Eva-Maria Stange

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele werden es bemerkt haben: Es gab in dieser Woche Proteste, Konzerte – dezentral organisiert – und lautstarke Wortmeldungen von Lehrern, Schülern und Eltern, aber auch von Erzieherinnen aus Kindertagesstätten. Doch nicht erst kurz vor diesem Schuljahresende – in diesem Jahr: kurz vor der Landtagswahl –, sondern schon seit 2010 finden Proteste von Schülern, Studierenden, Lehrkräften, Erziehern, Wissenschaftlern und zunehmend auch von Eltern statt. Sie alle protestieren gegen die Kürzungspolitik der Staatsregierung in allen Bildungsbereichen. Sie protestieren aber vor allen Dingen wegen des Fehlens einer Zukunftsplanung für die Bildung in unserem Land – trotz des Schüleranstiegs, trotz des großen Generationenwechsels, trotz der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Die schlechte Betreuungssituation in den Kindertagesstätten macht die Umsetzung des Bildungsplans fast unmöglich, wie wir in dieser Woche beim LIGA-Forum wieder hören durften, und erschwert die Förderung von Kindern mit besonderem Förderbedarf erheblich. Aber auch die Stellenstreichungen an den Hochschulen, der massive Unterrichtsausfall und die immer voller werdenden Klassen tragen dazu bei, dass die Proteste verstärkt hörbar werden; wir konnten es in den letzten Wochen erleben. Letztlich sind auch die Rücktritte des Kultusministers Wöller und des langjährigen bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Herrn Colditz, Ausweis der planlosen, zukunftslosen Bildungspolitik des Freistaates.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eltern und Schüler wehren sich zunehmend gegen das „Zufallsprodukt Bildung“ in Sachsen. Kitawahl – per Los. Schulwahl, Sprachwahl – per Los. Überall entscheidet zunehmend das Losverfahren über den Bildungsweg.
Heute, eine Woche vor Schuljahresende, wissen Eltern und Schüler in vielen Fällen noch nicht, in welche Schule ihr Kind im kommenden Jahr gehen wird. Das liegt nicht nur daran, dass die Eltern Widerspruch gegen den Bescheid – den sie noch dazu viel zu spät erhielten – eingelegt haben, weil sie willkürlich an einen Schulstandort verwiesen wurden, an den sie ihr Kind nicht schicken wollen, auch weil der Schulweg extrem lang ist. Eltern haben auch Schwierigkeiten, überhaupt einen Schulplatz zu finden, insbesondere in den Großstädten Dresden und Leipzig, wenn die Kinder zum Beispiel eine Klasse
wiederholen sollen oder wollen oder wenn sie zugezogen sind.
Wir haben mit vielen Schulleitern sprechen können. Es äußern sich ja nur wenige in der Öffentlichkeit. Schulleiter wissen heute noch nicht, wie sie die offenen Lehrerstellen zum Schließen der Stundentafel in den kommenden Wochen besetzt bekommen. Sie haben weder einen Namen noch wissen sie, ob das Fach fachgerecht besetzt werden kann.
Die Kultusministerin wird nicht müde zu sagen, das Schuljahr gehe geordnet los. Ich habe, glaube ich, an dieser Stelle schon einmal gesagt: Schon Anfang der Neunzigerjahre hat ein Leiter eines Oberschulamtes erklärt, Schule sei nicht totzukriegen. – Wenn man das oft genug wiederholt, wird Schule auch nicht totzukriegen sein. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie geordnet, planmäßig und zukunftsfest ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erzieher, Erzieherinnen, Eltern ziehen mit Fahrrädern, mit einem Mammut als Symbol, goldenen Schlüsseln und einer Uhr, die fünf vor zwölf anzeigt, seit mehreren Jahren durch das Land, um auf sehr freundliche, spielerische, niederschwellige Art und Weise deutlich zu machen: Tut etwas; wir können den Bildungsplan nicht umsetzen; wir können die Kinder nicht so fördern, wie ihr das von uns verlangt; senkt endlich den Betreuungsschlüssel!
Sie haben leise begonnen. Sie haben uns eingeladen und einen goldenen Schlüssel geschenkt. Und sie sind in dieser Woche lauter geworden.
Wer mit in der Dreikönigskirche war, hat den Frust sehr deutlich zu spüren bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde in der nächsten Runde zeigen, wie dieser PISA-Mythos in diesem Land anfängt zu bröckeln.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der PISA-Mythos bröckelt, nicht weil die Kolleginnen und Kollegen in den Bildungseinrichtungen eine schlechte Arbeit machten – das will ich hier ausdrücklich sagen –; im Gegenteil: Wir haben ein leistungsfähiges Bildungssystem in Sachsen.
Der Grund dafür, warum wir dieses Thema seit fünf Jahren ununterbrochen auf die Tagesordnung setzen und warum ich mich auch persönlich seit vielen Jahren dafür engagiere, ist, dass Bildung das Zukunftsthema dieses Landes ist. In der Bildungspolitik ist das Land ausschließlich verantwortlich. Deswegen werden wir nicht müde, hier zu mahnen, eine Zukunftspolitik zu gestalten.
Nein.
Fakt ist, dass der Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende angekündigt hat, dass pro Jahr mindestens 100 neue Lehrer eingestellt werden sollen.
Entschuldigung. Sie sind noch aufmerksam.
Mindestens 1 000 neue Lehrer sollen eingestellt werden. Fakt ist aber, dass in den nächsten fast zehn Jahren, und zwar beginnend mit dem kommenden Jahr, mehr als 1 000 Lehrerinnen und Lehrer, nämlich bis zu 1 600, 1 700 Lehrerinnen und Lehrer den Schuldienst verlassen werden. „Mindestens“ – als Mathematiklehrer sage ich: Okay, das kann eine Abweichung von 10 % nach unten und nach oben bedeuten. Es sind aber mehr als 10 %.
Ich möchte ein zweites Problem anschneiden, das bisher nicht genannt wurde, auch nicht im Zusammenhang mit der Eckwerteklausur. Seit dem Jahr 2010 schwebt das Damoklesschwert des Stellenabbaus über dem Lehrerbereich. 820 Stellen bis zum Jahr 2020 stehen nach wie vor im Stellenabbaubericht. Darüber wird im Jahr 2015 entschieden. Es gibt keine Aussage im Zusammenhang mit dem neuen Doppelhaushalt, was aus diesen 820 abzubauenden Lehrerstellen wird.
Stattdessen erleben wir seit einigen Jahren, insbesondere unter dem Finanzminister Unland, eine schleichende Ausweitung der befristeten Stellen, im vergangenen Jahr bzw. im noch laufenden Schuljahr mehr als 600 befristete Stellen im Lehrerbereich ohne das Programm Unterrichtsversorgung. Dazu gibt der Haushaltsplan gar keine vollwertige Ermächtigung. Der künftige Haushaltsplan wird es tun; denn beim Stellensoll A werden wir nicht mehr unterscheiden können, ob befristet oder unbefristet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Befristete Stellen sind vollkommen aberwitzig in einer Zeit, in der wir einen großen Generationswechsel mit einem Altersabgang von mehr als 80 % in den nächsten Jahren vor uns haben, und wir wissen, dass die anderen Länder in den Hände klatschen werden, wenn sie unsere gut ausgebildeten, jungen Lehrkräfte bekommen. Insbesondere im Bereich der Förderschulen lassen wir wieder viele ausgebildete Lehrer gehen bzw. geben wir ihnen nur befristete Stellen.
Keine Aussage wird getroffen, was mit den ansteigenden Schülerzahlen wird. Allein in den nächsten beiden Schuljahren wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler um 8 300 steigen. Wir reden immer nur von 4 500 Schülern für das kommende Schuljahr. Der nächste Doppelhaushalt muss aber für zwei Schuljahre Vorsorge treffen, also für 8 300 Schüler. Das bedeutet, dass wir, sage und schreibe, mindestens 400 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer bräuchten, wenn wir die Schüler-Lehrer-Relation, also die Qualität, beibehalten wollen. Wo ist denn dazu bisher eine Aussage getroffen worden?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch keine Aussage dazu, dass der Betreuungsschlüssel gesenkt wird. Der Ministerpräsident wird mit der Aussage zitiert, sie würden die personelle und finanzielle Ausstattung an den Kitas verbessern, er wolle da mehr Eigenständigkeit, die Kitas sollten selber entscheiden, wie sie mit dem zusätzlichen Geld umgingen. Das heißt doch nichts anderes als: Wir senken den Betreuungsschlüssel nicht und werden keinen gesetzlich veränderten Qualitätsrahmen schaffen. – Genau das erwarten aber die Erzieherinnen und Erzieher sowie die Kommunen.
Sollen es sich zukünftig die reichen Kommunen leisten können, das Geld in zusätzliches Personal zu stecken, während die ärmeren oder die, in denen mehr Kinder sind, wie zum Beispiel Dresden und Leipzig, zusehen müssen, wie sie damit zurechtkommen? Die Kommunen sind froh,
dass endlich wenigstens ein Teil der gestiegenen Kosten durch den Freistaat übernommen wird. Damit haben wir noch nicht eine einzige Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten erreicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss noch ein Wort zum Thema Hochschule; denn auch das gehört zum Bildungsbereich. Der Bund entlastet uns jetzt mit den BAföG-Millionen. Das sind 86 Millionen Euro, davon 56 Millionen Euro für die Hochschulen. Warum wird das nicht genutzt, um den Stellenabbau zu stoppen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben keinen politischen Willen, Bildung zur Zukunftspolitik zu gestalten. Das ist das Fazit.
Vielen Dank, Herr Präsident! Lieber Norbert Bläsner, Lesen bildet, sagt man, und Zuhören gleichermaßen. Wir haben hier fünf Jahre lang Konzepte vorgestellt, beginnend mit unserer Gemeinschaftsschule, über die Kindertagesstätten, neue Lernformen, Eckpunkte eines neuen Schulgesetzes usw. usf.
Worum es uns heute in dieser Debatte ging, kurz vor den Landtagswahlen und vor allem kurz vor den Verhandlungen über einen neuen Doppelhaushalt: Wir müssen jetzt die Weichen stellen, ob wir bereit sind, unsere Schulen so auszustatten, dass sie in der Lage sind, die 10 % Schulabbrecher, die wir Jahr für Jahr haben, wirklich zu reduzieren. Das bedeutet – das war unser Konzept –, in den nächsten Jahren jährlich 500 Lehrerstellen über dem Ersatzbedarf zu schaffen; denn wir haben mehr Schüler und müssen diese integrieren usw.
Wir haben ganz klar gesagt: Wir brauchen in den Kindertagesstätten einen neuen Betreuungsschlüssel, die Absenkung auf 1 : 10, 1 : 4 und 1 : 16 für den Hort, damit die Kinder individuell gefördert werden. Dort werden die Grundlagen gelegt, dort fängt die Bildung an. Das waren unsere Kernthemen über die gesamten fünf Jahre, und das war heute unser Kernthema, und wir sehen, dass die Staatsregierung mit dem, was sie für den neuen Doppelhaushalt vorgestellt hat, diese Forderungen nicht erfüllt. Deshalb haben wir die Aktuelle Debatte heute noch einmal angesetzt, um das Ganze abzubilden.
Für die Hochschulen haben mein Kollege Mann sowie Kollege Gerstenberg ausreichend dargestellt, wo wir heute stehen. Ja, wir haben ein leistungsfähiges System. Aber verspielen Sie diese Zukunft doch nicht mit Ihrer Politik!
Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin, wenn man Ihren Worten folgt, fragt man sich, warum in den vergangenen Tagen, Wochen und auch Jahren so viele Eltern, Schüler, Studierende und Lehrkräfte auf die Straße gegangen sind. Es ist alles in Ordnung, alles ist sicher in den nächsten Jahren. Sie haben auf der einen Seite diesbezüglich eine falsche Weltsicht.
Meine Kurzintervention geht aber in eine andere Richtung. Sie haben keine Antwort darauf gegeben, was mit dem geplanten Stellenabbau von 820 Stellen, die nach wie vor im Jahr 2015 auf der Tagesordnung stehen, wird. Wie viele Lehrerstellen werden zusätzlich zur Verfügung gestellt, um den Schülerzuwachs von über 8 000 Schülerinnen und Schülern in den nächsten zwei Schuljahren aufzufangen? Auf beide Fragen haben Sie keine Antwort gegeben.
Schulfremdenprüfung am Gymnasium (Frage Nr. 1)
Fragen an die Staatsregierung:
1. Welche Gründe gibt es dafür, dass die Abiturprüfung für Schulfremde lt. Schulordnung Gymnasien Abiturprüfungen (SOGYA) wesentlich mehr mündliche und schriftliche Prüfungen umfasst, als die Abiturprüfung für Schüler eines öffentlichen oder staatlich anerkannten Gymnasiums, Beruflichen Gymnasiums, Abendgymnasiums oder Kollegs?
2. Wie viele Schüler und Schülerinnen haben seit 2009/10 eine Schulfremdenprüfung am Gymnasium absolviert und wie viele davon erfolgreich abgeschlossen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz herzlich bei den LINKEN für diese Große Anfrage bedanken, weil wir auf diese Art und Weise eine Reihe von Antworten zu einem Bereich bekommen haben, der bisher wenig beleuchtet worden ist: nämlich den Horten. Auch wenn die Antworten teilweise sehr lückenhaft sind und darauf hinweisen, dass wir einen dringenden Erkenntnisbedarf in diesem Bereich haben, so ist es doch, denke ich, eine wichtige Grundlage zur notwendigen Weiterentwicklung in dieser Trias zwischen Grundschule/Förderschule als Schulseite und Ganztagsangeboten
sowie Horten. Ich denke, dafür bieten die Fragen und Antworten eine Reihe von Hinweisen.
Ich möchte dennoch einen Schritt zurückgehen. Ein Teil der Abgeordneten hier im Haus kann sich vielleicht noch erinnern – man kann es auch recherchieren –, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass der Hort von der Schule getrennt worden ist. Meines Wissens war es 1993, also kurz bevor die Förderschulen von anderen Betreuungsmaßnahmen getrennt wurden, als der Hort von der Grundschule getrennt wurde.
Als im Jahre 2004 die Ganztagsangebote durch das Bundesprogramm dazukamen, hatten wir sozusagen einen Grundstock in allen östlichen Bundesländern. Nur in Thüringen ist es damals gelungen, den Hort beim Kultusministerium bzw. beim Bildungsministerium zu belassen und damit auch die Personalhoheit über die Erzieherinnen und die Lehrerinnen und Lehrer und die Gesamtstruktur in einer Hand zu behalten, was es Thüringen heute leichter macht, Ganztagsschulen zu organisieren: weil sie nämlich das eine mit dem anderen gut kombinieren konnten.
Das war in Sachsen – auch in den anderen neuen Bundesländern – nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Dennoch war der Hort immer – das vergessen einige, wenn wir unsere positive Bilanz bei GTA im bundesweiten Vergleich darstellen – der Grundstock für das, was wir heute so positiv darstellen.
Was mich ein wenig ärgert – bzw. was die Anfrage noch einmal deutlich gemacht hat –, ist: Wir sind leider stehen geblieben. Wir haben es nicht geschafft, die Möglichkeiten, die wir haben – auf der einen Seite der Hort über die Kinder- und Jugendhilfe, auf der anderen Seite die Schule und die kostenfreien GTA-Angebote –, miteinander zu verzahnen und ein einheitliches Konzept daraus zu machen. Es ist heute der Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Partner geschuldet, ob es gelingt, eine gute Kooperationsvereinbarung im Interesse der Förderung und Entwicklung der Kinder hinzubekommen oder nicht. Es ist der guten Hortleiterin, die mit der Schulleiterin gut kooperieren und kommunizieren kann, geschuldet.
Leider hat uns die Antwort der Staatsregierung nicht aufzeigen können, wie das mit den Kooperationsvereinbarungen aussieht. Es gibt zwar grundsätzlich den Anspruch, dass sie auf den Weg gebracht werden sollen; wie viele es aber tatsächlich gibt, wissen wir nun leider nicht. Es wäre schön, wenn man das einmal nachschieben könnte.
Wir sind also halbherzig geblieben. Wir haben einen Bildungsplan geschaffen, der sich erfreulicherweise nicht nur auf den frühkindlichen Bereich konzentriert, sondern so, wie es auch die Experten vorgeschlagen haben, bis zum zwölften Lebensjahr reicht. Nur leider wurde bei der Evaluierung des Bildungsplans und bei der Schulung der Erzieherinnen und Erzieher übersehen, dass der Bereich der Horte in diesen Bildungsplan einzubeziehen ist. Das heißt, es gibt keine gemeinsamen Schulungen für den
Hort, die Grundschule und – übrigens – die Förderschule in dem Bereich.
Es gibt auch keine Evaluierung für den Hort. Der Evaluierungsbericht zum Bildungsplan hat den Hort ausgeschlossen. In der nachfolgenden Beratung und auch in der Stellungnahme der Staatsregierung ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Evaluierung der Umsetzung des Bildungsplans für den Hort noch nachgeholt werden muss. Es wäre wichtig, dass dieser Auftrag noch folgt.
Das Gleiche gilt für die gemeinsame Fort- und Weiterbildung von Horterzieherinnen und -erziehern auf der einen Seite und Lehrerinnen und Lehrern auf der anderen Seite. Dringend notwendig ist, dass beide ein gemeinsames Verständnis von der Entwicklung von Kindern haben. Sinn und Zweck war es, Bildungspläne vom ersten oder vom nullten bis zum zwölften Lebensjahr zu schreiben. In den skandinavischen Ländern reichen sie sogar bis zum 18. Lebensjahr. Man hat ein gemeinsames Verständnis für alle, die in den Bildungseinrichtungen „am Kind arbeiten“, um es einmal ganz technokratisch auszudrücken. Da gibt es ein gemeinsames Bildungsverständnis und keine Hierarchisierung zwischen Lehrerin, Erzieherin und Sozialpädagogen oder Schulpsychologen. Unabhängig davon, ob man es als „Sonderbonbon“ bezeichnet oder nicht, ist das eine Hierarchisierung in unserem heutigen System. Man braucht ein gemeinsames Verständnis. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Ich will noch einen Punkt aufnehmen – Annekatrin Klepsch hat schon ganz viel genannt –, der heute noch nicht geklärt ist und den wir beim Thema der Schülerbeförderung schon einmal angesprochen haben. Der Hort ist eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, ein freiwilliges Angebot, und gehört somit nicht zur Schülerbeförderung. Die Schülerbeförderung endet in dem Moment, in dem der Regelunterricht endet. Das heißt, die Eltern müssen zusehen, wie sie ihre Kinder zum Hort bringen. Sicherlich gelingt das einigen Landkreisen ganz gut. Aber es gibt auch diejenigen, in denen es zunehmend zum Problem wird, wie Kinder von der Schule zum Hort kommen. Wir reden immerhin von Sechs- bis Zehnjährigen. Hier gilt es, dringend nachzuarbeiten.
Mit unserem Bildungsticket, in das man das mit einbeziehen kann, haben wir einen Vorschlag gemacht. Besser wäre es – damit bin ich beim letzten Punkt –, wenn wir in Sachsen – wir haben eine gute Situation, was die Zeitspanne der Ganztagsbetreuung anbelangt – aus der Trias Schule, GTA und Hort endlich eine Ganztagsschule und ein Gesamtkonzept machten.
Wir hatten die Grundlagen dazu. Auch 1993, als das geändert wurde, habe ich niemanden gehört, der gesagt häte, die Verbindung zwischen Grundschule und Hort sei falsch und politisch gesetzt gewesen. Sie ist getrennt worden, weil es nicht gelungen ist, eine gemeinsame Finanzierung aus dem Sozialgesetzbuch auf der einen
Seite und dem Landesetat auf der anderen Seite zu organisieren. Das ist uns nicht gelungen. Thüringen hat es gemacht. Wir haben es nicht geschafft. Es wurde nicht gesagt, dass es falsch gewesen ist, das miteinander zu verbinden. Von daher sollten wir uns daran erinnern, dass wir eine Grundlage haben, an die man anknüpfen kann, wenn wir eine Ganztagsschule entwickeln.
Lassen Sie mich einen allerletzten Punkt nennen. Das hat mich wirklich ein wenig geärgert, weil ich dazu in den letzten Monaten immer wieder etwas auf dem Tisch hatte. Wir reden über das Thema Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Im Hort scheint das keine Rolle zu spielen. Genau zwei Modelleinrichtungen sind derzeit in die Umsetzung der Inklusion einbezogen. Es gibt keine Konzepte, wie wir den Hort selbst bei integrativen Schulkonzepten, die dem vorgelagert sind, in diesen Prozess einbeziehen. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben, noch mehr als im Schulbereich selbst.
Absurd wird das Ganze, wenn wir Kinder an der Sprachförderschule in zwei Kategorien einteilen, wie in Dresden und Chemnitz geschehen, nämlich die Kinder, die unter SGB XII fallen und eine Eingliederungshilfe erhalten – sie werden früh abgeholt, nachmittags nach Hause geschafft und können auch in den Ferien den Hort kostenfrei besuchen –, und die Kinder, die nicht unter SGB XII fallen, aber durch das Kultusministerium bzw. die SBA einen Bescheid für die Förderschule Sprachförderung bekommen haben, also dort sein müssen, und einen kostenpflichtigen Hort besuchen, aber nicht in den Ferien und nicht so, dass sie ihn tatsächlich selber erreichen können oder von diesem Hort abgeholt werden. Das ist wirklich absurd.
Dafür gibt es bis heute leider keine Lösung.
Ich komme zum Schluss. Die Anfragen waren gut. Sie haben die Defizite aufgezeigt. Nutzen wir die Chance, aus den Horten, die wir noch flächendeckend haben, unseren Ganztagsangeboten und gemeinsam mit den Grund- und Förderschulen endlich ein gemeinsames Konzept zu erstellen, das einer Ganztagsschule Rechnung tragen kann.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Gebärdensprachübersetzung, damit ich auch zu verstehen bin. Eigentlich ist alles gesagt. Wir sind sehr dankbar für den Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, der das Thema, mit dem wir uns über die ganzen fünf Jahre immer wieder an den verschiedensten Stellen auseinandergesetzt und bei dem wir Anstöße gegeben haben, zum Ende dieser Legislaturperiode noch einmal so präsent auf die Tagesordnung gesetzt hat. Unter Sozialpädagogen würde man sagen: Dieser Antrag ist ein niedrigschwelliges Angebot, das man annehmen sollte.
Denn es erfordert nichts anderes, als eine Expertise einzuholen, um dann anschließend zu handeln.
Herr Krasselt, wir arbeiten nicht so häufig zusammen, aber Ihre Argumentation konnte ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.
Sie tragen uns zunächst fast wortgetreu die UN-Behindertenrechtskonvention vor und sagen anschließend, dass es für uns keinen Handlungsbedarf gibt. Diese Logik erschließt sich nicht nur einem Mathematiker nicht.
Selbstverständlich müssen bei der Erarbeitung eines Aktions- und Maßnahmenplans, wie es auch in anderen Bundesländern geschehen ist, die Menschen mit Behinderung einbezogen werden. Es ist also keine Argumentation, zu sagen, man hat keinen Handlungsbedarf.
Bitte.
Aus meiner Sicht ist das nicht so. Elke Herrmann hat vorhin den Unterschied zwischen Aktionismus und einem Aktionsplan sehr schön
dargestellt. Was Sie dargestellt haben und was wir teilweise erleben, ist Aktionismus. Ich werde das nachher noch einmal anhand des Bildungsbereichs verdeutlichen, ohne mich hier zu wiederholen.
Ich rate den Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition, insbesondere aus der CDU, einmal nach Bayern zu fahren. Das hat offenbar auch bei dem fraktionsübergreifenden Antrag vor einigen Jahren geholfen, um die Expertenkommission beim Kultusministerium auf den Weg zu bringen. Denn man hat gesehen, dass es das Musterland Bayern offenbar geschafft hat, das Thema Umsetzung der Behindertenrechtskonvention fraktionsübergreifend auf den Weg zu bringen und daraus einen Aktions- und Maßnahmenplan nicht nur für den Bildungsbereich, sondern für das gesamte Land zu entwickeln. Auch hier hilft vielleicht der Blick über die Grenze.
Mittlerweile haben so gut wie alle Bundesländer einen Aktions- und Maßnahmenplan. Rheinland-Pfalz ist eines der ersten Länder, das bereits in die Handlungsumsetzung gegangen ist.
Natürlich ist so ein Plan nur die eine Hälfte. Die andere Hälfte, Herr Krasselt – da stimme ich Ihnen zu –, sind die ganz konkreten Maßnahmen zur Umsetzung. Aber zunächst einmal sollte man sich Gedanken darüber machen, was man überhaupt tun will.
Lassen Sie mich nun einen Blick auf den Bildungsbereich werfen, auch wenn Elke Herrmann dazu bereits einige Aussagen getroffen hat. Dort sind wir nun in der Situation, dass eine Expertenkommission des Kultusministeriums entsprechende Empfehlungen ausgesprochen hat. Es gibt den Entwurf eines Aktions- und Maßnahmenplans, der eigentlich fortgeschrieben werden sollte, nachdem die Expertenkommission ihre Empfehlungen vorgelegt hat. Fast anderthalb Jahre, nachdem diese Empfehlungen auf den Tisch gelegt wurden, haben wir immer noch keine Fortschreibungen dieses Aktions- und Maßnahmenplans. Wir haben lediglich Aktionismus. Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres müssen Eltern wieder über Verfahren gegen die Bildungsagentur, gegen die Entscheidung des Staates, gegen ihren Willen einklagen, dass ihre Kinder nicht in eine Förderschule, sondern in eine integrative Unterrichtung gehen. Eine der zentralen Empfehlungen der Expertenkommission war es, das Schulgesetz an dieser Stelle so zu ändern, dass echte Wahlfreiheit existiert. Bis heute, anderthalb Jahre danach, ist das nicht geschehen.
Meine Damen und Herren! Im Bereich der Schule ist es sogar noch schlimmer. Wir fallen immer weiter hinter das zurück, was in der Integrationsverordnung eigentlich bereits geschrieben steht. Wir fallen hinter bereits begonnene Schritte der Integration zurück, weil sich die Bedingungen immer weiter verschlechtern. Aktuell vor Beginn dieses Schuljahres stehen wir vor der Situation, dass Kinder nicht nur in den Großstädten, sondern auch im ländlichen Raum nicht mehr integrativ beschult werden können, weil die Aufnahmekapazität der Klassen erschöpft ist und die Schulen zu Recht sagen, mit 28 Kin
dern in der Klasse sind sie nicht in der Lage, vernünftige Integrationsarbeit zu leisten. Also, wir fallen an dieser Stelle sogar hinter einen Weg zurück, den wir schon glaubten eingeschlagen zu haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir bleibt nur zu sagen: Nehmen Sie dieses niedrigschwellige Angebot an! Handeln Sie endlich, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist! Es wird von Ihnen nichts Unzumutbares verlangt, liebe Staatsregierung, liebe Frau Clauß, denn Sie sind für die Koordinierung zuständig. Sie sollen nur das umsetzen, was die Landesregierung unterschrieben hat, nämlich ein Bundesgesetz, das Landesgesetz bricht. Wir müssen nicht erst warten, bis die ersten Klagen ausgeklagt sind, und das Land und die Kommunen verpflichten, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, weil Sie bis heute nicht gehandelt haben.
Auch ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Elke Herrmann bedanken, die durch ihre sachlichen und konstruktiven Anstöße, die sie im Zusammenhang nicht nur mit der UN-Behindertenrechtskonvention, sondern in sozialen Fragen insgesamt, hier ins Plenum eingebracht hat, in vielen Positionen mit der SPD in Übereinstimmung ist. Man merkt ihr an, dass sie das mit Engagement und mit sehr viel Überzeugung macht. Ich hoffe, dass diese Überzeugung auch irgendwann einmal auf eine Regierungskoalition überspringt, wie wir sie heute haben, damit das, was du hier vorträgst, liebe Elke, auch Früchte trägt. Ich wünsche dir von unserer Seite alles, alles Gute und hoffe, dass du uns noch an anderen Stellen deine Ratschläge mit auf den Weg gibst.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Bienst, für die Steilvorlage, was das Aufzählen des Chaos in den letzten fünf Jahren anbelangt. Sie haben zwei maßgebliche Dinge ausgeblendet. Ich habe versucht, Sie Ihnen noch zuzurufen, damit Sie sie noch aufnehmen können.
Vor zwei Jahren ist ein Kultusminister zurückgetreten, der seiner Fraktion noch reinen Wein eingeschenkt hat, nachdem im Dezember ein Bildungspaket hoch gelobt worden ist, das alle Probleme lösen sollte und wo man drei Monate später festgestellt hat, dass dieses Bildungspaket ein hausgemachter Stellenabbau war. Deswegen ist ein Kultusminister zurückgetreten.
Wenige Monate später ist der langjährige bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion zurückgetreten, weil unter anderem das Thema Integration mit 55 Lehrkräften für die Oberschule beantwortet wurde. Das sind nur zwei Dinge, die schon in Ihrer eigenen Fraktion offenbar zu erheblichem Chaos und Irritationen geführt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist einige Jährchen her, Anfang der Neunzigerjahre, als mir der Leiter des damaligen Regionalschulamtes in Dresden Anfang des Schuljahres im August als Personalrätin mitteilte: „Liebe Frau Stange, ich habe gelernt, Schule ist nicht totzukriegen, die fängt immer wieder am ersten Schultag an.“ Damals habe ich noch gedacht, okay, wir stehen am Anfang. Wir hatten keine Lehrpläne, keine Schulbücher und wussten nicht, wo die Lehrer im nächsten Schuljahr hinkommen. Ich habe den Eindruck, dieser Slogan gilt immer noch: Schule ist nicht totzukriegen.
Voriges Jahr hat die Kultusministerin vor Beginn des Schuljahres gesagt, es wird schmerzliche Einschnitte geben. Im Jahr zuvor, als sie begonnen hatte, sagte sie, das Handtuch sei sehr knapp. In diesem Schuljahr, meine sehr geehrten Damen und Herren, antwortet der Leiter der Bildungsagentur, Herr Bélafi, schon gar nicht mehr auf die Nachfrage des Journalisten, als er gefragt wurde – Herr Präsident, gestatten Sie, dass ich zitiere –: „Sachsen braucht mehr Lehrerstellen“, sagt der Journalist. Da sagt Herr Bélafi: „Als Direktor der Sächsischen Bildungsagentur bin ich froh über das, was erreicht wurde.“ Guck an! Da ist man als Leiter der Bildungsagentur schon froh, wenn man überhaupt noch Lehrerstellen bekommt. Nicht, dass er damit gleichzeitig beantwortet hat: „Ja, Herr Journalist, Sie haben recht gehabt, wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer.“
Aber es wird noch interessanter. Wir werden in den nächsten Jahren, meine Damen und Herren – und wir haben seit vier Jahren darauf hingewiesen –, 20 000 Schülerinnen und Schüler mehr in den Schulen haben. Da mag der eine oder andere aus den ländlichen Regionen sagen, uns trifft das nicht. Die Städte trifft es sehr hart und, nicht nur die Großstädte, sondern auch das Umland.
Wir werden in den nächsten Jahren verstärkt mit der Integration voranschreiten müssen. Erste Schritte sind getan. Was sagt Herr Bélafi auf die entsprechende Frage des Journalisten: „Ist die Integrationsverordnung des Kultusministeriums nicht eigentlich Makulatur?“ „Nach dieser Verordnung sollten nicht mehr als 25 Schüler pro Klasse unterrichtet werden, aber auch hier gilt: Wenn eine Schule eine sehr hohe Nachfrage hat und Kinder aufgrund dessen abgewiesen werden müssten, stellt sich die Frage, was ist uns wichtiger? Integration setzt Verständnis in der Gesellschaft voraus.“ Aha. Das ist die Antwort von Herrn Bélafi. Das heißt, wir sollen Verständnis dafür haben, dass Integrationskinder mit 28 Kindern in einer Klasse vernünftig unterrichtet werden. Das ist die Antwort des Kultusministeriums.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die Zahlentrickserei, von der hier schon gesprochen wurde,
ärgert mich mittlerweile. Da sitzt man im Schulausschuss, fragt nach, was es heißt, dass die Schulen so viele Lehrkräfte bekommen, wie sie brauchen, und man bekommt keine Antwort, Frau Kurth. Zwei Stunden später kommt eine Mitteilung aus der Pressestelle des Kultusministeriums, worin es heißt, dass wir 160 Lehrer bekommen. Einen Tag später heißt es, 185 Lehrer bekommen wir.
Dazu heißt es ganz gezielt, die müssen aus dem eigenen Haushalt bezahlt werden. Woher wird denn das Geld jetzt genommen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Monaten haben wir hier gestanden, Patrick Schreiber, und Sie sagten selbst, Sie wüssten nicht, wie man mit 50 zusätzlichen Lehrern 4 400 Schüler unterrichten solle.
Jetzt wissen wir, dass genau 415 Lehrerinnen und Lehrer unbefristet auf die frei werdenden 540 Stellen eingesetzt werden. Das ist noch nicht einmal ein Verhältnis von 1 : 1. 360 Lehrer sollen sich befristet bewerben. Davon ist mit Sicherheit ein Großteil schon verschwunden, wenn sie jetzt erst gefragt werden sollen, denn bei befristeten Stellen werden Sie nicht viele finden, denn die sind lange in anderen Bundesländern schon gut untergebracht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schule ist nicht totzukriegen. Ja, Frau Kurth, am ersten Schultag wird vor jeder Klasse ein Lehrer stehen, aber nur am ersten Schultag!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Schreiber! Natürlich konnte ich mir das ausrechnen. Sie haben 185 und 50 zusammengerechnet und damit eine neue Zahl kreiert. Sie haben nur leider vergessen, dass die 185, die Sie mit hineingerechnet haben, allein aus den Haushaltsmitteln des Kultusministeriums kommen, befristete Stellen sind, nur auf dem derzeitigen Haushalt beruhen und nicht auf einem nachträglichen Haushalt, der im Herbst beschlossen werden soll, damit also nicht nur befristete Stellen, sondern auch eine sehr unsichere Finanzierung für das nächste Schuljahr bevorsteht. So viel können wir selbst ausrechnen.
Nein, jetzt nicht!
Herr Bläsner, ich bin sehr erstaunt über die Ankündigung der FDP-Fraktion. Ich habe das schon in der Presse zur Kenntnis genommen, und ich spüre Ihre Gratwanderung zwischen Regierungsfraktion und gegebenenfalls zukünftiger Opposition. Denn das, was Sie jetzt als Erkenntnis darstellen, dass Sie 200 bis 400 zusätzliche Lehrkräfte einstellen müssten – diese Erkenntnis versuchen wir Ihnen seit drei Jahren nahezubringen, seitdem wir wissen, dass die Schülerzahlen in der dramatischen Art und Weise ansteigen.
Bisher ist das immer unter den Tisch gekehrt worden. Es ist immer wieder gesagt worden: Das brauchen wir nicht, das kriegen wir schon in den Griff. – Eine späte Erkenntnis, aber sie bestätigt zumindest das, was wir Ihnen seit drei, vier Jahren immer wieder nahegelegt haben, schon bevor Herr Wöller zurückgetreten ist. Ich habe vorhin noch einmal in den Unterlagen nachgeschaut. Herr Wöller hatte im März 2012 seiner eigenen Fraktion gesagt, dass zusätzliche Lehrkräfte zum Altersabgang eingestellt werden müssen. Auch das ist ungehört geblieben.
Auch die 5 %, die man immer wieder wie eine Monstranz vor sich herträgt und die man als Qualitätszugabe zur Verfügung stellen will, sind bis heute nicht untersetzt worden. Wir nähern uns von Jahr zu Jahr dem ungünsti
gen Lehrer-Schüler-Verhältnis in einigen Flächenbundesländern, zum Beispiel in Schleswig-Holstein, wo in den letzten Jahren die Lehrer-Schüler-Relation deutlich gesenkt wurde. Bis heute kann uns weder das Kultusministerium noch das Finanzministerium sagen, was das für den künftigen Haushalt an Lehrerstellen bedeutet.
Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition: Sie haben fünf Jahre Zeit gehabt zu planen, eine Personalentwicklungsplanung vorzulegen. Die erste Befragung, die wir gemacht haben, war Ende 2009. Daraufhin ist die CDU-Fraktion nach Bayern gefahren, hat sich sachkundig gemacht und festgestellt, dass man Personalentwicklungsplanung im Schulbereich machen kann. Sie hat dann eine eigene Anfrage gestellt. Spätestens seit 2010 haben wir alle Zahlen auf dem Tisch gehabt, sodass Sie hätten planen können. Sie haben es nicht getan.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese 1 305 Lehrerstellen, die angeblich am 1. August neu eingestellt werden, sind eine reine Mogelpackung, so wie wir in den letzten Jahren immer wieder an der Nase herumgeführt worden sind. Da stecken 150 Einstellungen drin, die bereits zum 1. Februar des laufenden Schuljahres erfolgten; da stecken 360 Entfristungen von Lehrkräften drin, die bereits im Schuldienst tätig sind, weil sie in diesem Schuljahr gebraucht worden sind. Das heißt, diese Stellen – und das sind 510 – sind nicht zusätzlich zum 1. August, sondern sie müssen schon vorhanden sein, um den derzeitigen Bedarf abzudecken.
Nein! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass die Eltern, die Lehrer und die Schülerinnen und Schüler selbst das Spiel durchschauen und die Nase von Ihrer Politik voll haben. Sie werden das zu den Landtagswahlen als Quittung bekommen.
Das, was Sie jetzt zum Schuljahresanfang machen, ist das blanke Chaos. Sie führen nicht nur die Opposition an der Nase herum – das wäre nur die eine Seite –, sondern Sie führen die Öffentlichkeit, Sie führen die Eltern, Sie führen die Schüler vor und erklären sie für dumm, dass sie anscheinend Ihre Politik nicht durchschauen. Wenn der Ministerpräsident früh in der Presse mindestens
1 000 Lehrer verkündet und Herr Bélafi am Nachmittag 1 300 Lehrer sagt, erinnere ich mich an DDR-Zeiten. Da wurde auch schon am Nachmittag die Übererfüllung des Planes mitgeteilt, der früh beschlossen worden war.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte eine Kurzintervention machen. Ich möchte daran erinnern – das können Sie nicht wissen, Herr Schreiber –, dass im Jahr 2006 die damalige Große Koalition in ihrer Verantwortung in einem Kabinettsbeschluss entschieden hat, dass die Lehramtsausbildung auf Bachelor und Master umgestellt wird und alle Lehrämter gleichgestellt werden, also fünf Jahre studiert werden. Das war ein Kabinettsbeschluss in der Großen Koalition, bei der die Mehrheit, glaube ich, die CDU hatte.
Auch damals war der Ministerpräsident von der CDU.
Ich möchte daran erinnern, dass das erste Mal ein Brief an die Abiturientinnen und Abiturienten zum Ende des Schuljahres 2009 herausgegangen ist. Das geschah in Absprache zwischen dem Wissenschafts- und dem Kultusminister, damals Herr Dr. Wöller. Dieser Brief hatte die Zielrichtung, die Abiturienten darauf hinzuweisen, dass es günstiger wäre, andere Fächer – zum Beispiel Naturwissenschaften – zu studieren, wenn sie Lehramt studieren.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich beginne mit einem Zitat: „‚Wir sind mit unserem Sächsischen Bildungsplan wirklich spitze – aber es kann doch nicht sein, dass wir beim Personalschlüssel die rote Laterne haben‘, findet die CDU-Abgeordnete Ines Saborowski-Richter.“
Recht hat sie! Das ist derselbe Artikel, aus dem gerade Annekatrin Klepsch zitiert hat. Er offenbart, wie zerrissen die CDU-Fraktion in der Positionierung zu dieser Frage ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist noch nicht einmal zehn Jahre her, als die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung an die gesellschaftliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern appellierte. Das war der Durchbruch für die Bildungspläne in den Kindertagesstätten. Zum ersten Mal wurde damals von einem bundesweit anerkannten Gremium signalisiert, dass angesichts veränderter Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt und einer generell veränderten Familiensituation Familien allein die Verantwortung für das Aufwachsen der Kinder nicht mehr übernehmen können. Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung.
Ich knüpfe an das an, Herr Küchenmeister, was Sie gerade eingeworfen haben.
Diese gesellschaftliche Verantwortung beginnt bei der Qualifikation der Fachkräfte in den Kindertagesstätten. Auf diese Qualifikation legen wir seit jener Zeit erheblichen Wert. Längst überwunden ist der Zustand, dass in den Kindertagesstätten die wohlmeinende Mutti oder Oma tätig war; denn die Gesellschaft hat erkannt, dass wir dafür gut qualifizierte Fachkräfte brauchen, die mindestens eine Fachschulausbildung absolviert haben müssen. Seit zehn Jahren ist klar, dass auch eine entsprechende wissenschaftliche Ausbildung benötigt wird, weswegen in Sachsen einige dieser Fachkräfte mittlerweile an Fachhochschulen ausgebildet werden.
Insofern richtet sich mein Dank nochmals an die Abteilung des Ministeriums, die für die Kindertagesstätten zuständig war und ist und die immer, selbst bei dem 5Millionen-Euro-Programm, Wert darauf gelegt hat, dass in den Kindertagesstätten nicht irgendjemand für die Betreuung der Kinder zuständig ist, sondern qualifiziertes Personal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2005 wurde – auf Druck der SPD; das war die Zeit der Großen Koalition – zum letzten Mal die Kita-Pauschale angehoben. Seitdem ist insoweit leider nichts mehr passiert.
Auch wir wollen seit Jahren – das wissen Sie –, dass die Kita-Pauschale angehoben wird. Das soll sich vor allen Dingen in einer Verbesserung des Betreuungsschlüssels umsetzen. Über den Stufenplan ist hier mehrmals diskutiert worden. Wir haben in den Beratungen über die Haushaltspläne für 2010 und 2012 entsprechende Vorschläge unterbreitet; die muss ich hier nicht wiederholen.
Herr Schreiber, ich bin nicht der Meinung, dass es ausreichend ist – der Ministerpräsident meint das aber offensichtlich –, die Kita-Pauschale anzuheben und den Betreuungsschlüssel beiseite zu lassen. Sie haben gestern gesagt – ich habe sehr genau hingehört –, dass es gerade nicht ausreiche, die Kita-Pauschale anzuheben, weil dieses Geld bei den Kämmerern in den Kommunen versickere.
Der Ministerpräsident ist offenbar anderer Meinung. Auch das kann man in dem Artikel heute nachlesen. Deswegen bitte ich Sie darum, innerhalb der CDU dringend zu klären, in welche Richtung Sie gehen wollen, was diese Frage angeht.
Wir müssen den Betreuungsschlüssel verbessern, ob das in die Vor- und Nachbereitungszeit geht oder in die Senkung des Betreuungsschlüssels zunächst für die Krippe und dann für den Kindergarten. Dafür müssen Sie die Kommunen ausstatten, dazu muss die Kita-Pauschale gesenkt werden. Denn seit dem vergangen Jahr haben wir eine geänderte Verfassung.
Danke. Das war ein Aufmerksamkeitstest.
Sie muss erhöht werden. Ich weiß, warum die CDU sich so schwertut. Im vergangenen Jahr ist die Verfassung geändert worden. Ich habe dem nicht zugestimmt, weil ich genau diese Auseinandersetzung befürchtet habe.
Diese Verfassungsänderung hat einen Haken; darauf muss jetzt reagiert werden: Wenn die Qualität in den Kitas durch Änderung des Kita-Gesetzes verbessert werden soll, dann muss das Land dafür einspringen. Deswegen muss eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels mit einer Verbesserung der Kita-Pauschale einhergehen. Das kann nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Das wissen Sie ganz genau.
Schlussendlich bleibe ich dabei: Die gesellschaftliche Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern beginnt in den Kindertagesstätten und in den Familien. Wir sind für die Qualität der Kindertagesstätten verantwortlich. Die SPD wird alles dafür tun, dass sich insoweit in der nächsten Legislaturperiode endlich etwas positiv verändert.
Danke.
Herr Schreiber – Ihre persönliche Meinung in allen Ehren –, können Sie uns bitte sagen, welche Position Ihre Fraktion zu diesem Thema hat?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Ich glaube, die Betroffenen und auch wir sind ziemlich enttäuscht über das, was Sie hier dargestellt haben. Es waren mehr oder weniger Allgemeinplätze, die wir jahrelang rauf- und runterdiskutiert haben. Genau deshalb habe ich mit dem Bericht der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung begonnen und mit der wachsenden gesellschaftlichen Verantwortung. Genau das, was Sie uns hier gesagt haben, stand in diesem Bericht vor zehn Jahren schon einmal drin – auch hinsichtlich der Bindungskräfte und der Notwendigkeit, dass Kindertagesstätten eben nicht nur Aufbewahrungseinrichtungen oder Betreuungseinrichtungen sind, sondern Bildungseinrichtungen. Bildungseinrichtungen brauchen qualifiziertes Personal.
Zum Beispiel habe ich nicht verstanden: Warum ist es nicht gelungen – wenn es 2010 schon nicht möglich war, unmittelbar nachdem die neue Koalition handlungsfähig war und einen Haushalt gestaltet hat –, 2012 die Chance zu nutzen, als der Haushalt mit deutlich mehr Steuereinnahmen ausgestattet gewesen ist, endlich den Durchbruch für das zu schaffen, was Sie hier verkünden und offenbar zumindest punktuell mit uns einer Meinung sind: dass wir eine Verbesserung der Personalsituation an den Kindertagesstätten zu diesem Haushalt 2012 brauchen, um es für 2013 und 2014 wirksam umzusetzen? Nein, das Geld ist in andere Projekte geflossen: dorthin, wo man rote Bändchen durchschneiden kann.
Das kann man leider in Kindertagesstätten weniger.
Wir brauchen auch keine weiteren Projekte in diesem Bereich, Frau Staatsministerin. Die Evaluierung des Bildungsplanes, die noch nicht allzulange her ist, hat ganz deutlich gezeigt, dass der Bildungsplan – bei gewissem Nachbesserungsbedarf – gut ist. Er ist gut, aber er kann in den Kindertagesstätten nicht umgesetzt werden, weil die Erzieherinnen, die Fachkräfte nicht die Zeit dazu haben, um das, was der Bildungsplan gut formuliert, auch tatsächlich in die Praxis zu überführen.
Die Sprachförderung ist bereits angesprochen worden. Es ist eines der zentralen Probleme, an dem viele Kinder scheitern: mit dem Übergang zur Schule, mit Rückstellungen oder Überweisung an die Förderschule, bis hin zu einem nicht erfolgten Schulabschluss.
Wir haben eben nicht nur gute PISA-Ergebnisse. Wir haben auch 10 % der Schüler, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Eine Grundlage dafür wird unter anderem in den Kindertagesstätten gelegt. Das war übrigens 2001, nach der Veröffentlichung der PISAErgebnisse, die erste Konsequenz, die die Kultusministerkonferenz gezogen hatte: Bildungspläne und gut qualifiziertes Personal in den Kindertagesstätten zu etablieren, um die Förderung der Kinder von frühester Kindheit an so zu gestalten, dass sie mit 15 Jahren solche Kompetenzen besitzen, damit sie erfolgreich in die Ausbildung und in den Arbeitsmarkt gehen können. Das war eine der ersten Konsequenzen, und das war 2001. Mittlerweile haben wir 2014.
Es war also genügend Zeit für diese Landesregierung zu handeln, und zwar nicht erst in den letzten Jahren. 2008 – ich verweise noch einmal darauf – hat der jetzige Ministerpräsident beim Amtsantritt, ohne dass es irgendeinen tatsächlichen Anlass gegeben hat, bereits verkündet, dass er den Betreuungsschlüssel verbessern wird. Es hat mehrfach für diese Koalition die Möglichkeit gegeben, das zu tun. Handeln Sie endlich und kündigen Sie nicht nur an!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nicht so ganz glücklich, dass dieser Antrag heute hier vorliegt. Ich hätte ihn gern im Ausschuss behandelt und auch die Vorschläge, Herr Külow, die Sie unterbreitet haben, mit der Ministerin besprochen. Ich sage das deshalb, weil ich vor wenigen Wochen gemeinsam mit einigen von Ihnen zur jährlichen Gedenkstunde in Zeithain gesehen habe, welche positiven Ergebnisse aus der Arbeit der Dokumentationsstelle hervorgegangen sind und dass es endlich gelungen ist, den Tausenden Opfern in dieser Gedenkstätte einen Namen zu geben.
Durch das Aufstellen der Stele noch mit Unterstützung des SMS, wo endlich ein jahrelanger Streit zwischen den Kompetenzen gelöst wurde, ist dort ein sichtbares Zeichen auch für die Angehörigen, für die Nachfahren und natürlich auch für die Betroffenen selbst entstanden. Dafür bin ich sehr dankbar, und das ist eben ein Ergebnis dieser Dokumentationsstelle.
Ich bin auch dankbar, dass es gelungen ist, diese Dokumentationsstelle überhaupt zu erhalten; denn es war – das sage ich aus eigener Erkenntnis – nicht so ganz einfach, diese Dokumentationsstelle in Sachsen an der Gedenkstättenstiftung – so muss man das ja sagen – anzudocken, weil es nicht zu den originären Aufgaben der Gedenkstättenstiftung gehört, wenn man die Satzung ganz genau nimmt. Aber es gab damals Personen wie den hier schon mehrmals genannten Dr. Müller – dem ich von dieser Stelle aus alles Gute wünsche –, der ein ungeheures Vertrauen genossen hat und sicherlich auch immer noch genießt, sowohl bei den russischen Stellen, was ein hochsensibles Feld ist, als auch bei den deutschen Stellen, die für die Aufarbeitung zuständig waren, bis natürlich hinein in die Gedenkstättenstiftung.
Genau diese Mischung zwischen eigener Betroffenheit, nämlich Zeithain, wo wir ein Riesenlager auf unserem, auf sächsischem Gelände haben, von dem wir zu diesem Zeitpunkt zu wenig wussten, und das Vertrauen in eine Person wie Dr. Müller und andere, aber ihn besonders, hat es uns ermöglicht, diesen Bundesauftrag zu übernehmen, der ja damit verbunden war, so eine Dokumentationsstelle sicherzustellen. Das ist gelungen. 2009 ist dann auch die Datenbank auf elektronischem Weg eröffnet worden. Vorher hat es bereits die Dokumentationsbücher gegeben, die schon übergeben waren und sehr viel an positiver
Resonanz, vor allen Dingen bei den Hinterbliebenen, gezeigt haben.
Von daher wünsche ich mir – insofern werden wir den Antrag unterstützen, auch wenn wir die Intention in Richtung des Landes ein bisschen für schräg halten –, dass diese Dokumentationsstelle weiterarbeiten kann, dass sie im Auftrag der Bundesregierung als die nationale Dokumentationsstelle, die die Basis, die Kompetenz, die in Sachsen aufgebaut worden ist, weitergenutzt werden kann und damit eine Finanzierung gegeben ist, die das, was einmal entstanden ist, erhalten und das, was noch nicht erforscht ist, wo wir immer noch namenlose Opfer haben, auf den Weg bringen kann.
Daher würde ich gern dem Ministerium und der Landesregierung an dieser Stelle den Rücken gegenüber der Bundesregierung stärken, weil es eine nationale Aufgabe ist. Wir sind in der Verpflichtung, bei der Versöhnung zwischen der Bundesregierung und der Russischen Föderation, Weißrussland und der Ukraine, die hier betroffen sind, zu helfen und dieses dunkle Kapitel aufzuarbeiten. Es ist unsere Pflicht, auch die finanzielle Pflicht, dies zu tun, wo es noch nicht geschehen ist. Vor diesem Hintergrund hat Sachsen einen Beitrag zu leisten. Wir haben die Infrastruktur dazu. Aber der Bund muss es als nationale Aufgabe anerkennen. Dafür plädiere ich. Wenn wir dem Antrag zustimmen, dann ausdrücklich mit dieser Nuance.
Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass es nicht nur Zeithain ist, sondern zum Beispiel die EuthanasieGedenkstätte in Pirna, die durch die Dokumentationsstelle mit erforscht wird. Wir haben da noch viel zu leisten, um zumindest ein bisschen zur Wiedergutmachung und zur Versöhnung beizutragen, gerade in einer Zeit, in der die Spannungen zwischen Europa und Russland nicht gering sind.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, auch wenn es nicht unmittelbar damit im Zusammenhang steht, weil es bisher zu wenig Beachtung gefunden hat, der Ministerin dafür zu danken, dass sie die Schirmherrschaft über den Meeting-Point Messiaen übernommen hat. Das ist ein Straflager auf dem polnischen Territorium, in Zgorzelec, an dem internationale Strafgefangene durch deutsche Henker zu Tode gekommen sind. So will ich es einmal ausdrücken. Es ist ein hochsensibles Projekt, das dort entsteht. Ich kann nur hoffen und wünschen, dass Sie dafür die Unterstützung der Staatsregierung haben, dass es kein persönliches Projekt ist, sondern ein Projekt, das uns als Sachsen bewegt. Es liegt unmittelbar an der sächsisch-polnischen Grenze und wird zum Glück vom Landkreis und mittlerweile von Görlitz unterstützt.
Das will ich erwähnen, weil es, wie ich glaube, Auswirkungen darauf hat, was die Dokumentationsstelle, was wir als Sachsen über die Gedenkstättenstiftung an Vertrauen gegenüber unseren Nachbarn und denjenigen, die unter
der deutschen Herrschaft gelitten haben, wiederherstellen können. Dazu gehört auch diese Dokumentationsstelle.
Es wäre zu wünschen, dass es gelingt, die Bundesregierung zu bewegen, sich dieser nationalen Verantwortung auch zukünftig zu stellen.
Sehr geehrte Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke den GRÜNEN für den sehr ausführlichen Antrag, der ein Stück die Richtung für die bevorstehende und notwendige Evaluierung weist. Wir haben ja vor wenigen Tagen hier in diesem Raum die Ehrung von Prof. Vogt bzw. seines Instituts für kulturelle Infrastruktur erleben dürfen, ein Hohelied auf das Kulturraumgesetz. Eigentlich bräuchte man dazu nichts weiter zu sagen. Im wahrsten Sinne des Wortes ist ja ein Lied komponiert worden. Das muss ein Gesetz erst mal schaffen.
Ich möchte dennoch daran erinnern, dass das von 1993 bis heute nicht so ganz reibungslos durchgelaufen ist. Das wird bei einigen offenbar immer wieder aus dem Gedächtnis gestrichen. 2008 haben wir eine Entfristung dieses Gesetzes vorgenommen, die nicht selbstverständlich ist und an der das Kulturraumgesetz fast gebrochen wäre, weil nämlich eine Reihe von Landräten der damals größer gewordenen Landkreise und auch die Finanzpolitiker bis hinein in das Finanzministerium der Meinung gewesen sind, wir bräuchten das Kulturraumgesetz nicht mehr; denn die Landkreise seien jetzt groß genug und könnten die Kultur allein finanzieren. Ich will nur in Erinnerung rufen, dass das ein sehr sensibles Gebiet ist.
Insofern war das Jubiläum – 20 Jahre Institut für kulturelle Infrastruktur – schon etwas Besonderes; denn damit wurde nicht nur hier im Plenum, sondern auch in der Öffentlichkeit deutlich, was uns das Kulturraumgesetz bedeutet. Dahinter sollte man nicht mehr zurückfallen, auch wenn die Evaluierung sicherlich auch kritische Töne hervorbringt.
Ja, wir haben damals, als das Gesetz entfristet wurde, in das Gesetz die Evaluierung nach sieben Jahren ganz bewusst hineingeschrieben, zum einen, weil die Kulturräume neu strukturiert werden mussten. Sie erinnern sich vielleicht daran, wir haben sehr große Kulturräume geschaffen. Das hat damals die Skeptiker auf den Plan gerufen, ob damit eine Identitätsstiftung in einem Kulturraum überhaupt noch geschaffen werden kann. Ich ziehe immer noch den Hut vor allen, die sich in den Kulturräumen darum bemüht haben und es teilweise auch mit Kulturentwicklungsplänen untersetzt haben, diese identitätsstiftenden und kulturpolitischen Entwicklungen
voranzutreiben, auch wenn es sicherlich etwas schwierig ist, Mittelsachsen und Erzgebirge zusammenzubringen – um den Kulturraum zu nennen, der am meisten umstritten gewesen ist.
Aber genau das muss jetzt überprüft werden: Ist die Größe der Kulturräume wirklich dafür geeignet, Kulturidentität vor Ort zu schaffen? Ich will dabei gar nicht auf das eingehen, was meine Vorredner schon gesagt haben, dass nämlich Identität vor Ort geschaffen werden muss und nicht durch das Gesetz allein.
Wir haben die sieben Jahre bis 2015 aber auch aus einem anderen Grund gewählt. Vor der Entfristung des Kulturraumgesetzes bestand eine sehr kitzlige Situation in den Kulturräumen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran. Die Entfristung des Kulturraumgesetzes hatte dazu geführt, dass insbesondere die Institutionen, die nach wirtschaftlichen Kriterien arbeiten, also GmbHs sind, Gefahr gelaufen sind, Insolvenz anmelden zu müssen, weil nicht klar war, ob das Kulturraumgesetz verlängert wird. Deswegen war eines der zentralen Anliegen, mit der Entfristung Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit in der Finanzierung zu schaffen, damit sich die Kulturräume in Ruhe entwickeln können. Das war der Grund für den Siebenjahreszeitraum, damit man überhaupt eine Möglichkeit hat, über einen gewissen Zeitraum Sicherheit zu bekommen.
Leider war das eine trügerische Sicherheit; denn unmittelbar nach dem Regierungswechsel hat man in die Finanzierung der Kulturräume eingegriffen. Die Oberlausitz ist ja schon angesprochen worden, aber auch andere mussten darunter leiden, dass die Finanzierung der Landesbühne über das Kulturraumgesetz mit erfolgt. Ich hoffe, das wird mit der angekündigten finanziellen Erhöhung der Kulturraumfinanzierung korrigiert.
Ich möchte auch daran erinnern, dass es seit 1993 sehr wohl eine Anhebung der Kulturraummittel gegeben hat. Das wurde vorhin bereits kurz angedeutet: die
10 Millionen Euro, die 2005 aufgrund des Koalitionsver
trages hineingekommen sind. Wir hatten guten Grund, mit der Entfristung des Kulturraumgesetzes zu sagen, es kann nicht sein, dass das Land mehr Geld in die Kulturräume gibt, aber die Kommunen und die Landkreise sich aus der Finanzierung zurückziehen. Dadurch ist ein neues Finanzierungsmodell entstanden – das sagt auch der Antrag –, das daraufhin überprüft werden muss, ob es so tatsächlich tragfähig ist. Denn die Frage, wie Investitionen, vor allem Großinvestitionen, in die Kulturausgaben einzurechnen sind, muss tatsächlich geprüft werden.
Auch das war ein Grund, warum die Evaluierung nach sieben Jahren im Gesetz festgeschrieben wurde. Denn diese Veränderungen hatten Auswirkungen auf die Transparenz in der Finanzierung, die endlich geschaffen werden sollte. Denn 1993 hat man quasi das alte Finanzierungsmodell in das Gesetz übersetzt, ohne dass irgendwie nachvollziehbar gewesen wäre, warum der Kulturraum in Zwickau oder Plauen eine Summe X bekommt und der Kulturraum in der Oberlausitz nach ganz anderen Kriterien finanziert wird.
Von daher bestand auch die Notwendigkeit – das sollte auch bei der Evaluierung bedacht werden –, Transparenz in der Finanzierung der Kulturräume zu schaffen.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt nennen; Herr Gerstenberg hat es bereits angesprochen. Wir haben neue Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Das Vogt-Gutachten ist dabei sicherlich sehr hilfreich, noch einmal auf das Thema der Entwicklung in den ländlichen Räumen hinzuweisen. Aber wir müssen auch die Balance und die Bedeutung der urbanen Zentren berücksichtigen. Auch das sollte bei der Evaluierung ins Blickfeld gerückt werden: Welche Rolle spielen die urbanen Zentren und deren sichere Finanzierung – es geht also um Dresden, Leipzig und Chemnitz – für die ländlichen Räume und die Entwicklung der Kultur in den ländlichen Räumen. Da ist der Kultursenat, Gott sei Dank, einigen Ratgebern nicht gefolgt, sondern hat gesagt, man sollte bei der jetzigen Finanzierungsregelung bleiben. Auch das muss der Evaluierung unterzogen werden.
Ich wünsche und hoffe, dass sich die Evaluierung nicht nur auf die finanziellen Aspekte konzentriert, sondern, wie es auch der Antrag der GRÜNEN vorsieht, eine Reihe von Vorstellungen und Vorschlägen unterbreitet, wie wir das Kulturraumgesetz weiter entwickeln können und Sicherheit und Verlässlichkeit in das Kulturraumgesetz in dieser Entwicklung hineinbringen.
Ich habe seit 2008 mit mittlerweile fünf Kulturraumtouren versucht, in der Öffentlichkeit und gerade auch in den Kulturräumen und den Kommunen deutlich zu machen, was das eigentlich ist. Denn wir sprechen hier darüber, und die Kulturpolitiker wissen es, aber viele Menschen, auch viele Institutionen können mit dem Begriff Kulturraumgesetz nichts anfangen. Ich denke, das ist mittlerweile ganz gut gelungen, und von daher kann man, von dieser Grundlage ausgehend, auch die Evaluierung vornehmen.
Ein allerletzter Punkt. Ich hoffe, dass der unsinnige Streit, der offenbar im Raum schwebt, ob nun das Institut von
Prof. Vogt, Institut für kulturelle Infrastruktur – also eine sächsische Einrichtung –, oder eine externe, also außerhalb Sachsens liegende Einrichtung die Evaluierung begleitet, beendet wird. Meiner Meinung nach sollte auch die interne Expertise des Instituts genutzt und einbezogen werden, bei allem notwendigen Blick auch über die Grenzen hinweg.
Ich wünsche der Evaluierung viel Erfolg, und ich hoffe, dass viel von dem Antrag auch in die neuen Kriterien für die Evaluierung einfließt.
Vielen Dank.
Sanierung Neue Mensa Dresden (Frage Nr. 5)
Laut Medienberichten und Aussagen des Staatssekretärs im SMF wird der Abriss der Neuen Mensa der TU Dresden nicht mehr in Erwägung gezogen und stattdessen eine Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes erwogen.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Plant die Staatsregierung eine Sanierung und Modernisierung der Neuen Mensa der TU Dresden?
2. Wenn ja, welche Kosten plant die Staatsregierung dafür ein und wer übernimmt diese Sanierungs- und Modernisierungskosten?
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Lieber Herr Bienst, vielen Dank für das Angebot, an der neuen Schulgesetznovelle mitarbeiten zu können. Ich komme nach dem 31. August darauf zurück. Vielleicht bekommen wir ja etwas Vernünftiges hin.
Zum Antrag: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns mittlerweile darüber einig, dass das Thema Schulsterben ein Ende haben muss. Die Moratorien, die wir in schöner Regelmäßigkeit auf den Tisch bekommen, zeigen, dass auch die Koalition offenbar verstanden hat, dass Bürgermeister, Schulgemeinde, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler Sicherheit haben müssen, und zwar nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch in den Oberzentren und den urbanen Räumen.
Von daher ist es in der Tat überfällig, dass wir endlich an das Schulgesetz herangehen und die Hürden, die darin aufgebaut werden, fallen lassen. Lieber Herr Bienst, die Landkreise und die Großstädte warten sehnsüchtig darauf, dass ihre harte Arbeit in den Schulnetzplänen endlich im Kultusministerium abgesegnet wird; denn diese liegen seit einigen Jahren dort und die Landkreise bzw. die großen Städte kommen in der Schulnetzplanung nicht weiter, da das Kultusministerium aufgrund der Moratorien und der unsicheren Gesetzeslage derzeit nicht agieren kann.
Das ist für Städte, zum Beispiel Dresden und Leipzig, aber auch für die Oberzentren, die ja nicht unter das Moratorium fallen, schon ein Riesenproblem, was Investitionen in Schulstandorte betrifft. Insofern: Machen Sie sich an die Arbeit, was das Schulgesetz betrifft. Vielleicht können Sie ja heute schon dem ersten Schritt zustimmen.
Was mich aber noch mehr umtreibt, ist, dass es nicht nur um die Frage der Entwicklung der Schülerzahlen geht, und das Thema Erhalt von Schulstandorten ist auch nicht nur die Frage, wie groß die Klassen sind, sondern es fehlt ein nachhaltiges Schulentwicklungskonzept. Vielleicht ist das ja gemeint, wenn Sie sagen, Sie haben eine große Schulgesetznovelle vor. Brandenburg hat deshalb extra eine Demografiekommission eingesetzt, die das „Schulnetz der Zukunft“ entwickelt hat. Dieses „Schulnetz der Zukunft“ befasst sich nicht nur mit der Größe der Klassen und Schulen, sondern auch mit einer qualitativen Weiterentwicklung einer Schule.
Sie haben Stichworte genannt: Wir wollen ein inklusives, nicht nur ein integratives Schulsystem – so weit waren wir schon einmal, Herr Bienst –, und wir wollen auch, dass zum Beispiel Schulverbünde und jahrgangsübergreifender Unterricht zum normalen pädagogischen Konzept gehören.
Wir wollen aber auch – das haben Sie bei Ihrer Aufzählung vergessen –, dass die Schulen eine stärkere Eigenverantwortung bekommen, dass die Kommunen als
Schulträger dabei mehr mitsprechen können. All dies sollte sich auch in Ihrer Schulgesetznovelle wiederfinden. – Das ist das Zweite.
Wir brauchen also nicht nur eine veränderte Größenordnung an Schulen und Klassenfrequenzen, sondern wir brauchen auch klare Aussagen zur Qualität. Gerade im ländlichen Raum lässt sich das Thema Inklusives Schulsystem zuallererst am besten umsetzen, wenn wir auch einmal kleine Schulstandorte in den Gymnasien und Mittelschulen/Oberschulen zulassen würden. – Das ist der dritte Punkt.
Der vierte Punkt, der überhaupt noch nicht angesprochen wurde, ist: Wenn wir Schulen im ländlichen Raum – sprich: mehr kleine Schulen; das muss man so deutlich sagen – erhalten wollen, dann brauchen wir auch mehr Lehrkräfte in diesen Schulen. Das ist zum Beispiel bei dem Moratorium nicht genannt worden. Wenn wir nämlich nicht mehr Lehrkräfte in das System geben, dann tun wir das zulasten der Schulen, die viele Schüler aufnehmen müssen. Sie wissen, bis 2022 werden die Schülerzahlen um circa 20 000 wachsen. Das betrifft die Großstädte, die Umlandgemeinden und Oberzentren, diese müssen das dann ausbaden – mit 28 und mehr Schülern. Das kann nicht Ihr Ziel sein. Das hat nichts mit Qualität zu tun. Wenn ich gerade an soziale Brennpunktgebiete in den Großstädten denke, dann brauchen wir dort kleinere Klassen. Denken Sie also auch daran: Wenn wir die Schulen im ländlichen Raum erhalten wollen, dann brauchen wir dazu mehr Lehrkräfte.
Ein weiterer Punkt: Wenn wir Schulen im ländlichen Raum erhalten wollen, dann brauchen wir auch Anreizsysteme für die Lehrkräfte, dass sie dorthin gehen. Ich höre immer wieder nur, dass es Angelegenheit der Kommunen und der Landkreise sei, das zu tun. Ja, natürlich sind diese zuallererst gefordert. Wenn aber – dazu kommen wir heute noch einmal – im Mai den Bewerberinnen und Bewerbern zum kommenden Schuljahr immer noch nicht gesagt werden kann, ob sie eingestellt werden, dann werden sie vielleicht auch weniger bereit sein, in den ländlichen Raum zu gehen. Eventuell könnte man auch ein Bonussystem einführen: Wer bereit ist, drei Jahre in den ländlichen Raum zu gehen, bekommt eine unbefristete Stelle und wird sofort eingestellt, nicht erst nach vier oder fünf Monaten Wartezeit.
Also: Anreize schaffen.
Der letzte Punkt, den ich nennen möchte: Bedenken Sie bitte auch, dass wir eine extreme regionale Spreizung haben: Wir haben die urbanen Zentren, die derzeit extrem wachsen und in denen die Schulen übervoll sind und neue Schulen gebaut werden müssen, und wir haben den ländlichen Raum, in dem die Schülerzahlen trotz insgesamt wachsender Schülerzahlen weiter zurückgehen. Diese Spreizung muss gemanagt werden. Wir brauchen dazu kreative Lösungen. Dabei nützt uns – sorry, auch an die LINKEN – nicht nur eine Novellierung des Schulge
setzes, die uns sagt, wie der Standard für die neuen Schulgrößen ist. Dabei habe ich auch einige Probleme, was die Großstädte betrifft. Aber nichtsdestotrotz muss diese Spreizung gemanagt werden.
Alles in allem fehlt ein nachhaltiges Schulentwicklungskonzept für dieses Land, das auch die Frage des Erhalts und der Entwicklung von Schulstandorten im ländlichen Raum genauso wie in den urbanen Zentren in den nächsten Jahren betrachtet. Davon habe ich bis jetzt nichts gehört, sondern bisher höre ich: Moratorium. Bruchstückweise wird an diesem Schulsystem herumgeschraubt. So kommen wir nicht in das Jahr 2020 und schon gar nicht darüber hinaus.
Vielen Dank.
Ich möchte vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen.
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte an dieser Stelle, weil Sie es nicht gesagt haben, noch einmal herausheben, dass das Moratorium, auch wenn es hier vom Landtag beschlossen worden ist, bis zum Ende dieser Legislaturperiode gilt und nicht darüber hinaus. Eine neue Regierung, ein neuer Landtag muss ein neues Moratorium beschließen, denn ein neues Schulgesetz liegt nicht auf dem Tisch.
Das möchte ich noch einmal klarstellen, nicht dass vielleicht in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dieses Moratorium könnte eventuell weitere Wirkung entfalten.
Ein zweiter Punkt, den ich richtigstellen möchte: Das Beispiel aus Brandenburg ist fehlgeleitet. Sachsen hat keine 5. und 6. Klasse an der Grundschule; Sachsen lässt seine Schüler gleich nach der 4. Klasse an einen anderen Schulstandort wandern. In Brandenburg bleiben die Schüler zumindest in Klasse 5 und 6 zusammen.
Sie gehen nur an einen zentralen Standort – so wie es viele Jahre in Niedersachsen der Fall gewesen ist –, und die Evaluierung in Niedersachsen für die Orientierungsstufe ist sehr positiv ausgefallen – was zu der Kritik geführt hatte, dass man diese Orientierungsstufe abgeschafft hat. Genau das war der Sinn, dass man im ländli
chen Raum die Schüler in Klasse 5 und 6 zusammenlässt und nicht schon auf verschiedene Schulformen aufteilt, wie es in Sachsen der Fall ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hatten wir bereits in der letzten Plenarsitzung sehr ausführlich bei dem Antrag, den die SPD-Fraktion eingebracht hatte. Insofern beschränke ich mich auf wenige Dinge.
Sehr geehrter Herr Bienst! Liebe Kollegen von der Koalition! Dass wir überhaupt so heftig über das Thema Schülerbeförderung diskutieren, liegt vor allen Dingen am Druck der Eltern, aber auch der Landkreise, die unter den steigenden Lasten der Schülerbeförderungskosten zu leiden haben, denn beide haben in den letzten Jahren auch durch das Thema Schulschließungen und verringerte Mittelzuführung an den öffentlichen Personennahverkehr die Kosten für die Schülerbeförderung auffangen müssen. Längere Schulwege – das ist bereits angesprochen worden –, aber auch weniger Mittel vom Land für die Schülerbeförderung haben dazu geführt. Deswegen steht es jetzt vermutlich wieder auf der Tagesordnung und wird uns auch nicht verlassen.
Die Argumentation, Herr Bienst, dass unsere Verfassung vorsieht, dass Unterricht und Lernmittel unentgeltlich sind und nicht die Schülerbeförderung umfasst, dürfte wohl noch einer rechtlichen Prüfung zuzuführen sein, ob das tatsächlich so ist. Aus meiner Sicht – und das verstehen auch viele Eltern so – ist es eine Frage der Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung, ob die Schüler überhaupt mit verträglichen Möglichkeiten ihren Schulstandort erreichen können. Deswegen ist es in anderen Bundesländern anders geregelt. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, wo es wirklich Blüten treibt, dass wir nicht nur keine einheitliche Schülerbeförderungssatzung in Sachsen haben, sondern auch in den Schülerbeförderungssatzungen nur die nächstgelegene Schule für die Schüler angegeben ist.
Sicher haben einige in diesen Tagen in der Zeitung gelesen, dass ein Schüler im Landkreis Bautzen von der dort zuständigen Bildungsagentur an eine Förderschule für Erziehungshilfe verwiesen worden ist, und zwar, weil es die nächstgelegene ist, nach Dresden. Dresden ist aber ein anderer Landkreis mit einer anderen Bildungsagentur und einer anderen Regelung für die Schülerbeförderungssatzung. Die Kosten für den alleinerziehenden Vater liegen bei 1 870 Euro im Jahr. Es ist keine Ausnahmeregelung möglich, sagt das Schulverwaltungsamt Dresden. Ich bin gespannt, ob sich dieser Fall durch die öffentliche Aufmerksamkeit lösen lässt. Bisher haben wir als Abgeordnete versucht, uns irgendwie einzuschalten, vermittelnd zwischen der Bildungsagentur und der jeweils zuständigen Stelle für die Schülerbeförderung. Das ist so ein Extrembeispiel und es gibt zig andere. Ich hatte gestern auch wieder jemanden da, der über die Landkreisgrenze hinweg das Kind in das nächstgelegene Gymnasium fährt und diese Kosten allein tragen muss, weil dieses Gymnasium nicht in dem Landkreis liegt, für das die Schülerbeförderungssatzung gilt. Das treibt Blüten.
Von daher, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, prüfen Sie, ob das, was wir gerade praktizieren, wirklich sinnvoll ist. Wenn die Eltern davon sprechen – und das war in der Anhörung so –, dass sie zu einer doppelten Finanzierung herangezogen werden, nämlich nicht nur die Schülerbeförderungstickets zu bezahlen, was nur die nächstgelegene Schule im jeweiligen Landkreis betrifft und auch noch 3 Kilometer Fußweg einschließt, sondern zusätzlich den Besuch von Praktika, den Besuch von Ganztagsangeboten, die freie Schulwahl, die auch in unserem Schulgesetz steht, bis hin zu der Frage des Besuchs einer Förderschule. Dieses ist derzeit nicht sauber geregelt, weil es immer weniger Förderschulen gibt. Es ließen sich all diese Beispiele mit einem kostengünstigen Bildungsticket regeln, wie wir es vorgeschlagen haben und im Grundansatz durch eine kostenfreie Schülerbeförderung mit einer einheitlichen – hier liegt ein wenig Kritik an Ihrem Gesetz, liebe Kollegen von den LINKEN – Schülerbeförderungssatzung für das gesamte Land.
Warum kann das nicht so, wie es in Hessen, Thüringen oder anderen Bundesländern der Fall ist, auch in Sachsen möglich sein, dass für alle Eltern, für alle Familien gleiche Schülerbeförderungsregelungen gelten, egal ob sie in Bautzen, im Vogtland oder in Nordsachsen wohnen? Nein, wir leisten uns den Luxus von fünf verschiedenen Schülerbeförderungssatzungen, die die Eltern unterschiedlich zur Kasse bitten.
Wir werden dem Antrag heute zustimmen, auch wenn er aus unserer Sicht eine Reihe von handwerklichen Problemen in sich birgt. Von der Sache her zeigt er in die richtige Richtung. Er ist ein Teil unseres Antrages, den wir in der vergangenen Plenarsitzung eingebracht hatten. Ich hoffe, dass der Druck der Eltern und der Landkreise auch auf die Koalition wirkt, endlich Bewegung in dieses Problem hineinzubringen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Frau Staatsministerin, ich möchte, erstens, nur richtigstellen, dass es gerade einmal 3 Millionen Euro sind, die der Freistaat im Rahmen der Regionalisierungsmittel zum Thema Schülerbeförderung beisteuert. Die restlichen 54 Millionen Euro sind Bundesmittel. Dies nur zur Klarstellung und für das Protokoll.
Zweitens. Hier sitzt ja auch der Landesrechnungshof. Woraus leiten denn das Land und der Bund überhaupt ab, dass sie Geld in die Schülerbeförderung hineingeben, wenn doch nach Auffassung der Koalition eigentlich die Kommunen bzw. die Landkreise selber dafür zuständig sind, diese Schülerbeförderung zu finanzieren und zu organisieren? Woraus leiten Sie das ab? Der Bundesrechnungshof und der Landesrechnungshof müssten einschreiten, wenn das tatsächlich der Fall wäre.
Drittens. Der Landkreistag hat ja an einer Anhörung bei uns teilgenommen. Natürlich werden die Landkreise auch weiterhin die Erhebung von Eigenbeiträgen von den Eltern einfordern müssen, wenn sie vom Land oder vom Bund keine Mittel für die Schülerbeförderung bekommen. Was sollen sie denn anderes antworten? Natürlich hat das Vogtland das – leider! – zum Anlass genommen, im Gegensatz zu seinem Umfeld – Bayern, Hessen, Thüringen – die Schülerbeförderungskosten von den Eltern zu verlangen. Ich finde, das ist eine traurige Entwicklung aufgrund der Diskussion, die sicherlich den Mehrheitsverhältnissen dort im Landkreis geschuldet ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war gerade etwas verwundert darüber, dass Frau Kurth bei diesem Antrag nicht anwesend ist, aber sie wird sicherlich in der Nähe sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ende 2009 haben wir das Thema zum ersten Mal aufgerufen und 2011 zum zweiten Mal einen konkreten Vorschlag unterbreitet, dass ein konkretes Personalentwicklungskonzept für die Schulen auf den Tisch gelegt werden soll. Wir hatten das damals mit ganz konkreten Ansatzpunkten untersetzt, die sich zum Teil – zum Beispiel bei der Erhöhung der Zahl der Referendarstellen und der Ausbildungsstellen – wiedergefunden haben und nach dem Knall im Ministerium sowie beim Wechsel des bildungspolitischen Sprechers der CDU endlich in einen vorsichtigen Aufstieg der Personalzahlen, was den Haushalt anbelangt, mündeten.
Nichtsdestoweniger liegt bis zum heutigen Tage kein Konzept für die Zukunft des Generationswechsels und der wachsenden Aufgaben an den Schulen vor. Die Antwort des Kultusministeriums von Anfang Mai auf meine letzte Kleine Anfrage gibt mir zwar Auskunft darüber, wie viele Lehrkräfte vermutlich bis 2019/2020 den Schuldienst verlassen, nämlich ungefähr 7 400, wenn man die richti
gen Annahmen getroffen hat; das Schlimmere ist aber, dass mir auf meine Frage, wie es in den kommenden Jahren, insbesondere auch im Schuljahr 2015/2016, mit den Einstellungen und den Personalentwicklungsprognosen aussieht, mit einem Zitat aus dem Doppelhaushalt 2013/2014 geantwortet wurde, das ich Ihnen jetzt erspare, und dem Hinweis, die langfristigen Einstellungsbedarfe könnten demnach erst nach dieser Überprüfung, nämlich im Jahre 2015, festgestellt werden. Die Krönung war der Satz, über die Einstellung für das Schuljahr 2014/2015 – wohlgemerkt, das ist das Schuljahr, das jetzt im August beginnt – werde die Staatsregierung nach Abschluss des Einstellungsverfahrens informieren. Auch so kann man mit dem Parlament umgehen, das letztlich den Haushalt aufzustellen hat.