Ich darf Sie alle ganz herzlich begrüßen und eröffne die 86. Plenarsitzung am heutigen Mittwoch, dem 5. Oktober 2011. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.
Es ist mir eine besondere Freude, auf der Zuschauertribüne Ehrengäste begrüßen zu dürfen, nämlich eine Delegation der Bundeswehr vom Wehrbereichskommando II (Mainz) und dem Landeskommando Hessen (Wiesba- den), geführt von Herrn Oberstleutnant Scharfenberg. Seid uns herzlich willkommen.
Ein gleicher Willkommensgruß gilt selbstverständlich auch allen anderen Besucherinnen und Besuchern auf unserer Tribüne.
Für die Tagesordnung darf ich feststellen, dass die Punkte 1 bis 3, 8, 23, 38, 59 und 62 erledigt sind.
Auf Ihren Plätzen müsste zu Tagesordnungspunkt 10 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Schwangerschaftskonfliktgesetz und zur Aufhebung der Verordnung über die Förderung von Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung Drucks. 18/4523 zu Drucks. 18/4124 liegen.
Gestern Abend wurde in Ihren Fächern noch die Beschlussempfehlung und der zweite Bericht des Innenausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2011/2012 sowie zur Änderung des Hessischen Sonderzahlungsgesetzes verteilt. Beides wurde gestern Abend im Innenausschuss beraten – Drucks. 18/4567 zu Drucks. 18/4521 und zu Drucks. 18/4125. Der Berichterstatter, der später sein Amt wahrnehmen wird, ist der Abg. Dr. Blechschmidt.
Wir tagen heute bis gegen 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden und werden mit dem Setzpunkt der CDU-Fraktion, Tagesordnungspunkt 26, beginnen. Danach folgt Tagesordnungspunkt 39, der Setzpunkt der SPD-Fraktion. Heute Abend wird um 19 Uhr unsere Fußballmannschaft erneut aktiv gegen eine Mannschaft der Stadt Wiesbaden. Wir wünschen allen Beteiligten Spaß, Freude und ein verletzungsfreies Spiel.
Im Anschluss an die Plenarsitzung kommen der Sozialpolitische Ausschuss und der Rechts- und Integrationsausschuss zu einer gemeinsamen Sitzung in Raum 204 M zusammen. – So viel zum Protokollarischen.
Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Solidarität mit unseren Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr – Drucks. 18/4434 –
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Frieden, Abrüstung und internationale Sicherheit – Drucks. 18/4491 –
Als Erster hat sich dazu Herr Kollege Schork für die CDU-Fraktion gemeldet. Die Redezeit beträgt zehn Minuten. Herr Schork, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! An hessischen Standorten leisten über 8.000 Frauen und Männer ihren Dienst in den Streitkräften als Zivilangestellte und als Soldatinnen und Soldaten. Sie sind Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslandes, und wir sind froh, dass sie bei uns ihren Dienst leisten.
Die Soldatinnen und Soldaten haben sich mit ihrem Eid verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Mit diesem Eid dokumentieren sie, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und für Frieden und Freiheit einstehen. Damit wird auch dokumentiert, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist und dem Primat der Politik unterliegt.
Die Bundeswehr erfüllt die Aufträge, die sie von der Politik, von der Gesellschaft erhält. Dies gilt insbesondere für die Auslandseinsätze. Seit 1992 schickt das Parlament die Bundeswehr in diese Einsätze. Und die sind durchaus erfolgreich, wie z. B. die Entwicklung in den Staaten des ehemaligen Jugoslawien zeigt. Auch nach Afghanistan wurde die Bundeswehr nicht als Interventionsarmee geschickt, nein, ihr Auftrag war und ist der Kampf gegen Terror, Unterdrückung und Gewalt. Es ist der Kampf für Frieden und Freiheit.
Diesen Auftrag haben die Soldatinnen und Soldaten von der Politik erhalten. Für diese Einsätze und ihre Bereitschaft, dafür ihr Leben zu riskieren und es dabei auch bedauerlicherweise zu verlieren, gebühren unseren Soldatinnen und Soldaten unser Respekt und unsere Anerkennung sowie unsere uneingeschränkte Solidarität.
Die Bundeswehr steht aber nicht nur in Auslandseinsätzen. Sie leistet auch ihren Dienst in Hessen und in der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen insbesondere der zivilmilitärischen Zusammenarbeit steht sie über das Landeskommando Hessen in Unglücks- oder Katastrophenfällen zur Hilfe bereit. Damit ist deutlich, dass die Bundeswehr zu unserem Staat und zu unserem Land Hessen gehört.
Als Bestandteil der Gesellschaft ist es das Recht, ja, die Pflicht der Bundeswehr, über sich und ihren Auftrag zu informieren und Möglichkeiten zur Diskussion und Auseinandersetzung anzubieten. Deswegen begrüßen wir ausdrücklich die Kooperationsvereinbarung, die das Hessische Kultusministerium und die Bundeswehr geschlossen haben, um an Schulen sachgerecht zu informieren.
Der öffentliche Auftritt der Bundeswehr ist in einer demokratischen Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit. Dazu gehört auch die Präsenz auf dem Hessentag. Daran ändern auch die unsäglichen Protestaktionen der LINKEN nichts.
Wer unsere Soldatinnen und Soldaten diffamiert, der diffamiert auch ihren Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und Freiheit. Dem müssen wir entgegentreten.
Wer täglich so wie unsere Soldatinnen und Soldaten seine körperliche Unversehrtheit und sogar sein Leben einsetzt, verdient höchste Anerkennung und Wertschätzung.
Diese sollten wir den Soldatinnen und Soldaten in Hessen, aber auch insgesamt in der Bundesrepublik Deutschland entgegenbringen.
Wie die Bundeswehr sind uns auch die Soldatinnen und Soldaten der US-Armee willkommen. Auch sie gehören zu Hessen. Wir begrüßen die Soldatinnen und Soldaten der amerikanischen Streitkräfte an ihrem neuen, alten Standort Wiesbaden und heißen sie herzlich willkommen.
Die Vereinigten Staaten von Amerika und die amerikanischen Streitkräfte sind seit vielen Jahren unsere Verbündeten und haben dabei geholfen, Freiheit und Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen und zu erhalten. Dafür gebührt ihnen unser Dank.
Die Bundeswehr unterliegt dem Wandel und muss sich neuen Herausforderungen anpassen. Geänderte sicherheitspolitische Herausforderungen erfordern Strukturanpassungen, um den Herausforderungen gerecht zu werden. Diesem Ziel dienen die aktuelle Bundeswehrreform und die damit verbundene Aussetzung der Wehrpflicht. Damit verbunden ist auch eine Neustrukturierung der Bundeswehrstandorte. Dabei müssen wir in Hessen darauf achten, dass die Interessen unseres Landes ausreichend berücksichtigt werden. Insbesondere Mittel- und Nordhessen haben eine lange Tradition als Standorte der Bundeswehr. Die Landesregierung ist aufgefordert – ich bin sicher, dass sie es tut –, sich auch weiterhin aktiv für den Erhalt der Bundeswehrstandorte in Hessen einzusetzen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind sie von de Maizière bedroht?)
Wir, die Fraktionen der CDU und der FDP, haben diesen Setzpunkt „Solidarität mit unseren Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr“ gewählt, um den Soldatinnen und Soldaten Dank und Anerkennung auszusprechen, um ihre Leistungen zu würdigen, aber auch um sie gegen ungerechtfertigte Vorwürfe insbesondere der LINKEN in Schutz zu nehmen.
Die Bundeswehr ist fester und unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft und unseres Staates. Allen Soldatinnen und Soldaten rufe ich ein herzliches Glückab zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Schork, vielen Dank. – Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE spricht jetzt ihr Vorsitzender, Herr van Ooyen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Setzpunkt der CDU mit dem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP signalisiert nur eines: Sie glauben, die Probleme in der Welt sind nur mit Krieg und Militär zu lösen.
Das Thema muss vor dem Hintergrund aktueller NATOKriege und zukünftiger Kriegsplanungen gesehen werden. Darauf will ich kurz zu sprechen kommen, bevor ich auf die Anträge eingehe.
Am Freitag jährt sich der Krieg gegen Afghanistan zum zehnten Mal. Die Kosten dieses Krieges für die BRD bezifferte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
(Dr. Walter Arnold (CDU): Wer ist „BRD“? – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
der gestrigen „Financial Times“ zu entnehmen – auf ca. 17 Milliarden €, dreimal so viel wie die von der Bundesregierung offiziell veranschlagten 5,5 Milliarden €. Falls 2014 der Abzug überhaupt angegangen werden sollte, kommen noch weitere 5 Milliarden € hinzu. Wir, DIE LINKE, fordern gemeinsam mit der Friedensbewegung in vielfältigen Aktionen am kommenden Freitag und Samstag: Schluss mit dem Krieg in Afghanistan. Aufbau geht nur ohne Militär.
Derzeit ist die Bundeswehr in neun Auslandseinsätzen in sechs Ländern und auf zwei Meeren aktiv. Den absoluten Schwerpunkt bildet Afghanistan. Von 6.845 Soldatinnen und Soldaten sind dort allein 5.158 präsent. Das sind drei Viertel aller Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Durch die neue Strukturreform, die den Ballast Wehrpflicht über Bord warf, sollen binnen sechs bis sieben Jahren gleichzeitig dauerhaft und flexibel 10.000 Bundeswehrsoldaten weltweit einsetzbar sein.
Thomas de Maizière machte Ende Mai deutlich, dass er den Einsatz der Bundeswehr selbst in Pakistan, im Jemen, in Somalia, im Sudan und in Libyen nicht ausschließen will. Das zielt auf eine Ausweitung des Einsatzgebietes. Der Soldatenberuf sei, so sagt er, nicht wie jeder andere. Töten und Sterben gehören dazu. Es verstärkt sich der Eindruck, dass die anderen Parteien aus dem „Nie wieder Krieg“ von 1945 ein „Nie wieder Krieg ohne uns“ machen wollen.