Protocol of the Session on November 12, 2009

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 4. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages.

Zuerst darf ich Frau Falken und Herrn Dr. Külow ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren.

(Beifall – Dr. André Hahn, Linksfraktion, überreicht Blumen.)

Folgende Kollegen haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Dr. Schuster, Herr Krauß, Frau Strempel, Herr Tillich und Herr Colditz. Ich denke, ich spreche im Namen aller, wenn ich vor allem Kollegen Colditz, der gestern ins Krankenhaus musste, gute Besserung wünsche.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 5 bis 8 folgende Redezeiten festgelegt: CDU bis zu 60 Minuten, DIE LINKE bis zu 40 Minuten, SPD bis zu 24 Minuten, FDP bis zu 24 Minuten, GRÜNE bis zu 20 Minuten, NPD bis zu 20 Minuten und die Staatsregierung, wenn gewünscht, bis zu 40 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können, wie gewohnt, je nach Bedarf auf die Tagesordnungspunkte verteilt werden.

Zur Tagesordnung! Der Tagesordnungspunkt 10, Kleine Anfragen, ist zu streichen.

Meine Damen und Herren! Vor uns liegen noch Punkte von gestern, die wir aufarbeiten müssen.

Ich bitte den Herrn Kollegen, das Wort zu nehmen.

Danke. – Herr Präsident! Unsere Fraktion beantragt, als neuen Tagesordnungspunkt 5 die Wiederholungswahl zum Sächsischen Kultursenat vorzunehmen. Die weiteren Wahlen wollen wir heute nicht auf die Tagesordnung setzen.

Es geht um den zweiten Wahlgang zum Kultursenat?

Nach den 1. Lesungen.

Den Wahlgang würden Sie gern nach den 1. Lesungen als neuen Punkt 5 auf die Tagesordnung gesetzt wissen?

Ja. Vorher findet die Verständigung entsprechend Geschäftsordnung statt.

Richtig. – Ich darf jetzt einfach so in die Runde fragen: Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Ich sehe keinen Widerspruch. Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt, wie von Kollegen Tischendorf für die Fraktion DIE LINKE begehrt, an der entsprechenden Stelle in die Tagesordnung eingeordnet.

Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die nunmehr erweiterte Tagesordnung. Die Tagesordnung der 4. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Die finanziellen Auswirkungen des Koalitionsvertrages von CDU/FDP im Bund für den Freistaat Sachsen und seine Städte und Gemeinden

Antrag der Fraktion der SPD

2. Aktuelle Debatte: 20 Jahre nach dem Fall der Mauer – Sachsens erfolgreicher Weg in die Freiheit

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 17 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD 10 Minuten; Staatsregierung, wenn gewünscht, 20 Minuten.

Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weise nochmals darauf hin, dass wir uns

mit unserer neuen Geschäftsordnung viel vorgenommen haben. Insbesondere in der Aktuellen Debatte sind die Beiträge in freier Rede zu halten. Man kann einen Stichwortzettel verwenden. Es sollen keine ausgearbeiteten Wortbeiträge vorgetragen oder gar vorgelesen werden. In Richtung der Staatsregierung möchte ich sagen: Nach unserer juristischen Auffassung gilt das auch für die beteiligten Mitglieder der Staatsregierung.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

1. Aktuelle Debatte

Die finanziellen Auswirkungen des Koalitionsvertrages von CDU/FDP im Bund für den Freistaat Sachsen und seine Städte und Gemeinden

Antrag der Fraktion der SPD

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE und, wenn gewünscht, die Staatsregierung.

Ich bitte den ersten Redner nach vorn; Kollege Pecher.

(Mario Pecher, SPD, zeigt dem Präsidenten vor Redebeginn seine schriftlichen Aufzeichnungen.)

Ganz vorbildlich, Herr Kollege.

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schwarz-Gelb ist bekanntermaßen ein Farbcode, der uns zeigt: Vorsicht! Risiko! Unfallgefahr! Gefährlich! Absturzgefahr!

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Genau in diesen Farben kann man die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP im Bund durchaus einschlagen. Die Vereinbarung ist genauso, wie der Farbcode es signalisiert.

(Dr. Martin Gillo, CDU: Bei Rot geht gar nichts mehr! – Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Was haben wir nun von dieser Koalitionsvereinbarung zu erwarten? Wir haben aufgrund des sogenannten Wachstumsbeschleunigungsprogramms, das aus meiner Sicht mehr oder weniger ein Schuldenbeschleunigungsprogramm darstellt, im Jahr 2010 rund 2,3 Milliarden Euro Einnahmeausfälle für die Länder zu erwarten; für Sachsen liegt die Zahl irgendwo um 200 Millionen Euro. Die Einnahmeausfälle werden ab 2012 wahrscheinlich – so sagen es alle Institute voraus – sage und schreibe 12 Milliarden Euro betragen.

Die Auswirkungen für den Freistaat sind dramatisch. Wir kommen in eine Situation, in der einige Kommunen jetzt schon stecken: Sie können keine neuen Kredite aufnehmen, weil dann die Rechtsaufsicht einschreitet, und damit notwendige Kofinanzierungen nicht mehr sicherstellen. Genauso wird es dem Land gehen. Wir haben uns selbst verpflichtet, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, kommen aber in die Situation, dass uns zukünftig aufgrund mangelnder Einnahmen die Kofinanzierungsmittel für Bundesprogramme verloren gehen bzw. wir den

Kommunen keine Förderprogramme, an denen sich der Freistaat beteiligt, zur Verfügung stellen können.

Hinzu kommen weitere Unwägbarkeiten: Neben den Steuerausfällen aufgrund der wirtschaftlichen Situation spielt das Thema Landesbank eine Rolle. Aber auch der City-Tunnel verschlingt zunehmend Regionalisierungsmittel.

Der Koalitionsvertrag enthält nur kurze Aussagen zu wesentlichen, für Sachsen entscheidenden Bereichen. So konzentriert man sich im Rahmen der Städtebauförderung ganz auf die privaten Hauseigentümer. Die Sportförderung ist der Koalition ganze 7,5 Zeilen wert. Es fehlen Aussagen zur weiteren Finanzierung. Für den demografischen Wandel, der insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern gravierende Auswirkungen auf die Infrastruktur hat, sind ganze achteinhalb Zeilen vorgesehen.

Auch das Thema ÖPNV konzentriert sich mehr auf die unternehmerische und wettbewerbliche Ausrichtung und natürlich auf den kommerziellen Vorrang, von dem Angriff auf die Gewerbesteuer einmal ganz abgesehen. Was heißt denn in diesem Bereich mehr Netto vom Brutto? Was heißt denn das, wenn die Kommunen kein Geld mehr haben und über Gebührenerhöhung letztlich dieses „mehr Netto“ verringern müssen? Das bedeutet nichts anderes als eine Entlastung bei einem Prozent von 10 000 Euro gleich 100 Euro und bei 1 000 Euro gleich 10 Euro. Das ist die Umverteilung, die in diesem Koalitionsvertrag stattfindet, nämlich die Umverteilung von Arm nach Reich. Das ist eine Sache, die es ganz schwer macht, hier gemeinsam ein Land zu gestalten, vor allem in Sachsen und in den Kommunen.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Wie verhält sich nun unser Ministerpräsident? Wie verhält sich die CDU? Wie verhält sich die FDP in Sachsen? Hier wird jetzt praktisch janusköpfig umhergegangen und gesagt, es ist alles schwer und es muss keine Neuverschuldung betrieben werden. Hallo, ist da irgendetwas an uns vorbeigegangen? Wer hat denn im Bund, in Parteien und Fraktionen einstimmig diesem Thema zugestimmt? Jetzt im Land umherzugehen und zu sagen, wir dürfen hier nicht in eine Verschuldung getrieben werden, das ist unter Kumpeln, also Bergleuten, gesagt, einfach Verarsche. Das ist Verarsche in Richtung unserer Bürger, denn es bedeutet weniger Handlungsspielraum für die Zukunft im Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Man kann es natürlich auch so festmachen: dass der Ministerpräsident, aber auch die Koalitionsfraktionen wie ein Landschaftsgärtner handeln, der die eigene Wasserleitung sabotiert; denn diese Einnahmeausfälle, die auf uns zukommen, sind verstetigt, sie sind bleibend und sie kommen noch zu dem Rückgang aus den Solidarmitteln und den Ausfällen aufgrund der Wirtschaftskrise hinzu.

Ich denke manchmal, dass die FDP wirklich daran glaubt, dass durch mehr Waschstraßen und längere Öffnungszeiten bei Videotheken so viel Gewerbesteuer eingenommen wird, dass man diese Ausfälle damit kompensieren könnte.