Protocol of the Session on May 10, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 56. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Heinz, Herr Neubert, Frau Dr. Franke, Frau Klinger, Herr Lichdi, Herr Hirche, Frau Nicolaus, Herr Otto, Frau Dr. Runge, Herr Nolle und Herr Panter.

(Zahlreiche Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE und der SPD tragen an ihren Revers einen Button mit der Aufschrift „Billiger kommt teurer!“)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich in die Tagesordnung eintrete, bitte ich diejenigen von Ihnen, die diesen Button angesteckt haben, diesen abzunehmen. Es ist ganz einfach nicht erlaubt – wir haben das auch schon gutachterlich untersuchen lassen –, dass man in dieser Art und Weise Aufmerksamkeit erregt bzw. auf bestimmte politische Dinge aufmerksam macht. Das können Sie durchaus vor der Tür – oder wo auch immer – machen. Ich darf Sie bitten, diesen Button abzunehmen.

(Die betreffenden Abgeordneten kommen dieser Aufforderung nicht nach.)

Wenn das nicht der Fall ist, schlage ich vor, dass ich die Sitzung so lange unterbreche, bis wir das mit den zuständigen Parlamentarischen Geschäftsführern geklärt haben. Ich bitte sie zu mir nach vorn.

(Stefan Brangs, SPD: Darum bitte ich! – Klaus Tischendorf, DIE LINKE, Stefan Brangs, SPD, Torsten Herbst, FDP, und Dr. Karl- Heinz Gerstenberg, GRÜNE, erheben sich.)

Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen, die davon betroffen sind.

(Heiterkeit – Torsten Herbst, FDP, und Dr. Karl

Heinz Gerstenberg, GRÜNE, nehmen wieder Platz

Klaus Tischendorf, DIE LINKE, und

Stefan Brangs, SPD, begeben sich zu Präsident

Dr. Matthias Rößler; dort erfolgt eine kurze

Beratung unter Hinzuziehung des Leiters des

Juristischen Dienstes, Thomas Gey. – Nach Ende

dieser Beratung begeben sich Klaus Tischendorf

und Stefan Brangs zu ihren Fraktionen; die

anwesenden Mitglieder der Fraktion DIE LINKE

und der Fraktion der SPD kommen in den hinteren

Reihen des Plenarsaals zu einer kurzen Beratung

zusammen. – Christian Piwarz, CDU:

Herr Präsident, wir können weitermachen! –

Nach Ende ihrer Beratung entfernen die Mitglieder

der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der

SPD den Button von ihren Revers.)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den geschäftsordnungsmäßigen Zustand, so meine ich, wiederhergestellt und können in der Tagesordnung fortfahren.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 5 bis 9 folgende Redezeiten festgelegt: CDU bis zu 75 Minuten, DIE LINKE bis zu 50 Minuten, SPD bis zu 30 Minuten, FDP bis zu 30 Minuten, GRÜNE bis zu 25 Minuten, NPD bis zu 25 Minuten, Staatsregierung 50 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte – Sie wissen das – je nach Bedarf verteilt werden.

Ich sehe in dieser Runde keine weitere Wortmeldung zur Tagesordnung. Ich sehe auch keine Änderungsvorschläge oder Widerspruch. Die Tagesordnung der 56. Sitzung ist damit ohne Änderungen bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Schicksale anerkennen –

DDR-Unrecht in Kinderheimen aufarbeiten

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: Kein Hafturlaub für Schwerverbrecher –

Weitere Liberalisierung des Strafvollzugs stoppen

Antrag der Fraktion der NPD

Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE

10 Minuten, NPD 15 Minuten; Staatsregierung zwei Mal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Schicksale anerkennen –

DDR-Unrecht in Kinderheimen aufarbeiten

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde lautet: DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Für die einbringende Fraktion der CDU ergreift Frau Kollegin Strempel das Wort, die hier vorn mit einer ganzen Reihe von Zitaten – so sehe ich das – agieren möchte. Ansonsten in freier Rede!

(Heiterkeit)

Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition hat für die heutige Aktuelle Debatte ein Thema beantragt, das würdig ist, in diesem Hause diskutiert zu werden. Es betrifft Menschen, die nicht vor diesem Haus demonstrieren. Es betrifft Menschen, die aus der inneren gedemütigten Seele heraus seit vielen Jahren und Jahrzehnten mit ihrem eigenen Leben nicht mehr klarkommen. Diese Menschen verdienen es, dass wir heute über sie sprechen und auf ihre Situation bzw. ihre Probleme aufmerksam machen. Lassen Sie mich deshalb mit einem Zitat beginnen: „Ich habe mich nie getraut, meiner Mutter zu sagen, wie beschissen es mir geht, welches Heimweh ich habe, was die hier mit mir im Heim machen, dass sie mich schlagen. Ich wusste, das heißt nur, ich bekomme danach noch mehr Prügel von der Gruppe. Ich habe mir nie was anmerken lassen bei den Besuchen, alles unterdrückt. Das war sehr schwer, denn mir war zum Heulen zumute.“ Mit 14 Jahren kam dieser Junge in einen Jugendwerkhof. Es steht im Bericht: „Er hat sich genommen, was er wollte, egal wozu, ob zum Putzen, zum Wäschewaschen, zum Kochen, Backen oder um seine Gelüste, seine eigene Sexualität einfach auch zu erleben.“ Ein Zitat aus dem ZDF-Morgenmagazin vom 28.11.2001 von einer Betroffenen, Heidemarie Puls. Als Einleitung spricht das dafür, was viele zahlenmäßig noch nicht erfasste Menschen an Schicksal teilen.

1989 gab es in Sachsen circa 6 000 Heimplätze. Davon waren 1 300 in sogenannten Spezialkinderheimen und Jugendwerkhöfen. Von 1949 bis 1990 gab es in der DDR ungefähr 600 000 Heimunterbringungen, in Torgau allein – die "Hölle", wie sie genannt wurde – 4 000 Jugendliche. Der Bericht, im Auftrag der Bundesregierung erarbeitet, wurde im März dieses Jahres vorgestellt. Hier geht mein Dank an unsere Staatsministerin, die sich gemeinsam mit ihren Kollegen der neuen Bundesländer dafür eingesetzt hat, dass nicht nur die Aufarbeitung, sondern auch die Überlegung zu einem finanziellen Fonds kommt, der jetzt tatsächlich umgesetzt werden soll. Der Bericht spricht

Bände, denn er weist Gewalt und Zwang an Kindern, Jugendlichen und – man höre – an Säuglingen nach.