Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 85. und letzten ordentlichen Sitzung dieses Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Nach Paragraph 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die heutige Sitzung die Abgeordnete Frau Prehn zur Schriftführerin.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Fragestunde. Die Fragen an die Landesregierung liegen Ihnen auf Drucksache 3/3011 vor.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Sozialministerin, hierzu zunächst die Fragen 1 und 2 des Abgeordneten Albrecht. Bitte sehr, Herr Albrecht.
1. Wie erklärt sich, dass Mecklenburg-Vorpommern bei dem Angebot an Klinik-Plätzen der geriatrischen Rehabilitation im bundesdeutschen Vergleich auf einem Platz im unteren Drittel liegt und die vorhandenen 184 Betten dennoch oft noch nicht einmal zu 50 % ausgelastet sind, gleichzeitig aber in anderen Bundesländern sogar Wartelisten existieren?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Albrecht! Ein exakter bundesweiter Vergleich im Bereich der geriatrischen Rehabilitation ist schwierig. Geriatrische Rehabilitation wird sowohl im Krankenhausbereich als auch im Bereich der Reha-Kliniken durchgeführt. Die Bezugsgrößen sind also unterschiedlich. Ob Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich im bundesdeutschen Vergleich auf einem Platz im unteren Drittel liegt, erscheint mir deshalb fraglich. Ich erinnere aber an dieser Stelle nochmals daran, dass wir erst seit 1999 in MecklenburgVorpommern geriatrische Rehabilitationsmaßnahmen in eigenst dafür eingerichteten Kliniken durchführen. Wir sind in der Aufbauphase und haben mit den von Ihnen genannten 184 Betten sicher kein Überangebot aufgebaut. Ihre Angaben zu den aktuellen Auslastungen sind aber schlichtweg falsch. Die Klinik in Tessin war bisher im Jahre 2002 mit über 80 Prozent, 80,3 im Durchschnitt, ausgelastet, die Klinik in Neubrandenburg mit 75 Prozent. Lediglich in der Park-Klinik in Greifswald ist die aktuelle Auslastung unbefriedigend.
2. Wie beurteilt die Landesregierung die gegenwärtige und zukünftige Versorgung im Bereich der geriatrischen Rehabilitation in Mecklenburg-Vorpommern unter dem Eindruck, dass die AOK Mecklenburg-Vorpommern, bei der fast 80 % aller Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern
in diesem Altersbereich versichert sind, gegenwärtig weniger Patienten in die geriatrische Reha-Klinik in Greifswald schickt, als von der AOK Berlin in dieser Einrichtung behandelt werden?
Herr Abgeordneter Albrecht, die Vertreter der Park-Klinik in Greifswald haben sich mit der Unterstützungsbitte an die AOK Mecklenburg-Vorpommern gewandt. Beide, die AOK Mecklenburg-Vorpommern und die Park-Klinik, sind dann an die AOK Berlin herangetreten, um auch Patientinnen und Patienten aus dem Berliner Raum zugewiesen zu bekommen. Es hat nach meinen Informationen vor Ort gemeinsame Begehungen der Klinik durch Vertreter der AOK Mecklenburg-Vorpommern und der AOK Berlin gegeben und nur durch dieses gemeinschaftliche Handeln kam es dazu, dass auch in der Park-Klinik Greifswald eine aktuelle Auslastung von 56 Prozent erreicht werden konnte. Ich meine, hier gilt es, weiter diese Kooperation voranzutreiben und natürlich auch seitens der AOK Mecklenburg-Vorpommern weiterhin dort Patienten zuzuweisen.
Frau Ministerin, Sie führten aus, dass die Probleme nur in Greifswald in der Park-Klinik bestehen. Können Sie bestätigen, dass es in Tessin ähnliche Probleme gibt, also auch die Auslastung in Tessin knapp 50 Prozent ist?
Herr Glawe, es tut mir Leid, ich habe die aktuellsten Zahlen in Vorbereitung dieser Aktuellen Stunde noch einmal recherchiert
und Tessin hat – zu dieser Fragestunde, danke schön, Herr Dr. Born – eine Auslastung über die bisherigen Monate des Jahres 2002 von 75 Prozent. Damit ist Ihre Aussage falsch.
3. Wie beurteilt die Landesregierung unter dem Eindruck der Landtagssitzung am 25.04.2002 die gegenwärtigen und zukünftigen medizinischrehabilitativen Voraussetzungen sowie die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Situation der drei Kliniken für geriatrische Rehabilitation in Greifswald, Tessin und Neubrandenburg, insbesondere unter den Gesichtspunkten der vergangenen und der gegenwärtigen Auslastungszahlen, des Schuldenstandes und im Hinblick auf die weiteren Zukunftsperspektiven?
Herr Abgeordneter Glawe, ich kann anschließen, ich habe bereits dargelegt, dass die Auslastung der drei geriatrischen Rehabilitationskliniken in Greifswald, Tessin und Neubrandenburg nicht so schlecht ist, wie Sie es suggerieren wollen. Ich halte aber auch ein öffentliches Philosophieren über eventuelle Schuldenstände dieser privaten Unternehmen für kontraproduktiv und werde mich daran nicht beteiligen.
Ich will Ihnen gern sagen, was wir im Ministerium für ratsam halten und auch tun. So hat am 2. Mai und am 17. Juni erneut der Arbeitskreis Geriatrie in meinem Hause getagt. Dabei ist, wie in der Landtagssitzung vom 25. April angekündigt, der Vorschlag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen zu Leitlinien für die frühzeitige Identifikation von geriatrischen Patientinnen und Patienten mit Reha-Bedarf und vor allen Dingen mit RehaPotential im Krankenhaus vorgelegt und weiter bearbeitet w orden. Die Fachleute waren dabei der Auffassung, dass neben den vier zunächst genannten zentralen Diagnosen – Sie erinnern sich sicher: dem Schlaganfall, dem Herzinfarkt, dem Schenkelhalsbruch sowie der Hüft- und Gelenksarthrose – weitere Diagnosen in das Verfahren einbezogen werden sollten. Die Kostenträger haben diesen Vorschlag zunächst verhalten aufgenommen. Ich will diesen Prozess allerdings nicht im Dissens mit Einzelnen vorantreiben, sondern setze auf den Konsens aller Beteiligten.
Die Erarbeitung noch umfassenderer einheitlicher Einweisungskriterien erfordert natürlich mehr Zeit. Zudem kommt hinzu, dass die Kassen auf der Bundesebene ein ähnliches Papier erarbeitet haben, das sich gegenwärtig in der Endabstimmung befindet. Etwa Ende Juni soll dieses Papier verabschiedet werden. Es ist damit zu rechnen, dass wir es bekommen. Sie können sich sicher vorstellen, dass sich in dieser Situation kein Kostenträger zu einem landesinternen Papier heute äußern möchte.
Frau Ministerin, wie schätzen Sie die Arbeit des Konzils ein, also sprich die Zusammenarbeit zwischen den Kliniken und der geriatrischen Rehabilitation in Mecklenburg-Vorpommern?
Die Arbeit der Konzile ist unterschiedlich, aber sie ist durchweg nicht befriedigend. Wir wollen ja auch die Arbeit der Konzile durch diese Leitlinien für geriatriefähige Potentiale unterstützen, damit sie objektiviert wird. Und ich meine, wenn diese Leitlinien vorliegen, wird auch diese Arbeit besser vorankommen.
Frau Ministerin, ist es bekannt, dass der Landtag 1998 eigentlich diese ganzen Ziele schon formuliert und beschrieben hat? Warum hat es unter Ihrer Führung vier Jahre gedauert, um so ein Problem sozusagen am Ende der Legislaturperiode zu besprechen?
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Peter Ritter, PDS: So eine Frage würde ich nicht beantworten. Die ist einfach dümmlich. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oh, Peter! – Peter Ritter, PDS: Doch, die ist dümmlich. Der kann sich hinsetzen und uns nicht die Zeit stehlen.)
Herr Abgeordneter Glawe, mir ist nicht bekannt, dass der Landtag in seiner Zusammensetzung medizinische Ziele beschlossen hat. Wir können hier weder zum Schenkelhalsbruch noch zum Herzinfarkt den Zeitpunkt bestimmen, wo der Akutbereich verlassen werden kann und Reha-Potential gerade für multimorbide Patientinnen und Patienten gekommen ist. Wir haben ein Konzept gemacht, dieser Landtag hat ein Konzept gemacht. Der vorhergehende Landtag hat ein Konzept gemacht,...
... das ich natürlich nicht sofort gekippt habe, sondern wir haben angefangen, es umzusetzen. Ich habe von Anfang an gewisse Zweifel gehabt, aber es war ein zwischen den Planungsbeteiligten abgestimmtes Konzept. Insofern ist zum Beispiel die eben angesprochene Wirkungsweise der Konzile, dass sie nicht im gewünschten Maße funktioniert hat, meines Erachtens vorprogrammiert gewesen. Und die Arbeit an diesen Leitlinien läuft länger, als natürlich hier jetzt in der akuten Phase der Abstimmung deutlich wird, in die Öffentlichkeit kommt, denn das ist etwas, was bundesweit erstmalig gemacht wird, dass geriatriefähige Zeitpunkte bestimmt werden.
4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Einweisungspraxis zu verändern und damit die wirtschaftliche Grundlage der drei Einrichtungen zu verbessern sowie die Zukunftsfähigkeit zu sichern?
Die Zuweisung in geriatrische Reha-Kliniken wird weiter einzelfallorientiert bleiben müssen. Jeder Antrag auf geriatrische Rehabilitation wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft. Über die Entwicklungen der eben genannten Leitlinien hinaus gibt es keine unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten der Politik in diese Systematik. Dennoch lasse ich nichts unversucht, um mit Kosten- wie mit Leistungsträgern über die Verbesserung beziehungsweise Stabilisierung der Situation im Gespräch zu bleiben.
Nach all dem bin ich für die unmittelbare Zukunft der geriatrischen Rehabilitation verhalten optimistisch. Eine grundlegende Änderung der Einweisungspraxis wird nach meiner Einschätzung allerdings mit der Einführung der Fallpauschalen im Krankenhausbereich einhergehen. Heute ist es noch immer viel zu attraktiv für die Krankenhäuser, Patientinnen und Patienten mit geriatrischem Reha-Potential zu halten, anstatt sie in die geriatrische Rehabilitationsklinik zu überweisen. Wenn die DRGs dazu zwingen, den Patienten, die Patientin nur so lange im Akutbereich zu halten, wie es medizinisch unbedingt erforderlich ist, wird der geriatrische Reha-Anschluss als die für den Patienten, die Patientin zweckdienlichste Variante
der Genesung meines Erachtens automatisch gesucht werden. Je mehr diese Entwicklung voranschreitet, umso besser wird es den geriatrischen Reha-Kliniken im Lande gehen.