Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 63. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Gemäß Paragraph 5 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung benenne ich die Abgeordnete Frau Monegel und die Abgeordnete Frau Peters zur Schriftführerin.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU – Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/2123.
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU: Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für das Land MecklenburgVorpommern (SchulG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 3/2123 –
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion bringt mit der fünften Änderung zum Schulgesetz bereits ihren zweit en Gesetzentwurf zum Schulgesetz ein. Nach einer unwürdigen Debatte zum Gesetzentwurf vom November 2000 haben wir nunmehr eine umfangreiche Novelle des Schulgesetzes vorgelegt, in der auch die Novellierungsabsichten des vorangegangenen Gesetzentwurfes aufgehen. Unwürdig, weil sich alle Fraktionen positiv zum Anliegen des alten Gesetzentwurfes äußerten, aber die Koalitionsfraktionen dennoch dieses Vorhaben ablehnten, ohne es zumindest in den Ausschüssen zu beraten und nach realisierbaren Wegen zu suchen, um das Abitur nach zwölf Jahren in Mecklenburg-Vorpommern wieder einzuführen. Mit dieser Vorgehensweise hat sich der Landtag keinen Gefallen getan. Das haben die Menschen im Land auch nicht verstanden.
Bei aller parteipolitischen Auseinandersetzung sollte eigentlich allen verantwortungsbewussten Politikern klar sein, dass man sich natürlich um der Sache willen über vieles streiten kann und muss, dass aber die Zukunft, die Zukunftschancen und damit die Bildung unserer Kinder kein Spielball für parteipolitische Ränkespiele sein dürfen.
Niemand sollte übersehen, dass Politikern gerade das Wohl der jungen Menschen anvertraut ist, sie aber nicht das Recht haben, ihre eigenen Interessen auf Kosten und zu Lasten der Kinder durchzusetzen.
(Andreas Bluhm, PDS: Also, Herr Born, erinnern Sie sich an die erste Legislaturperiode? – Heidemarie Beyer, SPD: Das kann er nicht. Da war die CDU noch anderer Meinung.)
Deshalb darf Schulpolitik auch nicht von jeweiligen Mehrheiten zu vielleicht auch noch ideologieüberfrachteten Experimenten missbraucht werden.
Frau Kollegin Beyer, ich traue Ihnen viel zu, aber ich glaube nicht, dass Sie gleichzeitig reden und zuhören können, und das sollte man doch wenigstens im Parlament ermöglichen, dass wir noch aufeinander hören.
(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Sylvia Bretschneider, SPD: Haben Sie eine Ahnung, was wir alles können?! – Heiterkeit bei Heidemarie Beyer, SPD: Herr Riemann, sage ich bloß. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
Leider bastelt die SPD/PDS-Koalition an der Schule ohne klares Konzept und ohne Beständigkeit und Verlässlichkeit schon während der ganzen Legislaturperiode herum.
(Angelika Gramkow, PDS: Jaja, und das muss gerade von Ihnen kommen. Sie scheinen der Bildungsexperte zu sein.)
Im Frühjahr 2000 veranstaltet der Bildungsminister in Güstrow ein groß angelegtes Spektakel zur Bildungspolitik. Ein Qualitätsentwicklungs- und -sicherungskonzept wird diskutiert und dann auch im Landtag eingebracht. Davon ist heute nicht mehr die Rede, obwohl es der richtige Ansatz war. Gleichzeitig wird lang und breit über die schulartenunabhängige Orientierungsstufe gestritten und dann wieder begraben.
Die Folge dieser konfusen Diskussion um Strukturen war eine emporschnellende Anmelderate von Schülern an Gymnasien. Dann wird eine Schulentwicklungsplanungsverordnung herausgegeben,...
(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wo leben Sie denn? – Andreas Bluhm, PDS: Das stimmt nicht, Herr Dr. Born!)
(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS – Harry Glawe, CDU: So ist das. Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das kann doch wohl nicht wahr sein! – Angelika Gramkow, PDS: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich zwei Kinder in der Schule. – Glocke des Präsidenten)
Dann wird eine Schulentwicklungsplanungsverordnung herausgegeben, die in Größenordnungen die Schließung von Schulstandorten nach sich ziehen wird, Eltern, Schüler und Lehrer flächendeckend verunsichert und dabei jegliche finanzielle Unterstützung des Landes vermissen und stattdessen die Schulträger mit den Kosten alleine lässt.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Genau so. – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)
Nahezu parallel zur Diskussion um die Orientierungsstufe gelangt ein erster Verordnungsentwurf zur Regionalen Schule an die Öffentlichkeit. Die dort verfassten Ideen sind bei weitem noch nicht ausgereift, daher wird die
Regionale Schule erst einmal begraben, um dann Anfang des Jahres 2001 wie Phönix aus der Asche wieder in der bildungspolitischen Diskussion aufzutauchen.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na ja, Herr Born, Herr Born, was wir heute im Landtag haben, ist doch bei weitem weniger ausgereift.) Wo ist die Regionale Schule heute? Die Diskussion hat sich erschöpft, da die Koalitionäre bis heute nicht sagen können, wie nun was gemacht werden soll, wie viel Förderstunden zum Beispiel die Finanzministerin nun bereit ist, dem Bildungsminister zuzugestehen. Allein die Unterzeichnung der Fortschreibung des Lehrerpersonalkonzeptes in der vergangenen Woche hat deutlich gezeigt, wer in diesem Land die Bildungspolitik macht, nämlich leider die Finanzministerin mit ihren bekannten Streich- und Sparorgien. (Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Ministerin Sigrid Keler: Ach! Ach! Herr Born!)
Die GEW war in die Verhandlungen zum Lehrerpersonalkonzept mit der Maßgabe gegangen, die Teilzeitbeschäftigung für Grundschullehrer bis zum Schuljahr 2005/06 zu beschränken. Herausgekommen ist das Jahr 2010. Bei der vorliegenden Altersstruktur der Grundschullehrer ist das ein Hohn, denn mehr als die Hälfte der Grundschullehrer wird damit bis zum Eintritt in das Rentenalter nicht mehr voll beschäftigt sein. Und das hat durchschlagende Auswirkungen auf die Rentenbemessung, zumal die Absenkung des Rentenniveaus die Einschnitte für diese Lehrer noch potenziert.
Auch für junge Lehrer ist das noch kein Anreiz, kein Signal, wieder ein Studium für ein Lehramt aufzunehmen. Im Schuljahr 1999/2000 waren ganze 34 Grundschullehrer unter 30 Jahren. Zum Wintersemester 2000/20 0 1 haben nur 61 Abiturienten ein Studium für das Lehramt Grund- und Hauptschule aufgenommen. Der Bildungsminister und die Bildungspolitiker der Fraktionen sind offensichtlich ohne Einfluss auf die Bildungspolitik in diesem Land, das hat die Legislaturperiode bis heute gezeigt.
An dieser Tatsache kann auch nicht gerüttelt werden, obwohl die Stundentafeln in der Grundschule und in den Klassen 5 und 6 angehoben wurden. Das war es dann aber auch. Keines der grundsätzlichen Probleme wurde von der Koalition angefasst. Stattdessen lassen Sie die Lehrer in Ungewissheit wurschteln und bestrafen viele junge engagierte Lehrer
(Ute Schildt, SPD: Da kommen mir die Tränen. – Barbara Borchardt, PDS: Aber die Lehrer wurschteln doch nicht.)
Jahr für Jahr mit befristeten Verträgen. Die Motivation der Lehrer ist auf einem Tiefpunkt angelangt, da immer nur Versprechungen gemacht und Bekenntnisse veröffentlicht wurden, aber getan wurde nichts, auch nicht von Ihnen, Herr Dr. Schoenenburg.
Es wurde zwar ein Gesetzentwurf für die Einführung der Regionalen Schule dem Kabinett vorgelegt, aber wie man so hört, ist dieser schon im Vorfeld wieder an der Finanzministerin gescheitert, weil sie die finanziellen Mittel für ohnehin notwendige qualitative Verbesserungen in den Schulen nicht bereitstellen will.
Nun sind wir in der Legislaturperiode mittlerweile so weit fortgeschritten, dass keiner mehr so richtig daran glaubt, dass die Regierungskoalition noch in dieser Periode ernsthaft Qualitätsverbesserungen für die Schulen auf den Weg bringen kann.
(Andreas Bluhm, PDS: Sie haben immer nur verschlechtert, Herr Dr. Born, mit Ihrer Fraktion! Immer nur verschlechtert. – Sylvia Bretschneider, SPD: Ja, genau so ist es. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
(Andreas Bluhm, PDS: Ja, die waren nicht besonders toll. – Sylvia Bretschneider, SPD: Das ist noch geschmeichelt.)
Mit dem Konzept zur humanen Leistungsschule haben wir der Öffentlichkeit eine Alternative zur Regionalen Schule vorgelegt und bei Lehrerverbänden, Wirtschaft als auch bei Eltern eine durchaus positive Resonanz erfahren.
Das hat uns bestärkt, den nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen, nicht zuletzt auch die zahlreichen Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, die sich gegen die Regionale Schule ausgesprochen haben.
Sie befürchten eben – und dieses Argument sollte keiner von Ihnen leichtfertig übergehen –, dass strukturelle Umbrüche in den Schulen einer ganzen Schülergeneration mehr Nachteile als Vorteile bringen.