Protocol of the Session on May 24, 2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und am Livestream und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Abgeordneter Dr. Voigt Platz genommen, die Rednerliste führt Frau Abgeordnete König.

Es haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter Metz, Herr Abgeordneter Recknagel, Frau Abgeordnete Skibbe, Frau Abgeordnete Stange, Frau Abgeordnete Siegesmund zeitweise, Herr Minister Geibert, Herr Minister Machnig, Herr Minister Dr. Voß, Herr Minister Carius zeitweise und Frau Ministerin Walsmann zeitweise.

Folgender allgemeiner Hinweis: Aufgrund der Eilbedürftigkeit habe ich für Frau Sophie-Lilith Jödicke, die für Radio F.R.E.I. in Erfurt arbeitet, eine Sondergenehmigung für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringende Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für die heutige Plenarsitzung erteilt.

Gibt es noch Hinweise zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann rufe ich auf Tagesordnungspunkt 12

Diskriminierungsfreie Residenzpflichtverordnung für Asylsuchende und Geduldete Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/5934

Wünscht aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jemand das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön, Frau Rothe-Beinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben einen Antrag in das Plenum eingebracht, welcher lautet „Diskriminierungsfreie Residenzpflichtverordnung für Asylsuchende und Geduldete“. Ich möchte diesen Antrag kurz begründen. Seit vielen Jahren, genau genommen seit zwei Jahrzehnten, kämpfen Flüchtlingsverbände, die Kirchen, Initiativen, Wohlfahrtsverbände und viele andere für die überfällige Abschaffung der Residenzpflicht, die nichts anderes bedeutet, als dass sich Menschen, nämlich Flücht

linge, Asylbewerberinnen, Geduldete nicht frei bewegen können.

Thüringen ist eines der letzten Länder in der Bundesrepublik, in dem es nach wie vor die Residenzpflicht gibt, auch wenn hier eine Lockerung vorgenommen wurde, nämlich dass sich zumindest in die benachbarte Stadt bewegt werden darf. Wir haben lange gehofft und gestritten - es gab unterschiedliche Initiativen auch von der FDP-Fraktion, von den LINKEN, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -, um die Residenzpflicht endlich auch in Thüringen auf das ganze Land auszuweiten. Vorgestern ist angekündigt worden vonseiten der Koalition, dass es nunmehr eine Verordnung geben soll, die ermöglicht, dass sich Flüchtlinge, dass sich auch Geduldete frei in Thüringen bewegen können.

(Beifall im Hause)

Wir meinen, das ist ein sehr gutes, ein wichtiges und ein überfälliges Signal, dass diese Verordnung kommt, auch wenn sie erst zum 1. Juli greifen soll. Im Vertrauen darauf, dass diese Verordnung kommt und dass sie selbstverständlich gleichermaßen auch für Geduldete gilt, möchten wir an dieser Stelle noch einmal unsere Hochachtung all denen gegenüber zum Ausdruck bringen, die sich seit Jahren für die Abschaffung der Residenzpflicht stark gemacht haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir danken denjenigen, die dies nunmehr ermöglichen, meinen, das ist ein guter Tag, dass Bewegungsfreiheit auch in Thüringen ermöglicht wird, sagen aber auch, es gibt noch etliche Dinge zu klären, nämlich beispielsweise wie mit den Menschen umgegangen wird, die wegen Verstößen gegen die Residenzpflicht nach wie vor mit Strafbefehlen belegt sind.

Ich möchte ein Beispiel nennen: Der Sprecher der Flüchtlingsinitiative The Voice Osaren Igbinoba ist derzeit mit einem Strafbefehl bedacht, weil er eine Demonstration angemeldet hat für die Abschaffung der Residenzpflicht, und die Auflage für diese Demonstration war, dass daran nur Menschen teilnehmen dürfen, die nicht gegen die Residenzpflicht verstoßen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist doch vollkommen in Ordnung.)

Es haben selbstverständlich aber auch Flüchtlinge daran teilgenommen, die sich für die Bewegungsfreiheit stark gemacht haben. Deswegen ist der Anmelder der Demonstration im Moment mit einem Strafbefehl belegt. Wir meinen, hier müssen wir Wege finden, dass sich die Residenzpflicht, wenn sie aufgehoben ist, auch im Nachgang nicht negativ auf diejenigen auswirkt, die sich für Bewegungsfreiheit stark gemacht haben. Wir sind froh, dass es

endlich eine solche Verordnung auch aus Thüringen gibt. Es hätte sie schneller geben können, aber wir ziehen an dieser Stelle unseren Antrag zurück und hoffen, dass die Verordnung schnellstmöglich in Kraft tritt. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 12. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7 c

Thüringer Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/6118 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön, Herr Staatssekretär Rieder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt heute den Entwurf für ein Thüringer Gesetz zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes vor. Lassen Sie mich bitte zunächst zwei Anmerkungen voranstellen.

Erstens darf ich mich im Namen der Landesregierung bedanken, und zwar dafür, dass gemäß der Abrede im Ältestenrat der am Dienstag vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf noch auf die Tagesordnung dieser Landtagssitzung genommen wurde. Aus Sicht der Landesregierung ist eine rechtzeitige Umsetzung der Vorgaben des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zum Polizeiaufgabengesetz, auf die ich später noch eingehen werde, noch vor dem 30. September 2013 geboten. Diese Frist hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof gesetzt. Ziel der kurzfristigen Zuleitung war und ist es, dem Landtag den Gesetzentwurf so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen, damit das parlamentarische Verfahren in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden kann.

Zweitens will ich im Vorfeld der notwendigen Diskussion, die der Landtag aufgrund dieses Gesetzentwurfs zu Umfang und Reichweite polizeilicher Eingriffsbefugter führen wird, das Folgende sagen: Zweck des Polizeirechts ist nicht der Eingriff in die Freiheitsrechte. Zweck des Polizeirechts ist vielmehr, die Bürger vor Straftaten zu schützen.

(Beifall SPD)

Um die körperliche Unversehrtheit, das Eigentum und freiheitliche Entfaltung seiner Bürger zu gewährleisten, muss der Staat die Möglichkeit zur Gefahrenabwehr haben. Natürlich wird es dabei immer eine umstrittene Frage bleiben, wie weit die Polizei zum Schutz des einen die Rechte des anderen beschränken darf. Aber, ich denke, mit diesem Gesetzentwurf legt die Landesregierung einen guten Vorschlag für einen angemessenen Ausgleich dieser widerstreitenden Positionen vor. Der Gesetzentwurf setzt das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. November 2012 um. Das Gericht hatte verschiedene Bestimmungen des jetzt noch geltenden Polizeiaufgabengesetzes für unvereinbar mit der Verfassung erklärt. Durch die heutige Einbringung des Gesetzentwurfs wird die Einhaltung der vom Gericht eingeräumten Umsetzungsfrist ermöglicht. Gleichzeitig setzt der Entwurf die Koalitionsvereinbarung um. Auch deshalb werden der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und der Schutz des Vertrauensverhältnisses zu Berufsgeheimnisträgern gestärkt.

Der Gesetzentwurf berücksichtigt ferner die Folgen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 2012 zur Bestandsdatenspeicherung. Daneben passt der Entwurf das Polizeiaufgabengesetz an mehrere Beschlüsse des Europäischen Rats an. Diese regeln die Datenübermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden innerhalb der Gemeinschaft. Die Ergänzung des Ordnungsbehördengesetzes reagiert auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Weimar zu Alkoholverbotsregelungen in der Erfurter Stadtverordnung.

Lassen Sie mich bitte zunächst die wesentlichen Aussagen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs aus seinem Urteil vom 21. November 2012 zum Polizeiaufgabengesetz in Erinnerung rufen. Die Altfallregelungen zum Schutz der Berufsgeheimnisträger in § 5 der jetzigen Fassung verstoßen gegen den Grundsatz der Normenklarheit. Die gesetzliche Definition des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in § 5 ist zu eng. Bei Normen zur Gefahrenabwehr, die zu erheblichen Grundrechtseingriffen ermächtigen, muss eine Gefahrenschwelle bestimmt werden. Ein Bezug auf Straftatenkataloge genügt diesen Anforderungen nicht. Die Regelungen zur Dokumentation und zur nachträglichen Benachrichtigung sind unzureichend. Schwere Grundrechtseingriffe sind in aller Regel nur zulässig, wenn sie vorher von einem Richter angeordnet wurden.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung greift diese Vorgaben wie folgt auf: Die Bezugnahme auf Straftatenkataloge bei der Datenerhebung mit besonderen Mitteln - § 34 -, der Telekommunikationsüberwachung - § 34 a ff. -, der Wohnraumüberwachung - § 35 -, der polizeilichen Beobachtung - § 37 - und der Rasterfahndung wurde entfernt. Diese

(Abg. Rothe-Beinlich)

Maßnahmen sind künftig bei der Abwehr von Gefahren für den Bestand und die Sicherheit des Staates oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder zur Abwehr gemeiner Gefahren für Sachen zulässig. Um einem möglichen Einwand gleich von Anfang an entgegenzutreten, es geht nicht um abstrakte Gefahren oder mögliche Gefährdung für geringwertige Rechtsgüter, sondern nur um konkrete Gefahren für Rechtsgüter von höchstem Rang. Beispiele hierfür wären Geiselnahmen, Terror- oder Sprengstoffanschläge, aber auch die Suche nach vermissten Personen.

Der Berufsgeheimnisträgerschutz wird nach den Vorgaben des Gerichts und unter Berücksichtigung der Zielvorgabe aus der Koalitionsvereinbarung neu konzipiert. Die neuen Schutzbestimmungen gliedern eine Überwachungsmaßnahme in drei Ebenen auf: erste Ebene - die Ebene der Anordnung der Überwachungsmaßnahme, zweite Ebene - die Erhebungsebene während der laufenden Überwachung, dritte Ebene - die Verwendungsebene bei der Bewertung von bereits erhobenen Daten. Das Schutzkonzept für den Kernbereich und die Berufsgeheimnisträger sieht auf der Anordnungsebene und auf der Erhebungsebene eine Verankerung der Schutzbestimmungen unmittelbar in der jeweiligen Eingriffsnorm vor, wie zum Beispiel in den §§ 34 und 34 a des Entwurfs. Der Schutz auf der Verwendungsebene wird hingegen als gemeinsame Verfahrensbestimmung für alle Eingriffsnormen in § 36 des Entwurfs ausgestaltet. Der Entwurf trifft somit die geforderten eindeutigen Regelungen zu Anordnungs- und Erhebungsverboten, zur Unterbrechung und Überwachung und zur Löschung von Daten. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf eine durchgängige Dokumentation gelegt worden.

Inhaltlich gelten für den Berufsgeheimnisträgerschutz folgende Grundlinien: Das Vertrauensverhältnis zu Berufsgeheimnisträgern wird geschützt. Eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Berufsgruppen, etwa Strafverteidigern oder Anwälten im Übrigen, findet nicht mehr statt. Einzige Ausnahme bilden die Geistlichen und deren Berufshelfer, bei denen wegen des unmittelbaren Menschenwürdebezugs der Beichte ein absoluter Schutz zu gewähren ist. Für den Fall, dass sich erst während einer Überwachungsmaßnahme herausstellt, dass einer der Beteiligten ein Berufsgeheimnisträger ist, muss die Überwachung unterbrochen werden. Wird bei der Auswertung der erhobenen Daten festgestellt, dass Vertrauensverhältnisse betroffen waren, dürfen diese nicht verwendet werden und sind zu löschen.

Ein zentraler Punkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs war die Forderung nach Normenklarheit. Um dieser Forderung gerecht zu werden, hat sich die Landesregierung für eine Kombination zweier Regelungstechniken entschieden. Die Bestimmungen zur Anordnung und zur Unterbre

chung der Überwachung sowie zu Erhebungsverboten sind auf die Besonderheiten der jeweiligen Überwachungsmaßnahme abgestimmt und sind in den einzelnen Eingriffsbefugnissen verankert. So könnte bei einer Wohnraumüberwachung eine Unterbrechung der Maßnahme erfolgen, während die Polizei bei der Telekommunikationsüberwachung in aller Regel keinen Einfluss auf die Zuleitung der Daten durch das verpflichtete Telekommunikationsunternehmen ausüben kann.

In § 36 des PAG-Entwurfs sind hingegen die Bestimmungen zur Kennzeichnung und zur Verwendung der erhobenen Daten, zur nachträglichen Benachrichtigung sowie zum gerichtlichen Verfahren zusammengefasst. Diese finden für alle Überwachungsmaßnahmen gleichermaßen Anwendung.

Die Bestimmungen zu Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis werden zur besseren Verständlichkeit neu strukturiert. Der Entwurf sieht in Anlehnung an den Aufbau der Strafprozessordnung in den §§ 34 a bis 34 e PAG eine Aufgliederung in einzelne Bestimmungen zur Inhaltsüberwachung, zur Erhebung von Verkehrsdaten, zur Identifizierung von Mobilfunkgeräten, zur Unterbrechung von Telekommunikation und zur Erhebung von Bestandsdaten vor.

Auf die Bestimmung zur Unterbrechung und Verhinderung von Telekommunikation in § 34 d PAG möchte ich vor dem Hintergrund von Presseveröffentlichungen in den letzten Tagen kurz gesondert eingehen. Die Gefahrenschwelle wird auf eine gegenwärtige Gefahr angehoben. Eine Verlängerungsmöglichkeit für die Anordnung der Maßnahme und für die Mithilfe der Telekommunikationsanbieter bei der Verhinderung von Kommunikation ist nicht mehr vorgesehen. Die Polizei soll ausdrücklich auf den Einsatz eigener technischer Mittel angewiesen sein. Das sind zum Beispiel Mobilfunkblocker oder Störsender, die nur einen kleinen Wirkbereich haben. Die Sorge, die vor Kurzem in der Presse geäußert wurde, der Entwurf enthalte eine Befugnis für Polizei, Mobilfunkzellen für drei Tage abschalten zu lassen, ist also unbegründet.

Für die längerfristige Observation, die Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes außerhalb von Wohnungen und für den Einsatz von verdeckten Ermittlern ist den Forderungen des Verfassungsgerichtshofs entsprechend ein Richtervorbehalt vorgesehen. Das endgültige Absehen von der Benachrichtigung darf generell nur nach einer richterlichen Entscheidung erfolgen.

Der Entwurf zur Novelle des PAG zieht aber nicht nur die Konsequenzen aus der Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. November des letzten Jahres, mit dem Gesetz wird auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 2012 zur Bestandsdatenspeicherung umgesetzt. Das Gericht hat die Regelungen

(Staatssekretär Rieder)

des Telekommunikationsgesetzes für verfassungswidrig erklärt.

Der Bundesgesetzgeber hat inzwischen mit dem Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft - der Gesetzentwurf hat den letzten Bundesrat passiert und müsste in Kürze im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden - den Zugriff auf Telekommunikationsbestandsdaten neu ausgestaltet. Die Neubestimmung zur Abfrage von Bestandsdaten in § 34 e des Entwurfs werden an die vom Bund für das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei vorgesehenen Zugriffsregelungen angelehnt. Dabei möchte ich allerdings hervorheben, dass der vorliegende Entwurf im Hinblick auf die Voraussetzungen, unter denen die Polizei Zugangsdaten wie PIN und PUK verlangen darf, präziser ausgestaltet ist als die vergleichbare Bestimmung im Bundesrecht. Anders als im Bundeskriminalamt-Gesetz benennt der Entwurf die beiden Fallkonstellationen, in denen ein Auskunftsersuchen infrage kommt. Es müssen entweder die Voraussetzungen für eine Telekommunikationsüberwachung vorliegen oder aber die Voraussetzungen für eine Sicherung eines Kommunikationsgerätes gegeben sein. In allen anderen Fällen darf eine Auskunft über Zugangsdaten nicht verlangt werden. Zudem ist eine richterliche Anordnung vorgesehen.

Mit der in § 41 a des Entwurfs vorgesehenen Bestimmung zur Datenübermittlung zum Zweck einer Zuverlässigkeitsüberprüfung trägt die Landesregierung einer seit Längerem erhobenen Forderung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder Rechnung. In den vergangenen Jahren ist im Rahmen der Vorbereitung verschiedener Großveranstaltungen, wie z.B. beim Papstbesuch in Deutschland, ein sogenanntes Akkreditierungsverfahren als Bestandteil des Sicherheitskonzeptes durchgeführt worden. Alle Personen, die Zugang zu besonders geschützten Bereichen erhalten, mussten dabei zuvor eine Sicherheitsüberprüfung durch die Sicherheitsbehörden durchlaufen. Diese Praxis hat sich weitgehend bewährt. Um dieses Verfahren aber auf eine gesicherte Rechtsgrundlage zu stellen, sieht das vorliegende Gesetz die Schaffung einer speziellen Befugnisnorm für die Datenübermittlung durch die Polizei an die Veranstalter vor. Darüber hinaus wird das PAG an mehrere Beschlüsse des Europäischen Rates angepasst. Diese regeln die Datenübermittelung in andere Mitgliedstaaten und den Umgang mit Daten, die von anderen Mitgliedstaaten übermittelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung legt heute ein Artikelgesetz vor, das neben den geschilderten Anpassungen im PAG auch Änderungen im Ordnungsbehördengesetz vorsehen. In das Ordnungsbehördengesetz wird ein neuer § 27 a eingefügt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Städte und Ge

meinden in Thüringen den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit aufgrund alkoholbedingter Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zunehmend als Problem ansehen. Zu nennen sind hier insbesondere Lärmstörungen und Verunreinigungen. Um diesen Problemen begegnen zu können, ist eine spezielle gesetzliche Ermächtigungsgrundlage notwendig. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Thüringen vom 21. Juni 2012 reicht die allgemeine Verordnungsermächtigung des § 27 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes hierzu nicht aus. In diesem Urteil ging es um eine auf § 27 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz gestützte Alkoholverbotsregelung in der Erfurter Stadtordnung. Danach war in Teilen der Erfurter Altstadt das mit dem Konsum von Alkohol verbundene Lagern von Personengruppen oder das längere Verweilen einzelner Personen untersagt. Das Gericht, also das Oberverwaltungsgericht, vertritt die Auffassung, durch das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit entstehe keine allgemeine Gefahrenlage, die allein eine solche Regelung rechtfertigen könne. Die Stadt Erfurt habe mit dieser Regelung eine Maßnahme der Gefahrenvorsorge getroffen, die nicht durch die Bestimmung des § 27 Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes gedeckt sei. Der Gesetzentwurf stellt nun in Absatz 1 des § 27 a den Städten und Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften sowie den erfüllenden Gemeinden eine spezielle Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Damit kann eine Gemeinde durch ordnungsbehördliche Verordnung eine Alkoholverbotszone als Maßnahme der Gefahrenvorsorge einrichten. Dies dient dem Schutz besonders empfindlicher öffentlicher Bereiche wie zum Beispiel dem Umfeld von Schulen, Kindergärten, Kinderplätzen und Suchtberatungsstellen. Diese sollen vor den mit dem Alkoholkonsum verbundenen Gefahren rechtssicher geschützt werden können. Der Kinderund Jugendschutz sowie der allgemeine Gesundheitsschutz stehen dabei im Vordergrund. Für die Einrichtung einer Alkoholverbotszone in Absatz 2 gelten strengere Anforderungen. Die Einrichtung einer Alkoholverbotszone nach Absatz 2 darf im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Artikels 2 Abs. 1 Grundgesetz nur aus sachgerechten Gründen erfolgen. Dies kann beispielsweise eine überproportionale Belastung von Anlagen- und Verkehrsflächen durch alkoholbedingte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten sein. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf eine Evaluierungspflicht für den Verordnungsgeber vor. Diese hat alle fünf Jahre zu prüfen, ob die Voraussetzungen für das Alkoholverbot noch vorliegen.

Die neue Regelung des § 27 a Ordnungsbehördengesetz soll nicht den Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit in Gänze verbieten, den Gemeinden soll aber ermöglicht werden, in bestimmten begründeten Gefahrenlagen Alkoholverbotszonen beschränkt auf einzelne Gemeindebereiche einzurichten. Alles in allem handelt es sich mit § 27 a um ei

(Staatssekretär Rieder)

ne ausgewogene Regelung, die die Freiheitsrechte des Einzelnen nicht über Gebühr in Anspruch nimmt. Ich würde es deshalb sehr begrüßen, wenn diese Regelung auch die Zustimmung dieses Hohen Hauses finden würde. Danke schön.

(Beifall CDU)