Protocol of the Session on June 27, 2014

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Für die Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Platz genommen Herr Abgeordneter Maik Kowalleck. Die Rednerliste führt Frau Abgeordnete Katharina König.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Gentzel, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter Schröter - zeitweise -, Herr Minister Geibert - zeitweise -.

Gestatten Sie mir noch folgenden Hinweis zur Tagesordnung: Zu TOP 13 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/7932 verteilt. Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? Bitte schön, Frau Abgeordnete RotheBeinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich, dass besagter TOP 13 „Zukunft der Hebammen“ in Drucksache 5/7359 - im Februar eingereicht - in diesem Plenum auf jeden Fall behandelt wird.

Gut, dann müssten wir darüber abstimmen. Wer dafür ist, dass in diesem Plenum der Tagesordnungspunkt 13 behandelt wird, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Fraktionen der FDP, SPD, DIE LINKE und Teile der Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? Dagegen sehe ich niemanden. Wer enthält sich?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Zwei.)

2 dagegen? Ja, 2 Gegenstimmen. Wer enthält sich?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2 Enthaltungen aus der Fraktion der CDU. Damit wird der Tagesordnungspunkt eingeordnet in die heutige Sitzung. Gut.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27

Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2013

Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7869

Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Abgeordneten Schröter, für den Bericht aus dem Petitionsausschuss. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, Ihnen heute gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Arbeit des Petitionsausschusses im Jahr 2013 berichten zu können.

Mit der heutigen Berichterstattung möchte ich ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit darstellen. Ich werde versuchen, mich kurzzufassen, obwohl es natürlich genügend Problempunkte gibt, die es verdient hätten, näher dargestellt zu werden. Der schriftliche Arbeitsbericht, der mit der Unterrichtung der Präsidentin am 11. Juni 2014 in Drucksache 5/7869 als Broschüre verteilt wurde, liegt bereits vor und gibt einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses. Im Einzelnen gibt der Bericht Auskunft über die Zahl und den Inhalt der bearbeiteten Petitionen, die Entscheidungen des Ausschusses sowie die Tätigkeit der Strafvollzugskommission.

Bei dem vorliegenden Bericht handelt es sich nicht um den letzten dieser Wahlperiode, dies wird vielmehr der Tätigkeitsbericht für das Jahr 2014 sein. Allerdings ist dies der letzte Bericht, den ich Ihnen in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Petitionsausschusses vorstellen werde.

(Beifall im Hause)

Über den Grund des Applauses reden wir später.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich sollte ausdrücklich ein Bedauern ausdrücken.)

Entgegen den Gepflogenheiten der vorausgegangenen Jahresberichte möchte ich dieses Mal mit dem Dank an meine Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für die jederzeit konstruktive und sachliche Zusammenarbeit beginnen. Trotz aller Differenzen, die sich naturgemäß auch im Petitionsausschuss im Rahmen der Beschäftigung mit den von den Petenten vorgetragenen Themen ergeben, freue ich mich insbesondere darüber, dass es im Ausschuss immer wieder gelungen ist, Fragestellungen ausschließlich im Interesse der Petenten und ohne parteipolitische Zwänge zu erörtern. Wie wir alle wissen, ist dies im Rahmen der parlamentarischen Arbeit nicht immer möglich.

Der Landtag und seine Ausschüsse befassen sich ja vielmehr mit generellen Fragestellungen. Im Petitionsausschuss steht dagegen der Einzelne mit sei

nen Anliegen im Vordergrund. Deshalb bin ich der Meinung, dass das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Demokratie ist. Gerade im Petitionsausschuss wird der Charakter des Parlaments als Volksvertretung besonders deutlich, was nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Petitionsausschuss der einzige in unserer Verfassung vorgesehene Pflichtausschuss ist. Der damit einhergehenden Verpflichtung und der besonderen Verantwortung waren sich alle Kolleginnen und Kollegen unseres Gremiums bewusst. Auch wenn freilich nicht allen an uns herangetragenen Anliegen abgeholfen werden konnte - auch der Petitionsausschuss ist an Recht und Gesetz gebunden -, so war in jeder Sitzung das Bemühen deutlich, Lösungen im Interesse der Petenten, oftmals auch gegen erhebliche Widerstände der Landesregierung, zu erarbeiten. Dafür allen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss mein herzlicher Dank.

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mein Dank gilt an dieser Stelle auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats, die in unermüdlicher Kleinarbeit und mit sorgfältigen Recherchen die große Zahl von Anliegen, die an den Petitionsausschuss herangetragen wurden, für die Sitzungen aufbereitet haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

1.003 neue Petitionen sind im Berichtszeitraum beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtags eingegangen. Das ist der höchste Stand an Eingängen seit fünf Jahren. In 12 Prozent der Fälle konnte der Petitionsausschuss den Anliegen der Petenten ganz oder teilweise entsprechen. Knapp 58 Prozent der Petitionen wurden mit Auskünften zur Sachund Rechtslage abgeschlossen.

Ich wurde vor Kurzem gefragt, ob es denn eines Petitionsausschusses bedürfe, wenn ohnehin nur 12 Prozent der Petitionen erfolgreich seien. Nun spricht die große Zahl von neu eingegangenen Petitionen eigentlich für sich selbst. Ich möchte die Frage dennoch ganz eindeutig mit Ja beantworten und auch etwas ausführlicher begründen. Entscheidend ist nämlich nicht, wie vielen Anliegen der Petitionsausschuss letztlich in vollem Umfang entsprechen konnte, wichtig ist vielmehr, dass es eine unabhängige Stelle gibt, an die sich die Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten im Umgang mit den Behörden wenden können.

Das Petitionsrecht eröffnet jedermann außerhalb des förmlichen Rechtsschutzes einen thematisch unbegrenzten Zugang zur Volksvertretung. Mit der Möglichkeit, Petitionen einzulegen, eröffnet sich für die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, dass ihre Probleme außerhalb formaler Rechtsmittel und Gerichtsverfahren geprüft und beschieden werden. Artikel 14 der Thüringer Verfassung eröffnet damit

letztlich ein eigenständiges Verfahren, mit dem die Exekutivorgane gezwungen werden sollen, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie dem Anliegen eines Petenten Rechnung getragen werden kann. Gerade wenn die Durchführung formaler Verfahren nicht mehr möglich oder von dem Petenten vielleicht auch nicht gewollt ist, bietet das Petitionsrecht den Betroffenen Hilfe in dem oft nur schwer durchschaubaren „Behördendschungel“.

Aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten Gewaltenteilung ist es dem Petitionsausschuss zwar nicht möglich, die Exekutive quasi anzuweisen, bestimmte Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen, in jedem Fall aber bietet der Petitionsausschuss den Petenten eine Plattform zum Austausch von Informationen und Argumenten mit der Verwaltung. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Petitionsausschuss bei der Bearbeitung von Petitionen nicht nur auf eine rechtliche Prüfung beschränkt ist, sondern auch die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme auch dann noch prüfen kann, wenn gegebenenfalls schon ein rechtskräftiges Urteil in einer Angelegenheit vorliegt. Auch dort, wo es nicht gelungen ist, den Anliegen der Petenten in vollem Umfang oder zumindest teilweise zu entsprechen, war es dem Ausschuss jedenfalls möglich, Entscheidungen der Verwaltung transparenter zu machen und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Rechtsstaat zu stärken.

Dass dies oftmals ein hohes Maß an Überzeugungsarbeit erfordert, ist sicher ohne Weiteres nachvollziehbar. Wie ich in den vergangenen Jahren immer wieder betont habe, müsste insoweit allerdings bereits seitens der Behörden viel mehr getan werden. Letztlich ist jede Petition ein Hilferuf von Bürgern, die sich von der Verwaltung nicht ernst genommen oder nicht angemessen behandelt fühlen. Immer wieder muss der Petitionsausschuss feststellen, dass die Verwaltung auch im Rahmen der Bearbeitung von Petitionen eher auf einer Rechtsauffassung beharrt, als die eigene Position einmal zu überdenken und möglicherweise auch einmal eine getroffene Entscheidung zurückzunehmen.

(Beifall CDU, FDP)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf einen Fall aufmerksam machen, in dem sich eine große Zahl von Petenten - allerdings bereits im Jahr 2010 - an den Petitionsausschuss wandte, nachdem der zuständige Zweckverband ihnen eine achtprozentige Verzinsung der ihnen erstatteten Vorauszahlungen auf einen Abwasserbeitrag verweigert hatte. Der Petitionsausschuss überwies die Petition seinerzeit der Landesregierung mit der Bitte um Berücksichtigung der Auffassung des Ausschusses, wonach der Anspruch auf Verzinsung als rechtmäßig angesehen wurde, obwohl der Vorauszahlungs

betrag innerhalb einer Sechs-Jahres-Frist zurückgezahlt wurde. Die Landesregierung hatte zu dieser Frage eine andere Meinung und war auch nicht bereit, von ihrer Auffassung abzuweichen. Inzwischen hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht die Auffassung des Petitionsausschusses in vollem Umfang bestätigt.

(Beifall DIE LINKE)

Die Petenten hatten zunächst vor dem Verwaltungsgericht Weimar recht bekommen. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar, das den Zweckverband zur Verzinsung des Vorauszahlungsbetrags verpflichtet hatte, hatte der Zweckverband Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt, die zwischenzeitlich zurückgewiesen wurde. Das der Klage der Petenten stattgebende Urteil ist somit rechtskräftig geworden. Diese Angelegenheit ist jedenfalls ein Beispiel dafür, wie sinnvoll und wichtig es wäre, dass die Landesregierung im Rahmen der Bearbeitung von Petitionen nicht von vornherein auf ihrer Rechtsauffassung beharrt,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

sondern vielmehr gemeinsam mit dem Petitionsausschuss nach Lösungen sucht. In dem eben genannten Fall hätte damit jedenfalls viel Zeit gespart werden können.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Für die Petenten!)

Besonders bedauerlich erscheint es, dass man sich bis in die Ministerien hinein offenbar noch immer nicht der besonderen Bedeutung des Petitionsrechts hinreichend bewusst ist. Anders ist es kaum zu erklären, dass nach wie vor zu oft darauf hingewiesen wird, dass Petenten zur Wahrnehmung ihrer Rechte ja der Rechtsweg offenstehe. Offensichtlich ist mancher Vertreter der Exekutive eher der Auffassung, dass die Menschen sich auf einen langwierigen Rechtsstreit einlassen sollten, der für viele oftmals schon aufgrund der drohenden Verwaltungs- und Gerichtskosten kaum zu beschreiten ist, als dass man bereit wäre, vonseiten der Exekutive im Dialog nach angemessenen Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sicherlich ist das genannte Beispiel nicht zu verallgemeinern, aber es zeigt, dass in den Verwaltungen noch viel getan werden muss, um den Menschen Bürgernähe zu vermitteln. Dabei ist der Petitionsausschuss die wichtigste Schnittstelle zwischen dem Parlament und der Bevölkerung. Eine Alternative zum Petitionsausschuss gibt es nicht.

(Beifall CDU)

Mit der aufgrund des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Petitionsgesetzes am 1. Juni

2014 in Kraft getretenen Möglichkeit, Petitionen auf der Petitionsplattform des Landtags zu veröffentlichen und mitzeichnen zu lassen, wurde ein größeres Mehr an Bürgerbeteiligung erreicht und ein wesentlicher Schritt getan, das Petitionsverfahren noch transparenter zu machen und dessen Attraktivität gerade auch für die jüngeren Bevölkerungsgruppen zu erhöhen. Aufgrund der Gesetzesänderung können Petitionen, die von allgemeinem Interesse und für eine Veröffentlichung geeignet sind, innerhalb von sechs Wochen auf der Petitionsplattform des Landtags veröffentlicht und mitgezeichnet werden. Sofern in diesem Zeitraum mindestens 1.500 Mitzeichnungen erfolgen, ist eine öffentliche Anhörung des bzw. der betreffenden Petenten verpflichtend vorgesehen.

Es ist sehr erfreulich, wie gut diese Möglichkeit schon nach kurzer Zeit von den Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen angenommen wurde. Obwohl die entsprechende gesetzliche Regelung erst im Juni 2013 in Kraft getreten ist, wurde in 57 Fällen die Veröffentlichung von Eingaben beantragt. In 15 Fällen beschloss der Petitionsausschuss die Veröffentlichung und zweimal wurde das Quorum von 1.500 Mitzeichnungen sogar weit überschritten.

In einer Zeit, in der in den Medien immer öfter von einer erhöhten Politikverdrossenheit der Menschen gesprochen wird, bietet die Veröffentlichung und Mitzeichnung von Petitionen zumindest Internetnutzern die Gelegenheit, sich über Themen von allgemeinem Interesse zu informieren und mit ihrer Mitzeichnung gegebenenfalls die politische Meinungsbildung zu beeinflussen. Die bislang rege Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern zeigt auch, dass die Menschen durchaus bereit sind, sich zu den von ihnen vertretenen Aspekten zu bekennen. Ganz bewusst wurde seinerzeit die Anforderung in das Gesetz aufgenommen, dass sich potenzielle Petenten und Mitzeichner mit der Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten, das heißt ihres Namens sowie ihrer Anschrift, einverstanden erklären.

Die erste öffentliche Anhörung auf der Grundlage der neuen gesetzlichen Regelung erfolgte im Dezember 2013. Gegenstand der Anhörung war der beabsichtigte Bau eines Pumpspeicherkraftwerks in unmittelbarer Nähe zum Rennsteig. Die Petition der Bürgerinitiative „Kein Energiespeicher am Rennsteig e.V.“ fand im Internet über 2.000 Unterstützer, so dass das für eine öffentliche Anhörung im Gesetz vorgegebene Quorum deutlich übertroffen wurde. Im Einzelnen geht es bei der Petition um die Frage, ob sich die durch das Vorhaben entstehenden raumordnungsrechtlichen Spannungen über ein derzeit beim Landesverwaltungsamt anhängiges Zielabweichungsverfahren überwinden lassen. Die Petenten vertreten mit ihrer Petition die Auffassung, dass ein Projekt dieser Größenordnung nicht wirksam über ein Zielabweichungsverfahren den

Vorgaben der Landesplanung angepasst werden kann.

Im Rahmen der Vorbereitung der Anhörung hatte der Petitionsausschuss drei Fachausschüsse im Wege der Mitberatung beteiligt. In Anwesenheit der Mitglieder der mitberatenden Ausschüsse sowie Vertreter verschiedener Ministerien erhielten die Initiatoren der Petition am 3. Dezember des vergangenen Jahres vor über 100 interessierten Zuschauern und Medienvertretern die Gelegenheit, ihr Anliegen mündlich auszuführen. Die intensiv geführte Diskussion wurde anschließend in den Fachausschüssen ausgewertet. Diese inhaltliche Vorarbeit der Fachpolitiker bildet die Grundlage für die abschließende Behandlung der Petition im Petitionsausschuss, die noch vor Beendigung der Wahlperiode erfolgen wird.