Arnold Schoenenburg
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Rehberg, Sie haben es wieder mal verpatzt. Sie haben nämlich der Versuchung nicht widerstehen können, hier wieder kräftig Parteipolitik zu machen bei einem Thema,
das auch durch die Enquetekommission – und das haben Sie ja selbst gesagt – ganz anders behandelt worden ist.
Und leider haben Sie auch wieder versucht, aus dem Thema Wahlkampf zu machen.
Manchmal sollte man eben der Versuchung widerstehen, überall punkten zu wollen. Das geht nämlich nach hinten los. Und deswegen will ich an der Stelle auch nicht
heftig mit der CDU polemisieren, obwohl ihre Rolle in der Enquetekommission, na ja, doch sehr verschieden bewertet werden kann.
Nein, ich denke, das entspricht nicht dem Geist und der Tätigkeit der Enquetekommission.
Man kann sagen – und ich sage das hier ganz bewusst –, die Arbeit hat sich gelohnt. Es hat sich erwiesen, dass sie in einem parlamentarischen Gremium zu einer fruchtbringenden konstruktiven und parteiübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Abgeordneten, Vertretern der Ministerien, der kommunalen Spitzenverbände sowie Praktikern aus Verwaltungen und den kommunalen Vertretungen kommen kann, die auch zahlreiche Ergebnisse hervorbringt. Das ist doch der Punkt.
Die Arbeit der Enquetekommission, aller Mitglieder, beratender Mitglieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats und der Fraktionen soll hier von uns, der PDS-Fraktion, ausdrücklich gewürdigt werden. Und es ist doch ganz klar, dass eine Enquetekommission, die am Ende Beschlüsse fasst, auch Streit auf den Weg bringt. Und es ist doch ganz klar, dass der Innenminister nicht unbedingt die Meinung haben muss, die dieser oder jene Abgeordnete hat oder diese oder jene Fraktion. Das bringt doch den Streit, die Sache voran. Das behindert sie doch nicht. Und selbstverständlich ist, wenn wir uns am Ende anders entschieden haben, der Gedanke einer Gesamtgemeinde ein legitimer Gedanke. Andere Länder tun es doch, gerade Länder, die unter CDU-Führung stehen. Deswegen meine ich nicht, dass man es hier tun muss, aber darüber nachzudenken und das als ein Denkmodell zu sehen, das ist zulässig, das ist in Ordnung.
Also wir danken allen, die da mitgewirkt haben. Und ich denke, auf der Grundlage des Berichts und der Ergebnisse sollte jetzt in der nächsten Legislaturperiode weitergemacht werden.
Leider, das muss ich an der Stelle doch sagen, tat sich die CDU zunächst sehr schwer, überhaupt in der Kommission mitzuarbeiten. Und ich sage auch voll Stolz, wenn es bei der CDU sehr schwer war, uns ist es sehr leicht gefallen. Im Gegenteil, wir haben als PDS diese Enquetekommission initiiert gemeinsam mit unserem Partner. Von der CDU hatte ich da nichts gehört. Gegen die Wahl des Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden am 28. September 2000 wurde erst einmal – und das war der CDU das Wichtigste – Klage beim Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegt. Bis zur Klärung nahm die CDU-Fraktion nicht an den Sitzungen der Enquetekommission teil. Das ist natürlich ihr gutes Recht, aber für die Sache der Kommunen war das wenig hilfreich. Besser gesagt, die Arbeit der Kommission wurde durch diese Verhaltensweise der CDU behindert. Und nun sage ich mal, es war doch wohl ein großes Zugeständnis der Enquetekommission, Herren der CDU als sachkundige Bürger oder was auch immer in die Sitzung der Kommission einzuladen. Das hätte gar nicht zu sein brauchen, aber das war ein Entgegenkommen. Und es ist schon ein bisschen seltsam, wenn Sie sich dann sozusagen hier mit
diesem Entgegenkommen auch noch brüsten und sich spreizen wie ein Pfau. Der Einsetzungsbeschluss hatte die Richtung der Arbeit bestimmt. Nach seinen Vorgaben konnte die Arbeit auch ohne Mitwirkung der CDU strukturiert werden.
Seine Grundstruktur wird auch in dem nun vorgelegten Bericht deutlich. Auf der Grundlage einer Analyse der Situation der Städte und Gemeinden des Landes und unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen mit verschiedenen Modellen zur Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungseffektivierung sollten Empfehlungen für zukünftige Strukturen gegeben werden mit dem Ziel, die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung tatsächlich dauerhaft zu sichern und zu stärken. Modelle und Maßnahmen zur Gestaltung einer effizienten und leistungsfähigen Gemeindestruktur sollten dargestellt und in Bezug auf Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger, demokratische Struktur, Personalbedarf, Kosteneinsparung und kommunale Handlungsfähigkeit bewertet werden. Im Ergebnis wurden Strukturveränderungen sowie Maßnahmen zur Sicherung ihrer politischen Akzeptanz vorgeschlagen, erste Ergebnisse zur Funktionalreform und zu den Stadt-Umland-Beziehungen erarbeitet, und das ist doch was.
Wichtigstes Ergebnis aber für uns, die PDS-Fraktion, ist, dass im Lande eine breite öffentliche Debatte auf den Weg gebracht wurde und die kommunale Ebene – die Gemeinden und Landkreise, Gemeindevertretungen, Verwaltungen sowie nicht wenige Bürger – für die Problematik sensibilisiert wurde. In den Gemeinden, Ämtern, Landkreisen und Städten wurde das Thema diskutiert, umfangreiche Befragungen, die im Rahmen der Arbeitsgruppentätigkeit zur Rolle der amtsfreien Gemeinden, der Amtsverwaltungen und amtsangehörigen Gemeinden sowie der geschäftsführenden Gemeinden und zu Kooperationsmodellen vorgenommen wurden, ließen die Erfahrungswerte mit den momentanen Strukturen und die Anregung für deren Weiterentwicklung in die Arbeit der Enquetekommission einfließen. Sitzungen der Arbeitsgruppen vor Ort unterstützten diesen Prozess, wo kommunale Verantwortungsträger aktiv in die Arbeit einbezogen wurden.
Aber auch darüber hinaus nutzten viele Betroffene aus dem kommunalen Raum die Möglichkeit, der Enquetekommission ihre Meinung mitzuteilen. Leider wurden ja – vielleicht auch konnten – viele der Anregungen und Bedenken nicht weiterverfolgt und in den Empfehlungen berücksichtigt. Eines wurde jedoch ganz klar: Die im Land bestehende und durch die Kommunalverfassung vorgegebene Grundstruktur aus amtsangehörigen Gemeinden und amtsfreien Gemeinden des kreisangehörigen Raumes hat sich bewährt. Sie soll beibehalten und weiter ausgestaltet werden.
Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den durchgeführten Untersuchungen ist es, dass es in den Bedingungen des weiträumigen dünn besiedelten Flächenlandes Mecklenburg-Vorpommern entsprechend kein Strukturkorsett nach dem Beispiel anderer Bundesländer geben sollte. Wir brauchen unseren eigenen Weg. Sinnführend bei notwendigen Veränderungen muss das reale Leben sein. Nicht die Arbeitserleichterung für die Verwaltung darf an erster Stelle stehen, sondern an erster Stelle müssen stehen der Bürger, die Bürgerin, die Einwohner in ihrem Lebensumfeld mit ihren Bedürfnissen und Anforderungen an staatliche Verwaltung. So herum wird ein Schuh daraus.
Ein Mangel tat sich in unserer Arbeit doch auf. Die erreichten Arbeitsergebnisse zu den vier Schwerpunkten wurden relativ beziehungslos nebeneinander gestellt. Es gab und gibt den Versuch, einzelne Resultate – zum Beispiel die Empfehlung bezüglich der Mindestgrößen von Gemeinden und Ämtern – zu verabsolutieren, sie ohne Einbettung in die Gesamtsituation, ja ohne ausreichende Untersuchungen zur Umsetzung zu empfehlen. Dabei zeigt sich nach Meinung der PDS-Fraktion ganz deutlich, dass die Arbeit noch nicht abgeschlossen ist. Der Versuch, ohne ausreichende Untersetzung erlangte Ergebnisse umzusetzen, wird sich als nicht machbar erweisen. Die gemachten Zahlenvorgaben sind weder wissenschaftlich begründet, noch gehen sie auf die Bedingungen des Flächenlandes Mecklenburg-Vorpommern in ausreichender Weise ein.
Beispiele von Gemeindestrukturreformen von oben sehen sich heute einer Flut von gerichtlichen Anfechtungen gegenüber, wie das Beispiel Brandenburg zeigt. Dort hat der Innenminister Schönbohm, CDU, in der Koalitionsvereinbarung mit der SPD die Ergebnisse der dortigen Enquetekommission rigoros beiseite geschoben und versucht, eigene Vorstellungen durchzusetzen. Erste Ergebnisse sind schon gerichtlich in Frage gestellt worden. Es gibt erheblichen Widerstand gegen die dortige Gemeindegebietsreform. Circa 300 Gemeinden sind nicht bereit, sich zu Großgemeinden zusammenzuschließen. Und auch da sage ich den Bürgern in unserem Land, in den Gemeinden: Schaut nach Brandenburg und schaut, was dort die CDU anrichtet, und bedenkt das, wenn ihr wählen geht!
Eine ähnliche Reaktion wäre auch bei uns zu erwarten, wenn es zu gesetzlichen Festschreibungen der bisherigen Empfehlungen ohne weitergehende Untersuchungen käme. Eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen wäre unabdingbar häufig schon allein den weiten Entfernungen, die zwischen einzelnen Gemeinden liegen, geschuldet.
Die beiden PDS-Abgeordneten in der Enquetekommission haben in einem Sondervotum zum Bericht die Probleme dargestellt, wegen derer sie sich bei der Abstimmung der Stimme enthielten. Gerade die bisher fehlende Thematisierung von Beziehungen zwischen Funktionalreform und künftigen Gemeinde- und Ämterstrukturen sowie die Prüfung von Rückschlüssen und notwendigen Auswirkungen hätten die eigentliche Substanz gesicherter tragfähiger und praktikabler Empfehlungen an den Landtag ergeben müssen. Rechtzeitige Hinweise darauf gab es von Herrn Professor Dr. Schröder. Ich zitiere: „Gerade mit Blick auf die zukünftige Entwicklung der Aufgaben der Gemeinde muss auch früh über die Verbindung zwischen einer Gemeindestrukturreform und einer Funktionalreform sowie deren Umfang gesprochen werden.“ Oder auch: „Die Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Gemeinden sind nicht von einer Definition der Aufgaben der Gemeinden zu trennen.... Daraus folgt, dass eine mögliche Funktionalreform schon früh in die Überlegungen einbezogen werden muss.“
Professor Hesse schrieb dazu in seinem Gutachten „Regierungs- und Verwaltungsreform in MecklenburgVorpommern“: „Unter Berücksichtigung kultureller, traditioneller und politisch-gesellschaftlicher Rahmenbedingungen heißt dies, die Strukturen den Erfordernissen der jeweiligen Aufgaben anzupassen, nicht hingegen die Kompetenzverteilung an bestehenden Organisationsstrukturen zu orientieren. Struktur- und Funktionalreform bilden das eigentliche Handlungspotenzial für Regie
rungs- und Verwaltungspolitik auf Länderebene.“ Also nicht erst eine Struktur schaffen und dann über die Funktionen nachdenken, genau umgekehrt geht es.
Ach wissen Sie,
Herr Jäger, es ist doch gar nicht mein Problem, was die CDU wünscht oder nicht wünscht.
Wir müssen wissen, was wir wollen,
und das wussten wir von Anfang an ganz genau.
Deswegen haben wir auch diese Enquetekommission gewollt, und da brauchten wir Ihren Ratschlag von der Seite durchaus nicht, Ihren schon gar nicht.
Insofern wurde der Arbeitsauftrag der Enquetekommission laut Einsetzungsbeschluss aufgrund seiner Komplexität und der ausreichenden Zeit nicht vollständig erfüllt. Ich verstehe schon, dass für so manch einen Mitarbeiter im Innenministerium oder auch in einem Gemeindeamt eine sozusagen hieb- und stichfeste Zahl wünschenswert wäre. Das entspricht schon unserem deutschen Hang, Ordnung zu schaffen. Aber bevor wir Zahlen aus dem Hut zaubern und sie dann per Kompromiss zurechtfrisieren, muss doch wohl die Frage gestattet sein, was denn die Gemeinde – und wir reden bei unserem Streit ja niemals über städtische Gemeinden, sondern über Dorfgemeinden in dünn besiedelter Fläche – überhaupt als Gemeinschaft ihrer Bürger in den kommenden 20 oder 30 Jahren zu leisten hat. Das ist die Frage. Alte Strukturen sind schnell zerschlagen. Wer aber über die Zukunft der Gemeinden auf dem flachen Land redet, sollte nicht vergessen, dass die meisten von ihnen schon Jahrhunderte existieren. Sie haben Preußen, Schweden, Königreiche, Besetzungen, kurz, gute und schlechte Zeiten kommen und gehen sehen und sie haben sie überlebt. Das ist im Bewusstsein der Bevölkerung verankert, Kommunen darf man nicht zuerst als Verwaltungseinheiten sehen, sondern sie sind zuerst Bürgergemeinschaften.
Und Bürgersinn, die Bereitschaft, sich füreinander einzusetzen, ist vor allem dort, wo der Kontakt eng ist, wo der Nachbar nah ist. Wer das bedenkt, wird behutsam sein bei möglichen Veränderungen der Gemeindestrukturen. Erst im Zusammenhang mit einer umfassenden Funktionalreform sollte über die geeignetsten Gemeinde- und Verwaltungsstrukturen endgültig befunden werden.
Verfehlt scheinen nicht nur uns Größenvorgaben für amtsangehörige Gemeinden zu sein, nicht nur uns. In einer „Studie zur Neuordnung der Gemeinden im Umland von Ribnitz-Damgarten“, Rostock, Dezember 2001, verweist der Autor Christian Birringer auf den folgenden Aspekt: „Da amtsangehörige Gemeinden keine Verwal
tung unterhalten, hat die Größe dieser Gemeinden keinen Einfluss auf die Verwaltungskraft.“ Jawohl, das ist genau auch meine Erfahrung als Einwohner einer solchen kleinen ländlichen Gemeinde. Sie kosten schlicht und einfach nichts. Ämter, die aus amtsangehörigen Gemeinden bestehen, dienen der Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung im ländlichen Raum und haben ihre Berechtigung als durch die Praxis angenommene Strukturformen nachgewiesen. Zukünftige Ämtergrößen sollen den differenzierten Bedingungen im Land gerecht werden und sich an den zukünftig zu bewältigenden Anforderungen und der daraus resultierenden notwendigen Leistungskraft orientieren. Eine formale Festlegung von Mindest- und Regeleinwohnergrößen wird der notwendigen komplexen und differenzierten Betrachtungsweise nicht gerecht.
Wir sind nicht gegen Neuzuschnitte von Ämtern – das will ich hier ganz deutlich sagen –, aber wir sind gegen jeden Schematismus. Auch zukünftig soll also keine verbindliche Mindestgröße für amtsangehörige Gemeinden festgelegt werden. Eine effektive Aufgabenwahrnehmung kann durch vielfältige Kooperationen zwischen den Gemeinden beziehungsweise über das Amt erreicht werden. Eine Bündelung der Finanzkraft kleiner Gemeinden kann im Rahmen des Amtes erfolgen. Ich denke, da sind sich alle Fraktionen hier auch einig. Wollen Gemeinden freiwillig fusionieren, sind diese Bestrebungen zu unterstützen, sofern sie dem Willen der Bürger entsprechen. Auch die Größe der Ämter soll sich nicht formal an Mindest- oder Regeleinwohnerzahlen orientieren, sondern den differenzierten Bedingungen funktional und räumlich angepasst sein.
Zur Untermauerung einige Sätze aus dem Schreiben des leitenden Verwaltungsbeamten des Amtes RöbelLand zum Fragebogen der Enquetekommission. Er schreibt: „Charakteristisch für diese Region“ – RöbelLand – „ist u. a. die äußerst geringe Bevölkerungsdichte. Für das Amt Röbel-Land bedeutet das konkret eine Einwohnerdichte von 19 Einwohnern/km 2“ – die Wasserfläche hat er nicht angegeben –
„bei rund 6.150 Einwohnern und einer zu verwaltenden Fläche von 324,91 km2. Zum Vergleich: Röbel/Müritz hat eine Einwohnerzahl von ca. 5.800 Ew. bei einer zu verwaltenden Fläche von nur 30,14 km 2. San Marino“, schreibt er, „hat 24.500 Ew. bei einer Fläche von 60 km 2 und Malta ist mit 390 km2 in der Fläche durchaus vergleichbar“ mit dem Amt Röbel-Land,
aber Malta hat 350.000 Einwohner.
„Dieser Vergleich verdeutlicht, dass es unbedingt wichtig ist, bei Bewertungen das zu verwaltende Territorium zu berücksichtigen und nicht die Einwohnerzahl alleine als Bewertungskriterium heranzuziehen.“
Und weiter aus diesem Schreiben: „Ich vertrete“, sagt der leitende Verwaltungsbeamte, „die Auffassung, dass es nicht darum gehen kann, etwas groß oder klein zu machen – es geht um Effizienz, um Flexibilität, um Qualität und Wirtschaftlichkeit.... Der Zusammenschluss von nicht
leistungsfähigen Gemeinden führt nicht zwangsläufig zu einer leistungsfähigen und finanzstarken Gemeinde, in der die kommunale Selbstverwaltung gesunden Boden hat. Einmalige ,Finanzspritzen‘ können daran auch nichts Wesentliches bewirken.... Es fehlt der wissenschaftliche Nachweis, dass Ämter dieser Größenordnung nicht fähig sind, die künftigen Aufgaben zu erledigen, sowie bei Vernichtung des Bewährten Besseres entsteht.“
Effektive Verwaltungsabläufe sind durch verschiedene Formen der Verwaltungsmodernisierung und durch das Eingehen vielfältiger Möglichkeiten kommunaler Zusammenarbeit zu erreichen. In verdichteten Siedlungsräumen sind die vorhandenen Ämterstrukturen auf ihre Zweckmäßigkeit zu prüfen und kritisch zu hinterfragen. Das ist ganz klar für uns. Der freiwillige Zusammenschluss von Amtsverwaltungen ist zu befördern. Entstehen durch solche freiwilligen Verwaltungszusammenschlüsse, verbunden mit dem Umzug der Verwaltung in einen anderen Ort, für den Bürger unzumutbar weite Wege, so sollte in dem ehemaligen Verwaltungsstandort ein Bürgerbüro vorgehalten werden. Dort können dann vorrangig Anträge zu Wohngeld und Sozialhilfe entgegengenommen beziehungsweise Probleme aufgenommen werden, um deren Klärung einzuleiten.
Die Fragen der räumlichen Beziehungen haben in der Arbeit der Enquetekommission nur eine untergeordnete Rolle gespielt, was den Wissenschaftler Dr. Wolfgang Weiß dazu bewogen hat, ein Sondervotum zum Beschluss der Enquetekommission zu den Zielen von Gemeinde- und Ämterstrukturen abzugeben. Darin verweist er auf die dominanten arbeits-, versorgungs- und raumfunktionalen Beziehungen, die von den Bürgern wahrgenommen werden. Sie sollten Grundlage für Überlegungen zu zukunftsfähigen Strukturen sein. Die Festlegung einer Einwohnerzahl insbesondere ohne Beachtung der Bevölkerungsdichte und der räumlichen Verflechtungen hält er nicht für sinnvoll.
Der Zusammenhang dieser Überlegung zum ZentraleOrte-System wurde in der Arbeit der Kommission nur ansatzweise untersucht und deutlich. Es gab aus der Kommission heraus noch keine Impulse für dessen Überarbeitung, aber zum Beispiel vom Bürgermeister der Stadt Malchow in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Enquetekommission vom 12. Juni 2001. Darin verweist er darauf, dass über finanzielle Unterstützung auch für solche Fälle nachgedacht werden sollte, wenn beispielsweise durch die Bildung einer neuen Verwaltungseinheit Stadt Malchow/ Amt Malchow-Land ein mit entsprechender Infrastruktur ausgerüsteter wirtschaftlicher, touristischer Bereich zusammengefasst wird, der alle Kriterien eines Mittelzentrums erfüllt. Natürlich müssen die Schaffung zukunftsfähiger Strukturen und die Überarbeitung des Zentrale-OrteSystems aufeinander abgestimmt werden. Hier gibt es noch viel zu tun. Viele zentrale Orte sind schon lange nicht mehr das praktische Zentrum für die Bürger und ihre Wege zur Schule, zum Arzt oder anderswohin.
Nun habe ich vor allem über Fragen gesprochen, wozu es in der Enquetekommission unterschiedliche Auffassungen gab. Die Wahrheit ist, in der großen Mehrheit aller aufgeworfenen Fragen überwog die Übereinstimmung. Deshalb fällt es uns nicht schwer, die gemeinsame Entschließung aller drei Fraktionen unseres Hauses mitzutragen.
In Bezug auf Funktionalreform und Verwaltungsmodernisierung kommt es darauf an, die bisherigen positiven Ergebnisse und Erfahrungen im Bereich des Umweltministeriums als Beispiel für andere Ministerien auszuwerten und zu nutzen – immer unter dem Gesichtspunkt des komplexen, umfassenden Herangehens an diese Aufgabe.
Aber eines will ich hier auch ganz deutlich sagen: Das, was Herr Rehberg so als Selbstlob hervorgehoben hat, dass es die vergangene CDU-Regierung geschafft habe, Funktionalreformen auf den Weg zu bringen, das ist doch mehr als lachhaft,
wenn ich diese Missgeburt von kostensenkenden Strukturmaßnahmen
aus der zweiten Wahlperiode bedenke.
Das Papier war sozusagen den Text nicht wert. Es war einfach mal lächerlich. Das Einzige, was übrig geblieben ist von diesem gewaltigen Sprung des Herrn Seite,
der dann sozusagen als Bettvorleger geendet hat,
war doch, dass man an den Amtsgerichten herumgemodelt hat. Das war das Einzige, was dabei herausgekommen ist bei einem riesigen angekündigten Funktionalreformprojekt.
Der Berg kreißte und was machte er? Er gebar ein Mäuslein.
Genau dieses Mäuslein wollen wir nicht und deswegen lassen wir uns Zeit, deswegen haben wir das vorbereitet. Deswegen möchten wir auch, dass der Landtag sich in der nächsten Legislaturperiode damit befasst, damit wir hier im Land eine Funktionalreform und eine Verwaltungsrationalisierung hinkriegen, möglichst von allen Parteien getragen, die sozusagen dem Namen auch Ehre macht und ihr gerecht wird.
Alles andere ist rausgeschmissenes Geld.
Ich bin der festen Auffassung, dass man gerade bei Strukturen mehr als vorsichtig sein muss. Zerschlagen ist schnell was, aufgebaut und was Vernünftiges gemacht, was dann Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte Bestand haben kann, das dauert Zeit und das muss bedacht werden. Und darum geht es auch am Ende der Enquetekommission. Das, was die Enquetekommission empfiehlt, ist die richtige Richtung.
Wir unterstützen das. Ich habe allerdings doch ein Problem. Ich habe ja in der ersten Enquetekommission nicht nur als stellvertretendes Mitglied mitgearbeitet, die es hier
im Land gab, sondern als Mitglied und Obmann der PDSGruppe. Und für mich war das Allerwichtigste aus dieser ersten Enquetekommission das Protokoll, das in zehn Bänden sozusagen auf dem Tisch steht und in der Öffentlichkeit den Interessierten deutlich gemacht hat, wo man das nachlesen kann. Das fehlt und ich denke, der Landtag sollte Wege finden, um der Öffentlichkeit die Ergebnisse der Enquetekommission besser zugänglich zu machen, als es bisher der Fall ist. – Danke schön.
Also das kann man ja nicht so unwidersprochen stehen lassen.
In der Geschäftsordnung ist für die Beschlussempfehlung genau festgelegt, was zu tun ist. Und es ist so, dass nach unserer Geschäftsordnung jetzt nicht der Antrag Gegenstand der Frage des Präsidenten ist, sondern die Beschlussempfehlung.
Und diese Beschlussempfehlung lautet Ablehnung. Und darüber...
Ich habe Ihnen auch zugehört.
Darüber stimmen wir jetzt ab, das ist der Gegenstand, der formalisierte Gegenstand: Ablehnung des Antrages und nicht Ablehnung jedes einzelnen Punktes des Antrages, sondern ganz pauschal. Und das kann man natürlich nicht teilen. So ist der Fakt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist hier der reinste Reigen der Abschiedskandidaten.
Ich sage es mal so: Offensichtlich hat hier eine Altherrenriege
noch wichtige Ergebnisse zusammengefädelt, die sozusagen ein gewisses Vermächtnis hinterlassen will.
Aber ich denke, das ist ja auch was Gutes.
Ansonsten, muss ich sagen, habe ich nicht den allergrößten Bock darauf, hier im Einzelnen unsere wirklich guten Ergebnisse in der Zusammenarbeit mit der polnischen Seite noch mal darzustellen. Ich bin eigentlich ziemlich sauer, das gebe ich zu, über die Atmosphäre und die Art und Weise, in der wir das Thema behandeln.
Ich denke mir, das haben wir alle zusammen nicht nötig,
uns mit solchem unwürdigen Hin-und-Her-Geschiebe in der Geschäftsordnung wirklich auch noch den letzten Sitzungstag in dieser Legislaturperiode, jedenfalls den letzten planmäßigen in dieser Legislaturperiode selber zu versauen. Ich finde, das muss ich hier ganz deutlich sagen, auch wenn ich mit der Präsidentin ein bisschen rumgeschimpft habe – da bitte ich um Entschuldigung –, ich finde es auch nicht in Ordnung, dass auf der Regierungsbank niemand war.
Ob bei diesem Punkt oder bei jedem anderen Punkt, ich denke, das gehört sich nicht.
Also die gewählten Vertreter sitzen hier und die Regierungsmitglieder sollten darüber nachdenken, was das Wort „Minister“ heißt. Das will ich an der Stelle doch deutlich sagen. Es ist ja so, dass wir relativ großzügig sind in Bezug auf Freistellungen für Minister. Aber so kann es nicht gehen. Das will ich an der Stelle doch ganz deutlich sagen.
Ansonsten, was die Sache hier anbetrifft, ist es, glaube ich, eine Sache, die eine historische Dimension hat. Ich habe mal – ich zitiere mich nicht gerne, gehört sich ja auch nicht, aber an der Stelle ist mir nichts Besseres eingefallen –,
ich habe mal gesagt, die Zukunft Mecklenburg-Vorpommerns liegt in der Osterweiterung der EU. Und das müssen wir sozusagen mit allen Chancen und Risiken
begreifen. Und wie wir uns vorbereiten auf diese Osterweiterung, so wird sie dann für uns nützlich sein oder auch schwierig.
Ich denke, wir sind als Landtag ein Stück weitergekommen, und zwar ein gehöriges Stück. Wir haben eine völlig andere Qualität erreicht. Da spielen eine ganze Menge Personen eine Rolle, ich fand, auch unsere Präsidenten. Da will ich auch bei Herrn Prachtl anfangen. Die Krugsdorfer Erklärung und die Krugsdorfer Zusammenkunft waren ein wichtiger Startschuss. Aber Herr Kuessner hat dann sozusagen mindestens noch zwei Kohlen draufgelegt. Der Rechtsausschuss hat fleißig gearbeitet.
All das war sehr ersprießlich und in all der Zeit habe ich nicht erlebt, dass es Vertreter im Rechtsausschuss gab, die bei der Gelegenheit die Parteifahne heftig geschwenkt haben und sozusagen partielle Vorteile gesucht hätten, sondern was wir da gemacht haben, haben wir gemeinsam gemacht. Das finde ich sehr gut und ich würde mir wünschen, dass dieser Landtag, der natürlich auch immer die Fahne schwenken muss, das aber in dem Maße tut, wie es notwendig ist, und vielmehr sich an der Sache orientiert, als wir es oft tun.
Bei alledem, was ich hier in den zwölf Jahren miterleben konnte, sage ich mal, hat mir vieles Spaß gemacht – ich bin ja auch ein Streithammel –, aber manches hat mir nun überhaupt nicht gefallen, weniger, wenn man mal verloren hat, das hat man ja, wenn man in der Opposition ist, gratis.
Das kann man auch aushalten. Dafür hat man viele andere schöne Freiheiten: Man braucht sich nicht mit dem Koalitionspartner abzustimmen, braucht nicht auf die Regierung zu hören, hat einen richtigen Gegner. Also es macht ja auch Spaß.
Aber ich sage mal, das ist nicht mein Problem. Was mich gestört hat, ist Streit nicht um die Sache, sondern Streit, wenn man sozusagen durch Halbwahrheiten, Unwahrheiten, indem man einen Popanz aufgebaut hat, den man dann beschießt, Unkultur in dieses Parlament getragen hat. Das ist weder der Opposition noch der Regierungsseite von Nutzen. Das ist für den Landtag einfach nur schädlich.
Wir hatten sicherlich nicht den besten Start 1990 alle zusammen. Die Gegensätze waren zu hart, denke ich mir. Aber manches ist damals schon auch versaut worden. Und manches ist von daher auch noch nicht geradegerückt. Vielleicht schaffen es ja die Nächsten besser.
Ich will hier noch zu diesem Beschlussentwurf sagen, ich würde mir schon wünschen, dass wir in der nächsten Phase von der Ebene der Parlamentarier stärker kommen auf die Ebene der schlichten einfachen Bevölkerung. Wir haben zuerst diplomatische Erklärungen gehabt. Jetzt haben wir sozusagen eine aktive Zusammenarbeit der Parlamente. Und die nächste Phase müsste wirklich die Begegnung der Bürger Westpommerns und Mecklenburg-Vorpommerns sein. Das haben wir nicht
und da ist das Wichtigste, dass die Übergänge, die Grenzen, die Wege passierbar werden. Weil wir da nicht vorangekommen sind, deswegen funktioniert vieles auch nicht.
Das würde ich mir sehr wünschen und ich – im Unterschied zu Herrn Helmrich – wünsche mir einen kleinen feinen Europa- oder Osteuropaausschuss für die nächste Wahlperiode,
der nicht nur ein Unterausschuss ist, sondern auch selbständig handeln kann, weil das ein Problem von solcher Bedeutung ist. Das braucht man. Andere Länder haben das und die machen auch ganz andere Musik.
So weit dazu. Ja, ansonsten gehe ich nun bald nach Hause. Bis zum 22. September bleibe ich Ihnen auf jeden Fall noch erhalten und vielleicht kriegen wir dieses oder jenes noch gemeinsam hin. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun bekommen wir am Ende
der Legislaturperiode doch noch einmal das Thema MfS aufgebrummt, so ausgeleiert, wie es auch ist.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir irgendeine Wahlperiode und irgendein Jahr im Landtag hier verbracht haben, ohne dass wir dieses Thema debattiert haben.
Und ich kann mich nicht erinnern, dass es in irgendeiner Diskussion tatsächlich sachlich vernünftig zuging und es nicht um parteitaktisches Kalkül ging.
Um die Wahrheit geht’s Ihnen schon gar nicht. Ihnen schon gar nicht!
Nun, meine Damen und Herren von der CDU, ich denke, dass Sie mit diesem Thema keine Punkte und auch keinen Blumentopf gewinnen können, denn das Thema ist von Ihnen so ausgeleiert worden
und ich will schon darum nicht der Versuchung unterliegen, mit Ihnen allzu sehr zu polemisieren und all das zu wiederholen, was hier dazu bereits x-mal gesagt wurde.
Es ist nicht Geschichte, Herr Prachtl,
was Sie hier bemühen,
es ist sozusagen einseitige Schmutzzuweisung. Mehr nicht!
Ich möchte lediglich ein paar Anmerkungen zum vorliegenden CDU-Antrag machen, was natürlich kein leichtes Unterfangen ist, da der Antrag außerordentlich dürftig ist.
Wenn der Ministerpräsident nach Ziffer 1 des Antrages zur Personalpolitik der Landesregierung in Bezug auf Mitarbeiter, die für das MfS tätig waren, Stellung nehmen und er sich zur Überprüfungspraxis bei Bewerbern in der dritten Legislaturperiode äußern soll, ist es ihm überlassen, was er sagt. Und natürlich hat er gesagt, was er wollte. Es ist doch wohl klar, dass die CDU gern den Ministerpräsidenten vorführen möchte – darum geht es doch hier heute – und dass es ihr darum überhaupt nicht um eine Stellungnahme und Äußerung des Regierungschefs geht, sondern sie möchte sich selber gern äußern. Der Antrag ist offensichtlich wiederum nur ein Vehikel, der Aufhänger für Wahlkampfgetöse, denn zur Personalpolitik in Bezug auf die Überprüfungspraxis gibt es über
haupt nichts Neues. Es gibt nichts, was nicht auch der CDU bekannt wäre.
Und es macht auch im Übrigen wenig Sinn, am Ende der Legislaturperiode eine Äußerung des Ministerpräsidenten zur Überprüfungspraxis der verflossenen vier Jahre haben zu wollen. Natürlich lausche ich – und Sie ja auch – gern den Äußerungen des Ministerpräsidenten und freue mich, dass es offenbar auch weitere Leute gibt, die das gerne tun. Nur sind derartige Äußerungen geschenkt, wenn die Opposition sie erst am Ende der Legislatur einfordert, zu einem Zeitpunkt also, wo die Messen gesungen sind.
So etwas riecht ausschließlich nach Wahlkampf. Und ich weiß auch nicht, meine Damen und Herren von der CDU, was Ihnen überhaupt vorschwebt, wenn Sie in Ihrem Antrag großspurig von Personalpolitik in Bezug auf ehemalige MfS-Mitarbeiter reden. Was meinen Sie denn überhaupt? Ich finde, Herr Helmrich hat richtig das Grundgesetz zitiert und ich zitiere an der Stelle gerne, weil es ja auch fast deckungsgleich ist, die Landesverfassung, und zwar den Artikel 71. Dort heißt es: „Jeder Deutsche“ – und auch ein früherer MfS-Angehöriger oder eine frühere MfSAngehörige sind in der Regel Deutsche – „hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im Land.“
Das ist der Artikel 71. Daraus folgt, dass es eine aparte, lediglich MfS-Leute betreffende Personalpolitik, eine Sonderbehandlung beziehungsweise Ausgrenzung kraft Verfassung nicht gibt, sie geradezu verboten ist.
Eignung und Befähigung müssen wie in jedem anderen Personalfall auch – und da stimme ich auch mit Herrn Helmrich überein – durch Einfallprüfung festgestellt werden.
Warten Sie doch mal ab!
Das ist insoweit vernünftig, weil kein verantwortungsbewusster Dienstherr, wie man so sagt, die Katze im Sack kauft. Das gilt auch für Staatsbürger, die früher für einen Geheimdienst gearbeitet haben. Und so dürfte es auch der Opposition nicht verborgen geblieben sein, dass im Rahmen der Eignungs- und Befähigungsprüfung nach wie vor auch geprüft wird, ob ein Bewerber für das MfS tätig war oder nicht. Für Beamte ist diese Regelung von der früheren großen Koalition überhaupt erst festgeklopft worden. Ich verweise auf Paragraph 8 Absatz 4 des Landesbeamtengesetzes, eine Vorschrift, mit der besonders im Zusammenhang mit der Bürgermeisterdirektwahl erhebliche Komplikationen entstanden sind und die ganz gewiss auf den Prüfstand gehört.
Was sich nun allerdings geändert hat und worauf sich die jetzige Koalition geeinigt hat, ist ein anderer Umgang mit der MfS-Problematik. Die Koalition war 1998 zu der Überzeugung gelangt, dass es eine auf prinzipiellem Misst rauen beruhende Stasiüberprüfung nicht mehr, wie sie bis dahin unter der CDU-Ägide ausgeübt wurde, geben sollte und dass die bis dahin grassierende und von interessierter Seite bewusst geschürte Stasihysterie, die Überprüfungspraxis in Form einer Ausgrenzung von Men
schen, beendet wird. Allerdings ging damals, als die CDU das getan hat, die CDU selbst höchst selektiv vor, höchst selektiv. Es gab böse Stasileute, diejenigen, die offensichtlich nicht für die CDU nützlich waren, und gute Stasileute, vorrangig aus den eigenen Reihen. Die einen wurden rausgefeuert, die anderen durften bleiben und teilweise hohe und höchste Ämter ausüben. Und wenn ich gefragt würde, würde ich hier gerne auch Namen nennen, ansonsten verbietet es sich mir. Darunter sind jedenfalls auch Mitglieder dieser CDU-Fraktion, wie sie heute noch existiert.
SPD und PDS treten gemeinsam dafür ein, so heißt es im Koalitionsvertrag, dass sich Menschen in Deutschland versöhnen können. Und so lautet die Konsequenz daraus in Bezug auf die Überprüfungspraxis, ich zitiere den Koalitionsvertrag: „Die Landesregierung wird Anfragen beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes... nicht mehr generell und ohne Anhaltspunkte für den Verdacht einer Tätigkeit des Bewerbers für das Ministerium der Staatssicherheit der DDR stellen.“ Also, was ist denn nun passiert, meine Damen und Herren?
Nun, nichts weiter, als dass die Regelanfrage nicht mehr immer die Regel ist und nur in den Fällen eine Prüfung erfolgt, die der Herr Ministerpräsident bereits genannt hat und wo das durch vorhandene Anhaltspunkte für das Vorliegen einer möglichen Tätigkeit für das MfS angezeigt ist. In der Tat ist diese Regelung weder revolutionär und schon gar nicht beschwört das die Gefahr irgendeiner Unterwanderung des öffentlichen Dienstes hervor. Und aus dieser Leitlinie des Koalitionsvertrages leitet sich, wie es üblich ist, ein Kabinettsbeschluss zur Verfahrensweise der Landesverwaltung ab, den der Innenminister ausführlich vor der Presse erläutert hat.
Und er erläuterte den Kabinettsbeschluss wie folgt, und nichts anderes ist inzwischen Praxis,
ich zitiere: „Die Landesregierung lässt sich bei der Frage der Eignung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst hinsichtlich einer früheren Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) davon leiten, dass die seit der Wende verstrichene Zeit im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit, aber auch im Blick auf Versöhnung mit der Vergangenheit mehr denn je eine differenzierte Vorgehensweise erfordert.“ Da kann ich nur sagen: Recht hat der Mann! „Unrecht darf nicht verschwiegen werden, andererseits müssen Brücken zum Zusammenwachsen der Menschen geschlagen werden. Bei der gebotenen Einzelfallprüfung und Beurteilung der Eignung sind die maßgeblichen Gesamtumstände zu berücksichtigen und abzuwägen. Insbesondere sind die Situationen und Umstände, unter denen der Bewerber in der DDR lebte, sowie das Verhalten und die persönliche Entwicklung nach dem 3. Oktober 1999 zu berücksichtigen. Damit ist für die Landesverwaltung eine mehr als klare Richtschnur gegeben, wie in der Praxis vorzugehen ist.“ Und ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wenn von bestimmter Seite behauptet wird, es beständen Unklarheiten im Verfahren. Es ist jedenfalls eines völlig klar: Es gibt die so
genannte Regelanfrage der CDU-Vergangenheit nicht mehr.
Probleme gibt es freilich in anderer Hinsicht. Denn es ist aus unserer Sicht völlig unbefriedigend, dass keine verbindliche Maßgabe existiert für die Vorgehensweise bei der Überprüfung in den kommunalen Vertretungen und Kommunalverwaltungen. Sicherlich könnte man beispielsweise darüber reden, ob nicht wenigstens Hinweise erarbeitet werden sollten, aber das will die CDU natürlich nicht, denn ihr ist es recht, dass gerade vor Ort bestimmte Hardliner, die die Stasiüberprüfung auch weiterhin instrumentalisieren wollen, das auch können. Das mehr als makabre Spiel um den Landrat in Nordwestmecklenburg spricht doch Bände.
Aber ich denke, auch hier arbeitet die Zeit nicht für derartige Leute und für die CDU. Kurzum, meine Damen und Herren von der CDU, der Ministerpräsident hat Ihnen kaum Unerhörtes und Neues über die Personalpolitik sagen können. Was sich geändert hat, und das ist gut so, ist, dass die Praxis der Überprüfungen sich durch eine andere sachliche und differenzierende Herangehensweise gewandelt hat. Stasiüberprüfungen werden nicht mehr politisch instrumentalisiert. So viel zu Ziffer 1 und 2 Ihres Antrages.
Was die Ziffern 3 bis 5 betrifft, so ist das Anliegen der CDU, ich sage es mal, ein bisschen verrückt und absurd. Ich frage mich nämlich ernstlich, ob es wirklich Sache des Landtages ist, sich derart ausführlich mit einer einzelnen Personalangelegenheit zu befassen.
Es ist reichlich absurd, wenn der Name Klinger inzwischen öfter im Protokoll von Landtagssitzungen steht als der Name manch eines CDU-Abgeordneten.
Und es ist doch langjährige Praxis auch hier in diesem Haus, Namen von Außenstehenden nicht zu nennen.
Und da kommt dann sofort der Verdacht auf, dass es der CDU überhaupt nicht um Herrn Klinger geht, dass sie es etwa begrüßt, dass er sich in den öffentlichen Dienst hineingeklagt hat, dass ihm also sein gutes Recht eingeräumt ist.
Und es ist ja so, dass im Ergebnis der Säuberungskampagnen der CDU-Regierung am Ende etwa 2.000 Personen trotz Stasikontakten in der Landesverwaltung bleiben durften,
während mindestens ebenso vielen anderen genau daraus der Strick gedreht wurde.
Und um die Stasibelastung oder Nichtbelastung geht es Ihnen, meine Damen und Herren, eben auch in diesem konkreten Fall nicht. Purer Opportunismus treibt Sie, denn Sie möchten lediglich der Regierung und dem Ministerpräsidenten persönlich eins auswischen. Nur heiligt der Zweck nicht jedes Mittel und ich denke, dass der Ministerpräsident auch unter diesem Aspekt Ihre vorgegaukelte Wissbegierde nicht erfüllt hat, denn konkrete Personalfragen der Landesverwaltung sind Angelegenheiten der Regierung, der Exekutive. Darüber befindet letztlich der jeweilige Minister. Personalfragen gehören nicht im Landtag breitgetreten zu werden. Das ist nicht nur illegitim, sondern zudem auch noch geschmacklos. Und es ist auch deshalb geschmacklos, weil der Mensch, um den es in diesem Tagesordnungspunkt geht, sich selbst zu dem ganzen Vorgang und den damit verbundenen Vorwürfen hier im Parlament nicht äußern kann. Sie schüren, meine Damen und Herren von der CDU, Emotionen und es interessiert Sie einen Dreck, ob an dieser Schmutzkampagne Menschen zerbrechen. Sie sind gewiss nicht besser als jene, über die Sie hier so bedenkenlos den Stab brechen.
Und es handelt sich ja schließlich auch um einen Arbeitsrechtsstreit, der noch gar nicht beendet ist. Zu der Entscheidung liegen, wie öffentlich bekannt ist, die schriftlichen Urteilsbegründungen noch nicht einmal vor.
Und es ist doch irgendwie bezeichnend, dass die CDU bereits weiß, wo der Teufel seinen Schwanz hat,
denn Sie verlangen vom Ministerpräsidenten eine Stellungnahme zu Unregelmäßigkeiten und Nachlässigkeiten, wo auch er noch nicht einmal die Urteilsbegründung kennt. Nein, meine Damen und Herren von der CDU, Sie mögen vom Ministerpräsidenten verlangen, was Sie wollen, aber kein Regierungschef auf der Welt hat bisher hellseherische Fähigkeiten bewiesen. Ohne Prüfung der Urteilsbegründung ist es unangebracht, über Fehler und Nachlässigkeiten zu diskutieren.
Dass zuweilen bei Personalentscheidungen Fehler passieren, liegt allerdings nicht jenseits aller Denkhorizonte, und gerade die CDU hat in ihrer Regierungszeit genug Pleiten, Pech und Pannen in Personalangelegenheiten verzapft. Ich will Ihre Erinnerung, meine Damen und Herren, nur ein ganz wenig auffrischen, wenn ich das Untersuchungsausschussthema „Missstände im Innenministerium“ aufrufe. Und da heben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in Ihrem Antrag auf irgendwelche anstehenden personellen Konsequenzen in der Regierung beziehungsweise im Arbeitsministerium ab, die angeblich nach der arbeitsgerichtlichen Entscheidung anstünden. Da ist man nun ziemlich ratlos, was Sie denn nun überhaupt wollen. Sie haben schon den Kopf des Arbeitsministers verlangt und Sie haben ihn natürlich nicht bekommen.
Und so ist Ihr Verlangen nach irgendeiner Konsequenz nichts weiter als saft- und kraftloses Imponiergehabe und Wichtigtuerei zu Wahlkampfbeginn. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit wir wissen, worüber wir eigentlich streiten:
Das ist es zum Ersten. Können Sie es alle lesen, ja!? Das ist es zum Zweiten. Und das ist es zum Dritten.
Ja, ich kann es noch größer machen.
Die drei Annoncen, sind sie zulässig, das ist die Frage. Nach meinem politischen Geschmack sind sie nicht zulässig, sie sind platt und abgeschmackt. Und fast ist man geneigt zu sagen: Ja, soll doch der Kadi gegen solche Zeitungsenten vorgehen. Jedenfalls ist das kein Niveau, auf dem sich Parteien oder Fraktionen begegnen sollten.
Wenn wir aber dahin kommen, dass Staatsanwälte über politischen Geschmack entscheiden, sie sich zum politischen Oberzensor erheben, dann werden sich wohl bald die Strafen häufen, vielleicht allerdings zuerst gegen die Vertreter der schreibenden Zunft. Die müssten dann ja auch beurteilt werden. Also eines ist wahr: Über politischen Geschmack lässt sich nicht nur lange, sondern ewig streiten. Lassen wir dabei die Staatsanwälte außen vor und mögen sie sich heraushalten!
Es ist nicht ihre Sache, auch wenn sie sich beim Genuss der „Bild-Zeitung“ ärgern, aber sie müssen sie ja nicht lesen!
Jedenfalls, wenn sie sich dann ärgern, dann gönne ich ihnen das!
Worum es allein bei den Annoncen geht, das ist die Frage: Sind sie rechtlich zulässig? Es versteht sich, dass es zwischen den Gewalten – der Legislative, Exekutive und Judikative – durchaus unterschiedliche Auffassungen und Wertungen darüber geben kann, was im Einzelnen als zulässige Öffentlichkeitsarbeit anzusehen ist und was nicht. Darum gibt es beispielsweise eine Reihe von Verfassungsgerichtsurteilen, und unabhängig davon kommt es in vielfältigsten Einzelfällen immer wieder zu Streitigkeiten mit den Rechnungshöfen. Wer wie wir das zwölf Jahre betreibt, weiß das genau.
Bestimmte Grenzen zwischen zulässiger und unzulässiger Öffentlichkeitsarbeit lassen sich abstrakt – abstrakt – ganz gut ziehen. So besagt beispielsweise das Abgeordnetengesetz unseres Landes wie entsprechende Regelungen des Bundes und anderer Bundesländer, dass eine direkte, gezielte Finanzierung von Parteien durch eine Fraktion unzulässig ist. Und es sind auch ganz bestimmte Kriterien erarbeitet worden, die grob umreißen, was zulässige Öffentlichkeitsarbeit ist:
Das ist erstens die eindeutige Urheberschaft der Fraktion, die konnte man auf den Annoncen eindeutig lesen.
Das ist zweitens der Bezug zur Parlamentsarbeit, den konnte man auch – nicht ganz so eindeutig, aber immerhin – lesen.
Das ist drittens ein sachlicher Stil – darüber ließe sich heftig streiten –, und zwar ein sachlicher Stil, der auf werbende Aussagen für eine Partei verzichtet.
Das ist schließlich viertens ein erkennbarer Bezug zur Fraktion oder einzelnen Abgeordneten, was ja wohl ganz eindeutig der Fall war.
Damit ist es dann aber auch bereits mit den Kriterien und Grenzen getan. Viel mehr dürfte im Übrigen auch kaum sinnvoll und möglich sein.
Auch die Einzelbeispiele, die die Präsidenten der Landesrechnungshöfe benannt haben, die wir kennen, führen letztlich nicht aus dem Dilemma heraus. Es bleiben „Grauzonen“ und Unschärfen, die ganz einfach hingenommen werden müssen.
Und es ist doch wohl ganz und gar nicht zufällig, dass es in der jahrzehntelangen Praxis der Öffentlichkeitsarbeit sage und schreibe ein abgeschlossenes und ein nicht abgeschlossenes Strafverfahren in der gesamten Bundesrepublik zu finden sind und jeweils nur mit einem Angeklagten. Da handelt es sich – jedenfalls in dem abgeschlossenen Verfahren – um klaren Missbrauch. Da war ein Missetäter.
Umso abenteuerlicher mutet es daher an, wenn die Schweriner Staatsanwaltschaft hier frisch und forsch bei der Hand ist, Pionierarbeit leisten will und gleich 18 Abgeordnete mal schnell einsperren will.
Denn, meine Damen und Herren, man kann das Geschehen um die CDU- und SPD-Anzeigen werten, wie man will, die Entscheidung als gemeinschaftlich begangene Untreue zu qualifizieren ist sozusagen nichts weiter als ein Versuch am untauglichen Objekt. Denn die Crux ist eben, dass Parlamentsfraktionen – und das bitte ich besonders zu beachten – Parlamentsfunktionen und Parteifunktionen in sich vereinen. Parlamentfunktionen und Parteifunktionen! Sie sind Organteil des Parlaments und Repräsentation der Partei. Es gibt hier eine Fraktion der PDS, die mir besonders gut gefällt,
eine Fraktion der SPD und eine Fraktion der CDU. Alle drei haben Namen. Sie sind identisch mit den Parteien, die sie tragen – aus gutem Grund. Also, das schlägt sich in all ihren Funktionen und in ihren öffentlichen Verlautbarungen nieder. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mittelbar kommt alles, was die Fraktion tut, der Partei zugute oder fällt, wenn die Fraktion ihre Sache schlecht macht, auf sie zurück, auf die Partei nämlich. So ist nun
mal das parlamentarische Leben. Auch von den Personen her ist Fraktions- und Parteiarbeit kaum auseinander zu halten, ob ein Mitglied der Fraktion erlaubte Öffentlichkeitsarbeit beispielsweise als innenpolitischer Sprecher ausübt oder Parteiarbeit, wenn es in Führungsgremien seiner Partei sitzt und für sie spricht.
Aber es erstaunt schon, dass die Schweriner Staatsanwaltschaft Zeit und Personal hat – bei dieser Personalknappheit, bei der oft beklagten –, sich um derartige Angelegenheiten zu kümmern.
Bei der angeblich illegalen Öffentlichkeitsarbeit ist die Staatsanwaltschaft ganz schnell zur Anklage gekommen –
erstaunlich, erstaunlich! –, während sie in bestimmten anderen Verfahren wie ein alter Jagdhund zur Jagd getragen werden muss.
Meine Damen und Herren! Der Landtag hat in den vier Beschlusspunkten seinen Standpunkt zur Öffentlichkeitsarbeit nur auf allgemeine Art und Weise gesagt. Richtig ist das. Dies entspricht der Vorgehensweise in Verfassungsgerichtsurteilen. Die Verfassungsgerichte räumen zu Recht den Parlamenten, Fraktionen und Abgeordneten einen weiten Gestaltungsspielraum für ihre Öffentlichkeitsarbeit ein und reglementieren keine konkreten Formen. Das mag natürlich irgendeine Staatsanwaltschaft bedauern oder irgendein Staatsanwalt. Bekommt sie oder bekommt er doch damit keine praktischen Maßstäbe zum Eingreifen. Dennoch ist auch dieser Beschluss des Landtages in seiner Allgemeinheit ein Fingerzeig.
Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen ist, so sagt der Beschluss, letzten Endes notwendig und legitim. Es besteht allerdings Grund zur Kontrolle, Transparenz und Rechenschaftslegung, was auch durch öffentliche Berichte, Verlautbarungen des Landtages und der Fraktionen sowie Feststellungen des Landesrechnungshofes geschieht. Diese Kontrolle ist richtig, Misstrauen dagegen vergiftet die Atmosphäre. Und ich sage mal: Was soll dann noch ein solcher Staatsanwalt zusätzlich? Ich kann nur erkennen – und insofern bedauere ich natürlich irgendwie ein wenig die Debatte –, dass es hier vor allen Dingen um Profilierungssucht geht.
Und die Grenzen, die einer der leitenden Staatsanwälte ziehen möchte? Es dürfte, so sagte er in einem Radiointerview, nur Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Parlaments, das heißt, nach innen gerichtet,
stattfinden, ich wiederhole, Öffentlichkeitsarbeit nach innen gerichtet, ist nun wirklich ein Anachronismus und ein ganz alter Zopf. Also, entweder mache ich interne Arbeit oder ich mache Öffentlichkeitsarbeit. Vielleicht ist es ja dann schon Öffentlichkeitsarbeit, das muss man sich
dann auch schon überlegen, wenn die Fraktionsvorsitzende der PDS-Fraktion ihren Mitgliedern der Fraktion etwas sagt. Möglicherweise müssen sie sich dann einschließen oder sie darf nur noch flüstern,
weil es ansonsten ja wohl in die Öffentlichkeit geraten könnte.
Also, dass ansonsten seriöse Menschen – und ich rechne Staatsanwälte immer zu seriösen Menschen – zu solch absurden Feststellungen kommen können, spricht nur für eines: Sie sollten etwas weniger „Bild-Zeitung“ lesen und etwas mehr gesellschaftliche Praxis schnuppern.
Die Verfassungsrechtsprechung ist inzwischen längst über diesen alten Zopf, über diesen Ansatz hinweg, es müsse bei Öffentlichkeitsarbeit um die inneren Koordinierungs- und Integrationsprozesse der Fraktion gehen, denn selbstverständlich ist Öffentlichkeitsarbeit auf den Wähler gerichtet. Sie will die Öffentlichkeit darüber informieren, was die Fraktion leistet, wie die Fraktion die Arbeit im Parlament sieht. Und diese Öffentlichkeitsarbeit ist besonders für die Opposition und für kleine Fraktionen geradezu lebensnotwendig und bringt für sie größere Chancengleichheit. Landesverfassung sage ich da nur, denn Öffentlichkeitsarbeit ist Selbstdarstellung der Fraktionen. Und es ist doch wohl geradezu albern – ich wiederhole, albern –, sie auf den innerparlamentarischen Raum einzuigeln.
Und wenn wir hier einen Auftrag haben als Abgeordnete, dann haben wir den Auftrag der Wähler und dafür haben sie uns gewählt. Und bei aller Beschränkung sozusagen auf das eigene Gewissen sollte doch jeder Abgeordnete und jede Fraktion die Verantwortung in sich spüren, die Wähler wissen zu lassen, was sie hier in diesem Parlament treiben. Deswegen bringt meine Fraktion zum Beispiel seit wohl zehn Jahren periodisch eine Broschüre heraus, die lautet: „Was macht ihr da im Schloss?“,
oder besser gesagt: „Was machen wir da im Schloss?“, damit die Leute wissen, was wir tun. Sollen wir das vielleicht nicht mehr tun? Ich frage mich also allen Ernstes: Lesen denn bestimmte Staatsanwälte nur die „Bild-Zeitung“ oder studieren sie wenigstens gelegentlich auch Verfassungsgerichtsurteile?
Es geht darum, dass die Fraktionen, schon da sie unterschiedlicher Couleur sind, ihren eigenen Beitrag und ihre besondere Funktion in der Öffentlichkeit darstellen. Es geht um den Dialog mit der Öffentlichkeit und mit dem Wähler. Darum heißt es in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auch unmissverständlich, Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und parlamentarischen Körperschaften sei in gewissen Grenzen ein Gebot beziehungsweise ein Ausfluss des demokratischen Prinzips. Dieses Prinzip, so das Bundesverfassungsgericht, setze den Grundkonsens der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung und ihre verantwortliche
Teilhabe an der politischen Willensbildung voraus. Und ich zitiere wörtlich: „Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können.“ Und was die Fraktionen betrifft, leitet sie ihre Legitimation zu einer Öffentlichkeitsarbeit aus den Aufgaben ab, die sie nach der Verfassung haben. Und an der Stelle werde ich richtig wütend, wenn ich sehe, dass hochbezahlte Staatsdiener – Staatsanwälte sind das nämlich – zwar die „Bild-Zeitung“ lesen, aber offensichtlich nicht lesen, was in Bundesverfassungsgerichtsurteilen aufgeschrieben steht
und uns dann mit solchen absurden Dummheiten kommen.
Schon ein ganz kurzer Blick in unsere Landesverfassung lenkt den Blick darauf, dass die Verfassung den Fraktionen weitgehende Autonomie gewährt. Dazu gehört auch, dass sie selbst entscheiden, ob und wie sie Öffentlichkeitsarbeit leisten und wie sie Schwerpunkte für die Ausgabe ihrer finanziellen Mittel setzen. Daran kann kein Staatsanwalt drehen und wenden!
Dies, meine Damen und Herren, möchte der Landtag mit seinem Beschluss zur Öffentlichkeitsarbeit festgestellt wissen. Das heißt, der Landtag stellt klar, was eigentlich klar ist. Er muss das leider tun, da diese Klarheit offensichtlich noch nicht bis zu jeder Staatsanwaltschaft durchgedrungen ist, offensichtlich auch nicht bis zum Generalstaatsanwalt.
Zum Problem …
Ob es genug ist, entscheiden nicht Sie! Sie schon gar nicht, Herr Thomas!
Zum Problem der zulässigen oder nichtzulässigen Öffentlichkeitsarbeit habe ich mich geäußert. Ich möchte aber auch kurz sagen, was aus meiner Sicht die Botschaft der Landtagsbeschlüsse zur Immunität sind:
Erstens. Der Landtag erklärt unmissverständlich, dass er nicht bereit ist, ein Justizspektakel mitzuspielen, das von einer Staatsanwaltschaft auf dem zweifelhaften Niveau einer Provinzposse eingefädelt worden ist. Es ist eben nicht genug, Herr Thomas!
Zweitens. Mecklenburg-Vorpommern ist zwar ein armes Land, aber keine Bananenrepublik, in der Staatsanwälte sich gelegentlich einfallen lassen können, mir nichts, dir nichts 18 Landtagsabgeordnete einzusperren, ganze Fraktionen lahm zu legen und dazu auch gleich noch den Ministerpräsidenten und Landesminister, da sie zufälligerweise zugleich Abgeordnete sind, zu kriminalisieren. Gerade zu diesem Zweck gibt es die parlamentarische Immunität. Sie schützt das Parlament und den einzelnen Abgeordneten.
Bei dieser zweiten Botschaft möchte ich noch etwas verweilen. Abgeordnete des Landtages sind jeder für sich wie auch die Fraktionen ganz im Gegenteil zur Staatsan
waltschaft Verfassungsinstitutionen. Und da kann man, bevor allzu leichtfertig Vorwürfe wie Untreue und illegale Parteienfinanzierung erhoben werden, den entsprechenden Respekt erwarten. Ein Landtagsabgeordneter ist auch im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft vom Volk unmittelbar gewählter Repräsentant. Er ist Volksvertreter und man kann darum nicht mit ihm umspringen, wie man will. Und darum pochen sowohl die Beschlüsse zur Immunität wie zur Öffentlichkeitsarbeit auf die Respektierung des verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten und der Fraktionen als parlamentarische Gliederung. Da werden wir als Abgeordnete und Fraktionen, wie man so sagt, keine Luft heranlassen. Dazu gehört, dass wir uns auch von keiner Staatsanwaltschaft der Welt vorschreiben lassen werden, ob und wie wir gedenken, Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen, und wofür wir im Einzelnen die entsprechenden Mittel der Fraktionen verausgaben.
Drittens, es geht, so meine ich, von den Beschlüssen eine Botschaft an den Justizminister aus, die schlicht und einfach lautet: Herr Minister, pfeifen Sie die Staatsanwälte zurück! Denn die eingeleiteten Verfahren sind abenteuerlich und dubios und sie sind auch nicht mit Bauchschmerzen oder in Grenzen vertretbar.
Eines hat mich in dem Zusammenhang schon gewundert, dass nämlich dem Ministerium überhaupt nicht daran gelegen war, dem zuständigen Ausschuss die Prüfung der Schlüssigkeit der Anklagen beziehungsweise des Tatverdachts zu ermöglichen. Natürlich lag keinem Abgeordneten des Ausschusses daran, über Staatsanwälte ein Tribunal abzuhalten. Aber warum sollte man denn, so frage ich, nicht die Staatsanwälte näher befragen, was sie sich denn bei der Abfassung der Anklage beziehungsweise bei der Begründung des Tatverdachts gedacht haben. Und es lag doch schließlich dem Ausschuss, der die Beschlussempfehlung auszuarbeiten hatte, lediglich ein dürres Schreiben der Staatsanwaltschaft von sage und schreibe eineinhalb Seiten vor, die faktisch überhaupt keine juristische Subsumtion erkennen ließen.
Und wer auch nur ein bisschen Ahnung hat, weiß doch, wie rechtlich kompliziert ein Untreuevorwurf ist. Wenn der sich dann auch noch gegen Landtagsabgeordnete richtet und sich gegenständlich auf das weite Feld der legalen Öffentlichkeitsarbeit bezieht, dann ist das schlicht und einfach abenteuerlich. Das geht doch bereits los mit der enormen Schwierigkeit, den Vermögensnachteil beziehungsweise die Vermögensschädigung nachzuweisen, wenn die Fraktion über die Verausgabung eigener, ihr gehörender Mittel entscheidet.
Meine Damen und Herren, wie soll denn der Vorsatz, die vorsätzliche Verletzung von Treuepflichten, worum es bei Paragraph 266 StGB geht, begründet werden? Wie soll denn das gehen? Es lag doch ein Fraktionsbeschluss vor. Und schließlich ist dem Schreiben überhaupt nicht zu entnehmen, ob die Staatsanwaltschaft, was unverzichtbar ist, den Vorwurf an den Verfassungsvorgaben zum Abgeordneten- und Fraktionsstatus, zur Ausstattung und Autonomie von Fraktionen, zur Chancengleichheit der Opposition und am übrigen Parlamentsrecht geprüft und erwogen hat. Der Begriff „Indemnität“ kommt beispielsweise in dem Schreiben überhaupt nicht vor. Indemnität, das wurde schon gesagt, schützt aber den Abgeordneten vor strafrechtlichen Verfolgungen für Äußerungen im Parlament und auch für Entscheidungen, an denen er beteiligt war. Die Schweriner Staatsanwaltschaft will aber den Abgeordneten daraus, an der entsprechenden Entschei
dung über Öffentlichkeitsarbeit teilgenommen zu haben, den Strick drehen, wie man so sagt. Kurzum, sehr geehrter Herr Minister, es hätte genügend Grund für eine Diskussion oder für mehrere Diskussionen mit der Staatsanwaltschaft gegeben.
Nun hat allerdings die Staatsanwaltschaft ein Problem, wie sie künftig das Verfahren beerdigen will. Denn es ist doch wohl klar, dass sie jedenfalls von den beteiligten 1 8 Abgeordneten niemanden auf die Anklagebank bringen dürfte. Wie will man aber um die nachwirkende Indemnität herumkommen? Ebenso ist es mehr als fragwürdig, die CDU-Fraktion von der Bestrafung von vornherein freizustellen, nur weil dort kein entsprechender Beschluss über die Schaltung von zwei Anzeigen zustande kam. Es ist doch wohl mehr als albern, sich dafür dort strafrechtlich an einer Mitarbeiterin schadlos halten zu wollen. Der Widersinn ist: Wer einen ordentlichen Fraktionsbeschluss fasst, wie die SPD es getan hat, wird bestraft. Wer die Mittel ohne irgendeinen Beschluss ausgibt, bleibt straflos. Wo ist denn da die Logik der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, frage ich mich allen Ernstes, meine Damen und Herren und Herr Minister!
Eines ist aber im Ergebnis der bisherigen Diskussion auch klar geworden: Der Landtag braucht in seinem Abgeordnetengesetz eine noch klarere Beschreibung der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Und die Pauschalerlaubnis in der Geschäftsordnung für die Staatsanwaltschaft, gegen Abgeordnete ermitteln zu können, muss zumindest mit klaren Schranken versehen werden. Das wird dieser Landtag in dieser Wahlperiode sicher nicht mehr leisten, aber das dürfte eine Aufgabe sein, die der kommende Landtag ganz zuerst, nämlich bevor er seine Geschäftsordnung in Kraft setzt, zu leisten hat. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ja, Herr Präsident.
Für die PDS-Fraktion kann ich erklären, dass wir die Dringlichkeit dieses Antrages nicht erkennen können, weil es sich selbstverständlich um einen wichtigen politischen Vorgang handelt, der in der Öffentlichkeit auch diskutiert wird. Jedoch ist diese Sache nicht heute in irgendeiner Weise zu entscheiden, sondern man kann sie auch ganz normal im Landtag behandeln ohne Dringlichkeit. Und das hat außerdem den großen Vorteil, dass man dann möglicherweise vom Gericht die schriftliche Begründung hat, die bisher überhaupt nicht vorliegt. Ich denke auch, an der Stelle muss man im Landtag seriös mit den Dingen umgehen, man muss seriös mit Personen umgehen, darf es zu keinen Verletzungen kommen lassen, die ungerechtfertigt
sind, und deswegen sind wir dafür, dass das heute nicht behandelt wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegen Ende dieser dritten Legislaturperiode kommen wir nun dazu, den Verfassungsauftrag aus Artikel 34 zu erfüllen, wonach das Nähere zu den Untersuchungsausschüssen des Landtages ein Gesetz regelt. Na endlich!
Die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung liegt für uns seit eh und je auf der Hand. Das ist hier lang und breit
und oft erzählt worden. Wir hatten ja mit dem bisherigen vorläufigen Untersuchungsausschussgesetz nur ein notdürftiges Provisorium. Pikant ist allerdings, dass die Regierungsfraktionen das Gesetz eingebracht haben, nicht die Opposition. Und das ist ganz und gar erstaunlich, weil doch jeder weiß, dass Untersuchungsausschüsse in erster Linie ein scharfes Schwert der Opposition sind. Nun sei es, wie es sei, wir haben diese Arbeit, die Ausarbeitung und das Einbringen des Gesetzentwurfs gern geleistet. Wir hatten ja auch entsprechende Erfahrungen.
Die allgemeine Lustlosigkeit der CDU hat uns nicht daran gehindert, denn die Opposition zeigte noch bis zur Ersten Lesung am 4. April 2001 wenig Interesse an einer gesetzlichen Regelung, erzählte uns doch beispielsweise in der Debatte mein Kollege Parlamentarischer Geschäftsführer Herr Caffier Folgendes – ich möchte das doch genüsslich zitieren: „Man sollte eigentlich meinen, dass ein Untersuchungsausschussgesetz für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht unbedingt nötig sei. Da der Landtag inzwischen über hinreichend praktische Erfahrungen verfügt, die anstehenden Verfahrensprobleme selbständig zu lösen. Eine dringende Notwendigkeit für ein Untersuchungsausschussgesetz kann ich daher nicht erkennen.“ Ich nehme mal an, Herr Caffier war noch nie in einem Ausschuss, in einem Untersuchungsausschuss jedenfalls, und auch nicht in einer Enquete. Kurzum, er meinte: Was braucht man schon Gesetze, wenn man Erfahrungen hat.
Als Opposition haben Sie nun allerdings nach Artikel 26, meine Damen und Herren von der CDU, einen weitreichenden Auftrag. Wir haben mit aller Genugtuung mit dem Gesetz den Schutz der Opposition bewirkt und Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, die Minderheitenrechte, die man nun mal in erster Linie als Oppositionsrechte betrachten muss, festgezurrt.
Das haben wir gerne getan, auch weil ich meine, dass sozusagen die Rollen in diesem Parlament nie für alle Zeiten festgezurrt sind.
Aber ich sage auch, wir gehen dabei bei Weitem nicht davon aus, dass Sie beim nächsten Mal nicht wieder die Opposition sind. Das werden Sie wieder sein.
Aber wie gesagt, das werden wir sehen.
Mit den praktischen Erfahrungen ist das so eine Sache, denn was praktisch gemacht wird, bestimmt im Parlament immer die Mehrheit. Und sie treibt es umso doller und verwegener, je weniger ihr die Hände durch Gesetz und Ordnung gebunden sind. So ist die parlamentarische Demokratie. Und wir haben uns in der Vergangenheit gerade in Verfahrensfragen wie die Kesselflicker gestritten – ich bin da auch ein Streithammel, das gebe ich zu –, aber das geschah in den allermeisten Fällen überhaupt nur deshalb, weil eben die gesetzlichen Rechtsgrundlagen nicht vorhanden waren, Grauzonen und damit geschäftsordnungsmäßige und taktische Tricksereien überhaupt erst möglich wurden. Was haben wir im Ältestenrat über diverse Anträge von CDU gegen SPD und SPD gegen CDU verhandelt, und am Ende stand immer eine unbefriedigende Lösung.
Wir wissen doch ganz genau, meine Damen und Herren, welche Ränke in den Jahren bis 1998 geschmiedet wurden, um beispielsweise den Einfluss der PDS in Untersuchungsausschüssen und in der ersten Enquetekommission zu beschneiden oder um Untersuchungsausschüsse, die Skandale der von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, getragenen Regierung aufdecken sollten, zu verhindern. Die Ausschüsse zum Ihlenberger Müll, zu Lichtenhagen und zum Innenministerium sind doch ganz traurige Kapitel. Die Erfahrung, die Praxis war einfach schlecht. Und es liegt abgesehen von dieser schlechten Erfahrung eben in der Sache, dass, wenn die Rechtsgrundlage nicht klar ist, die Opposition, wie man so sagt, gern untergebuttert oder über den Löffel balbiert wird.
Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, beruht auf einer fast zwölfjährigen eigenen Praxis mit Untersuchungsausschüssen. Mit der Zahl der Untersuchungsausschüsse liegt ja das Land Mecklenburg weit vorne im Bundesvergleich, ich nehme aber an, mit den Ergebnissen der Untersuchungsausschüsse ziemlich weit hinten.
Meine Partei, die PDS, war von Anbeginn für ein Untersuchungsausschuss- und Enquete-Kommissions-Gesetz. Und wir hatten 1996 einen Entwurf in den Landtag eingebracht, den die CDU torpediert hat, und zwar mit ganz vordergründigen Argumenten.
Herr Bollinger – von seinen Fraktionskollegen auch gern als altes Streitross genannt – donnerte damals gegen den Gesetzentwurf der PDS. Ich zitiere: „Schon die Herkunft des Gesetzentwurfes“
„müßte dazu angetan sein, denselben abzulehnen.“ Und das war’s dann auch. Hätten wir jetzt Ihr Spiel gespielt „Wurst – wieder Wurst“, wäre selbstverständlich alles gegen die CDU gelaufen in Bezug auf das Untersuchungsausschussgesetz und Enqueten.
Das gebe ich mal als Merkposten auf
und da werden wir ja sehen, wie es wird.
Im letzten Jahr hat sich der Wind in der CDU-Fraktion deutlich gedreht. Wie schon bei Gelegenheit ausgemacht, hilft offensichtlich Oppositionsarbeit manchem – nicht allen – zu neuen Erkenntnissen.
Und so haben sich denn CDU-Vertreter in der letzten Phase der Ausschussbehandlung deutlich mit Vorschlägen eingebracht, gemeinsam mit ihren Untersuchungsausschusskollegen von SPD und PDS. Zwar hat dies noch ein wenig das Verfahren verlängert, aber ich denke, dieses Tun war doch hilfreich. Und ich glaube, auch der letzte Vorschlag, der erst heute auf den Tisch gekommen ist, ist hilfreich.
Was unser Gesetz betrifft, will ich nicht noch einmal die einzelnen Bestimmungen begründen. Zu oft haben wir schon darüber gesprochen. Ich möchte lediglich drei Dinge hervorheben:
Erstens. Es ist gelungen, das Untersuchungsausschussrecht des Landtages sozusagen an einem Stück in seinen Zusammenhängen zu kodifizieren. Das hat was. Wir haben in einem Mantelgesetz das Recht der Untersuchungsausschüsse, der Enquetekommissionen und das betreffende Geschäftsordnungsrecht zusammengefasst. Das tut der Übersichtlichkeit gut und wer denn als Parlamentarier Interesse hat an solchen Dingen, weiß nun, wo er was lesen k a n n.
Zweitens. Wir haben das Untersuchungsausschussrecht als klassisches Minderheitenrecht formuliert. Ein Viertel der Mitglieder kann seinen Willen auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses ungehindert durchsetzen. Auch darf der Landtag in seinem Einsetzungsbeschluss den Untersuchungsgegenstand gegen den Willen der Antragsteller nicht ändern. Ich denke, das ist eine ganz bedeutende Sache für ein Parlament.
Drittens. Die Enquetekommissionen können künftig auch von dem Parlament nicht angehörenden Mitgliedern geleitet werden, was der Wahrheitsfindung mitunter sehr dienlich sein kann. Bekanntlich ist für die Wahrheitsfindung ja Objektivität oft nützlicher als Fraktionsräson, denn bei aller Fraktionsräson, die ich auch in mir spüre, meine ich, Parteien sind von ihrer Natur her Interessenvertreter und demzufolge sozusagen auch weniger objektiv.