Protocol of the Session on June 21, 2013

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich begrüße Sie recht herzlich zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat Herr Abgeordneter Weber neben mir Platz genommen, die Rednerliste führt Herr Abgeordneter Koppe.

Es haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Mühlbauer, Herr Abgeordneter Wetzel, Herr Abgeordneter Grob, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Recknagel und Herr Minister Machnig.

Gibt es noch Anmerkungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27

Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2012 Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/6180

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Abgeordneten Schröter, das Wort zum Bericht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kollegen, guten Morgen. Ich freue mich, Ihnen heute den Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2012 vorstellen zu können. Der Bericht dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Tätigkeit des Petitionsausschusses. Der Bericht gibt Auskunft über die große Zahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen und erläutert beispielhaft einige Fälle, mit denen sich der Petitionsausschuss im Berichtszeitraum befasst hat.

Als Kummerkasten des Landtags wurde der Petitionsausschuss in einem kürzlich erschienenen Zeitungsartikel bezeichnet. In der Tat kann man damit eine ganz wesentliche Funktion des Ausschusses beschreiben. Ganz nahe dran an den Sorgen der Bürger, so hat die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags dessen Arbeit charakterisiert.

911 Petitionen und damit erneut eine große Zahl solcher Sorgen wurden im Jahr 2012 an den Petitionsausschuss herangetragen. Betrachten wir die

Eingangszahlen der vergangenen zehn Jahre, so ist festzustellen, dass in diesem Zeitraum jährlich knapp 1.000 neue Petitionen den Ausschuss erreicht haben. Das beweist nicht nur, dass nach wie vor großes Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Mitglieder des Ausschusses gesetzt wird. Es beweist darüber hinaus, wie wichtig es ist, dass es eine unabhängige Stelle gibt, die die betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten im Umgang mit den Behörden unterstützt. Hinter jeder einzelnen Petition steht ein persönliches Schicksal. Jedem Petenten seine Probleme zu nehmen, ist ein wichtiges Anliegen des Petitionsausschusses.

Die Probleme und Anliegen, die die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen und dies hier an den Petitionsausschuss herantragen, sind vielfältig und kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Verwaltung. Da geht es ebenso um Baugenehmigungen oder den Datenschutz, wie um aufenthaltsrechtliche Fragen oder dienstrechtliche oder steuerrechtliche Belange.

In 110 Fällen, das sind immerhin 14 Prozent der abschließenden Entscheidungen, ist es dem Petitionsausschuss gelungen, den Anliegen der Petenten in vollem Umfang oder zumindest teilweise zu entsprechen. Ich glaube, dass es dem Ausschuss aber ebenso gelungen ist, dort, wo keine Abhilfe möglich war, Entscheidungen jedenfalls transparenter zu machen und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Rechtsstaat zu stärken.

Damit ist neben der bereits angesprochenen unmittelbaren Abhilfe ein weiterer Aspekt der Arbeit des Petitionsausschusses angesprochen, den man gewissermaßen als Befriedungsfunktion bezeichnen kann. Auch dieser Aspekt darf nicht unterschätzt werden, gilt es doch nicht zuletzt, Staats- und Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und die Bürgerinnen und Bürger mit einer entsprechenden Situation quasi auszusöhnen. Dies erfordert ein hohes Maß an Überzeugungsarbeit, zumal ich leider ähnlich wie in den vergangenen Jahren - nicht umhinkomme festzustellen, dass seitens der Behörden insoweit viel mehr getan werden könnte. Den Behörden fehlt es nach wie vor oftmals an der Bereitschaft, mit den Bürgern zu kommunizieren. Anstatt nach vernünftigen Lösungen zu suchen, wird der Bürger auf den Rechtsweg verwiesen, was oft sehr teuer ist und im gerichtlichen Instanzenzug nicht selten Jahre dauern kann.

Die dritte wesentliche Leitlinie, mit der man die Arbeit des Petitionsausschusses umschreiben kann, ist schließlich die Mitwirkung an der gesetzgeberischen Arbeit, die auf den Anstößen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger beruht. Nicht selten finden solche Anregungen auch Berücksichtigung im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren.

Ich glaube, dass es insbesondere das Instrument der im Internet veröffentlichten Petition sein kann, das mittlerweile weit verbreiteten Problemen oder Politikverdrossenheit entgegenwirkt. Seit der Novellierung des Thüringer Petitionsgesetzes zum 1. Juni 2013 ist es für die Bürgerinnen und Bürger wieder ein Stück einfacher geworden, sich mit ihren Beschwerden, aber auch mit ihren Vorschlägen an den Petitionsausschuss zu wenden. Schon seit dem Jahr 2007 können Petitionen auf elektronischem Wege eingereicht werden. Seit dem 1. Juni dieses Jahres ist es möglich, Petitionen online zu veröffentlichen und möglicherweise von Unterstützern mitzeichnen zu lassen. Zur Veröffentlichung geeignet sind an den Landtag gerichtete Petitionen, wenn sie von allgemeinem Interesse sind, die also für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet scheinen. Vor einer solchen Veröffentlichung prüft der Ausschussdienst zunächst, ob die entsprechenden formalen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Entscheidung über die Veröffentlichung einer Petition trifft dann der Petitionsausschuss. Unzulässige Petitionen werden nicht zur Veröffentlichung zugelassen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Petition einen beleidigenden oder unsachlichen Charakter hat oder wenn sie in Persönlichkeitsrechte eingreift. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dann, abgesehen von der nicht erfolgten Veröffentlichung, darüber hinaus sogar von der sachlichen Prüfung einer Petition Abstand genommen werden.

Nach der Entscheidung des Petitionsausschusses wird die betreffende Petition im Zusammenhang mit dem Namen und der Anschrift des Petenten im Internet veröffentlicht. Von da an haben Unterstützer dieser Petition sechs Wochen lang die Möglichkeit, die Petition mitzuzeichnen, sie also zu unterstützen. Hat eine öffentliche Petition ein Quorum von mindestens 1.500 Mitzeichnern erreicht, so ist eine öffentliche Anhörung des Petenten im Petitionsausschuss vorgesehen. Die Möglichkeit, Petitionen zu veröffentlichen und mitzeichnen zu lassen, ist meiner Auffassung nach ein weiterer Schritt zur weitgehenden Transparenz und Offenheit im Rahmen der parlamentarischen Prozesse.

Insgesamt 1.685 Petitionen hat der Petitionsausschuss im Berichtszeitraum bearbeitet. 925 Fälle konnten während dieser Zeit abgeschlossen werden. Mit großem Engagement haben die Mitglieder des Petitionsausschusses dieses hohe Arbeitspensum bewältigt. Das freut mich immer wieder, dass sich die Mitglieder des Petitionsausschusses, und das ist in anderen Ausschüssen vielleicht nicht immer die Regel, dafür einsetzen, dass über parteiund fraktionspolitische Grenzen hinweg konsensorientiert tragfähige Lösungen gesucht werden.

So gesehen hat der Petitionsausschuss durch sein Engagement im Jahr 2012 vielen Bürgern und Bürgerinnen helfen können. Ich denke da zum Beispiel

an den Fall einer Thüringer Beamtin im Polizeivollzugsdienst, die nach Ablauf ihrer Probezeit auf den Hinweis auf disziplinarische Gründe aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen worden war. Die gegen diese Entlassung eingereichte Klage der Petentin wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Dieser Fall hat den Petitionsausschuss sehr lange beschäftigt. Seit 2008 hat er sich in insgesamt 12 Sitzungen mit der Angelegenheit befasst. Nach einer intensiven Beschäftigung mit dem Sachverhalt äußerte der Petitionsausschuss frühzeitig Bedenken gegen die gegenüber der Beamtin erhobenen disziplinarischen Vorwürfe. Ein erster Schritt zur tragfähigen sozialverträglichen Lösung war in der Folge die Aufhebung der gegenüber der Petentin ergangenen Disziplinarverfügung. Da dieser Disziplinarverfügung zugrunde liegende Vorwürfe nach Auffassung des Petitionsausschusses auch in die spätere Probezeitbeurteilung der Petentin eingeflossen waren und damit Einfluss auf die spätere Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe hatten, hat sich der Petitionsausschuss mehrfach für eine Rückkehr der Beamtin in das Beamtenverhältnis ausgesprochen. Nach langwierigen Gesprächen mit der Landesregierung konnte die Angelegenheit schließlich vergleichsweise dergestalt abgeschlossen werden, dass die Entlassung der Petentin zurückgenommen wurde und ihre damalige Probezeit als bestanden anerkannt wurde. Sodann wurde sie nach der Beförderung in ein höheres statusrechtliches Amt in den Polizeidienst eines anderen Bundeslandes übernommen. Die ihr seit dem Jahr 2008 nicht ausgezahlten Amtsbezüge wurden der Petentin erstattet.

Dieser Fall zeigt, dass eine sorgfältige Aufarbeitung des Sachverhalts und tragfähige Vorschläge im Dialog mit der Landesregierung entscheidend für eine Möglichkeit der positiven Lösung im Interesse der Petenten sind.

Ebenfalls erfolgreich, allerdings sehr viel schneller, konnte der Petitionsausschuss sich für eine Familie einsetzen, deren Antrag auf Genehmigung zur Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer Scheune ihres Anwesens seitens der zuständigen Behörde mit dem Hinweis auf denkmalschutzrechtliche Belange zunächst abgelehnt worden war. Die Denkmalschutzbehörde hatte den Antrag unter Hinweis darauf, dass die Solaranlage aufgrund deren straßenseitiger Einsehbarkeit den Gesamteindruck des Wohnorts der Petenten, eines sogenannten Rundlingsdorfes, als geschütztes Denkmalensemble beeinträchtige, abschlägig beschieden. Der Petitionsausschuss führte daraufhin eine Ortsbesichtigung durch und erörterte das Anliegen der Petenten mit den Vertretern der beteiligten Behörden. Im Ergebnis konnte der Ausschuss die Versagung der Genehmigung nicht nachvollziehen und empfahl, die beantragte Genehmigung zu erteilen. Im Rahmen des noch laufenden Wider

spruchverfahrens hob die obere Denkmalschutzbehörde daraufhin den Bescheid des Landratsamts auf. Das Landratsamt wurde angewiesen, die von den Petenten beantragte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen. Ein wesentlicher Aspekt der Entscheidung lag nunmehr auf der Tatsache, dass die Petenten im Falle der Ablehnung zur Installation der Solaranlage keine Veranlassung gesehen hätten, die alte Scheune, auf der die Solaranlage errichtet werden sollte, zu erhalten, so dass das Gebäude im Lauf der Zeit ohnehin dem Verfall preisgegeben gewesen wäre.

Natürlich ist es dem Petitionsausschuss nicht in jedem Fall möglich, den Anliegen von Petenten zum Erfolg zu verhelfen. Auch der Petitionsausschuss ist an Recht und Gesetz gebunden und kann folglich nicht alle Anliegen, die an ihn herangetragen werden, unterstützen. Aber auch dort, wo dies nicht gelungen ist, konnte der Ausschuss den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern helfen, Verwaltungsentscheidungen besser zu verstehen und dadurch möglicherweise auch erst zu akzeptieren.

Schwerpunkte bei den neu eingegangenen Petitionen waren im Berichtszeitraum die Bereiche Rechtspflege sowie Arbeit, Soziales und Gesundheit. Die Spitzenposition des Bereichs Rechtspflege beruht auf dem starken Anstieg von Petitionen aus dem Strafvollzug. Im Jahr 2012 haben sich insgesamt 173 Gefangene aus den Strafvollzugsanstalten des Freistaats an die Strafvollzugskommission oder unmittelbar an den Petitionsausschuss gewandt. Dies bedeutet einen Zuwachs von 77 Prozent. Aus dem Bereich kommunale Angelegenheiten waren im Berichtszeitraum 92 Eingänge zu verzeichnen.

Die Petitionen von Strafgefangenen haben vorwiegend Beschwerden zur Praxis der Vollzugslockerungen in den Thüringer Justizvollzugsanstalten zum Gegenstand. Der Ausschuss hat insoweit bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Vollzugslockerungen ein wesentlicher Bestandteil des Strafvollzugsverfahrens sind. Nach Auffassung des Petitionsausschusses kann es nicht angehen, Strafgefangene, insbesondere solche, die lange Haftstrafen zu verbüßen haben, ohne jegliche Lockerung in die Freiheit zu entlassen, da dies nicht zuletzt eine erhebliche Rückfallgefahr mit sich bringt. Aus diesen Gründen wird sich auch nicht nur der Petitionsausschuss mit den zahlreichen Einzelanliegen der betreffenden Strafgefangenen beschäftigen, sondern darüber hinaus wird die Strafvollzugskommission diese Thematik insgesamt weiter im Blick haben.

Klagen aus den Vollzugsanstalten haben den Petitionsausschuss aber nicht nur von Strafgefangenen, sondern auch aus dem Kreis der Vollzugsbediensteten erreicht. So etwa im Falle eines Bediensteten, der eine unzulässige Kontroll- und Überwachnungs

maßnahme in der JVA Hohenleuben beklagte. Der Petent berichtete, dass alle Bediensteten der JVA mit Personalnotrufgeräten ausgestattet seien, die eine umfassende Kontrolle ermöglichen würden. Dieses Überwachungssystem sei bereits mehrere Jahre in Betrieb gewesen, ohne dass der Personalrat informiert worden sei. Das um Stellungnahme gebetene Justizministerium wies insoweit darauf hin, dass die den Vollzugsbediensteten ausgehändigten Personalnotrufgeräte der jederzeitigen Erreichbarkeit der Bediensteten und zum Auslösen verschiedener Alarme in Gefahrensituationen dienten. Gleichzeitig räumte das Ministerium aber ein, dass mit dem System auch überprüft werden könne, ob Bestreifungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Wie der Petitionsausschuss feststellte, wurde wenige Wochen, nachdem sich der Petent an den Petitionsausschuss gewandt hatte, zwischen der Anstaltsleitung und dem örtlichen Personalrat eine Dienstvereinbarung über die Inbetriebnahme des Personalnotrufsystems abgeschlossen. Tatsächlich war das Sicherheitssystem zuvor aber bereits mehrere Jahre ohne entsprechende rechtliche Grundlagen genutzt worden. Der Petitionsausschuss rügte dies und bezog den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz in die Prüfung der Einzelheiten der Dienstvereinbarung ein. Im Ergebnis wies der Petitionsausschuss die Landesregierung ausdrücklich darauf hin, dass die Auswertung gespeicherter Daten im Sinne einer Leistungsund Verhaltenskontrolle der Bediensteten mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage unzulässig und damit rechtswidrig waren. Das Thüringer Justizministerium versicherte daraufhin, dass sämtliche Unterlagen, die vor Abschluss der Dienstvereinbarung angelegt worden waren, seitens der Justizvollzugsanstalt vernichtet wurden. Die Petition konnte damit abgeschlossen werden.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen auch einen Fall schildern, in dem der Petitionsausschuss letztlich keine Möglichkeit sah, den Petenten effektiv zu unterstützen. Gerade dieser Fall hat aber alle Mitglieder des Petitionsausschusses menschlich außerordentlich berührt. Der Petent hatte gegenüber dem Ausschuss beklagt, dass er für die Restitution eines zuvor in seinem Besitz befindlichen Grundstücks in Eisenberg an die früheren jüdischen Eigentümer nicht hinreichend entschädigt worden sei. Das Grundstück war im Jahr 1936 schon von dem Großvater des Petenten zu einem, und das muss man an dieser Stelle deutlich hervorheben, angemessenen Kaufpreis erworben worden. Schon zu Beginn der 90er-Jahre hatte der Petent erhebliche Investitionen auf dem Anwesen vorgenommen. Nachdem die seitens des Landratsamts des damaligen Landkreises Eisenberg eine, wie sich zeigen sollte, rechtswidrige Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt worden war. Der Petent war nämlich nicht über den zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Restitutionsanspruch der Erben der frühe

ren jüdischen Eigentümerin unterrichtet worden. Aufgrund der im Ergebnis berechtigten Ansprüche wurde das Grundstück schließlich an die Erben zurückgegeben. Eine gegen die Rückübertragung gerichtete Klage des Petenten war nicht erfolgreich, weil die Vermutung eines verfolgungsbedingten Verlusts des Grundstücks letztlich nicht widerlegt werden konnte. Die Vermutung eines verfolgungsbedingten Verlusts basiert darauf, dass auf den vereinbarten Kaufpreis seitens des Großvaters des Petenten seinerzeit nur eine Anzahlung geleistet worden war. Der ausstehende Restkaufpreis, der erst im Jahre 1939 in jährlichen Raten getilgt werden sollte, wurde nach der Emigration der früheren Eigentümerin als sogenannte Reichsfluchtsteuer einbehalten, so dass der Kaufpreis zu keiner Zeit im vollen Umfang zur Auszahlung gelangte. Im Ergebnis einer zivilrechtlichen Klage erhielt der Petent eine Schadensersatzsumme in Höhe von 600.000 € zugesprochen, die er allerdings im Wesentlichen für die Rückzahlung von Bankkrediten verwenden musste. Für die Herausgabe des Grundstücks selbst erhielt der Petent aufgrund eines Bescheids des Staatlichen Amts zur Regelung offener Vermögensfragen lediglich einen Betrag von 45.000 € zugesprochen. Da seiner Auffassung nach die erfolgte Wertsteigerung bei der Festsetzung der Summe nicht hinreichend berücksichtigt worden war, bat der Petent nunmehr den Petitionsausschuss um Unterstützung. Die besondere Tragik dieses Falls liegt darin, dass der Petent bereits weit über 80 Jahre alt ist und heute zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls, wie er selbst, schwerbehindert ist, von einer geringen Rente leben muss. Nach jahrelangen Versuchen, sein Recht zu erstreiten, hoffte der Petent mit der Unterstützung des Petitionsausschusses nachträglich eine erhebliche Summe aus Mitteln der sogenannten Denkmalförderrichtlinie zu erhalten. Der Ausschuss sah letztlich aber keine Anhaltspunkte für mögliche Zuwendungen. Für die Beurteilung der weiteren Fragen, ob seinerzeit die gewählte Entscheidung für die Herausgabe des Grundstücks angemessen ist, war der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags nicht zuständig. Da die Entschädigung in Anwendung des sogenannten Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen - also einem Bundesgesetz - erfolgte, ist insoweit eine Zuständigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags gegeben. Der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags hat die Angelegenheit daher zur Weiterbearbeitung an den Deutschen Bundestag abgegeben. Die Petition ist dort noch nicht abgeschlossen.

Im Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit erreichen den Petitionsausschuss immer wieder zahlreiche Beschwerden bezüglich der Leistungen für Unterkunft und Heizung, die im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II gewährt werden können. Bedarfe für die

Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. In einem Fall beklagte ein Petent, der Eigentümer eines kleinen Einfamilienhauses ist, dass sein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit abgelehnt wurde. Insbesondere waren seiner Ansicht nach die vom Jobcenter errechneten Kosten der Unterkunft und Heizung zu gering angesetzt. Der Petent und seine Lebensgefährtin waren wegen übersteigenden Einkommens als nicht hilfebedürftig angesehen worden. Aufgrund der Petition hat das Jobcenter ein klärendes Gespräch mit dem Petenten geführt. Nach erneuter Beantragung von Leistungen nach dem SGB II und Vorlage aller notwendigen Unterlagen - der Petent hatte insoweit die Erstattung von knapp 1.000 € für die Lieferung von Heizöl geltend gemacht - konnte mit einem erneuten Bescheid letztlich Leistung für den betreffenden Monat der Lieferung des Heizöls von insgesamt 550 € bewilligt werden. Dabei wurde berücksichtigt, dass einmalige Bedarfe, die nach dem § 22 Abs. 1 SGB II zuzuordnen sind, im Monat der Fälligkeit bedarfserhöhend bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind. Im Übrigen mussten weitere Leistungen nach dem SGB II abgelehnt werden, da die monatlichen Einkünfte - das sind hier Renten - der Lebensgefährtin des Petenten den Bedarf nach dem SGB II überstiegen. Dieser Fall zeigt unter anderem, dass Jobcenter die Petitionen zum Anlass für Gespräche mit Betroffenen nehmen, kurzfristig Abhilfe bei Problemen schaffen oder zur Klärung offener Fragen beitragen können. Dies wird durch den Petitionsausschuss sehr begrüßt.

Wie bereits angesprochen, rangierte der Bereich kommunale Angelegenheiten mit 92 Petitionen auf dem dritten Platz der Neueingänge des Jahres 2012. Lassen Sie mich bitte dazu auch einen Fall schildern. Anlieger einer Gemeindestraße beschwerten sich darüber, dass eine gepflasterte Fläche zwischen ihrem Wohnhaus und der Straße, die zu ihrem Grundstück gehört, von der Gemeinde als Teil der öffentlichen Straße behandelt wird. Als die Petenten 1976 ihr Wohnhaus bauten, befestigten sie die Grundstücksfläche zwischen ihrem Haus und der Straße und nutzten diese Fläche zum Abstellen ihrer Kraftfahrzeuge. 1997 baute die Gemeinde die Straße und den Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite aus. Die Gestaltung der Fläche zwischen den Straßen und den Häusern auf der Straßenseite des Petenten überließ die Gemeinde den Anliegern. Deswegen beauftragten die Petenten und andere Anlieger dieser Straßenseite 1997 eine Straßenbaufirma, die Fläche auf ihren Grundstücken mit den gleichen Steinen wie den Gehweg auf der anderen Straßenseite zu pflastern. Die Kosten trugen die Anlieger. 2011 erließ das Verkehrsamt des Landratsamts eine verkehrsrechtliche Anordnung, nach der unter anderem vor dem

Haus der Petenten nur auf der Fahrbahn geparkt werden darf. Man ging dabei davon aus, dass die Flächen zwischen den Straßen und den Häusern auf der Straßenseite der Petenten zur öffentlichen Straße gehören. Die Gemeinde kündigte in einem Gespräch mit dem Petenten im Jahr 2012 an, die Eigentumsverhältnisse im Haushaltsjahr 2013 zu bereinigen. Die Petenten und andere Anlieger hatten aber kein Interesse an einem Verkauf der in Rede stehenden Flächen. Die Gemeinde hat die Auffassung vertreten, dass die in Rede stehende Fläche der Straße bereits zu DDR-Zeiten eine öffentliche Straße gewesen sei. Unterlagen über deren Widmung lägen der Verwaltungsgemeinschaft zwar nicht vor, es sei aber von der Widmungsfiktion nach § 52 Abs. 6 Thüringer Straßengesetz auszugehen. Dies gelte auch für die Fläche auf der Straßenseite der Petenten, da es sich um einen Gehweg handele und Gehwege Bestandteil der öffentlichen Straßen seien. Der Petitionsausschuss ist davon ausgegangen, dass nach diesen Widmungsfiktionen die Straßen bzw. Straßenbestandteile als gewidmet gelten, die bereits nach DDR-Recht öffentlich waren. Hierfür ist nach der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts maßgebend, ob die Verkehrsfläche vom zuständigen Staatsorgan der DDR für den öffentlichen Verkehr tatsächlich freigegeben, also wie eine öffentliche Straße behandelt wurde. Der Petitionsausschuss hat die Gemeinde deshalb gebeten, geeignete Belege für die von ihr angenommene Widmungsfiktion vorzulegen. Da die Gemeinde keinen entsprechenden Nachweis erbringen konnte, hat der Gemeinderat die Rechtsverhältnisse durch eine Entwidmung der betroffenen Flächen klargestellt. Damit konnte der Petitionsausschuss die Petition abschließen.

Das in der Thüringer Verfassung verankerte Petitionsrecht wird von den Thüringer Bürgerinnen und Bürgern in erfreulich großer Zahl in Anspruch genommen. Im Rahmen des Petitionsverfahrens wird der Sachverhalt einer Petition sorgfältig, in der Regel unter Beteiligung der Landesregierung, recherchiert und ausführlich in einer der monatlichen Sitzungen des Petitionsausschusses beraten. Diese intensive Beratung eines Sachverhaltes kostet natürlich auch Zeit, was aufgrund der Beteiligung der Landesregierung, das heißt der zuständigen Ressorts, sowie der jeweils betroffenen Behörden aber auch gar nicht anders zu erwarten ist. In Einzelfällen kann der Petitionsausschuss der Bürgerbeauftragten dann gemäß § 8 Abs. 2 des Thüringer Petitionsgesetzes im Rahmen der Bearbeitung einer Petition Prüfaufträge erteilen und so auf konkretes Verwaltungshandeln Einfluss nehmen. Oftmals gelingt es der Bürgerbeauftragten dann auch, in dem direkten Gespräch mit den Beteiligten erfolgreich zu vermitteln. Die Bürgerbeauftragte unterstützt den Petitionsausschuss bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Sie ist daher berechtigt, an allen Sitzungen des Petitionsausschusses teilzunehmen. Ins

gesamt 60 Anliegen, die Petitionen darstellen, wurden im Berichtszeitraum von der Bürgerbeauftragten an den Petitionsausschuss weitergeleitet. Im Berichtszeitraum war die Bürgerbeauftragte mit sechs Prüfaufträgen betraut, über deren Ergebnis sie den Ausschuss unterrichtet hat. Die Bürgerbeauftragte hat die Möglichkeit, direkt auf handelnde Personen in der Verwaltung zuzugehen und so Lösungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger anzustoßen.

Das folgende Beispiel soll das erfolgreiche Zusammenwirken des Petitionsausschusses mit der Bürgerbeauftragten anhand eines konkreten Falles verdeutlichen. Der Petition gingen Streitigkeiten der Pflegeeltern eines Geschwisterpärchens mit dem Amtsvormund der Kinder, dem Leiter des örtlichen Jugendamtes, zum Umfang des Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung voraus. Die den Pflegeeltern zur Betreuung von Kindern im Rahmen einer Vollzeitpflege zur Verfügung stehenden Unterstützungen müssen von dem Amtsvormund beantragt werden. Im vorliegenden Fall hatte der Amtsvormund die Beantragung jedoch abgelehnt, da er von einer beabsichtigten andauernden Adoptionspflege ausging, für die das Gesetz allerdings keine Hilfen zur Erziehung vorsieht. Die Petenten hatten zunächst tatsächlich eine Adoption der Kinder beabsichtigt, von diesem Vorhaben in der Folge aber Abstand genommen. Sie strebten nunmehr vielmehr eine dauerhafte Vollzeitpflege der Kinder an, in deren Rahmen auch grundsätzlich der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung besteht. Trotz mehrfacher Hinweise an den Amtsvormund weigerte dieser sich jedoch, die entsprechenden Hilfen, die sein Jugendamt hätte auszahlen müssen, zu beantragen. Das von dem Petitionsausschuss zunächst beteiligte Thüringer Innenministerium sah im Wege der nach Thüringer Kommunalordnung in Angelegenheiten der Jugendhilfe bestehenden Rechtsaufsicht keine Möglichkeit, eine Nachzahlung der von den Petenten gewünschten Unterstützungsleistungen zu veranlassen. Das Ministerium riet den Petenten vielmehr, gegebenenfalls Amtshaftungsansprüche auf gerichtlichem Wege einzuklagen. Der Petitionsausschuss sah diesen Hinweis als völlig unangemessen an und beschloss, der Bürgerbeauftragten einen Prüfauftrag zu erteilen mit dem Inhalt, den Kontakt zu den Petenten und der zuständigen Gemeinde als Träger des Jugendamtes aufzunehmen, um eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen. Aufgrund der geführten Gespräche erklärte sich die Gemeinde schließlich bereit, für den maßgeblichen Zeitraum Hilfe zur Erziehung in den gesetzlich festgeschriebenen Höhen nachzuzahlen und auch bereits verauslagte Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Die Petition konnte damit für die Petenten erfolgreich abgeschlossen werden.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch ein etwas skurriles Anliegen vortragen, mit dem ein Petent an

den Petitionsausschuss herangetreten ist. In regelmäßigen Abständen meldet sich der Petent mit einem eher außergewöhnlichen Anliegen nicht nur beim Thüringer Landtag, sondern auch beim Deutschen Bundestag, bei Ministerien und anderen Behörden. Der Petent bezeichnet sich als Konzeptkünstler. Als solcher sucht er nach eigenen Aussagen die Konfrontation mit Behörden und will sie irritieren. Seiner Auffassung nach besteht Kunst aus gezielter Provokation, die er zum Inhalt seiner Petition macht. Zuletzt forderte der Petent bei allen Landesparlamenten den Rückbau der jeweils das Stadtbild besonders dominierenden Kirchtürme. Die Präsenz etwa gothischer Sakralbauten der katholischen Kirche könne von Andersgläubigen leicht als offene Provokation gedeutet werden, was zu aggressiven Gegenreaktionen katastrophalen Ausmaßes führen könne. Um einen dauerhaften entsprechenden Dialog zu erreichen, sei die Kürzung unter anderem der Türme des Kölner Doms unerlässlich. Aus kulturhistorischer Sicht sei die scheinbare Verstümmelung weltberühmter Kirchgebäude zwar zu bedauern, weltgeschichtliche Entwicklungen allerdings würden ihren Tribut fordern. Nun zeigt die Kirche Notre Dame in Paris zwar eindrucksvoll, wie eine Kirche ohne Kirchturmspitzen aussehen kann, dennoch reagierten wir als Thüringer natürlich empfindlich auf einen solchen Vorschlag.

(Beifall FDP)

Selbst wenn vielleicht nicht so bekannt wie der Kölner Dom, ragen Erfurter Dom und die Sankt SeveriKirche in gemeinsamer Pracht über der Stadt und sind als Sehenswürdigkeiten Wahrzeichen zugleich.

Aber Spaß beiseite, bei der Eingabe handelt es sich natürlich nicht um eine ernst gemeinte Petition. Der Petitionsausschuss hat das Ganze daher mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis genommen. Von einer Antwort an den Petenten wurde allerdings abgesehen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist aber nicht in Ordnung, die hat er verdient.)

(Heiterkeit FDP)

Alles in allem kann der Petitionsausschuss auf ein erfolgreiches Jahr 2012 zurückblicken.

Nicht unerwähnt bleiben sollte bei einem solchen Rückblick die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder, die im September 2012 im Thüringer Landtag stattfand. An dieser Tagung, die im zweijährigen Turnus in jeweils einem anderen Bundesland durchgeführt wird, nahmen neben den Bürgerbeauftragten der Bundesländer auch die sogenannten Ombudsstellen mehrerer Länder des europäischen Auslands teil. So konnten wir neben der Ombudsfrau des Petitionsausschusses des Nationalrats der Republik Österreich und deren Stellvertretung unter anderem

die Präsidentin des Europäischen Ombudsmanninstituts und Volksanwältin von Südtirol sowie die Landesanwältin von Vorarlberg, den Direktor für internationale Beziehungen in Dänemark und den Direktor beim Europäischen Bürgerbeauftragten begrüßen.

Im Mittelpunkt der Tagung, die sich regelmäßig auch mit der Entwicklung aktueller Probleme des Petitionswesens befasst, stand eine Diskussion über die Zusammenarbeit der Petitionseinrichtungen in Deutschland und Europa. Ein weiterer Schwerpunkt war der Erfahrungsaustausch über die Entwicklung neuer Technologien in der Petitionsbearbeitung. Weitere Themen waren die Zusammenarbeit der Petitionseinrichtungen in Deutschland und Europa und die Petitionsbearbeitung im Spannungsfeld zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsgeheimnis.

Trotz des umfangreichen Programms mit vielen angeregten Diskussionen und interessanten Gesprächen, die wertvolle Anregungen für die Arbeit der Petitionsausschüsse und Ombudsmanninstitute erbrachten, hatten die Teilnehmer Gelegenheit, bei einem Besuch der Wartburg aber auch ein ganz besonderes Stück Geschichte des Freistaats Thüringens kennenzulernen. Wie die vielen positiven Rückmeldungen der Teilnehmer zeigen, kann diese Tagung als voller Erfolg für den Thüringer Landtag und den Petitionsausschuss angesehen werden.

Damit möchte ich meine Ausführungen zur Arbeit des Petitionsausschusses im Jahr 2012 beenden, nicht aber ohne mich zuvor bei allen zu bedanken, die zur erfolgreichen Arbeit des Ausschusses beigetragen haben.

Als Erstes bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die stets konstruktive und sachliche Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg. Die stets konsensorientierte Arbeit im Interesse der Petenten habe ich bereits anfangs in meinem Bericht gewürdigt. Ich bin mir sicher, und dies zeigen auch die bislang in diesem Jahr bearbeiteten Fälle, dass wir, wenn auch mitunter in kleinen Schritten, auch weiterhin erfolgreich für die Petenten uns einsetzen können.