Protocol of the Session on January 25, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 48. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Kurz vor Weihnachten haben die Abgeordneten des Sächsischen Landtages die Nachricht vom Tod des Abg. Winfried Petzold erhalten. Der Abgeordnete der NPDFraktion verstarb am 22. Dezember 2011 nach längerer Krankheit im Alter von 68 Jahren. Herr Winfried Petzold gehörte seit Oktober 2004 dem Sächsischen Landtag an. Er war Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft, im Bewertungsausschuss und beratendes Mitglied im Wahlprüfungsausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, insbesondere seiner Frau und seinem Sohn. Ich bitte Sie, sich zum Gedenken an den Verstorbenen von den Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten aller Fraktionen und die Mitglieder der Staatsregierung erheben sich von den Plätzen.)

Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Entsprechend § 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung werden neu in den Landtag eintretende Abgeordnete von mir in der ihrer Berufung folgenden Sitzung des Landtages durch Handschlag verpflichtet. Das ist heute der Fall. Ich begrüße Herrn Mario Löffler, Fraktion der NPD, der für Herrn Petzold gemäß der Reihenfolge auf der Landesliste nachgerückt ist. Ich bitte Herrn Mario Löffler, zu mir zu kommen, damit die Verpflichtung durch Handschlag erfolgen kann.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen. – Vereidigung des Abg. Mario Löffler, NPD)

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Besier und Herr Schiemann.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 und 5 bis 11 festgelegt: CDU bis zu 120 Minuten, DIE LINKE bis zu 80 Minuten, SPD bis zu 48 Minuten, FDP bis zu 48 Minuten, GRÜNE bis zu 40 Minuten, NPD bis zu 40 Minuten, Staatsregierung 80 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Meine Damen und Herren! Ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen in der Drucksache 5/8006 vor zur Drucksache 5/2482 mit dem Thema: „Ergänzung des Untersuchungsauftrages zum Thema ‚Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung und von ihnen beauftragter leitender Behördenvertreter für etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz,

Polizei und sonstiger Landes- und kommunaler Behörden in Sachsen für das Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen und für die unzureichende Aufklärung sowie gezielte Desinformation gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit im Umfeld der Debatten um den sogenannten Sachsensumpf – kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen‘“.

Die Prüfung des Antrages hat ergeben, dass hier keine Dringlichkeit gegeben ist. Für Anträge, mit denen eine nachträgliche Erweiterung eines Untersuchungsauftrages beschlossen werden soll, kommt die Anwendung von § 53 Abs. 2 c unserer Geschäftsordnung nicht in Betracht. Wie gesagt, es handelt sich hierbei nicht um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, sondern um die Erweiterung eines Untersuchungsausschusses. Hier ergibt sich per se keine Dringlichkeit.

(Christian Piwarz, CDU: Unzulässiger Antrag! – Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Jetzt sehe ich eine Wortmeldung. Ich habe dies erwartet. Herr Kollege Bartl; bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident, auch für Ihre geschätzte Weitsicht. – Herr Präsident, wir sind etwas überrascht über Ihre Feststellung, dass keine Dringlichkeit vorliegen soll, vor allem deshalb, weil in der Vergangenheit in der Praxis dieses Parlaments Erweiterungsanträge betreffs der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen regelmäßig als dringlich behandelt worden sind.

Ich erinnere daran, dass im Jahr 2008 ein Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE

LINKE auf Erweiterung des Einsetzungsbeschlusses betreffend den 1. Untersuchungsausschuss zur Problematik Landesbank ganz selbstverständlich als dringlich behandelt worden ist. Da war es letzten Endes so, dass der von den beiden Fraktionen eingereichte Antrag am 14. Januar 2008 als dringlich in den Geschäftsgang ging, am 15. Januar ausgereicht worden ist und der Präsident am 15. Januar früh als ersten Tagesordnungspunkt exakt diesen Antrag zur Behandlung aufgerufen hat. Das liegt eigentlich auch in der Logik des Gesetzes über die Bildung von Untersuchungsausschüssen.

Dieses Gesetz sieht das im Grunde genommen ausdrücklich vor, formuliert in § 2 Abs. 3 Satz 1. Der Antrag wird vor anderen Beratungsgegenständen auf die Tagesordnung genommen unter dem Aspekt, dass selbstverständlich bei Untersuchungsausschüssen, sowohl wie sie nach der Einsetzung bestehen als auch aus sich aktuell ergebenden notwendigen Erweiterungen, die eine ganz besondere Dringlichkeit aufweisen können, das Parlament aus dieser Situation heraus in der Lage sein soll, sich mit der Sache zu befassen. Insofern überrascht uns, dass die Dringlichkeit nicht festgestellt wurde. Wir bitten um Prüfung unter dem Aspekt der bisherigen Behandlung derartiger Anträge im Parlament seit Oktober 1990.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir haben das natürlich geprüft, Herr Kollege Bartl. Der damalige Fall ist nicht vergleichbar. Vielleicht noch einmal für uns alle: Es handelt sich hier nicht um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der per se dringlich wäre und automatisch als Dringlicher Antrag ohne Fristen und vieles andere auf die Tagesordnung käme. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass es hier um die Erweiterung eines Untersuchungsausschusses geht. Dazu ist unser Rechtsstandpunkt, dass die Dringlichkeit für die Erweiterung eines Untersuchungsausschusses per se nicht gilt. Ich ziehe noch einmal den Vergleich zu dem Fall, Herr Kollege Bartl, den Sie gerade angeführt haben. Damals wurde dieser Antrag im Präsidium behandelt, und es gab dabei keinerlei Probleme. Das Präsidium war sich darin einig, diesen Antrag zu behandeln. Dort stand zwar „Dringlicher Antrag“ darüber, es war aber kein Dringlicher Antrag, und er wurde auch nicht als solcher behandelt. Das ist also eine andere Situation.

Ich könnte Ihnen jetzt zwei Wege weisen, wie Sie vielleicht noch zum Ziel kommen könnten. Das eine ist Folgendes: Bei Ihnen steht jetzt noch „Dringlicher Antrag“ darüber. Sie könnten die Dringlichkeit jetzt noch begründen. Dann gäbe es zwei Hürden, die zu überspringen wären, um den Antrag auf die Tagesordnung zu bringen. Die eine wäre die übliche Zweidrittelmehrheit nach § 114, Abweichung von der Geschäftsordnung. So diese Zweidrittelmehrheit erreicht würde, käme der Antrag hier zur Diskussion, und dann müsste über die Dringlichkeit abgestimmt werden. Das wäre der eine Weg.

Ich könnte Ihnen noch einen anderen Weg weisen: Sie wissen, dass die Erweiterung eines Untersuchungsausschusses in gewisser Weise singulär ist. Wir haben dafür keine Regelung in unserer Geschäftsordnung. Sie legen das in der einen Richtung aus, unser Standpunkt geht in die andere Richtung. Der andere gangbare Weg für Sie wäre wegen dieser Singularität Erweiterung des Untersuchungsausschusses der § 79. Aber Ihnen geht es jetzt erst einmal um die Dringlichkeit. Wenn Sie die Dringlichkeit hier nachträglich begründen würden, so könnten wir über die Abweichung von der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit abstimmen. Das wäre der eine Pfad, den ich Ihnen weisen könnte, der andere wäre der über § 79.

Sie sehen, wir haben uns sehr damit beschäftigt. Wollen Sie einen dieser beiden Pfade begehen, Herr Bartl?

Ich danke Ihnen sehr, Herr Präsident, auch für die Konstruktivität, mit der das Präsidium diese Frage beraten hat. Uns geht es darum, dass das Parlament so rasch wie möglich in die Lage versetzt wird, sich mit der Problematik NSU und dem Handeln der Behörden und der Staatsregierung in diesem Zusammenhang zu befassen. Wir wollen dazu gern den Weg gehen, der am konsensualsten möglich ist, und das wäre in

diesem Falle offensichtlich der, dass wir über § 79 die entsprechende Erweiterung vornehmen. Wir würden also jetzt nicht einen sophistischen Streit über die Dringlichkeit – ja oder nein – und darüber führen, ob die Behandlung seinerzeit dringlich war oder nicht, sondern wir würden darum bitten, den von Ihnen vorgeschlagenen zweiten Weg, die zweite Alternative entsprechend zur Abstimmung zu bringen.

Ich sehe jetzt eine Wortmeldung von Kollegen Piwarz am Mikrofon 5.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden diesen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung, wie er jetzt gestellt ist, ablehnen. Dabei geht es mir nicht um die Frage des Inhalts dieses Antrags, sondern rein um die Frage der Form und auch des kollegialen Miteinanders.

Der Antrag auf Erweiterung eines schon bestehenden umfangreichen Untersuchungsausschusses, der uns

vorliegt, wurde uns gestern Nachmittag informell zu Kenntnis gegeben; ausgeteilt worden ist er erst heute Morgen. Wir sehen uns nicht in der Lage, heute fundiert über diesen Antrag, der aus sieben Seiten besteht, zu diskutieren. Wir halten es auch für einen schlechten kollegialen Stil, das so kurzfristig zu tun. Ich wage mir auszumalen, was passiert wäre, wenn die Koalition ähnlich kurzfristig Anträge eingereicht hätte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass Herr Bartl hier schon im Kreis gesprungen wäre, kann ich mir vorstellen. Wahrscheinlich wäre er aber schon auf dem Weg nach Leipzig gewesen und hätte versucht, beim Verfassungsgericht in dieser Angelegenheit Einlass zu begehren.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Wenn Sie so mit uns umgehen, müssen Sie damit rechnen, dass wir entsprechend entgegnen.

Ich will noch auf eines hinweisen, Herr Bartl: Weil wir schon am vergangenen Montag, also vor mehr als einer Woche, den Zeitungen entnehmen durften, dass Sie sich sehr sicher sind, diesen Untersuchungsausschuss zu erweitern, haben wir Ihrer Fraktion frühzeitig bedeutet, dass wir dem nicht im Wege stünden, wenn Sie bis zur Präsidiumssitzung am letzten Mittwoch einen entsprechenden Antrag vorlegen. Wir hätten ihn im Präsidium passieren lassen. Aus Gründen, die Sie selbst klären müssen, ist es Ihnen offensichtlich nicht möglich gewesen, das, was Sie medial längst angekündigt haben, mit einem Antrag zu unterlegen.

Bei dem Spielchen, das Sie jetzt spielen, werden wir ganz sicher nicht mitspielen. Deswegen werden wir diesen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich würde Ihnen jetzt noch eine Entgegnung ermöglichen – Kollege Bartl hat

noch einmal um das Wort gebeten –, und dann würde ich auch in Erläuterung dieses besonderen singulären Falls – Erweiterung eines Untersuchungsausschusses – den Abstimmungsgegenstand formulieren.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Kollege Piwarz hat es schon angedeutet: Die Erwägung, diesen Erweiterungsantrag einzubringen, ist seit Längerem erörtert, debattiert und auch medial reflektiert worden. Es ging um die Frage, wer die entsprechende Erweiterung unterstützt.

Es hat seinen guten Grund, weshalb die Geschäftsordnung vorsieht, dass man Anträge zu Untersuchungsausschüssen an dem Tag einbringen kann, an dem das Parlament berät.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das ist mehrfach passiert. Es ist zum Beispiel auch mit dem Antrag auf Erweiterung des Einsetzungsantrages zum Untersuchungsausschuss Landesbank passiert. Das war am gleichen Tag. Dass das keine Verfassungsfrage ist oder wir deswegen nicht nach Leipzig gehen würden, ist klar. Sie kennen doch das Problem. Aber das ist eine regelmäßige Übung gewesen. Insofern bin ich überrascht, dass jetzt gewissermaßen mehr oder weniger darauf abgestellt wird. Wir nehmen das so zur Kenntnis, sagen aber, dass

das im Hause immer üblich war und niemals Anstoß erregt hat.

Danke schön.

Gut, vielen Dank. – Ich formuliere jetzt noch einmal: Wir haben für diesen speziellen Fall – Stichwort Singularität –, Erweiterung eines Untersuchungsausschusses, eigentlich keine Regelung in der Geschäftsordnung. Deshalb würde der Aufnahme dieses Antrages in die Tagesordnung durch Mehrheitsentscheidung in unserer Geschäftsordnung auch hinsichtlich Fristenregelung usw. nichts entgegenstehen. Wir können also nach § 79 Abs. 5 der Geschäftsordnung jetzt darüber abstimmen, ob wir die Tagesordnung um diesen hier vorliegenden Antrag, über dem jetzt noch das Wort „Dringlich“ steht, erweitern.

Darüber möchte ich jetzt abstimmen lassen. Wer für die Aufnahme dieses Antrags in die Tagesordnung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Aufnahme dieses Antrags in die Tagesordnung abgelehnt.

Meine Damen und Herren, gibt es jetzt noch weitere Anträge zur Tagesordnung? – Das kann ich nicht erkennen. Die Tagesordnung der 48. Sitzung ist damit bestätigt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1