Oskar Lafontaine
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Ausführungen des Finanzministers zu Europa um einige Gedanken ergänzen, die er nicht angesprochen hat. Ich möchte dies tun, weil ich glaube, dass es am heutigen Tag von Wichtigkeit ist, dass wir im Landtag darüber sprechen.
Uns alle besorgt sicherlich der Sachverhalt, dass in ganz Europa Renationalisierungstendenzen zu beobachten sind. Ich glaube, wir haben von der Saar aus etwas dazu zu sagen. Daher möchte ich neben den Personen, die der Finanzminister erwähnt hat, an drei Männer erinnern, die in diesem Zusammenhang in der Geschichte des Saarlandes aus meiner Sicht Hervorragendes geleistet haben. Ich nenne Max Braun, den legendären Vorsitzenden der SaarSPD vor dem Zweiten Weltkrieg, ich nenne Johannes Hoffmann, der als Katholik mit anderen den Widerstand gegen den Nationalsozialismus organisiert hat, und ich nenne Gustav Regler, der als Schriftsteller und - wenn man so will - als aktiver Politiker ebenfalls versucht hat, die Ausbreitung des Nationalsozialismus hier an der Saar zu verhindern.
Max Braun hat rechtzeitig darauf hingewiesen, dass das Saarland eine Verbindung zu Frankreich braucht. Er hat sich immer wieder dafür eingesetzt, dass der Frieden in Europa nur dann gesichert wer
den kann, wenn die deutsch-französischen Beziehungen gestärkt werden. Ich glaube, es ist richtig, heute im saarländischen Landtag an diesen Mann und seine Arbeit zu erinnern. Er gehörte zu den wesentlichen Mitgründern des sogenannten LutetiaKreises in Paris, ein Hotel, von dem aus der Widerstand gegen den Nationalsozialismus organisiert wurde. Ich glaube, Max Braun gehört zu den Saarländern, die an erster Stelle dem Gedanken zum Durchbruch verholfen haben, dass das Gegeneinander der Nationen in Europa nicht zum Frieden führt und dass daher nur das Miteinander der Nationen, insbesondere das Miteinander Deutschlands und Frankreichs, die Grundlage des Friedens in Europa ist.
Genauso ist Johannes Hoffmann zu würdigen, der nach meiner Auffassung an der Saar lange Zeit für seine Arbeit nicht ausreichend respektiert wurde. Man muss ihn aus seiner Lebensgeschichte heraus verstehen. Er war engagierter Katholik, der versucht hat, das Vordringen des barbarischen Nationalsozialismus zu verhindern, der in einer Abwehrfront zusammen mit anderen versucht hat, die Abstimmung in seinem Sinne zu beeinflussen, und der dann ebenfalls fliehen musste wie Max Braun und viele andere. Johannes Hoffmann hat nach dem Kriege mit anderen versucht, das Saarland im europäischen Geiste wieder aufzubauen. Auch ihn muss man aus der Zeit heraus verstehen. Man darf nicht übersehen, dass sein Vermächtnis, das er in einem Buch niedergeschrieben hat, einen Titel trägt, der ganz einfach ist, der aber das aussagt, was wir heute hier besprechen wollen. Der Buchtitel lautet: „Das Ziel war Europa“.
Ich möchte auch an Gustav Regler erinnern, gerade jetzt und in der heutigen Zeit. Er hat als Schriftsteller versucht, sich der braunen Flut, wie er es nannte, entgegenzustemmen. Ich erinnere aus Zeitgründen nur an eine Szene aus seinem Buch „Das Ohr des Malchus“. Darin schreibt er, wie diejenigen, die im Widerstand sind, sich unweit von hier im „Stiefel“ versammelt haben und wie dann einer auftritt, der von der Gestapo gefoltert wurde und der Brandmale auf seiner Haut hat. Er zeigt diese Brandmale, um die Uneinsichtigen zu überzeugen. Und dann kommt von hinten aus dem Saal der Ruf: Was hat man dir denn dafür bezahlt?
Diese Szene möchte ich, da wir gar nicht weit entfernt vom „Stiefel“ sind, zum Anlass nehmen, um an etwas zu erinnern und etwas anzusprechen. Im Hinblick auf die Wahl, die vor uns liegt, glaube ich, den Gedanken ausdrücken zu müssen, dass es nicht gut wäre, wenn in diesem Parlament Männer und Frauen vertreten wären, die an Traditionen anknüpfen würden, gegen welche die Männer, die ich eben genannt habe, gekämpft haben.
Nach dem Kriege war es der Franzose Jean Monnet, der wesentlich zum Wiederaufbau Europas beigetragen hat und der einen entscheidenden Satz gesagt hat, den wir vielleicht immer noch nicht ausreichend beherzigen. Er sagte damals: Wenn ich noch einmal beginnen würde, würde ich nicht mit der Wirtschaft beginnen, sondern mit der Kultur. - Gerade weil die französische Generalkonsulin Madame Robinet heute hier ist, möchte ich an zwei wesentliche Entscheidungen der französischen Besatzungsmacht erinnern. Denn auch das gehört zu unserer saarländischen Geschichte. Es wurde die saarländische Universität gegründet. Ich glaube, wir können Frankreich auch heute noch dafür dankbar sein, dass die Universität damals gegründet wurde. Wir sind heute stolz auf die Saar-Universität. Wir dürfen aber nicht vergessen, wer sie gegründet hat.
Ich möchte auch an die Maréchal-Ney-Schule, wie sie damals hieß, erinnern. Heute wird diese Schule als Deutsch-Französisches Gymnasium von vielen saarländischen Kindern und auch von Kindern aus Frankreich besucht. Sie ist eine wichtige Einrichtung, um Deutschland und Frankreich zusammenzubringen und die jeweilige Kultur zu vermitteln. Auch diese Gründung verdanken wir Frankreich. Ich möchte in Ihrer Anwesenheit, Frau Generalkonsulin, auch an diese wichtige Entscheidung der damaligen Zeit erinnern.
Ich habe vorhin Männer und Frauen gewürdigt, die nach meiner Auffassung etwas beigetragen haben zur europäischen Idee an der Saar. Weil der Finanzminister auch Polen angesprochen hat, will ich daran erinnern, dass es eine der entscheidenden Leistungen Franz-Josef Röders war, damals den PolenVerträgen zugestimmt zu haben, die im Bundestag sehr umstritten waren. Er hat damit einen ersten Schritt von der Saar nach Osteuropa getan. Nach meiner Auffassung hat er sich mit dieser Entscheidung Verdienste erworben.
Ich bleibe aber jetzt bei der Kultur, weil sie so ungemein wichtig ist für das Miteinander der Völker. Ich erwähne den Saarländischen Rundfunk. Er hat, glaube ich, Hervorragendes geleistet, wenn es darum geht, die deutsch-französische Verständigung zu fördern, aber auch die Verständigung in Europa überhaupt. Was der Saarländische Rundfunk in unserer Jugend bedeutet hat, möchte ich an einem Namen festmachen, an einer Person, die Widerstandskämpfer war gegen den Nationalsozialismus. Es ist Pierre Séguy. Er hatte lange Jahre am Saarländischen Rundfunk eine Sendung, in der er das französische Chanson nicht nur den Saarländern und Saarländerinnen nahebrachte, sondern auch vielen Zuhörerinnen und Zuhörern aus ganz Deutschland.
Er gilt, wenn man seine Geschichte einmal nachliest, als derjenige, der dem französischen Chanson den Weg bereitet hat. Auch diesem Mann möchte ich heute danken. Ich glaube, viele Saarländerinnen und Saarländer - ich zumindest gehöre dazu - haben ihre Liebe zu Frankreich nicht zuletzt deshalb entdeckt, weil sie das französische Chanson schätzen und lieben gelernt haben.
Da ich vom Saarländischen Rundfunk gesprochen habe, möchte ich eine weitere Einrichtung in Erinnerung rufen, die alle Bundesländer auf den Weg gebracht haben, die ich aber in diesem Zusammenhang für uns als sehr wichtig erachte. Es ist der Sender ARTE. Ich weiß nicht, inwieweit Sie den Sender nutzen, aber ich sehe Kopfnicken quer durch die Fraktionen. Ich halte diesen Sender für eine ganz wichtige kulturelle Einrichtung in Europa und bin ihm dankbar, dass er immer wieder versucht, die europäische Verständigung kulturell zu vermitteln, insbesondere die Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich. Einer der Initiatoren war der damalige französische Kultusminister Jacques Lang, der mit den Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland diesen Sender installiert hat. Auch das war eine Entscheidung, die von großer Bedeutung ist. Ich will heute daran erinnern.
Herr Finanzminister, ich möchte aus dem, was Sie vorgetragen haben, einen Aspekt herausgreifen. Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass etwa ein Drittel der Kundschaft in Saarbrücken Franzosen sind. Jeder, der mal durch die Bahnhofstraße geht, weiß das. Genauso weiß man, wie wichtig der grenzüberschreitende Austausch ist. Ich erinnere an die Woche des jungen französischen Theaters, in der viele Französinnen und Franzosen zu uns kommen, um diese Veranstaltung zu sehen. Sie kommen wegen des kulturellen Austausches.
Wo wir uns heute so einig sind, will ich an einen weiteren Punkt erinnern: Es wäre im Interesse dessen, was wir heute hier besprechen, wichtig, wenn wir genauso wie Frankreich bei den Autobahngebühren eine Zone hätten, in der keine Gebühren erhoben würden und der gegenseitige grenzüberschreitende Verkehr gefördert würde. Frankreich macht es so. Wir zahlen bis Forbach nichts, wir zahlen von Thionville bis Metz nichts. Insofern sollten auch in Deutschland eine Möglichkeit und Lösung gefunden werden. Wir können alle diejenigen, die sich bemühen, dies zu tun, nur unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich will die Nationalisierungstendenz noch einmal ansprechen, weil das sicherlich jede und jeden von uns bewegt. Wir haben in Europa in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Fehlern gemacht. Das müssen wir selbstkritisch
sehen. Ich sage „wir“, weil solche Fehlentwicklungen nicht nur auf ein Land oder einige wenige Personen zurückzuführen sind.
Diese Fehlentwicklungen werden heute sehr deutlich sichtbar, beispielsweise bei dem großen Thema der Flüchtlingsfrage. Bei der Behandlung der Flüchtlingsfrage fehlte viel zu lange der europäische Geist, viel zu stark haben die Eigeninteressen der einzelnen Länder die Entscheidungen bestimmt. Ich gehe dabei von dem Asylkompromiss aus, den ich als saarländischer Ministerpräsident mitgestaltet habe. Der Asylkompromiss hatte zwei Grundlagen, von denen eine vergessen wurde. Die eine Grundlage war, dass man eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Gesamteuropa haben wollte. Ich glaube, das ist ein Gedanke, dem niemand widersprechen kann. Im Ergebnis kam die sogenannte Dublin-Regel zustande, die zunächst einmal besagte, dass die Asylanträge dort gestellt werden müssen, wo die Menschen, die verfolgt werden, zum ersten Mal den europäischen Boden betreten. Wir dürfen nicht vergessen, dass diejenigen, die ich hier genannt habe - Max Braun, Gustav Regler, Johannes Hoffmann -, uns alle verpflichten, dieses Grundrecht auf Asyl im europäischen Rahmen zu bewahren und niemals preiszugeben, daran auch nicht rütteln zu lassen.
Das ist ja die Tradition, die diese Personen uns vermitteln. Deshalb haben wir diesen Ansatz gesucht.
Aber jetzt kommt der entscheidende Zusatzgedanke, der zu großen Schwierigkeiten geführt hat, weil er nicht befolgt worden ist. Es hieß auch, dass wir einen finanziellen Ausgleich brauchen und einen Verteilungsschlüssel in Gesamteuropa, um nicht Staaten wie Griechenland oder auch Italien alleine zu lassen, die sonst die Hauptlast dieser Flüchtlingsbewegungen zu tragen hätten. Dieser zweite Gedanke wurde über viele Jahre vernachlässigt, auch durch Versäumnisse aus Deutschland. Deswegen haben sich dann, als es einmal ernst wurde, andere Staaten gesperrt, sich zu einer gemeinsamen Lösung zu bekennen. Wir dürfen also nicht immer nur vom europäischen Zusammenhalt reden, sondern wir sind auch verpflichtet, wenn es darum geht, schwierige Aufgaben in Angriff zu nehmen, nationale Egoismen zu überwinden.
Die zweite Frage bezieht sich nicht auf kulturelle und soziale Entwicklungen, sondern auf die wirtschaftliche Entwicklung. Ich habe mit zu denen gehört, die den Euro als Währungssystem damals befürwortet haben. Ja, ich kann sagen, ich habe eine wesentliche Rolle dabei gespielt, ihn seinerzeit in der sozialdemokratischen Partei Deutschlands durchzusetzen; andere wichtige Persönlichkeiten waren anderer Auffassung. Ich habe aber darauf hingewiesen - für historisch Interessierte: 1995 in Mannheim -, dass
dieses Währungssystem nur funktionieren kann, wenn es eine Lohnstückkosten-Koordination gibt. Sie ist leider nicht zustande gekommen. Deshalb haben wir jetzt ein erhebliches Auseinanderentwickeln der Volkswirtschaften in Gesamteuropa. Solange dieses Problem nicht gelöst wird, werden die Völker Europas weiter auseinanderdriften.
Wir können es nur lösen, wenn wir in Europa einen wirtschaftlichen Rahmen konstituieren, der dazu führt, dass die Interessen aller Völker Europas gewahrt werden.
In einem Währungssystem - das ist weltweit unumstritten -, das wirtschaftlich stärkere Volkswirtschaften bevorteilt und wirtschaftlich schwächere Volkswirtschaften erheblich benachteiligt, kann der europäische Gedanke nicht reifen. In einem solchen Währungssystem wird es weiter Nationalisierungstendenzen geben. Wenn wir sehen, dass beispielsweise Italien 25 Prozent seines industriellen Anteils verloren hat, dann muss das jeden engagierten Europäer umtreiben. An die Adresse der Generalkonsulin als Vertreterin unseres Nachbarlandes möchte ich sagen: Es ist nicht akzeptabel, wenn ein Land wie Frankreich die Vereinbarungen einer Währungsunion einhält, die darin bestehen, ein gemeinsames Inflationsziel zu verfolgen, und andere Länder diese Vereinbarungen nicht einhalten, indem sie - ich sage es einmal so - Lohndumping betreiben. Dann kann die ganze Sache nicht funktionieren.
Wir sind also, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehalten, diese Nationalisierungstendenzen in ihrem Ursprung zu erkennen. Der Ursprung liegt nicht zuletzt in einer sehr unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Entwicklung. Wenn im Zuge einer Wirtschaftsphilosophie, wie sie sich weltweit ausgebreitet hat, die sozialen Systeme immer mehr unter Druck geraten sind und damit die Lebensentwürfe vieler Menschen in Frage gestellt wurden nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern weltweit; denken Sie an die Entwicklung in den Vereinigten Staaten -, dürfen wir uns nicht wundern, wenn autoritäre Systeme oder nationalistische Regierungen wieder an die Macht kommen. Ich glaube, der heutige Tag, an dem wir hier an der Saar über Europa diskutieren, sollte uns dazu verpflichten, solchen Entwicklungen entgegenzutreten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen umfassenden Katalog von Projekten vorgetragen bekommen, die so zahlreich sind, dass man in dieser Aussprache nicht alle ansprechen kann. Ich will mich daher auf wenige Punkte beschränken. Zunächst aber zum grundsätzlichen Ziel der Nachhaltigkeit. Ich habe eine Frage dazu. Hier wird gesagt, „Ziel ist es, die Lebenschancen künftiger Generationen im Saarland zu mehren...“ Das versteht jeder. Es heißt aber weiter: …, „ohne die soziale, ökologische und ökonomische Entwicklungsfähigkeit anderer Menschen zu verringern, und hier beispielhafte Ansätze zu entwickeln“. Ich hätte gerne gewusst, was damit gemeint ist. Ich habe es schlicht und einfach nicht verstanden. Das ist keine Ironie. Vielleicht kann irgendjemand das erläutern.
Ich will mich auf drei Punkte beschränken, einmal auf das Thema Flucht und Migration, zum Zweiten auf das Thema finanzielle Nachhaltigkeit und drittens auf das Thema energiepolitische Nachhaltigkeit. Ich finde es richtig, dass das Thema Flucht und Migration angesprochen wurde, allerdings fehlt mir, nachdem auf anderen Feldern die globalen Entwicklungen angesprochen wurden, ein Ansatz, wie man Flucht und Migration nachhaltig bekämpfen kann.
Ich glaube, dass drei Themen, auch wenn diese nicht im Vordergrund der Landespolitik stehen, nicht ausgeklammert werden können. Ich will das nur erwähnen. Das sind einmal die Folgen, die kriegerische Auseinandersetzungen für Flucht und Migration haben. Ich möchte unseren Standpunkt darlegen. Wir sind der Auffassung, dass die Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte, die seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrhunderten in der Welt geführt werden, eine der Hauptursachen für Migration und Flucht sind.
Des Weiteren sind wir der Auffassung, dass Waffenlieferungen in alle Gebiete der Welt, insbesondere in Kriegs- und Spannungsgebiete ebenfalls eine Ursache sind. Dies ist ein nationales Thema und zumindest im Rahmen des Bundesrates kann sich eine
Landesregierung dazu auch äußern. Wir sind der Auffassung, dass diese Waffenlieferungen unterbleiben sollten, wenn wir einen Ansatz finden wollen, um Flucht und Migration weiter zurückzuführen.
Der dritte und wichtigste Punkt ist die Art unseres Wirtschaftens. Das ist mittlerweile weltweit unumstritten, es wird jedoch noch immer das Gegenteil getan. Unumstritten ist, dass wir die ökonomischen und sozialen Entwicklungschancen der Länder, aus denen die Flüchtenden kommen, verbessern müssen. Wenn wir das tun wollen, dürfen wir diesen Ländern keine Handelsverträge aufzwingen, die die ökonomische Entwicklung der einheimischen Wirtschaft unterbinden. Das ist musterhaft in Afrika über viele Jahrzehnte durchgeführt worden. Hier steht die Europäische Gemeinschaft in der Pflicht. Ohne einen fairen Handel wird es nicht gelingen, bei Flucht und Migration eine Veränderung in der Welt herbeizuführen. Es ist auch aufgrund der jüngeren Entwicklungen vielmehr zu befürchten, dass die Ursachen im Hinblick auf die ökonomischen Fehlentwicklungen eher noch stärker werden. Deshalb wollte ich diese drei Punkte noch einmal erwähnen. Wenn man über Flucht und Migration redet, kann man die Kriege um Rohstoff- und Absatzmärkte, die Waffenlieferungen und die unfairen Handelsbedingungen gegenüber der Dritten Welt aus der Betrachtung nicht ausklammern.
Das zweite Thema ist die finanzielle Nachhaltigkeit. Ich kann es relativ kurz machen. Hier gibt es einen Streitpunkt - man kann ihn global nennen -, der zwischen konservativen und fortschrittlicheren Parteien besteht, wie auch immer man das bewerten will. Dieser Streitpunkt ist verbunden mit dem Thema Schuldenbremse. Dass dieses Thema auch hier im Landtag eine Rolle gespielt hat, kann ich dadurch belegen, dass Justizminister Maas, als er hier noch die SPD-Fraktion führte, den Satz geprägt hat, dass die Schuldenbremse auch eine Investitionsbremse ist. Ich bin der Auffassung, dass das richtig ist. Schauen Sie sich einmal an, nicht nur im Saarland, sondern auch in Deutschland und darüber hinaus, wie sich die Investitionen in den letzten Jahren entwickelt haben. Die Politik, die dahinter steht - wir nennen sie die neoliberale Glaubenslehre -, ist Ursache dafür, dass die Investitionen weltweit, aber auch regional deutlich zurückgegangen sind. Dies betrifft nicht nur Investitionen etwa in neue Betriebe oder in die Infrastruktur, sondern auch Investitionen in die Forschung. Man muss sich nur einmal die internationalen Statistiken vor Augen führen, wobei sich die Länder und Regionen natürlich unterschiedlich positionieren.
Die Frage ist also, ob Investitionen zur Nachhaltigkeit gehören. Man könnte bei einer oberflächlichen Betrachtung sagen, Investitionen gehören nicht zur
Nachhaltigkeit, denn sie verbrauchen Energie und Ressourcen und so weiter. Ich glaube aber, die Mehrheit in diesem Hause wird sich dieser Gedankenführung nicht anschließen. Wir sind wohl alle überzeugt, dass Investitionen in die Infrastruktur und in die Forschung und Entwicklung dringend geboten sind, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen und zu stabilisieren. Da ist der Rückgang der Investitionen, der weltweit, aber in Europa im Besonderen zu beobachten ist, eine Fehlentwicklung. Deshalb sind wir der Auffassung, dass die Schuldenbremse, auf die sich der Minister ausdrücklich bezogen hat, eine falsche Festlegung ist. Wir halten daran fest: Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse und daher, wenn man so will, in diesem Kontext auch eine Bremse der Nachhaltigkeit.
Der dritte Punkt ist eine nachhaltige Energieentwicklung. Eine nachhaltige Entwicklung des Energieverbrauchs ist in diesem Hause unstreitig. Streit besteht nur darüber, wie es zu handhaben ist. Sie wissen, der Schwerpunkt, für den ich seit Jahrzehnten eintrete, ist die Reduzierung der Energieumwandlung. Man braucht das nicht großartig zu begründen, denn es ist völlig klar, dass dies die eleganteste, ressourcenschonendste und beste Form der Nachhaltigkeit ist. Deshalb ist die Frage die der Mittelverwendung. Wenn wir die vielen Milliarden, die wir auf dem Felde der Umstellung unserer Energieversorgung ausgeben, schwerpunktmäßig in der Energieeinsparung einsetzen würden, dann würde - so ist unsere Auffassung, wozu es auch Rechnungsbeispiele gibt der so genannte CO2-Minderungseffekt größer werden, als er derzeit ist. Deshalb halten wir es für richtig, die vielen Milliarden, die vom Stromverbraucher aufgewandt werden, schwerpunktmäßig in die Energieeinsparung zu investieren. Wir glauben nach wie vor, dass dies die beste Form der CO2-Minderung weltweit ist. Deshalb treten wir dafür ein.
Natürlich gibt es auch andere technische Entwicklungen, die wir aufmerksam verfolgen müssen. Umstritten ist die jetzige Form der Erzeugung alternativer Energien. Dass man nach alternativen Energien suchen muss, die langfristig und tragfähig sind, ist ebenfalls kein Streit. Dabei müssen wir auch die soziale Frage im Auge haben. Sie gehört ebenfalls zur Nachhaltigkeit. Sie ist mir in diesem Kontext viel zu wenig beachtet worden. Die soziale Frage etwa bei der Strompreisentwicklung ist für uns ganz wichtig. Ich will nur eine Zahl nennen: Wir haben seit dem Jahr 2000 eine Verdopplung der Strompreise. Nun sage ich, jemanden, der in den Einkommenssphären von Abgeordnetenbezügen lebt, betrifft das nicht besonders stark. Ich will niemandem zu nahe treten, ich kann es aber zumindest für mich sagen. Die sogenannten kleinen Leute jedoch, die am Ende des
Monats ganz knapp sind, sind durch diese Entwicklung in Schwierigkeiten gekommen. Deshalb haben wir diesen Zuwachs an Stromsperren. Das ist ein echtes, ein soziales Problem. Anders ausgedrückt: Wir müssen diesen Weg gehen, wir dürfen dabei aber nicht die soziale Balance verlieren.
Das war nicht nur ein Thema beim Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern schon beim Ökostrom. Ich habe die Novelle damals noch in den Bundestag eingebracht, aber diese Novelle hatte eben eine gewisse Schieflage, weil sie alle in gleicher Form betroffen hat. Wir haben das intensiv diskutiert und darauf hingewiesen, dass ein solcher Weg, über die Preissteuerung einen geringeren Verbrauch zu erreichen, nur dann funktionieren kann, wenn in gleichem Atemzug die Löhne und sozialen Leistungen ansteigen, auch die Renten. Wenn man nämlich auf der einen Seite einen Rückgang der Löhne, sozialen Leistungen und Renten hat - und das haben wir relativ seit Jahren, zumindest in weiten Sektoren -, auf der anderen Seite aber eine Preissteuerung über die Energie betreibt, Verdoppelung der Strompreise seit 2000, dann ist das ein Irrweg. Beim Thema Nachhaltigkeit muss immer auch die soziale Frage gesehen werden.
So ist der erste Teil des Ziels, das ich genannt habe, mit zu verstehen.
Der entscheidende Punkt ist, ob die jetzige Form der Darstellung der erneuerbaren Energien neben anderen Formen - Verkehrsbereich, Heizungsbereich und so weiter - der richtige Weg ist. Ich werde heute niemanden von Ihnen überzeugen, aber ich möchte noch einmal darstellen, dass wir gerade im letzten Dezember in einer Situation gewesen sind, in der sich ganz erheblich die Frage gestellt hat, ob der jetzige Weg der richtige ist.
Wir hatten am 12. und 14. Dezember folgende Situation, ich will beispielhaft nur einen Tag nennen: Wir hatten einen Verbrauch von rund 70 Gigawatt Strom, davon kamen 0,7 Gigawatt von der Sonne, 1 Gigawatt vom Wind auf Land, 0,4 Gigawatt vom Wind auf See. Das heißt, nur 2 Gigawatt kamen an diesem Tag von erneuerbaren Energien, weil wir ein dichtes Wolkenfeld hatten und eine ziemliche Windstille herrschte. Hier sehen Sie überdeutlich, dass, wenn es nicht gelingt, Speicher aufzubauen, dies ein großer Irrweg ist. Ich muss das in aller Klarheit sagen. Wir brauchen an diesen Tagen den gesamten Kraftwerkspark, um die Stromversorgung sicherzustellen.
Das ist der Grund, warum wir mit vielen anderen der Auffassung sind: Wenn wir schon investieren, brauchen wir Investitionen in Speichertechnologien und in andere Netze. Ich sehe, dass der sehr engagierte Vorsitzende der GRÜNEN-Fraktion hier eine Frage
hat. Selbstverständlich wollen wir die Argumente austauschen, bitte schön.
Ich wollte die Worterteilung abkürzen, Herr Präsident, Entschuldigung.
Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Ich habe zur Kenntnis genommen: Oskar Lafontaine hat die Macht im Parlament übernommen.
Herr Fraktionsvorsitzender, Sie ziehen wieder einmal gegen die erneuerbaren Energien zu Felde mit den altbekannten Argumenten. Deshalb von meiner Seite die konkrete Frage: Was ist denn Ihre Alternative zu den erneuerbaren Energien? Dass es die Atomkraft nicht ist, da sind wir uns einig. Was bleibt denn dann? Es bleibt nur die Kohle. Ist die Kohle Ihre Alternative für die Energiepolitik der Zukunft in diesem Lande? Das ist meine Frage.
Ich bin der Auffassung, dass natürlich längerfristig dekarbonisiert werden muss, wie es so schön heißt. Ich bedauere aber, dass Sie mir nicht zugehört haben -
Dann bedauere ich, dass Sie meine Argumente nicht aufgegriffen haben, Herr Kollege Ulrich. Ich habe die große Bedeutung der Energieeinsparung für die CO2-Minderung genannt und habe bewusst die beiden Alternativen gegenübergestellt.
Es geht nicht um Energieerzeugung, das wäre eine ganz falsche Zielsetzung, Herr Kollege Ulrich. Wir waren uns in den Umweltdiskussionen der letzten Jahrzehnte vielmehr einig, dass es um eine Verminderung der Energieumwandlung geht. Das ist das Ziel der Umweltpolitik. Die Verminderung der Energieumwandlung kann man auf verschiedenen Wegen erreichen, aber der wichtigste Weg ist natürlich die Energieeinsparung. Das darüber liegende Ziel ist die Verminderung des CO2-Ausstoßes. Es wäre also gut, wenn wir zwischen den Fraktionen einen Konsens hätten, dass die Verminderung des CO2-Ausstoßes auf zwei Wegen erreicht werden kann, zum einen indem weniger verbrannt wird, zum anderen indem schlicht und einfach weniger Energie umgewandelt wird. Wenn wir so weit kommen würden, wäre das schon mal gut.
Wir sollten die Ansätze der anderen nicht einfach ignorieren, sonst gibt es keine Diskussion. Meine Frage war, ob wir die rund 25 Milliarden, die wir aufwenden, um den jetzigen Weg der alternativen Energiedarstellung zu finanzieren, nicht anderweitig investieren sollten - es gibt dazu Studien -, etwa in moderne Heizungsanlagen, in Wärmedämmung, Verminderung des Benzinverbrauches etc. Man kann doch darüber diskutieren, ob es einen größeren Effekt hätte, wenn wir sie dort investieren würden! Da muss man doch nicht dem jeweils anderen völlig die Kompetenz absprechen. Ich bin der Meinung, dass dieser Weg der bessere wäre, Sie haben eine andere Auffassung, lassen wir es doch dabei bewenden.
Es wird ja auch in den Dörfern immer wieder argumentiert - und das greifen viele Kommunalpolitiker auf -, wenn wir die Kernenergie nicht haben wollen, müssen wir halt diese Mühlen hinstellen. Wenn dieser Schluss richtig wäre, müsste man sich mit dem auseinandersetzen. Er ist aber eklatant falsch, deshalb habe ich die Zahlen hier noch einmal genannt.
Ich sage es noch einmal: Ich habe als Alternative zur temporären Darstellung von Strom mit Wind und Sonne - ich sage bewusst temporär -, um CO2 zu reduzieren, die Energieeinsparung genannt, die über den ganzen Sektor reicht. Sie mögen das für richtig halten oder falsch. Ich habe Ihnen auch noch die finanziellen Zahlen genannt. Lassen wir es dabei.
Ich komme jetzt zur Windenergie und sehe mal die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion an. Ich weiß, dass einige von Ihnen so denken wie ich! Ich ermutige Sie, in Ihrer eigenen Partei für Klarheit zu sorgen, auch Sie, Frau Ministerpräsidentin. Die CDU sagt Nein zu Windrädern, so stand es gerade gestern in der Saarbrücker Zeitung. Da werden also Argumente vorgetragen, und da könnten wir uns doch wenigstens - dafür werbe ich immer wieder auf ein Ziel einigen, das zwischen den einzelnen Positionen liegt. Der Umweltminister hat hier die Bedeutung des Waldes hervorgehoben. Es bleibt für mich schlicht und einfach ein Fehler, dass wir größere Flächen des saarländischen Waldes in Anspruch nehmen, um Windräder zu errichten.
Man muss doch einmal überlegen, warum andere Länder das anders handhaben. Es ist doch nicht so, als wäre die Weisheit nur an der Saar angesiedelt! Wir müssen - das ist auch die Methode der Landespolitik - immer auch über die Grenze schauen und sehen, was in anderen Ländern passiert. Da der Umweltminister gerne zu populären Formulierungen neigt - ich weiß gar nicht, von wem er das abgekuckt hat -,
möchte ich dazu nur sagen: Wir sollten nicht dümmer sein als die Pfälzer.
Wenn die Pfälzer ihren Wald schonen, sollten wir darüber nachdenken, ob das nicht vielleicht richtig ist.
Wenn man dann auch noch sieht, dass die Siedlungsdichte in der Pfalz nicht so hoch ist wie im Saarland, könnte man doch auf die Idee kommen, dass der Wald als Naherholungsgebiet für unsere Bevölkerung vielleicht noch eine wichtigere Funktion hat als für die Pfälzer.
Eines möchte ich Ihnen noch sagen, Herr Umweltminister: Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie aufgrund Ihrer intensiven Tätigkeit hier zu wenig Gelegenheit haben, im Wald spazieren zu gehen. Einige Kollegen nehme ich bewusst davon aus.
Wenn Sie im Wald spazieren gehen und die Verwüstungen sehen, die dort angerichtet worden sind, ist der Verweis darauf, dass ein paar kleine Tannen gepflanzt worden sind, in keinem Fall ausreichend. Deswegen bleiben wir dabei: Umweltschonende Energiepolitik ja, aber man muss deshalb nicht den Wald zerstören.
Vielen Dank.
Herr Minister, die Gewerkschaft der Polizei hier an der Saar hält es ja für sinnvoll, ein solches Radar zu testen. Warum gehen Sie nicht auf diese Anregung der Gewerkschaft ein?
Sie verwirren mich jetzt ständig mit diesen AKKs.
Wenn ich jetzt auf die Trickbetrüger komme, dann ist das wieder peinlich.
Es ist ja bekannt, dass die Polizei nach unserer Auffassung zu Recht etwa vor dem Enkeltrick oder vor falschen Polizisten oder vor Sammlungen warnt. Das hat ja seinen Sinn. Wäre es aus dieser Erfahrung heraus nicht richtig zu sagen, es häufen sich in den Dörfern X, Y oder Z Einbrüche, was die Bevölkerung zu mehr Aufmerksamkeit veranlassen würde?
Diejenigen, die das vorschlagen, führen auch an, dass das Entdeckungsrisiko für die Täter steigen würde. Das hängt ja alles damit zusammen, dass die Bevölkerung dann sensibilisiert ist und aufpasst. Sehen Sie das als Argument? Aber Sie haben ja jetzt eingeräumt, dass Sie sich das vielleicht doch noch überlegen.
Abschreckungseffekt wird ebenfalls als Argument genannt. In Nordrhein-Westfalen sind zusätzliche Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Das sind wohl Argumente, die Sie veranlassen sollten, ein solches Experiment zumindest einmal ins Auge zu fassen.
Dem Kompliment möchte ich mich gerne anschließen. Meine Frage geht in die Richtung: Wir können eine noch so gut ausgebildete Polizei haben, aber Sie werden mir zustimmen, dass es auch gut ist, wenn eine aufmerksame Bevölkerung diese Arbeit unterstützend begleitet. Und in diese Richtung zielen unsere Fragen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der steigenden Aufmerksamkeit des Plenums fasse ich mich kurz. Wir sind uns alle einig, dass die Bau-Verwaltung im Saarland nicht optimal organisiert ist. Entsprechend waren auch die Stellungnahmen der verschiedenen Fraktionen in der Öffentlichkeit. Wir sind uns auch alle einig, dass das Begehren der Architekten und derjenigen, die sich in der Bauwirtschaft engagieren, Baugenehmigungen schneller zu erteilen, richtig ist und dass man daher eine Lösung suchen muss.
Es gibt zwei Modelle. Das eine ist eine Bauamtskonferenz, wie wir sie vorgeschlagen haben. Das zweite Modell ist die Organisation eines neuen Ministeriums verbunden mit einer Neuorganisation der Zuständigkeiten. Gegen das zweite Modell sprechen zwei Einwände. Erstens. Die Einrichtung eines Ministeriums nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Es
würden dann wieder einige Monate vergehen und in der Zwischenzeit würde eine schnelle Genehmigung nicht möglich sein. Ich kenne im Moment nicht die größten Vorhaben, die anliegen. Es gilt aber auf jeden Fall für alle diese Vorhaben.
Zweitens. Gesprächsweise hat sich ergeben, dass es ein großer Irrtum ist zu glauben, wenn man ein Ministerium hat, brauchte man keine Bauamtskonferenz. Das will ich Ihnen aus der Praxis erläutern. In der Stadt Saarbrücken hatten wir mehrere Ämter, die saßen sogar in einem Bau. Die waren, wenn man so will, ein komplettes Bauministerium, das nannte sich nur Baudezernat. In diesem Baudezernat war es tatsächlich so, dass die Anträge von einem Amt ins andere gewandert sind, das eine Amt aber etwas schneller, das andere etwas langsamer war. Manchmal dauerte es dann ein Jahr. Wenn dann die Genehmigung innerhalb der Bauverwaltung erteilt war, kam die Feuerwehr und hat gesagt, der Brandschutz stimmt nicht. Dann wurde das Ganze wiederum verzögert.
Sie können es also machen, wie Sie wollen: Wenn Sie wirklich beschleunigen wollen - das sage ich als jemand, der 25 Jahre Praxis in verschiedenen Großbehörden hat -, dann müssen Sie die alle an einen Tisch holen und darauf drängen, dass die Genehmigung schnell erteilt wird. Alles andere geht nicht. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es zu den Ausführungen des Kollegen Kurtz kurz machen. Wir sind beim Thema aneinander vorbeigelaufen. Sie haben die Schwierigkeiten der Abwicklung eines Bauprojektes dargestellt, da haben Sie hundertprozentig recht.
Hunderteinprozentig recht.
Das war aber nicht Gegenstand unseres Antrags, es ging schlicht und einfach um die Genehmigung. Dem Kollegen Strobel von der CDU möchte ich sagen: Sie irren sich gewaltig! Zufälligerweise waren die Architekten bei uns, bevor die sicherlich ganz wichtige Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Architektenkammer stattgefunden hat. Zufälligerweise sind wir zu dem gleichen Ergebnis gekommen. Deswegen möchte ich Ihnen noch einmal sagen, Sie können hier erzählen, was Sie wollen, aber wenn Sie nicht eine Koordination durchführen, kriegen Sie ein großes Projekt nicht über die Bühne.
Es geht auch nicht darum, alle Anträge in dieser Konferenz permanent zu behandeln. Es gibt wichtige Schlüsselprojekte bei der Stadt oder beim Land, die müssen so koordiniert werden. Ich will aus der Praxis einen Fall ausführen, damit Ihnen vielleicht klar wird, worum es eigentlich geht. Ich rede jetzt
aus der Praxis, nicht wie jemand, der noch nie mit so etwas befasst war. Wenn Sie da sieben Ämter oder mehr sitzen haben und es meldet sich am Schluss einer und sagt, das können wir als Amt sowieso nicht mittragen, wir genehmigen das nicht, dann muss es einen geben, der fragt: Warum genehmigen Sie das nicht? Die Gründe werden vorgetragen, und dann muss einer entscheiden und sagen: Sie werden das jetzt so und so genehmigen. Der Bauantrag ist dann innerhalb von vier Wochen durch.
Es ist bedauerlich, dass Sie das nicht verstehen. Wissen Sie, was jetzt ist? Es passiert monatelang überhaupt nichts und Sie werden vielleicht weiter die nächste Pleite vorbereiten. Viel Vergnügen dabei.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will hier nur einen Gedanken vortragen und für ihn werben. Diese Frage ist wirklich keine Frage von Koalitionen. Ich appelliere an die Fraktionsvorsitzenden der beiden Koalitionsfraktionen und auch ein Sie, Herr Präsident, das zu vermitteln; denn dann können wir uns tatsächlich solche Diskussionen sparen. Es ist keine Frage von Koalitionsvereinbarungen. Ich wäre froh darüber, wenn in solchen Fragen in diesem Hause mal eine offene Debatte stattfinden würde, in der jeder so abstimmen könnte, wie er es will.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der zunehmenden Aufmerksamkeit des Plenums möchte ich mich relativ kurz fassen. Wir hatten, als wir die zusätzlichen Millionen hier gefeiert haben, bereits über dieses Thema ge
sprochen. Wir hätten von unserer Seite aus keinen Antrag gestellt, wenn nicht vonseiten der Landesregierung damals versichert worden wäre, dass die Privatisierung der Autobahnen, dass die Privatisierung von Bundesfernstraßen im Moment nicht aktuell sei. Da wir eine ganz andere Auffassung haben, haben wir das Thema hier noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt.
Das Thema ist nicht unwichtig. Der Wahlausgang, der uns heute beschäftigt hat, hat auch etwas zu tun mit dem Verfall und der Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur. Als ich das erste Mal in den Staaten war, in Detroit, um für Investitionen bei den Fordwerken zu werben, ging ich durch die Innenstadt, und was ich dort gesehen habe, hat mich nachhaltig beeindruckt. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass in einem so reichen Industrieland in der Innenstadt eine solch verfallene Landschaft zu sehen war. Solche Erlebnisse wird jeder von Ihnen, der die Staaten einmal bereist hat, auch gehabt haben.
Wir vertreten die Auffassung - und deshalb dieser Antrag -, dass öffentliche Infrastruktur in öffentlichem Besitz bleiben soll. Dafür gibt es eine ganz einfache Begründung: Private wollen Geld verdienen, der Staat und die Gemeinschaft haben nicht die Aufgabe, Geld zu verdienen, sondern sie haben die Aufgabe, für die Bürgerinnen und Bürger eine gute Infrastruktur vorzuhalten, und das soll auch so bleiben.
Es wird von den Koalitionsfraktionen im Antrag auf die Folgen für die Beschäftigten hingewiesen. Das ist richtig, das begrüßen wir. Aber generell kann ich Ihnen sagen, es geht hier nicht nur um die Beschäftigten etwa der Straßenbaubetriebe. Es geht immer um die Beschäftigten, wenn privatisiert wird. Alle Privatisierungen, von kleinen Ausnahmen vielleicht abgesehen, haben nur eines zur Folge gehabt: Für die Beschäftigten wurde es immer schlechter. Wer für die Privatisierung votiert, votiert immer gegen die Beschäftigten. Ich will das hier in aller Klarheit deutlich machen, denn es wird immer so getan, als würden dann mehr Arbeitsplätze entstehen, als sei das alles unwahr. Was ist uns da nicht alles erzählt worden! Schauen Sie sich doch die Geschichte der Privatisierung in der Bundesrepublik und anderen Ländern an! Immer geht dies zulasten der Beschäftigten. Nachher steigen die Gehälter der Vorstandsmitglieder, die Beschäftigten werden ausgelagert und irgendwann zu Mini-Job-Beschäftigten. Das wollen wir nicht. Deshalb sind wir auch dagegen.
Wir haben uns vor allen Dingen zu Wort gemeldet, weil die aus unserer Sicht richtigen Aussagen der Landesregierung durch die Bundespolitik erheblich in Zweifel gezogen werden. Wir haben drei Bundes
ministerien, die eindeutig für die Privatisierung werben, weil sie der Privatwirtschaft Investitionsmöglichkeiten eröffnen wollen. Da ist zunächst einmal das Bundesfinanzministerium, dann das Bundesverkehrsministerium und schließlich das Bundeswirtschaftsministerium. Ich will Sie jetzt nicht mit irgendwelchen Artikeln konfrontieren, die können Sie sich ja alle raussuchen und lesen. Mit unterschiedlicher Akzentuierung sind alle drei Ministerien mehr oder weniger stark für eine Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere mit dem Ziel - da ist besonders der Bundeswirtschaftsminister stark engagiert -, beispielsweise privaten Versicherungsgesellschaften und privaten Finanzinstituten zusätzliche Rendite- und Anlagemöglichkeiten zu eröffnen. Das ist genau der grundfalsche Weg.
Wir können uns nicht vorstellen, dass man an diesem Weg festhält, obwohl doch die Privatisierung von Verkehrsinfrastruktur - ich denke da etwa an die ersten Reformmaßnahmen der Regierung Blair - nur zu einem geführt haben: Die Infrastruktur ist zerfallen und die Preise wurden höher, die Leute hatten schlechtere Löhne. Das kann doch keiner ernsthaft wollen, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt! Deshalb sprechen wir das hier an.
Die Warnungen kennt doch jeder von Ihnen. Das Urteil des Bundesrechnungshofes zu öffentlich-privaten Projekten ist vernichtend. Aber - und nun komme ich noch einmal zurück zu dem, was wir heute diskutieren -, es interessiert dann keinen mehr. Wenn Sie irgendwie beeinflusst sind von irgendwelchen großen Finanzinstituten oder irgendwelchen Betrieben, dann sind Sie der Auffassung, wir bleiben dabei, wir ziehen das durch. Irgendwie hat sich das auch hier festgesetzt. Privat sei demnach immer besser als Staat. Es gab schon mal solche Parolen. Nein, es ist ganz anders. Die Privatisierung der letzten Jahre zeigt, dass privat eben nicht besser ist als Staat. Sicher ist es richtig, wie italienische Kommunisten mal zu Zeiten Berlinguer gesagt haben, dass man Speiseeis nicht privatisieren sollte, das sei Idiotie. Das haben sie damals erkannt. Es ist aber auch Idiotie, öffentliche Infrastruktur zu privatisieren und damit den Staat und letztendlich auch die Demokratie immer weiter zu schwächen.
Nicht zuletzt aufgrund der Einflüsterungen der Ministerin versprach ich, mich kurz zu fassen. Deshalb, meine sehr verehrte Damen und Herren, bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden auch dem Antrag der GRÜNEN zustimmen, weil Kollege Ulrich mich informiert hat, dass die Stoßrichtung, den öffentlichen Besitz aufrechtzuerhalten und nicht zu privatisieren, auch Grundlage dieses Antrags ist. Beim Antrag der Koalitionsfraktionen konnten wir
das so eindeutig nicht erkennen. Wir haben wirklich geglaubt, dass im Hinterkopf derjenigen, die ihn formuliert haben, die Haltung des Bundesverkehrsministers, des Finanzministers und des Wirtschaftsministers ist. Deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.
Ich appelliere aber trotzdem an die Koalitionsfraktionen hier im Hause: Glauben Sie mir, eine weitere Privatisierung der Infrastruktur hat nicht nur die Beschäftigten als Opfer, sondern letztendlich auch die Autofahrer. Sie brauchen nur nach Frankreich zu fahren und sich anzuhören, was dort aufgrund der Preiserhöhungen der letzten Zeit diskutiert wird. Selbst ein Macron - zumindest einer hier weiß, wer das ist - sagt, er würde das nicht machen, das heißt, ein in der Wolle gefärbten Neoliberaler sagt dies. Bitte zeigen Sie, dass Macron nicht weit links von Ihnen steht. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte es kurz machen, aber da ich mehrfach fehlinterpretiert wurde, muss ich etwas klarstellen. Zunächst einmal zur Verdi-Sekretärin: Ich bin nur einfaches Mitglied, aber soweit ich das mitbekommen habe, lehnt Verdi diese Vorgehensweise ab. Insofern hätte ich gedacht, dass eine Verdi-Sekretärin das weiß. Die Erklärungen von Herrn Bsirske sind nachlesbar, Sie können das im Internet nachschauen, das ist überhaupt keine Schwierigkeit. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Gewerkschaft Verdi schlicht und einfach den Weg öffnet für eine Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur. Das wäre eine totale Kurskorrektur von Verdi. Sie können sicher sein, Verdi will das nicht.
Der zweite Punkt ist, man darf nicht die Infrastrukturgesellschaft als solche mit ihrem Besitzverhältnis verwechseln mit den Landesabsichten. Ich kann eine Infrastrukturgesellschaft gründen und die im Besitz des Bundes vorhalten. Das ist ja dann auch vorgeschoben worden. Aber wer die Praxis in Bund,
Ländern und Gemeinden kennt, weiß, dass solche Gesellschaften vielfältige Möglichkeit haben, Aufgaben auszulagern. Und darauf kommt es hier an. So kann der Betrieb und die Unterhaltung dieser Autobahnen natürlich ausgelagert werden auf eine andere Gesellschaft. Dann ist diesem Anspruch, den Grundbesitz in der öffentlichen Hand zu behalten, Genüge getan, aber es ist in der Beschlussfassung der Weg eröffnet, den Betrieb Privaten zu übertragen. Darauf weisen viele hin. Insofern geht Ihre Argumentation an der Sache vorbei. Sie können das durchaus für richtig halten, es ist ja in der Demokratie normal, dass jemand eine andere Auffassung hat. Aber wenn Sie eine private Betreibergesellschaft für zulässig halten, dann sagen Sie das bitte. Wir sagen, warum wir das nicht für richtig halten. Denn dann ist es so, dass Mautgebühren eingeführt werden und dass die kleinen Leute das alles bezahlen müssen, und das wollen wir nicht!
Deshalb liegt auch Ihr Argument mit der Versicherung völlig daneben. Sie haben vielleicht einen Versicherungsvertrag, ich habe auch einen. Die Versicherungsgesellschaften haben in den letzten Jahren die Renditen erheblich abgebaut. Jetzt rede ich wieder von den kleinen Leuten. Die haben in der Regel keinen Versicherungsvertrag. Wenn man tatsächlich die Situation der Versicherungsunternehmen verbessern will, und das will beispielsweise der Bundeswirtschaftsminister, das wollen auch die Beamten, die auf dieser Ebene verhandelt haben, dann ist der Weg der Privatisierung der Verkehrswege der völlig falsche! Ich sage es noch einmal: Dann muss man sich mit der Zinspolitik der Zentralbank auseinandersetzen, aber man darf nicht hingehen und sagen: „Die Versicherungsunternehmen und die Banken haben zu wenig Rendite, jetzt öffnen wir eben mal die öffentliche Infrastruktur für private Investoren.“ Das ist der Irrweg, der in Amerika letztendlich zu den Ergebnissen geführt hat, die wir heute sehen.
Wir brauchen eine funktionierende Demokratie, wir brauchen eine funktionierende öffentliche Infrastruktur! Darum geht es uns. Den Gedanken des Föderalismus, der zwischen den GRÜNEN, uns und einigen anderen noch etwas kontrovers ist, will ich hier aus Zeitgründen gar nicht mehr ansprechen. Es ist nur bedauerlich, das sage ich Ihnen doch noch, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung das einzige Leitorgan der Republik war, das den Föderalismusabbau in mehreren qualifizierten Artikeln beklagt hat. Es ist bedauerlich, dass man das der FAZ überlässt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie eine Vorbemerkung. Ich werde natürlich zum gesamten Fragenkomplex Stellung nehmen, da sich beide Komplexe überschneiden. Unser Antrag hat den Schwerpunkt der Investitionen, darauf werde ich natürlich im Rahmen meiner Ausführungen eingehen, aber zunächst eben mal eine gesamte Würdigung. Das Saarland bekommt also mehr Geld ab dem Jahre 2020. Das ist für uns alle Anlass zur Freude. Deswegen möchte ich all denjenigen Dank und Anerkennung aussprechen, die dieses Ergebnis erreicht haben. Das gehört sich so, wir haben überhaupt kein Problem damit. Also, Anerkennung dafür, dass wir ab 2020 mehr Geld bekommen.
Das wird auch nicht dadurch geschmälert, obwohl das von Bedeutung ist, dass alle Bundesländer mehr Geld bekommen. Wenn wir unser Anliegen hier besprechen und unsere Situation würdigen wollen, müssen wir uns immer im Vergleich zu allen anderen Bundesländern sehen, ansonsten hat das keinen Zweck, unsere Position zu bestimmen. Wir arbeiten zwar zusammen, aber auf der anderen Seite sind wir im Wettbewerb, wenn es um Infrastrukturinvestitionen, um Schulwesen und Universitäten geht, das wissen Sie alle. Deswegen müssen wir immer schauen, ob wir im Wettbewerb mit allen anderen mithalten können.
Ich beziehe in meinem Dank natürlich auch diejenigen mit ein, die diesen Kompromissvorschlag mit ausgearbeitet haben, davon haben Sie gesprochen, Frau Ministerpräsidentin. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Überlegung, die Umsatzsteuer stärker mit heranzuziehen, schon auf Franz Josef Strauß zurückgeht. Es war gut, dass man in dieser schwierigen Situation einen Ausweg gefunden hat. Ich weiß, was das bedeutet - ich sehe die Herren hier sitzen -, wenn man nachts um 3.00 Uhr noch rechnen und immer wieder zum Finanzminister oder zur Ministerpräsidentin rennen muss: „Geht das oder geht das nicht?“ Das ist eine enorme Anstrengung. Deshalb möchte ich allen Beamtinnen und Beamten, die beteiligt waren - das waren sicherlich nicht nur die zwei, die eben genannt worden sind -, herzlich von dieser Stelle aus danken. Ich nehme an, das ganze Haus sieht das so.
Nun ist es unsere Aufgabe trotz der Freude darüber - ich sage das noch einmal -, dass wir ab dem Jahr 2020 mehr Geld bekommen, unsere Position richtig zu bestimmen. Damit der ein oder andere von Ihnen es sich nicht zu leicht macht und sagt, die Opposition muss immer wieder meckern oder Wasser in den
Wein gießen, will ich den Kollegen Roth zitieren. Ich weiß nicht, ob man Ihnen schon Vorwürfe gemacht hat, Herr Kollege Roth, dass Sie sich so freimütig geäußert haben, aber nach meinem Urteil haben Sie mit Ihrem Kommentar die Situation richtig beschrieben, deshalb möchte ich Sie hier zitieren. Sie haben die Einigung einen Etappensieg für das Saarland genannt. Das habe ich vorhin auch zum Ausdruck gebracht, das ist nach meiner Auffassung die richtige Würdigung. Sie sagen, dieser Etappensieg gäbe dem Land Zeit zum Durchatmen. Sie bedauern aber, dass es keinen Kurswechsel in der Politik gegeben habe und verweisen auf die Schuldenbremse. Sie sagen, die Schuldenbremse sei in letzter Zeit zu einer Investitionsbremse und Zukunftsbremse geworden. - Wir sehen das ganz genauso; wir glauben, dass in der heutigen Zeit das Festhalten an der Schuldenbremse ein großer Fehler ist. Ich will nicht nur auf die Tatsache verweisen, dass wir weltweit tatsächlich eine einmalige Situation haben, Minuszinsen, sondern auch dass wir an der Saar nach wie vor einen großen Investitionsstau haben. In dieser besonderen Situation wäre es wirklich notwendig, die Schuldenbremse anders zu sehen, als Sie sie gesehen haben, Frau Ministerpräsidentin. Ich gebe Ihnen völlig Recht, Herr Roth; wir brauchen mehr Luft, um Investitionen in die Zukunft zu tätigen.
Ich gebe nur für diejenigen, die sich für solche Fragen interessieren, einen kleinen Hinweis. Wir haben global eine fundamentale Veränderung, was die Finanzmarktsituation hier angeht. Diese fundamentale Veränderung besteht darin, dass die einen, die bisher immer die Spargroschen verwandt haben, die Unternehmen, im Saldo sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa sich gar nicht mehr verschulden. Deshalb fallen sie als Abnehmer der Spargroschen aus. Deshalb ist der Staat in der Zukunft weitaus mehr gefordert, den ökonomischen Kreislauf sicherzustellen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Ich gebe nur den Hinweis, falls sich jemand für solche Zusammenhänge interessiert.
Auf jeden Fall haben Sie richtig darauf hingewiesen, Herr Kollege Roth, dass die Schuldenbremse ein Hemmnis darstellt, auch für uns. Ich werde das nachher ausführen. Wir brauchen Investitionen in diesem Land, wenn wir die Zukunft meistern wollen. Das ist der zentrale Ausgangspunkt meiner Betrachtung.
Ich will auch darauf hinweisen, dass wir uns einig waren - Sie haben davon heute nicht mehr so sehr gesprochen, Frau Ministerpräsidentin -, dass es angesichts des gewaltigen Schuldenbergs, den wir haben, der mit einem enormen Zinsrisiko verbunden ist, notwendig gewesen wäre, doch so etwas wie einen Altlastenfonds, einen Schuldentilgungsfonds oder wie immer man das nennt, zustande zu brin
gen. Sie und Ihr Finanzminister hatten richtigerweise diesen Schuldenfonds vor einem Jahr als A und O der ganzen Bemühungen benannt. Das heißt in Ihren Worten, wir haben das A und O leider nicht erreicht. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie dieses A und O erreichen wollten, dieses Alpha und Omega, aber wir haben es leider nicht erreicht.
So haben wir weiterhin diesen enormen Schuldenberg, der uns natürlich im Hinblick auf die Zinsentwicklung ganz anderen Risiken aussetzt als andere vergleichbare Länder. Insofern ist das bedauerlich. Ich weiß nicht, wie wir die Altschulden wegbekommen. Bei der jetzigen Perspektive, die wir haben, sehe ich das nicht. Sie würden das anders sehen, Sie haben die Hoffnung, dass Sie ab 2020 Schulden abbauen können. Wir werden sehen, wie sich das dann in Wirklichkeit entwickelt. Das kann man heute so oder so sehen.
Ich sehe dies von den Zahlen her noch nicht, aber wir werden das ja irgendwann feststellen. Der Kollege Roth hat richtigerweise aber nicht nur auf die Schuldenbremse hingewiesen, die nach wie vor unsere Arbeit hier erschwert. Er hat auch richtigerweise auf die Steuerpolitik hingewiesen, denn die Steuerpolitik, die wir derzeit auf Bundesebene haben, ist eben nicht in der Lage, die Länder und die Gemeinden finanziell in die Lage zu versetzen, die Aufgaben zu erfüllen, die sie eigentlich erfüllen müssen. Das geht bei dieser Steuerstruktur nicht.
Deshalb haben wir einen Antrag vorgelegt, wie man diese Steuerstruktur verändern kann. Auch hier müssen wir uns nicht nur an anderen Bundesländern messen, sondern an anderen Ländern in der Welt. Ich habe immer wieder von dieser Stelle aus darauf hingewiesen - die OECD-Zahlen sind ja jedem zugänglich, wenn er es will -, dass etwa selbst die angelsächsischen Länder, was die Vermögenssteuern angeht, weitaus höhere Belastungen ausweisen als wir. Es ist bedauerlich, dass wir eine solche Machtstruktur in der Republik haben, dass sich ein gerechteres Steuersystem nicht durchsetzen lässt. Auf jeden Fall ist der Hinweis auf die Steuerpolitik sehr zu begrüßen.
Der nächste Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Kollege Roth, ist der Punkt der Zentralisierung, wie Sie es genannt haben, also der Föderalismus. Auch hier sehen wir die Situation, das Ergebnis, anders als Sie, Frau Ministerpräsidentin. Wir glauben, dass die Vereinbarungen, die getroffen worden sind - nicht nur bei den Bundesautobahnen, sondern auch das zunächst positiv zu würdigende Ergebnis, dass Schulen saniert werden -, doch ein Manko haben, nämlich dass der Föderalismus in Deutschland auf dem Rückzug ist. Dasselbe gilt ja für die Möglichkeiten der Gemeinden, wirklich Selbstverwaltung zu betreiben. Das kann man an diesem einen Beispiel sehr deutlich zeigen. Es wäre doch viel besser,
wenn unsere Gemeinden in der Lage wären, aus eigenen Mitteln ihre Schulen zu sanieren, als dass sie beim Bund Anträge stellen und dann versuchen müssen, in irgendeiner Form zurechtzukommen.
Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung ist keine Kritik an irgendeinem hier im Haus. Das ist ja eine Entwicklung, die wir seit vielen Jahren haben. Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung ist ja eine demokratische Idee. Wir sehen doch, dass die Demokratie weltweit auf dem Rückzug ist. Das ist eine Diskussion, die wir weltweit führen.
Deshalb wäre es notwendig und sinnvoll gewesen, einem weiteren Abbau des Föderalismus entgegenzuwirken. Das ist keine besonders verdächtige Position jetzt etwa nur von unserer Fraktion. Das ist eine Position, die die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem ausführlichen Kommentar gewürdigt hat. Ich will hier nur sagen, bei aller Freude darüber, dass wir mehr Geld bekommen, ist es ein Nachteil, dass der Föderalismus weiter auf dem Rückzug ist. Das wollte ich in aller Klarheit sagen.
Ich will jetzt aus Zeitgründen zur Frage der Bundesautobahngesellschaft hier keine Ausführungen machen. Ich habe das öffentlich vorgetragen. Wir werden ja sehen, wie sich das entwickelt. Nur eines sollten Sie wissen. Man darf an dieser Stelle nun wirklich nicht blauäugig sein. Es ist doch seit Langem klar, dass sich unsere Versicherungswirtschaft, beispielsweise die Allianz, in einem Anlagenotstand befindet. Aus diesem Grund führen sie schon seit Langem Gespräche, sich an öffentlichen Infrastrukturinvestitionen zu beteiligen. Ich weiß auch ganz genau, wer sich an diesen Gesprächen beteiligt hat.
Hier jetzt einfach zu versichern, diese Privaten werden nicht an diesen Investitionen beteiligt werden, ist doch sehr kühn, Frau Ministerpräsidentin. Ich wünschte, Sie hätten recht. Aber ich prognostiziere hier einmal - Sie können das dann gegebenenfalls noch einmal aufrufen -, dass die Entwicklung eine andere sein wird, und dass der Druck der Finanzbranche, größere Renditen zu erwirtschaften, insbesondere in diesem Zinsumfeld so stark werden wird, dass zu erwarten ist, dass diese Gesellschaft zwar formal das Eigentum halten wird, aber letztendlich privatisiert werden wird, und zwar in Teilen mit dem Ziel, größere Renditen für die Versicherungswirtschaft zu erzeugen. Deshalb halte ich auch diese Entscheidung nicht für gut. Es ist unsere Überzeugung, dass öffentliche Infrastruktur auch in öffentlicher Verantwortung weitergeführt werden muss. Alles andere hat sich nicht als Vorteil erwiesen.
Wenn man dieses Ergebnis „mehr Geld“ würdigt, dann muss man zunächst einmal die Zahlen sehen. Man sollte die Zahlen realistisch sehen. Zwei Dinge möchte ich hier nur in Erinnerung rufen. Die 500 Millionen Euro hören sich gut an, aber wir haben derzeit ja bereits 260 Millionen Euro als Sonderhilfe, also haben wir 240 Millionen Euro mehr, wenn man das schlicht und einfach einmal so betrachtet.
Ich sehe es vom jetzigen Zustand aus. Wenn Sie jetzt hier im Land wirtschaften müssen, dann wirtschaften Sie mit den 260 Millionen. Sie haben dann eben ab 2020 240 Millionen Euro mehr. Ich möchte nur nicht, dass Sie sich in die Tasche lügen, Herr Kollege Theis. Was ich hier sage, sind zwei Sachverhalte, die niemand bestreiten kann. Wenn Sie also ein Weiteres sehen - die Zahl hat die Ministerpräsidentin selbst genannt -, dass wir nach wie vor ein strukturelles Defizit von 369 Millionen Euro haben, dann müsste doch jedem hier klar sein, dass wir immer noch eine sehr enge finanzielle Situation haben.
Ich wiederhole noch einmal die Zahl. In Wirklichkeit haben wir gegenüber dem Ist-Zustand 240 Millionen Euro mehr zu erwarten. Wir haben gegenüber dem Ist-Zustand immer noch ein strukturelles Defizit von 369 Millionen. Da kann jeder, der bis drei zählen oder einfach nur addieren oder subtrahieren kann, sich ausrechnen, wie man das Ergebnis einordnen muss.
Nun komme ich zum eigentlichen Thema. Wenn man das Land nach vorne bringen will, wenn man die Zukunft des Landes sichern will, dann gibt es eine Schlüsselgröße, über die Sie viel zu wenig geredet haben, Frau Ministerpräsidentin, nämlich die Schlüsselgröße der Investition. Wir werden das Land überhaupt nur dann im Wettbewerb mit anderen Ländern positionieren können, wenn wir bei den Investitionen mit anderen Ländern einigermaßen mithalten. Da sieht es leider trotz der jetzigen Entscheidungen nicht sehr rosig aus.
Deshalb muss man die Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen, die Sie leider nicht genannt haben. Nach den Zahlen der Industrie- und Handelskammern haben wir einen Rückstand von 114 Euro pro Kopf der Bevölkerung gegenüber dem Durchschnitt der Bundesländer, was dann auf das Jahr gerechnet 110 Millionen Euro ausmacht. Es gibt eine jüngere Statistik der PwC, die Sie immer heranziehen, die man mir heute gerade gegeben hat. Da ist der Rückstand nicht nur 110 Millionen Euro im Jahr, sondern 150 Millionen Euro im Jahr.
Die Zahlen können Sie auch, wenn Sie die Bundespresse verfolgen, ab und zu immer einmal wieder lesen. Ich will sie Ihnen vorlesen, damit Sie - wie soll ich es Ihnen sagen? - auch greifen können, worum es hier eigentlich geht. Die FAZ hatte kürzlich die In
frastrukturausgaben von Ländern und Gemeinden miteinander verglichen. Da haben wir folgende Situation: Bayern liegt an der Spitze mit 934 Euro pro Kopf, dann kommt Sachsen mit 901 Euro, dann Baden-Württemberg mit 834 Euro, dann Brandenburg mit 807 Euro - ich springe jetzt -, dann Hessen mit 683 Euro, selbst Bremen mit 606 Euro, und wir werden mit 526 Euro auf dem zweitletzten Platz in dieser Statistik genannt.
Das zeigt doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, welches Problem wir hier im Saarland haben. Deshalb müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, damit auch wir Zukunftsinvestitionen in ähnlichem Umfang tätigen können wie andere Länder. Davon sind wir im Moment weit entfernt. Daher war die Bemerkung des Kollegen Roth über die Schuldenbremse richtig, daher ist seine Bemerkung über die Steuerpolitik richtig gewesen, und deshalb haben wir hier den Antrag vorgelegt und hoffen, dass er vielleicht den ein oder anderen zum Nachdenken bringt. Ohne eine Veränderung dieser Positionen wird das Saarland im Wettbewerb mit anderen Ländern, was die Investitionen angeht, nicht mithalten können, auch wenn wir uns über diese Verbesserung freuen.
Die Zahlen sind eindeutig. Wir müssen uns Klarheit darüber verschaffen, dass diese Zahlen eben nicht Anlass zu Euphorie oder für ein Halleluja sind, wie der Kollege Roth gesagt hat, sondern dass es ein Etappensieg ist, den wir anerkennen und über den wir uns freuen. Aber das darf nicht dazu führen, dass wir unsere eigentliche Situation verkennen.
Deshalb geht es immer wieder auch darum, dass in einzelnen Ländern Leitinvestitionen getätigt werden. Was ist bei uns die Leitinvestition? Sie haben von Beobachtungskameras gesprochen, die man braucht, oder von der Polizeiausrüstung. Das ist alles richtig. Und Sie haben darauf hingewiesen, dass wir auch Geld bekommen für die Schulsanierung, auch das ist richtig. Aber wo sind die Leitinvestitionen? Ich will nur darauf hinweisen, dass wir in der Investitionsbilanz in den letzten Jahren keine großen Akzente gesetzt haben. Ich erwähne nur ganz leise den Museumsbau oder die Fischzucht, Fledermäuse oder die HTW. Das sind keine Leitinvestitionen. Sie geben zumindest nicht das Gefühl, dass wir uns im Saarland auf der Investitionsseite enorme Verdienste erworben haben. Es scheint vielmehr so zu sein, dass wir auf der Investitionsseite nicht ganz so gut „aufgestellt“ sind, wie das neuerdings heißt.
Deshalb sollten wir erkennen, dass die Investitionen der Schlüssel für die Zukunft eines jeden Landes sind. Sie haben ja alle in diesem Haus bedauert,
dass wir bei der Universität leider Abstriche machen müssen. Die Abstriche, die wir bei der Universität machen müssen, gehen natürlich zulasten der Attraktivität der Universität. Gerade die Oppositionsparteien haben immer wieder dafür geworben, an dieser Stelle eine Ausnahme zu machen und die Investitionen in die Universität nicht zu stark zurückzufahren.
Damit kommen wir zur Frage der Finanzen. Darauf geben wir Antworten. Sie mögen die nicht teilen, weder bei der Schuldenbremse noch bei der Steuerpolitik. Aber dann dürfen Sie nicht bräsig hier sitzen, Herr Kollege Wegner, und keine Antwort geben.
Sie haben keine Antworten. Sie können sagen, irgendwie wird die Zukunft das schon regeln. Nein, wir geben hier eine klare Antwort, wie wir angesichts der Investitionsnotwendigkeiten den Anschluss an andere Bundesländer erreichen können. Sie geben darauf leider auch mit dem heutigen Vortrag keine Antwort.
Das Zinsrisiko, das wir tragen, wurde bereits von Ihnen angesprochen, das ist ganz enorm. Wenn wir für die Zukunft planen, wird das eine große Rolle spielen. Deshalb kann man auch nicht das sagen, was Sie wörtlich in einem Interview gesagt haben, Frau Ministerpräsidentin. Das war vielleicht ein lapsus linguae, anders kann ich das nicht verstehen. Sie haben gesagt - das ist nachlesbar -, wir trügen ein ähnliches Risiko wie andere Länder. Das ist nun eine totale Verkennung unserer Situation. Wir tragen ein weitaus größeres Risiko als andere Länder. Ich wäre froh, wir wären in der Lage der Länder, die ich vorhin genannt habe, sowohl was die Investitionsausgaben als auch was den Haushalt angeht, den Vollzug des Jahreshaushalts. Keines dieser Länder hat ebenfalls ein solches strukturelles Defizit auf den Landeshaushalt gerechnet, wie wir es haben, nämlich 369 Millionen Euro.
Ich war beim Thema Leitinvestitionen. Wir müssen uns verständigen, welche Leitinvestitionen wir in Zukunft an der Saar tätigen wollen. Ich plädiere dafür, im medizintechnischen Sektor besondere Anstrengungen zu unternehmen - ich habe das hier immer wieder vorgetragen -, um an dieser Stelle vielleicht eine ähnliche Entwicklung in Gang setzen zu können wie bei der Informatik. Ich will nur deutlich machen, was ich mir darunter vorstelle. Ich bin der Überzeugung, dass die Medizintechnik in Zukunft eine größere Rolle spielen wird nicht nur in Deutschland, sondern europaweit und darüber hinaus. Deshalb wäre das ein Ansatz, den ich für richtig halten würde.
Leitinvestitionen braucht man, meine sehr geehrten Damen und Herren, das war all die Jahre der Fall. Ich will sie jetzt nicht alle herunterbeten. Sie können auch kultureller Art sein. Aber bei der harten Infrastruktur wird es nicht genügen, dass wir Straßen, Brücken oder Gebäude sanieren. Nein, Leitinvestitionen verlangen etwas mehr. Deshalb wollte ich das noch einmal in Erinnerung rufen.
Nachdem ich vorhin die Universität erwähnt habe, komme ich noch mal auf die Gemeinden zu sprechen. Sie haben die Gemeinden auch angesprochen, Frau Ministerpräsidentin, nur - das will ich Ihnen jetzt gar nicht vorwerfen - waren Sie nicht in der Lage zu sagen, was die denn bekommen. Es wird noch Gespräche geben, gut. Aber Größenordnungen könnte man ja nennen.
Ich höre jetzt, Sie können sie noch nicht nennen. Nach meiner Auffassung hätte man Größenordnungen durchaus nennen können. Aber die sind schwer zu nennen, wenn man eben nur 240 Millionen zusätzlich zu verteilen hat.
Wenn man beispielsweise weiß, dass man bei der Investitionstätigkeit 150 Millionen Rückstand hat, wenn man weiß, dass man jetzt ein strukturelles Defizit von 369 Millionen Euro hat, dann wird es sehr schwer sein, dort eine Antwort zu geben.
Sie müssen zuhören, wenn jemand etwas sagt, Herr Kollege Theis. Sie rufen dazwischen, wir hätten den Gemeinden Null gegeben.
Sie haben sich hoffentlich beruhigt. Sie werden sicherlich den Unsinn, dass wir den Gemeinden Null zukommen ließen, nicht wiederholen. Wenn ich Ihnen hier vortragen würde, was ich der Stadt Saarbrücken zukommen ließ in den Jahren meiner Regierungszeit, dann würden Ihnen vielleicht die Ohren abfallen. Aber das wollen wir jetzt nicht vertiefen.
Ich will nur mal zwei Stichworte nennen, Staatstheater und Museum, vielleicht leuchtet Ihnen dann irgendetwas ein. Aber reden Sie nicht dauernd dazwischen, wenn Sie die Sache nicht kennen, Herr Kollege Theis. Das ist kein Ausweis von großem Parla
mentarismus, wenn Sie hier über Dinge reden, von denen Sie offensichtlich keine Kenntnis haben.
Wir haben auf jeden Fall eine große Investitionslücke bei den Gemeinden. Wenn Sie sehen, dass die Stadt Saarbrücken mit über einer Milliarde verschuldet ist, dann zeigt das auch, wie enorm die Herausforderungen der Zukunft sind. Noch mal zu den Antworten. Die Antworten, die wir geben - ich wiederhole es - : Wir brauchen neben den Anstrengungen, da oder dort natürlich auch Einsparungen vorzunehmen, auch eine andere Steuerstruktur. Es freut mich, dass das Thema offensichtlich auch innerhalb der Regierung diskutiert wurde. Wir als LINKE - ich glaube, das gilt auch für andere - haben es begrüßt, dass das Land sich bei der Erbschaftsteuer im Bundesrat enthalten hat
und erkannt hat, dass diese Entscheidung - die im Wesentlichen auf Druck Bayerns zustande kam, die haben ja die Probleme nicht, über die ich die ganze Zeit rede - nicht weiterführend sein wird im Sinne der Zukunftsinvestitionen, die wir tätigen müssen. Also auch eine Anerkennung dafür.
Da ich mir noch etwas Zeit für die Antwort auf Ihre Argumente aufbewahre, will ich mit folgender Zusammenfassung schließen. Es ist gut, dass wir mehr Geld bekommen ab 2020. Es war ein Etappensieg ich greife Ihr Wort auf -, der auch anzuerkennen ist. Aber es ist kein Grund, Halleluja zu rufen. Wir würden uns selbst in die Tasche lügen. Wir haben ein entscheidendes Problem der Zukunft nicht gelöst, dass wir nämlich alle Anstrengungen unternehmen müssen, um bei den Zukunftsinvestitionen ein ähnliches Niveau zu erreichen wie andere Bundesländer auch. Nur dann werden die Saarländerinnen und Saarländer dieselbe Zukunft haben können wie die Bewohnerinnen und Bewohner der anderen Bundesländer.
Erste Zusatzfrage: Deutschlandweit wurde ja die Reform unter dem Stichwort „soziale Gerechtigkeit“ diskutiert. Selbst die Saarbrücker Zeitung, unverdächtig, allzu einseitig zu sein, überschreibt einen Artikel mit „Milde mit den Reichen“ und urteilt: „Die vielen politischen Sonntagsreden über Leistungsgerechtigkeit wirken da wie Hohn.“ Ist die Landesregierung oder sind Sie der Auffassung, dass dieser Entwurf dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit gerecht wird?
Trifft es also zu, so habe ich Ihre Ausführungen verstanden, dass es innerhalb der Landesregierung unterschiedliche Auffassungen und Beurteilungen gibt und daher das Abstimmungsverhalten im Bundesrat noch offen ist?
Ist der Landesregierung ein Fall bekannt, in dem ein Unternehmen durch die Erbschaftssteuer pleitegegangen ist?
Nun gut, bundesweit wird seit 20 Jahren immer wieder darauf hingewiesen, es sei kein einziger Fall bekannt. - Aber wir können nun zur Beantwortung der nächsten Frage übergehen.
Dann eine Verständnisfrage. Sie haben folgende Zahlen angegeben: 42 Millionen Landeseinnahmen, rund 7 Milliarden Bundeseinnahmen, 1,5 Milliarden Euro Steigerung und dann 18 Millionen Steigerung beim Saarland. Wie kommt es zur überproportionalen Steigerung im Saarland?
Meine Prozentrechnung kann da nicht folgen. Sie haben auf der einen Seite eine deutliche Steigerung, die prozentual weit über die Steigerung beim Bund hinausgeht. Aber vielleicht können Sie das ja noch klären. 1,5 zu 7 und 18 zu 40. Das brauchen Sie nur auszurechnen, Dreisatz. Aber lassen wir das.
Die Frage ist: Wie viel hätte es an Mehreinnahmen gebracht, wenn der Antrag Nordrhein-Westfalens durchgekommen wäre, eine andere Unternehmensbewertung vorzunehmen?
Es geht um das Gesamtvolumen. Das war ja der Streit hier.
Dann habe ich keine weiteren Fragen mehr. Es ging ja darum, abzugreifen, um welche Summe es gegangen ist und was uns entgeht, wenn wir diesem
Kompromiss, den ja viele immer noch als verfassungswidrig einstufen, zustimmen.
Das ist bekannt, Frau Ministerpräsidentin. Deshalb die erste Frage, die relevant ist. Warum wurde dieser zentrale Punkt in diesem Schadenersatzverfahren, wo es doch um eine beträchtliche Summe ging, nicht bestritten?
Dass diese Tatsache nicht entscheidungsrelevant sei, spottet ja jeder Beschreibung. Eine Partei sagt, die Landesregierung war informiert, die andere bestreitet dies. Dann muss doch die Landesregierung oder das Kuratorium in diesem Fall vortragen, dass dieser Sachverhalt falsch ist, sonst ist ja klar, dass andernfalls die Schadenersatzforderung abgewiesen wird. Die Staatskanzlei hat nach eigener Pressemitteilung die Akten geprüft. Warum wurde dieser Einwand nicht erhoben und mit welchem Ergebnis?
Ich hatte etwas ganz anderes gefragt. Die Staatskanzlei hat doch öffentlich angekündigt, sie würde die Akten prüfen, um die Frage zu beantworten. Jetzt frage ich Sie als Chefin der Staatskanzlei: Was ist bei der Prüfung herausgekommen? Warum ist der Widerspruch nicht erfolgt?
Der Anwaltskanzlei Eisenbeis, die sich mit Insolvenzrecht und Baurecht beschäftigt und die diesen Prozess geführt hat, kann doch schlecht entgangen sein, dass hier der eine sagt, es wurde gebilligt, und der andere sagt, es wurde nicht gebilligt. Sie muss doch einen Hinweis gegeben haben, dass hier der zentrale Sachverhalt nicht bestritten wurde.
Es steht fest, dass sowohl vor Gericht als auch im Untersuchungsausschuss zwei einander widersprechende uneidliche Falschaussagen getroffen worden sind. Wieso gibt es keine Ermittlungsverfahren?
Ich habe extra in meiner Frage offen gelassen, wer falsch ausgesagt hat. Aber die Aussagen widersprechen sich zentral. Einer muss eine uneidliche Falschaussage gemacht haben. Daher frage ich: Wird die Landesregierung darauf hinwirken, dass ein Ermittlungsverfahren aufgenommen wird?
Ihre Antwort führt zu einer simplen Frage. Wie erfolgen eigentlich Vergabeerhöhungen in Ihren Verantwortungsbereichen? In einer ordentlichen Verwaltung ist es folgendermaßen. Da steht: „Antrag ist sachlich richtig - Meier.“ Dann steht da: „Genehmigt - Stiftungsvorstand.“ Und dann noch einmal: „Genehmigt - A, B oder C von der Landesregierung.“ Gibt es so etwas bei Ihnen nicht?
Ich habe doch etwas ganz anderes gefragt. Ich frage noch einmal. Wenn eine Vergabeerhöhung stattfindet, beispielsweise um 100.000 Euro, dann steht da: „Sachlich geprüft - Meier, genehmigt - Schmidt.“ Dann muss das der Verantwortliche abhaken. Gibt es das bei euch nicht oder was?
Nachdem die Fragen nicht beantwortet wurden, frage ich Sie: Wann wurden Sie denn informiert, Frau Ministerpräsidentin, über diese Vergabeerhöhung?
Das Landgericht stellt fest, dass die Schadensersatzansprüche gescheitert sind, weil die beiden Gerichte nicht davon ausgehen, dass die strittigen Verträge hinter dem Rücken der Landesregierung geschlossen wurden. Noch einmal: Es musste irgendeinen Vorgang geben. Ich frage Sie, wo irgendetwas niedergeschrieben und genehmigt worden ist. Sie haben doch nicht hunderttausende Euro ohne Kontrolle und ohne Genehmigung ausgegeben.
Müssen wir jetzt davon ausgehen, dass die Gerichte im Saarland so schlecht besetzt sind, dass sie logi
schen Schlussfolgerungen gegenüber nicht zugänglich sind? Oder dass sie willkürliche logische Schlussfolgerungen ziehen? Zwei Gerichte haben sich intensiv damit beschäftigt. Wie die Vergabepraxis bei Ihnen geregelt ist, das kann ich nicht entnehmen. Also, was sollen wir jetzt daraus schließen?
Bei meinen Fragen ist deutlich geworden, dass es nicht nur um Sie geht, Frau Ministerpräsidentin, sondern um die Frage, wie die Vergabepraxis bei solchen Aufträgen ist und wer dafür verantwortlich ist und wie das abgewickelt wird. Das müssen ja nicht jedes Mal Sie machen. Dann war die Frage, warum nicht widersprochen wurde. Da habe ich nach dem Rechtsanwalt gefragt und nach wem auch immer, das müssen auch nicht immer Sie machen. Aber keine Frage ist für mich beantwortet worden.
Deshalb die letzte Frage: Wir haben einander widersprechende Aussagen, das dürfte wohl unstreitig sein. Eine wäre dann logischerweise eine falsche uneidliche Aussage. Wird die Landesregierung wie wir darauf hinwirken, dass im Untersuchungsausschuss dann diese einander widersprechenden Aussagen beeidet werden?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Neubau von Windkraftanlagen ist ein zentrales Thema in vielen Gemeinden. Deshalb, glauben wir, ist es notwendig, dass sich das Parlament wieder damit beschäftigt; denn nicht nur innerhalb des Saarlandes wird der Neubau und Zubau heftig diskutiert, sondern auch außerhalb des Saarlandes. Ich werde das noch darstellen. Aber uns interessiert natürlich in erster Linie, was hier in den Gemeinden diskutiert wird.
Deshalb will ich zunächst einmal drei Anlagen ansprechen, die heftig in der Diskussion sind. Die erste ist der Primsbogen, der rund um den Litermont gebaut werden soll. Es sollen dort Windräder in der Größenordnung von 230 Meter gebaut werden. Das ist eine erneute Vergrößerung. Damit man sich in etwa vorstellen kann, was das eigentlich heißt, muss man sich klarmachen, dass das am höchsten stehende Windrad den Litermont selbst um 170 Meter überragt. Das ist also eine totale Veränderung der Landschaft, wie jeder feststellen muss.
Ich wiederhole diesen klugen Zwischenruf, das sei fast so hoch wie ein Kohlekraftwerk. Herr Kollege Ulrich, Sie scheinen Probleme zu haben, Größenordnungen richtig einzuordnen. Dieser Zwischenruf ist von der Sache her nun wirklich nicht begründet. Wenn eine Anlage diese Größenordnung erreicht hat und so sehr das Landschaftsbild verändert, dann
ist doch die Frage, ob es richtig ist, auf diesem Weg weiterzugehen.
Ich könnte das auch noch saarländisch kommentieren, indem ich darauf hinweise, dass dieser Litermont ein sagenumwobener Berg ist. Die eingefleischten Saarländerinnen und Saarländer unter Ihnen kennen die Sage um den Litermont, dass dort der wüste Ritter Maldix, der immer zechte und feierte und wilde Jagden veranstaltete, heute immer noch um den Litermont herumschweben soll, insbesondere wenn der Sturm weht, also wenn die Windanlagen den größten Strom erzeugen. Heute muss man als Saarländer Angst haben, dass der Ritter Maldix sich in diesen Anlagen verfängt und sich sein Unglück in immer stärkerer Form wiederholt, nachdem er sich das Genick gebrochen hatte, weil er an Karfreitag nicht auf seine Mutter gehört hatte. Ich erwähne das nur.
Sie mögen das vielleicht nur humorvoll aufnehmen. Ein Berg ist nicht nur ein Berg. Ein Berg ist, wenn er lange Zeit in der Tradition eines Landes eine Rolle gespielt hat, auch eine kulturelle Einrichtung, wenn Sie so wollen. Deswegen habe ich die Maldix-Sage nur einmal erwähnt. Das verändert schlicht und einfach die Wahrnehmung dessen, was hier geplant ist.
Wie gesagt, 170 Meter über dieser Spitze. Wir halten das in keinem Fall für vertretbar. Wir begrüßen es, dass jetzt Gott sei Dank eine heftige Diskussion einsetzt, und zwar nicht streng gegliedert nach Parteien, sondern - wenn Sie das aufmerksam verfolgen - es gibt in allen Gemeinden verschiedene Standpunkte unterschiedlicher Fraktionen. Deshalb wäre es eigentlich zu erwarten, dass das jetzt auch einmal im Plenum quer durch die Fraktionen diskutiert werden würde. Aber ich glaube, da ist meine Erwartung wieder falsch angesetzt. Ich bedauere das sehr, weil es von Interesse wäre, was der Einzelne nun wirklich zu diesem Thema zu sagen hat.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Plan, auf dem Limberg Anlagen zu errichten. Ich rede also von den Gegenden, die ich intensiv und gut kenne. Man will dort Anlagen errichten, weil ein Investor Finanzbedarf hat - ich will das gar nicht weiter vertiefen -, mitten im Wald. Ich halte das für unmöglich, wir halten das für unmöglich. Viele Bürgerinnen und Bürger halten das ebenfalls für unmöglich. Deshalb begrüßen wir es, dass sich auch die Stadt Dillingen klar geäußert hat, dort auch der Bürgermeister.
Ich meine, es müsste auch innerhalb des Landtages eine Auswirkung haben, wenn das mittlerweile quer durch die Fraktionen unterschiedlich diskutiert wird. Mir hat einmal ein Kollege, den ich hier jetzt nicht
bemühen will, außerhalb des Plenarsaals gesagt: Das ist eigentlich ein konservatives Thema, das Sie ansprechen. Er hat völlig recht gehabt. Deshalb wundere ich mich, dass bis jetzt nur die Partei DIE LINKE das in diesem Hause thematisiert und davor warnt, die Kulturlandschaft des Landes in einem Maße in Anspruch zu nehmen, das nach unserer Auffassung überhaupt nicht vertretbar ist.
Der dritte Fall, den ich ansprechen möchte, ist die Anlage, die jetzt auf rheinland-pfälzischem Gebiet gebaut werden soll, im Zerfer Wald, die aber natürlich die Gemeinde Weiskirchen in erheblichem Umfang betreffen wird. Dort ist es so, dass die Anlage nur 250 Meter vom Wild- und Wanderpark weg ist. Es müsste doch eigentlich jedem einleuchten, dass das eine solche Beeinträchtigung des Naherholungsgebietes in Weiskirchen ist, dass nicht nur die Weiskircher Gemeinderatsmitglieder sich dagegen zur Wehr setzen sollten, sondern auch wir hier im Landtag darüber diskutieren sollten, ob es überhaupt sinnvoll ist, auf diesem Wege weiterzugehen.
Ich hatte „Rheinland-Pfalz“ gesagt. Es ist begrüßenswert, dass dort die Debatte bereits Früchte getragen hat. Dort ist es nämlich so, dass im neuen Koalitionsvertrag genau in die Richtung Festlegungen getroffen werden, die wir eigentlich auch anstreben. Die Festlegungen, die dort getroffen werden, sind genau die, dass bestimmte Gebiete von solchen Anlagen ausgenommen werden. Ich würde mir wünschen, dass auch hier bei uns im saarländischen Landtag solche Regelungen erfolgen würden. Das deckt sich in etwa mit dem, was wir vorschlagen. Wir schlagen vor, die Vorranggebiete wieder auszuweisen. Im Grunde genommen läuft das auf dasselbe hinaus. Ich würde es auf jeden Fall begrüßen, wenn wir aus der Debatte in vielen Gemeinden unsere Schlüsse ziehen würden.
Da ich das Gebiet sehr gut kenne, von dem ich jetzt rede, ob das der Zerfer Wald ist und die Gemeinde Weiskirchen - ich halte mich dort oft auf -, ob das der Litermont ist oder der Limberg, dort wird nicht nur das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt - ich mache es jetzt an der Gemeinde Weiskirchen deutlich -, auch der Wildbestand wird erheblich beeinträchtigt. Wenn Ihnen irgendeiner, etwa ein Waldbesitzer, erzählt, das sei nicht der Fall, dann ist das schlicht und einfach gelogen. Ich kann aus persönlichem Erleben sagen, dass hier eine erhebliche Veränderung der Wildpopulation eintritt, und ich werde das so ohne Weiteres nicht akzeptieren.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, jetzt noch die anderen Bundesländer in die Debatte mit einbeziehen - ein Zwischenruf von Herrn Ulrich ist bei solchen Dingen ja immer zu erwarten -, wünschte ich mir, wir hätten hier im Saarland die Vernunft von Baden-Württemberg, wo ein grüner Ministerpräsident viel vernünftiger vorgeht und bei Weitem nicht in
dem Umfang die Landschaft zerstört, wie das hier im Saarland schon geschehen ist. Dies nur, um einmal deutlich zu machen, dass es auch anders geht.
Oder ich würde mir wünschen, wir hätten hier einen grünen Umweltminister wie der in Schleswig-Holstein, Herr Habeck, der gesagt hatte, aufgrund der großen Unruhe im Land -
Natürlich sind Sie ein viel besserer, Herr Kollege Jost, um Himmels willen. Wie könnte man überhaupt irgendetwas anderes in Erwägung ziehen?
Aber trotzdem bin ich gespannt, wie Sie jetzt auf die Diskussionen im Land reagieren werden. Aber dieser von mir gelobte Umweltminister war nicht so anmaßend zu sagen, was stört mich das ganze Geschwätz der Bürgerinnen und Bürger, sondern er sagte, nein, wir reagieren, ich schiebe die Ausbauplanungen einmal zehn Jahre hinaus. Das ist immerhin eine Antwort. Dann hat man eben eine gewisse Zeit gewonnen, um neu nachzudenken und zu überlegen, ob dieser Weg wirklich der richtige ist.
Es gibt einen weiteren Grund. Das sage ich als jemand, der sich nun wirklich dem Land über Jahrzehnte verbunden fühlt und auch Verantwortung in diesem Land getragen hat. Wir haben doch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, über den Bergbau für die gesamte Bundesrepublik erhebliche Vorleistungen erbracht, über viele Jahrzehnte. Das Land hat dadurch auch ökologisch, wenn man so will, Schaden genommen. Wir haben das hier ja manchmal diskutiert.
Das ist gar keine Frage. Können wir nicht eben genauso gut sagen, dass wir jetzt bei dem Ausbau der Windenergie wie Bayern oder Baden-Württemberg darauf warten, dass entsprechende Leitungen eingerichtet werden und wir von den großen Kapazitäten anderer Länder profitieren?
Wäre das nicht zumindest ein Ansatz, einmal darüber nachzudenken? Ich gebe das hier nur einmal weiter und fordere Sie auf, darüber nachzudenken.
Die Diskussion ist ja weitergegangen. Auch auf Bundesebene wiederholt jetzt die Bundeskanzlerin ein Argument, das wir hier immer wieder vorgetragen haben. Ich will es deshalb noch einmal aufgreifen. Die Bundeskanzlerin sagt vollkommen richtig, es hat überhaupt keinen Sinn, zusätzliche Kapazitäten für den Windstrom aufzubauen, wenn wir nicht die ent
sprechenden Leitungen haben, um den Strom in den Süden zu transportieren und dort die Abnehmer zu finden. Das ist doch ein richtiger Standpunkt! Deshalb begrüße ich es, dass sich diese - wenn man so will - Einsicht jetzt durchgesetzt hat, dass das überhaupt keinen Sinn ergibt. Man kann doch nicht immer wieder gegen technische Grundgesetze argumentieren. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, immer weitere Kapazitäten zu schaffen, ohne dass die entsprechenden Leitungen vorhanden sind, ganz zu schweigen von entsprechenden Speicherkapazitäten. Das ist technologisch schlicht und einfach Unsinn, um es noch einmal zu sagen.
Selbstverständlich! Ich fiebere dieser Frage entgegen. - Bitte schön, Herr Kollege Ulrich!
Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) mit einer Zwischenfrage: Herr Fraktionsvorsitzender Lafontaine! Sie sind doch von Beruf Physiker und haben deshalb ein gutes technisches Verständnis. Das unterstelle ich Ihnen. Deshalb dürfte Ihnen bewusst sein, dass das Leitungsproblem von Nord nach Süd deshalb so groß ist, weil im Süden so wenige Windkraftanlagen stehen, weil sie von den bisherigen Landesregierungen - sei es in Bayern oder Baden-Württemberg - nicht sehr vorangetrieben wurden. Darin liegt doch das Problem! Wären dort sehr viel mehr Windkraftanlagen, dann bräuchte man weniger Leitungen von Nord nach Süd. Bei der Energiewende geht es gerade darum, bundesweit eine Dezentralität herzustellen, um auf die enormen Leitungskapazitäten verzichten zu können, wie sie jetzt geplant sind. Die brauchen wir eben, weil es nur im Norden etwas gibt und im Süden nicht. Negieren Sie das einfach?
Nein. - Ich freue mich zunächst einmal, dass Sie die Politik Ihres grünen Ministerpräsidenten kritisch gewürdigt haben.
Aha, den meinten Sie nicht. Na gut, dann reden wir nur über Bayern. Wir klammern Baden-Württemberg aus. - Sie haben dabei etwas übersehen. Anlagen werden nicht nur errichtet, wenn bestimmte politische Mehrheiten da sind und das wollen. Anlagen werden auch nach technologischen Kriterien errich
tet. Es ist nun einmal so: Die Windhöffigkeit und die Windstärke im Norden sind weitaus größer als im Süden. Deshalb ist es sinnvoll, im Norden größere Kapazitäten zu schaffen. Das ist einfach so. Das hat auch etwas mit Physik zu tun, Herr Kollege Ulrich. Weil Sie das angesprochen haben, wollte ich insoweit antworten.
Die Bundeskanzlerin hat klar gesagt, es wäre richtiger, zunächst einmal die Leitungen zu schaffen. Der Nächste, den ich hier erwähnen muss - ich tue das mit gewissem Vergnügen -, ist Herr Kollege Kauder, dem ich im Deutschen Bundestag auch nicht häufig zugestimmt habe. Aber wenn er ein richtiges Argument vorbringt, dann ist es eben so. Er hat gesagt, es ergibt keinen Sinn, neue Kapazitäten zu schaffen, wenn wir schlicht und ergreifend keine Abnehmer für diesen Strom haben, weil die notwendige Infrastruktur gar nicht da ist. Da kann sich die Windlobby noch so auf die Hinterbeine stellen, hat er gesagt. Wir verteuern nur unsinnigerweise den Strom. Das hat er richtig ausgeführt. Wir sind dann alle in irgendeiner Form damit verhaftet. Die Leute müssen das bezahlen. Es ist alleine im letzten Jahr eine halbe Milliarde Euro verbrannt worden, indem einfach so getan worden ist, als sei Strom produziert worden, der aber gar nicht produziert wurde. Die Anlagen wurden abgeklemmt, damit das Gesetz erfüllt worden ist. Es ist also wunderbar: Man produziert noch nicht einmal Strom - und kriegt einfach Steuergelder! Wir halten eine solche Politik schlicht und einfach für unsinnig. Ich will das hier in aller Klarheit sagen.
Meine Damen und Herren, unser Vorschlag war zunächst einmal ein Bürgerentscheid, um hier an der Saar zumindest eine kompromissfähige Entscheidung zu bekommen. Wir würden es immer noch begrüßen, wenn man sich darauf verständigen könnte. Wenn die Bürger in einer Gemeinde sagen, sie wollen eine solche Anlage haben, dann ist das in Ordnung. Dann gibt es immer noch das Problem der Nachbargemeinde. Ich habe versucht, das am Beispiel des Zerfer Waldes deutlich zu machen. Da sind auch viele Saarländer beim Pilze sammeln - nicht dass Sie meinen, das sei nur eine Sache für Rheinland-Pfalz! Wenn Sie sich auskennen würden, dann wüssten Sie das. Wir haben also das Problem beim Zerfer Wald. Aber bei anderen Anlagen wäre der Bürgerentscheid doch die richtige Antwort. Wir plädieren nach wie vor dafür, den Bürgerentscheid einzuführen.
Die 10H-Regel, die beispielsweise in Bayern nach meiner Auffassung zu guten Ergebnissen geführt hat, können wir aus rechtlichen Gründen auf die Schnelle nicht mehr umsetzen; die Zeit ist vorbei. Sie hätte aber dazu geführt, dass etwa Räder im
Primsbogen in dieser Form nicht aufgestellt worden wären, weil die Wohnbebauung zu nahe ist. Ich rufe das in Erinnerung.
Aber das, was Rheinland-Pfalz auf eine andere Art und Weise macht, könnten auch wir hier machen. Ich appelliere an Sie: Überlegen Sie, ob es nicht sinnvoll wäre, etwa wie in Schleswig-Holstein oder in Rheinland-Pfalz den Zubau etwas zu bremsen, eine Atempause einzulegen und zunächst einmal bei Schwerpunktgebieten beziehungsweise Vorranggebieten zu bleiben und nicht immer neue Anlagen zu planen und zu errichten, bis letztendlich das ganze Land zugebaut ist. Es ist auf eine Formel gebracht kein sinnvoller Naturschutz, den Landschaftsschutz völlig zu ignorieren und dafür nur Anlagen zu bauen, die noch nicht einmal Abnahme finden.
Im Übrigen haben wir eine völlige Schieflage in der Diskussion. Es wird immer nur von Energiewende geredet. Das ist in diesem Zusammenhang ein völlig falsches Wort. Man kann allenfalls von Stromwende reden. Das große Ziel der Klimakonferenz in Paris war die Dekarbonisierung. Das betraf aber nicht nur den Strom, der 20 Prozent unseres Energiebedarfs umfasst. Es betraf vielmehr die gesamte Energieumwandlung. Selbst dann, wenn wir den ganzen Strom auf erneuerbare Energien umgestellt hätten - davon sind wir weit weg -, bleiben immer noch 80 Prozent zu lösen: Heizung, Verkehr, Industriewärme, Landwirtschaft und so weiter. Da ist in den letzten Jahren viel zu wenig geleistet worden.
Wenn man überhaupt über die CO2-Problematik diskutiert, dann kann man sagen, dass es eine klare Alternative gibt. Entweder verbrenne ich 25 Milliarden, indem ich den Strom produziere, den ich nicht verbrauche, aber bezahle, oder ich leite ihn, um die Netze nicht zu überlasten, kostenlos in die Netze anderer Nationalstaaten. Die Alternative wäre, hier in Wärmedämmung zu investieren und sie zu betreiben. Wir haben auch das Landesprogramm nicht zu Ende geführt. Sie können - naturwissenschaftlich und technisch überprüfbar - genau dieselbe CO2Reduktion erreichen wie mit diesen immer neuen Anlagen. Es ist doch unsinnig, dass wir die Landschaft zerstören! Lasst uns doch Wege gehen, die das CO2 reduzieren, ohne dass wir die Landschaft in diesem Umfang zerstören!