Petra Fuhrmann
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Last Statements
Herr Minister Hahn, können Sie mir auch Auskunft darüber geben, welche Verwendung beim ehemaligen Amtsgericht in Usingen vorgesehen ist? – Sie lächeln.
Herr Minister, plant die Landesregierung, die Ausbildung zur Pflegekraft für die jungen Menschen, die in Deutschland geboren sind und einen deutschen oder einen ausländischen Pass haben, hochzufahren, um dem drohenden Pflegenotstand auch ohne Anwerbung in anderen Ländern begegnen zu können?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Trauerspiel, wenn die Frau Kollegin Lannert ihre Pirouetten dreht. Anders kann man es bei dem Thema wirklich nicht mehr sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob wir dieses „Baby“ Hygienebarometer, Ampel oder Gütesiegel für Hygiene nennen, ist relativ egal. Wir hatten im vergangenen Jahr einen SPD-Antrag zu dem Smiley-System. Das wäre eine weitere Bezeichnung. Darum geht es aber nicht. Es geht vielmehr darum, dass dieses „Baby“ endlich aus der Taufe gehoben wird. Das ist inzwischen zu einem Trauerspiel geworden.
Ich begrüße insofern, dass die GRÜNEN dieses Thema wieder einmal auf die Tagesordnung gesetzt haben, denn
manche Probleme altern nur, sie werden aber leider nicht gelöst.
Das ist ein trauriges Beispiel dafür. Wir brauchen ein für die Verbraucherinnen und Verbraucher transparentes und für die Gastronomie verpflichtendes Gütesiegel.
Die Verbraucher und Verbraucherrinnen haben einen Anspruch darauf, sich über die Einhaltung oder eben auch die Nichteinhaltung gesetzlicher hygienischer Vorschriften auf einen Blick zu informieren. Wenn Sie sich die Ergebnisse der Umfragen anschauen, stellen Sie fest: 90 % aller Verbraucherinnen und Verbraucher möchten genau das. Sie regieren gegen das Interesse der Mehrheit der Bevölkerung. Fast 100 % der Menschen wollen das.
Wenn ich mir das Hickhack anschaue, zu dem es im Zusammenhang mit der Einführung in den letzten Jahren gekommen ist, muss ich sagen: Liebe Frau Lannert, das ist ein Trauerspiel, und solange Schwarz-Gelb regiert – das ist Gott sei Dank nicht mehr sehr lange –,
wird es für die Verbraucherinnen und Verbraucher wohl nichts geben. Es ist in den vergangenen Jahren nur eines passiert: Der Ball wurde möglichst flach gehalten. Dann wurde er zwischen Bund und Ländern möglichst langsam hin und her gepasst. Im Handball nennt man das „passives Spiel“ oder „Zeitspiel“. Nach 30 bis 45 Minuten wird es angezeigt. Nach weiteren fünf bis zehn Minuten wird es abgepfiffen, wenn kein Torwurf erfolgt ist.
Sekunden, danke schön; Entschuldigung. – Wenn dann kein Torwurf erfolgt, wird die Ballführung gewechselt. Das würden wir uns in der Frage allerdings auch bald wünschen.
Das Herumgeeiere ist unglaublich. In Dänemark gibt es seit 2002 ein verpflichtendes Smiley-System. Dieses System ist vorbildlich; es funktioniert. Alle deutschen Urlauberinnen und Urlauber freuen sich darüber, dass in jeder Eisbude und in jeder Imbissbude – überall – ein freundlicher Smiley hängt, der ihnen verdeutlicht, dort wird sauber und gut gearbeitet.
Bei uns in Deutschland gab und gibt es Modellprojekte. Aber das Rad soll immer wieder neu erfunden werden, und dabei dreht man sich im Kreis.
Die Länder konnten sich nicht einigen und forderten gemeinsam eine Regelung per Bundesgesetz. Der Bund wollte nichts vorschreiben, solange sich die Länder nicht einig sind. Im Mai 2012 waren sich die Länder – außer Bayern – schließlich einig und wollten bundesweit ein verpflichtendes Hygienekontrollbarometer in Ampelfarben einrichten. Sie forderten die Bundesministerin Aigner gemeinsam auf, dies gesetzlich zu regeln.
Was machte Frau Aigner? – Sie lehnte es vehement ab und forderte die Länder im Gegenzug auf, sich erst einmal auf ein einheitliches Modell zu einigen. Das ist sehr sinnvoll: Der Ball geht wieder hin und her.
Drei Tage vor der Verbraucherschutzkonferenz in Hamburg im September 2012 hat Frau Aigner wiederum ihre Meinung geändert, eine Rolle rückwärts gemacht und angekündigt, zu prüfen, wie man ein einheitliches Zeichen für die Bekanntgabe der Kontrollergebnisse in allen Ländern verpflichtend einführen könnte. Was für ein Tatendrang.
Was machte Frau Puttrich? – Sie bejubelte den Trippelschritt, zu dem sich Frau Aigner durchgerungen hatte, und erwartete – Zitat –, „dass diese Prüfung lösungsorientiert erfolgt“. Wow! Lösungsorientiert soll sie erfolgen.
Was ist jetzt? – Die Einführung der Hygieneampel steht wieder am Anfang; denn während geprüft wird – wie wir wissen, dauert so etwas ewig –, soll jedes Land für sich selbst entscheiden, was der richtige Weg ist. Frau Aigner liefert also nicht, Frau Puttrich wagt es nicht, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen, und deswegen sage ich: Das ist einfach nur noch ätzend. Es ist ein Trauerspiel.
In der Zeit, in der der Ball hin und her gespielt wird, wissen die Menschen nicht, was sie essen und wie sauber es ist. Die schwarz-gelben – insbesondere die gelben – Wirtschaftsminister trinken sich ein Sektchen auf die Unfähigkeit von Politik.
Aber nach der Wahl in Niedersachsen gibt es einen quertreibenden FDP-Wirtschaftsminister weniger, und das ist gut so.
Der neue Vorstoß der GRÜNEN ist zwar aller Ehren wert, aber angesichts der ersten Reaktion glaube ich, dass er genauso wie der SPD-Antrag im vergangenen Jahr abgelehnt werden wird.
Jetzt kommen wir zu dem Thema Freiwilligkeit. Davon sprechen Frau Puttrich und auch Frau Lannert manchmal. Es gab unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Rüttgers in NRW einen Modellversuch, der 2007 allerdings kläglich gescheitert ist. Bis 2011 hatten sich von 90.000 Betrieben in Nordrhein-Westfalen ganze 480 an diesem freiwilligen Smiley-System beteiligt. Mit Freiwilligkeit geht es also nicht. Das wissen wir jetzt.
Der naive Hinweis von Frau Puttrich, die Verbraucher würden sich selbst einem Reim darauf machen, wenn sich ein Betrieb nicht an der Hygieneampel beteiligt – nun denn. Freiwilligkeit ist nett. Aber ich finde, wir brauchen eine klare, verbindliche Regelung: aus Gründen der Fairness, der Transparenz und der Vergleichbarkeit und weil Verbraucherinnen und Verbraucher ein Recht auf Information haben.
Wir wollen keine Mogelpackung, keine Blankobriefe für Schmuddelhygiene und kein russisches Roulette im Restaurant. Wir wollen ein wirkungsvolles Wettbewerbs- und Abschreckungsinstrument etablieren, das lückenlose Transparenz bietet. Wir wollen, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher ganz entspannt in jedes Restaurant, in jede Kantine und in jeden Imbiss setzen und in jedem Lebensmittelgeschäft einkaufen können. Wir wollen, dass sie sofort klar und deutlich erkennen, wann Kontrol
len durchgeführt wurden und zu welchem Ergebnis sie gekommen sind.
Frau Lannert, Sie haben am Schluss noch ein bisschen darüber philosophiert, wie das mit dem Internetpranger ist. Ich möchte nur sagen, Sie haben verpasst, dass wir so etwas in Hessen haben. Diese Seite ist allerdings sehr schwer auffindbar. Sie heißt www.lebensmittelinformationen.hessen.de. Da können sich Verbraucherrinnen und Verbraucher vor Restaurantbesuchen oder Einkäufen informieren. Man sollte also jedes Mal, bevor man morgens das Haus verlässt, auf diese Webseite der Landesregierung gehen und sich anschauen, ob einer der Betriebe, in denen man einkauft, draufsteht.
Diese Seite ist sehr schwer auffindbar. Sie wurde am 01.09.2012 ins Leben gerufen und verharrte erst einmal zwei Monate lang in völligem Tiefschlaf. Am 31.10.2012 gab es den ersten Eintrag auf dieser Seite, und am 9. Januar 2013, also knapp vier Monate später, waren ganze 27 Einträge darauf verzeichnet. Allerdings stammen 78 % der Einträge aus Frankfurt, weswegen die „Frankfurter Rundschau“ sehr zu Recht gefragt hat: Herrschen in allen anderen Landkreisen in Hessen paradiesische hygienische Zustände? Wohl kaum.
Das Ministerium hat noch nicht erkannt, dass es im Sinne des Verbraucherschutzes dringend notwendig ist, ein verpflichtendes Kennzeichnungssystem einzuführen. Ich sage: Wenn es den politischen Willen gibt – –
Nein, Frau Kollegin, ich zitiere aus dem Handy. Vielleicht können Sie so etwas auch; ich kann es jedenfalls.
Was den Beschluss von Frau Aigner betrifft: Einig waren sich Bund und Länder darüber, dass der Aushang der Kontrollergebnisse für die Unternehmen zwar freiwillig ist, das Gesetz aber eine Ermächtigungsgrundlage enthalten soll, mit der die Länder das System verpflichtend machen können.
Nach drei Jahren soll dann evaluiert werden. Das heißt, Frau Puttrich, Sie könnten, wenn Sie wollten, das verpflichtende System einführen. Wir fordern Sie dazu auf, allerdings nicht gepaart mit großer Hoffnung. – Vielen Dank.
Frau Ministerin, ist denn angesichts der doch deutlichen Beanstandungsquote bei Lebensmitteleinfuhren aus Drittländern geplant, die Kontrolldichte deutlich zu erhöhen?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Kosten sind ihr für den „Gruß der Hessischen Landesregierung“ zum Internationalen Frauentag am 8. März 2012 entstanden?
Halten Sie die politische Aussage, ein Gruß der Landesregierung mit einem zerbröselnden Keks, für eine zutreffende Aussage zum Internationalen Frauentag, der der 101. war? Wäre es nicht möglich gewesen, für die Landesregierung wenigstens eine kleine Veranstaltung aus diesem Anlass zum Thema Frauenpolitik zu machen, statt solche Zettelchen mit Keksen zu verteilen?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In unseren Fächern lag heute ein Gruß der Hessischen Landesregierung zum Internationalen Frauentag mit einem angeklebten Keks.
Lassen Sie mich nach der Rede der Kollegin der CDU so beginnen: Die Landesregierung und auch die CDU gehen den Frauen in der Tat auf den Keks, nicht nur heute, am Internationalen Frauentag.
Meine Damen und Herren, Opel, Schaeffler, Continental, Arcandor, manroland, Schlecker – was verbindet diese Unternehmen? Zumindest zwei Dinge: der Ruf nach Staatshilfen aufgrund von Insolvenz bzw. drohender Insolvenz und der massive Abbau von Arbeitsplätzen. Darüber hinaus haben sie aber wenig gemein. Mit dem Ruf nach bedingungslosen Staatshilfen für Schlecker, wie sie teilweise von ver.di in Baden-Württemberg oder jetzt auch von den LINKEN ins Gespräch gebracht wurden, habe ich jedoch Bauchschmerzen; denn Staatshilfen muss ein zukunftsfestes Konzept zugrunde liegen. Dazu gehören insbesondere Löhne, von denen Menschen auch leben können müssen. Das sind die Bedingungen.
Meine Damen und Herren, mehr als 12.000 Beschäftigte bangen um ihren Arbeitsplatz, hauptsächlich Frauen, die teilweise Teile des Familieneinkommens erbringen, teilweise aber auch als Alleinverdienerinnen eine ganze Familie ernähren müssen. Deshalb muss es ganz klar im Interesse der Beschäftigten und das Ziel des Insolvenzverfahrens sein, möglichst viele Filialen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und einen eventuellen Stellenabbau sozial verträglich zu gestalten. Das wird zweifelsohne ein sehr schwieriges Unterfangen, weil tariflich eingruppierte Arbeitsplätze oder gar Vollzeitarbeits plätze im Einzelhandel inzwischen Seltenheitswert haben und Mangelware sind.
Wir müssen allerdings auch sehen – darauf lege ich schon Wert –, mit wem wir es zu tun haben. Der Drogeriediscounter Schlecker ist ein Unternehmen, das für die systematische Behinderung von Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechten steht. Er ist der Bad Boy in der Branche
und der übelste Arbeitgeber im Einzelhandel. Schlecker hat Entlassungslisten teurer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt, um sie dann loszuwerden. Er hat versucht, den Kündigungsschutz auszuhebeln. Alte Schlecker-Filialen wurden geschlossen und unter neuem Namen – Schlecker XL – wiedereröffnet. Damit hat das Unternehmen die alten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht übernehmen müssen.
Schlecker hat – sagt die Gewerkschaft, ich sehe das genauso – die Belegschaften genötigt. Mitarbeiterinnen konnten den Arbeitsplatz entweder aufgeben und einen Job in einer weit entfernten alten Filiale annehmen – es ist toll, wenn man in Fränkisch-Crumbach gearbeitet hat und dann in Darmstadt arbeiten darf – oder aber mittels einer Leiharbeitsfirma neue Verträge unterschreiben, die nicht nur befristet waren, sondern zu allem Überfluss auch noch einen wesentlich geringeren Lohn beinhalteten. Die Löhne wurden von 12,50 € auf 6,60 € brutto gedrückt. Nur aufgrund der massiven öffentlichen Proteste und selbstverständlich der Arbeit der Betriebsrätinnen und Betriebsräte hat Schlecker davon wieder Abstand genommen und zahlt inzwischen einheitliche Tariflöhne. Aber von Unrechtsbewusstsein kann bei diesem Konzern keine Rede sein.
Nicht nur die Lohndrückerei hat Schlecker schwer geschadet, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Ich erinnere daran, dass in vielen kleineren Drogeriemärkten, insbesondere auf dem Land, in der Regel eine einzige Mitarbeiterin beschäftigt war. In diesen Filialen gab es noch nicht einmal ein Telefon. Die Kolleginnen waren Raubüberfällen ausgesetzt. Erst ab 2004, als eine Kollegin in Köln bei einem solchen Überfall ermordet wurde, wurden die Filialen mit Telefonen und Überfallknöpfen ausgestattet. Offiziell hat sich das Unternehmen reumütig gegeben und gesagt: Die Familie Schlecker räumt dem Schutz des Lebens absoluten Vorrang ein. – In einem internen Schreiben aber hat sich das ganz anders angehört.
Dem Risiko eines Überfalls ist man überall ausgesetzt. Er gehört inzwischen zum allgemeinen Lebensrisiko.
So viel zu Unternehmenskultur.
Anstatt daraus zu lernen, hat sich nicht viel geändert. Allein im Jahr 2010 sind 380 Schlecker-Filialen überfallen worden, und das Unternehmen geht mit den teilweise sehr traumatisierten Kolleginnen nicht besonders zimperlich um. Auch mit Kranken wurde nicht zimperlich umgegangen. Sie bekamen unangemeldeten Besuch ihrer Vorgesetzten. Es gab Briefe, in denen ihre Fehlzeiten der letzten Jahre aufgelistet waren, und, und, und. Jahrelang haben die Medien darüber berichtet, dass Überwachung, Druck und Kontrolle bei diesem Handelskonzern Methode haben.
Herr Kollege, ich komme zum Schluss. – Wir können diese Machenschaften in den Filialen nicht wegwischen. Ich sage: Wir wollen nicht, dass es solche Arbeitsplätze in Hessen gibt. Aber die Kolleginnen und Kollegen bei Schlecker sollen natürlich nicht unter diesem Missmanagement der Familie und des Managements leiden. Wir
sehen die Insolvenz als Chance, die Arbeitsbedingungen endlich zu verändern, die Unternehmensführung abzulösen und insofern dieser frauen- und arbeitnehmerfeindlichen Unternehmensführung den Garaus zu machen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wilder Themenwechsel, wie es hier ab und zu vorkommt.
Viele von uns genießen Hähnchenbrust, T-Bone-Steaks, Schweinefilets und anderes, ohne Gedanken daran zu verschwenden, was ihnen denn da so genau auf dem Teller liegt. Die Antibiotika-Geflügelskandale, Schweinegrippenpandemie und BSE hin und her, oftmals macht man sich keine Gedanken. Die Lebensmittelskandale häufen sich, es zieht jedes Mal wie ein kleiner Sturm durch die Landschaft, danach geht es nach kurzer Zeit wieder nach dem Motto weiter: Was mich nicht umbringt, macht mich nur noch härter.
Es gibt immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher, denen die Skandale und die zunehmende „Doperei“ und die zunehmende Mogelei in der Lebensmittelbranche gehörig gegen den Strich gehen, noch dazu, wenn hier die Gesundheit von Mensch und Tier auf dem Spiel steht.
Wir müssen das Antibiotikaproblem in der Nutztierhaltung endlich und konsequent angehen. Wir müssen die Frage beantworten, ob wir das Risiko weiter eingehen oder uns durch eine möglichst weitgehend antibiotikafreie Tierhaltung besser schützen wollen.
Seit Jahren steigt in Europa die Zahl der Menschen, die sich mit den sogenannten multiresistenten Keimen infizieren. Nach dem epidemiologischen Bericht der EU von 2007 über die Infektionskrankheiten zählen Erkrankungen durch multiresistente Keime zur wichtigsten Pandemiegefahr.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sterben im Jahr rund 15.000 Menschen pro Jahr, andere Quellen sagen sogar 30.000, aufgrund dieser multiresistenten Keime allein in Deutschland. Das ist ein Skandal. Auch wenn noch keine Studie vorliegt, die belegt, dass diese Keime auch auf den Einsatz in der Tierhaltung zurückzuführen sind, kann es bisher niemand glaubhaft widerlegen, dass der ganz offensichtlich massive Einsatz einen nicht unerheblichen Anteil daran hat.
Diesen Schluss legen meiner Meinung nach auch die Studien nahe, die in NRW und Niedersachsen zum Antibiotikaeinsatz in der Geflügelwirtschaft gemacht worden sind. Die Ergebnisse dort sind alarmierend. 96,4 % aller Tiere wurden mit teilweise bis zu acht verschiedenen Antibiotika behandelt. Auch der BUND hat bei seinen Stichproben von Geflügelfrischfleisch herausgefunden, dass die Hälfte der Proben mit MRSA und ESBL produzierenden Keimen belastet war. Diese Ergebnisse deuten meines Erachtens ganz klar darauf hin, dass es in der Tiermast ein massives Antibiotikaproblem gibt, das nicht durch Krankheiten von Tieren zu erklären ist.
Bei durchschnittlich 30 Tagen Mastzeit können die Tiere gar nicht so krank sein, dass man so viele Antibiotika geben muss. Selbst wenn diese Keime für uns Menschen bei richtiger Handhabung nicht gefährlich sein sollten, gehören sie weder auf noch in das Fleisch, das wir verzehren.
Wir können natürlich nicht jedes Huhn, jedes Schwein und jedes Rind einer Dauerkontrolle unterziehen. Dafür
fehlt es an Personal. Das würden wir gerne ändern, aber das wird von dieser Landesregierung stets abgelehnt. Wir müssen über andere Mittel und Wege zu einem umsichtigeren und sinnvolleren und vor allem viel geringeren Einsatz von Antibiotika kommen. Außerdem müssen wir zu einer artgerechteren Haltung von Nutztieren kommen.
Fest steht unzweifelhaft: Wir müssen aus medizinischen Gründen den Einsatz sowohl in der Humanmedizin als auch in der Tiermedizin dringend überdenken. Dabei ist die Landesregierung gefordert.
Im Gegensatz zu Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen liegen der Landesregierung keine offiziellen Zahlen über das Ausmaß des Einsatzes von Antibiotika in der Geflügelmast vor. Die Erkenntnisse erschöpfen sich darin, dass bei Stichproben keine verbotenen Substanzen gefunden werden. Ich sage: Das ist eindeutig zu wenig.
2011 wurden laut Antwort der Landesregierung 77 Stallproben genommen, davon wurden 74 bzw. 44 auf Antibiotika untersucht. Das bei weit über einer halben Million Puten und Hühnern, die jedes Jahr allein in Hessen gemästet werden. Ich sage es noch einmal: 77 Schlacht- und 59 Stallproben.
Meine Damen und Herren, das ist ein Freibrief, das ist keine Kontrolle. Das ist, auf Deutsch gesagt, ein Witz. Es zeigt, wie diese Landesregierung in Sachen Transparenz, Aufklärung und Verbraucherschutz tickt, nämlich miserabel.
Mir reicht es nicht, dass wir uns weiter auf Stichproben, Schätzungen, Mutmaßungen und Zufallsbefunde verlassen. Das ist grob fahrlässig. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir den Einsatz von Antibiotika dringend und massiv eindampfen müssen. Wir müssen alle notwendigen Schritte, die in dem vorliegenden Antrag beschrieben sind, endlich angehen. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank. – Herr Kollege, kennen Sie die Studie, die die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft, zitiert hat, wonach allein das Land NRW 211 Millionen € mehr an Steuereinnahmen und nahezu 280 Millionen € weniger an Sozialausgaben hätte, wenn es einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € gäbe?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch von dieser Stelle: Herr Dietzel, schade, dass Sie nicht mehr Mitglied dieses Hauses sind. Nette Kollegen verliert man sehr ungern.
Meine Damen und Herren, bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am 24. August sprach die Ministerin davon, dass dieses Gesetz darauf basiere, dass relativ wenige Änderungen vorgesehen sind. Das Entscheidende ist aber nicht, dass wenige Änderungen vorgesehen sind, sondern wie groß oder gering die Auswirkungen einer solchen Gesetzesänderung sind. Sie haben damals gesagt, es handle sich vorwiegend um Klarstellungen und Ergänzungen, es ginge um die Aufgabenwahrnehmung bei den kommunalen Stellen. – Ich muss sagen: Es sind bei näherer Behandlung des Ganzen dann doch mehr als kleine Änderungen, Ergänzungen und Klarstellungen. Sie haben erhebliche Auswirkungen:
Es werden neue Aufgaben an die Lebensmittelüberwachung weitergeleitet. Wer diesen Gesetzentwurf vor der Anhörung gelesen hat, hätte den Eindruck gewinnen können, dass die Landesregierung die bediensteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung für relativ unterbeschäftigt halten würde.
Sie haben dabei außer Acht gelassen, dass die Arbeitsbelastungen durch die ständige Zunahme von Aufgaben in allen Tätigkeitsfeldern seit der Kommunalisierung im Jahr 2005, die wir für einen Fehler gehalten haben, erheblich gestiegen sind. Infolge von EU-Vorgaben und bundesgesetzlichen Regelungen ist ein sehr großer Dokumentationsaufwand entstanden. Detaillierte Vorgaben eines sich stetig weiterentwickelnden Qualitätssicherungs
systems nehmen mehr Arbeitszeit in Anspruch. Dies alles ist weder personell noch finanziell berücksichtigt worden, noch soll es künftig berücksichtigt werden.
Fakt ist: Es ist in den letzten sechs Jahren zu keiner maßgeblichen Mittelzuweisung des Landes gekommen, die eine flächendeckende Personalaufstockung ermöglicht hätte. Wir haben immer anderes beantragt.
Wer in der Anhörung war – Sie konnten wegen der Ministerkonferenz leider nicht teilnehmen, ich nehme aber an, es wurde Ihnen berichtet –, weiß, dass es so absolut nicht weitergehen kann. Ich hätte eigentlich erwartet, dass es heute einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen gibt.
Dass nichts vorliegt, zeigt, dass das Gewicht der Verbraucherberatung, des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelüberwachung doch relativ klein ist bzw. dass toleriert wird, dass ein ordnungsgemäßer Vollzug eigentlich nicht mehr gewährleistet ist. Um zu verdeutlichen, was das für uns alle bedeutet, möchte ich – mit Erlaubnis des Präsidenten – aus einer der Stellungnahmen zitieren:
So zeigt allein schon die exemplarische Auswertung der durchgeführten lebensmittelrechtlichen Routinekontrollen, dass in den vergangenen Jahren nicht einmal die Hälfte aller Kontrollen stattgefunden hat, die gemäß der aktuellen Risikobewertung der Betriebe eigentlich erforderlich gewesen wäre – in einigen Landkreisen waren und sind die vorhandenen Defizite dabei noch weitaus größer...
„Nicht einmal die Hälfte“ der notwendigen „Kontrollen“, und „in einigen Landkreisen... sind die... Defizite... noch weitaus größer“. Das stört offensichtlich nicht. – Ich sage: Das ist ein Skandal.
Meine Damen und Herren, mit dem vorgelegten Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf wollen wir, dass die Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre ihre Arbeit sorgfältig und zeitnah machen können. Wir wollen, dass mehr geprüft wird, als das zurzeit der Fall ist, wohl wissend, dass noch zusätzliche Aufgaben hinzutreten werden. Wir wollen eine schnelle und transparente Verbraucherinformation. Wir wollen, dass der Verbraucherschutz in der Überschrift des Gesetzes bleibt, damit auch klar feststeht, dass von den Menschen weiterhin Bedarfsgegenstände und anderes geprüft werden und nicht nur die reine Lebensmittelkontrolle stattfindet.
Wir wollen weiterhin, dass die Bevölkerung nicht nur per Schnellwarnsystem in Krisenzeiten aus Darmstadt gewarnt wird, sondern dass die Bevölkerung generell sicher sein kann, dass die Qualität von Lebensmitteln, von Speisen in Restaurants, Imbissbuden und Kantinen, aber auch Produkte des täglichen Bedarfs, z. B. Kinderspielzeug, in regelmäßigen und künftig in kürzeren Intervallen überprüft werden können.
Meine Damen und Herren, das geht nicht mit Wegducken und Wegschauen, sondern nur mit ganz konkreten Festlegungen im Gesetz oder in einer Verordnung. Deshalb fordern wir die Festschreibung einer Mindestpersonalverordnung. Wir fordern eine neue Festlegung der Kontroll
frequenzen und eine zentrale Koordinierungsstelle, eine Informationsstelle für Verbraucher.
Wir wollen nicht, dass die Kommunen bei den Bürgern für die Überprüfung durch das Landeslabor zahlen müssen. Auch hier soll die Kostenfreiheit bleiben. Wir halten es auch für sinnvoll, wenn hoheitliche Aufgaben von den Veterinären und anderen wahrgenommen werden. Es ist wohl eine Tatsache, die mit großen Folgen einhergeht, wenn jemand einen Betrieb schließt oder eine Anordnung erlässt, dass hier der Beamtenstatus in der Regel – bei Vorhandensein der entsprechenden Voraussetzungen – auch der Normalfall wird.
Wir halten, wie die meisten der Sachverständigen, nichts davon, dass hier eine Kreisordnungsbehörde bei dem Landrat ist, sondern wir wollen, dass es weiterhin so bleibt, wie es in der jetzigen Gesetzesform besteht.
Alles in allem sind es eigentlich nur einige Änderungen, die wir in unserem Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf haben. Aber ich glaube, es sind wesentliche Änderungen. Ich würde mir wünschen, dass die Mehrheitsfraktionen diesen Änderungsantrag mittragen. Das Gesetz würde dadurch ein wirkliches Schutzgesetz für die Menschen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, guten Morgen! Gute Arbeit ist eine der stärksten Säulen für den Zusammenhalt der Gesellschaft; und der boomende Niedriglohnsektor ist eines der Grundübel.
Unsere Aufgabe ist es, notwendige Rahmenbedingungen für familienfreundliche Arbeitszeiten, geregelte Arbeit und fairen Lohn zu schaffen. Als SPD setzen wir auch auf den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Solange wir diesen Mindestlohn nicht haben, eröffnen wir Lohndum
ping, Lohndrückerei und Ausbeutung Tür und Tor. Das gilt in Teilen für die Wirtschaft; und es gilt leider zunehmend auch im Hessischen Landtag, was die personellen Weichenstellungen der letzten Jahre betrifft.
Denn auch hier werden nach dem Prinzip „make or buy“ Bereiche outgesourct. Neben den Firmen, die den Pfortendienst übernommen haben, gilt dies seit einiger Zeit auch für die Reinigungskräfte und die Abgeordnetenbüros. Outsourcing ist neben der Leiharbeit, der geringfügigen Beschäftigung, der Ein-Euro- und der Minijobs einer der Gründe, warum der Niedriglohnsektor immer weiter ausufert.
Durch Outsourcing, so die Theorie, sollen die Kosten gesenkt, Synergieeffekte erzielt und Leistungen verbessert werden. Bei Krankheit sollen etwa Risiken auf Dritte verlagert werden. Das sind sicherlich alles Punkte, die Teile dieses Hauses – insbesondere die FDP – gut finden. Wir müssen aber sehen, dass die positiven Effekte im Landtag gar nicht oder in nur sehr geringem Umfang erzielt werden und gesamtgesellschaftlich einfach schädlich sind.
Zu dem Beispiel der Kostenersparnis. Nach meinen Informationen ist der Ansatz gerade im Bereich des Pfortendienstes nach der Verlagerung auf dem gleichen Stand geblieben. Die Summen gehen aber nicht mehr ungekürzt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern die Leihfirma rechnet ihre Kosten dagegen. Das heißt: Die Folge ist entweder ein niedrigerer Stundenlohn oder aber eine Personalreduzierung, die in Folge gekommen ist bzw. künftig kommen wird.
Für uns als SPD steht das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche und gute Arbeit“ im Mittelpunkt, gerade in den Fraktionen und hier im Parlamentsgebäude. Ich glaube, wir sollten beispielgebend sein.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fremdfirmen und ihre Leistungen will ich überhaupt nicht beurteilen. Was sich aber geändert hat oder möglicherweise ändern wird, betrifft die Frage, ob sich durch die Personalfluktuation nicht die Sicherheitsstandards in unseren Büros und im Parlamentsgebäude ändern, wir also zu etwas kommen, was wir bisher nicht gewohnt waren. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass wir zu 100 % sicher sein müssen, dass Menschen, Dritte, die sich an uns wenden, in den Büros der Abgeordneten mit absoluter Vertraulichkeit rechnen dürfen.
Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss meiner Rede. – Insofern stelle ich fest: Die Verlagerung auf die Fremdfirmen hat keinen Nutzen gebracht. Es gibt Nachteile, die ich dringend zu bedenken gebe.
Ich sage: Wir müssen das Prinzip „make or buy“ über Bord werfen und zur alten Regelung beim Pforten- und
Reinigungsdienst zurückkehren. Wir, die SPD-Fraktion, werden dazu einen Änderungsantrag einbringen und bitten herzlichst um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.
Herr Minister, sind Sie nicht auch der Auffassung, dass angesichts der Tatsache, dass Menschen immer älter werden und üblicherweise durchaus erst in einem späteren Stadium in eine Altenpflegeeinrichtung kommen, die Schwere der Fälle dort also deutlich zunimmt, eine Fachkraftquote von 50 % letztlich nicht mehr up to date ist und es daher wünschenswert wäre, wenn eine höhere Fachkraftquote vorgeschrieben würde, und die Heime, die 40 % bis 50 % haben, hemmungslos unterbesetzt sind?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gab einen Konsens auf Bundesebene, dass für Frauen in Schwangerschaftskonflikten ein breites, ein plurales, auch ein konfessionelles Beratungsangebot vorzuhalten ist und die Länder dieses Beratungsangebot mit 80 % zu fördern hätten.
In dem Gesetzentwurf der Landesregierung sind jetzt allerdings ganz wacklige Füße eingebaut. Sie behaupten, wir lägen an der Spitze der Bundesländer, was die Finanzierung betrifft. Das ist schlicht und einfach nicht wahr. Die Ausgestaltung der Gesetze in den Bundesländern ist genauso vielschichtig wie die Finanzierung und sehr unterschiedlich. Sie lassen z. B. außer Acht, dass die freien Träger in Hessen die Kosten der Hilfevermittlung und der Mittelverwaltung für die Bundesstiftung alleine finanzieren, während es in anderen Bundesländern flankierende Landesstiftungen und auch personelle Unterstützung für die Verwaltung gibt. Sie bezeichnen die 20-prozentige Kürzung als angemessen, ohne zu beschreiben, was daran angemessen sein soll, und Sie weisen darauf hin – das ist das ganz Spannende –, dass es nicht um eine Reduzierung der Anzahl der Beratungsstellen, sondern nur um die Höhe der Förderung gehen soll. Dazu muss ich sagen, dass das ein absolut zynischer Satz ist.
Natürlich ist die Förderung entscheidend für die zu erbringende Leistung und auch für die zu erbringende Qualität in der Beratung. Wenn also die Anzahl der Beratungsstellen erhalten bleiben soll, dann heißt das ganz zwangsläufig, dass sich die Träger einzuschränken haben oder die Beraterinnen eben noch schlechter bezahlt werden. Oder, um es auf den Punkt zu bringen: Sie setzen letztlich den Trägern die Pistole auf die Brust, und diese dürfen wählen zwischen Pest und Cholera und sich entweder für die Entlassung von Mitarbeiterinnen oder aber die Bezahlung unter Tarif entscheiden. Mit dieser Kürzung treffen Sie natürlich auch wieder und vor allem Frauen – Frauen in den Konfliktsituationen und Frauen, die dort arbeiten; es sind überwiegend Frauenarbeitsplätze.
Herr Grüttner, Sie haben bei der Einbringung des Gesetzentwurfs behauptet, die Finanzierung werde sicherstellen, dass in allen Regionen in Hessen die Schwangerschaftskonfliktberatungen durchgeführt werden. Sie haben auch konstatiert, dass die 152 Beratungsstellen erhalten bleiben. Ich muss ehrlich sagen, dass ich hellseherisch nicht ganz so bewandert bin. Ich glaube, dass die geplante Kürzung zu einem Abschmelzen der Beratungsstellen führen wird.
Donum Vitae, deren Arbeit wir sehr schätzen – da wir der Auffassung sind, dass es ein plurales Angebot in der Schwangerschaftskonfliktberatung zu geben hat, und wir es auch sehr bedauert haben, dass die katholische Kirche aus der Beratung ausgestiegen ist, und wir sehr froh über die Aufnahme der Beratung durch die Laienorganisation sind –, hat z. B. im Landkreis Darmstadt-Dieburg angekündigt, dass die Kürzung dazu führen wird, dass sie ihre Beratung einstellen und auf der Stelle Insolvenz werden anmelden müssen.
Die pro familia im Landkreis Darmstadt-Dieburg – ich will nur diesen einen Landkreis nehmen, wir könnten alle nehmen – hat errechnet, dass die Kürzung zu einem Defizit von 126.000 € im Jahr führen wird. Das entspricht ungefähr viereinhalb Teilzeitstellen. Der Kreis hat dankenswerterweise angekündigt, einen Teil dieser fehlenden
Summe auszugleichen, aber ich sage Ihnen, das kann so nicht weitergehen. Das Land stiehlt sich aus der Verantwortung, und die Kreise sollen einspringen? – Schwangerschaftskonfliktberatung ist nach dem Kompromiss eine Pflichtaufgabe der Länder, nicht etwa Aufgabe der Kreise. Das sollten wir festhalten, meine Damen und Herren.
Außerdem machen sich die Betroffenen natürlich Gedanken darüber, wie es nach einem solchen Kürzungsbeschluss weitergehen soll. Frau Ravensburg, mit Verständnis allein, wie Sie es in Ihrer Pressemeldung bekundet haben, oder mit der Aussage, es schaffe mehr Klarheit, ist es natürlich nicht getan. Klar ist vor allem eines: Die Landesregierung lässt die Beratungsstellen mit der Finanzierung der Arbeit ein Stück weit im Stich.
Aufgrund der ausführlichen Beratung und der Anhörung möchte ich Folgendes feststellen: Die Liga, die sehr ausführlich Stellung genommen hat und deren Stellungnahme sich viele Angehörte auch angeschlossen haben, bezweifelt, dass alles beim Alten bleibt. Sie bezweifelt, dass die Senkung der Förderung auf 2006 angemessen ist, dass alle Beratungsstellen die Veränderung bei der Finanzierung verkraften werden, dass das Berechnungsmodell des Landes die Arbeit der Beratungsstellen sicherstellen wird und dass es ohne eine Nachjustierung dieses Gesetzes gehen wird.
Der Vorschlag der Regierungsfraktionen, mit dem Änderungsantrag vorgelegt, bringt lediglich Luft für ein Jahr. Das müssen Sie wissen, das ist einfach nicht genug. Es bleibt grundsätzlich hinter dem Erfordernis der 80-%Förderung für die Beratungsstellen zurück. Wir bitten Sie deshalb, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Es ist ein Kompromissvorschlag, der von den Trägern ausdrücklich unterstützt wird und bei dem diese eine Kürzung hinnehmen, aber eben eine moderate. Gleichzeitig stellt er eine Förderung über das Jahr 2012 hinaus sicher und garantiert die Finanzierung.
Wir wollen keinen Rückschritt in die Vergangenheit, und ich glaube, das sollte in unser aller Interesse sein. Deswegen bitte ich Sie herzlich: Stimmen Sie dem Änderungsantrag von SPD und GRÜNEN zu. – Danke schön.
Danke schön, Herr Minister, für die Gelegenheit. Sind Sie denn nicht auch der Meinung, dass zur Vermeidung von Schwangerschaftskonflikten insbesondere auch die Sexualaufklärung von sehr jungen Frauen ganz explizit zu diesen Aufgaben gehören muss?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Punkten noch etwas in aller Kürze sagen.
Erster Punkt. Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, ich hätte in meinem Wahlkreis die Proteste befördert. Das ist völliger Unsinn.
Das nennt man Bürgernähe. Das hat etwas mit Bürgernähe und damit zu tun, dass man berechtigte Interessen der Bevölkerung in einer Region aufnimmt.
Die Region ist bei mir das Usinger Land. Das sollten die Kollegen von anderen Parteien auch tun, dann wären wir mit diesen Protesten vielleicht ein Stückchen weitergekommen.
Ich stelle fest, es gibt im Usinger Land eine große Protestwelle. Sie wird nicht gerade von Menschen getragen, die – um das klar zu sagen – meiner Partei angehören, sondern von Menschen, die durchaus anderen Parteien angehören.
Zweiter Punkt. Herr Hahn, Sie haben gerade versucht, mit einem Finger auf Herrn Beck zu zeigen, und haben dabei genau übersehen, dass nämlich vier Finger auf Sie zurückweisen. Anders kann man das nicht sagen.
Wenn Sie behaupten, Sie hätten eine breite Beteiligung bei diesem sogenannten Reformprozess ermöglicht: Ach, du lieber Himmel. Ich habe selten Menschen erlebt, die sich so vergackeiert vorgekommen sind, weil ihnen Dinge sozusagen untergejubelt wurden, und fertig war es.
Es war völlig klar, es wird absolut nichts mehr verändert. Bitte schön, so viel dazu.
Weiterer Punkt. Herr Müller, Sie haben gesagt, es seien keine Umbaumaßnahmen nötig. Das ist völliger Unsinn. Es sind sowohl in Bad Homburg als auch in Königstein bereits Baumaßnahmen gelaufen, da war der erste Entwurf noch nicht im Parlament angelangt.
Ein weiterer Punkt. Das Amtsgericht in Usingen ist vor fünf oder sechs Jahren für 2 Millionen € an- und umgebaut worden. Es wird leer stehen. Alle diese Argumente zählen in der Debatte nicht, weil Sie wieder nach der Methode „Mehrheit ist Wahrheit“ verfahren. Das ist intellektuell zu dünn.
Weiterer Punkt. Sie alle behaupten Einsparungen. Sie können nicht einmal nachweisen, dass die letzten Gerichtsschließungen auch nur irgendeinen Euro eingespart haben. Wir wissen, in der Anhörung hat sich genau eine Person positiv zu Ihrem Konzept geäußert. Alle anderen waren nur auf den Barrikaden.
So eine Anhörung habe ich im Hessischen Landtag noch nie erlebt.
Die Landesregierung hat keinen Menschen für eine positive Stellungnahme gefunden.
Sie sollten einmal unruhig werden, wenn so ein Unsinn von der Regierung gemacht wird.
Weiterer Punkt. Ich stelle fest, der Landesrechnungshof hatte Bemerkungen – – Sie sind sehr nervös, Herr Irmer. Der Kittel brennt. Ach, der Herr Bellino ist es. Wer ruft denn dauernd so laut?
Sie hätten mal lieber in und für Usingen so laut rufen sollen.
Ich stelle fest, der Landesrechnungshof hat sich klar zu Kriterien geäußert.
Herr Kollege, Sie sollten mit Ihren Äußerungen ganz vorsichtig sein.
Das ist wirklich wahr, Sie sollten ganz vorsichtig sein.
Zum Rechnungshof. Der Landesrechnungshof hat klare Kriterien genannt: unter 20 km bis zum nächsten Gericht und kleine Gerichte. Beides trifft auf den Standort Usingen nicht zu – unwidersprochen, daran konnte man überhaupt nichts deuten.
Deswegen fasse ich zusammen. Sie haben kein einziges, wirklich ernsthaftes und belastbares Argument für diesen Kahlschlag, sondern Sie haben lediglich die Arroganz der Macht.
Sie haben wieder einmal das Prinzip „Mehrheit ist Wahrheit“. Das ist ein bisschen zu wenig, um Gerichte in der Fläche zu schließen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unstrittig, dass nach dem Bundesgesetz 80 % der Personal- und Sachkosten der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen der freien Träger zu übernehmen sind. Strittig ist allerdings in diesem Haus die Methode der Landesregierung, nämlich vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung diese auf dem Rücken von Schwangeren und Frauen in Konfliktsituationen zu betreiben.
Ziel Ihres Gesetzentwurfs ist, die Pauschale auf ein sogenanntes „angemessenes Maß“ zu reduzieren. Daraus machen Sie keinen Hehl. Sie senken das Bewilligungsvolumen drastisch ab, nämlich um 23 %.
Was eine angemessene Finanzierung ist, definiert die Landesregierung gleich mit. Um diese 2,2 Millionen € einzusparen, wird die Förderhöhe der Pauschale kurzerhand auf rund 61.000 € pro Beratungspersonalstelle geschraubt. Das klingt im ersten Schritt nach einem ganz ordentlichen Sümmchen. Allerdings liegt der Betrag unter dem Bewilligungsvolumen von 65.300 €, die unbestritten von 2004 bis 2009 an die Träger überwiesen wurden. Auch dazu noch eine Kürzung.
Kein Wort verliert die Landesregierung darüber, dass aufgrund der eingefrorenen Personalkostentabelle die nicht erfolgten Tariflohnerhöhungen einberechnet waren. Die gingen in den letzten Jahren schon voll zulasten der Träger und mussten aus eigenen Mitteln bestritten werden. Das heißt, es ginge jetzt im Prinzip nur um das Nachholen von Personalkostensteigerungen.
Über diese massive Kürzung kann die Landesregierung auch nicht mit der mehr als fragwürdigen Behauptung hinwegtäuschen, dass 65.000 € – wie Sie es gerade gemacht haben, Herr Minister – immer noch ein Spitzenbetrag im Vergleich der Länder seien. Es wäre nämlich interessant, zu erfahren, wie diese Daten der anderen Länder erhoben worden sind. Wenn Sie sich so gerne mit anderen Bundesländern vergleichen, dann möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ z. B. der Landeszuschuss für die Landesgeschäftsstelle von pro familia eingespart bzw. komplett gestrichen worden ist. Das ist ein Zuschuss, den andere Bundesländer nach wie vor unbestritten bezahlen. Auch da ist Hessen hinten.
Der Vergleich mit dem Thüringer Rechnungshof, den Sie in der Vorlage bemühen, ist unbrauchbar, weil sich diese Umfrage aus dem Jahr 2008 auf eine Förderhöhe pro Einwohnerin bzw. Einwohner bezieht.
Die ganzen Durchschnittsberechnungen, die Sie anführen, sagen weder etwas darüber aus, ob in anderen Bundesländern die vorgegebene Förderhöhe von mindestens 80 % eingehalten, noch darüber, was tatsächlich bezahlt wird. Es sind also alles Nullaussagen, meine Damen und Herren.
Ich fordere Sie deshalb auf, Ihre Quellen und Ihre Rechnungen spätestens in der Anhörung offenzulegen, die wir im Ausschuss beantragen werden. Die Landesregierung verliert in ihrem Gesetzentwurf auch kein Wort darüber, dass die Träger aufgrund der sogenannten Vorhaltepflicht unabhängig von der Höhe der Förderung verpflichtet sind, die bewilligten Stellen auch tatsächlich vorzuhalten.
Eine völlig unzureichende Förderung des Landes für diese Personalstellen wird ganz eindeutig ab 2012 – es droht jedenfalls – dazu führen, dass die Zuschüsse der Kommunen und der Kreise, die Eigenmittel der Träger und Spendenmittel künftig in größerem Umfang als bisher für die eigentliche Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe eingesetzt werden. Das ist nicht im Sinne des Gesetzes.
Es wird natürlich, wenn dies so geschieht – das wird so geschehen müssen, wenn Sie eine Mehrheit für Ihren Gesetzentwurf haben –, unzweifelhaft zum Abbau der präventiven, der ergänzenden Arbeit dieser Beratungsstellen führen, und zwar der Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt und anderem. Das ist eine völlig fatale Fehlentwicklung, die Sie einleiten.
Eine jahrelang geltende und außerdem über Jahre unveränderte Bezugsgröße wird über den Haufen geworfen und durch eine absolut willkürliche und nicht nachvollziehbare neue Berechnung ersetzt. Sie versuchen, uns hier Sand in die Augen zu streuen, um ein dubioses Rechenexempel plausibel erscheinen zu lassen. Die Förderung liegt nach der beabsichtigten Kürzung um nahezu ein Viertel im Jahr 2011 damit noch unter dem Förderniveau von 2005 und zieht zusammen mit der unsicheren und im Bereich der freiwilligen Leistungen verorteten Kofinanzierung der Kreise und Kommunen unweigerlich den Abbau und Wegfall von ergänzenden, flankierenden und präventiven Aufgaben nach sich.
Auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit – ich sage nur: Sozialpädagogik, Sexualpädagogik für Kinder und Jugendliche, Paar- und Sexualberatung, Beratung zu PID und anderes – ist mit dieser drastisch reduzierten Förderpauschale nicht leistbar.
Erkennbar ist, dass der Landesregierung die gut ausgebauten Strukturen des pluralen Angebots nicht so viel wert sind, wie sie es sein sollten. Ich sage zum Schluss: Wer 25 Millionen € für die EBS versenkt,
der sollte auch die präventiven Aufgaben im Sozialbereich auskömmlich finanzieren und nicht wegen 2 Millionen € sehr viel Gutes, was da passiert und was wir alle gemeinsam unterstützen, beenden. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Hahn, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Wir hätten das natürlich auch ganz gerne mit den Kolleginnen der FDP-Fraktion diskutiert – aber sei es drum.
Das war nur eine kleine Spitze. Ich glaube, die ist auch zutreffend und erlaubt.
Meine Frage ist aber: Meinen Sie nicht, dass es vielleicht einer größeren Anstrengung bedürfte, damit diese Väter, über die wir sprechen – die schwierigen Väter, um die wir uns Gedanken machen müssen, die sich eben nicht um ihre Kinder kümmern –, beispielsweise ihrer Unterhaltspflicht nachkommen?
Ist Ihnen bekannt, in welcher Höhe die Unterhaltsvorschusskassen der Kommunen für diese säumigen Väter eintreten müssen? Müssen wir nicht diese Väter zur Unterhaltspflicht heranziehen, bevor wir ihnen auch noch ein Sorgerecht aufdrängen?
Herr Minister, Ihnen ist der Unterschied zwischen den Spielcasinos alter Prägung und diesen neu entstandenen Spielautomatenhallen auf der grünen Wiese oder am Stadtrand sicherlich bekannt. Halten Sie es für sinnvoll, gleiche Überprüfungsmechanismen wie in den klassischen Spielcasinos einzuführen, als da seien Einlasskontrollen, Sperrliste für Spielsüchtige und Kontrolle, ob die Menschen diese Hallen betreten?
Frau Ministerin, ist es nach wie vor Stand der Beratungen, dass das ein verpflichtendes System wird und dass die Kennzeichnung vor Ort transparent ist?
Ich frage die Landesregierung:
Welche Landesdienststellen kämen für die Nachnutzung der Liegenschaft des Amtsgerichts Usingen nach der derzeit von der Landesregierung geplanten Schließung in Betracht?
Danke schön, Herr Staatsminister. Bei uns schlagen die Wogen logischerweise sehr hoch. Es gibt diverse Äußerungen von diversen Menschen. Unter anderem geistert seit längerer Zeit durch die Landschaft, dass die Polizeistation Usingen in dieses Gerichtsgebäude einziehen könnte. Können Sie dazu eine Aussage treffen?
Herr Minister, halten Sie es für möglich, dass noch Änderungen an den bisherigen Schließungsplänen des Justizministeriums Platz greifen, zumal der Gerichtsbezirk eine riesengroße Fläche im Taunus einnimmt und insofern auch durchaus umweltpolitische Aspekte eine Rolle spielen könnten bzw. zu dem Thema der Erreichbarkeit in der Fläche in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP für diese Wahlperiode stand: Erhalt der Justiz in der Fläche?
Ich frage die Landesregierung, insbesondere den Frauenminister:
Wie beurteilt sie die Auseinandersetzung zwischen Bundesarbeitsministerin von der Leyen und Frauen- und Familienministerin Schröder um die Frauenquote?
Danke schön, Herr Minister. – Sind Sie mit mir der Auffassung, dass Frau von der Leyen, die eine Selbstverpflichtung angemahnt hatte, nach zehn Jahren zugeben muss, mit diesem Ansatz krachend gescheitert zu sein, und sind Sie mit mir der Auffassung, dass deshalb eine verbindliche Quotierung erfolgen müsste, wie es in Finnland,
in Norwegen und neuerdings in Frankreich durchgesetzt werden konnte?
Herr Minister, würden Sie unter Umständen in Erwägung ziehen, eine solche flexible Quote – die zudem erst ab dem Jahre 2013 gelten soll und bei der vorgesehen ist, dass die Firmen selbst festlegen, wie viel Prozent Frauen sie in Führungspositionen haben wollen – verbindlich festzuschreiben, weil das ein Weg wäre, die Gleichberechtigung von Frauen in der Wirtschaft ernsthaft voranzutreiben?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sollten doch beim Thema bleiben. Der Dioxinskandal hat Hessen erreicht, und zwar offiziell am 6. Januar, nach dem derzeitigen Stand.
Zunächst war ein Schweinemastbetrieb in Hersfeld-Rotenburg betroffen. Einen Tag später gab es bereits neun weitere Verdachtsfälle im Schwalm-Eder-Kreis mit inzwischen einigen Tausend Schweinen.
Der Skandal hat sich in Hessen ausgebreitet. In diesem Moment aber war Schweigen – Schweigen der Ministerin, und zwar plötzlich. Noch zwei, drei Tage zuvor kamen Entwarnungen, Beschwichtigungen. Kaum hatten die Ermittlungen begonnen, wurde vom Ministerium am 4. Januar gesagt, es gebe keinerlei Hinweise auf Fälle in Hessen.
Meine Damen und Herren, das ist so, als ob der Tierarzt feststellen würde, die Kuh ist gesund, ohne dass er jemals im Stall war oder die Kuh aus der Nähe gesehen hat.
Das ist jedenfalls nicht das, was wir von der Ministerin für Verbraucherschutz erwarten können. Statt Prüfungen abzuwarten, wurde in Hessen bereits Entwarnung gegeben. Aber das war trügerisch.
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich spreche für uns alle hier im Raum: Inzwischen sinkt das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher ins Bodenlose. Die Labore sind überlastet. Die Kontrolleure in den Kommunen wissen überhaupt nicht mehr, wie sie ihre tägliche Arbeit angesichts solcher Skandale auch noch schultern sollen.
Ob sich etwas ändern wird, wenn Sie weiter regieren, darf doch deutlich bezweifelt werden.
Nachdem die Koalitionsfraktionen die ganze Zeit geschwiegen haben, sehe ich mir jetzt ihren Antrag an
und sage dazu: Es ist geradezu skandalös, was Sie da aufgeschrieben haben.
Da wird geschrieben, dass die Belastung von Lebensmitteln mit Dioxin „so weit wie möglich minimiert werden“ soll.
Meine Damen und Herren, wo leben wir eigentlich, wenn zumindest die Forderung, dass wir Lebensmittel frei von Giftstoffen und Schadstoffen haben möchten, nicht einmal mehr aufgeschrieben wird?
Wenn Sie in Ihrem Jubelantrag schreiben, Hessen habe „schnell, koordiniert, konsequent und angemessen gehandelt“, dann sage ich Ihnen: Genau das ist schlichtweg nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, dieser Dioxinskandal ist einer der neueren Punkte in einer langen Kette von Versagen. Wir hatten BSE/Rinderwahnsinn, wir hatten Acrylamide in Keksen, Glycerin in Wein, erhöhte Dioxin- und PCBWerte in Eiern und Fleisch. All das ist nichts Neues.
Wann immer solche Schweinereien aufgedeckt und bekannt werden, wird reflexartig mitgeteilt, dass alles halb so schlimm ist. Die Frau Ministerin hat jetzt bei einer Veranstaltung gesagt, Dioxin habe der Gesundheit zu keiner Zeit geschadet. Es ist unglaublich, was Sie alles wissen, Frau Ministerin.
Von den Dioxin-Eiern gehe überhaupt keine Gefahr aus. Ein Ernährungswissenschaftler erklärt, man könne 80 mit Dioxin belastete Eier pro Woche essen. Der Staatssekretär bläst daraufhin ins gleiche Horn
oder ins gleiche Ei.
Meine Damen und Herren, man möchte keine belasteten Lebensmittel essen, und solche Verharmlosungen brauchen wir nicht.
Bei dem jetzt erwischten Unternehmen sind bereits im Frühjahr letzten Jahres belastete Proben aufgefallen. Das System der Eigenkontrolle setzt Ehrlichkeit voraus, aber die können wir ganz offensichtlich nicht voraussetzen.
Offenbar wurden Kontrollen dazu benutzt, um durch Beimengungen, Vermischungen, Verdünnungen Grenzwerte noch einzuhalten bzw. zu unterschreiten. Deswegen müssen wir die staatlichen Kontrollen ausbauen. Es geht nicht, immer weiter abzubauen und zu sagen, das gehe uns nur etwas an, wenn etwas auffällt. Es muss ständig überprüft werden.
Als Verbraucher und Verbraucherinnen wollen wir Unternehmer, die sich an Spielregeln halten. Wir wollen kein Dioxin im Essen. Wir wollen keine Pestizide im Salat. Wir wollen keine Salmonellen, Bakterien oder Maden im Käse. – Das alles lässt sich zurzeit mit dem Kontrollsystem, wie wir es haben, nicht ernsthaft garantieren. Deswegen müssen wir uns Konsequenzen überlegen, und zwar alle miteinander, wie wir mehr Sicherheit gewährleisten können.
Der Kollege von den GRÜNEN hat es angesprochen: Vielen Verbrauchern ist inzwischen der Appetit auf tierische und manche pflanzliche Produkte gründlich vergangen. Immer mehr Menschen greifen zu Bioprodukten – völlig richtig. Wir wollen sichere Lebensmittel. Aber auch die Menschen, die auf preisgünstigere Lebensmittel angewiesen sind, haben ein Recht darauf, unbelastete Lebensmittel zu bekommen und nicht durch ihr Essen krank zu werden.
Deswegen sage ich: Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken – Sie haben das Beispiel der Pute gebracht, ich will das Beispiel des Schweinefleischs nehmen –: Heute wird beim Discounter ein Pfund Schweinefleisch für 1,99 € verkauft, aber dafür kann kein Bauer ein Schwein großziehen.
Es kann nicht gut gehen, wenn so produziert wird.
Ich sage Ihnen deshalb: Wir brauchen die Änderungen, die in unserem Antrag skizziert sind.
Erstens. Lebensmittel, die Grenzwerte überschreiten, müssen sofort vom Markt genommen werden, ohne Wenn und Aber. Es darf keine Verharmlosungen und Beschwichtigungen durch Ministerien geben.
Zweitens. Die Verbraucher, die Verbraucherinnen brauchen klare Informationen über die Gefahren von Stoffen in unseren Lebensmitteln. Wer Beschwichtigung vor Aufklärung setzt und Futter- und Lebensmittelsünder nicht anprangert und nicht nennen will, der provoziert solche Probleme.
Drittens. Wir brauchen bundeseinheitliche Qualitätsstandards für die Überwachung. Schließlich darf in Hessen niemand durch die Maschen schlüpfen, der in Bayern oder NRW zur Verantwortung gezogen werden würde.
Viertens. Hessen sollte sich überlegen – hier möchte ich appellieren –: Schließen Sie sich der Schadenersatzklage der anderen Bundesländer an, auch wenn bei uns die Zahl der Betroffenen Gott sei Dank nicht so hoch ist. Ich glaube trotzdem, es ist an der Zeit.
Fünftens. Wir dürfen es den Unternehmen nicht so leicht machen, gegen Vorschriften zu verstoßen. Wir müssen dringend über das Strafmaß in solchen Fällen nachdenken.
Sechstens. Dieser Punkt ist mir am wichtigsten: Gute amtliche Kontrolle ist das A und O bei der Lebensmittelüberwachung. Eigenkontrollen sind eine Ergänzung, eine richtige Ergänzung, die aber nur bei Ehrlichkeit funktioniert. Deswegen muss mindestens die Meldepflicht wieder eingeführt werden, die wir bis 2005 hatten.
Vor allem darf das Überwachungssystem nicht an fehlendem Personal scheitern. Ich vermisse dringend eine Evaluation der Landesregierung zum Thema Kommunalisierung der Lebensmittelüberwachung. Das ist 2005 passiert. Wo ist eine Überprüfung, ob wir die Qualität in Hessen noch gewährleisten können?
Es muss überprüft werden, ob es noch funktioniert, und es muss auch finanziell unterstützt werden, damit das Kontrollsystem ausgebaut werden kann.
Gestern hat der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure zu Recht beklagt, dass mit dem derzeitigen Personal Sicherheit der Lebensmittel reine Utopie bleibt. 1,1 Millionen Betrieben stehen bundesweit 2.500 Kontrolleure gegenüber. Umgerechnet ist es ein Kontrolleur für 440 Betriebe. Das kann nicht funktionieren. Er hat zudem gesagt, in Hessen ist es in manchen Landkreisen ein Kontrolleur auf 1.000 Betriebe. Das kann überhaupt nicht funktionieren.
Wir haben als SPD-Fraktion zum Haushalt 2011 beantragt, dass die Lebensmittelüberwachung personell deutlich aufgestockt wird, mit mindestens zwei Prüferinnen und Prüfern pro Landkreis. Jetzt kommt genau diese Forderung vom Landesverband. CDU und FDP haben es in den Haushaltsberatungen abgelehnt. Hätten sie unserem Antrag zugestimmt, wären wir hier zumindest in Kürze dem Problem näher gekommen.
Lebensmittelsicherheit ist nicht zum Nulltarif zu haben. Kontrollen sind kostspielig, zeitintensiv und müssen gewissenhaft durchgeführt werden. Wir müssen die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher vor die Interessen der Industrie stellen. Die Zahl der Mischfutterproben ist von 2005 bis 2009 von 36 auf 16 gesunken. Durchschnittlich werden nur vier Proben Eier pro Jahr auf Di oxin und PCB überprüft. Da dürfen wir uns nicht wundern, dass das ausgenützt wird. Das ist kein Wunder.
Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident. – Deshalb dürfen wir es nicht weiter dem Kommissar Zufall überlassen, schwarze Schafe zu finden, sondern wir brauchen Transparenz, und wir brauchen vor allem dringend mehr Kontrolle. Hessen ist im Verbraucherschutzindex 2010 im Vergleich der Länder von Platz 10 auf Platz 16, auf den
letzten Platz, bei den Lebensmittelkontrollen abgerutscht.
Aber natürlich, Sie müssen Statistiken und den Index genau lesen. – Deswegen sage ich Ihnen: Wir brauchen mehr Kontrollen in Hessen, und wir brauchen auch eine Evaluation der Lebensmittelkontrolle in Hessen, damit wir wieder besser aufgestellt sind und Lebensmittelsicherheit herrscht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin, ich bin über Ihren Redebeitrag sehr erstaunt, das muss ich schon sagen. Das mehrfache Betonen dessen, dass es sich nur um einen Betrieb gehandelt habe, der hier Fehler gemacht hätte, ist doch atemberaubend. Das hat doch etwas mit einem extremen Kostendruck zu tun. Es hat doch ganz ohne Zweifel etwas mit kriminellen Machenschaften zu tun, die auch überprüft werden und früher auffallen müss ten.
Ich weise entschieden zurück, dass in der bisherigen Debatte Landwirte diffamiert worden wären – von mir jedenfalls mit keinem Satz. Ich habe im Gegenteil darauf hingewiesen, dass wir erkennen, dass viele Menschen auf
sichere Lebensmittel umsteigen und deswegen Bioprodukte kaufen. Das ist auch gut so. Aber die Lösung kann nicht heißen, dass wir jetzt alle Bioprodukte kaufen müssen, sondern dass die Menschen, die wenig Geld in der Tasche haben und preiswerte Lebensmittel kaufen müssen, auch einen Anspruch auf ordentliche, saubere und giftfreie Lebensmittel haben. Das müssen wir mit staatlichen Kontrollen und staatlichen Überprüfungen sicherstellen.
Frau Kollegin Lannert, ich möchte an einen Punkt erinnern, weil Sie gesagt haben, es seien 900 Menschen in der Lebensmittelüberwachung in Hessen tätig. Ja, im weitesten Sinne, aber die Wahrheit lautet, wir haben 135 Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure in Hessen. Das sind, wenn man es auf Vollzeitstellen umrechnet, noch ein bisschen weniger. Dann sind es 129 Vollzeitstellen für Lebensmittelkontrolleure in der Lebensmittelüberwachung.
Das können Sie alles auch nachlesen. – Ich möchte Ihnen – mit Erlaubnis des Präsidenten – jetzt noch ein paar Zitate aus der „Offenbach-Post“ vom 28.01. vortragen.
Dass der Einsatz immer wichtiger wird, zeigen auch die vielen neuen Skandale.