendlichen, die auf eine Antwort warten.
Ich korrigiere das. Ich finde, dass man damit
ja, Verhohnepipelung – die Situation der jungen Menschen nicht ernst nimmt.
Wir GRÜNE haben schon 2011 vorgeschlagen, dass man eine Integrationsarbeit so organisiert, dass es mit einem Konzept geschieht, dass man dazu Ziele formulieren muss, dass man dazu regelmäßig beispielsweise Integrationskonferenzen machen muss, und zwar mit Zielvereinbarungen und nicht so, wie Sie es uns vorgestellt haben. Ich war bei beiden Integrationskonferenzen dabei und habe jedes Mal darauf gewartet, dass es einen konkreten Vorschlag gibt, wie man Menschen stärker in den Arbeitsmarkt integriert, wie man junge Menschen, bevor sie die Schule abbrechen, stärker in den Schulen begleitet, wie man die Ausbildungs
quote bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund erhöht.
In all diesen Fragen haben Sie uns keine Antwort gegeben. Auch was die Anerkennung der ausländischen Abschlüsse angeht, weil es hier um Fachkräftemangel geht, haben wir als GRÜNE gesagt: Wenn Sie es ernsthaft und vernünftig machen wollen, müssen Sie die Menschen bei der Nachqualifizierung und Weiterqualifizierung unterstützen. Sie müssen dafür sorgen, dass die Deutschkurse berufsbezogen ausgelegt werden. – Da haben wir keine Antwort von Ihnen.
Was die Schulen betrifft, müssten Sie sich mit der Kultusministerin zusammensetzen und über Schulsozialarbeit reden; denn das sind die drängenden Fragen, die die Schulen haben. Sie wissen nicht, wie sie nach 2013 Schulsozialarbeit organisieren sollen. Da ziehen Sie sich zurück und versuchen, uns mit einer Selbstloberei einzuwickeln. Aber das wird nicht funktionieren.
Zur Aufhebung der Residenzpflicht. Wir GRÜNE haben versucht, das Integrationsthema so zu diskutieren, dass wir auch an Menschen denken, die keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben. Wir reden darüber, dass man ihnen hier die Möglichkeit der Teilhabe geben muss. Wenn wir aber über die Arbeitsmarktintegration von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus sprechen, versuchen wir, sie mit allen Mitteln daran zu hindern, dass sie in den Arbeitsmarkt integriert werden. Deswegen glaube ich – ich möchte beim Kollegen Merz andocken –, dass die Residenzpflicht, wie sie hier gelöst worden ist, langfristig nichts bringen wird. Wir müssen versuchen, mit anderen Bundesländern, zumindest mit den Nachbarbundesländern, einen umfassenden Weg zu finden, wie wir die Residenzpflicht ausweiten können.
Langer Rede kurzer Sinn: Wenn Sie Integration ernsthaft gestalten wollen, dann ist wichtig, dass Sie klare Ziele formulieren. Dann ist es wichtig, dass Sie Menschen die politische Partizipation nicht verweigern. Dazu, sagen wir GRÜNE, ist die Hinnahme der Mehrstaatigkeit ein enorm wichtiger Faktor. Nur so können wir die Einbürgerung erleichtern. Nur so können wir den Menschen die Möglichkeit geben, vollwertige Staatsbürger dieses Landes zu sein.
Herr Minister Hahn, ich glaube, Sie sollten sich eher an der Bundes-FDP orientieren als an Ihren Irrwegen. Das zeigt, dass Ihre Umfragewerte überhaupt nicht gut sind. Das zeigt, dass Sie mit einem sehr schwachen Ergebnis gewählt werden. Sie müssen sich fragen, ob das an Ihnen liegt und daran, dass Sie die Glaubwürdigkeit, die Sie immer verkaufen, nicht einhalten können.
Von daher glaube ich, dass es wichtig ist, dass wir im Lande Hessen endlich dafür kämpfen, Mehrstaatigkeit hinzubekommen, dass wir im Lande Hessen dafür kämpfen, einen islamischen Religionsunterricht flächendeckend zu organisieren. Wir müssen ganz schnell dahin kommen, dass wir auch an den weiterführenden Schulen ein Angebot schaffen, damit junge Menschen mit ihrer Identität nicht in Konflikte getrieben werden, sondern damit junge Menschen ganz klar und friedlich mit ihren verschiedenen Kulturen in diesem Land existieren können. Von daher haben Sie heute die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen und endlich zur Realität der Integrationspolitik zurückzukehren.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie diesem Hinweis folgen werden. Aber wenn nicht, müssen Sie wis
sen: Das geht mit Ihnen nach Hause. Diese Art der Integrationspolitik, wie Sie sie betreiben, nämlich unglaubwürdig, nimmt Ihnen keiner mehr ab. Die Menschen mit Migrationshintergrund und auch die türkischstämmigen Menschen haben ein sehr gutes Gedächtnis. Sie wissen ganz genau, was 1999 hier gemacht worden ist, dass mit einer ausländerfeindlichen Wahlkampagne die Wahlen gewonnen worden sind und dass Sie, Herr Hahn, bei dieser Politik Herrn Koch ein willkommener Steigbügelhalter waren und niemals ein ernsthafter Integrationspolitiker. Das werden die Menschen wissen. Das werden sie Ihnen hoffentlich auch am 22. September zollen. – Herzlichen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank für die richtige Aussprache meines Namens. Der Hessische Landtag wird immer interkultureller dank Grün, deswegen nehme ich das jetzt einmal so zur Kenntnis. Herzlichen Dank.
Es ist der vierte Petitionsbericht, den wir hier mit Ihnen diskutieren bzw. Ihnen vorstellen. Die Obleute im Petitionsausschuss sind immer sehr bemüht, in den Einzelfällen sachorientiert am dem Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Das wiederholen wir jedes Jahr neu; denn es ist wirklich der einzige Ausschuss, an den sich die Menschen in Hessen direkt wenden können.
Es ist noch einmal festzuhalten, dass wir als GRÜNE gern möchten, dass der Petitionsausschuss bürgerfreundlicher, bürgernäher und mit niedrigen Hürden leicht erreichbar ist. Wir möchten auch, dass Onlinepetitionen, aber auch die öffentliche Übergabe von Petitionen aufrechterhalten werden; denn wir wollen transparent und bürgernah sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist unser Verständnis von einer Politik, die sich am Bürger orientiert.
Ich erwähne es ausdrücklich, weil wir in den letzten Jahren immer wieder hier gestanden und darüber geredet haben, wie wir das Petitionsrecht publiker machen und den Bürgerinnen und Bürgern näherbringen können, sodass diese auch von ihrem Grundrecht Gebrauch machen. Dazu wurden verschiedene Aktivitäten unternommen. Jedes Jahr werden auf den Hessentagen öffentliche Veranstaltungen durchgeführt. Immer wieder halten wir hessenweit Bürgersprechstunden ab und versuchen, den Bürgerinnen und Bürgern dort zu zeigen, dass sie sich an ihren Volksvertreter wenden können. Wir versuchen, dort klar zu machen, dass es einen Landtag, ein Parlament, Ausschüsse, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die sich an den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und sich ihrer annehmen.
Das erste Mal in diesem Jahr haben wir keinen Rückgang, sondern eine Zunahme von Petitionen zu verzeichnen. Immer mehr Menschen wenden sich in Form von Sammeloder Massenpetitionen an uns. Beispiele dafür waren der Fluglärm, G 8/G 9 oder die Nassauische Heimstätte. Wir haben nicht verstanden, warum diese Menschen ihre Petition nicht öffentlich an den Hessischen Landtag übergeben sollen, meine Damen und Herren.
Wir als GRÜNE möchten hier gern eine andere Regelung finden. Wir möchten gern Schaden vom Hessischen Landtag abwenden. Wir möchten nicht, dass der Eindruck entsteht, die Petitionen und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger seien uns lästig. Wir wollen nicht den Eindruck entstehen lassen, wir seien bürgerfern, im Gegenteil. Deswegen ist es uns wichtig, dass wir in der Übergabe der öffentlichen Petitionen eine andere, bürgernahe Regelung finden. Ich hoffe, dass wir da interfraktionell einen neuen Weg finden. So, wie es jetzt ist, ist das Ganze meiner Meinung nach schädlich und nicht der Sache dienlich, meine Damen und Herren.
An dieser Stelle möchte auch ich meinen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschusses übermitteln. Sie sind eben schon namentlich aufgeführt worden, ich möchte sie nicht noch einmal wiederholen. Ich möchte aber sagen, dass sehr viel Arbeit in einem Petitionsausschuss steckt und dass sehr viel Arbeit sowohl vonseiten der Abgeordneten, aber auch vonseiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet wird.
Wenn wir es dann nicht schaffen, beispielsweise durch die Einführung von Onlinepetitionen niedrigere Hürden zu erreichen oder durch eine Geschäftsordnungsänderung – was fraktionsübergreifend gewollt war – eine Petition ohne Unterschriften in Form einer E-Petition im Rahmen von E-Democracy zu ermöglichen, dann ist sowohl die Arbeit der Mitglieder im Ausschuss als auch die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien nicht ausreichend gewürdigt. Daher appelliere ich noch einmal an alle, hier wirklich die notwendigen Veränderungen einzuführen. Wir sind bundesweit von den 16 Bundesländern das einzige, das keine E-Petitionen bzw. Onlinepetitionen hat. Es wird Zeit, dass wir wieder modern und offen sind, meine Damen und Herren.
Ich will noch kurz ein Wort zu Ausländerpetitionen sagen. Meine Vorrednerin hat bereits ausgeführt, dass die Petitionen im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen seien. Im Zeitraum 2001 bis 2002 zählten rund 65 % der eingereichten Petitionen zu den Ausländerpetitionen. Sie hatten einen Hintergrund, bei dem es um aufenthaltsrechtliche Maßnahmen ging. Wenn wir uns die Zahlen von 2011 bis 2012 anschauen, sind es nur noch rund 17,8 %. Das heißt, ein Großteil derer, die sich mit aufenthaltsrechtlichen Anliegen an den Landtag wenden, hat sich auf anderem gesetzlichen Wege beholfen. Das finden wir gut.
Wir stellen aber auch fest, dass auf Bundesebene immer noch andere Regelungen gefunden werden müssen. Beispielsweise gibt es zahlreiche junge Menschen, die hier jahrelang geduldet werden und keine Möglichkeit haben, einen Ausbildungsplatz anzunehmen, weil sie sonst kein Aufenthaltsrecht bekämen. Das sind Einzelfälle, die wir gern anders regeln würden. Ich hoffe, dass wir auf Bundesebene eine andere gesetzliche Möglichkeit dazu finden.
Was die Roma-Petitionen betrifft, haben wir wohl sehr viele unterschiedliche Einzelfälle. Wir haben Familien, die schon einmal in Deutschland gelebt und einen Bezug zu Deutschland haben. Dann muss man sich genauer ansehen, wie das Schicksal dieser Menschen in Europa aussieht. In solchen Fällen raten wir dazu, sachorientiert zu bleiben und nicht in die Polemik abzudriften, wie es Menschen außerhalb des Landtags manchmal machen. Ich finde es wichtig, dass wir als Petitionsausschuss konsensorientiert weiterarbeiten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. – Herzlichen Dank.
Herr von Zech, ich will nur festhalten: In der Anhörung ist doch, auch von uns, klar gemacht worden, dass bei den Muslimen der Transport des Leichnams zum Friedhof niemals sargfrei stattfindet. Mich hat es in der Anhörung sehr gestört, mitzubekommen, dass die Fachleute anscheinend gar keine Ahnung hatten. Dass Sie genau diesen Punkt hier erwähnen, finde ich sehr problematisch.
Nach Ihrem Vorschlag sollen die Muslime, wenn Sie eine anerkannte Glaubensgemeinschaft sind, eigene Grabfelder einrichten oder von mir aus sogar eigene Friedhöfe betreiben. Wir denken dabei doch eher an die Integration. Das bedeutet, den Menschen muslimischen Glaubens die Möglichkeit zu geben, sich auf den vorhandenen Friedhöfen bestatten zu lassen. Von daher ist das eine falsche Darstellung. Das möchte ich korrigieren.
Muslimische Menschen haben ihre Toten nie sargfrei zum Friedhof transportiert, sondern immer in einem Sarg. Wenn der Leichnam in ein 3 m langes Leinentuch eingewickelt ist, sind auch Umweltschäden ausgeschlossen. Von daher muss das hier richtig dargestellt werden. Alles andere hat nichts mit der Realität zu tun. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Ich möchte gerne das Haus daran erinnern, dass wir hier zwar zu einem Setzpunkt der LINKEN reden, weswegen wohl manche Fraktionen meinen, sie könnten hinausgehen.
Aber es geht inhaltlich darum, dass wir über ein Bundesverfassungsgerichtsurteil sprechen wollen, in dem ganz klar ausgesagt wird, dass die Menschenwürde in Deutschland als eine Menschenwürde für alle Menschen gilt und nicht nach Aufenthaltsstatus oder Staatsbürgerschaft unterschieden wird. Es geht um unser Grundgesetz. Von daher ist es wichtig, dass alle anwesend sind.
Ich finde es einfach famos, wenn wir als Parlamentarier, die die Demokratie und die Menschenwürde hochhalten wollen, damit umgehen, wenn es Menschen in unserem eigenen Land trifft. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Jahr eindeutig zum Thema Asylbewerberleistungsgesetz geurteilt. Was heute in der Debatte zur Sprache kommen soll, ist, was die Konsequenzen aus diesem Bundesverfassungsgerichtsurteil sind und wie sich die Landesregierung dafür einsetzen kann, dass Konsequenzen aus dem Urteil gezogen werden – nicht mehr, nicht weniger. Von daher bitte ich Sie um ein wenig mehr Respekt auch für die Betroffenen, die zu Tausenden draußen stehen, protestiert haben und von uns ein bisschen Respekt verlangen.
Von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchten wir die Zeit und die Debatte heute nutzen, um Forderungen, die wir seit
Jahren auch auf der Bundesebene gestellt haben, hier zu wiederholen, nachdem das Bundesverfassungsgericht über die Asylbewerberleistungshöhe und über die Frage geurteilt hat, ob die Menschenwürde von Geduldeten und Flüchtlingen die gleiche Menschenwürde wie von HartzIV-Empfängern und anderen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land ist. Das ist schon etwas Einschlägiges, und wir müssen daraus Konsequenzen ziehen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrem Dringlichen Antrag heute einen Vorschlag gemacht, welche Konsequenzen daraus gezogen werden müssten. Wir fordern in unserem Antrag, dass Sie sich, liebe Landesregierung und Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungsfraktion, auf Bundesebene dafür einsetzen, dass sowohl das Asylbewerberleistungsgesetz, aber auch die Residenzpflicht bundesweit abgeschafft werden, denn die Bewegungsfreiheit von Geduldeten und Flüchtlingen kann bundesweit nicht so eingeschränkt werden, wie es europaweit derzeit einzig in Deutschland geschieht.
Wir wollen auch, dass Sie sich dafür einsetzen, dass der Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für geduldete Menschen und Flüchtlinge eröffnet wird, damit diese Menschen auch die Möglichkeit haben, zu arbeiten, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern und ein menschenwürdiges Leben zu leben, meine Damen und Herren.
Wir fordern Sie auf, sich dafür einzusetzen, dass auf Bundesebene der Zugang für diese Personengruppe zu den Integrationskursen ermöglicht wird – von mir aus nach einer bestimmten Mindestaufenthaltszeit. Wenn wir uns die Situation vor Ort anschauen, können wir es uns nicht leisten, diese Menschen von Integrations- und Sprachkursen auszuschließen. Das wissen zumindest meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Petitionsausschuss und, wenn wir ehrlich sind, auch aus der Härtefallkommission. Es gibt zahlreiche Einzelfälle, in denen wir merken, wie das Leben eines jungen Menschen hätte anders gestaltet werden können, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, zu arbeiten oder zumindest eine Ausbildung aufzunehmen.
Deswegen fordern wir Ehrlichkeit in dieser Debatte. Wir fordern in dieser Debatte realistische Antworten. Wir können das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht einfach ignorieren, indem wir mit einem Gesetz auf Bundesebene nur den Satz im Asylbewerberleistungsgesetz erhöhen. Wir kommen nicht umhin, es schon allein aus finanzpolitischen Gründen abzuschaffen. Denn wenn das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft wäre und diese Personengruppe in die Leistungen nach Hartz IV integriert wäre – da geht es um das Sozialgesetzbuch XII und das Sozialgesetzbuch II –, dann würde der Bund natürlich für die Kosten herhalten müssen. Wir würden eine maßgebliche Erleichterung bzw. eine maßgebliche – jetzt fällt mir das Wort nicht ein –
Entlastung, genau, des Landeshaushalts und auch der Haushalte der Kommunen erreichen.
Man kann sich, Land auf, Land ab, die Situation der Kommunen anschauen. Sie gehen alle unter den kommunalen
Schutzschirm. Auf der anderen Seite sind Sie aber für die Unterbringung und für die Versorgung der Asylbewerber zuständig.
Wir sollten diesen Kommunen eine realistische Möglichkeit geben, ihre Aufgaben wahrzunehmen, nämlich die schutzsuchenden Personen menschenwürdig unterzubringen, sie medizinisch zu versorgen und sie mit Integrationsund Deutschkursen in die Gesellschaft einzuführen. Da können wir die Kommunen nicht alleine auf den Kosten sitzen lassen. Auch deswegen gilt es, das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und diese Personengruppe in Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern aufzunehmen.
Sie, die Mitglieder der Landesregierung, haben die Möglichkeit gehabt, im Bundesrat Ihre Meinung kundzutun. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen sich hier nicht gleich hinstellen und sagen werden, das seien alles Bundesgesetze, die können wir gar nichts ändern.
Doch, Sie können sehr viel ändern. Sie, die Mitglieder der Landesregierung, haben zuletzt am 23. November 2012 im Bundesrat die Möglichkeit gehabt, einer Initiative BadenWürttembergs, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalens zuzustimmen, die genau das gefordert haben, nämlich die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Leider ist diese Initiative nicht durchgekommen, weil sich unter anderem auch Hessen an dieser Initiative nicht beteiligt und sie auch nicht unterstützt hat. Meine Herrschaften, das ist keine verantwortungsvolle Politik, schon gar nicht gegenüber den Kommunen und den Betroffenen.
Wir haben im Oktober 2012 die Diskussion darüber geführt, dass die Zahl der Asylanträge in Deutschland enorm gestiegen ist. Die Antwort sowohl des Innenministers als auch des Bundesinnenministers darauf, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien gestiegen ist, war, die Visafreiheit aufzuheben.
Jetzt frage ich Sie: Wenn man an das europäische Recht und an die europäische Integrationspolitik denkt, ist es dann die richtige Antwort, diesen Menschen aus den zwei Ländern, die ganz nah an die Europäische Union herangeführt werden sollen, zu erzählen: „Jetzt kommen eure Roma und Sinti, deswegen wollen wir die Visafreiheit für euch gänzlich abschaffen“? Ist das die europapolitisch richtige Antwort? Meiner Meinung nach ist sie es nicht.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, wenn man die Asylbewerberunterkünfte und die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen besucht, dann erkennt man, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran und aus Afghanistan immer noch weitaus höher ist. Es sind immer noch diese Menschen, die ganz dringend darauf warten, dass ihre Asylanträge beschieden werden.
Leider müssen wir feststellen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den letzten Jahren sein Personal abgebaut hat. Es hat die Mittel stärker in die Abteilung für
die Integrations- und Deutschkurse verlegt. Dafür werden die Asylanträge langsamer bearbeitet.
Jetzt gibt es auch noch die Ansage, dass die Anträge der Sinti und Roma aus Serbien und Mazedonien vorrangig geprüft werden sollen. Das hat die Konsequenz, dass viele Flüchtlinge aus Syrien, die eine hohe Chance auf Anerkennung haben, viel länger auf eine Entscheidung über ihre Anträge warten müssen. Das kann meiner Meinung nach nicht die Antwort sein. Auch hier ist die Landesregierung gefragt, mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine andere Situation zu erreichen.
Deswegen geben wir, die Mitglieder des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Ihnen die Möglichkeit, unserem Dringlichen Antrag zuzustimmen. Damit haben Sie die Möglichkeit, Ihre Unterstützung kundzutun.
Beispielsweise haben wir in unserem Dringlichen Antrag auch gefordert, dass das Arbeitsverbot für diese Asylbewerber aufgehoben wird. Das entspricht meines Wissens einer Äußerung, die auch Herr Greilich irgendwann einmal getan hat.
Die Frage ist: Äußern Sie das nur in der Presse, oder sind Sie auch bereit, entsprechend zu handeln? – Wir geben Ihnen mit unserem Dringlichen Antrag die Möglichkeit, Ihre politische Position kundzutun. Da es um unser Grundgesetz und auch um die Menschenwürde geht, würde ich Ihnen sehr empfehlen, unseren Dringlichen Antrag zu unterstützen. Damit käme Realität in die Debatte. Dann hätten diese Menschen die Möglichkeit, bei uns Schutz zu suchen. Sie hätten aber auch die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Sie wären dann nicht in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und könnten vor allen Dingen auch menschenwürdig leben.
Meine Damen und Herren, hier haben Sie die Möglichkeit. Stimmen Sie unserem Dringlichen Antrag zu. Halten Sie die Menschenwürde und unser Grundgesetz hoch. – Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Schwerpunkt unserer Rede auf den Integrationsteil und die Integrationsarbeit der Landesregierung setzen. Denn das ist genau der Teil, in dem, wie auch der Kollege Müller gerade ausgeführt hat, Herr Hahn alles erledigen und alles gut machen würde. Wir sind anderer Meinung. Das möchte ich hier auch gleich kundtun.
Nicht direkt „ei, ei, ei“. Hören Sie sich das Ganze einmal an.
Wir haben den Doppelhaushalt 2013/2014 vorliegen. Wenn die Landesregierung die Arbeit, die Integrationspolitik oder auch ihre Europapolitik ernst nehmen würde, dann
müssten im Haushalt maßgebliche zukunftsweisende und innovative Projekte zu finden sein. Ein Blick in den Haushalt zeigt aber ganz deutlich: Fehlanzeige. Sie machen weiter wie bisher. Sie lassen nach wie vor die Kommunen, die zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen, die Vereine und die Landkreise arbeiten. Was Sie machen, ist, mit Projektgeldern den einen oder anderen sehr gut gemeinten und vor Ort funktionierenden Auftrag zu unterstützen. Aber Sie machen klar, für Sie ist Integration immer noch ein Projekt. Es ist nämlich keine nachhaltige und keine strukturelle Aufgabe der Landesregierung. Sie schieben das von sich weg. Das finden wir nicht in Ordnung.
Sie sind hier als Integrationsminister angetreten, der gern die Integration als Querschnittsaufgabe durch die verschiedenen Ministerien durchdeklinieren möchte. Sie haben bei den Leuten sehr viele Erwartungen geweckt, dass Sie endlich versuchen wollen, mit Überzeugung und einer neuen innovativen Art die Integration nach vorne zu bringen. Leider müssen wir aber sagen, dass sowohl die vorherige Landesregierung als auch die jetzige Landesregierung in Kooperation mit der FDP seit 13 Jahren beim Thema Integration keine innovativen Schritte nach vorne gegangen ist und stattdessen Stillstand zeigt und andere arbeiten lässt.
Im Jahr 2011 – ich schaue in die Zahlen – hatten Sie 1,2 Millionen € für Integration angesetzt. Im Jahr 2013 sollen das 1,3 Millionen € und im Jahr 2014 3,1 Millionen € sein. Sie meinen, mit mehr Geld können Sie mehr machen.
Aber ich finde, das ist fatal; denn mit mehr Geld und ohne Ideen und ohne Konzepte macht man noch lange keine Innovation.
Nein, wir haben von Ihnen nie gefordert, dass Sie immer nur mehr Geld einstellen sollen, sondern wir haben von Ihnen Konzepte gefordert. Wir haben von Ihnen eine Idee gefordert. Wir haben von Ihnen eine Schwerpunktsetzung gefordert. Herr Hahn, die fehlt bis heute. Das müssen Sie sich schon anhören. So einfach geht das auch nicht.
Wahllos Geld ausgeben: Das ist das, was diese Landesregierung kann. Nach außen hin möchte sie immer suggerieren, sie sei die Regierung, die wirtschaften könne, sie sei die Regierung, die mit Zahlen umgehen könne. Was stellen wir stattdessen fest? Sie ist erschöpft. Sie ist ideenlos. Sie möchte abgewählt werden. Das werden wir hoffentlich im Jahr 2014 erreichen.
Es ist nicht alles schlecht, was Sie angefangen haben.
Wir haben es begrüßt, als Sie im Jahr 2009 die Integrationskonferenz einberufen haben. Wir als GRÜNE haben es begrüßt, dass Sie gesagt haben: „Wir möchten den islamischen Religionsunterricht einführen.“ Wir haben es auch begrüßt, dass Sie gesagt haben: „Wir möchten mit Modellregionen vor Ort schauen, was die besten Projekte sind.“ Wir haben aber auch von vornherein gesagt: Wenn Sie
ernsthaft erfolgreich sein wollen, dann müssen Sie vorlegen, was z. B. die Kommunen vor Ort brauchen, wie sie unterstützt werden können. – Wir haben bald das Jahr 2013. Sie wollen immer noch nicht sagen, wie Sie die Kommunen vor Ort unterstützen wollen, damit eine interkulturelle Öffnung stattfinden kann. Sie haben immer noch keine Antwort darauf, wie beispielsweise mehr Menschen mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung angestellt werden können.
Integration durch Arbeit und Integration durch Bildung, das sind wichtige Themen, die Sie in Ihrer Integrationskonferenz selbst genannt haben. Was Sie aber nicht nennen, ist, wie Sie dieses Ziel erreichen können. Meine Damen und Herren, das kann doch nicht ernst gemeinte Integrationspolitik sein.
Zu der Einführung des islamischen Religionsunterrichts haben wir von vornherein gesagt: „Wer den Willen hat, muss auch handeln.“ Wir sind bald im Jahr 2013 angekommen. Sie kündigen ständig die Einführung des islamischen Religionsunterrichts an, aber wir sehen noch keine konkreten Schritte. Sie bewerten noch immer die Gutachten der Gutachter und können uns immer noch nicht sagen, wann wir endlich damit beginnen können. Ich muss sagen, Sie sind kein Integrationsminister, sondern Sie sind ein Integrationsbehauptungsminister.
Damit können Sie die Menschen draußen nicht hereinlegen. Das ist ein Für-dumm-Verkaufen der Wählerinnen und Wähler. Das muss ich leider so sagen. Wenn diese Landesregierung keine eigenen Ideen hat, wenn sie erschöpft ist, wenn sie verbraucht ist, dann wünschen wir uns, dass sie den Laden endlich verlässt, damit es andere machen können, die es wollen und die es auch besser können. Die Wählerinnen und Wähler werden es Ihnen zeigen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat heute bewusst das Thema der Einführung des islamischen Religionsunterrichts ohne Verzögerung zum Setzpunkt gemacht, weil wir der Meinung sind, dass wir hier nach wie vor eine klare Positionierung und eine klare Aussage der Koalitionsfraktionen brauchen, denn das sind wir den Menschen draußen schuldig.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einer Nachrichtenanzeige aus der „Welt“ beginnen, die Frau Merkel ihren CDU-Mitgliedern im Rahmen einer Telefonkonferenz entweder heute Morgen oder vor Kurzem mitgeteilt hat. Frau Merkel hat ihre CDU-Mitglieder in einer Telefonkonferenz darum gebeten, so heißt es in der „Welt“, Toleranz gegenüber Muslimen walten zu lassen. Auch müsse man in dieser Gesellschaft zwischen Islamisten und Islam unterscheiden, sagte die Bundeskanzlerin. Wie recht die Bundeskanzlerin hat. Ist denn diese Einsicht auch im Hessischen Landtag angekommen?
Meine Damen und Herren, ich möchte daran erinnern, dass wir uns im Jahre 2009 gemeinsam sehr darüber gefreut haben, als diese Landesregierung angekündigt hat, den islamischen Religionsunterricht erst einmal zu prüfen und diesen, wenn ein Ansprechpartner gefunden werde, auch einzuführen. Seit dem Jahre 2009 warten wir nun auf Ergebnisse und darauf, was Ihre ewige Prüfung gebracht hat. Ich habe das Gefühl, dass diese Prüfung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird und Sie eigentlich eine richtige Lösung, nämlich die Einführung des islamischen Religionsunterrichts, nicht wollen.
Herr Müller, Sie brauchen gar nicht mit der Hand zu gestikulieren. Sie werden schon mitbekommen, warum wir dieser Meinung sind.
Ich gebe es zu: Wir haben sehr gespannt in die Reihen der CDU geschaut und versucht, herauszufinden, ob Sie ernsthaft einen islamischen Religionsunterricht einführen wollen – vor allem, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass Sie am 12. September 2001, also einen Tag nach 09/11, verkündet haben, dass Sie den islamischen Religionsunterricht in Hessen einführen wollen.
Wenn wir uns die Schritte anschauen, die Sie seit elf Jahren gegangen sind: Im Gegensatz dazu ist eine Schnecke ein Schnellläufer. Das können Sie uns nicht als politischen Erfolg verkaufen.
Seit 2009 versuchen wir als Opposition, Sie ganz konstruktiv mit Vorschlägen zu begleiten, weil es uns dabei um die Sache geht.
Wir haben versucht, mit Ihnen gemeinsam in den Ausschüssen darüber zu reden, wie man eventuell einen Übergangsweg gehen kann. Wir haben auch versucht, mit Ihnen zu schauen: Was haben die anderen Bundesländer gemacht, und wie kann man die Erfahrung, die in den ande
ren Bundesländern gesammelt worden ist, bei uns umsetzen?
Was hat die Landesregierung hier gemacht? Sie hat den Sachverstand in Nordrhein-Westfalen ignoriert. Sie hat den Sachverstand in Niedersachsen ignoriert. Sie hatten die Möglichkeit, mit Herrn Staatssekretär Brockmann, der in einer CDU/FDP-geführten Regierung islamischen Religionsunterricht eingeführt hatte, Übergangsmodelle für uns vorzuschlagen, und Sie hatten vor allem im Jahr 2009 die Möglichkeit, als ersten Schritt mit Islamkunde zu beginnen.
Wenn Sie mit Islamkunde begonnen hätten, dann hätten wir schon seit drei Jahren ein Angebot an hessischen Schulen für muslimische Schülerinnen und Schüler gehabt. Stattdessen hat sich die CDU-Fraktion – leider, muss ich sagen – vor den Karren des FDP-Ministers spannen lassen, um eine Lösung zu finden, die verfassungsrechtlich die einzig gangbare Lösung sei. Damit haben Sie sich auf die integrationspolitische Geisterfahrt des Herrn Hahn eingelassen. Das bedauere ich, meine Damen und Herren vor allem der CDU.
Kurz zur Historie. Seit 2009 besteht der Runde Tisch und tagt mit Verbänden und Vereinen aus der muslimischen Gemeinde. Seitdem versucht er, ernsthafte Schritte zu gehen. Dieser Runde Tisch hat ein Curriculum erstellt. Das heißt, wir haben jetzt ein Kerncurriculum, auf dessen Grundlage Unterricht erteilt werden kann. Dieser Runde Tisch hätte auch überlegen können, ob in Hessen eine Beiratslösung für einen Übergangszeitraum infrage käme, wie es in Niedersachsen der Fall ist. Stattdessen hat diese Landesregierung – ganz gezielt Herr Minister Hahn – einzelne Verbände ermuntert, einen Antrag zu stellen, wie die DITIB und die Ahmadiyya.
Sie haben auch Gutachten in Auftrag gegeben. Diese Gutachten haben nach Aussage von Ministerin Beer Ende Juli 2012 ausgesagt, dass diese beiden Verbände als Kooperationspartner infrage kämen. Das heißt, den Kooperationspartner, den Sie bisher gesucht haben, müssten Sie eigentlich gefunden haben. Ein Kerncurriculum liegt Ihnen auch vor. Der ewige Islamkritiker – das ist zu einfach –, der ewige vor dem Islam Angst schürende bildungspolitische Sprecher, Herr Irmer, hat auch noch seinen Posten niedergelegt. Das heißt, Hürden haben Sie eigentlich keine mehr. Was hindert Sie daran, endlich die Einführung des islamischen Religionsunterrichts umzusetzen?
Meine Damen und Herren von der Koalition, es ist viel zu einfach, wenn Sie uns erzählen, dass jetzt die Gutachten geprüft werden müssen. Die Gutachten haben geprüft, so dachten wir, ob die Antragsteller überhaupt eine Religionsgemeinschaft im Sinne unserer Verfassung sind. Obwohl all diese Dinge geprüft sind, wollen Sie jetzt noch einmal prüfen und prüfen und prüfen. Sie sagen diesem Landtag nicht, bis wann Sie prüfen wollen. Sie sagen diesem Landtag auch nicht, ob mit diesem Unterricht realistischerweise überhaupt noch 2013/2014 gerechnet werden kann.
Meine Damen und Herren, Sie täuschen die Bürgerinnen und Bürgern in Hessen. Sie versuchen, den Menschen zu suggerieren, dass Sie ernsthaft an einer Lösung interessiert seien. Das sind Sie mitnichten. Sie wollen sich nur profilieren. Die CDU-Fraktion hat nicht versucht, Herrn Hahn in dieser Frage zu stoppen. Der Einzige, den Sie gestoppt haben, ist der Herr Irmer. Ich bin gespannt, ob jetzt immer noch die Ewiggestrigen das Sagen haben oder ob endlich die Reformer in dieser Koalition zum Vorschein kommen. Das ist eine spannende Frage. Wir werden das beobachten.
Ja, wir wollen einen islamischen Religionsunterricht auf der Grundlage unserer Verfassung. Nichts anderes kann diskutiert werden, und nichts anderes ist überhaupt jemals diskutiert worden. Von daher verstehe ich Ihren Antrag nicht. Ihr Antrag enthält Punkte, die Sie prüfen wollen, die unserer Meinung nach längst geprüft sein müssten. Deswegen stellen wir uns die Frage: Sind Sie überhaupt ernsthaft an der Einführung eines islamischen Religionsunterrichts interessiert? Ich muss das leider bezweifeln. Schauen wir uns an, wie langsam Ihre Schritte sind und wie sehr Sie versuchen, in den Grabenkriegen zwischen dem Islam und dem Westen zu provozieren: Das ist meiner Meinung nach nicht haltbar. Daher würde ich bitten, dass die Reformer in den Koalitionsfraktionen, beispielsweise Herr Mick und Herr Bauer, versuchen, Personen wie Herrn Irmer Einhalt zu gebieten.
Denn was hat er uns noch im August erzählt? Vor dem Islam müsste man Angst haben. Der Islam würde die Menschen täuschen. Der Islam würde versuchen, in der Taqiyya die Andersgläubigen zu täuschen. Meine Damen und Herren, das entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Das machen wir nicht mit.
Durch die Einführung des islamischen Religionsunterrichts an den Schulen würden wir den Kindern, die in Hessen geboren und aufgewachsen sind, die Möglichkeit geben, religiös mündig zu werden. Wir würden ihnen die Möglichkeit geben, sich endlich in deutscher Sprache mit ihrer Religion auseinanderzusetzen und von den Lehrerinnen und Lehrern, die in Deutschland ausgebildet sind, über den Islam zu lernen und etwas über ihre Religion zu erfahren.
Nur so können wir den Islamisten in dieser Gesellschaft, den dschihadistischen Salafisten in dieser Gesellschaft, den selbst ernannten Predigern, wie Pierre Vogel, Einhalt gebieten. Sie müssen sich fragen, ob Sie weiterhin die Verantwortung dafür tragen können, dass Sie jungen Menschen kein Angebot machen und stattdessen versuchen, sich parteipolitisch zu profilieren. Ich finde, das ist eine Vernachlässigung der Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind. Wer nicht an die Generation von heute denkt, der wird auch in der Zukunft keine Chance haben. Ich habe das Gefühl, Sie haben den Gestaltungswillen aufgegeben. Ich vermute, das wird Ihnen spätestens bei der Wahl quittiert werden.
Schauen Sie sich die Islamvideos und die Ausschreitungen an. Das macht deutlich, dass es wichtig ist, dass man einen
modernen, toleranten Islam fördert, den es längst gibt. Der gehört zu Hessen. Der gehört zu uns. Je eher Sie das akzeptieren, desto besser ist es auch für diese Gesellschaft. – Herzlichen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, möchten es begrüßen, dass der Gesetzentwurf endlich in Hessen vorgelegt worden ist. Auch wir haben seit Jahren darauf gedrängt und gesagt: Wenn wir hier die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen vorantreiben wollen, müssen wir handeln.
Mein Kollege Bocklet hat in einem Antrag schon damals eine unabhängige Beratungsstelle gefordert. Ich habe eine Kleine Anfrage vorgelegt, in der wir noch einmal auf die Fehlentwicklung hingewiesen haben. Wichtig ist, dass wir einfach – wenn wir die Herausforderungen der Zukunft, nämlich die Beseitigung des Fachkräftemangels und die Teilhabe der Menschen mit Migrationshintergrund, bewältigen wollen – an einem Strang ziehen müssen und dass dies in Hessen nur durch Zuwanderung auf der einen Seite und durch die Nutzung der Potenziale
auch der Menschen mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite bewältigt werden kann.
Meine Damen und Herren, die Diskussion um den Fachkräftemangel ist längst keine theoretische mehr. Wir haben gestern in verschiedenen Beiträgen erfahren, dass der Mangel in vielen Fach- und Berufsbereichen schon dringlich zu spüren ist, z. B. in den Pflegeberufen, bei den Ärzten und den Facharbeitern. Es ist in den Regionen Hessens teilweise so deutlich spürbar, dass es davon abhängt, ob Hessen in Zukunft wettbewerbsfähig ist, ja oder nein.
Wir haben auch erfahren, dass beispielsweise in den Pflegeberufen im Jahre 2010 allein in Hessen 15.000 Menschen gesucht worden sind. Die IHK hat auch darauf hingewiesen, dass ab dem Jahr 2015 jährlich ca. 147.000 Fachkräfte in Hessen fehlen werden. Von daher ist dieses Gesetz ein längst überfälliges, sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene; denn wir möchten in Erinnerung rufen, dass wir seit 2007, seitdem der Nationale Integrationsplan vorliegt, genau über diese Thematik streiten, wie Hürden abgebaut werden können, sodass auch Menschen aus dem Ausland mit ihren Qualifikationen fachgerecht in unseren Arbeitsmarkt integriert werden können.
Die zahlreichen Beispiele des Taxi fahrenden Ingenieurs aus dem Iran oder des Arztes aus Indien, der in Krankenhäusern putzt, kennen wir. Auch ich möchte von Einzelbeispielen berichten, mit denen wir uns auch im Petitionsausschuss beschäftigt haben, wo beispielsweise ein Zahnarzt über zwei Jahre lang von dem Petitionsausschuss begleitet werden musste, um endlich seine Approbation zu bekommen, um jetzt erfolgreich seine Zahnarztpraxis in Hessen führen zu können.
Das sind alles Einzelbeispiele; die kennen wir. Durch die gesetzliche Regelung, die jetzt auf Bundesebene vorgegeben wurde, haben wir die Hoffnung, dass wir dieser Situation Abhilfe schaffen können. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass das Land Hessen nun die Gelegenheit hat, die Vielzahl der Menschen mit ausländischen Abschlüssen so zu unterstützen, dass ihre Fähigkeiten optimal genutzt und eingesetzt werden können. Von daher ist dieses Gesetz wichtig. Ich möchte aber auch sagen, dass dieser Gesetzentwurf weit hinter seine Möglichkeiten zurückfällt und die Chance nicht richtig ergreift, meine Damen und Herren.
Man hätte in diesem Gesetzentwurf durchaus eigene Akzente setzen können. Das Berufsgesetz gibt diese Möglichkeit. Man hätte durchaus darüber nachdenken können, ob man beispielsweise bei der Anpassungsqualifizierung ein Stipendienprogramm aufsetzt, zumindest für die Berufe, die Mangelberufe sind, oder ein BAföG-Programm, damit die Menschen, die die Teilqualifizierung haben, über die Weiterbildung und Nachqualifizierung bei ihren Abschlüssen begleitet werden können.
Wir GRÜNE würden schon gerne gemeinsam mit Ihnen an einem Strang ziehen. Aber es ist auch wichtig, dass Sie einsichtig sind und dass Sie die Beratung des Gesetzentwurfs nutzen, um die enthaltenen Schwächen auszugleichen. Wir werden bei den Beratungen des Gesetzentwurfs unseren Schwerpunkt darauf setzen, zu erreichen, dass die Kosten und Gebühren die Menschen nicht daran hindern, ein Anerkennungsverfahren einzuleiten. Wir möchten gern, dass Ratsuchende und Antragsteller ausreichende
Angebote bei ihrer Beratung und Begleitung bekommen. Wir möchten gerne, dass die Anpassungsqualifizierung und Kurse für berufsbezogenes Deutsch ausgebaut und erweitert werden – auch das ist ein wichtiger Punkt – und dass vor allem die Kompetenzfeststellungsverfahren und die Anerkennung von Teilqualifizierungen insgesamt möglich gemacht werden. Denn nur so, liebe Freundinnen und Freunde, meine Damen und Herren, werden wir es schaffen, den Menschen, die das Potenzial mit sich bringen, ausreichende Unterstützung zu gewähren, und dann werden wir auch die vorhandenen Potenziale nutzen können. Denn es geht um etwas Wichtiges: Es geht um die Arbeitsmarktintegration der Menschen mit Migrationshintergrund. Das ist eine Teilhabeform, die wir endlich realisiert wissen wollen.
Die Landesregierung war schnell, aber nicht sehr gut, sage ich einmal.
Da wir aber noch die Möglichkeit haben, im Rahmen der Anhörung die eine oder andere Schwäche auszugleichen, bin ich positiver Dinge. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir ein gutes Gesetz beschließen werden, das zum Wohle und im Interesse des Landes Hessen und seiner Menschen sein wird. – Herzlichen Dank.