Wolfgang Decker

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben der Rede von Herrn Kollegen Irmer sehr gespannt gelauscht. Es hat sehr lange gedauert, bis er zu dem Thema geredet hat, um das es eigentlich ging. Also haben Sie auch diesen Punkt versenkt, genauso wie die Steuerdebatte heute Morgen.
Im Wahlkampf sind wir von der CDU und auch von der FDP schon einiges gewöhnt. Von Sprechblasen bis Hardcore, das haben wir eben auch noch einmal von Ihnen gehört. Aber dass Sie die Anhebung der Minijobgrenze auf 450 € jetzt schon als großen arbeitsmarktpolitischen Wurf betrachten, ist ein echter Schenkelklopfer, meine Damen und Herren.
Ein größeres Armutszeugnis kann man sich selbst nicht mehr ausstellen. Wissen Sie eigentlich, was auf dem Arbeitsmarkt los ist? – Lassen Sie mich gleich mal zur Sache kommen. Fakt ist, dass sich in Hessen die Zahl der Teilzeitbeschäftigten inzwischen um 60 % erhöht hat, allein bei den Frauen sind es mittlerweile 53 %. Die geringfügige Beschäftigung ist in Hessen um 12 % gestiegen. Die Zahl der Geringverdiener im Nebenjob ist um über 50 % gestiegen. Wollen Sie eigentlich gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen, welche Erosionen auf dem Arbeitsmarkt vonstattengehen?
Warum müssen denn so viele Menschen nebenbei noch jobben? Aus Jux und Tollerei ganz bestimmt nicht. Nein, weil sie von ihrer regulären Arbeit schon lange nicht mehr leben können.
Dann stellen Sie sich hierhin und weigern sich noch immer hartnäckig, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Sie stellen sich hierhin und weigern sich noch immer, in Hessen ein anständiges Vergabe- und Tariftreuegesetz einzuführen.
Meine Damen und Herren, Hessen ist neben Bayern und Sachsen das einzige Land, das keinen Mindestlohn und keine faire Tariftreueregelung haben will. Das wundert uns allerdings nicht; denn alle drei Länder sind schwarz regiert, bei zweien dürfen die Gelben noch ein bisschen mitspielen. Ich weiß nicht, ob dazu in diesem Hause überhaupt noch jemand Fragen hat.
Die Zahl der im Niedriglohnsektor Beschäftigten hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Frauen sind doppelt so stark betroffen, das ist Fakt. Inzwischen gibt es in Deutschland 1,4 Millionen Menschen, die aufstocken müssen. Und da sitzen Sie hier sozusagen fröhlich pfeifend und legen uns einen solchen Jubelantrag vor – das kann doch nicht wahr sein, meine Damen und Herren.
Gleichzeitig läuten die Arbeitsmarktforscher und renommierte Arbeitsmarktinstitute die Alarmglocken, weil immer mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Minijobs aufgesplittet werden.
Werfen Sie einmal einen Blick in den Einzelhandel. Schauen Sie einmal, was in den Handelsketten passiert: Inzwischen „schleckert“ es überall in diesem Land.
Eine Frage nebenbei an diese Seite des Hauses: Was halten Sie eigentlich von dem neuen Geschäftsmodell des Werkvertrags? Das scheint doch eine ganz schlanke und schicke Sache zu sein: Ratzfatz wird ein Beschäftigungsverhältnis in einen Werkvertrag umgewandelt, vorher Tariflohn, jetzt Dumpinglohn – teilweise nur 6 € –, und ganz nebenbei wird die Lohnuntergrenze in der Leiharbeit unterlaufen.
In dieser Situation bekommen wir einen solchen Antrag von Ihnen vorgelegt, in dem Sie uns die Minijobs als „wirksames arbeitsmarktpolitisches Instrument“ verkaufen wollen. Das ist wirklich unglaublich, dazu fällt einem wirklich nichts mehr ein, meine Damen und Herren.
Haben Sie sich eigentlich einmal Gedanken gemacht, wie Sie Altersarmut in den Griff bekommen wollen? Haben Sie sich überlegt, welcher volkswirtschaftliche Schaden den staatlichen Kassen dadurch entsteht? Allein der Sozialversicherung entgehen dadurch jährlich 7,5 Milliarden €; die gehen der Kasse voll durch die Lappen. Schließt man die Kaufkrafteffekte durch bessere Löhne ein, sind es über 13 Milliarden €. – Meine Damen und Herren, auf die Gefahr hin, einen Ordnungsruf zu bekommen: Wollen Sie uns mit Ihrem Antrag hier eigentlich verscheißern? Ich weiß nicht, was Sie damit bezwecken wollen.
Minijobs sind ein Programm zur Erzeugung lebenslanger ökonomischer Abhängigkeit. – Diese Aussage stammt aus dem Hause Ihrer Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder, besser gesagt, aus einem Gutachten, dass sie selbst in Auftrag gegeben hat. Die Brückeneffekte in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fallen demzufolge weitaus geringer aus als eigentlich erhofft. Minijobs stellen im Gegenteil eher eine höhere Hürde für den Übergang in
einen sozialversicherungspflichtigen Teilzeit- oder Vollzeitjob dar. Die Mehrheit der – vor allem weiblichen – Beschäftigten bleibt im Minijob gefangen.
Tja, meine Damen und Herren von der CDU: Bevor Sie den Antrag geschrieben haben, hätten Sie besser einmal in das Gutachten Ihrer Familienministerin hineinschauen sollen. Das wäre sinnvoll gewesen.
Aber zwischendurch hört man ja von der hessischen CDUSpitze, dass sie mit ihrer Ministerin nicht so gut kann. Sei es drum, das lassen wir einmal außen vor.
Fakt ist auch, dass vielen Minijobberinnen und Minijobbern besonders niedrige Löhne gezahlt werden. Darüber hinaus ist Fakt, dass Minijobberinnen und Minijobbern oftmals elementare arbeitsrechtliche Ansprüche versagt werden. Nicht umsonst hat eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt, dass bei der Durchsetzung der arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften dringender Handlungsbedarf besteht.
Obwohl geringfügig Beschäftigte arbeitsrechtlich formal anderen Beschäftigten gleichgestellt sind, wird dieser Grundsatz in der Praxis häufig unterlaufen. Dazu gibt es sehr genaue Zahlen und Erhebungen, die das in der Praxis festgestellt haben. Beispielsweise geht es um Feiertagsentgelte, bezahlte Urlaube oder die Lohnfortzahlungen. Statt zu jubeln, gibt es also eine ganze Menge zu regeln – auch und gerade bei den Minijobs.
Wir wissen natürlich auch, dass es schon seit Jahrzehnten Bereiche gibt, in denen sich Schüler, Studenten oder Rentner nebenbei als Aushilfe in der Kneipe oder mit dem Austragen von Zeitungen ein kleines Zubrot oder Taschengeld verdienen, die Haushaltshilfe ist eingeschlossen; alles okay so weit. Wir wollen hier auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Aber die Minijobs dürfen nicht länger das Einfallstor für Niedrigstlöhne, Lohndumping und dauerhafte prekäre Beschäftigung sein, meine Damen und Herren.
Uns geht es vor allem darum, den Missbrauch der Minijobs einzudämmen. Uns geht es vor allem darum, der Umwandlung und Aufsplittung von ehemals sozialversicherungspflichtigen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen einen Riegel vorzuschieben.
Die Zahl der Minijobs auf inzwischen konstant hohem Niveau ist also kein wirksames arbeitspolitisches Instrument. Vielmehr ist es eine Belastung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist eine Belastung für den Arbeitsmarkt, und es ist eine Belastung für die Volkswirtschaft. Vor allem ist es kein Grund, heute hier zu jubeln und zu feiern, wie Sie das mit Ihrem Antrag versuchen.
Zum Schluss noch eines: Nehmen Sie dieses unsägliche Betreuungsgeld zurück, und investieren Sie das Geld in Betreuungsplätze. Dann finden nämlich auch sehr viele Frauen wieder einen anständigen Job oder Beruf, von dem sie leben können. Wir jedenfalls werden das tun. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Lenders, ich glaube, die Einzigen, die heute Morgen mit diesem Thema hier Wahlkampf machen möchten, sind Sie von CDU und FDP. Sonst hätten Sie uns diesen komischen Antrag nicht auf den Tisch gelegt. Das können wir hier gleich einmal feststellen.
Kollege Lenders, wenn Sie hier behaupten, wir wollen, zusammen mit den GRÜNEN, die Minijobs abschaffen, dann sage ich Ihnen ganz klar: Sie sagen hier die Unwahrheit.
Das lassen wir Ihnen ganz einfach nicht durchgehen.
Und noch ein kleiner Schlenker. Ich sage Ihnen auch: Sie sonnen sich hier in Ergebnissen, die andere auf den Weg gebracht haben. Das wissen Sie sehr genau. Kollege Lenders, wenn wir gelegentlich bei einer Tasse Kaffee stehen, dann unterhalten wir uns darüber.
Das können wir auch beim Bier machen. – Sie wissen genau, dass Sie hier von Dingen profitieren, die andere auf den Weg gebracht haben.
Ich will Ihnen noch ein paar Zahlen nennen. Meine Damen und Herren, in Hessen ist die Vollzeitbeschäftigung von 1.841.000 im Jahr 2012 auf 1,7 Millionen Beschäftigte gesunken.
Die Teilzeitbeschäftigung ist von 350.000 angestiegen auf 563.000. Das sind die 60 %, von denen ich gesprochen habe.
Schauen wir uns einmal den Niedriglohnsektor bzw. den Beschäftigungssektor der Geringentlohnten an. Da sieht es wie folgt aus: Dort ist die Zahl von 492.000 auf 574.000 angestiegen.
Bei den Männern ist die Zahl der gering entlohnten Beschäftigten von 172.000 auf 216.000 gestiegen, bei den Frauen von 319.000 auf 357.000, und, meine Damen und Herren, besonders prekär: bei den Frauen im Nebenjob von 75.000 auf 116.000.
Haben Sie in diesem Haus dazu eigentlich noch Fragen? Welchen Popanz bauen Sie uns denn hier auf?
Ich sage Ihnen: Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass prekäre Beschäftigung in Deutschland in den letzten fünf Jahren sprunghaft angestiegen ist. Das aber lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wir arbeiten daran, dass das aufhört. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist es eigentlich nicht üblich, dass sich der Hessische Landtag mit Tarifauseinandersetzungen beschäftigt oder sich gar einmischt. Allerdings droht durch die Forderungen und die tarifpolitischen Ziele der Arbeitgeberseite im Einzelhandel ein Flächenbrand. Es handelt sich um einen Flächenbrand ungeahnten Ausmaßes. Dabei handelt es sich um einen Brand, der nach unserer Auffassung den Arbeitsmarkt nachhaltig erschüttern kann. Deswegen kann und darf die Politik in diesem Haus nicht schweigen.
Dabei sind die Tarifauseinandersetzungen bei Amazon, die wir alle kennen, nur ein Mosaiksteinchen im großen Tarifspiel. Es ist selbstverständlich, dass die SPD-Fraktion die Forderungen der Gewerkschaften nach einem Tarifvertrag unterstützt, der sich am Einzel- und Versandhandel orientiert.
Was sich derzeit im Einzelhandel in Hessen und in Deutschland insgesamt abspielt, ist nahezu beispiellos in
der Tarifgeschichte dieses Landes. Bis vor Kurzem gab es in diesem Bereich noch allgemein verbindliche Tarifverträge.
Die Arbeitgeberseite hat alle Tarifverträge gekündigt. Große Ketten wie Kaufhof oder Globus haben sich inzwischen gar aus der Tarifgemeinschaft verabschiedet. Aus unserer Sicht ist das nichts anderes als ein groß angelegter strategischer Angriff auf das Tarifwesen und die Tarifautonomie. Das hat mit Sozialpartnerschaft nichts mehr zu tun.
Völlig zu Recht wehren sich derzeit Arbeitnehmer und Gewerkschaften mit zahlreichen Streiks dagegen, dass ihre einstmals tariflich gesicherten Löhne unterlaufen werden sollen. Streiks bei H&M, bei IKEA, bei Karstadt und real sind deutliche Warnzeichen von der Belegschaft: bis hierhin und nicht weiter. – Dazu stehen wir.
Denn die bisherigen Verhandlungen haben leider eines deutlich gemacht: Die Arbeitgeberseite droht mit einem Kahlschlag. Offenbar geht es um nichts anderes als um drei Dinge: erstens um eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, zweitens um eine spürbare Senkung der Löhne und drittens um eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten, einseitig zulasten der Arbeitnehmer.
Konkret bedeutet das für die Beschäftigten eine Schlechterbezahlung von Kassiertätigkeiten und angeblich einfachen Arbeiten, eine Streichung der Zuschläge für Spätöffnungs- und Nachtarbeit, eine Beseitigung der Mindestbeschäftigungszeiten von 20 Wochenstunden und die Einführung einer Billiglohngruppe, deutlich unterhalb des bisherigen Tarifniveaus, sowie eine Orientierung der Arbeitszeitregelungen an den Bedürfnissen des Unternehmens und in Abhängigkeit von Kundenströmen. Auch das spricht Bände und macht deutlich, wohin die Reise gehen soll.
Insbesondere der letzte Punkt, nämlich die Orientierung der Arbeitszeitregelungen an den Bedürfnissen des Unternehmens und an den Kundenströmen, hat etwas mit Ladenöffnungszeiten zu tun. Es ist schon angesprochen worden: Diese ausufernden Ladenöffnungszeiten sind ein großes Übel. Im Prinzip sind sie sogar die Wurzel des Übels in diesem Bereich. Denn man muss eines wissen: Sie bringen keinesfalls mehr Umsatz.
Aber sie erhöhen den Druck auf die Beschäftigten bei den Arbeitszeiten und den Druck auf die Löhne. Denn im Prinzip rechnet sich das auch nicht für die Arbeitgeber. Das hat nur etwas mit Wettbewerb zu tun, aber den Preis dafür zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dann in ihren Lohnforderungen gedrückt werden müssen. Das steckt dahinter, nichts anderes.
Wir haben gesagt, die Politik darf sich hier nicht heraushalten. Es gibt auch einen ganz konkreten Anknüpfungspunkt, an dem die Landespolitik reagieren muss, hier in Sonderheit die Landesregierung. Das sind nämlich die Ladenöffnungszeiten. Dafür ist diese Landesregierung zuständig.
Aber die Landesregierung hat gerade bei den Ladenöffnungszeiten bisher den Kopf immer wieder in den Sand ge
steckt. Deswegen muss sie da endlich einmal aufwachen und im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingreifen. Das haben wir in diesem Haus schon mehrfach gefordert. Meine Damen und Herren, ich will Pep Guardiola heißen, wenn die sich endlich einmal bemühen und hier eingreifen.
Meine Damen und Herren, schon jetzt muss der Staat allein im Bereich des Einzelhandels – diese Zahl wurde heute Morgen schon genannt – 1,5 Milliarden € an Aufstockung zahlen, weil dort immer mehr Dumpinglöhne gezahlt werden. Wenn sich die Arbeitgeberseite in diesem Tarifstreit – was wir alle nicht hoffen – durchsetzen wird, wird diese Zahl explosionsartig nach oben gehen.
Diese Entwicklung, auch im Einzelhandel, muss endlich gestoppt werden. Deshalb brauchen wir schnellstens Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und eine Stärkung statt einer Schwächung der Tarifpartnerschaft. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist auch aus unserer Sicht unstrittig, dass nicht nur der Länderfinanzausgleich, sondern auch der Kommunale Finanzausgleich neu geregelt werden muss. Selbstverständlich muss ein neuer oder ein geänderter Kommunaler Finanzausgleich die demografische Entwicklung berücksichtigen. Das sehen wir genauso. Aber eine solche Neuregelung des Finanzausgleichs kann man nicht ins Blaue hinein machen.
Eine Änderung des KFA setzt voraus, dass man ihre fiskalischen Auswirkungen sauber analysiert. Weiterhin setzt eine Änderung eine transparente Berechnung der Gewinner und Verlierer voraus. Es geht schlicht darum, die Auswirkungen offen und ehrlich darzulegen, anstatt sie zu verschleiern.
Die Stadt Offenbach z. B. wird eine klare Verliererin sein; das wissen wir jetzt schon. Wir warten mit ganz großer Spannung auf die Klage. Ich glaube, die Landesregierung weiß, dass eine Klage auf sie zukommt. Nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs kann man eine Änderung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht vornehmen, ohne zuvor mit den Vertretern der Kommunen eine klare und schlüssige Bedarfsermittlung durchgeführt zu haben. Das ist eine zwingende Voraussetzung für uns.
Das fordert nicht nur meine Fraktion von der Landesregierung, sondern das fordern seit vielen Monaten – völlig zu Recht – auch die Kommunalen Spitzenverbände.
Es ist im Übrigen ausgesprochen komisch, dass Sie von CDU und FDP, aber auch Sie von der Landesregierung beim Länderfinanzausgleich immer die ganz große Transparenz fordern. Fangen Sie damit erst einmal in Hessen an. Ich glaube, dann sind wir schon ein erhebliches Stück weiter.
Nein, meine Damen und Herren, es verbietet sich schlicht und einfach, ohne diese fachlichen Grundlagen eine Änderung am Kommunalen Finanzausgleich vorzunehmen.
Aber all das schert Sie auf dieser Seite des Hauses nicht im Geringsten. Es gibt noch etwas, was Sie nicht im Geringsten schert – das halten wir für hoch fahrlässig –: Ich rede noch einmal von dem bekannten Urteil des Staatsgerichtshofs, das Sie völlig ausblenden, als ob es das überhaupt nicht gäbe. Davon abgesehen, dass dieses Urteil eine höchstrichterliche Bestätigung der Kommunalfeindlichkeit dieser Landesregierung ist, beinhaltet es noch ein entscheidendes materielles Faktum.
Der Staatsgerichtshof hat der Landesregierung unter anderem bescheinigt, dass sie mit der Veränderung der Steuerverbundmasse verfassungswidrig gehandelt und das Selbstverwaltungsrecht der klagenden Stadt Alsfeld verletzt hat. Damit ändert sich eine wichtige Grundlage im KFA-Gesetz. Mit anderen Worten: Mit seinem Urteil hat der Staatsgerichtshof die Ausgangslage für den KFA schlichtweg verändert.
Deswegen sagen wir heute noch einmal ganz deutlich: Wenn der Staatsgerichtshof den KFA für verfassungswidrig erklärt, ist eine Änderung des KFA, die die vom Staatsgerichtshof formulierten Anforderungen und Vorgaben nicht berücksichtigt, ebenfalls verfassungswidrig.
Deshalb fordert die SPD-Fraktion die Landesregierung noch einmal klar und unmissverständlich auf, den Kommunalen Finanzausgleich nach den Vorgaben des Staatsgerichtshofs verfassungsmäßig auszugestalten.
Dabei müssen selbstverständlich die Änderungen der Finanzströme aufgrund des Zensus eingearbeitet werden. Aber ich glaube, zumindest in dem Punkt sind wir uns einig. Solange dies nicht geschieht, können wir einer Änderung des Kommunalen Finanzausgleichs, so, wie sie jetzt vorliegt, nicht zustimmen.
Uns ist klar, dass Sie das auch heute nicht weiter jucken wird. Wir gehen davon aus, dass Sie das Änderungsgesetz mit Ihrer Mehrheit durchwinken werden. Auch an dieser Stelle will ich ab sofort Pep Guardiola heißen, wenn Sie sich doch noch eines Besseren belehren lassen.
Aber ich werde wohl weiterhin Wolfgang Decker heißen und feststellen, dass Sie mit demselben Kopf nacheinander an verschiedene Bäume fahren. Das ist dann nicht zu än
dern. Der 344-Millionen-€-Raubzug ist schiefgegangen. Wir haben ein dickes Finanzloch im Haushalt, der schon längst Makulatur ist. Die Klage gegen den Länderfinanzausgleich, vor der wir gewarnt haben, droht zum Bumerang zu werden. Aber Hauptsache, Sie haben damals im Bundesrat den Steuerermäßigungen für Mövenpick zugestimmt. Dann passt das alles ins Bild. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der LINKEN für ein Hessisches Mindestlohngesetz hat durchaus Ansätze, die in die richtige Richtung gehen. Aber leider hat er mehrere entscheidende Schwachstellen. Für uns greift der Gesetzentwurf schlicht zu kurz und würde überhaupt kaum jemanden erreichen, der in Hessen für Dumpinglöhne arbeiten muss; denn die Friseurin und der Paketfahrer z. B. hätten von diesem Gesetz rein gar nichts.
Was im Übrigen die Mindestlohngarantie bei öffentlicher Auftragsvergabe angeht, so kann man das besser machen, nämlich mit einem allgemein verbindlichen Vergabe- und Tariftreuegesetz. Ein solches Gesetz, das einen verbindlichen Mindestlohn von 8,50 € regelt, hat die SPD in diesem Hause schon längst eingebracht.
Wie nicht anders zu erwarten, haben CDU und FDP diesen fortschrittlichen Gesetzentwurf natürlich blockiert.
Der wesentlichste Mangel dieses Gesetzentwurfs liegt aber woanders: Er hinkt der aktuellen Entwicklung ganz einfach mächtig hinterher. Ich erlaube mir, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die SPD-geführten Länder bereits im März dieses Jahres im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € eingebracht haben. Dank einer neuen Mehrheit der Vernunft hat dieser Entwurf im Bundesrat mit den rot-grünen Stimmen auch eine entsprechende parlamentarische Mehrheit gefunden. Dieser Gesetzentwurf ist wirklich solide, weil er nämlich umfassend und auf einen Schlag in ganz Deutschland die Dumpinglöhne beseitigen würde.
Meine Damen und Herren von der LINKEN, das ist der Unterschied zwischen der SPD-Initiative und Ihrem Gesetzentwurf, der mit Ihrem ständigen Wettbewerb „Wer bietet mehr?“ am Ende doch wieder nur zu einem populistischen Schaufensterantrag verkommen ist. Deswegen kann er so keine Zustimmung finden.
Mehr als nur Populismus ist allerdings die unverbesserliche Blockadehaltung von CDU und FDP gegen einen gesetzlichen Mindestlohn.
Das ist nichts anderes als soziale Verantwortungslosigkeit; das muss man an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Die ablehnende Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates ist der übliche neoliberale Beißreflex, man könnte auch sagen: Es ist die übliche alte von der Leyer, und mehr ist es auch nicht.
Heute vor einer Woche ist die SPD-Bundesratsinitiative im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales beraten worden. CDU und FDP haben die Abstimmung mit einem Vertagungsantrag schlichtweg blockiert. Die Begründung, man habe noch Beratungsbedarf, ist absolut fadenscheinig: Sie hatten lange genug Zeit, um sich mit dem Gesetzentwurf zu befassen, meine Damen und Herren.
Ich sage Ihnen auch: Der wahre Grund ist, dass SchwarzGelb in Deutschland keinen gesetzlichen Mindestlohn haben will. Das ist der einzige Grund, warum Sie auf diese Art mit solchen Problemchen umgehen bzw. mit solchen Verfahrenstricks arbeiten. Sie wollen sich schlichtweg über den September und die Wahl hinwegretten; das ist der Hintergrund. Dabei nehmen Sie vorsätzlich in Kauf, dass Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland weiterhin zu Dumpinglöhnen arbeiten müssen, meine Damen und Herren von CDU und FDP.
Dass auch die Bundesregierung offensichtlich keinerlei Interesse daran hat, die Situation der Betroffenen zu verbessern, wird daran deutlich, dass Frau von der Leyen in derselben Ausschusssitzung, von der ich gerade gesprochen habe, erklärt hat, in diesem Jahr auch das von ihr so vollmundig angepriesene – wenn auch absolut löchrige und völlig verkehrte – Lohnuntergrenzengesetz nicht mehr einbringen zu wollen.
Das spricht doch Bände. Das muss man an der Stelle gar nicht weiter erörtern. Das ist schlichtweg ein Skandal auf dem Rücken der betroffenen Menschen.
Dann will ich Ihnen noch etwas erzählen. Sie führen hier auf allen Ebenen einen unglaublichen Eiertanz auf, was diesen Mindestlohn angeht. Dabei verwickeln Sie sich selbst dauernd in heillose Widersprüche. Ich will sie Ihnen mit drei Sätzen erklären. Einerseits rühmen Sie sich selbst damit, dass unter Ihrer Regierung in zahlreichen Branchen Mindestlöhne eingeführt worden seien. Andererseits behaupten Sie, dass der gesetzliche Mindestlohn Arbeitsplätze vernichtet. Gleichzeitig wollen Sie selbst aber eine gesetzliche Lohnuntergrenze. – Meine Damen und Herren, was wollen Sie denn eigentlich?
By the way, im Friseurhandwerk wird es ab 2014 erfreulicherweise einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € geben. Wir fragen uns schon ganz erschrocken, Herr Kollege Bellino, Herr Blechschmidt oder Herr Rock, ob Sie dann, wenn es so weit ist, zum Haareschneiden nach Polen oder Rumänien fahren. Wir werden sehen, was passiert.
Herr Kollege Bellino, Sie wissen doch: Schöne Gesichter brauchen Platz. Das ist so.
Meine Damen und Herren von Union und Liberalen, wir fordern Sie auf, im Landtag und im Bundestag endlich eines klarzustellen: Stehen Sie auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von Dumpinglöhnen betroffen sind, oder stehen Sie knallhart und betonhaft auf der Seite der Wirtschaft? Das ist die zentrale Frage.
Im Bundestag, aber auch in diesem Hause hat SchwarzGelb die Wahl, Millionen von Dumpinglöhnern endlich zu helfen oder sie erbarmungslos im Schacht hängen zu lassen. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen. Wir wollen den Menschen helfen. Die Frage ist: Wollen Sie ihnen auch helfen?
Deswegen fordern wir Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP hier im Hause, aber auch meine Damen und Herren der Landesregierung, ganz deutlich auf: Beenden Sie Ihre Blockadehaltung gegen den gesetzlichen Mindestlohn, und machen Sie endlich den Weg für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 € frei. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich nochmals zu Wort gemeldet, um in aller Kürze sowohl auf die LINKEN als auch auf die Beiträge von CDU, FDP und des Ministers einzugehen.
Frau Wissler, Sie haben sich bei allen Initiativen, die Sie in diese Richtung entwickelt haben, pausenlos gerühmt. Wir müssen Ihnen leider sagen, dass all diese Initiativen untauglich waren. Sie waren in der Praxis einfach nicht umsetzbar. Das wissen Sie genau. Das, was Sie heute vorgelegt haben – Sie haben das schon selbst zugegeben –, ist schlichtweg 1 : 1 von dem Entwurf abgeschrieben, den die Bremer SPD, zusammen mit ihrem Koalitionspartner, in Bremen auf den Plan gesetzt
stopp –, eingebracht und auch verabschiedet hat. Das aber war vor einem Jahr. Frau Wissler, meine Damen und Herren von den LINKEN, Sie sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit.
Inzwischen sind wir in diesem Prozess viel weiter als damals. Deswegen ist das nicht zustimmungsfähig.
Ein Zweites will ich Ihnen noch mit auf den Weg geben. Die Gesetzesinitiativen, die wir eingebracht haben – im Landtag das Vergabe- und Tariftreuegesetz –, wie auch auf Bundes- und Landesebene unsere Forderungen zum gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €, haben wir in beiden Fällen im engen Schulterschluss mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund entworfen. Das haben Sie nicht, und das ist der Unterschied.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, mit dem, was Sie heute hier an Beugen und Klimmzügen gemacht haben, können Sie normalerweise schon im Zirkus Sarrasani auftreten. Das war schon gewaltig.
Sie reden hier von einem „politischen Lohn“ – solch ein Unsinn. Das gibt es nicht. Es gibt entweder einen Lohn, von dem man leben kann, oder es gibt einen Lohn, von dem man nicht leben kann.
Das ist so einfach, wie man es ausspricht.
Meine Damen und Herren, für Sie ist gesetzlicher Lohn ein politischer Lohn. Dazu sage ich Ihnen jetzt Folgendes: Ihre Ministerin und Ihre Parteifreundinnen und -freunde von der CDU – inzwischen aber auch der FDP, nach schweren Gängen etwas eingelenkt – wollen eine gesetzliche Lohnuntergrenze. Jetzt sagen Sie einmal: Wo ist eigentlich der Unterschied? Sie wollen das doch auch gesetzlich regeln. Sie können es doch niemandem weismachen, das eine Gesetz sei schlecht und das andere gut. Beides sind gesetzliche Regelungen. Hören Sie also auf, uns hier einen solchen Unsinn zu erzählen.
Das ist doch wirklich hanebüchen, was Sie tun.
Jetzt zum Inhalt Ihrer Lohnuntergrenze. Das Problem ist ganz einfach: Sie wissen genau, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen. Weil Sie aber das Wort „Mindestlohngesetz“ nicht mehr in den Mund nehmen durften, weil es schon durch die SPD besetzt war, mussten Sie ein neues Wort erfinden.
Dann haben Sie daraus auch noch ein schlechtes Placebo gemacht – denn dieses Gesetz, das Sie vorhaben, hat richtige Löcher. Damit erreichen Sie nicht alle Menschen. Sie müssen nämlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass in Deutschland seit vielen Jahren solche Tarifverträge abgeschlossen worden sind, wo die Löhne so niedrig sind und immer noch unter 8,50 € liegen; aber an die wollen Sie gar nicht herangehen. Das heißt, Sie schließen die Lücken bei Weitem nicht. Das ist eines der größten Probleme bei Ihrem Gesetzentwurf.
Deswegen sagen wir Ihnen an dieser Stelle: So kann das nicht funktionieren.
Herr Rentsch, jetzt nochmals zu Ihnen zwei Sätze. Sie haben erneut sehr freundlich versucht, bei uns einen Keil hineinzutreiben,
indem Sie die Agenda-Politik von Gerhard Schröder gelobt haben. Dazu eine klare Aussage, ich habe sie schon einmal
getroffen: Kein Sozialdemokrat will die Agenda 2010 zurücknehmen. Sie wird nicht abgeschafft werden. Aber im Gegensatz zu Ihnen haben wir erkannt, dass sie enorme Schwachstellen hat. Die werden wir nachbessern, ob Sie wollen oder nicht. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vier Dinge haben die Fernsehberichterstattung über Amazon und der von uns entfaltete politische Druck auf jeden Fall bewirkt.
Erstens. Nachdem der Ministerpräsident zunächst einmal festgestellt hat, dass das Land nicht zuständig sei, ist dem Sozialminister gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass der Arbeitsschutz doch Landesaufgabe ist.
Zweitens. Die dann plötzlich ganz rasch eingeleitete Prüfung bei Amazon durch den Arbeitsschutz hat eine ganz lange Latte an Mängeln und Missständen offengelegt, die auch die Geschäftsleitung einräumen musste, die bis heute in der Öffentlichkeit gemauert hat.
Drittens. Das, was da abgelaufen ist, wird sich hoffentlich nicht mehr wiederholen. Denn der Umgang des Unternehmens mit den Mitarbeitern und vor allem mit den Leiharbeitern steht seitdem im Fokus der Öffentlichkeit. Das ist auch gut so.
Viertens. Die Vorgänge bei Amazon haben den dringend notwendigen Handlungsbedarf hinsichtlich der Neuordnung des Arbeitsmarktes sehr plastisch unterstrichen. Hier haben wir die Schattenseiten erlebt.
Meine Damen und Herren der CDU und der FDP, es geht nicht darum, die Leiharbeit ungebührlich schlechtzureden. Vielmehr müssen wir die Schattenseiten der Leiharbeit endlich abschaffen. Darum geht es uns.
Dieses Beispiel hat uns konkret gezeigt, dass wir klare Regeln gegen den Missbrauch der Leiharbeit brauchen. Unabhängig von dem Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und der Abschaffung der grundlosen Befristung geht es hier vor allem auch darum, wie man mit Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern im betrieblichen Alltag umgeht.
Es wurde eben schon angesprochen. Uns geht es darum, wie Zeitarbeitsfirmen mit Leiharbeitsplätzen umgehen. Die Zeitarbeitsfirma Trenkwalder hat offensichtlich gezeigt, wie es nicht geht und wie es nicht gehen darf. Amazon hat mit 1.500 € brutto gelockt. Wenn die Berichterstattung einer spanischen Kollegin zutrifft, sind bei der Firma Trenkwalder dann am Ende 1.000 € daraus geworden. Das spricht für sich.
Jetzt möchte ich einmal klare Worte an die antragstellende Fraktion DIE LINKE richten. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will es noch einmal ganz langsam und deutlich zum Mitschreiben sagen: Wir werden die Hartz-IVGesetze nicht abschaffen. Wir werden auch die Leiharbeit nicht abschaffen. Aber wir werden sie auf das Maß zurückschrauben, das ursprünglich angedacht war. Es ging darum, Auftragsspitzen abzufedern. Das ist eine ganz klare Aussage von uns.
Ich sage es Ihnen noch einmal. Wir haben gestern schon versucht, Ihnen das klarzumachen. Ich sage auch das noch einmal zum Mitschreiben. Die Vorgänge bei Amazon haben mit der Hartz-Gesetzgebung überhaupt nichts zu tun.
Hören Sie auf, dieses Vehikel für Ihre neuerlichen obskuren politischen Forderungen zu nutzen. Frau Wissler und Herr Kollege Schaus, hören Sie endlich mit diesem unrealistischen und populistischen Geschwätz auf. Es geht uns, mit Verlaub, allmählich auf den Senkel.
Ich sage Ihnen eines: Wenn wir im Schulterschluss mit dem DGB einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € fordern, dann fordert die LINKE 10 €. Hätten wir 10 € gefordert, hätten Sie 12 € gebrüllt. Meine Damen und Herren, so sieht es aus.
Ich glaube, die Kollegen verstehen mich. – Wenn wir im Schulterschluss mit dem DGB die Eindämmung der Leiharbeit fordern, dann stellen Sie sich hin und brüllen: „Die Leiharbeit muss abgeschafft werden“. – Was für ein Quatsch – ich sage Ihnen das an dieser Stelle ganz deutlich.
Wissen Sie etwas? – Bei Ihnen ist das so wie bei der Fertiglasagne. Man weiß nie, welche Überraschung darin ist. Das wollte ich Ihnen ganz deutlich sagen.
Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, hart an der 5-%-Hürde ist Ihre panische Sorge um Ihre politische Daseinsberechtigung ganz offensichtlich größer als Ihre tatsächliche Bereitschaft, den betroffenen Menschen aktiv zu helfen.
Fangen Sie endlich einmal an, sachlich und realitätsbezogen den notwendigen Reformprozess zu betreiben. Das funktioniert nur, wenn wir die Stellschrauben an den richtigen Stellen fest anziehen.
Deshalb unterstützen wir die aktuelle Initiative der SPDgeführten Länder, z. B. bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes. An dieser Stelle sagen wir ganz klar: Wir fordern und unterstützen klar gesetzliche Regelungen in der Leiharbeit, gegen den Missbrauch von Leiharbeit, gegen Lohndumping durch Scheinselbstständigkeit und auch gegen Werkverträge, die immer öfter Tarifverträge unterlaufen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was dem einen sein Populismus ist, das ist dem anderen sein Blockadebeton. Deshalb sage ich in diese Richtung: Werte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, geben Sie endlich Ihren hartnäckigen Widerstand gegen die überfällige Ord
nung auf dem Arbeitsmarkt auf. Sagen Sie Ihrer Landesregierung, sie soll im Bundesrat dieser vernünftigen Initiative der A-Länder zustimmen.
Und noch eines: Lassen Sie um Gottes willen die Finger von der Lohnuntergrenze. Das Ding taugt in der Wurzel nichts. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, weil ich glaube, an einer bestimmten Stelle die Koordinaten klarziehen zu müssen.
Herr Kollege Dr. Bartelt und Herr Kollege Lenders, Sie haben vollmundig davon geschwärmt, dass Sie sogenannte Lohnuntergrenzen in der Leiharbeit eingeführt hätten. Ich will Ihnen in zwei kurzen Sätzen die historische Wahrheit vor Augen führen.
Es begab sich im Januar 2011, dass CDU und FDP mit der SPD über die Hartz-IV-Sätze und über das Bildungspaket im Rahmen von Hartz IV verhandelt haben. Die historische Wahrheit ist, dass damals die SPD die Forderung in das Paket eingebracht hat, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird und dass an der Stelle eine Lohnuntergrenze eingezogen wird.
Sie können das gern in sämtlichen Protokollen nachlesen. Ich wollte das hier in Erinnerung rufen. Wenn man einmal genau nachblättert, wird man auch nachlesen können, dass es auf Ihrer Seite große Schwierigkeiten gegeben hat, überhaupt Regeln für die Leiharbeit zu finden. Es tobte nämlich ein heftiger Streit zwischen der CDU und der FDP, der dazu geführt hat, dass Sie sich monatelang selbst blockiert haben.
Herr Grüttner, Sie können sich aufregen, wie Sie wollen. – Am Ende war es so, dass sich die SPD mit zumindest einem ihrer Vorschläge durchgesetzt hat, nämlich eine Mindestlohngrenze in der Leiharbeit einzuführen. Sie war allerdings sehr niedrig. Sie ist immer noch sehr niedrig. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, dass wir endlich einen gesetzlichen Mindestlohn bekommen.
Wir werden, was das Thema Leiharbeit anbelangt, nicht locker lassen, den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht erst nach neun Monaten – wie das Kollege Kolb fordert, den Sie zitiert haben –, sondern von Anfang an durchzusetzen. Das ist nämlich ein wirksames Instrument.
Es ist übrigens auch nicht vernünftig, Hartz IV abzuschaffen. Das wäre Unsinn. Was soll das?
Das sei den Kollegen der Fraktion DIE LINKE zugerufen. Hören Sie mit dem gebetsmühlenartigen Wiederholen von Vorschlägen auf, die keiner gebrauchen kann. Helfen Sie mit, konkrete Änderungsvorschläge zu machen. Unsere beiden genannten Vorschläge gehören dazu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – bereits zum zehnten Mal, gefühlt wahrscheinlich schon zum 20. Mal, rasseln Sie hier mit den Ketten und kündigen im Haus eine Klage des Landes Hessen gegen den Länderfinanzausgleich an. Herr Kollege Greilich, wir haben gerade noch einmal geschaut: Das mit der Auflösung der Bundesländer ist ein guter Vorschlag; es sind exakt diejenigen, wo Sie von der FDP immer rausgeflogen sind, im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Das ist auch ein Weg.
Am Anfang waren Sie in Ihrer sogenannten Südschiene noch zu dritt, aber ein Land ist ihnen inzwischen abhandengekommen, nämlich Baden-Württemberg.
Offensichtlich sind die zu einer anderen Einsicht gekommen, womöglich sogar zur besseren Einsicht, meine Damen und Herren.
Wir können uns und unserem Land nur wünschen, dass diese Einsicht bei der CDU und der FDP auch einkehrt. Wir wollen uns aber nicht lange bei der Vorrede aufhalten; wir kommen gleich einmal auf des Pudels Kern.
In Bayern und in Hessen stehen nämlich im September Landtagswahlen an, und Ihr Antrag ist in erster Linie nichts anderes als ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver à la Seehofer in Bayern. Dies ist es und nichts anderes, meine Damen und Herren.
Die föderale Solidarität wird populistischer Wahlkampftaktik geopfert. Wie durchsichtig das Ganze ist, hat Kollegin Erfurth eben schon erwähnt. Das sieht man nämlich daran, dass Sie heute das beklagen wollen, was Sie damals noch als grandiosen Verhandlungserfolg des ehemaligen
Ministerpräsidenten Koch und des damaligen Ministerpräsidenten Stoiber gefeiert haben.
Diesem, damals im Konzert der Länder ausgehandelten Kompromiss haben Sie alle im Bundesrat zugestimmt – auch Sie, CDU und FDP. Nur, damit wir es nicht vergessen, meine Damen und Herren.
Wir können Ihnen nur dringend empfehlen, sich das alles noch einmal gründlich durch den Kopf gehen zu lassen; denn das, was Sie hier vorhaben, kann für Hessen gleich aus mehreren Gründen zu einem gefährlichen Bumerang werden. Wir sind für eine solide und umfassende Neuordnung des Finanzausgleichs, aber nicht auf einem riskanten und substanziell bisher in keinster Weise untermauerten Klageweg. Das Ganze muss doch mit einem Konzept hinterlegt werden, das wirklich Hand und Fuß hat.
Genau darum geht es. Genau das sind Sie diesem Haus bislang schuldig geblieben. Weder haben Sie hieb- und stichfeste Gründe vorgelegt, auf die Sie Ihre Klage stützen wollen, noch haben Sie konkrete Vorstellungen und vor allem Vorschläge, wie denn ein besserer und gerechterer Länderfinanzausgleich funktionieren soll.
Geschweige denn, dass Sie hier irgendeinen Gesetzentwurf zum Finanzausgleichsgesetz oder zum Maßstäbegesetz vorgelegt haben. Ich glaube aber, dass Sie davon bisher auch gar keine konkreten Vorstellungen haben. Hier geht es erst einmal um kraftvolles Auftreten, aber ohne inhaltliche Substanz. Meine Damen und Herren, an der Stelle sagen wir Ihnen ganz deutlich: Es tut uns leid, wir kaufen von Ihnen nicht die Katze im Sack. – Damit das einmal klar ist.
Eines können wir schon jetzt sagen, aber das wissen Sie wahrscheinlich selbst: Karlsruhe wird Ihnen ein Urteil geben, wenn Sie das unbedingt so wollen, aber es wird Ihnen kein konkretes Konzept schreiben, wie Sie den LFA dann besser und gerechter gestalten sollen. Das müssen Sie dann immer noch selbst tun. Wahrscheinlich wird es dann aber schon zu spät sein, weil Sie die Karre schon richtig vor die Wand gefahren haben werden, wenn Sie diesen Weg gehen.
Herr Dr. Wagner, auch Sie müssen doch eigentlich schon von dem internen Rechtsgutachten gehört haben, das die baden-württembergische Landesregierung hat erstellen lassen. Wohlgemerkt: Es war die alte Landesregierung, die das Gutachten hat erstellen lassen.
Dieses Gutachten soll die Geberländer ausdrücklich vor einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich warnen.
Meine Damen und Herren, in dem Gutachten wird unter anderem befürchtet, dass das Bundesverfassungsgericht die Finanzkraft der Kommunen stärker als bisher in den Finanzausgleich einbezieht.
Herr Dr. Wagner, und schon könnte Ihnen der erste Bumerang um die Ohren fliegen. Das war es dann. Das wäre eine tolle Leistung. Statt der erhofften finanziellen Entlastung drohten den Geberländern dann nämlich plötzlich noch höhere Zahlungen als vorher, gerade auch Hessen; denn die Finanzkraft der Gemeinden liegt deutlich über dem Bundesschnitt.
Das ist sicherlich auch einer der Gründe, warum BadenWürttemberg ausgestiegen ist. Die Schwobe sind ebe Cleverle. Ich frage mich, wo Ihre Cleverness bleibt.
Dem Anschein nach wird diese Risikoanalyse auch von der Bundesregierung geteilt. Herr Dr. Wagner, wir wissen zwar, dass Ihr Verhältnis zur Spitze und zur Kanzlerin etwas gespalten sein soll,
aber hören Sie wenigstens in diesem Fall einmal auf Mutti. Ich glaube, das wäre für das Land Hessen gut.
Das Einzige, was Sie bisher konkret und gezielt hinbekommen haben – –
Meine Damen und Herren, das Einzige, was Sie bisher wirklich konkret hinbekommen haben, ist nur eines: Mit Ihrem ständigen Kettengerassel im Geleitzug der bayerischen CSU haben Sie unsere föderalen Nachbarn nicht nur erschrocken, Sie haben sie verärgert. Statt Vorschläge für Verhandlungen zu unterbreiten, sind Sie mit teilweise aggressivem und polemischem Auftreten sogar über einzelne Nehmerländer regelrecht hergefallen. Die Art und Weise, wie Sie unseren Nachbarn Rheinland-Pfalz verbal und medial attackiert haben, ist uns allen noch in bester Erinnerung. Damals haben Sie mit einem ganz lauten Knall erst einmal die Verhandlungstür zugeschmissen. Das ist Fakt.
Wir halten noch einmal fest: auf der einen Seite eine risikobehaftete Klage und auf der anderen Seite verprellte Verhandlungspartner. Also anders gesagt: Ein Bumerang kommt von vorne, und der andere kommt von hinten. – Na bravo, meine Damen und Herren, da können wir Ihnen eine großartige Leistung unterstellen.
Solange Sie diesem Haus noch keinen eigenen Vorschlag vorgelegt haben, in dem Sie darstellen, wie Sie denn die Debatte um eine Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs bestreiten wollen, so lange können wir in diesem Hause auch noch keine Entscheidung über einen weiteren Weg treffen – damit das einmal klar ist. Das Gleiche gilt für die konkreten Punkte, auf die Sie Ihre Klage stützen wollen. Erst wenn das alles auf dem Tisch dieses Hauses liegt, wird dieses Parlament überhaupt in der Lage sein, über den richtigen Weg zu debattieren,
ob eine Klage der richtige Weg ist, oder ob man nicht besser den Verhandlungsweg mit den Bundesländern geht. Hamburg als ehemaliges Geberland
ist mit seinem ersten Bürgermeister Olaf Scholz von der Ministerpräsidentenkonferenz damit beauftragt worden, einen Fahrplan für Verhandlungsgespräche zu erstellen. In der Zwischenzeit können Sie durchaus schon einmal die Zeit nutzen und sich Gedanken machen, was vernünftig verändert werden könnte. Wir geben Ihnen einmal zwei Beispiele mit auf den Weg: die Absetzung der Kosten der jeweiligen Finanzbehörden vom zu zahlenden Ausgleichsbetrag und eine Neuregelung darüber, wie die Sonderlasten für Berlin künftig zu tragen sind.
Aber so, wie Sie im Moment mit der ganzen Problematik umgehen, muss man größte Sorge haben, dass die Sache für Hessen in einem finanzpolitischen Desaster enden könnte. Dann muss man eben damit rechnen, dass das 430-Millionen-€-Loch noch nicht das letzte Loch gewesen ist, das wir im Landeshaushalt zu beklagen haben.
Meine Damen und Herren, so wie Sie gestern die Debatte über mehr Steuergerechtigkeit, über zusätzliche Steuerfahnder und das untaugliche Steuerabkommen mit der Schweiz geführt haben, ist in der Tat zu befürchten, dass Sie auch bei dem Thema des Länderfinanzausgleichs mit dem Kopf durch die Wand wollen. Das wäre zum Schaden des Landes Hessen. Deshalb sagen wir Ihnen: Lassen Sie auch endlich bei Ihnen Vernunft einkehren. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf dem FDPParteitag
hat der hessische Parteivorsitzende und Staatsminister Hahn erklärt, dass die FDP in Hessen keinen Bedarf für einen Mindestlohn, noch nicht einmal für eine sogenannte Lohnuntergrenze sieht. Er wettert gegen Gleichmacherei. Gleichzeitig brüstet er sich damit, dass das Gelaber von Gerechtigkeit die Reihen der FDP schließe. Meine Damen und Herren, da wird es bald nichts mehr zu schließen geben.
Diese marktradikalen Aussagen machen in ihrer ganzen Breite deutlich, welch sozialpolitischen Geistes Kind Herr Hahn und die FDP sind.
Sie nehmen damit die weitere soziale Spaltung billigend in Kauf. Meine Damen und Herren, wir distanzieren uns eindeutig von solchen Äußerungen. Wir Sozialdemokraten erwarten stattdessen, dass sich dieses Haus zu seiner sozialen Verantwortung und zu sozialer Gerechtigkeit als Maßstab seines politischen Handelns bekennt.
Meine Damen und Herren, auch wenn der Ministerpräsident Bouffier vergeblich versucht hat, Herrn Hahn von seiner Lohnuntergrenze zu überzeugen, ist es um die Bereitschaft der Union zu soziale Verantwortung allerdings auch nicht viel besser bestellt. Die CDU hat ihren Nebelbeschluss von Leipzig vorige Woche in Hannover endgültig in Beton gegossen. Ihre sogenannte Lohnuntergrenze ist also nichts anderes als ein Placebo. Das als sozial ausgewogen zu bezeichnen, ist genauso geschmacklos wie meine Krawatte, die ich gestern Abend beim Wichteln gewonnen habe.
Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsflügel der Union hat erneut über die Arbeitnehmerinteressen gesiegt. Ein hohes Parteitagsergebnis war der Kanzlerin wichtiger, als Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer endlich vor Dumpinglöhnen zu schützen.
Eine Lohnuntergrenze, die nach Berufsgruppen, nach Branchen und Regionen unterscheidet, schafft im Grunde genommen ein heilloses Tarifwirrwarr. Sie schützt viele Menschen immer noch nicht vor Löhnen, die zum Teil weit unter jeglicher Schamgrenze liegen. Viele Frisörinnen und Paketzusteller werden mit Ihrer Lohnuntergrenze auch zukünftig in die Röhre sehen.
Meine Damen und Herren, dieses merkwürdige Konstrukt birgt nach wie vor die Gefahr, dass Lohnuntergrenzen – wie Sie es nennen – unterlaufen werden können und Scheintarifverträge weiter Bestand hätten. Mit diesem Konstrukt hat sich leider auch die CDU erneut aus ihrer sozialen Verantwortung geflüchtet.
Im Schulterschluss mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund sagen wir heute und auch nicht zum letzten Mal unmissverständlich: Wir wollen in Deutschland und in Hessen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, der bei 8,50 € einsteigt.
Jetzt noch ein Wort an die sogenannten Finanz- und Wirtschaftsexperten auf dieser Seite des Hauses. Sie richten mit Ihrer Verweigerungshaltung volkswirtschaftlichen Schaden an. Von 8,50 € Mindestlohn würden nämlich nicht nur die profitieren, die bisher für einen Appel und ein Ei arbeiten, sondern diese 8,50 € Mindestlohn würden gleichzeitig eine Wertschöpfung in dieser Republik von 7,5 Milliarden € generieren. Und das lassen Sie einfach ins Leere laufen.
Meine Damen und Herren, deswegen kann man hierzu nicht nur den Kopf schütteln. Sie unterlassen es, zusätzliche Steuereinnahmen bei der Lohnsteuer zu generieren. Sie unterlassen es, zusätzliche Einnahmen bei den Sozialversicherungsträgern zu generieren. Und Sie unterlassen es, Ausgaben bei Bund und Kommunen zu reduzieren, nämlich bei den sogenannten Transferleistungen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch vernünftige Arbeit und Bezahlung selbst bekommen würden. Das ist alles andere als sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch verantwortungsvoll.
Wer so etwas ablehnt, ist also kein vernünftiger Sozialpolitiker und auch kein vernünftiger Finanz- und Wirtschaftsexperte.
Ich fasse zum Schluss zusammen: Die CDU fasst in Hannover unausgegorene Nebelbeschlüsse und redet dabei von angeblich guter Arbeit. Die FDP will davon gar nichts wissen und redet noch immer von den angeblichen Selbstheilungskräften der Marktwirtschaft.
Meine Damen und Herren, wissen Sie, was? Dieses Gelaber können wir nicht mehr hören.
Zum Schluss will ich eine Feststellung treffen, die sehr einfach ist. Mit Merkel und der CDU wird es keinen gesetzlichen Mindestlohn geben. Die FDP wird dabei wohl auch keine Rolle mehr spielen.
Meine Damen und Herren, deshalb brauchen wir in Berlin und in Wiesbaden den Regierungswechsel. Seien Sie versichert, dieses Ziel schließt dann unsere Reihen mehr denn je. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorsitzende der Fachkräftekommission hat im Vorwort des Abschlussberichts auf zwei elementare Kernpunkte hingewiesen, um die es geht. Zum einen hat er darauf hingewiesen, dass Hessen kein Land mit Bodenschätzen ist. Das wissen wir. Unser wertvollstes Gut sind demnach die qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Zum anderen hat er darauf hingewiesen, dass diese unersetzliche Ressource zur Mangelware wird.
Er hat aber noch etwas gesagt, das der Landesregierung in den Ohren geklingelt haben muss. Er sagte nämlich, dass die Diskussion viel zu lange über das Ob und das Wann geführt wurde, anstatt über das gezielte Gegensteuern zu reden.
Das heißt im Klartext: Sie haben wertvolle Zeit verstreichen lassen, anstatt frühzeitig zu handeln.
Meine Damen und Herren, insofern ist der Abschlussbericht für Sie auch ein Weckruf, und zwar ein sehr lauter Weckruf.
Das soll jedoch keinesfalls den Inhalt und das Ergebnis der Arbeit der Kommission schmälern, auch aus unserer Sicht nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Wir sind für diese Arbeit ausgesprochen dankbar. Wir sind auch deswegen dankbar, weil sie die Vielfalt hinsichtlich der notwendigen Handlungsfelder zur Behebung des Mangels verdeutlicht. Der neue Wirtschaftsminister, Herr Rentsch, will uns seit Wochen erklären, dass das Anwerben ausländischer Fachkräfte das Allheilmittel gegen den Fachkräftemangel sei. Das ist es aber nicht.
Die Kommission kommt, folgerichtig, zu dem Ergebnis, dass das nur einer der insgesamt sechs Bausteine ist. Sie kommt ausdrücklich zu dem Schluss, dass wir uns auch und vor allem um die Gewinnung unseres Potenzials im Inland kümmern müssen, um nichts anderes.
Das bestätigt und bekräftigt voll und ganz das, was wir Ihnen im Plenum schon seit Jahr und Tag sagen und versuchen, Ihnen klarzumachen. Leider war das bisher erfolglos. Deshalb ist der Kommissionsbericht unserer Ansicht nach zugleich eine gnadenlose Aufzählung schwarz-gelber Versäumnisse der vergangenen Jahre. Das zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Bericht, und zwar von der Seite 5 bis 48. Das geschieht nicht schon auf Seite 1, weil das nur das Deckblatt ist. Ansonsten ist das klar ersichtlich. Das geht bereits beim Inhaltsverzeichnis los.
Die Zeit für diese Aktuelle Stunde reicht leider Gottes nicht aus, um das alles hier fein säuberlich zu diskutieren. Wir werden das an anderer Stelle nachholen. Das darf ich Ihnen versprechen.
Ich will nur wenige Beispiele nennen. Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen qualifiziertem Schulabschluss, Berufsausbildung und Fachkräftemangel. Genau dazu schreibt Ihnen die Kommission ins Stammbuch, welche Hausaufgaben Sie zu erledigen haben. Sie haben nämlich die dringende Aufgabe, die Zahl der Schulabbrecher zu reduzieren.
Außerdem rät man Ihnen dringend an, durch sinkende Schülerzahlen frei werdende Kapazitäten zu intensivieren und zur Betreuung benachteiligter Jugendlicher zu benutzen. Der Schulalltag in Hessen sieht leider vollständig anders aus.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Beteiligung älterer, erfahrener Menschen. Dabei geht es aber nicht nur um den verstärkten Erhalt der Erwerbsfähigkeit und gezielte Weiterbildung. Es geht vor allem auch um nachhaltige Strategien zur Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser. Wie wir alle wissen, ist an denen der Aufschwung vorbeigegangen. Anstatt sie zu fördern und zu qualifizieren, hat die Bundesarbeitsministerin die Mittel für die Eingliederung noch gekürzt. Das ist der falsche Weg. Hier brauchen wir gezielte Vermittlungsaktivitäten.
Ich weiß eigentlich schon gar nicht mehr, wie oft und wie lange wir Ihnen in diesem Haus gesagt haben, dass nicht erwerbstätige oder geringfügig beschäftigte Frauen das größte Fachkräftereservoir in dieser Republik sind. Wann sind Sie endlich bereit, mit uns gemeinsam für eine echte Verbesserung bei der Vereinbarkeit und Familie und Beruf zu sorgen? Wann sind Sie endlich dazu bereit, den Ausbau der Betreuungsangebote wirklich voranzutreiben, anstatt den Kommunen dabei noch die Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Wann Sie endlich dazu bereit, in den Kindertagesstätten und vor allem in den Schulen umfassende Ganztagsbetreuung anzubieten?
Damit würden Sie einen Wunsch Hunderttausender Frauen erfüllen. Aber offensichtlich geht das noch nicht.
Frau Präsidentin, lassen Sie mir bitte das Vergnügen, etwas aus dem Bericht zu zitieren. Ich zitiere:
Die Ausgestaltung … gesetzlicher Regelungen, wie beispielsweise des Betreuungsgeldes, sollte daraufhin überprüft werden, dass eine hemmende Wirkung auf das Fachkräfteangebot möglichst minimiert oder ausgeschlossen wird.
Meine Herren der FDP, seien Sie an der Stelle ausnahmsweise einmal wirklich hart wie Beton. Wenn Sie Zement und Eisen brauchen, wir können sofort liefern.
Das Betreuungsgeld ist der völlig falsche Anreiz, wenn man Frauen wieder in das Berufsleben eingliedern will. Das weiß die Fachwelt inzwischen auch. Deswegen gibt es unter Ihnen auch heftigen Streit.
Unsere volle Unterstützung findet die Aussage der Kommission, dass Menschen mit Behinderung ein wichtiges Potenzial zur Sicherung des Fachkräftebedarfs sind, und zwar nicht nur aus sozialer Verpflichtung heraus, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht. Auch hier heißt die Forderung, nicht bei den Eingliederungshilfen zu kürzen, sondern Strategien zur Eingliederung arbeitsloser Menschen mit Behinderungen zu entwickeln und umzusetzen.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch sagen: Sie haben nur noch ein Jahr Zeit. Machen Sie sich an die Arbeit, und beginnen Sie endlich, die Dinge umzusetzen.
Beginnen Sie endlich, die Dinge umzusetzen, sonst ist dieser Zug für Sie in Hessen auch abgefahren. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von der LINKEN heute hier eingebrachte Gesetzentwurf für ein Hessisches Mindestlohngesetz ist ein Gesetzentwurf, der wahrlich aus der Not geboren ist.
Diese Not besteht schlicht darin, dass es in Deutschland noch immer keinen flächendeckenden und branchenübergreifenden gesetzlichen Mindestlohn gibt.
Meine Damen und Herren, genau dies fordert die SPDFraktion im Bundestag und auch hier – und das wissen Sie sehr genau – in diesem Hause bereits seit Langem und permanent ein.
Würde an dieser Stelle endlich arbeitsmarktpolitische Vernunft einkehren – das sage ich in diese Richtung des Hauses –, dann wäre die Beratung von derartigen Gesetzentwürfen und Anträgen ein für alle Mal erledigt.
Deshalb ist unsere klare und deutliche Forderung – und zwar so lange, bis sie in dieser Republik umgesetzt ist, übrigens im Schulterschluss mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund – weiterhin die umgehende Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 €, dies und nichts anderes.
Meine Damen und Herren, eines will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen – Frau Kollegin Wissler, das gehört jetzt in die Abteilung „Backen aufblasen“ –: An einem Wettbewerb „Wer bietet mehr?“ werden wir uns ganz sicherlich nicht beteiligen.
Denn es darf dabei nicht um das populistische Prinzip des Sich-gegenseitig-Überbietens gehen, sondern die Mindestlohnforderung muss einen realistischen Bezug zum Machbaren haben. Sonst gefährden wir nämlich das Ziel. So einfach ist die Geschichte. Nicht zuletzt deswegen hat der Deutsche Gewerkschaftsbund in Gestalt seines Vorsitzenden in Stuttgart auf der Zentralveranstaltung zum 1. Mai auch von 8,50 € gesprochen. Vielleicht sollten Sie sich das auch einmal überlegen.
Durchaus erfreut und übrigens mit einem leichten Schmunzeln nehmen wir zur Kenntnis, dass der Gesetzentwurf der LINKEN in weiten Teilen von einem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion und der GRÜNENFraktion in der Bremischen Bürgerschaft und von einem Gesetzentwurf des Bremischen Senats abgekupfert ist.
Das ist per se nichts Schlimmes. Allerdings verlässt er nicht nur in der Höhe des geforderten Mindestlohns die Linie der Bremer Initiative, sondern auch in einem weiteren zentralen Punkt: Wie auch die SPD-Fraktion in diesem Hause und, wenn ich mich recht erinnere, auch die GRÜNEN schon mehrfach gefordert haben, stellt die Mehrheit in der Bremischen Bürgerschaft ihrer Gesetzesinitiative eine elementare Forderung voraus, nämlich die Forderung, dass sich der Senat im Bundesrat weiterhin für einen allgemeinen gesetzlich festgelegten Mindestlohn von 8,50 € einsetzen soll.
Meine Damen und Herren, ebenso erfreut nehmen wir zur Kenntnis, dass sich DIE LINKE unserer Forderung anschließt, öffentliche Forderungen, vor allen Dingen die öffentliche Auftragsvergabe, an die Voraussetzung zu koppeln, dass die Auftragnehmerseite ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Mindestlöhne zahlt.
Damit rennen Sie bei uns offene Scheunentore ein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass die SPD-Fraktion dazu bereits Ende des vergangenen Jahres einen Gesetzentwurf für ein neues Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz in den Landtag eingebracht hat. Ich sehe heute noch meine Kollegin Sabine Waschke hier vorne stehen, die in hervorragender Weise begründet hat, warum wir das brauchen. Schon damals wollten wir klar geregelt wissen, dass öffentliche Aufträge nur noch der erhält, der sich verpflichtet, seine Leute entsprechend den geltenden Lohn- und Tarifverträgen zu bezahlen, und der tariftreu ist. So einfach ist das.
Deswegen die klare Botschaft der SPD-Fraktion an dieser Stelle, nicht nur heute, sondern schon seit Langem: keine Dumpinglöhne und schon gar nicht bei Aufträgen der öffentlichen Hand.
Meine Damen und Herren, leider haben CDU und FDP diesen Gesetzentwurf in Bausch und Bogen abgelehnt.