Protocol of the Session on September 14, 2011

Meine Damen und Herren! Vor Beginn unserer Sitzung ist es mir ein Bedürfnis, auch an dieser Stelle – den jungen Sängern und Herrn Kreile habe ich gerade gedankt – dem Kreuzchor für seinen Auftritt zu danken. Ich gehe davon aus – und das hat man auch gespürt –, dass diejenigen unter Ihnen, die sich die Zeit zum Zuhören genommen haben, und das waren ganz, ganz viele – dafür danke ich nochmals – sich diesem Dank anschließen. Wer nicht die Gelegenheit zur Teilnahme hatte, dem sei gesagt, er hat etwas versäumt.

(Beifall)

In der 35. Sitzung des Landtags hat das Plenum mit großer Mehrheit einem Antrag zum Thema „Lutherdekade 2008 bis 2017 – die Bedeutung der Reformation für Sachsen darstellen und erlebbar machen“ zugestimmt. Diese Lutherdekade hat für jedes Jahr ein Thema. Für das kommende Jahr 2012 heißt das Thema „Reformation und Musik“. Mit dem Auftritt des Kreuzchores erfüllen wir quasi einen unserer eigenen Beschlüsse.

Ich hoffe, dass der Wohlklang, die Harmonie, die Fröhlichkeit, aber auch die Nachdenklichkeit der gehörten Lieder ausstrahlt auf die Art und Weise, wie wir in den nachfolgenden Debatten miteinander umgehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 40. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Prof. Dr. Gillo, Herr Patt und Herr Winfried Petzold.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 2 bis 4 und 9 bis 12 festgelegt: CDU bis zu 107 Minuten, DIE LINKE bis zu 73 Minuten, SPD bis zu 44 Minuten, FDP bis zu 44 Minuten, GRÜNE bis zu 38 Minuten, NDP bis zu 38 Minuten und die Staatsregierung 73 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Beim Tagesordnungspunkt 9 gibt es eine Besonderheit. Der dort mit aufgeführte Antrag der Fraktion GRÜNE in Drucksache 5/6872 wurde erst nach der in § 52 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung gesetzten Frist eingereicht. Wegen des unmittelbaren Sachzusammenhangs mit dem unter dem gleichen Tagesordnungspunkt aufgeführten und rechtzeitig eingegangenen Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/6869 schlägt das Präsidium vor, diesen Antrag heute mitzubehandeln. Formal ist dies eine Abweichung von der Geschäftsordnung. Nach § 114 kann der Landtag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner anwesenden Mitglieder eine solche Abweichung billigen.

Ich frage Sie also, ob Sie dieser Abweichung von der Geschäftsordnung zustimmen, und bitte Sie, wenn das der

Fall ist, um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir nicht nur die Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder erreicht, sondern weichen einstimmig von der Geschäftsordnung ab.

Weiterhin darf ich darauf hinweisen, dass Ihnen in Drucksache 5/6923 der Einspruch der Abg. Eva Jähnigen, Fraktion GRÜNE, gegen eine erteilte Wortentziehung in der 39. Sitzung vorliegt. Nach § 98 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung entscheidet der Landtag über diesen Einspruch in der folgenden Sitzung ohne Beratung. Ich schlage Ihnen vor, dafür einen neuen Tagesordnungspunkt 18 vorzusehen.

Gibt es weitere Anträge zu dieser Tagesordnung? – Kollege Gerstenberg am Mikrofon 2, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion schlägt vor, den Tagesordnungspunkt 2, 2. Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Sächsischen Polizeigesetzes, heute von der Tagesordnung abzusetzen und in die Ausschüsse zurückzuüberweisen. Der Grund liegt darin, dass seit dem 06.09.2011 eine schriftliche Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten zu diesem Gesetzentwurf vorliegt. In dieser Stellungnahme erhebt der Datenschutzbeauftragte zum Teil ganz erhebliche Bedenken gegen Regelungen dieses Gesetzentwurfs. Diese Stellungnahme hat dem Verfassungs- und Rechtsausschuss, der beim Gesetzentwurf mitberatend ist, in seiner Beratung nicht vorgelegen. Vom Beauftragten des Datenschutzbeauftragten wurden auch keine mündlichen Einwendungen vorgebracht, sodass der Verfassungs- und Rechtsausschuss diese erheblichen Bedenken nicht in seine Beratung einbeziehen konnte.

Da es in diesem Punkt um Fragen eines Grundrechts geht, ist es aus unserer Sicht unabdingbar, dass der Verfassungs- und Rechtsausschuss diese Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten in einer neuen Beratung bewertet und seine entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zieht. Ich bitte alle Kollegen im Sächsischen Landtag, gerade bei einem solchen Gesetz, was immer wieder in Gefahr ist, einer rechtlichen Überprüfung unterzogen zu werden, das Verfahren ganz sauber und unangreifbar durchzuführen. Das ist im Interesse des Sächsischen Landtags. Deshalb beantrage ich Rücküberweisung des Gesetzentwurfs in Tagesordnungspunkt 2 in die Ausschüsse.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Das war Kollege Gerstenberg für den Antrag. Jetzt spricht Kollege Piwarz – gegen den Antrag, vermute ich.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Sie vermuten richtig, Herr Präsident. Sie sehen, wir haben den richtigen Mann in das Amt gewählt.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Na, na!)

Ich will zunächst festhalten, dass hinsichtlich des Polizeigesetzes der Innenausschuss die Beratungen federführend geleitet hat und dass der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss mitberatend tätig gewesen ist. Im Innenausschuss ist die Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten umfassend erörtert worden.

(Widerspruch der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Der Datenschutzbeauftragte hat auch im Innenausschuss die Punkte, die ihm wichtig sind, vorgetragen. Es ist darüber beraten worden. Meines Wissens ist die schriftliche Stellungnahme Teil des Protokolls der Sitzung des Innenausschusses und insoweit den Mitgliedern zugegangen. Es besteht auch heute noch die Möglichkeit, im Plenum die Punkte anzusprechen und darüber zu diskutieren, sodass wir keine Notwendigkeit sehen, eine Rücküberweisung in die Ausschüsse vorzunehmen. Wir werden deshalb den Punkt auf der Tagesordnung belassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Bartl.

Ich spreche im Namen der Fraktion DIE LINKE für diesen Antrag. Es ist einfach handgreiflich so, dass es einen guten Grund gibt, dass das Parlament Anträge federführend an einen Ausschuss und mitberatend an einen anderen Ausschuss überweist. Die Ausschüsse haben nach der Geschäftsordnung entsprechende Beschlüsse zu fassen. In dem Fall hatte der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss eine Beschlussempfehlung abzugeben, die an den federführenden Ausschuss ging. Für diese Beschlussempfehlung lag der Bericht des Datenschutzbeauftragten nicht vor. Im Innenausschuss ist er meines Wissens lediglich verlesen worden. So lag er also auch nicht als gedrucktes Material den Abgeordneten vor.

Dass das kein korrektes Gesetzgebungsverfahren und kein korrekter Weg sind, zu dem Gesetz zu kommen, liegt auf der Hand. Die formelle Rechtsförmlichkeit eines Gesetzes hängt auch von der Korrektheit des Gesetzgebungsverfahrens ab. Das ist Ihnen, Herr Piwarz, erst damals beim Versammlungsgesetz ins Stammbuch geschrieben worden. Da müsste doch Ihr Kurzzeitgedächtnis vom April bis heute ausreichen.

Das Problem ist letzten Endes, dass wir der Überzeugung sind, dass bei einem Gesetz, in dem es um derart intensive Grundrechtseingriffe geht, selbstverständlich der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss die Stellungnahme eines Unterorgans des Landtages auch zur Kenntnis nehmen kann. Die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauf

tragten ist in Artikel 57 als ein ausgesprochenes Verfahrensorgan des Landtages zu seiner Kontrolle installiert.

Wir bitten dringend, dem Antrag zu entsprechen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich sehe jetzt keine Wortmeldung mehr. Wir stimmen jetzt ab. Wer dem Antrag der GRÜNEN folgen will und den Tagesordnungspunkt 2 von der Tagesordnung absetzen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Ich stelle damit fest, dass der Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 2 mit Mehrheit abgelehnt wurde. Der Tagesordnungspunkt 2 verbleibt damit auf der Tagesordnung.

Gibt es weitere Anträge zur Tagesordnung? – Herr Kollege Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt zur entsprechenden Drucksache der Dringliche Antrag der Fraktion DIE LINKE vor, betreffend die Thematik „Eilbedürftige Rechts- und Datenschutzforderungen aus dem Sonderbericht des Datenschutzbeauftragten vom 8. September 2011, Drucksache 5/6587, sofort umsetzen und die Initiative Sachsens zur Neuregelung nicht identifizierbarer Datenerhebung korrigieren.“ Der Antrag ist von der Fraktion am Montag eingebracht worden, nachdem den Abgeordneten am Freitag, dem 9. September, die Unterrichtung, 53 Seiten umfassend, zugegangen war. Sie haben aus der Unterrichtung eine ganze Reihe von entsprechenden Bewertungen dieser Funkzellenabfragen entgegennehmen können und eine ganze Reihe von Forderungen, die an die Staatsregierung gerichtet sind, die zum Zeitpunkt der Beratung des Präsidiums noch nicht bekannt gewesen sind, also erst am Montag in den Fraktionen beraten werden konnten.

Deshalb haben wir jetzt in diesem Dringlichen Antrag beantragt, dass über diese Frage heute im Landtag beraten wird. Die Abgeordneten konnten also die Ergebnisse des Sonderberichtes dato nicht in den entsprechenden Antragstellungen berücksichtigen. Es geht um die massenhafte und unverhältnismäßige flächendeckende Erhebung von Daten über den Weg der geheimen Situationsabfrage. Wir sind der Überzeugung, dass das, was in dem Bericht auch an Forderungen enthalten ist, unbedingt sofort beraten werden muss, weil zum Beispiel die Staatsregierung eine Bundesratsdrucksache für einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Anpassung rechtlicher Bestimmungen in den Geschäftsgang eingebracht hat, aber der Datenschutzbeauftragte weitergehende Forderungen erhebt. Wenn wir das nicht tun, können die Forderungen nicht entsprechend berücksichtigt werden.

Es ist klar, wir haben die Situation, dass diese drei Tage, die die Geschäftsordnung vorsieht, nicht eingehalten sind. Deshalb wissen wir, dass wir darum bitten müssen, eine

Ausnahme von der Geschäftsordnung vorzunehmen, so wie vorhin bei dem Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Es ist aber offensichtlich zweckmäßig, dass dieser Antrag gemeinsam mit den beiden anderen Anträgen, die im Tagesordnungspunkt 8 auf der Tagesordnung sind, beraten wird.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank. – Kollege Bartl, ich stelle noch einmal fest, auch für unser Sitzungsprotokoll – Sie haben das richtig gesagt –: Der Antrag ist erst am 12.09.2011 eingereicht worden. Die in § 53 Abs. 1 genannte Frist ist damit nicht eingehalten, da – ich wiederhole das – solche Anträge bis zum dritten Werktag vor der Plenartagung eingereicht sein müssen. Somit kann die Entscheidung über die Dringlichkeit eigentlich erst am Donnerstag zur Abstimmung gestellt werden. Aber Sie beantragen ja nach § 114 – so habe ich das verstanden – eine Abweichung von der Geschäftsordnung und ringen hier im Hohen Haus um die notwendige Zweidrittelmehrheit. – Kollege Herbst.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen keine Notwendigkeit, der Fristverkürzung zuzustimmen, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen: Der Gegenstand des Antrages, die sächsische Bundesratsinitiative, steht überhaupt noch nicht zur Beschlussfassung im Bundesrat an, das heißt, wenn DIE LINKE regulär den Antrag zur nächsten Landtagssitzung einbringt, ist noch eine Beschlussfassung des Landtages mit entsprechender Auswirkung auf die Initiative Sachsens im Bundesrat möglich.

Es gibt einen zweiten Punkt: DIE LINKE hat selbst einen Antrag in der Drucksache 5/6869 zu diesem Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Wenn es der LINKEN wirklich sehr ernst ist, hier eine Veränderung vorzunehmen, ist das ganz einfach mithilfe eines Änderungsantrages möglich. Es muss kein Extraantrag gestellt werden. Dieser Weg steht Ihnen offen. Sie versuchen hier offensichtlich, das Plenum vorzuführen. Sie wollen die Geschäftsordnung nach Ihren eigenen Wünschen zurechtbiegen, um Ihre inhaltlichen Forderungen mit diesem extra Antrag unterzubringen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Präsident! Ich darf für die Fraktion darauf erwidern. Alle Abgeordneten dieses Hohen Hauses haben die Entwicklung der letzten Tage in der Auseinandersetzung mit der Unterrichtung des Datenschutzbeauftragten – ich sage es noch einmal, ein Organ, das in Artikel 57 der Verfassung eigens dafür eingerichtet ist, den Landtag bei der Ausübung der Kontrolle über die Einhaltung des Datenschutzes, also Bestandteil der Würde des Menschen, Artikel 1 Grundgesetz, zu unterstützen – verfolgt. Sie lässt ganz handgreiflich erkennen, dass die Staatsanwaltschaft und die angesprochenen Behörden nicht bereit sind, die vom Datenschutzbeauftragten

vorgenommene Unterrichtung sachgerecht auszuwerten, nicht bereit sind, diese Forderungen entgegenzunehmen,

(Zurufe von der CDU)

nicht bereit sind, in einer sachgerechten Form mit einer Unterrichtung eines Organs der Verfassung angemessen umzugehen. Das ist eine völlig neue Konstellation im Verhältnis zu den Anträgen, um diese mit einem Änderungsantrag zu den Anträgen zu reparieren. Es ist eine eigenständige Materie. Wir sind der Auffassung – das ist im Antrag klar gesagt –, wir wollen keine Änderung der Bundesratsinitiative. Wir wollen keine Zurücknahme. Wir wollen, dass die Bedenken des Datenschutzbeauftragten durch die Staatsregierung einbezogen werden. Das kann nicht anders geschehen als jetzt. In der Sitzung im Oktober ist diese Sache dann vielleicht gar nicht mehr reparabel.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen jetzt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab. Sie haben ihn alle vorliegen. Es geht um die Fristverkürzung für die Einreichung eines Dringlichen Antrages gemäß § 114 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages. Über diese Fristverkürzung stimmen wir jetzt ab. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig, da wir von der Geschäftsordnung abweichen. Wer diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Fristverkürzung für die Einreichung eines Dringlichen Antrages gemäß § 114 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages abgelehnt, da eine Mehrheit der hier im Hohen Haus versammelten Abgeordneten dagegen gestimmt hat.

Meine Damen und Herren! Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung.

Mir liegt allerdings das Ersuchen der Fraktion DIE LINKE vor, eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemäß § 91 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages vortragen zu wollen. Das ist ja eine Ermessensentscheidung des Präsidenten. Ich würde dem zustimmen. Ich schlage vor, dass wir diese Erklärung unmittelbar vor dem ersten Tagesordnungspunkt in unsere Tagesordnung vor der Aktuellen Stunde einordnen.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung der 40. Sitzung des Sächsischen Landtages ist damit bestätigt.

Ich erteile vor Eintritt in die Tagesordnung Herrn Kollegen Hahn für die Erklärung das Wort.