Thomas Hartung

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Last Statements

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, grundsätzlich habe ich zu dem Gesetz bei der Einbringung schon einiges gesagt, ich möchte mich deswegen zunächst noch einmal kurz auf die drei fachlichen Änderungen, die wir als Koalitionsfraktion eingebracht haben, beziehen. Die hat Herr Gumprecht mir dankenswerterweise überlassen. Das eine ist die Stellung von Patienten oder Insassen des Maßregelvollzuges, die nicht aus eigenem Willen, sondern auf Intention der Klinik aus dem Maßregelvollzug entlassen werden sollen. Hier war es bislang so, dass diese Leute sofort keine Thera
pie mehr bekamen, dass sie in eine Abbrecherstation verlegt wurden. Diese Abbrecherstation hatte schon so einen gewissen Strafhaftcharakter und dort sind diese Menschen untergebracht worden. Es war nicht einmal klar, ob die Zeit, die sie dort verbracht haben, tatsächlich zum Beispiel auf ihre Haftdauer angerechnet wurde. Da gibt es entsprechende Fälle und hier gab es eine Rechtsunsicherheit und deswegen waren dort neue Regelungen zu treffen. Die haben wir in zweierlei Hinsicht getroffen. Das eine: Wir haben ganz klargestellt, dass der Anspruch auf eine medizinische Behandlung erst dann erlischt, wenn diese Person, die nicht aus eigenem Antrieb die Behandlung abbricht, rechtsgültig aus dem Maßregelvollzug in die Strafhaft oder in die Freiheit entlassen wird. Das heißt, nicht die Klinik kann entscheiden, wir entziehen dem jetzt die medizinische Behandlung, sondern erst, wenn tatsächlich festgestellt wird, der Maßregelvollzug wird beendet, dann ist es so, dass hier eine medizinische Behandlung auch beendet werden kann. Gleichzeitig möchten wir aber auch, dass in diesen Fällen des Therapieabbruchs, also wenn es nicht auf den Insassen zurückgeht, dass diese Therapie beendet wird, vor Verlegung auf diese sogenannte Abbrecherstation ein externes Gutachten eingeholt wird, und dieses Einholen des Gutachtens soll der Interventionsbeauftragte einleiten und er soll dann im Prinzip in diese Entscheidung direkt mit einbezogen werden. Damit stärken wir die Position der Insassen des Maßregelvollzugs deutlich. Wir schließen aus, dass Kliniken quasi in eigener Regie Patienten an diese Abbrecherstation übergeben und ihnen die Behandlung ihrer Krankheit vorenthalten und damit gegebenenfalls einen Zustand herbeiführen, der eine nachträgliche Begutachtung dieser Menschen schwieriger macht, weil der Zustand in der Abbrecherstation in der Regel nicht demselben Zustand entspricht, der vorher bestanden hat, als sie noch therapiert worden sind. Ich halte das für eine ganz, ganz wichtige Ergänzung und deswegen haben wir das auch so eingebracht.
Die zweite ganz wichtige Ergänzung ist - das hat Frau Siegesmund angesprochen, worauf auch Herr Heym uns hingewiesen hat - die Frage, wie ist mit Besuchern im Maßregelvollzug umzugehen. Da haben sich diverse Praktiken eingeschliffen. Das fing damit an, dass Besucher sich teilweise einer qualifizierten Durchsuchung durch das Klinikpersonal bis hin zur Entkleidung unterziehen mussten. Das geht so überhaupt nicht aus unserer Sicht. Gleichzeitig sollte bei bestimmten Besuchern ein Besuch davon abhängig gemacht werden, ob sie einem Drogenscreening zustimmen, entweder durch einen Urintest oder einen Speicheltest oder etwas Ähnliches. Auch das ist durch einen privaten Träger so nicht hinnehmbar und deswegen haben wir Veränderungen herbeigeführt, und zwar Folgendes: Der Besucher kann dann - wie das in jeder dieser Einrichtungen üblich ist - durchsucht werden, ohne Entklei
dung, ohne Körperhöhlendurchsuchung und Ähnliches, und in dem Moment, in dem die Betreiber oder in dem das Personal des Maßregelvollzugs einen Anhalt hat, dass dort jemand unerlaubte Substanzen oder Ähnliches einschmuggeln möchte, dann ist die Polizei einzuschalten, die natürlich dann diese Straftat entsprechend aufklären und verfolgen kann. Ein Besuch darf nicht mehr davon abhängig gemacht werden, ob ein Besucher bereit ist, ein Drogenscreening, einen Alkoholtest oder etwas Ähnliches durchzuführen, weil ich es unerträglich finde, dass Menschen dann eventuell in irgendeiner Weise diskriminiert werden, nur weil sie vielleicht anders aussehen, weil sie einem Umfeld angehören, das nicht das der Angestellten des Maßregelvollzugs ist. Das einzige Mittel, das einzige Sanktionsmittel, das wir übriglassen, ist die Möglichkeit, einer Person, die offenkundig berauscht ist oder die Rauschzeichen zeigt, den Besuch in diesem Moment zu verwehren. Diese Verwehrung muss schriftlich begründet werden, es muss ein Protokoll angefertigt werden, das umgehend dem Besucher ausgehändigt werden muss, damit dieser auch die Möglichkeit hat, sich gegen genau diese Entscheidung zur Wehr zu setzen. Damit ist aus unserer Sicht eine Stärkung der Rechte des Besuchers zu verzeichnen. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Anregung, die vom Petitionsausschuss bzw. von der Strafvollzugskommission an uns herangetragen worden ist. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir das aufgegriffen haben.
Die dritte Änderung will ich nur kurz erwähnen. Es geht da um einen möglicherweise missverständlichen Satz, der im Prinzip Zwangsmaßnahmen - ich verkürze das jetzt mal - auch dadurch rechtfertigt, dass das Behandlungsziel durch denjenigen, der im Maßregelvollzug einsitzt, gefährdet wird. Wir haben diesen Satz als missverständlich erachtet und deswegen aus dem Gesetzestext gestrichen. Auch das ist, glaube ich, eine Klarstellung, die an dieser Stelle notwendig war.
Ich möchte jetzt noch zwei, drei Sachen zu den allgemeinen Vorwürfen, auch von Frau Siegesmund geäußert, sagen: Ja, Frau Siegesmund, ich wäre auch mit einer anderen Situation glücklicher, gebe ich völlig unumwunden zu. Der entscheidende Fehler in diesem ganzen Verfahren ist die Privatisierung des Maßregelvollzugs. Das ist das Problem, an dem alles andere krankt. Gäbe es eine Möglichkeit, dass man den Schalter umlegt und das Ganze zurücknimmt, wäre das hundertmal besser als dieses Gesetz, gebe ich Ihnen völlig unumwunden zu. Wir müssen uns aber mit der Situation auseinandersetzen, dass das im Moment so nicht geht. Ich habe das eingangs hier gesagt: Pacta sunt servanda - Verträge müssen eingehalten werden. Das gilt für uns, das gilt auch für die Betreiber. Deswegen brauchen wir ein Maßregelvollzugsgesetz, das im Prinzip zumindest die Verfassungsmäßigkeit der
Durchführung sicherstellt. Alle Juristen, die wir jetzt noch einbezogen hatten, sei es im Justizministerium, sei es von der Landtagsverwaltung, haben uns diese Verfassungsmäßigkeit bestätigt. Ich bin da bei Herrn Gumprecht, ich glaube, da kann man vertrauen. Es ist aber nun mal so, wenn man fünf Juristen fragt, hat man ungefähr sechs Meinungen. Am Ende bleibt Ihnen natürlich der Klageweg. Sie können gegen das Gesetz, Sie können im Prinzip klagen und können das überprüfen. Möglicherweise führt das zu einer gänzlich anderen Sicht auf die Privatisierung des Maßregelvollzugs, auch das ist möglich, das ist eine Konsequenz. Das muss man machen, wenn man meint, dass das alles nicht in Ordnung ist.
Aber natürlich.
Ich glaube, die Interventionsbeauftragten - meine persönliche Meinung - sind die bessere Lösung. Wir haben aber glücklicherweise da eine Evaluierung eingebaut und können eventuell in zwei Jahren zu einer anderen Haltung kommen. Ich bleibe trotzdem dabei, die Privatisierung des Maßregelvollzugs war der Fehler und es ist - das möchte ich noch mal ganz klar sagen - ein handwerkliches Unding, bei dieser Privatisierung keinerlei gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, nicht mal im PsychKG irgendeine Anpassung vorzunehmen, keinen Paragrafen einzufügen, handwerklich derart unsauber, dass man jetzt im Prinzip den Realitäten hinterherläuft und im Moment gar nichts anderes machen kann, als hier zu handeln.
Ich bin gleich fertig. Dass Ihnen das nicht so gefällt, kann ich nachvollziehen. Ich bin trotzdem der Über
zeugung, dass das zumindest den Zeitraum überbrücken kann bis zur ersten Evaluierung und dann bis eventuell andere Tatsachen geschaffen werden können und wir den Maßregelvollzug dahin bringen, wo er hingehört, nämlich wieder in öffentliche Hand. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, hier ist verschiedentlich natürlich der Berufsstand der Hebammen gelobt worden. Dem kann ich mich völlig unumwunden anschließen. Ich glaube, die Hebammen machen eine so gesellschaftlich wichtige Arbeit, dass dieses existenzielle Problem, die Haftpflichtproblematik, natürlich auch ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, das wir lösen müssen. Ich glaube, es gibt da keine zwei Meinungen, dass das wichtig ist. Aber es gibt ganz viele unterschiedliche Ansichten und Ansätze. Ich glaube, die Wichtigkeit des Themas verdient es, dass man über diese Ansichten tatsächlich diskutiert und versucht, den besten Weg zu finden. Da bin ich ausnahmsweise mal bei Herrn Koppe. Das ist in der Regel nicht der einfachste, meistens sind es komplexe Wege, die man beschreiten muss. Hier sind ja verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt worden, wie man dieses Problem angehen könnte. Ich möchte dazu kurz Stellung nehmen. Da ist zum einen die Deckelung der Haftung erwähnt worden. Das halte ich für einen ganz, ganz schwierigen Weg, denn er konterkariert im Prinzip die gesamte Entwicklung der letzten Jahre. Wir sind seit Jahren dabei, Patientenrechte zu stärken, haftungsrechtlich die Ärzte, Kliniken und andere Gesundheitsberufe mehr in die Haftung zu nehmen. Es wäre ein Zeichen, das zu konterkarieren, wenn wir sagen würden, wir gehen jetzt zu den Hebammen und begrenzen dort die Haftung, während andere wesentlich heftiger und intensiver in die Pflicht genommen werden. Da kämen wir eventuell zu der sehr merkwürdigen Konstellation, dass ein freiberuflicher Gynäkologe,
der in einem Krankenhaus Geburten begleitet - so etwas gibt es ja auch - in seinen Verpflichtungen, in seiner Haftungsverpflichtung, in seinen Nachweisverpflichtungen schlechter gestellt wird, also belastet wird, und zum gleichen Zeitpunkt wird die Hebamme entlastet. Das ist eine Ungleichbehandlung und ich glaube nicht, dass das zielführend ist. Ich glaube vielmehr, dass nicht die Deckelung der Haftung der Weg ist, sondern eine vernünftige, bezahlbare Haftpflichtversicherung für die Hebammen, so dass am Ende natürlich die auch bei jedem Fehler haften, der begangen wird. Wer arbeitet, macht Fehler, das ist so, das ist auch kein Vorwurf. Bei jedem Fehler muss aber klar sein, dass es dafür eine Haftung geben muss. Die kann nicht die eine Berufsgruppe der Allgemeinheit - also einer Deckelung - und damit den Sozialversicherungen überlassen und die andere muss in irgendeiner Weise dafür Sorge tragen. Das ist nicht der richtige Weg. Vielmehr ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit eröffnen, eine ordentliche Haftpflichtversicherung zu haben. Da sind auch wieder zwei Wege aufgezeigt worden. Das eine ist die Pauschalversicherung sage ich jetzt einmal - über Dritte, zum Beispiel über einen staatlichen Haftungsfonds, das ist hier angeregt worden, oder dass zum Beispiel Krankenversicherungen die Haftpflichtprämie übernehmen. Solche Dinge sind angeregt worden. Frau Siegesmund hat sogar praktisch angeregt, dass man alle diese Heilberufe zusammenfasst und gemeinsam unter diesen Schirm setzt. Frau Siegesmund, so interessant dieser Ansatz ist, so schwierig wird er realisierbar sein, denn wir reden von unterschiedlichen Berufsgruppen, die ganz unterschiedlichen Bedingungen unterworfen sind. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel die Gynäkologen da reinpacke, dann hat ein Gynäkologe einen ganz anderen Rahmen, in dem er arbeitet, als eine Hebamme. Ich komme dann später noch darauf zurück, wenn ich bei der dritten Möglichkeit bin. Ich kann diese ganz unterschiedlichen Rahmen nicht unter ein Dach fassen, weil unterschiedliche Verpflichtungen auch mit unterschiedlichen Effekten einhergehen.
Dann sind wir beim dritten Punkt. Das ist der Punkt, der aus meiner Sicht der einzige ist, der Sinn macht, nämlich dass es einer Hebamme möglich sein muss, aus ihrem Erlös eine Haftpflichtversicherung zu bezahlen. Das ist das Einzige, was geht. Ich hatte vorhin den Vergleich zu den Ärzten gezogen. Ich glaube, kein Mensch wäre tatsächlich bereit zu glauben, dass ein Arzt aus seinem Erlös keine Haftpflichtversicherung bezahlen kann. Natürlich muss das drin sein, natürlich muss der Erlös so sein und natürlich müssen wir Wege finden, wie das auch am Ende für Hebammen gelten kann und gelten muss. Deswegen, glaube ich, ist es zu kurz gedacht, wenn wir glauben, wir lösen jetzt hier nur eine Haftpflichtproblematik. Ich glaube, wir sind am Beginn einer viel weiterführenden gesellschaftlichen Debatte. Frau Siegesmund hat es ein
bisschen angedeutet. Aber ich glaube, Sie haben das nicht ganz so gemeint, wie ich es meine. Ich glaube, der Weg wird der sein, dass Krankenkassen und Hebammen zu einem ganz anderen Verhältnis zueinander kommen. Das heißt, sie werden sich in ein Verhandlungssystem begeben müssen, das, wenn auch nicht eins zu eins übertragbar, so aber an das freiberuflich tätiger Ärzte angelehnt ist. Das bedeutet auch, dass das Einkommenssystem ganz anders sein muss. Das heißt, Hebammen sind für ihre Leistungen, die sie erbringen, deutlich unterbezahlt,
ja, uneingeschränkt. Daher rührt ja die Problematik. Wenn Sie sagen, der Gynäkologe hat einen Haftpflichtbeitrag von 42.000 € und kann den bezahlen, dann wissen wir ungefähr, wo die Unterschiede sind. Das ist das, was ich meine, wir sind am Beginn einer Verhandlung. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass die Hebammen das überblicken, was in dieser Debatte jetzt eigentlich auf sie zukommt. Denn es bedeutet natürlich auch, wenn wir anerkennen, dass wir diese Haftpflichtproblematik lösen müssen, müssen wir auch anerkennen, dass daraus folgt, dass wir zum Beispiel ein Qualitätsmanagementsystem haben müssen. Da ist ein Weiterbildungssystem, das wir implementieren müssen. All das sind die Dinge, an die sich zum Beispiel ein niedergelassener Arzt halten muss.
Eine Bedarfsfallplanung - das ist eine andere Frage -, die kann man diskutieren. Das kann man diskutieren, na klar, Herr Koppe. Aber was zum Beispiel ganz klar ist, wenn wir einen Arzt nehmen, dann wissen wir, jeder niedergelassene Arzt bewegt sich bei seinen Fallzahlen, bei der Zahl der von ihm behandelten Patienten in einem Korridor, nehmen wir eine Untergrenze, die sich daraus ergibt, wie viel er arbeiten muss und wie viele Patienten nach der Bedarfsplanung in seinem Bereich liegen, und die Obergrenze, was ihm erlaubt ist, an Arbeitszeit zu leisten. Dadurch ist berechenbar, wie viel Patienten er hat, wie sein Einkommen sich entwickelt etc. pp. Das ist beim Arzt ganz klar ersichtlich. Das ist bei Hebammen nicht so. Deswegen reicht es auch nicht, zu sagen, ich muss die Vergütung der Hebamme so anheben, dass die ihre Haftpflichtversicherung bezahlen kann. Das würde bedeuten, dass eine Hebamme im ländlichen Bereich, die ohne eigenes Verschulden, ich will das gar nicht falsch werten, wenig Geburten betreut, genau denselben Haftpflichtversicherungsbeitrag von der Krankenkasse erstattet bekommen muss wie eine Hebamme, die in einer größeren Stadt wesentlich mehr Geburten betreuen kann. Da muss es ein System geben, wie dieser Ausgleich geschaffen
werden kann. Am Anfang dieser Debatte sind wir gerade und da kommen wir jetzt - und da ärgere ich Sie ein bisschen, Frau Siegesmund - zu einem Problem. Wir haben beim Krankenhausgesetz - da waren wir einer Meinung übrigens auch mit den Kollegen der Linken - ganz viel über Mindestfallzahlen und Mindestmengen geredet. Es wird auch diese Debatte geben. Ich will das gar nicht entscheiden. Ich halte das auch für eine Debatte, die schwierig zu führen ist, gerade im ländlichen Raum, aber die Debatte wird es geben. Ich will nur die Frage aufwerfen, ich will das gar nicht entscheiden. Es wird solche Debatten geben, es wird eine Entwicklung auf diesem Markt geben und ich glaube, die Auffassung, dass es nur einfach darum geht, den Hebammen das Geld für diese Haftpflichtversicherung zu geben oder in einem anderen System diese Haftpflichtversicherung festzulegen, das ist zu kurz gegriffen. Denn selbst, wenn wir sagen, wir machen einen staatlichen Haftungsfonds, dann müssen wir die Anforderungen zum Beispiel für alle die, die unter diesen Fonds kommen, angleichen, da müssen die Ärzte ein ähnliches System bekommen wie die Hebammen. Das ist, glaube ich, eine ganz schwerwiegende Leistung. Da müssen auch die Hebammen ihre Rolle mitspielen.
Ich sage gleich was dazu. Ich habe im Vorfeld dieser Debatte mit verschiedenen Versicherungen gesprochen, also sowohl der gesetzlichen Krankenversicherung als auch mit Haftpflichtversicherungen. Ich habe auch eine, ich habe da ja einen kurzen Draht. Ich habe mir also bei Vertretern einen Termin geholt, habe mich mit denen unterhalten, habe erst einmal zugehört und dann habe ich einfach mal die Frage gestellt, was aus ihrer Sicht denn das größte Problem ist, warum es da diese Schwierigkeiten gibt. Da haben die mir unisono, in unterschiedlicher Formulierung gesagt, es gibt keinen einzigen Heilberuf, der in den Leistungen und der Ausführung so intransparent ist wie der der Hebamme. Das war das wesentliche Problem, was alle sechs Vertreter, mit denen ich gesprochen habe, unisono benannt haben, unabhängig voneinander. Ich habe ja getrennt mit denen gesprochen. Intransparenz ist der Tod jeglicher vertrauensvoller Haftpflichtversicherungsverhandlungen etc. Da ist genau der Punkt erreicht, wo ich denke, dass die Entwicklung hingehen muss. Wir werden ein System haben müssen, was ähnlich dem niedergelassener Ärzte funktioniert, nämlich mit einer Transparenz, mit viel Bürokratie, das ist das Schlimmste, was auf die Leute zukommt. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Aber wir werden genau so ein System bekommen müssen und dann muss in diesem System eine adäquate Entlohnung an allererster Stelle stehen, also dass diese Leistung or
dentlich honoriert wird. An zweiter Stelle wird sich daraus natürlich ergeben, dass davon eine Haftpflichtversicherung gezahlt werden kann.
Was die Belegkliniken angeht, das haben Sie völlig zu Recht angemahnt: Es ist ein Unding, dass Krankenhäuser auf diese Art und Weise den Gewinn praktisch für die stattgehabte Geburt minus der Aufwendungen für die Hebamme...
Ja, genau, das ist ein Unding. Aber davon abgesehen, diesem Unding unterziehen sich auch andere Heilberufe und da haben Sie natürlich wieder recht, wenn Sie sagen, das ist eine Thematik, die uns immer wieder verfolgen wird. Ich glaube allerdings nicht - das möchte ich an dieser Stelle noch mal betonen -, dass der Weg eine Vergesellschaftung des Risikos ist. Ich glaube tatsächlich, der Weg ist eine vernünftige Einordnung der Hebamme im Vergütungssystem der Heilberufe und dazu gehört eben nicht nur Geld, dazu gehören auch Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, da gehören auch Anforderungen dazu, die alle Heilberufe gemeinsam erfüllen müssen. Ich glaube, das ist der Weg, den wir beschreiten, auch wenn das viele der Akteure, denen es jetzt erkennbar um die Rettung des Berufsstandes geht, noch nicht wissen, dass mit der Sicherung der Haftpflichtversicherung noch lange nicht das Ende des Weges erreicht ist. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, im 2009 geschlossenen Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist auf Seite 58 vereinbart worden, ich zitiere: „CDU und SPD streben die Novellierung des Thüringer Richtergesetzes mit dem Ziel an, die Beteiligungsrechte der Richter zu stärken und die Mitwirkungsmöglichkeiten der richterlichen Gremien zu erhöhen.“ Nach unserem Kenntnisstand waren im Herbst 2011 Gespräche des Thüringer Justizministers mit Richtervertretungen und Vertretern der Staatsanwälte zum Reformbedarf abgeschlossen. Ein entsprechender Änderungsgesetzentwurf des TJM lag seither vor und befindet sich seitdem im Kabinett in der Abstimmung. Die Zuleitung des Gesetzentwurfs an den Landtag sollte eigentlich noch im Jahr 2011 erfolgen. Die Fraktion DIE LINKE hatte dann im Herbst 2011 einen eigenen Gesetzentwurf vorge
legt, der sich aber im Wesentlichen nur mit dem Richterwahlausschuss beschäftigte. Als diese Gesetzentwürfe der Fraktion DIE LINKE vom Plenum an den Justiz- und Verfassungsausschuss überwiesen wurden, konnte zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die Landesregierung alsbald, nach Aussage des Justizministers noch im November 2011, einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen wird. Dementsprechend hatte meine Kollegin, Frau Dorothea Marx, in der Ausschuss-Sitzung am 5. Oktober 2011 beantragt, die Gesetzentwürfe der Fraktion DIE LINKE gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zu beraten und den Tagesordnungspunkt bis zum Vorliegen des Letzteren zu vertagen. Mit großer Enttäuschung mussten wir Sozialdemokraten in der Folgezeit zur Kenntnis nehmen, dass der Koalitionspartner innerhalb der Regierung seither den Gesetzentwurf der Landesregierung verhindert. Die SPD und die sozialdemokratische Fraktion hier im Landtag halten trotz allem an dem Ziel der Verabschiedung eines Richter- und Staatsanwältegesetzes fest.
Kommt es leider auch nicht mehr in dieser Legislaturperiode dazu,
so wird es eines der entscheidenden Projekte sozialdemokratischer Regierungspolitik in der 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags sein.
Damit werden wir die Mitbestimmung der Richter und Staatsanwälte auch gegenüber den Präsidenten der obersten Gerichte stärken. Zugleich soll die Auswahl der Thüringer Richterinnen und Richter demokratischer werden. Der Justizwahlausschuss, wie ihn der Freistaat bereits mit acht anderen Ländern teilt, muss in seinen Kompetenzen gestärkt und bereits bei der Ersteinstellung von Richtern und Staatsanwälten einbezogen werden. Die Thüringer SPD-Landtagsfraktion steht für die Unabhängigkeit der Justiz ein. Andere Bundesländer, wie etwa Schleswig-Holstein und Brandenburg, beschäftigen sich derzeit konkret mit dem Thema „Autonomie in der Justiz“ und arbeiten an neuen Modellen zu deren Umsetzung. Die Entwicklung eines speziell auf den Freistaat Thüringen zugeschnittenen Landesgesetzes zur Selbstverwaltung wäre ein vergleichbarer Weg, hier vorzugehen.
Besser ist es unserer Meinung nach jedoch, in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern ein tragfähiges Grundmodell zu entwickeln, welches dann die Länder mittels Justizverwaltungsgesetzen in den Feinheiten an die jeweils vorhandenen Strukturen anpassen können. Auf diese Weise kann dem
Spannungsverhältnis zwischen landesspezifischen Anforderungen und dem Risiko einer Zersplitterung der Regelung am besten Rechnung getragen werden. So sieht das neue Brandenburgische Richtergesetz, welches am 14. Juli 2011 in Kraft trat, bereits einige Neuerungen vor. Darüber hinaus ist bis zum Jahr 2016 eine Evaluation unter Berücksichtigung des weiteren öffentlichen Diskurses über die Frage der Selbstverwaltung oder eine Autonomie der Justiz vorgesehen. Diese Ergebnisse sollten wir abwarten.
Lassen Sie mich noch kurz auf die Gesetzentwürfe der Fraktion DIE LINKE eingehen, um die es heute hier eigentlich geht. Aus Sicht der SPD-Fraktion greifen beide Gesetzentwürfe durch ihre Fixiertheit auf den Richterwahlausschuss zu kurz. Wir wollen, wie gerade skizziert, eine umfassende Novellierung des bestehenden Gesetzes. Wir haben im Justizund Verfassungsausschuss trotzdem noch eine schriftliche Anhörung mit einer längeren Liste anzuhörender Sachverständiger beschlossen. Wir Sozialdemokraten haben das nicht zum Selbstzweck getan. Wir haben ein ehrliches Interesse
an einer umfassenden Meinungsfindung auf dem zügigen Weg zur Verabschiedung moderner Richter- und Staatsanwältegesetze in der 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Zuhörer, nun liegt sie also vor, die Hochschulentwicklungsplanung mit einer deutlichen Verspätung. Das ist hier auch schon verschiedentlich angemerkt worden. So sehr ich auch verstehen kann, dass man diese Verspätung kritisiert, so sehr möchte ich Sie doch zu einer differenzierten Betrachtung einladen, nämlich einfach dazu, dass wir zur Kenntnis nehmen, dass der Bildungsminister die entsprechende Planung innerhalb der Fristen dem Kabinett zugeleitet hat und dann gingen die Auseinandersetzungen los. Das muss man einfach so zur Kenntnis nehmen. Und wenn Herr Dr. Voigt, was ich ihm auch persönlich abnehme, die Ergebnisse zu den Finanzierungsvereinbarungen begrüßt, dann betrachte ich die Gesamtfraktion dann doch eher nach dem Lebensmotto: Was ich nicht aufhalten kann, kann ich auch gleich begrüßen.
Denn es ging genau um diese konkrete Finanzierungszusage, darum ging dieser Streit, und dabei haben wir - Mario, du brauchst jetzt nicht zu prote
stieren, du weißt das so gut wie ich, dass es erst darum ging, gar keine Formulierung hineinzuschreiben, dann ging es darum, eine Orientierungsformulierung hineinzuschreiben und am Ende haben wir uns dann geeinigt, und jetzt begrüßen wir es beide und alles wird gut soweit, was die Finanzierung angeht. Aber trotzdem muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass die CDU in ihrem Bildungspapier bei ihrem letzten Parteitag etwas anderes beschlossen hat. Dort ist beschlossen, dass nur noch „strukturbildende Hochschulstandorte erhalten werden“ und es ist auch beschlossen, „dass Doppelstrukturen nicht weiter hingenommen werden“ sollen. Das sind beides Zitate und die sprechen auch ein bisschen für sich. Ich bin deswegen dem Bildungsminister ausdrücklich dankbar, dass er über Monate gekämpft hat, dass wir da eine konkrete Aussage, konkrete Zahlen drin haben. Ich bin auch dafür dankbar, dass der Bildungsminister gemeinsam mit den Hochschulen dafür gestritten hat, dass wir unsere Hochschullandschaft, so wie sie ist, strukturell und für die Zukunft aufgestellt, anerkennen und nicht eventuell als abbaubare Doppelstruktur identifizieren. Das ist, glaube ich, ein Ergebnis, da können wir ganz froh sein, auch wenn es mit Verspätung gekommen ist. Und auch das sei mir gestattet, da hat sich gezeigt, wer im Hochschulbereich der Motor in der Koalition ist und wer auf der Bremse steht.
Die lauschen angestrengt, Mario. Die wissen, da kommt jetzt noch mehr und deswegen ist das durchaus vernünftig, dass sie da jetzt nicht Krach machen. Jedenfalls neben der Finanzierung sind auch aus meiner Sicht zwei weitere Schwerpunkte zu identifizieren. Das ist zum einen die differenzierte Betrachtung der weiteren Entwicklung der Hochschullandschaft, also sowohl der Hochschullandschaft an sich als Ganzes als auch jeder einzelnen Hochschule und es ist auch Teil dieses Entwicklungsplans, dass wir eine To-Do-Liste ausgehändigt bekommen haben, was Politik und Politik gemeinsam mit Hochschulen in den nächsten Jahren zu tun hat, um diese Hochschulstrategie sachdienlich abzuarbeiten.
Ich möchte zu den angerissenen drei Punkten ein paar Worte sagen. Zum einen ist es so, dass die Hochschulstrategie verbindlich - ich hatte es erwähnt - eine Finanzierung festschreibt, das heißt eine Ausfinanzierung aller wissenschaftsspezifischen Kosten und Tarifsteigerungen auf die Basisfinanzierung, und darüber hinaus noch einmal ein strategisches Budget von 1 Prozent der Basisfinanzierung. Das bedeutet, dass wir zwischen 2016 und 2019 insgesamt ungefähr 287 Mio. € mehr als in dem
vergangenen Förderzeitraum zur Verfügung stellen werden und da sind diese Mittel aus der Bund-Länder-Einigung zur Bildungsfinanzierung noch gar nicht eingerechnet.
So etwas festzustellen, ist ein ganz wichtiges, erstrangiges und auch erstklassiges hochschulpolitisches Signal. Gerade auch im Vergleich, wenn ich jetzt auf andere Bundesländer schaue, wie die mit ihren Hochschulen umgehen, glaube ich, kann sich Thüringen sehen lassen. Vor dem Hintergrund schrumpfender Haushalte geben wir unseren Hochschulen eine Bestandsgarantie, wir geben Ihnen eine Finanzierungsgarantie und damit nimmt Thüringen, was die Finanzierungszusagen angeht, einen Spitzenplatz aller Bundesländer ein.
Ich komme zum zweiten Schwerpunkt, das ist die perspektivische Entwicklung der Hochschulstandorte. Ich glaube, es ist eine sehr gute Ausgangslage, dass man sich zum einen bewusst macht, wo soll Thüringen in den nächsten Jahren hin, aber auch gleichzeitig betrachtet, wo soll die einzelne Hochschule in diesem System, in dieser Entwicklung ihren eigenen Platz finden. Insofern ist es, glaube ich, die Grundüberlegung, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Aufbau- und Ausbauphase, die Wachstumsphase in der Thüringer Hochschullandschaft der letzten 25 Jahre weitgehend erfolgreich abgeschlossen ist. Wir haben eine Studierendenzahl, bei der wir uns bemühen müssen, sie zu halten. Wir werden sie nicht weiter ausbauen können und deswegen brauchen wir in den kommenden Jahren einen Dreiklang aus struktureller Stabilisierung, aus konzeptioneller, inhaltlicher Profilierung und auch aus Komplementierung und das meint natürlich eine vermehrte Kooperation der Hochschulstandorte untereinander, aber auch hochschulartenübergreifende Kooperation. Dazu ist es zunächst einmal notwendig, dass jede Hochschule ihr individuelles Profil noch weiter schärft und sich inhaltlich noch stärker am Markt etabliert. Nur so kann sich jede einzelne Hochschule mit ihren eigenen positiven Bedingungen in so eine Kooperation begeben und diese Kooperation soll natürlich Forschung und Lehre umgreifen, viel mehr und vor allem aber auch Infrastruktur und organisatorische Bereiche und Serviceleistungen. Das schließt auch die Berufsakademien in Eisenach und Gera ein, die in eine zukünftige duale Hochschule integriert werden sollen und damit ihre große Stärke weiter fachlich fundieren und weiterentwickeln sollen.
Kurz und gut, es geht in den folgenden Jahren darum, dass standortbezogene Klein-klein zu verlassen und den Blick auf Thüringen zu richten und eine Gesamtstrategie zu entwickeln und dafür, für diese Gesamtstrategie, zeigt uns die Hochschulentwicklungsplanung auch durchaus Einzelschritte und Weichenstellungen auf.
Damit bin ich beim dritten Punkt, nämlich bei den Aufgaben für das Land, für die Landespolitik und auch Aufgaben, die Landespolitik und Hochschulen gemeinsam schultern müssen. Da kommt zuallererst - und da sind wir wieder bei dem Geld - die Ausfinanzierung und es ist das Mindeste, dass wir den Hochschulen nach den schmerzlichen Strukturveränderungen der vergangenen Jahre und den Anstrengungen, die wir auch in den folgenden Jahren noch abverlangen werden, zumindest eine Finanzierungszusage geben, dass diese dann erreichten Strukturen auch weiterhin garantiert sind, dass die weiterhin finanziert werden. Das ist das Minimum.
Darüber hinaus - und das halte ich für ebenso wichtig - müssen wir als Landespolitiker natürlich auch die entsprechenden landesrechtlichen Systeme evaluieren. Wir brauchen die Rahmenbedingungen, die müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Wir brauchen eine Weiterentwicklung der bestehenden Förderinstrumente und Förderprogramme in den Segmenten Forschung, Lehre und Technologietransfer. Hier werden in den kommenden Jahren die Landesregierung und auch das Parlament sehr viel zu tun haben. Ich glaube, da werden wir uns sehr, sehr intensiv einbringen können und ich bedaure es ausdrücklich, dass Frau Dr. Kaschuba dann nicht mehr mit ihrem Sachverstand dabei ist.
Eine weitere Aufgabe ist natürlich - das ist hier auch schon angemerkt worden - die Verbesserung der Arbeitssituation der Beschäftigten an den Hochschulen und es kann nur ein erster Schritt sein, wenn jetzt in dieser Entwicklungsplanung Leitlinien für die Ausgestaltung der befristeten Beschäftigungsverhältnisse mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal, die die Hochschulrektorenkonferenz sich gegeben hat, aufgegriffen werden. Es wird die wichtigste Aufgabe der nächsten Jahre sein, in diesem Bereich auch von der Landesebene her zu unterstützen, dass die Hochschulen zusammen mit ihren Personalvertretungen und den Gewerkschaften genau diese Leitlinien durch konkrete Maßnahmen mit Leben erfüllen, um Verbesserungen für dieses Personal zu erreichen. Es bedarf natürlich flankierend einer Initiative auf Bundesebene, dass wir endlich dazu kommen, dass Wissenschaftzeitvertragsgesetz zu novellieren und dieses deutschlandweit um sich greifende Befristungsunwesen endlich zu beenden.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen, wenn ich noch einmal kurz zusammenfasse. Wir haben eine Hochschulentwicklungsplanung, die hat eine Finanzierungsaussage, die zukunftsfähig ist. Sie hat eine Entwicklungsstrategie, die in die Zukunft weist, und sie hat natürlich auch eine Handlungsanweisung an die Politik und ich glaube, diese Handlungsanweisungen werden in den nächsten Jahren intensiv abgearbeitet werden müssen. Mit diesen drei Punkten ist diese Hochschulentwicklungsplanung, diese
„Hochschulstrategie 2020“ ein Quantensprung im Vergleich zu bisher vorliegenden Papieren, damals aus dem Hause Schipanski und Goebel. Ich glaube auch, dass wir uns mit dieser Strategie deutlich von Teilen der Opposition unterscheiden, ich meine damit das Gutachten „Campus Thüringen“. Da empfehlen die Gutachter, ich zitiere: „auf das Versprechen der Aufrechterhaltung aller Hochschuleinrichtungen in der bisherigen Form zu verzichten“. Dementsprechend gelte es - ein neues Zitat -, „Möglichkeiten“ zu prüfen, „Hochschulen bzw. Hochschuleinrichtungen in Thüringen zu fusionieren und dergestalt miteinander kooperieren zu lassen, dass aus den Synergien ein verbessertes Verhältnis von landesseitigem Finanzierungsaufwand zum Ertrag in Forschung und Lehre erfolgt.“
Frau Dr. Kaschuba, da haben Sie heute etwas anderes erzählt, so sehr ich Ihnen persönlich auch abnehme, dass Sie alle Hochschulstandorte persönlich garantieren möchten. Hier im Gutachten steht etwas anderes und Sie werden in der nächsten Legislatur leider nicht mehr dafür streiten können, diesen Teil des Gutachtens eben nicht auszufüllen. Da werde ich misstrauisch, wenn ich das lese.
Ich möchte noch ein paar andere Dinge aus diesem Papier aufgreifen, zum Beispiel die FH Nordhausen, weil Sie vorhin angemahnt haben, dass sich das nicht wiederfindet. Wir wollen keine Fusion oder engste Zusammenarbeit zwischen Nordhausen und der FH Harz, denn das bedeutet zum Beispiel, dass wir irgendwann Antworten darauf finden müssen, was passiert, wenn Sachsen-Anhalt die Hochschulförderung noch weiter zurückfährt und dann gibt es eine Kooperation. Gibt es dann einen Geldtransfer von uns zur Fachhochschule Harz? Wie wollen wir das verhindern? Ich glaube, wenn man solche Kooperationen einrichtet, muss zunächst erst einmal auf Augenhöhe verhandelt werden. Und es geht in erster Linie auch um die Finanzierung. Ich kann nicht mit einem Bundesland, was die Forschungs- und Lehraufwendungen praktisch halbiert, kooperieren und wir finanzieren am Ende dann für das benachbarte Bundesland solche Strukturen mit. Das kann nicht funktionieren. Ebenso wenig kann es funktionieren, dass wir zum Beispiel die Verwaltungsfachhochschule in diesem Ort an der A 4, mir fällt gerade der Name nicht ein, mit der FH Nordhausen oder der Uni Erfurt verschmelzen.
Es kann auch nicht sein, dass wir die vier Hochschulen in Weimar und Erfurt auf drei inhaltliche Schwerpunkte reduzieren und dann die Zusam
menführung der Ressourcen planen. Das wird es mit uns nicht geben.
Wir sind gern bereit, punktuelle Reformen anzustreben, werden aber keine Tabula-rasa-Politik unterstützen, die dann ganze Hochschulstandorte abwickelt. Das wird es mit uns weder heute noch nach dem 14. September geben. Ich bin davon überzeugt, dass es sich in diesem Bereich wieder gezeigt hat, dass es eine kompetente Hochschulpolitik mit einer tatsächlichen, auch über die Wahl hinweg wirkenden Garantie aller Hochschulstandorte nur mit der SPD gibt. Ich denke, das ist ein gutes Signal an unsere Hochschulen. Vielen Dank.
So schwer es mir fällt, Sie in Ihrem Redefluss zu bremsen. Ist Ihnen bewusst, dass die Frist 2022 auf der Grundlage des Bundesgesetzes geschaffen wurde und nicht in der Regelungskompetenz unseres Freistaats liegt?
Herr Bergner, ich darf Ihnen helfen, ich kann die Anfrage des Herrn Kubitzki beantworten. Ja, natürlich bekommt die Kassenärztliche Vereinigung das Geld. Ich finde es nur recht und billig, wenn die Haftung dort angeschlossen wird, wo am Ende der Erlös ankommt und nicht der Erlös zur Kassenärztlichen Vereinigung geht und die Haftung tragen die Landkreise und Kommunen. Das ist abwegig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident, die Debatte dreht sich vor allem um den Teil des Gesetzes, der den neuen Beruf des Notfallsanitäters in Thüringen implementieren, umsetzen soll. Ich möchte mich in meiner Rede genau darauf konzentrieren, weil ich glaube, da gibt es den meisten Diskussionsbedarf und auch die meisten Verwerfungen. Ich kann das in gewisser Weise bei Hilfsorganisationen, bei den Rettern auch nachvollziehen. Hier im Plenum kann ich es nicht immer nachvollziehen, bei Herrn Adams zum Beispiel nicht. Es ist so, dass dieses gesamte Binnenverhältnis zwischen dem Retter, den Krankenkassen als Bezahler und den Hilfsorganisationen als Leistungserbringer - das gesamte Binnenverhältnis wird durch die Einführung des Notfallsanitäters auf eine ganz neue Basis gestellt. Das gibt natürlich Verwerfungen, das gibt natürlich Veränderungen und es ist tatsächlich so, dass es auch viele gefühlte Unsicherheiten, tatsächliche Unsicherheiten geben wird.
Ich möchte das anhand dieser drei Mitspieler im System aufarbeiten. Da sind als Erstes die Hilfsorganisationen, die als Leistungserbringer den Rettungsdienst in einer sehr guten Qualität sicherstellen. Auch von mir an dieser Stelle herzlichen Dank an die Hilfsorganisationen und ihre Rettungsdienstmitarbeiter. Diese Hilfsorganisationen hatten früher kein Problem mit Nachwuchs. Rettungssanitäter und Rettungsassistenten waren in ihrer Ausbildung so eine Art Eigeninitiative, das heißt, sie haben sich an Schulen beworben, 80 Prozent der Leute haben ihre Ausbildung an den Schulen selber bezahlt. Ich rede jetzt vom Rettungsassistenten. Wenn sie ihre Schulausbildung bis zu einem gewissen Grad fertig hatten, mussten sie sich eine Stelle als Jahrespraktikant suchen. Die Vergütung dieser Jahrespraktikanten war nirgends geregelt, das heißt, dadurch, dass die Leute angewiesen waren, für ihre Berufsausbildung dieses Praktikum zu machen, hat ein großer Teil dieser Retter dieses Praktikum bei den Hilfsorganisationen umsonst gemacht. Ganz wenige haben eine Ausbildungsvergütung bekommen, die den Namen verdient hat, und einige haben eine Aufwandsentschädigung bekommen. Das heißt, in diesem Jahrespraktikum konnten die Hilfsorganisationen diese Praktikanten als zweiten Mann auf ein Auto setzen, bekamen von den Krankenkassen praktisch die Stelle eines Rettungssanitäters dafür bezahlt und haben aber nur einen Bruchteil des Geldes weitergereicht, das war ein sehr gutes Geschäft. Mit der Einführung des Notfallsanitäters ist dieses Geschäft zu Ende. Das gibt es nicht mehr, diese Ausbeutung dieser Jahrespraktikanten ist vorbei. Das ist ein guter Schritt.
Auf die Hilfsorganisationen kommt jetzt eine zusätzliche Aufgabe hinzu - sie müssen mit den Krankenkassen neue Verträge aushandeln. In diesen Verträgen ist natürlich die Vergütung von Auszubildenden Teil der Kosten des Rettungsdienstes, das ist vollkommen klar. Oder kennen Sie irgendein Unternehmen, das seine Auszubildenden nicht in der Geschäftsbilanz aufführt, dass das irgendwo aus einem Sondervermögen oder aus Privathand oder so bezahlt wird? Das ist vollkommen klar. Die neue Ausbildung zum Notfallsanitäter ist Teil der Kosten im Rettungsdienst und wird sich deswegen in den Kassenverhandlungen niederschlagen müssen. Völlig weltfremd, wer etwas anderes glaubt.
Ja, das ist immer so. Verhandlungen gibt es in diesem Bereich immer. Jetzt kommen wir zu dem anderen Verhandlungspartner, den Krankenkassen. Die Krankenkassen hätten es sich natürlich besser gewünscht. Bislang war das für die so, dass die neu ausgebildeten Rettungsassistenten quasi für
sie vom Himmel gefallen sind, weil sie an keinem Punkt der Ausbildung dieser Menschen in irgendeiner finanziellen Verpflichtung waren. Das Einzige, was sie machen mussten - den fertig ausgebildeten Rettungsassistenten auf dem Auto irgendwann zu bezahlen, mehr nicht. Natürlich hätten sie es gerne, wenn das so weiterläuft. Aber das wird nicht gehen. Sie werden in Zukunft finanziell in die Pflicht genommen werden, diese Menschen auch in ihrer Ausbildung zu bezahlen. Das wissen die auch. Ich habe mit verschiedenen Krankenkassenvertretern hier in Thüringen geredet und denen ist völlig klar, dass es keinen anderen Weg gibt, diese Ausbildung zu bezahlen. Das wird sich auch in den Verhandlungen niederschlagen müssen, anders wird es nicht gehen.
Der dritte Partner sind die Retter, das sind die Mitarbeiter und Rettungsdienste. Das sind die eigentlichen Gewinner dieser Regelung. Diese Leute werden durch diese neue Gesetzgebung wesentlich bessergestellt als sie jemals in den vergangenen Jahren gestellt waren. Das kann ich kurz begründen. Weder der Rettungssanitäter noch der Rettungsassistent ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Da muss ich Herrn Kalich übrigens widersprechen, das sind keine Ausbildungsberufe. Es sind Berufe mit einer zweijährigen Berufsausbildung, wie gesagt, ohne - außer den Lehrplananforderungen Regelungen, wie ist das mit Vergütung usw. usf. Aus diesen Berufen wird jetzt aus dem Rettungsassistenten ein neuer Gesundheitsfachberuf. Das ist ein Quantensprung. Ich habe es eingangs bei der Einbringung des Gesetzes schon gesagt. Das ist ein Gesundheitsfachberuf. Das heißt, er bekommt wesentlich mehr Kompetenz und Verantwortung. Die Qualität ist wesentlich besser. Deswegen ist es nicht egal, ob wir eine Frist einsetzen oder nicht, denn eine höhere Qualität - wenn sich die Leute nach 2022 sowieso nicht mehr weiterbilden können vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter, dann gibt es auch keinen Grund, die Qualitätsrichtlinie später einzuführen, als bis dieser Zug abgefahren ist. Das ist normal, das ist auch stringent, das so zu machen. Diese höhere Qualität wird sich notwendigerweise in einer höheren Vergütung niederschlagen. Das ist nicht anders denkbar. Natürlich ist ein dreijähriger Ausbildungsberuf anders zu vergüten als eine zweijährige Berufsausbildung ohne entsprechende Berufsanerkennung.
Dritter Punkt ist der, dass die Einsatzmöglichkeiten des Notfallsanitäters ganz andere sein werden. Ich habe mit verschiedenen Krankenhausbetreibern gesprochen, auch bundesweiten Krankenhausbetreibern. Die freuen sich auf die neuen Notfallsanitäter, denn das ist das perfekte Personal für Rettungsstellen und Notaufnahmen, denn sie sind das Bindeglied zwischen Rettungsdienst auf der einen Seite und Krankenhaus auf der anderen Seite. Es wird also mehr Einsatzmöglichkeiten geben und es
wird andere Arbeitsmöglichkeiten und damit auch andere Vergütungsmöglichkeiten geben. Es ist ein Gesundheitsfachberuf, ich habe es schon erwähnt. Das heißt, wir werden über kurz oder lang die Möglichkeit haben, dass diese Notfallsanitäter mit dieser Ausbildung auch studieren dürfen. Das konnten die Rettungsassistenten mit noch so viel Erfahrung nicht. Der Notfallsanitäter wird ein Studium aufnehmen können, zum Beispiel ein Medizinstudium, wenn er das möchte.
Der letzte Punkt: Diese ganze Verbesserung der Qualität in der Rettung wird dazu führen, dass der Einsatzkatalog der Notärzte überarbeitet wird und nicht mehr jeder Einsatz, der heute von einem Notarzt erbracht werden muss, in Zukunft weiterhin von einem Notarzt erbracht werden muss. Auch da ist es wichtig, dass wir möglichst früh diese Umstellung schaffen, damit wir die neuen Notarztkataloge auch umsetzen können und nicht auf unseren Autos überall keine Notfallsanitäter haben.
Herr Bergner, ich möchte Ihnen ausdrücklich widersprechen, der Rettungsassistent wird nicht vom Auto verbannt, er darf nur nicht mehr den Einsatz leiten. Er darf als zweiter Mann auf dem Fahrzeug problemlos weiter fahren, er darf den Einsatz nicht mehr leiten.
Doch, na klar. Der Rettungsassistent ist der Einsatzleiter, bis der Notarzt kommt, na klar, Herr Barth. Ein bisschen Kompetenz wäre hilfreich.
Ich möchte auf die eine oder andere Äußerung, die hier in der Debatte gebracht worden ist, noch mal eingehen. Herr Adams, ja, es ist ein Bundesgesetz, das setzen wir um und wir haben keine andere Alternative, als diesen Weiterbildungskorridor bis 2022 aufzumachen. Das ist Bundesgesetz. Ich möchte das auch noch einmal richtigstellen, es muss nicht jeder von den Rettungsassistenten ewig lange auf die Schule. Mehr als die Hälfte der Rettungsassistenten haben mehr als fünf Jahre Berufserfahrung. Das heißt, sie müssen lediglich eine Prüfung ablegen. Nichts mit verstopften Schulen, nichts mit irgendwelchen lange angemeldeten Kursen, nichts mit Kapazitätsproblemen an den Schulen. Sie brauchen nur ein Prüfung. Die anderen brauchen nicht unbedingt permanent die Schulbank zu drücken. Mit dem Kultusministerium gibt es Absprachen, dass es ein ganz weites Onlineangebot für die Weiterbildung gibt, dass sie eben nicht ihre 480 bzw. 960 Stunden auf der Schulbank sitzen müssen, sondern dass die das eventuell in einem Onlineportal machen können.
Ja, natürlich, das gibt es auch in anderen medizinischen Berufen. Machen Sie sich doch einfach mal kundig, wie so etwas funktioniert. Das würde helfen.
Was Herr Kalich mit der Ausbildung sagte, ich hatte schon gesagt, es ist kein Ausbildungsberuf, was bisher die Rettungsassistenten und die Rettungssanitäter waren. Das ändert sich jetzt.
Nun zu den beiden Anträgen, dem Änderungsantrag und dem Entschließungsantrag: Ich hatte schon gesagt, ich halte die Amtsträgerhaftung dort angesiedelt sehr wohl für richtig, wo im Prinzip auch der Erlös aus diesem Geschäft ist.
Das Zweite ist zu den Fristen, die Sie streichen möchten. Dazu hatte ich auch schon etwas gesagt. Wir als Koalition werden beide Anträge ablehnen. Sie sind beide nicht unbedingt davon getragen, dass man beim Schreiben sonderlich viel Kompetenz an den Tag gelegt hat. Vielen Dank.
Herr Barth, da sind wir wieder bei diesen Sachen, wie Sie sich das ausmalen und wie es tatsächlich ist. Schauen Sie doch mal in die Rettungsleitstellen, wie viele ältere Rettungsassistenten sie da sehen.
Da sehen sie ganz viele junge Leute. Es ist nicht so, dass die Rettungsleitstellen tatsächlich das Altenbrot für verbrauchte Rettungsassistenten sind.
Es würden alle die, die jetzt eventuell von dieser Regel mit Mitte 50 betroffen sind, auch so nicht in den Leitstellen unterkommen. Sie werden sich also irgendwann alle die Frage stellen müssen, was soll aus mir die letzten Jahre in meinem Berufsleben werden. Das ist das eine. Das andere ist, wer heute 60 ist, muss die Ausbildung sowieso nicht machen. Die braucht er nicht.
Ja. Am Ende sagten Sie 60, deswegen. Wer 55 ist, der muss es sich gut überlegen, was er machen will. Aber selbst wenn wir hier diese Übergangsfrist nicht haben, wie gesagt, die kommen nicht alle in der Leitstelle unter. Jetzt kommen wir zu dem Thema, was dürfen die. Ich finde es schon eine ziemliche Frechheit, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, Rettungsassistenten dürften nicht viel mehr als stabile Seitenlage.
Das ist eine Unverschämtheit. Ganz klar, ein Rettungsassistent darf Medikamente verabreichen in Rücksprache mit der Leitstelle und dem vielleicht kommenden Notarzt.
In der Notfallkompetenz macht ein guter Rettungsassistent sogar in einer Notfallsituation eine Intubation. Das machen die. Ich kenne keinen einzigen, der dafür danach wegen Kompetenzüberschreitung ins Gefängnis gebracht worden ist. Hier zu sagen, die dürfen nicht viel mehr als stabile Seitenlage und deswegen machen wir ihnen mal ein kleines Schutzgebiet, damit sie auch in Zukunft keine bessere Qualität bringen müssen, das ist eine Frechheit.
Nicht umsonst, Herr Barth, ist es so, dass Menschen mit einer fünfjährigen Berufserfahrung nur eine Prüfung ablegen müssen. Dass es da einen Vorbereitungskurs geben muss, das ist eine andere Sache, aber sie müssen nicht noch einmal zur Schule.
Das will ich gerne machen, Herr Barth, und wenn Sie mir zugehört hätten, würden Sie es schon wissen. Sie dürfen es jetzt im Rahmen von Notfallkompetenzen und Ausnahmeregelungen und sie werden in Zukunft genau dazu ausgebildet. Das ist ein Unterschied.
Es ist ein Unterschied, ob ich in einer Ausnahmesituation etwas einmal im Jahr mache, weil kein Arzt schnell genug kommt, oder ob ich es von der Pike auf lerne. Das ist ein qualitativer Unterschied. Deswegen wollen wir diese Ausbildung einführen, deswegen wollen wir diese bessere Qualität am Ende auch bitte im Rettungsdienst sich niederschlagen lassen.
Herr Barth, noch einmal zum Verständnis, weil mir das wichtig ist, dass wir hier nicht auseinandergehen und das nicht verstehen. Ich glaube, der Mann, der das in der Leitstelle disponiert, der macht sehr wohl auch Diagnosen. Er muss drei Entscheidungen treffen. Die Entscheidung Nummer eins: Rettungsdienst oder kassenärztlicher Notfalldienst? Da kann man schon viel falsch machen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich bin schon bei Einsätzen gewesen, die eher etwas für den Rettungsdienst gewesen sind. Zweite Entscheidung: Rettungsdienst nur mit Rettungswagen oder Rettungsdienst mit Notarzt? Dann die Dritte: Rettungsdienst mit Notarzt reicht oder ich brauche einen Hubschrauber. Diese Entscheidung, die braucht die höchste Qualifikation, die wir haben können.
Das ist eine Bestrebung, ja, es gibt Bundesländer, die in ihr Gesetz reinschreiben, da muss ein Notarzt sitzen. Wir machen das nicht so. Aber das rechtfertigt doch nicht, dass wir nicht versuchen, die kompetentesten Leute, die wir am Markt verfügbar haben, in diese Leitstellen hereinzubekommen. Das sind dann 2022 flächendeckend die Notfallsanitäter.
Die Übergangsfrist zur Weiterbildung endet für die Notfallsanitäter 2022. Dass wir diese Frist hineingeschrieben haben - und auch da rede ich aus eigener Erfahrung, ich rede ja mit den Leuten noch regelmäßig und jeden Tag -, wir wollen auch einen gewissen Druck gerade auf diese Leute ausüben, die noch ein bisschen Arbeit vor sich haben. Denn wenn wir irgendwann am Sankt Nimmerleinstag die Situation haben, dass man vielleicht mal Notfallsanitäter auf dem Auto braucht, hat keiner wirklich, Sie haben es ja selber gesagt, die Notwendigkeit, sich auf den Hosenboden zu setzen und seine Weiterbildung zu machen. Genau das wollen wir nicht. Wir wollen klarmachen: Der Zug für die Weiterbildung der Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter fährt nach Bundesgesetz ab. Da können wir gar nichts dran machen. Je kürzer wir die Übergangsfrist wählen, umso größer ist der Druck auf die Leute zu sagen, ja, ich muss mich jetzt dahinter klemmen und muss das machen. Und glauben Sie mir, die meisten Rettungsassistenten, die ich kenne, die auf die 60 zugehen, die suchen sich sowieso einen anderen Job. Die machen Krankentransport, die machen Krankentaxi, die wollen auch nicht unbedingt in die Leitstelle. Das ist nicht weniger stressig als draußen auf der Straße. Das Problem ist tatsächlich, Sie haben recht, diese Leute können als Notfallsanitäter mit 63 eher schwierig ihre Leistung erbringen. Aber das heißt nicht, dass das wirklich in der Rettungsleitstelle immer einfacher ist. Ich glau
be, dass es wichtig ist, für diese Leute eine Option zu schaffen, das ist richtig. Aber sie deswegen aus der Regelung herauszunehmen, halte ich für vollkommen falsch. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 19. Dezember 2013 wurde der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen. Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat den Gesetzentwurf in seiner 52. Sitzung am 16. Januar 2014, in seiner 55. Sitzung am 13. März 2014 und in seiner 56. Sitzung am 3. April 2014 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Es bestand die Möglichkeit, im Online-Diskussionsforum des Thüringer Landtags zu Fragen des Gesetzentwurfes Stellung zu nehmen.
In seiner 56. Sitzung am 3. April hat der Ausschuss Änderungsanträge von Linken, FDP und Grünen abgelehnt sowie einen Änderungsantrag der Koalition angenommen und dementsprechend dem Landtag den Gesetzentwurf wieder zugeleitet. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Hochschulpolitik hat viel mit dem langsamen Bohren harter Bretter zu tun, wie Politik nach Max Weber allgemein haben sollte. Wir haben hier in der Debatte schon festgestellt, was alles nicht drin ist und was man sich alles wünschen würde. Aber unsere Hochschulen brauchen eine kontinuierliche, eine schrittweise und kontinuitätswahrende Entwicklung der Hochschulpolitik unseres Landes. Damit ist auch klar, dass die heute hier vorliegende Gesetzesnovelle nichts Umstürzendes, Revolutionäres sein kann und sein soll, sondern die Verbesserung in Teilen des bestehenden Gesetzes. Nichts anderes ist im Titel eigentlich angedeutet.
Uns ging es dabei um drei wesentliche Teilbereiche, wir wollten das Tenure-Track-Verfahren implementieren, erstens, wir wollten zweitens beruflich Qualifizierten ohne Abitur einen erleichterten Zugang zum Studium ermöglichen, wir wollten drittens den Thüringer Hochschulen die Einrichtung berufsbegleitender Studiengänge erleichtern und sie damit wettbewerbsfähiger und am Markt präsenter machen. Zu diesen drei Punkten haben hier viele meiner Vorredner schon Stellung genommen. Ich habe auch in der ersten Lesung dazu einiges gesagt, was hier nicht alles wiederholt werden soll.
Wichtiger ist mir, darauf hinzuweisen, dass während der mündlichen Anhörung zwar Änderungsvorschläge in Detailfragen aufgekommen sind, aber keine grundsätzliche Kritik an dieser Gesetzesnovelle. Wenn man ehrlich ist, sind auch die Oppositionsanträge genauso aufzufassen. Es mag sein, dass da jetzt vehement widersprochen wird, aber ich glaube, das gehört ein bisschen zum Geschäft. Ich wiederhole das noch einmal: Im Großen und Ganzen ist diese Gesetzesnovelle als solches akzeptiert und wir werden sehen, dass wir damit einen kleinen Schritt, aber einen Schritt in die Zukunft gegangen sind. Es erscheint mir aber dabei trotzdem wichtig, darauf hinzuweisen, dass nichts, auch keine Vorlage so gut ist, dass man sie nicht in Detailfragen verbessern sollte. Wir sind als Koali
tionsfraktionen aus der Anhörung heraus auf drei wichtige Punkte gekommen: Zum einen - das ist hier auch schon vermehrt angesprochen worden - geht es darum, das Probestudium nicht zwei Jahre, vier Semester auszudehnen, sondern das wirklich auf zwei Semester zu begrenzen. Das macht diese Phase planbarer, das gibt der Lebensplanung des Studenten mehr Sicherheit, es gibt auch den Hochschulen eine gewisse Sicherheit. Ich möchte den beiden hier vorher geäußerten Bedenken, dass da keine Regelung dazu über die Anerkennung der Abschlüsse, über die Anerkennung dieses Teils als normalen Teil des Studiums usw. drinsteht, ein bisschen entgegentreten. Sie haben recht, das steht darin nicht explizit geregelt, aber wie soll es in der Realität funktionieren? Welche Hochschule kann denn ein Probestudium anbieten - ich sage jetzt einmal nichts über BAföG und Regelstudienzeiten usw. -, es wird gar nicht anders funktionieren, als dass diese zwei Semester Probestudium Teil des normalen Studiums sind, dass alle erworbenen Scheine Teil des normalen Studiums sein werden und problemlos anerkannt werden müssen. Das ist gar nicht anders denkbar. Ich weiß, rein formal steht es nicht darin, aber wir sind alle noch so weit in der Realität verhaftet, dass wir wissen, die Lebenswirklichkeit wird diese Regelung ausgestalten und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass das kein Problem sein wird. Also dafür bin ich bereit, meine Hand ins Feuer zu legen.
Zum anderen möchten wir einen zweiten Änderungspunkt, eine Anregung des Wissenschaftsrats, aufgreifen und auch im Tenure-Track-Verfahren analog zur Juniorprofessur einen Ortswechsel zwingend vorschreiben. Das hat zum einen etwas damit zu tun, dass wir durchaus diesen Blick vom eigenen Kirchturm weg fördern wollen, zum anderen ist es von der Mentalität völlig logisch. Wenn ich mir überlege, ich kenne praktisch keine, fast keine Klinik, die irgendwann einmal einen Chefarzt aus dem eigenen Haus berufen hat, der als Assistent dort angefangen hat, Oberarzt geworden ist, jetzt Chefarzt ist. Das gibt es nicht, weil man einfach sagt, man braucht die befruchtende Kenntnis anderer Ausbildungseinrichtungen, um ein Benefit zu bringen für die Klinik in meinem Fall oder für die Hochschule in dem vorliegenden Fall. Insofern glaube ich, ist das eine sehr gute Lösung, dass wir sowohl in der Juniorprofessur als auch im Tenure-Track-Verfahren einen Ortswechsel zwingend vorschreiben.
Die letzte Änderung der Koalitionsfraktion betrifft die Regelung zum UKJ. Da war es uns etwas zu viel Vertrauensbonus, wenn wir die Vorstandsmitglieder explizit aus der Regelung für Kanzler und Rektoren rausnehmen, sondern da ist eine Anregung aus der Anhörung aufgegriffen worden, wir sind sehr wohl der Meinung, dass man die gleich behandeln sollte und dementsprechend haben wir diese Änderung eingebracht und aufgegriffen. Ich
glaube, das hat auch etwas mit Praktikabilität zu tun.
Die Änderungsvorschläge der Opposition, wie gesagt, die waren eher in Detailfragen. Da möchte ich auf eins, das ist auch hier angesprochen worden, zurückkommen, das ist die Frage, wie ist das bei den berufsbegleitenden Studiengängen mit Bezahlung? Da war die Debatte nicht ganz so eintönig, wie man das Gefühl haben könnte, weil die FDP noch nicht geredet hat, hier wurde eine Deckelung auf 500 € pro Semester gefordert, da wurde eine Vollkostenrechnung gefordert; wir sind auf einem Mittelweg, weil wir der Überzeugung sind, wir wollen den Hochschulen die Möglichkeit geben, sich auf diesem Gebiet zu profilieren, wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, da neue Studierende zu gewinnen und wir wollen ihnen nicht Leitplanken mit einer ideologischen Begründung vorgeben. Wir wollen nicht sagen, okay, wenn ihr unsere Bedingungen einhaltet, dann dürft ihr auf diesem Markt partizipieren. Ich glaube, es ist gut, wenn wir es, so wie es jetzt hier geregelt ist, lassen und wir müssen natürlich schauen, ob man gegebenenfalls in ein bis zwei Jahren oder drei Jahren oder vier Jahren da nachjustieren muss. Das ist bei jedem Gesetz, das wir verabschieden, der Fall. Ich glaube, wenn wir uns dessen bewusst sind, ist das keine schlechte Regelung, und ich glaube, deswegen sollten wir dabei bleiben. Dementsprechend hat sich der Ausschuss zu einer Beschlussempfehlung durchgerungen. Diese Beschlussempfehlung liegt Ihnen vor. Ich bitte um Zustimmung. Entsprechend werden wir den Änderungsantrag der Grünen ablehnen. Ich denke aber trotzdem, wir haben heute zwar keinen immensen Schritt, um Frau Kaschuba zu zitieren, für die Menschheit getan, aber vielleicht einen kleinen Schritt zur Verbesserung der Perspektiven unseres wissenschaftlichen Nachwuchses. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Siegesmund, Sie haben mir sehr viele wichtige Punkte praktisch vorweggenommen, die brauche ich jetzt alle nicht zu wiederholen, wofür ich doch sehr dankbar bin. Aber eines möchte ich noch einmal ausdrücklich wiederholen: Die Privatisierung des Maßregelvollzugs 2002 war ein Fehler. Das war aus der Überzeugung heraus geboren, Private können alles immer billiger machen als der Staat und das ohne Qualitätsverlust und alles wird gut. Aus dieser Überzeugung heraus ist das damals gemacht worden. Aus unserer heutigen Sicht, das ist jetzt 12 Jahre her, müssen wir sagen, es war ein Fehler. Es steht aber auch, das hatten Sie gesagt, gar nicht zur Debatte, das jetzt sofort alles rückgängig zu machen, rückabzuwickeln, erstens, weil das Millionen kosten würde, und zweitens, weil das Prinzip, die Ministerin hat es erwähnt, pacta sunt servanda auch in Fällen gelten muss, die uns nicht gefallen. Das ist das Prinzip. Es ist eine Frage der Ehrlichkeit und der Zuverlässigkeit, dass man Verträge, die einem nicht passen, auch nach einer Wahl weiterhin einhält.
Die Frage, wie man mit solchen Fehlern umgeht, setzt aber voraus, dass wir uns doch kurz die Zeit nehmen, diese Fehler einfach zu analysieren und zu schauen, was ist denn damals schiefgelaufen. Da muss ich sagen, als jemand, der durchaus hin und wieder mit Zwangsmaßnahmen bei psychisch Kranken zu tun hatte, in meiner Funktion als Notarzt, schüttele ich manchmal mit dem Kopf, wenn ich das lese, wenn ich die Maßgaben sehe, warum man mit der Privatisierung nicht ein Maßregelvollzugsgesetz auf den Weg gebracht hat. Heutzutage weiß doch jeder, der damit befasst ist, ich kann in einem Altenheim nicht mal ein Bettgitter anbringen, ohne dass das legitimiert ist. Ich kann einen Patienten im normalen Leben keiner Zwangsbehandlung zuführen, ohne dass das entweder der sozialpsychiatrische Dienst oder ein entsprechender Richter legitimiert. Und hier ist eine staatliche Aufgabe privatisiert worden, ohne für diese Fälle eine staatliche Kontrolle zu implementieren. Das ist ein Fehler gewesen, den kann ich jetzt ex post überhaupt nicht nachvollziehen. Deswegen, das muss ich so sagen, habe ich auch ein bisschen den Eindruck, das ist damals mit der heißen Nadel genäht worden und da gilt es jetzt nachzusteuern. Da ist das Gesetz
nicht, wie der Herr Bärwolff gesagt hat, eine Krücke, sondern es ist eine notwendige Nachjustierung, um die Zeit, in der die Verträge gelten, so zu gestalten, dass alles rechtskonform ist und um uns eventuell die Option zu erhalten, wenn dann die Entscheidungen anstehen, tatsächlich offen und ehrlich darüber zu diskutieren und diese Aufgabe an den Staat zurückzunehmen, was ich bevorzugen würde, oder dort unter anderen rechtlichen Bedingungen zu belassen.
Nun haben wir gehört, wenn diese gesetzlichen Änderungen greifen sollten, dann grummeln die Träger. Einige haben auch schon gesagt, wenn sie es gewusst hätten, hätten sie damals die Beleihung nicht übernommen und sie denken darüber nach, das nicht mehr machen zu wollen. Aber auch für die Träger gilt - bitte schön - pacta sunt servanda. Wenn wir jetzt die notwendigen Anpassungen an den gesetzlichen Rahmen vornehmen müssen, dann gilt dieses Gesetz natürlich auch für die Träger, die stehen nicht im rechtsfreien Raum, nur weil sie mal eine Beleihung übernommen haben. Die Gesetzlichkeiten müssen eingehalten werden. Dazu schaffen wir jetzt die Basis.
Ich finde, ein ganz wesentlicher Punkt neben den Interventionsbeauftragten ist die demokratische Legitimation von Ärzten, das ist etwas ganz, ganz Wichtiges, weil wir am Ende den Ärzten mehr oder weniger die Entscheidung zum Beispiel über den Fortgang, über die Fortschritte dieser Maßnahmen überlassen. Es muss klar sein, dass das wirtschaftliche Interesse der Ärzte nicht über das staatliche Interesse, also dieser Beleihung gerecht zu werden, obsiegen kann. Ich will das keinem unterstellen, aber so ist es über die Zweifel erhaben.
Letztlich möchte ich noch was zu Herrn Koppe sagen. Sie haben gesagt, also wenn da jetzt irgendetwas passiert, da müsste man erst den Interventionsbeauftragten nach einer Zwangsmaßnahme fragen - so ähnlich haben Sie es ausgedrückt.
Doch haben Sie, ich habe es hier fast mitnotiert, dann haben Sie sich versprochen, schauen Sie nachher im Protokoll. Fakt ist, auch heute, in jedem ähnlich gelagerten Fall, nicht nur im Maßregelvollzug, sondern auch draußen in der richtigen freien Welt ist es so, wenn ich jetzt zum Beispiel psychisch auffällig werde und irgendein Arzt sagt, ich bin eine Gefahr für mich und meine Umwelt, dann kann er sich zwar umgehend zum Beispiel Amtshilfe verschaffen und über die Polizei eine Zwangsmaßnahme einleiten, aber die muss sofort über einen Richter oder über den sozialpsychiatrischen Dienst kontrolliert werden. Ich habe das als Notarzt mehr als einmal erlebt, dass wirklich psychisch auffällige Personen von mir mittels Polizei in eine Klinik gebracht worden sind und ich war noch nicht
fertig mit dem Ausfüllen der Papiere, da kam der Anruf vom Richter: Lass den mal wieder laufen, das ist nicht so schlimm, wie ihr das denkt. Ganz klar, das ist immer so gewesen und es gibt überhaupt keinen Grund, warum es eine solche Instanz nicht auch im Maßregelvollzug geben kann und geben muss. Die muss es geben und deswegen ist dieses Gesetz wichtig. Ich freue mich darüber, dass da jetzt eine Anhörung stattfinden wird. Ich unterstütze ausdrücklich die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Sozial- und an den Justizausschuss und danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nein, Frau Hitzing, Sie haben mich nicht überzeugt.
Nein, wirklich nicht. Ich erspare mir aber das Herausarbeiten des diskrepanten Abstimmungsverhaltens in Thüringen und im Bund, das hat Frau Kaschuba sehr nett gemacht, dafür bedanke ich mich, da hat sie mir etwas abgenommen, darauf brauche ich nicht mehr einzugehen. Aber ich möchte doch sagen, die SPD in Thüringen braucht keinen Nachhilfeunterricht von der FDP-Fraktion. Wir haben schon im Jahr 2006 im Zuge der Föderalismusreform ganz klar gegen diese Verschlimmbesserungen im Bildungs- und Hochschulbereich Position bezogen. Wir waren damals im Dissens mit der Bundespartei, das kann man sagen. Soweit zum Thema diskrepantes Abstimmungsverhalten. Frau Hitzing, Sie können gerne in den Protokollen der Plenardebatten 2006 dazu nachlesen, Sie werden dort einige Argumente finden, die Sie heute auch
schon angeführt haben. Wie gesagt, wir brauchen daher keinen Nachhilfeunterricht.
An unserer Position hier in Thüringen hat sich auch nichts geändert. Wir stehen immer noch dazu, dass wir eine umfassende Aufhebung des Kooperationsverbotes wollen. Wir finden aber mittlerweile eine veränderte Haltung anderer Gesprächspartner vor, zum Beispiel unserer Bundespartei. Ich begrüße sehr, dass die sich jetzt auch hinter unserer Haltung versammelt. Ich begrüße auch ausdrücklich, dass die Union, zumindest was die Hochschulen angeht, gesprächsbereit ist und auch ihre Linie etwas geändert hat und bereit ist, den Bund in die Finanzierung mit in die Pflicht zu nehmen. Neuerdings wissen wir nun auch die FDP an unserer Seite und das begrüße ich natürlich ganz besonders.
Damit sind alle Fraktionen in diesem Haus der Überzeugung, dass das Kooperationsverbot zumindest im Hochschulbereich fallen muss. SPD, Linke und Grüne sind darüber hinaus natürlich der Überzeugung, wir brauchen den Fall des Kooperationsverbotes im gesamten Bildungssektor. Gleichzeitig muss ich sagen, ich möchte nicht auf dieses Bild aufspringen, Spatz in der Hand und Taube auf dem Dach, denn am Ende, das wissen Sie so gut wie ich, ist die Verhandlungsposition, wenn man die Gemeinsamkeiten durchsetzt, für das Durchsetzen späterer Forderungen eine um so schlechtere, wenn der eine bekommen hat, was er wollte und wozu er bereit war, und der andere eben nicht.
Außerdem möchte ich Ihnen sagen, wir werden Ihren Antrag ablehnen. Herr Voigt hat bereits begründet, warum das so sein kann und sein muss, denn wir haben im Bund die Situation, dass im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU ganz klar gesagt ist, der Bund wird sich verstärkt in der Grundfinanzierung der Hochschulen engagieren. Das geht nicht, ohne in diesem Bereich das Kooperationsverbot aufzuheben und dazu ist eine Grundgesetzänderung notwendig. Ich bin mir also ganz sicher, dass diese Aufhebung kommen wird. Wir brauchen keine Initiative aus Thüringen, wir werden eine Aufhebung des Kooperationsverbots erleben. Unsere Haltung im Bundestag wie im Bundesrat ist hinlänglich klargemacht, damit gibt es da eine ganz breite Mehrheit, das Kooperationsverbot im Hochschulbereich aufzuheben.
Wir werden allerdings noch darüber reden müssen, auch mit der CDU, wie das in den anderen Bereichen im Bildungssystem sein soll. Auch da wollen wir das, auch da wird es sicher breite Zustimmung der linken Parteien geben und - ich hab es gelernt auch von der FDP, auch die wird jetzt in den Regierungen, in denen sie noch sitzt - das sind ja nicht mehr so viele, darauf drängen -, dass im gesamten Bildungsbereich das Kooperationsverbot fallen soll. Aber ich denke, wir sind guter Hoffnung, dass wir das hier noch erleben. Mit ein bisschen Glück wer
den auch die Grünen Herrn Kretschmann einfangen, dass auch der auf diese Linie einschwenkt und dann ist im Bundesrat eine fast einstimmige Abstimmung zu erwarten.
Das steht im Koalitionsvertrag. Wie das mit den Koalitionsverträgen ist - ich weiß, da müssen Sie noch ein bisschen warten, bis Sie einen schließen können.
Doch, es steht drin, dass die Hochschulen, dass die Hochschulfinanzierungen …
Alles klar. Wir lehnen den Antrag ab und ich denke auch, wir brauchen ihn nicht. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Expertenkommission Forschung und Innovation, kurz EFI, hat ihr neuestes Jahresgutachten
- EFI, ja klar, wenigstens hören Sie jetzt zu, ist doch in Ordnung
hat vor zwei Tagen, am 26.02.2014, ihr neues Jahresgutachten vorgelegt. Ein neuer Schwerpunkt ist die Gewinnung internationaler Spitzenwissenschaftler und die Rückkehr von im Ausland arbeitenden deutschen Wissenschaftlern. Ein zweiter Schwerpunkt sind die Weiterentwicklung der Pakte und die Möglichkeiten, die sich hier für die finanzielle Beteiligung des Bundes ergeben. So aktuell ist der Antrag der Linken natürlich nicht, kann er nicht sein. Er bezieht sich auf das Gutachten vom letzten Jahr.
Den Sachverständigen ging es im vergangenen Jahr insbesondere darum, den politischen Akteuren Handlungsempfehlungen für die Zeit nach der Bundestagswahl mit auf den Weg zu geben. Dabei werden die langjährigen bildungspolitischen Dauerbrenner thematisiert wie etwa die Aufhebung des Kooperationsverbots im Bildungs- und Hochschulbereich, die Erarbeitung neuer Förderformate für die Zeit nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative sowie der Bund-Länder-Pakte, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Wagniskapitalfinanzierung. Aber auch relativ neuen und aus der rasanten Medienentwicklung resultierenden Problemstellungen hat sich die Kommission in ihrer Studie gewidmet wie dem Umgang mit alternativen Finanzierungskonzepten, Stichwort Crowdfunding oder mit Open-Access-Publikation im Internet. In der Gesamtschau bot das Gutachten 2013 also eine ganze Reihe wichtiger Anregungen für die weitere Gestaltung der Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationspolitik auf Bundesebene. Für meine Partei kann ich sagen, dass wir vieles davon bereits im Bundestagswahlkampf aufgegriffen und danach gemeinsam mit der Union auch im Berliner Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Inzwischen haben sich offenbar auch die Kollegen von der Linken
mit der Thematik befasst. Zumindest liegt uns hier ein entsprechender Parlamentsantrag vor, dessen Forderungskatalog nahezu wörtlich der Kurzfassung der aktuellen Studie entnommen ist. Merkwürdigerweise fehlen beim Antrag der Linken allerdings die Schwerpunkte Fachkräftezuwanderung und Frauenförderung. Nun weiß ich nicht, ob die beiden Themen der Linken nicht so wichtig sind, aber ich gehe mal davon aus, dass Frau Kaschuba uns das noch erläutern wird.
Eines kann ich aber jetzt schon mit Gewissheit sagen: Wir werden diesen Antrag ablehnen. Denn ich bin der Überzeugung, wir brauchen diese Bundesratsinitiative nicht. Wie bereits gesagt, hat sich die SPD schon im vergangenen Jahr intensiv mit dem Gutachten beschäftigt. Wesentliche Anregungen der Studie sind anschließend in den Berliner Koalitionsvertrag übernommen worden und werden in den kommenden Jahren das Handeln der Bundesregierung bestimmen.
Lassen wir die Bundesregierung doch erst einmal liefern, dann können wir immer noch sehen, ob uns das aus Thüringer Perspektive ausreicht oder nicht.
Lassen Sie mich das an einigen konkreten Beispielen erläuten. Empfehlung 1 des Gutachtens, die die Linke eins zu eins in ihrem Antrag übernommen hat, lautet: Der Bund müsse sich „ehrgeizige Forschungs-, Entwicklungs- und Bildungsziele für das Jahr 2020“ setzen. Dem werden wir im Bund zusammen mit unserem Koalitionspartner nachkommen. Nicht umsonst heißt es im Koalitionsvertrag: Bildung, Wissenschaft und Forschung sind Kernanliegen der Koalition. Nur wenige Zeilen weiter steht explizit: Die neue Bundesregierung werde - ich zitiere erneut - „die Mittel für Bildung im Zusammenwirken von Bund und Ländern nochmals erhöhen.“ Im Kapitel über die Hochschulen ist dann die Rede davon, die Wissenschaftsförderung insgesamt auszubauen. Es sollen, so ein paar Zeilen weiter, Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen gestärkt werden und es gibt die ausdrückliche Zusage, dass den Hochschulen seitens des Bundes mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung gestellt werden soll. Das alles ist für mich eindeutig und zeigt, dass die Große Koalition sich keinesfalls auf dem bisher Erreichten ausruhen möchte, sondern - ebenso wichtig - nachhaltige Impulse in der Wissenschafts- und Bildungspolitik setzen wird. Im Hinblick auf den letztgenannten Punkt, die Grundfinanzierung der Hochschulen, ist aus meiner Sicht auch klar, dass das in der Verfassung verankerte Kooperationsverbot fallen wird. Anders wird sich hier eine solide Kooperation zwischen Bund und Ländern gar nicht bewerkstelligen lassen. Ebenso gehe ich davon aus, dass in dem Moment, in dem die Streichung des Kooperationsverbotes im Hochschulbereich in Angriff genommen wird, auch die
Debatte über ein adäquates Vorgehen im Bildungsbereich wieder aufflammen wird. In diesem Punkt ist die Union noch nicht so weit wie wir Sozialdemokraten, aber ich bin optimistisch, dass es hier noch Bewegung geben wird.
Schließlich haben wir in dieser Frage nicht nur bildungspolitisch die besseren Argumente, sondern auch sämtliche Finanzminister der Länder und bundesweit die kommunalen Schulträger an unserer Seite.
Damit komme ich zum nächsten Beispiel aus der Liste der Empfehlungen, dem Wunsch nach verbesserten Rahmenbedingungen der Wagniskapitalfinanzierung. Auch dieser Punkt hat Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden. Der Linken ist das offenbar entgangen, deshalb möchte ich auch hier den Vertragstext kurz zitieren: „Wir wollen die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital international wettbewerbsfähig gestalten und Deutschland als Fondsstandort attraktiv machen. Hierfür ist ein eigenständiges Regelwerk erforderlich. Auch neue Finanzierungsformen wie Crowdfunding brauchen einen verlässlichen Rechtsrahmen.“ So weit der Koalitionsvertrag. Damit ist eigentlich alles dazu gesagt. Dass der Vertragstext an dieser Stelle auf Crowdfunding abhebt, zeigt zudem, dass die Koalitionspartner nicht nur die Kurzfassung des Gutachtens gelesen haben, sondern dass die gesamte Studie ausgewertet worden ist. Im Antrag der Linken findet sich zu Crowdfunding kein Wort.
Ebenso wenig widmet sich der Antrag der Linken den Empfehlungen zur Erarbeitung neuer Förderformate für die Zeit nach dem Auslaufen der Exzellenzinitiative und der Bund-Länder-Pakte zur Fachkräftezuwanderung oder zur Frauenförderung, das sagte ich bereits. Warum das so ist, kann ich nicht nachvollziehen, schließlich liegen die Regelungen zu all diesen Punkten im ureigensten Interesse Thüringens. Darüber haben wir in verschiedenen Tagesordnungspunkten in den entsprechenden Ausschüssen, aber auch schon im Plenum ausführlich diskutiert. Anders als die Kolleginnen und Kollegen der Linken hat die neue Bundesregierung die genannte Problematik glücklicherweise nicht verschlafen. Zu allen drei Punkten befinden sich belastbare Aussagen im Koalitionsvertrag, nachzulesen auf den Seiten 26 bis 29, ich erspare mir jetzt das Zitat.
Ich denke, es ist klar geworden, dass die Regierungskoalition im Bund das letztjährige Gutachten sehr ernst nimmt und sich viele der dort aufgeführten Empfehlungen zu eigen gemacht hat. Der Koalitionsvertrag spricht hier eine deutliche Sprache. Wir werden sicher in den nächsten Tagen erste Schritte zur Umsetzung zur Kenntnis nehmen dürfen. Die
jetzt schon einzufordern, halte ich allerdings für vermessen. Daher brauchen wir keine Bundesratsinitiative. Wir werden den Antrag ablehnen und ich denke, Frau Kaschuba, Sie werden sich das diesjährige Gutachten jetzt vielleicht zur Hand nehmen und dann die Konsequenzen für Thüringen ausarbeiten und vielleicht in einen neuen Antrag einbringen. Vielen Dank.
Ja, danke. Können Sie mir erläutern, Frau Kaschuba, warum Sie meinen, dass die Aufhebung des Kooperationsverbots wesentlich leichter hier durch das Haus geht als zum Beispiel eine Werbung um ausländische Fachkräfte und Frauenförderung?
Werte Frau Kaschuba, ich verstehe es immer noch nicht. Würden Sie mir bitte erläutern: Wenn Sie aus einem Antrag, der viele Punkte umfasst, gerade zwei Punkte herausstreichen, warum streichen Sie die Frauenförderung und warum streichen Sie die Fachkräftegewinnung heraus, wo die doch - Sie verweisen auf die Koalition -, aus meiner Sicht zumindest, viel eher eine Chance gehabt hätten, angenommen zu werden, als die Aufhebung des Kooperationsverbotes? Ich frage jetzt einmal ganz konkret.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Zuschauer, mit Datum vom 30. März 2011 hat die Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/2482 den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetzes in den Landtag eingebracht. Durch Beschluss des Plenums vom 14. April 2011 wurde der Gesetzentwurf an den damaligen Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen. Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat in seiner 25. Sitzung am 13. Mai 2011 darüber beraten. Der Ausschuss kam überein, den Tagesordnungspunkt nach Vorliegen eines Gesetzentwurfs der Landesregierung wieder aufzurufen. Im Zuge der Föderalismusreform I vom September 2006 waren die Zuständigkeitsregelungen des Grundgesetzes neu geordnet und alle Kompetenzen des Justizvollzugs vom Bund auf die Länder übertragen worden, so dass der Entwurf einer gesetzlichen Neuregelung durch die Landesregierung zu erwarten war.
Die Landesregierung hat sodann am 7. Oktober 2013 den Entwurf des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches in Drucksache 5/6700 eingebracht, in dem einheitliche Regelungen zum Straf- und Jugendstrafvollzug sowie zum Vollzug der Untersuchungshaft zusammengefasst wurden. In seiner 131. Plenarsitzung am 17. Oktober 2013 hat der Landtag den Gesetzentwurf der Landesregierung an den Justiz- und Verfassungsausschuss überwiesen. Dieser hat beide Gesetzentwürfe in seiner 64. Sitzung am 13. November 2013 beraten. Der Ausschuss kam überein, 12 Sachverständige, die zuvor von den Fraktionen benannt worden waren, mündlich anzuhören und rund 15 weitere Sachverständige schriftlich anzuhören.
Am 19. November 2013 brachte die Landesregierung sodann in Drucksache 5/6920 den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes in den Landtag ein, der notwendige Folgeänderungen im Zusammenhang mit einer Verabschiedung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches enthält. Durch Beschluss des Landtags vom 21. November 2013 wurde der Gesetzentwurf ebenfalls an den Justizund Verfassungsausschuss überwiesen. Dieser hat sodann alle drei Gesetzentwürfe in seiner 65. Sitzung am 11. Dezember 2013 beraten und das schriftliche Anhörungsverfahren durchgeführt, wobei an diesem Tag acht Sachverständige anwesend waren. Außerdem gingen rund 20 schriftliche Stellungnahmen zu den Gesetzentwürfen ein. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben mit einem Änderungsantrag vom 5. Februar 2014 Bedenken aus der Anhörung aufgegriffen und unter anderem eine Besserstellung von Untersuchungsgefangenen sowie eine Regelung der Unterbringung von Sorgeberechtigten mit Kindern beantragt.
Die Fraktion DIE LINKE hat einen Tag vor der vereinbarten abschließenden Ausschussberatung am 11. Februar 2014 einen umfangreichen Änderungsantrag zum Entwurf des Thüringer Justizvollzugsgesetzes eingebracht. Der Justiz- und Verfassungsausschuss hat am 12. Februar 2014 alle drei vorliegenden Gesetzentwürfe und Änderungsanträge von CDU, SPD sowie DIE LINKE abschließend beraten. Mit der deutlichen Mehrheit seiner Mitglieder hat der Ausschuss sodann beschlossen, dem Plenum die Annahme der Gesetzentwürfe der Landesregierung für ein Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch und ein erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes in Form des Änderungsantrags der Fraktionen von CDU und SPD mit einer redaktionellen Änderung zu empfehlen. Beide Gesetzentwürfe sollen nunmehr einen Tag nach ihrer Verkündung in Kraft treten. Der Justiz- und Verfassungsausschuss hat sodann mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschlossen, dem Plenum die Ablehnung des Gesetzentwurfs
der Fraktion DIE LINKE zu empfehlen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kemmerich, ist Ihnen bewusst, dass das Semesterticket, was Sie angesprochen haben, keine Initiative der Hochschulen oder der Regierung ist, sondern eine Initiative der Studentenwerke, also mehr oder weniger eine private Initiative?
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Koppe, dass dieses Thema wichtig ist, wird niemand bestreiten. Dass Sie eine sehr richtige Studie zitiert haben in der Begründung Ihres Antrags möchte ich ganz klar feststellen und Ihnen auch gern zugeben. Allerdings, wie das mit in Auftrag gegebenen Studien so ist, hätte die Frage beispielsweise gelautet „Wären Sie bereit, Ihre Medikamente, wenn es bequemer und billiger ist, online zu bestellen?“, hätten wir wahrscheinlich in der Antwort eine Facette des Problems feststellen können. Die Tatsache, dass der Bürger flächendeckend und wohnortnah eine Apotheke zur Beratung, zur Betreuung etc. haben möchte, das ist so ähnlich wie das Problem mit den Buchläden. Jeder, der gern
Bücher liest und kauft, möchte in seiner näheren Wohnumgebung einen Buchladen haben, hat aber auch gar kein Problem in der Regel, bei Amazon einzukaufen.
Es ist ein anderes Themenfeld, aber da ist die Wurzel des Problems. In dem Moment, in dem ich einen Markt für einen Onlinehandel eröffne, übe ich Druck auf die niedergelassenen, präsenten Läden aus. Das ist nun mal so. Wenn wir das Problem tatsächlich beschreiben wollen, dürfen wir nicht nur die Zahlen referieren und in die Zukunft die Zahlen referieren. Wir müssen uns auch mal die Ursache des Problems anschauen und die ist ein bisschen kurz gekommen bei Ihnen, Herr Koppe. Wir müssen konstatieren, dass bei den Apotheken, ähnlich wie es bei Ärzten und Zahnärzten ist, in den letzten 15 Jahren ein intensiver, ein extremer Wandel stattgefunden hat, und das führt zu den heutigen Problemen. Vor einigen Jahren, vor 10/15 Jahren war es so, dass wir sowohl bei den Ärzten als auch bei Zahnärzten als auch bei den Apothekern ein geschlossenes System hatten. Es gab eine Zugangsbeschränkung, es gab eine streng reglementierte Zahl von Apotheken. Jeder durfte nur eine haben. Onlinehandel gab es damals sowieso nicht. Wenn jemand in das System hineinwollte, indem er eine Apotheke übernehmen wollte, musste er sich einkaufen. Die Bedingungen dazu waren teilweise sehr drastisch. Es wurden sehr intensive Kaufverhandlungen jeweils durchgeführt und es wurden oft Schulden übernommen. Es wurden Schulden gemacht, um so eine Apotheke zu übernehmen. Das war normal. Das war die Regel. Das war auch nicht weiter schlimm, weil das Einkommen relativ gesichert war; es gab keine andere also, es gab keine zusätzliche Konkurrenz. Es gab nur eine bestimmte Anzahl von Apotheken und die Leute mussten mehr oder weniger kommen. In den letzten Jahren gab es zur Liberalisierung des Markts verschiedene Maßnahmen. Das eine, Onlinehandel habe ich gesagt. Es gibt die Möglichkeiten der Zweigapotheken; es gibt die Möglichkeit, sich einfach niederzulassen. Es gibt also deutlich mehr Apotheken, als es früher der Fall war. Und wirtschaftlich wird der Druck auch ausgeübt, indem nämlich die letzten Bundesregierungen, nicht nur die letzte schwarzgelbe, auch die davor, Maßnahmen und Regelungen eingeführt haben, Rabatte in den Apotheken zu erzwingen, die das Einkommen, das immer noch gut ist, aber das Einkommen der Apotheker doch geschmälert haben. All dieses Konglomerat - das kann man vergleichen mit dem der niedergelassenen Ärzte - führt dazu, dass es wesentlich unattraktiver ist, heutzutage eine Apotheke zu übernehmen. Die Zeiten haben sich geändert. Das ist eigentlich der Grund, warum es viele Apotheker gibt, die kei
ne Nachfolge für ihr Geschäft, für ihre Niederlassung bekommen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt und den müssen wir auch beachten. Es gab einen ökonomischen, einen kulturellen Wandel in diesem Betrieb. Den werden wir auch nicht rückgängig machen, weil die Liberalisierung genau das war, was wir haben wollten, wenn wir auch feststellen müssen, dass hier Nebeneffekte eintreten, die wir so vielleicht nicht haben wollten. Trotzdem, wieder analog zu den Ärzten, heißt das nicht, dass ein Mehr an Studienplätzen tatsächlich das Problem löst. Das haben wir bei den Medizinstudenten schon vor Jahren festgestellt, dass es eben nicht darum geht, mehr Studenten zuzulassen, mehr Studenten auszubilden, sondern die, die da sind, sollte man gewinnen, sollte man für eine Niederlassung gewinnen. Und wenn wir das ausnutzen können, dann ist das Problem zumindest in Teilen lösbar. Und da ist es natürlich kontraproduktiv, wenn in Leipzig die Universität beschließt, sie braucht keine, sie muss keine Apotheker mehr ausbilden, sie braucht diesen Studiengang nicht mehr. Dann bleibt natürlich die Frage, Herr Koppe, Sie fordern von unserer Landesregierung, an der Sie nicht beteiligt sind, dass wir ein Mehr an Apothekern ausbilden. Helfen Sie mir doch einmal: Wer regiert denn in Sachsen, wer nimmt denn hin, dass dort 50 Apotheker pro Jahr weniger ausgebildet werden? Und jetzt sollen wir in Thüringen Geld investieren, sollen wir Geld in die Hand nehmen, um dieses Mehr an Apothekern, diesen Ausfall auszugleichen, ganz nach dem Motto, mir ist es lieber, in dem Land, in dem ich mitregiere, meine Sparziele zu erreichen und dann im Nachbarland, wo ich nicht mitregiere, zu fordern, dass Geld in die Hand genommen wird, um das auszugleichen. Da machen wir nicht mit, dafür steht die SPD nicht zur Verfügung. Aber es gibt noch ein zweites Problem, weswegen wir das nicht mittragen können.
Seit Jahren gehen wir zu den Universitäten und sagen, sie sollen selber festlegen, wo sie sich profilieren wollen, welche zukunftsfähigen Zweige sie weiter ausbauen und ausbilden wollen. Und wenn in Jena die Hochschule die Apothekerausbildung als zukunftsfähigen Zweig erkennen würde, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Apothekerverband oder mit der Apothekerkammer, dann wäre es doch überhaupt kein Problem, dann dürften die das machen. Die Hochschule ist autonom. Wir wollen diese Autonomie aber nicht dadurch untergraben, dass wir gerade in diesem Fall dann sagen, ihr müsst aber für die Apotheker jetzt die Ausbildung in Leipzig ausgleichen. Wir wollen nicht in die Hochschulautonomie eingreifen. Die Hochschule soll die Freiheit haben, sich selbst in ihrer Schwerpunktsetzung zu entscheiden. Deswegen lehnen wir diesen Antrag und den Antrag der Linken ab. Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass wir nicht nichts tun. In der Fachhochschule Schmalkalden gibt es seit 2008 einen Studiengang Pharmazieökonomie. Die
ser Studiengang ist berufsbegleitend eingerichtet und er drohte leider abzuwandern, weil die Gebühren, die für diesen Studiengang erhoben werden konnten, so nicht mehr darstellbar waren. Und unter anderem deswegen ist in der Hochschulgesetznovelle jetzt die Möglichkeit eingefügt, im Prinzip kostendeckende Gebühren bei berufsbegleitenden Studiengängen zu erheben. Unter anderem deswegen haben wir dort gehandelt, um ausdrücklich die Fachhochschule Schmalkalden mit ihren berufsbegleitenden Studiengängen dort zu bedienen und ihnen die Arbeit zu erleichtern. Das heißt also, die Intention, die Sie hier tragen, durch ein Mehr an Ausbildung ein Problem zu lösen, was sich durch eine Konzentration darauf, den Nachwuchs hier in Thüringen zu halten, wesentlich effektiver lösen ließe, diese Intention teilen wir nicht. Deswegen werden wir Ihren Antrag ebenso wie den Ergänzungsantrag der Linken ablehnen. Vielen Dank.
Herr Kubitzki, könnten Sie mir erklären, Sie haben das ja angedeutet, wie Sie unter Wahrung der Studierfreiheit und unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes sicherstellen wollen, dass in Jena 50 Studienplätze für Thüringer vorgehalten werden, und würden Sie mir zustimmen, dass das Zulassen der Studenten in so einem Studiengang das gering
ste Problem ist, dass da durchaus noch die eine oder andere Praktikumseinrichtung etc. dazugehört?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kubitzki, das hat mich jetzt noch mal vorgetrieben. Ja, ich bekenne mich ausdrücklich dazu, dass wir Menschen mit einer einschlägigen Berufserfahrung einen erleichterten Zugang zum Studium geben wollen. Ja, die Hochschulen haben auch eine gewisse Freiheit darin, wie sie ihre Studienplätze vergeben. Aber nein, wir werden keinesfalls in irgendeiner Weise einer Landeskinderregelung Vorschub leisten, denn nach unserer Auffassung ist die Frage, ob jemand studieren soll oder nicht, nicht danach zu beantworten, wo er geboren ist, sondern welche Qualifikation er hat. Das ist für die Sozialdemokraten und das sollte eigentlich auch für alle anderen das Maß der Dinge sein, dass wir die Qualifiziertesten zu einer Ausbildung holen und nicht die, die in einem bestimmten geografischen Sektor geboren sind, der dann vielleicht auch noch zufällig festgelegt ist. Ich möchte an dieser Stelle betonen, wir haben uns vor etwa zwei Jahren, als Frau Feldmann gerade auf dem Absprung war, vehement dagegen gewehrt - der Staatssekretär wird sich daran erinnern, er saß mit am Tisch -, dass wir eine Regelung einführen, die die FSU Jena dazu auffordert, bevorzugt Kinder von Thüringer Ärzten zum Studium zuzulassen, weil die mutmaßlich in Thüringen bleiben und die Praxis ihrer Eltern übernehmen. Das wollen wir nicht. Wir wollen eben nicht, dass hier irgendwelche Bevorzugungen aufgrund der Eltern, Großeltern, sonst wer eingeführt werden. Wir wollen tatsächlich, dass nach Qualifikation entschieden wird. Dann sollen sich die Bundesländer doch in einen Wettbewerb begeben, wo die Studenten bleiben. Wenn die Studenten in Thüringen studieren, haben wir doch schon einen gewissen Vorteil, denn die jungen Leute haben die Chance, dieses Land kennenzulernen, und dann sollten wir uns darum bemühen, dass sie hier auch bleiben und
Lücken hier schließen, anstatt zu sagen, wir sperren die Universität für Auswärtige weitgehend und holen uns die Leute her und dann möchten sie bitte auch hier bleiben und das sollen sie vielleicht auch noch unterschreiben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag zeigen uns die Grünen, dass sie trotz aller schwarz-grünen Anwandlungen in der letzten Zeit im Herzen eine Ökopartei geblieben sind. Dieser Antrag ist das fachgerechte Recycling eines ähnlichen Antrags aus SachsenAnhalt, der mitunter im Satzbau etwas verändert wurde. Das eine oder andere Wort wurde ausgetauscht und für „Sachsen-Anhalt“ wurde „Thüringen“ eingefügt. Viel mehr eigenständiges Gedankengut findet sich nicht, allerdings ist eine größere Änderung vorgenommen worden, nämlich Sie verzichten auf die Forderung, dass der Wissenschaftsausschuss Einblick in alle Kooperationsverträge haben soll. Dafür haben Ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt sehr viel Kritik einstecken müssen. Das ist auch völlig korrekt, dass diese Kritik geäußert worden ist, denn es würde die Kontrolle, die Aufsicht der Hochschulen von der Exekutive auf die Legislative verlagern und würde außerdem die Aufsichtskompetenz noch deutlich erweitern. Aber auch in der jetzigen Form ist dieser Antrag für uns nicht zustimmungsfähig.
Ja, in Sachsen-Anhalt haben die eine andere Hochschulpolitik, zum Beispiel kürzen sie um 50 Prozent die Mittel; das wollen wir nicht. Deswegen werden wir Ihnen auch hier nicht folgen. Ihr Antrag gibt zwar vor, den Hochschulen mehr Autonomie gegenüber den Interventionen der Wirtschaft verschaffen zu wollen, aber an die Stelle möglicher Eingriffe durch Unternehmer tritt der Eingriff durch den Staat, durch die staatliche Seite durch die Kontrolle der Vertragsgestaltung, durch Berichtspflichten und durch ausgeweitete Kontrollbefugnisse des Landes. Von der Hochschulautonomie, der verfassungsrechtlich verbrieften Forschungsfreiheit und der ebenfalls durch das Grundgesetz geschützten Vertragsfreiheit und dem Grundrecht auf Berufsfreiheit bleibt bei einer derartigen Vorgehensweise nicht mehr viel übrig. Wir wissen, dass die von uns allen hier grundsätzlich gewünschte Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft auch negative Auswirkungen zeigen kann, das will ich Ihnen doch gerne zugeben, ich streite das auch nicht ab. Die Beispiele Köln und Berlin, wo sich der Bayer-Konzern bzw. die Deutsche Bank weitgehende Eingriffsrechte in die kooperierenden Hochschulen gesichert haben, sind doch durch die Medien gegangen, dem verschließen wir uns doch überhaupt nicht. So etwas kann natürlich auch nicht sein. Hochschulen sollen sich so nicht reinregieren lassen. Das ist nicht unter Autonomie abgedeckt. Das sehen wir ähnlich. Aber der Punkt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist doch
der, dass wir derzeit gar keinen Anhalt haben, dass es so ist. Wir haben keinen Anhalt, dass wir handeln müssten, und wir müssen immer wieder bedenken, dass die Forschungsfreiheit und die Berufsfreiheit Grundrechte und mithin in der Verfassung verbriefte Abwehrrechte gegenüber staatlichen Eingriffen darstellen. Das ist ein hohes Rechtsgut. Wir müssen deshalb sorgfältig abwägen, wie wir vorgehen. Staatliche Eingriffe in die Kooperationsbeziehungen der Hochschulen kann es nur dann geben, wenn wir einen Anhalt dafür haben, dass Recht und Gesetz gebrochen werden kann oder gebrochen worden ist. Ich wiederhole das noch einmal, für diesen Rechtsbruch gibt es derzeit keine Indizien.
Einer derartigen Gefahrenlage müssen wir nicht vorbeugend entgegentreten, wenn wir überhaupt keinen Anlass haben, dass sie eintritt. Ich gehe davon aus, dass die Hochschulen selbstverständlich ihre Kooperation mit Dritten so gestalten, dass sie Recht und Gesetz einhalten. Jedenfalls gab es bislang keinen Grund zu zweifeln und ich gehe daher davon aus, dass es auch in Zukunft so bleibt und die Hochschulen sich nicht selbst in ihrer öffentlichen Reputation dadurch schwächen, dass sie Vereinbarungen abschließen, wie sie mit negativen Folgen in Berlin und Köln abgeschlossen worden sind. Denn den Kölner und Berliner Hochschulen haben die Vertragsabschlüsse mit Bayer und der Deutschen Bank nämlich auf längere Sicht alles andere als genützt. Keine der Thüringer Hochschulen wird diesen schlechten Vorbildern folgen. Vestigia terrent, wie der Lateiner sage würde. Einen konkreten Anlass, die von den Grünen geforderten staatlichen Interventionen in Thüringen vorzunehmen, sehen wir nicht. Nur, weil es uns politisch eventuell geboten erscheint, können wir nicht einfach derart massiv in die Hochschulautonomie und die damit verbundenen Verfassungsrechte eingreifen.
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu mehrere eindeutige Urteile gefällt. Ich möchte hier eins zitieren: „Zugunsten der Wissenschaftsfreiheit ist stets der diesem Freiheitsrecht zugrunde liegende Gedanke mit zu berücksichtigen, dass gerade eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen befreite Wissenschaft dem Staat und der Gesellschaft im Ergebnis am besten dient.“ Ich möchte an dieser Stelle feststellen, dass die Grünen sich auf der Bundesebene seit Kurzem als neue Freiheitspartei und legitimen Nachfolger der FDP auf diesem Gebiet hochstilisiert haben. Diesen Satz, den ich gerade zitiert habe, sollten Sie sich durchaus mal zu Herzen nehmen. Wenn man verbindliche Regelungen für Kooperationen mit der Wirtschaft möchte, dann darf man eben nicht primär staatliche Durchgriffsmöglichkeiten einfordern, sondern muss an den Hochschulen
für entsprechende Selbstverpflichtung werben. Das kann jeder von uns tun in Gesprächen mit Hochschulleitung, Studierenden und Mitarbeitervertretern. Das können wir alle tun. Und wir tun es hier doch auch. Ich denke, jeder Hochschulpolitiker von uns, der unterwegs ist, bespricht das mit seinen Partnern. Möglich wäre aber auch, in der Landesrektorenkonferenz einen einheitlichen Code of Conduct zu beschließen. Aber das müssen die Hochschulen selbst entscheiden. Wir können dafür nur werben. Staatlicher Dirigismus hilft uns an dieser Stelle dagegen nicht weiter, im Gegenteil, bei einer Realisierung der grünen Vorhaben schütten wir das Kind mit dem Bade aus. Wir können nicht, nur weil es uns politisch gerade in den Kram passt, mögliche Gefährdungen der Hochschulautonomie durch die Wirtschaft mit durchgreifenden eigenen Interventionen auf eben jene Hochschulautonomie beantworten. Das hieße, den Teufel mit dem Belzebub austreiben, und dazu ist die SPD-Fraktion nicht bereit. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Frau Rothe-Beinlich, würden Sie mir zustimmen, dass Ihr Antrag nicht nur den von Ihnen zitierten oder vorgelesenen Absatz 1, sondern auch noch einen zweiten Absatz beinhaltet, der dort wesentlich weitergeht?
Frau Rothe-Beinlich, Ihr mehrfacher Verweis auf Sachsen-Anhalt hat mich jetzt noch mal nach vorn getrieben. Das ist ja legitim, wenn Sie darauf verweisen, was andere Bundesländer tun. Mir gefällt durchaus der Gedanke, wie relativ kurz und entspannt unsere Tagesordnungen hier im Plenum wären, wenn Sie sich ausschließlich auf Anträge beschränken würden, die in Baden-Württemberg eine Chance auf Annahme hätten, dann wären nämlich Ihre Anträge auch wesentlich realitätsfreundlicher. Aber das war gar nicht der wesentliche Punkt. Der wesentliche Punkt war, Sie haben nicht die Wahrheit gesagt. Wir sind nicht auf Ihre Linie in Sachsen-Anhalt eingeschwenkt. Das Parlament in Sachsen-Anhalt hat eine wesentlich abgeschwächte Version Ihres Antrags, einen Alternativantrag verabschiedet. Dessen Hauptinhalt war die Bitte nicht die Aufforderung - an die Hochschulen, in gemeinsamen Verhandlungen Transparenzregelungen aufzustellen und zu entwickeln. Das ist etwas ganz anderes als das, was Sie hier fordern. Frau Astrid Rothe-Beinlich, ich möchte Sie insofern noch einmal auffordern, wenn Ihnen in Thüringen ein einziger Fall bekannt ist, dass Wissenschaft Sie haben das hier mehrfach angesprochen, dass es solche Fälle immer wieder gibt - sich in unzulässiger Weise von Wirtschaft beeinflussen lässt, dass Wissenschaftler den rechtlich zulässigen Rahmen überschreiten, dann machen Sie das bitte öffentlich!
Also, Frau Rothe-Beinlich, ich finde das schon merkwürdig. Sie stellen sich hierhin und erzählen uns, auf Ihre Initiative hätte Sachsen-Anhalt einen gemeinsamen Antrag beschlossen. Das ist nicht die Wahrheit. Das ist gelogen. Es gab zwei Anträge, einen Grünen- und einen Alternativantrag der Regierung. Der Grünen-Antrag ist abgelehnt worden und der Alternativantrag ist angenommen worden. Es gab keinen gemeinsamen Antrag auf Ihre Initiative. Bleiben Sie bitte bei der Wahrheit! Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer, nach dem Populismusblock versuche ich jetzt mal ein bisschen Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen.
Die Frage, wie ist mit diesem Landeskrankenhausgesetz umzugehen, hat ja nicht nur eine öffentliche mündliche Anhörung nach sich gezogen, sondern alle Gesundheitspolitiker und auch die ganzen Politiker in den Wahlkreisen sind natürlich von ihren jeweiligen Häusern angesprochen worden. Viele Gespräche sind geführt worden und in diesen Gesprächen hat sich eine relativ eng begrenzte Zahl von Kritikpunkten herauskristallisiert. Wir haben uns als Koalition dieser Kritikpunkte angenommen und haben verschiedene Punkte geändert. Ein ganz wichtiger Punkt für die Geschäftsführer war natürlich die Geschäftsführerhaftung bei Ordnungswidrigkeiten. Da haben uns verschiedene Gesprächspartner deutlich gemacht, dass es durchaus auch Krankenhausträger gibt, denen das nicht wirklich wichtig ist, ob ihr Geschäftsführer nun in eine Haftungssituation kommt oder nicht. Deswegen haben wir entsprechend der Organisationshoheit die Haftung vom Geschäftsführer auf den Krankenhausträger übertragen, so dass der Krankenhausträger sich dann im Binnenverhältnis natürlich an der verantwortlichen Person oder den verantwortlichen Personen Genugtuung verschaffen kann. Aber wir als Land werden Ordnungswidrigkeiten nur gegenüber dem Krankenhausträger zur Geltung bringen und nicht mehr gegenüber Einzelpersonen. Das war eine wichtige Forderung und der sind wir nachgekommen.
Ein zweiter Kritikpunkt war die Frage der Anzeigepflicht der Kooperationsvereinbarung. Da gab es zwei Klassen von Kooperationsvereinbarungen, die eine musste angezeigt werden, die andere musste genehmigt werden. Wir haben das geändert. Wir wollen, dass alle Kooperationsvereinbarungen zwischen Krankenhäusern bzw. alle Kooperationsvereinbarungen, die Krankenhäuser abschließen, vier Wochen vor Abschluss anzeigepflichtig sind. Das Ministerium hat bei allen diesen Kooperationsvereinbarungen die Möglichkeit, diese zu untersagen. Das heißt, dass wir keine zwei Klassen von Kooperationsvereinbarungen mehr haben, sondern dass alle gleichbehandelt werden und dass es eine klare
Regelung gibt auch für den Fall, dass eine Kooperationsvereinbarung untersagt wird.
Der dritte Punkt - und das war mit Abstand der am meisten diskutierte, auch jetzt eben - ist der Punkt der Qualität. Da war die mündliche Anhörung ja relativ aufschlussreich. Ich habe gelernt von Frau Schweinsburg, dass ein Mehr an Qualität ein Wettbewerbsnachteil ist. Das war mir bis dahin neu. Ich wäre gespannt, das mal mit Patientenvertretern zu diskutieren, dass also mehr Qualität eine schlechtere Nachfrage bedeutet. Das finde ich interessant.
Sehr verwundert war ich über die Stellungnahme der leitenden Krankenhausärzte. Die hatten uns im Vorfeld der Anhörung mehrfach zu verstehen gegeben, dass sie sehr aufgeschlossen gegenüber dieser Qualitätsverordnung sind, dass sie sehr aufgeschlossen dafür sind, dass man über die gesetzlichen Regelungen hinaus auch Empfehlungen der Fachgesellschaften in eine Rechtsverordnung aufnimmt. Völlig überraschend für uns war dann die Stellungnahme in einer mündlichen Anhörung, eine etwas - ich sage jetzt mal - laschere, vor allem mit dem Argument, es gibt so schon so viel Bürokratie und wir machen Qualität, wir brauchen das alles nicht, alles ist so weit schön, wir wollen nicht mehr Bürokratie und nicht mehr Qualitätsvorschriften. Das hat mich verwundert, denn auch auf Nachfrage waren sie nicht bereit, zu ihrer Haltung von vor der Anhörung zurückzukehren. Das Ganze klärte sich dann ein bisschen auf. Nach der Anhörung kamen dann die leitenden Krankenhausärzte noch mal zu uns in die Fraktion und haben uns inständig gebeten, ja nicht abzurücken von den Qualitätsvorgaben, denn nur die Rechtsverordnung zu den Qualitätsvorgaben würde die Möglichkeit schaffen, dass sich tatsächlich alle Chefärzte aller Krankenhausträger verbindlich an bestimmte Richtlinien halten können. Sie haben also eindringlich gefordert, dass wir da auf keinen Fall schwach werden. Wir sind nicht schwach geworden, im Gegenteil, wir haben das relativ lasche „kann“ durch ein „soll“ ersetzt, ja, nicht durch ein „muss“, sondern nur durch ein „soll“, aber das reicht uns in diesem Moment auch, denn wir sind überzeugt, dass das Ministerium auch das tut, was es tun soll, und nicht nur das tut, was es tun muss.
Insofern bin ich durchaus zufrieden. Ich möchte, was die Qualitätsvorgaben angeht, zwei ganz wesentliche Argumente, die immer wieder dagegen angeführt worden sind, auch heute wieder ansprechen. Das eine ist die irrige Auffassung, dass alle Qualitätsvorgaben, die man so erlassen könnte, durch den G-BA geregelt worden sind. Wir haben während der Anhörung durch die Vertreter der Krankenkasse gelernt, dass nur ein Bruchteil der erbrachten Leistungen tatsächlich Qualitätsvorschriften des G-BA unterliegt und sehr viele Leis
tungen - im Gegenteil - dadurch gar nicht erfasst sind. Es bleibt also ein sehr weites Feld, das durch eine Rechtsverordnung zur Qualität geregelt werden könnte und geregelt werden sollte. Das wird sicher aufgegriffen werden im Rahmen der entsprechenden Verordnung.
Eine zweite Frage, auch die ist heute wieder gestellt worden: Haben wir denn in Thüringen ein Qualitätsproblem? Daraufhin hat ein Kassenvertreter geantwortet, dass beispielsweise bei Herzkatheteruntersuchungen die Komplikationsrate zwischen den Häusern schwankt zwischen 3 und über 30 Prozent. Ich denke schon, dass das einen Anlass gibt zu handeln. Auch wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass diese 30 Prozent überwiegend Blutergüsse und Wundinfektionen sind, ist es doch nicht normal, dass manche Häuser zehnmal so viele Komplikationen aufweisen als andere. Es gibt offensichtlich ein Qualitätsproblem in bestimmten definierten Feldern und hier muss eine verantwortliche Regierung auch handeln können und dafür schaffen wir die Grundlage.
Aber wenn wir jetzt bei diesen Qualitätsproblemen in Krankenhäusern sind, sind wir natürlich notwendigerweise beim AOK-Bericht. Ich habe die Zahlen gelesen, ich kann sie fast nicht glauben, ich möchte eigentlich die Frage stellen, ob die vielleicht vom ADAC erhoben worden sind. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass ein Promille aller Krankenhausbehandlungen durch Kunstfehler tödlich endet. Das glaube ich nicht. Und wenn ich mir die Beispiele, die dazu veröffentlicht worden sind, beispielsweise in der Thüringer Landeszeitung, anschaue, dann verstärken sich diese Zweifel. Da wird zum Beispiel von dem durchaus tragischen Fall eines Säuglings berichtet, der eine Magensonde hatte, die eigentlich sieben Tage halten sollte und nach sechs Tagen schon nicht mehr ohne größeren Eingriff entfernt werden konnte. Das ist ein Produktmangel, das ist ein tragischer Fall, aber ich sehe keinen Kunstfehler. Ich sehe kein Verschulden des Krankenhauses darin, eine Sonde, für die ein Hersteller eine Garantie abgibt, verwandt zu haben, und diese Garantie hat halt nicht gezogen. Das ist im Einzelfall tragisch, aber weder Schuld der Ärzte noch Schuld des Krankenhauses. Ein anderer Fall - da ist es nicht ganz so eindeutig nicht Schuld des Arztes - ist diese Geschichte, die auch in der Presse dazu kolportiert worden ist, von dem Patienten, der den Zeh gebrochen hat und auf der falschen Seite verbunden worden ist. Das muss man sich einmal bildlich vorstellen; da sitzt also ein Mann, hat sich am rechten Fuß den Zeh gebrochen und schaut zu, wie die Schwester oder der Arzt den linken Fuß verbindet, geht nach Hause, greift zum Telefon und ruft die AOK an und sagt: Stellen Sie sich mal vor, was mir heute passiert ist. Da muss man natürlich schon konstatieren, dass auch der Patient, so er denn dazu in der Lage ist, eine gewisse Mitwirkungspflicht
hat. Also ich bin als Patient der Meinung, wenn man mir den falschen Fuß verbindet, würde ich mich schon mal melden und würde sagen: Entschuldigung, es ist der andere Fuß. Also zu solchen Problemen muss es nicht kommen.
Wenn ich jetzt diese Fragen, die aufgeworfen worden sind, zu den Zahlen ins Verhältnis setze, dann, wie gesagt, erscheinen meine Zweifel doch als begründet.
Ich möchte an dieser Stelle zu den Änderungsanträgen nicht viel sagen, das hat der Kollege Gumprecht schon getan, aber zum Entschließungsantrag der Linken möchte ich noch drei Worte verlieren. Den zweiten Punkt des Entschließungsantrags, das ist der feste Zeitrahmen, der gegeben worden ist, den halte ich selbst bei bestem Willen eigentlich für unrealistisch; wir haben im September eine Landtagswahl, mag die Regierung im Oktober stehen, zwei Monate später soll das mit den Leistungserbringern, mit den Akteuren verhandelt sein, das halte ich für sehr sportlich und deswegen, denke ich, sollte man sich diese Bindung nicht auferlegen. Den ersten Punkt - das will ich hier ganz klar sagen - finde ich sehr sympathisch. Ich finde sehr sympathisch, dass man Mindestzahlen nicht nur für das ärztliche Personal, sondern auch für das mittlere medizinische Personal aufführt, das tun wir in Pflegeheimen ja auch. Ich glaube auch, dass eine solche Verordnung dazu Angaben enthalten sollte, aber wir sollten den Verhandlungen, die wir ja angekündigt haben, nicht vorgreifen. Wir wollen mit den Akteuren am Markt gemeinsam einen Kompromiss finden und ich halte es für richtig, diesen Kompromiss anzustreben, denn am Ende ist keinem wirklich mit einem Diktat des Ministeriums gedient. Ich glaube, wir sollten solche Verordnungen treffen, die auch erfüllbar sind. Deswegen möchten wir dieser Verordnung nicht vorgreifen und werden den Entschließungsantrag bei aller Sympathie auch ablehnen.
Noch ein Wort zu Herrn Kubitzki, was die Diskussion über die Größe von Fachabteilungen angeht. Das sehe ich ein bisschen anders. Wir haben ja wunderschön hergeleitet, dass es nicht mehr nach Bettenzahlen, sondern nach Fällen geht. Jetzt geht es darum, wenn ich erkenne, die Zahl der Betten ist nicht mehr der Maßstab, sondern die geleisteten Fälle, warum soll ich denn diese geleisteten Fälle im Einzelfall nicht in 10 oder 15 Betten erbringen können, wenn ich die anderen Qualitätsvorgaben, zum Beispiel die Mindestarztzahlen, erfülle? Es ist nicht so, dass die Größe der Fachabteilung per se die Entscheidung bringt, ob eine Fachabteilung sinnvoll ist oder nicht. Ich muss auch in Rechnung stellen, dass es durchaus Fachabteilungen gibt, die einander bedingen. Wenn ich eine Geburtsklinik habe, ist es sehr sinnvoll, eine Kinderklinik anzu
schließen, auch wenn die jetzt nicht über 30 oder 25 Betten verfügt. In der Zukunft wird es schwierig sein, von einem Krankenhaus beispielsweise zu erwarten, dass es im Rahmen eines medizinischen Versorgungszentrums eine Facharztpraxis übernimmt und gleichzeitig aber die Betten in diesem Fachbereich abwickelt, weil es nicht genügend Betten sind.
Wenn ich den Satz beendet habe, gern.
Das ist eine Maßgabe, der ich nicht nachkommen möchte, der ich nicht nachkommen will. Am Ende wird man darüber reden müssen, über Qualitätskriterien die Entscheidung zu treffen, ob eine Fachabteilung Bestand haben kann oder nicht.
Ich teile diese Aussage. Das habe ich ja auch gesagt. Es muss eine Mindestanzahl von Ärzten Fachärzte ist eine andere Sache - geben.
Ja, gut. Ich hatte das so verstanden, dass Sie mit einer kleinen Fachabteilung eine mit wenig Betten ausgestattete Fachabteilung …
Da gibt es doch auch schon Festlegungen. Die kleinen Fachabteilungen, zum Beispiel bei der Aufteilung Orthopädie/Unfallchirurgie, müssen nachweisen, dass es Mindestarztzahlen gibt. Das ist doch das Minimum, was man erwarten kann. Dass die Qualität eingehalten werden muss, die vorgegeben ist, das ist doch klar. Da sind wir beim nächsten Punkt. Wenn wir qualitativ sagen, eine kleine Fachabteilung oder eine Fachabteilung in so einem Haus, wie Sie es entwickelt haben, muss top sein. Dann stimme ich dem zu. Aber nicht jede Fachab
teilung in einem kleinen Haus muss so top sein, dass sie tatsächlich alle Leistungen erbringen kann. Das kann sie technisch oft gar nicht leisten. Aber qualitativ, da gebe ich Ihnen recht, sollten wir die Ansprüche nicht zu niedrig fassen.
Also, die Koalition wird dem Gesetz zustimmen mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses, wird die Änderungsanträge und auch den Entschließungsantrag ablehnen. Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Abgeordneter Hey, ich werde das jetzt alles klarstellen, dein Wunsch ist mir Befehl.
Er ist der stellvertretende Vorsitzende, ich muss machen, was er sagt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgt die Regierungskoalition im Wesentlichen drei Zielsetzungen, die hier alle schon genannt worden sind. Zum einen ist es natürlich die Profilierung eines der Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler, das ist der Tenure Track, zum anderen ist es der verbreitete Zugang von beruflich Qualifizierten ohne Abitur zum Studium und zum Dritten ist es die Einführung von berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengängen, auch im Rahmen von Bezahl-Studiengängen bzw. gebührenpflichtigen Studiengängen.
Lassen Sie mich zu den geplanten Regelungen im Einzelnen etwas sagen, auch dahin gehend, dass hier schon verschiedene Dinge angeführt worden sind bzw. kommentiert worden sind, die so nicht stehen bleiben sollten. Ja, wir haben in der Anhörung zur Großen Anfrage der Linken verschiedene Probleme im Bereich der wissenschaftlichen Beschäftigung einfach zur Kenntnis nehmen müssen, das heißt, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Nachwuchswissenschaftler natürlich verlässliche Berufsperspektiven haben wollen. Sie leiden darunter, dass sie befristete Arbeitsverhältnisse haben, klar. Ich hatte so etwas auch einmal. Ich weiß, wie das ist. Ich kann das vollkommen nachvollziehen. Wir müssen da natürlich etwas tun. Natürlich braucht man auch eine adäquate Bezahlung, wir müssen wegkommen von der Unsicherheit der eigenen beruflichen Entwicklung und wir müssen natürlich zur Kenntnis nehmen, dass bislang eine weitere sichere langfristige Lebensplanung, Berufsplanung nur dann möglich ist, wenn man einigermaßen sicher sein kann, einmal eine ordentliche Professur zu ergattern. Für genau diese Gruppe von
Wissenschaftlern, jungen Nachwuchsleuten, Talenten, nicht nur aus Thüringen, auch von anderswo brauchen wir verlässliche planbare Karrieremöglichkeiten. Ich denke, da ist der Tenure Track das, was wir als Land machen können, als einen Schritt zur Besserung dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse.
Außerdem müssen wir natürlich auch klarmachen, dass viele Probleme auch aus dem derzeitigen Wissenschaftszeitvertragsgesetz resultieren. Hier muss auf Bundesebene natürlich eine Anpassung, eine Verbesserung erfolgen. Wir werden als Land selbstverständlich nicht dabei stehen bleiben, jetzt dieses Tenure-Track-Verfahren eingeführt zu haben, sondern wir werden natürlich weiterhin Verbesserung in diesem Bereich angehen. Das ist vollkommen notwendig. Auf diese Art und Weise ist es für uns dann möglich, qualifizierte Nachwuchswissenschaftler im Wettbewerb um die besten Köpfe, nicht nur in Thüringen, sondern auch anderswo, auch international zu gewinnen. Deswegen denke ich, ist das ein Schritt, Thüringen besser aufzustellen.
Damit komme ich jetzt zum zweiten Schwerpunkt der Novellierung, dem verbesserten Zugang zum Hochschulstudium für beruflich Qualifizierte ohne Abitur. Es ist von verschiedenen Seiten Kritik geübt worden, es sind Bedenken geäußert worden, durchaus auch vom Koalitionspartner. Ich persönlich glaube, das Probestudium ist eine sehr wichtige Ergänzung zur Eingangsprüfung. Ich glaube sehr wohl, dass die Eingangsprüfung Menschen abschreckt. Ich weiß aus den Zahlen, die kann man sich raussuchen, Frau Rothe-Beinlich, dass ist jetzt nicht so, dass das Herrschaftswissen und geheim wäre. Die gibt es im Internet.
Ich weiß. Nein, beim Herrschaftswissen ging es auch darum, dass Sie nicht wissen, wie viele Studenten in Thüringen das machen.
Doch, ich habe schon intensiv zugehört.
Danke, Herr Präsident. Es ist auf jeden Fall so, dass wir feststellen müssen, dass die Eingangsprüfung nicht so wahrgenommen wird, wie wir uns das
wünschen würden. Es zieht nicht die Zahlen an Studienanfängern ohne Abitur in ein Studium, die wir brauchen würden, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen. Deswegen ist die Einführung eines Probestudiums der richtige Weg. Frau Kaschuba, selbstverständlich ist dieses Probestudium ein Präsenzstudium, ein Vollzeitstudium. Es ist kein berufsbegleitendes Studium, es ist kein Wochenendstudium und damit ist es natürlich gebührenfrei.
Es gibt mit der SPD keine Gebühren für ein Präsenzstudium, es gibt keine Gebühren für ein Vollzeitstudium, das werden wir nicht zulassen.
Wenn das alles so schlecht wäre - jetzt auch einmal mit Blick auf den Koalitionspartner - ein Probestudium einzuführen, warum haben denn andere Bundesländer, wie das nicht sozialdemokratisch regierte Bayern, aber auch NRW, Schleswig-Holstein, Saarland, Hamburg oder Bremen, sehr gute Erfahrungen mit einem Probestudium gemacht? Ich glaube, wenn man den Rahmen zwischen zwei und vier Semestern ansetzt, hat man auch die Flexibilität an die Hochschulen gegeben, dass man zum einen sagt, es ist nicht jeder Studiengang wie der andere, bei manchen Studiengängen kann man wahrscheinlich nach zwei Semestern entscheiden, ob das was für den jeweiligen Studenten ist, und bei anderen braucht man vielleicht vier Semester. Das soll aber die Hochschule selbst festlegen, das muss Studiengang für Studiengang individuell geregelt werden. Natürlich muss am Ende eines solchen Probestudiums die Entscheidung fallen, ob der Student ohne Abitur geeignet ist zu studieren oder nicht.
Wir haben selbstverständlich auch eine Verpflichtung gegenüber unserem Hochschulsystem, wenn wir sagen, es geht am Abitur vorbei zum Studium, dass dann am Ende auch die dort landen, die dafür geeignet und qualifiziert sind. Wir haben gar nichts davon - da bin ich allerdings auch nicht beim Herrn Emde -, dass man Menschen in einer Hochschule parkt. Aber ich glaube auch nicht, dass das eine Bildungsbiografie unterbrechen würde, wenn man nach zwei oder vier Semestern Probestudium am Ende feststellt, okay, die Uni-Karriere ist doch nicht das, was ich mir vorgestellt habe, und sich deswegen zurückzieht. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir mit dem Probestudium einen Schritt in die richtige Richtung machen.
Der dritte Punkt, den ich anführen möchte, sind die hier schon viel gescholtenen Bezahlstudiengänge, die gebührenpflichtigen berufsbegleitenden Studiengänge. Es ist natürlich so, wenn man immer
nur das Schlechte in der Welt sieht, könnte man sagen, das öffnet die Tür in die schleichende Studiengebühr. Dann geht die Hochschule hin und sagt, ich dünne die Präsenzkurse, die Präsenzstudiengänge aus und baue dafür das berufsbegleitende Angebot aus. Aber die Hochschule wird davon doch nicht profitieren. Die staatlichen Fördermittel, die staatlichen Zuschüsse orientieren sich ja gerade an der Zahl der Präsenzstudenten. Sie orientieren sich gerade an der Zahl derer, die jeden Tag an ihre Hochschule gehen, die ihre Kurse belegen, die nicht nebenbei arbeiten, die natürlich auch keine Gebühren bezahlen müssen. Es ist ganz klar so, dass wir und das ist ein ausdrücklicher Wunsch der Hochschulen, gerade der kleineren Hochschulen - ihnen die Möglichkeit geben, sich auf dem Markt mit privaten Anbietern zu messen, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, berufsbegleitend Studiengänge anzubieten, und dass wir ihnen die Möglichkeit geben, diese berufsbegleitenden Studiengänge auch in ihr Repertoire aufzunehmen.
Dabei ist es überhaupt nicht so, dass man davon ausgehen soll, dass diese Gebühren immer von den Studenten bezahlt werden. Ich kenne eine ganze Reihe Betriebe, die ihren Studenten diese Gebühren erstatten, einmal davon abgesehen, dass die Leute nebenbei arbeiten, Geld verdienen und diese Gebühren steuerlich voll absetzbar sind.
Es ist nicht so, dass wir irgendwo hinkommen und sagen, der arme Student muss nebenbei arbeiten und deswegen führen wir jetzt Teilzeitstudiengänge ein. So ist es nicht. Wir bedienen einen Markt, der derzeit boomt. Wir bedienen einen Markt, der derzeit gar nicht die Nachfrage abarbeiten kann. Deswegen ist genau diese Möglichkeit richtig
und sie ist wichtig und sie wird nur dann greifen, und das betone ich noch mal, wenn das berufsbegleitende gebührenpflichtige Studium flankiert wird von einem Präsenzstudiengang, der selbstverständlich, und das werde ich nicht müde zu betonen, gebührenfrei bleibt.
Ich bin der Überzeugung, wir werden diese Gesetzesnovellierung im Ausschuss intensiv diskutieren, gerne auch in einer mündlichen Anhörung. Auch wenn wir darüber so dezidiert noch nicht gesprochen haben, aber dem werde ich mich natürlich nicht verweigern. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, alle Jahre wieder kommt der FDP-Antrag zur Ärzteförderung. Das ist durchaus legitim. Das Problem ist nicht gelöst. Auch wenn man sich langsam so vorkommt wie bei „Täglich grüßt das Murmeltier“, ist es auf jeden Fall so, dass die Debatte darüber durchaus nicht unangemessen und unangebracht ist.
Man hört landauf, landab immer von Ärztemangel. In Wirklichkeit ist es so, dass heutzutage in Thüringen so viele Ärzte praktizieren wie nie zuvor. Noch nie waren so viele Ärzte tätig, noch nie waren in Deutschland so viele Ärzte tätig wie derzeit. Trotzdem hat man das Gefühl, dass wir in einen Mangel hineinschlittern, auch wenn der noch nicht so greifbar ist, dass man wirklich in Panik verfallen sollte. Das liegt auch daran, dass sich Einstellungen zum Beruf geändert haben. Früher hat der Arzt locker 80 bis 100 Stunden die Woche gearbeitet. Das darf er heute gar nicht mehr. Das heißt, da, wo früher ein Arzt war, müssen heute rein rechtlich zwei stehen. Insofern brauchen wir deswegen schon die Erhö
hung der Arztzahlen. Viele dieser Ärzte gehen praktisch vom Studium in die Klinik und bleiben dort hängen, weil sie dort benötigt werden, weil die gesetzlichen Regelungen sind, wie sie sind, und sie durchlaufen nicht mehr das Krankenhaus nur im Rahmen einer Ausbildung und lassen sich dann irgendwann als Hausärzte nieder, sondern sie bleiben im Krankenhaus und leben dort gut, zumal diese Beschäftigung zunehmend dem Lebensgefühl der jungen Ärzte heutzutage einfach entgegenkommt. Viele wollen gar keine Praxis haben, sie wollen einfach eine ordentliche Arbeit machen. Sie wollen sich um die Patienten kümmern, sie wollen am Monatsende ihr Geld haben. Sie scheuen die berufliche Niederlassung. Das ist ein Einstellungsproblem. Das wird man auch nicht mit einem Begrüßungsgeld von 50.000, von 100.000 oder von 10.000 € lösen, man wird es nicht mit zinsgünstigen Krediten lösen. Die Menschen, viele Menschen wollen dieses Risiko nicht mehr eingehen. Nicht nur bei den Ärzten, auch bei vielen anderen Bereichen ist das so.
Das geht noch weiter. Wir haben dort, wo Praxen jetzt schon nicht besetzt werden können, nicht nur das Problem von Ärztemangel. Das ist nicht das einzige Problem in den Regionen. Die Regionen leiden unter dem demografischen Wandel, sie leider darunter, dass die Infrastruktur zurückgebaut wird, sie leiden darunter, dass eventuell das die Regionen sind, wo die Arbeitslosigkeit auch noch besonders hoch ist. Das heißt, das ist nicht ein Problem, dass wir die Ärzte da nicht hinkriegen, weil wir einfach keine Ärzte haben, sondern das ist ein Problem der Region.
Das ist ein Problem der Dörfer, das ist ein Problem unserer Bereiche, nicht nur in Thüringen, überall. Sie haben es angeführt. Wir haben dieses Problem in der gesamten Bundesrepublik. Das hat etwas mit der Entwicklung unserer Gesellschaft zu tun. In Thüringen und im Osten Deutschlands ist das Ganze aber noch ein bisschen härter.
Und da - jetzt bin ich wieder bei Bundespolitik muss ich Fehler ansprechen, die aber nicht die letzte Bundesregierung gemacht hat, sondern eine ganz andere Bundesregierung, aber auch da war die FDP in der Regierung, ohne dass ich jetzt FDPWashing betreiben sollte, Sie haben Ihre Honorierung der Regierungsarbeit der letzten vier Jahre im Bund bekommen. Es ist nach der Wende so gewesen, dass man das System der DDR mit Poliklinik, Krankenhäusern etc. aufgelöst hat. Man hat es gar nicht erst geprüft, ob es in irgendeiner Weise möglich gewesen wäre, vernünftig gewesen wäre, irgendwas zu erhalten, es umzuwandeln, es zu überführen in ein bundesdeutsches Gesundheitswesen. Man hat es aufgelöst und man hat förmlich, ich will jetzt nicht sagen mit Gewalt, aber fast mit Drohun
gen einen Arzt in einem Alter zwischen 35 und 55 Jahren fast dazu genötigt, sich niederzulassen. Wenn man zu dieser Altersgruppe von 35 die 25 Jahre, die seit der Wende vergangen sind, dazuzählt, dann kommen wir langsam ins Rentenalter. All die Leute, die sich damals niedergelassen haben, scheiden in den nächsten Jahren aus. Dieses Ausscheiden führt dazu, dass wir dort viele Praxen freihaben. Über 15 Jahre lang war hier in Thüringen überhaupt keine Praxis frei. Sie hatten keine Chance als junger Arzt, sich irgendwo niederzulassen. Heute ist es so, dass wir absehen können, dass innerhalb der nächsten fünf, sechs, sieben Jahre ein Großteil der niedergelassenen Ärzte ihre Praxis aus Altersgründen aufgeben müssen, weil sie sich damals alle niederlassen mussten. Und der junge Arzt, der heute tatsächlich darüber nachdenkt, sich niederzulassen, der wird sich doch nicht, wenn er nicht unbedingt einen Hang zu seiner Heimatregion hat, in einer ländlichen Region niederlassen, wo er seine Patienten im Umkreis von 30 km suchen muss und eventuell aufsuchen muss. Er wird sich dort niederlassen, wo er seine Patienten vielleicht in einem Umkreis von 3 km finden wird. Das ist doch das Problem.