Sepp Dürr
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Last Statements
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss zum Debakel der Landesbank war bitter nötig und höchst erfolgreich.
Er war höchst erfolgreich! Die Beweisaufnahme aus den Akten und aufgrund der Zeugeneinvernahme hat die Vorwürfe, die uns zur Einsetzung veranlasst haben, in vollem Umfang bestätigt. Das ist ein Erfolg. Huber und Beckstein haben in der Führung der Bank und in der Kontrolle versagt. Sie haben die Öffentlichkeit und das Parlament über das Ausmaß und die Dynamik der Krise bewusst getäuscht.
Huber hat darüber hinaus dem Parlament mehrfach direkt ins Gesicht gelogen, und deshalb muss er endlich seinen Hut nehmen.
Wir haben im Untersuchungsausschuss, weit über den eigentlichen Untersuchungsauftrag hinaus, erschreckende Einblicke in Lage und strategische Aufstellung der Bank bekommen. Was ist die Bilanz, die wir leider daraus ziehen müssen? – Die Landesbank schlingert wie ein führungsloser schwerer Tanker durch internationale Gewässer.
Das ist für Bayern brandgefährlich, denn die Bilanz der Landesbank beträgt ungefähr 400 Milliarden Euro. Das ist mehr als zehnmal so viel wie der Landeshaushalt. Wenn die BayernLB wackelt, wird der Landeshaushalt in seinen Grundfesten erschüttert. Eine kleine Kostprobe haben wir bereits bekommen.
Wo steht die Landesbank heute? – Die Landesbank hat bei windigen Immobiliengeschäften in den USA schwere Verluste, Abschreibungen und Wertberichtigungen in Höhe von mindestens 4,5 Milliarden Euro erlitten.
Weitere 20 Milliarden Euro stehen noch im Feuer. Sie müssen mit 6 Milliarden Euro abgeschirmt werden. Das werden Sie doch nicht bestreiten, oder?
Wie groß aber ist das Ausmaß des Debakels insgesamt? Klar ist, dass der Schaden weit über diese 100 Millionen Euro Zahlungsausfälle hinausgeht, hinter denen sich Finanzminister Huber über Monate hinweg verschanzt hatte. Die Bank selbst rechnet bereits mit weiteren Zahlungsausfällen, also echten Verlusten, in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Euro bis zum Ende der Laufzeit. Das räumt die Bank selbst bereits ein.
Elftens. Einen nicht unerheblichen Teil des Schadens sollen offenbar die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank auffangen. Im Juni hat der Vorstand einen drastischen Personalabbau angekündigt. 350 Arbeitsplätze fallen bei uns weg.
Wie schaut es in den USA aus? Der Präsident des Sparkassenverbandes, Dr. Naser, hat in seinem schon zitierten Brief vom 31.10. festgestellt, die 800 Mitarbeiter, die über die Bank verteilt in Financial Markets tätig seien, würden derzeit nicht einmal ihre Kosten verdienen. Auch das ist ein Schaden, und auch das heißt nichts anderes als Personalabbau.
Kolleginnen und Kollegen, es ist höchst schäbig, wenn Vorstand und Verwaltungsrat für ihr eigenes Versagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter büßen lassen. Für dieses Versagen werden wir alle direkt und indirekt in die Pflicht genommen. In diesem Jahr werden die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen die Folgen des Debakels erstmals zu spüren bekommen, Herr Minister, wenn es trotz aller Bilanztricksereien, anders als im letzten Jahr, keine Dividende mehr geben wird. Die vorher genannten staatlichen Fonds sind aber jetzt dank Ihnen, Herr Finanzminister, dank der CSU und dank der Staatsregierung inzwischen auf Dividenden angewiesen. Ihre Fördermöglichkeiten hängen nicht mehr von den Zinsen ab, sondern von den Dividenden der Landesbank. Zu den anderen Fonds, die ich schon genannt habe, ist das der Fonds „Hochschule International“. Es geht um Kultur, um Umwelt und Naturschutz. Es gibt weniger Geld für Hochschulen, Natur, Umwelt und Naturschutz.
Außerdem – und das werden die Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen – hat der Finanzminister bereits angekündigt, dass dann der Landeshaushalt, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, einspringen müssten. Das wird am Ende dieses Jahres der Fall sein. Die Menschen in Bayern sind von den Verlusten der Landesbank nicht nur als Steuerzahler und Steuerzahlerinnen betroffen. Wir alle sind doppelt betroffen: als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und über die Sparkassen unserer Kommunen. Die 4,5 Milliarden Euro Verluste und Abschreibungen, die die Bank bereits ausweist, schmälern den Gewinn. Damit werden
natürlich schmälern die den Gewinn! – den Menschen in Bayern Milliarden Euro fehlen.
Damit werden den Menschen in Bayern Milliarden Euro fehlen. Natürlich schmälern sie die Gewinn- und Verlustrechnung zum Teil, zum anderen Teil stehen sie in der Neubewertungsrücklage und werden zum Ende der Laufzeit den Gewinn schmälern. Das ist doch sonnenklar.
aufgefangen werden. Minister Huber erklärte dazu am 3. April im Landtag:
Mit einer Garantie, meine Damen und Herren, sichert der Freistaat Bayern ein staatliches Vermögen. Entschlossenes Handeln wendet Schaden von unserer Bank ab.
Der Schaden war schon eingetreten. Huber weiter:
Nur so lassen sich Rating-Verschlechterungen
ein Schaden –
mit ihren vielfältigen negativen Auswirkungen für die Bank vermeiden.
Von diesen Rating-Verschlechterungen waren auch die Sparkassen bereits betroffen, wie der Sparkassenpräsident selbst eingeräumt hatte. Das heißt, der Schaden war bereits eingetreten, und nur durch den Schirm von insgesamt sechs Milliarden Euro wird er nicht wirksam.
Sechstens. Die Wirtschaftsprüfer geben Verlustwarnung. Bereits für dieses Jahr wird der Landesbank wegen der ABS-Investments ein operativer Verlust vorhergesagt. Das heißt, dass die Dividende in diesem und in den folgenden Jahren gekürzt oder gar völlig ausfallen wird.
Siebtens. Das Eigenkapital musste aus Mitteln staatlicher Fonds, unter anderem dem Umweltfonds, dem Kulturfonds, dem Altlastensanierungsfonds und dem Naturschutzfonds erhöht werden. Das bedeutet eine Verwässerung der Dividende. Falls es doch eine Dividende gäbe, würde sie pro Eigentümeranteil kleiner ausfallen. Auch das ist ein Schaden.
Achtens. Die Stützung der Sachsen LB in Höhe von 2,2 Milliarden Euro schränkt die Handlungsfähigkeit der Bank weiter ein – ein weiterer Schaden.
Neuntens. Je länger die Krise dauert, je länger der Bank von den Eigentümern keine klare Struktur und keine klare Geschäftsstrategie auferlegt werden und je länger der Landesbankenbereich in Deutschland nicht konsolidiert wird, desto schneller sinkt der Wert unserer Bank. Auch das ist ein erheblicher materieller Schaden.
Zehntens. Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung. Eine Studie der US-Investmentbank Merrill Lynch stellt fest, dass die deutschen Bundesländer höher verschuldet sind als allgemein angenommen. Man müsste – so sagt die Investmentbank – auch die staatlichen Garantien und Risikoabschirmungen mit einrechnen, Herr Finanzminister. Damit steige die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern wegen der Landesbank um zehn Prozent, sagt die USInvestmentbank Merrill Lynch.
Sie können sich gerne dazu äußern.
laufen kann. Das ist doch ganz klar. Das interessiert die Menschen.
Es geht um viel Geld. Es geht um politisches Versagen. Es geht um fehlende Wirtschaftskompetenz. Beckstein, Huber und die heutige CSU können nicht mit Geld umgehen, und das interessiert die Wählerinnen und Wähler.
Da brauche ich noch gar nicht über die Landesbank zu reden, schon fragen mich die Leute: Was ist mit der Landesbank? – Das ist ein Thema, das lässt sich gar nicht vermeiden.
Ich weiß, dass das nicht jedem gefällt und auch dem kleinen Schreier da vorne nicht. Das ist mir sonnenklar.
Es gefällt vor allem denjenigen nicht, die sich bisher in sträflicher Weise nicht um den Zustand der Landesbank und die Zukunft der Bank gekümmert haben. Genau die sorgen sich jetzt um den Ruf der Bank. Das sind auch diejenigen, die behaupten, wir würden mit diesen Diskussionen der Bank und damit Bayern schaden. Aber der Bank und Bayern schaden nicht wir. Der Bank und Bayern schaden Huber und Beckstein.
Huber und Beckstein schaden Bayern, weil sie im Verwaltungsrat nicht richtig kontrolliert haben und weil sie das Vertrauen in die Landesbank zerstört haben.
Bevor wir uns genauer ansehen, in welchem Umfang Beckstein und Huber versagt haben, noch ein kurzer Blick darauf, warum die Geschäfte, die die Landesbank betrieben hat, ins Debakel geführt haben. Die Zeugen konnten dafür keine Gründe finden. Es war, so sagen sie, sozusagen unvermeidlich. Gell, Herr Kollege Welnhofer? – Niemand wusste, was man anders oder besser hätte machen können, und das ging so weit, dass Sie als Ausschussvorsitzender mehrfach Zeugen gefragt haben: Wenn alle alles richtig gemacht haben, warum ist dann das herausgekommen? – Darauf haben Sie keine Antwort gegeben, Herr Kollege. Auf die Antwort warte ich noch.
Seit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung ist die zentrale Frage ungeklärt, wo und womit soll die Landesbank Geld verdienen. Bis dahin hatte sie praktisch eine sichere Lizenz zum Gelddrucken: Sie hat, weil der Staat bürgte, Geld aufnehmen und konkurrenzlos günstig weiterverleihen können, ohne viel zu tun. Seit dem Ende der Gewährträgerhaftung sieht sich die Landesbank einer
Sie schmälern den Gewinn. Diese Milliarden Euro werden den Menschen in Bayern fehlen, und zwar sowohl den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern als auch den Sparkassen sowie den Kommunen. Verteilt auf die einzelnen Sparkassen geht es um Beträge von einigen Millionen Euro, die im Laufe der nächsten Jahre vor Ort für Kredite an den Mittelstand, als Ausschüttung an die Kommunen oder für Kultur- und Sportsponsoring fehlen werden.
Dann ist da noch der Anteil der Sparkassen an der 6-Milliarden-Euro-Bürgschaft. Der beträgt 2,4 Milliarden Euro. Das anteilige Risiko muss schließlich auf die einzelnen regionalen Sparkassen aufgeteilt werden. Die Sparkasse München etwa wäre im Falle des Falles laut ihrem Chef Harald Strötgen mit bis zu 208 Millionen Euro an der Garantie beteiligt.
Strötgen sagt, das wäre das zweifache Jahresergebnis der Sparkasse. Um solche Volumina geht es hier.
Die Sparkasse Fürstenfeldbruck andererseits ist an der Landesbank mit 1,3 % beteiligt. Eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft träfe diese Sparkasse mit 12 Millionen Euro.
So kann sich jeder ausrechnen, was für die eigene Stadt- und Kreissparkasse auf dem Spiel steht. Das ist das kleine Einmaleins, von dem der Finanzminister gestern gesprochen hat. Genau das exerziere ich Ihnen gerade vor. Klar ist, für die kleinen und mittleren Sparkassen gefährdet die Bürgschaft die Existenz. Das hat auch Sparkassenpräsident Naser bereits eingeräumt.
Mit dieser Schadensliste, Kolleginnen und Kollegen, haben Sie einen ersten Überblick über das ganze Ausmaß des Debakels. Dass es so weit kommen konnte, dafür ist ein eklatantes Versagen bei Führung und Kontrolle der Bank durch den Verwaltungsrat, namentlich durch Beckstein und Huber, verantwortlich. Es ist höchste Zeit, dass wir die Diskussion darüber eröffnen, was zu tun ist, damit es nicht wieder so weit kommt. Diese Diskussion, Kolleginnen und Kollegen, werden wir natürlich auch im Wahlkampf führen; das ist klar. Wir sprechen im Wahlkampf all die Fragen an, die für Bayern wichtig sind und die die Menschen in Bayern interessieren.
Wir sagen bewusst die Wahrheit im Unterschied zu Ihrem Finanzminister. Das ist der Unterschied.
Warum sollen wir darüber nicht reden? Es ist ein wichtiges Thema – das werden Sie einräumen –, es interessiert die Menschen. Selbstverständlich reden wir über das, was bei der Landesbank schief gelaufen ist und was besser
von den Banken, weil diese ohnehin gerade dabei waren, Kredite zu vergeben. Der Immobilienboom und der Boom der Kreditgeschäfte haben alles massiv beschleunigt. Alles wurde noch leichtlebiger und leichtgläubiger gehandhabt. Man verdiente ja so schön. Über Jahre hat man wunderbar verdient. Alle haben auf die steigenden Kurse gesetzt und daran verdient.
Also wurden die Kredite en masse vergeben, herausgeschleudert wie beim billigen Jakob, buchstäblich auf Tupperpartys ohne Ansehen der Schuldner und ihrer Kreditwürdigkeit. Diese Schuldverschreibungen wurden dann von den Banken anschließend tranchiert, umetikettiert, umverpackt, weiterverkauft – wie beim Gammelfleisch.
Das ist ein überaus passender Vergleich; denn bei den eingekauften Papieren handelt es sich, anders als die Staatsregierung bis heute zu glauben scheint, um großenteils minderwertige Ware. Das ABS-Portfolio der Landesbank ist laut Bankangaben etwa zu 11 Milliarden Euro als Prime zu bezeichnen. 13 Milliarden Euro sind nicht Prime, sie sind Nonprime oder Subprime. – 13 Milliarden!
Subprime, das sind windige Geschäfte. Das US-Finanzministerium hat schon 1999 klargestellt, die Bezeichnung „Subprime“ bezieht sich auf Eigenschaften des Kreditnehmers. Der Schuldner zeigt typischerweise eines oder mehrere der folgenden Charakteristika, nämlich zwei oder mehr Zahlungsrückstände von über 30 Tagen innerhalb des letzten Jahres oder mindestens einen Zahlungsrückstand von 60 Tagen innerhalb der letzten zwei Jahre, Kreditkündigungen, Pfändungen oder Abschreibungen auf Verbindlichkeiten innerhalb der letzten zwei Jahre, Insolvenz innerhalb der letzten fünf Jahre, eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit, eine Quote von Kapitaldienst zu Einkommen von über 50 %.
Das heißt, Subprime-Schuldner, das sind Schuldner, die von einer bayerischen Sparkasse keinen Cent bekommen hätten, und in die hat die Landesbank Milliarden investiert. Das ist der Kern des Geschäfts.
Das ist der Kern der windigen Geschäfte. Nun zum Kern unserer Vorwürfe. Minister Huber und Ministerpräsident Beckstein haben bis Mitte Februar die Öffentlichkeit und den Landtag gezielt über Ausmaß und Dynamik der Krise getäuscht. Aus den Akten und aus der Zeugenbefragung geht eindeutig hervor, dass sie es besser wissen konnten, als sie sich hingestellt und gesagt haben, es sind nur 100 Millionen Euro Verluste, oder als Ministerpräsident Beckstein erklärt hat, 2 Milliarden Euro seien Horrorzahlen, die mit der Realität nichts zu tun hätten.
Minister Huber hat darüber hinaus im Plenum gelogen, und zwar am 11.12.2007. Ich erinnere an die Antwort auf die Frage des Kollegen Mütze, die Frau Rupp schon zitiert hat. Auf die Frage, ob es nicht eine Milliarde Abschreibungsbedarf gebe, hat Huber erklärt, dass er den
seits einer scharfen Konkurrenz ausgesetzt, ohne wirklich darauf vorbereitet zu sein. Andererseits hat sie noch für eine Übergangszeit zu den alten Konditionen günstig Geld aufnehmen können. Sie hat also auf Vorrat gekauft, ohne konkrete Verwendung für diese günstigen Gelder zu haben, um für die Zukunft Liquidität zu sichern.
Da kam aus den Reihen der CSU-Fraktion im Ausschuss die Frage: Wohin mit dem Geld? Wo hätte man denn das Geld hintun sollen? So viel Geld, wohin damit? – Da hat die Bank die Geschäfte mit den ABS-Portfolios ausgeweitet als Zwischenlager. Die Landesbank hat praktisch einen Wurstvorrat angelegt. Nun ist ein Wurstvorrat als solcher bekanntlich verderblich, leicht verderblich.
Deswegen hat die Bank ein Kühlhaus gesucht, um den Wurstvorrat, sprich die Gelder, wieder herausholen zu können, wenn sie sie einmal braucht. Man hat sich gedacht, da legen wir die Gelder hinein und dann holen wir sie wieder heraus, wenn wir sie brauchen. Aber dazwischen kam der Stromausfall. Das war das Problem.
In diesem Sinne ist das aktuelle Debakel eine Spätfolge der Gewährträgerhaftung. Es war also richtig, die Gewährträgerhaftung abzuschaffen. Sie sehen, was dabei herauskommen kann, wenn Banken mit Staatsgarantien einfach so draufloswirtschaften können, weil der Staat schon dafür haften wird.
Das ist kein Schmarrn. Nein.
Wenn du etwas sagen willst, dann sag’ etwas, aber etwas Gescheites.
Nur dadurch kam die Bank so leicht an so viel Geld, und nur deshalb hat sie so leichtsinnig investiert.
Wie es um die Qualität dieser Geschäfte steht, weiß man erst, wenn man genauer hinschaut. Der Kern dieser miesen Geschäfte sind US-Immobilienmarkt-Darlehen. Bei uns werden Kredite für Immobilien bis zu einer Höhe von maximal 80 % der Sicherheiten vergeben, und da muss man schon Glück haben. In den USA vergibt man Kredite auf künftige Wertsteigerungen hin. Das heißt, man hat Kredite vergeben bis zu 120 % und 150 % des Wertes, also auf Pump und höchst spekulativ. Kreditnehmer und Kreditgeber haben praktisch darauf gewettet oder sich darauf verlassen, dass die Preise der Häuser weiter steigen und steigen werden. Das war die Abmachung.
Dazu kamen nach dem Motto „Darf es ein bisschen mehr sein?“ noch andere Verbraucherkredite, die im Paket mit den Immobiliendarlehen günstig mit vergeben wurden
und sie genutzt. So hat zum Beispiel der Sparkassenpräsident Naser dreimal die Sparkassenobleute informiert, und der frühere Finanzminister hat vertraulich die haushaltspolitischen Sprecher der Fraktionen informiert, und zwar zu einem Zeitpunkt, wie Faltlhauser glaubhaft versichern konnte, bevor die Krise Dynamik angenommen und die Landesbank sichtbar getroffen hat. Er hat auch versichert, dass er weiter in dem Moment informiert hätte, in dem die Krise Dynamik angenommen hat. Wer nicht informiert hat, ist der Herr, der hier auf dieser Bank sitzt und der hoffentlich bald zurücktreten muss.
Die späteren Bekanntgaben von nicht belastbaren Zahlen – das hat Frau Kollegin Rupp schon ausgeführt – sowie die Quartalsberichte sind ein Eingeständnis des Vorstandes der Bank, des Verwaltungsrats und der Staatsregierung, dass der Landtag und die Öffentlichkeit einen Anspruch auf zeitnahe Information haben. Minister Huber hat nach eigenen Angaben – im Untersuchungsausschuss hat er das gesagt – achtmal den Landtag informiert, aber jedes Mal erklärt, es gebe keine belastbaren Zahlen. Zahlen, die er nicht habe, könne er nicht nennen. Er hat achtmal gelogen. Laut Urteilen des Bayerischen Verfassungsgerichts vom 17. Juli 2001 und vom 26. Juli 2006, die unsere Fraktion zum Auskunftsrecht des Parlaments erstritten hat, ist die Staatsregierung zu Nachforschungen verpflichtet. Sie kann sich nicht auf Nichtwissen berufen. Das heißt, wenn der Landtag wissen will, wie die Situation der Landesbank ist, kann Huber nicht sagen, er wisse nichts, sondern er muss, wie es am 12. Februar geschehen ist, die Bank fragen, ob aus dem vorhandenen Material belastbare Zahlen generiert werden können, damit er dem Landtag eine Antwort geben kann. Das ist seine Pflicht und Schuldigkeit. Gegen diese Pflicht und Schuldigkeit hat dieser Minister sträflich verstoßen.
Haben Sie Pfui gesagt? Das finde ich richtig. Genau das ist Pfui von diesem Minister. –
Nach diesen Urteilen ist das Fragerecht und somit die Verpflichtung zur Auskunft gegenüber Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als höherrangig einzuschätzen. Huber hat achtmal gegen seine Amtspflichten verstoßen, und deshalb muss er zurücktreten.
Ein weiterer Punkt: Die Landesbank – das hat mich am meisten überrascht – ist aus meiner Sicht in einem erschreckenden Zustand. Sie ist ohne Führung durch die Eigentümer, ohne funktionierende Kontrolle und ohne Geschäftsmodell. Die Bank macht, was sie will, und Beckstein und Huber haben tatenlos zugesehen. Der Wandel von der Bayerischen Landesbank zur selbsternannten internationalen Geschäftsbank ist ein Ergebnis
Wertberichtigungsbedarf von einer Milliarde nicht bestätigen kann.
Als Huber das gesagt hat, lag ihm bereits der Wochenbericht der Bank vom 4. Dezember vor, worin ein Abschreibungsbedarf von 283 Millionen Euro für die Gewinn- und Verlustrechnung und von 1,59 Milliarden Euro für die Neubewertungsrücklage genannt wird. Huber stellte sich dann hin und sagte, er könne 1 Milliarde Euro nicht bestätigen. Noch in der Haushaltssitzung vom 12. Februar – auch das hat Frau Kollegin Rupp schon zitiert; ich finde, das kann man immer wieder hören –
hat er Zahlen über einen hohen Wertberichtigungsbedarf bei der Landesbank „Spekulation“ genannt. Was sagt der Wochenbericht vom 6. Februar 2008, den er auch schon kannte, über den vorläufigen Endstand? Abschreibungsbedarf für die Gewinn- und Verlustrechnung 557 Millionen Euro, Neubewertungsrücklage 1,334 Milliarden Euro, zusammen 1,89 Milliarden Euro. Außerdem wurde für 2008 bereits mit minus 136 Millionen Euro für die Gewinn- und Verlustrechnung und einer Neubewertungsrücklage von 145 Millionen Euro gerechnet. Das sind insgesamt deutlich mehr als 2 Milliarden Euro. Das war etwa zum selben Zeitpunkt, als Beckstein der „Welt Online“ erklärt hat, Zahlen von 2 Milliarden Euro seien Horrorvorstellungen, die mit der Realität nichts zu tun hätten. So gehen sie mit der Öffentlichkeit um, so reden sie im Landtag. Sie wissen genau, dass es anders ist, und erzählen uns das Gegenteil.
Noch am 19. Februar – das ist schon sehr spät – hat Herr Minister Huber im Plenum hinausposaunt: Ich stelle fest, es gibt keine Krise der Bayerischen Landesbank. – Wenn es einen Beweis für eine gestörte Realitätswahrnehmung gibt, dann ist es dieser Ausspruch.
Diese Störung liegt bei Minister Huber vor.
Bei dieser Mauertaktik aus Verharmlosen, Verschweigen und Lügen handelt es sich aber nicht, wie man fälschlich glauben könnte, um ein individuelles Versagen; es ist die systematische Lüge der Landesbank, die sich Kommunikationsstrategie nennt. Der Bankvorstand und der Verwaltungsrat haben sich nämlich vorgenommen, systematisch nicht die Wahrheit zu sagen. Sie haben über Monate daran festgehalten, erst mit der Jahresbilanz im April das Ausmaß der Krise offenzulegen und bis dahin alles zu leugnen. Obwohl sie wussten, was Sache ist, haben sie bis dahin systematisch alles leugnen wollen, und der Verwaltungsrat hat sich dem widerspruchslos untergeordnet. Zum persönlichen Versagen Hubers wird die systematische Lüge wegen seiner Auskunftspflicht gegenüber dem Landtag. Minister Huber hat das Parlament angelogen und damit schwer gegen seine Amtspflicht verstoßen. Es hätte Möglichkeiten gegeben, über die wahre Lage zu informieren. Andere haben diese Möglichkeit gesehen
Chance mehr, auf die einsetzende Krise etwa durch Verkäufe zu reagieren.
Wirklich erschreckend in der Deutlichkeit, die der Untersuchungsausschuss aufgezeigt hat, ist die fehlende Ausrichtung der Bank. Die Landesbank ist ohne Geschäftsmodell. Die dubiosen Kreditgeschäfte in den USA sind nur ein Beispiel dafür, dass die Bank nicht weiß, wozu sie eigentlich da ist. An diesen Käufen zeigt sich das zentrale Problem. Weil sie nicht weiß, was ihre Aufgabe ist, nimmt sie, was sie kriegen kann. Die Landesbank sucht verzweifelt einen Auftrag. Überall ist sie dabei. Überall will sie mit dabei sein Jüngst hat die Bank sogar für die IKB geboten.
Die Wahllosigkeit ihrer Beteiligungen wird klar, wenn man aufzählt, was sie angekauft und zum Teil schon wieder verkauft hat: Die BAWAG in Wien, die DKB – Deutsche Kreditbank –, die Tiroler Sparkasse Innsbruck, die Tschechische Bausparkasse, die Landesbank Saar, die Interbanka Prag, die Österreichische Postsparkasse, die Landesbausparkasse Wien, die MKB Budapest, Unionbank Bulgarien, Romexterra Rumänien, Hypo Group Alpe-Adria – das ist die Kärntener Skandallandesbank –, BanqueLBLux Luxembourg, LB(Swiss) Privatbank in Zürich.
Die Landesbank hat weit über hundert Tochter- und Enkelgesellschaften quer durch den Gemüsegarten.
Die Zeugenbefragungen haben auch bestätigt, dass der öffentliche Auftrag bei den Geschäftstätigkeiten der Landesbank nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Der Verwaltungsratsvorsitzende hat in dem viel zitierten Brief vom 31. Oktober 2007 an Beckstein und Huber geschrieben – ich zitiere –:
Wir haben doch auch heute schon längst keine Bayerische Landesbank mehr,
dann kommt etwas, was vielleicht den Gesetzgeber interessiert –
die laut Gesetz insbesondere Staats- und Kommunalbank sowie Sparkassenzentralbank ist. Damit könnte die BayernLB kein halbes Jahr überleben. Die BayernLB ist bereits heute weitaus überwiegend eine internationale Geschäftsbank.
Aber damit fehlt der BayernLB die Legitimation als öffentliche Bank.
Denn der Freistaat braucht keine eigene internationale Geschäftsbank. Auch sonst ist nicht erkennbar, wer eine solche Landesbank braucht. Die Wirtschaft braucht sie offenbar nicht.
Am 2. April dieses Jahres führte Dr. Naser in der Verwaltungsratssitzung aus – ich zitiere –, dass das Geschäftsmodell der BayernLB in der Vergangenheit aus seiner
der Geschäftstätigkeit der Bank. Sie hat einfach darauf losgearbeitet. Das ist nicht die Folge einer Vorgabe. Niemand hat gefordert, dass die Landesbank eine internationale Geschäftsbank werden solle, sondern die Bank hat einfach angefangen, loszuwurschteln. Damit haben sich aus meiner Sicht Faltlhauser, Beckstein und Huber ein schweres Versäumnis zuschulden kommen lassen. Sie hätten der Bank einen klaren Auftrag, ein Geschäftsmodell geben müssen. Es war aber das Gegenteil der Fall. Die Bank selbst hat versucht, ein Geschäftsmodell zu finden. Zum Beispiel waren die Ausweitung der ABSGeschäfte und insbesondere das Engagement auf dem US-Immobilienmarkt Verlegenheitslösungen nach dem Motto: Wohin mit dem Geld? – Ein anderes Beispiel: Finanzminister Huber hat nach eigenen Angaben bereits im Dezember und im Januar auf eine Änderung der Kommunikationspolitik gedrängt, aber er konnte sich nicht durchsetzen. Die Bank macht, was sie will. Eine Änderung der Sprachregelung durch die Bank erfolgte ohne Rücksprache. Am 12. Februar, als die Lage völlig anders war, ging Finanzminister Huber zum Lügen in den Ausschuss, und die Bank entschloss sich zeitgleich, die Wahrheit zu sagen. Ministerpräsident Beckstein hat sich am 21. Juni bei der „Passauer Neuen Presse“ beklagt – ich zitiere –: „Der Landesbankvorstand hat doch den Finanzminister regelrecht in eine restriktive Informationspolitik hineingedrängt und von einem Tag auf den anderen ohne jede Vorwarnung eine Kehrtwende vollzogen.“ Das stimmt, aber das muss man erst einmal mit sich machen lassen. Huber ist nicht das Opfer, sondern er hat in seiner Führungsrolle versagt. Darum muss er weg.
Eine Kontrolle findet nicht statt.
Sie können den Bericht lesen. Natürlich bin ich davon überzeugt, sonst würde ich Sie nicht damit belästigen. – Ministerpräsident Beckstein, der 15 Jahre im Verwaltungsrat für Führung und Kontrolle zuständig war, hat Anfang Februar öffentlich erklärt, er sei nur – ich zitiere – „ein Außenstehender“. Er sitzt im Verwaltungsrat, ist zuständig für die Richtlinien der Geschäftspolitik und die Kontrolle und sagt, er sei nur ein Außenstehender, der – dann geht das Zitat weiter – nur darauf vertrauen könne, dass die Informationen des Vorstands korrekt seien. Genauso sah diese Kontrolle aus. Aus den Niederschriften geht hervor, dass die Verwaltungsräte die ABS-Geschäfte in Milliardenhöhe ohne Wortmeldung und ohne Gegenstimmen genehmigt haben. Der Verwaltungsrat musste wichtige Entscheidungen nachträglich – meist Monate später – abhaken, wenn bereits kein Handlungsspielraum mehr war. Auch die Entscheidung vom 26. Oktober 2005, dass die Bank für bis zu 58 Milliarden Euro ABS-Papiere ankaufen will – das muss man sich vorstellen: 58 Milliarden Euro; da haben wir noch Glück gehabt –, hat der Verwaltungsrat nur mit großer Verspätung erfahren, nämlich mehr als ein Dreivierteljahr später, am 2. August 2006. Die Entscheidung des Vorstands im März 2007, doch keine ABS-Papiere zu kaufen, hat der Verwaltungsrat erst am 24. Juli 2007 erfahren. Damit gab es wirklich keine
Landesbank keine Privatbank ist, braucht sie eine öffentliche Kontrolle. Davon versteht die Opposition wirklich am meisten.
Abschließend zu unserem dritten Ziel: das Vertrauen in die Landesbank wiederherzustellen. Da gab es Gelächter. Am Anfang war ich naiv und habe gedacht, zu der Bank kann man Vertrauen haben. Aber dieses ist uns misslungen; das muss ich ehrlich sagen. Das eigene Vertrauen ist durch die Beweisaufnahme schwer erschüttert worden.
Für die bisherige Ausprägung der Bank sehen wir keine Rechtfertigung. Eine Neuordnung ist dringend erforderlich.
Die Staatsregierung hat die notwendige Debatte um die Zukunft der Bank bisher blockiert. Das ist ein schweres Führungsversagen.
Der Sparkassenpräsident Naser hat am 31. Oktober 2007 die Verantwortlichkeiten noch einmal deutlich festgelegt und Huber und Beckstein geschrieben, dass bezüglich der Zukunft der Landesbank die Entscheidungsmacht lediglich „in Euer beider Hände“ liegt. Diese beiden haben die Verantwortung, aber sie haben hier versagt.
Besonders erschreckend bei der Befragung des Zeugen Beckstein war, mit welcher Sorglosigkeit der Ministerpräsident den Fortgang der Krise hat laufen lassen. Er hat von sich aus keinen Grund gesehen, nachzufragen, Informationen einzuholen und steuernd einzugreifen. Er hat den Kopf in den Sand gesteckt, und das bei einer Krise, die bei den Steuerzahlern Milliardenbelastungen auslösen kann.
Bis heute hat er keinerlei Konsequenz gezogen. Beckstein und Huber haben bis heute keine Idee, wie es weitergehen kann.
Wenn ich eine Schlussbewertung in der Sprache der Banker vornähme, also ein Rating machte, dann würde ich sagen: Die Landesbank hat einen Subprime-Verwaltungsrat. Das Tandem Beckstein und Huber wird Doubleb-geratet; es ist höchste Zeit, sich davon zu trennen.
Wer eine Zwischenfrage nicht gestattet, muss mit einer Zwischenbemerkung rechnen. So einfach ist das.
Sie haben vorhin gesagt, ich hätte heute nicht gefragt, was im Juni und Juli letzten Jahres war. Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich diese Fragen im Untersuchungsausschuss fast jedem Zeugen gestellt habe. Ich habe gefragt, was damals war und was man damals hätte machen können. Jetzt frage ich Sie: Wie viele Fragen haben Sie im Untersuchungsausschuss gestellt? Können Sie mir erklären, wie Sie Ihre Kontrollfunktion im Untersuchungsausschuss wahrgenommen haben? Dann hätten wir einen Vergleich und könnten einordnen, wie die Staatsregierung den Verwaltungsrat kontrolliert hat. Wie viele Fragen haben Sie gestellt und wie oft haben Sie sich zu Wort gemeldet? Wissen Sie das vielleicht noch?
Wer spricht jetzt? Herr Kollege Mütze ist gemeldet. Also gut. Bitte, Herr Kollege Hallitzky.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute noch einmal eine Demonstration der alten Arroganz der Macht erleben müssen.
Diese Art von Machtmissbrauch wird bald der fernen historischen Vergangenheit angehören.
Es ist die Arroganz einer bröckelnden, einer zerfallenden Macht. CSU und Staatsregierung haben sich heute über alle Argumente hinweggesetzt. Sie haben die Argumente nicht einmal als Argumente zur Kenntnis genommen. Sie haben sich kaum an der Debatte beteiligt und wenn, dann auf dem niedrigsten Niveau. Mit Recht hat der Kollege Schindler gesagt, das sei keine Sternstunde des Parlaments gewesen. Jeder konnte sehen, welches trostlose Bild der CSU Sie zurzeit abgeben. Dafür sind wir dankbar.
Dieser Gesetzentwurf hat offensichtlich eine ungleich größere Bedeutung für uns als für Sie. Deswegen haben wir auch eine namentliche Abstimmung beantragt. Unsere Partei ist aus Bürgerinitiativen, aus dem Kampf um Bürgerrechte, aus dem Widerstand gegen staatliche Übergriffe entstanden. Im Kampf für unsere Bürger- und Freiheitsrechte haben wir immer wieder die Grenzen des geltenden Versammlungsrechts schmerzhaft spüren müssen. Schon das geltende Versammlungsrecht macht große Schwierigkeiten in der Praxis und schränkt die Demonstrationsfreiheit zu stark ein. Deshalb haben wir einen Entwurf eines eigenen Versammlungsfreiheitsgesetzes vorgelegt. Die GRÜNEN sind froh, wenn sich Bürgerinnen und Bürger engagieren und sich politisch äußern, sich einmischen und sich versammeln. Sie dagegen, Kolleginnen und Kollegen der CSU, haben Angst vor dem politischen Engagement der Bürger.
Sie wollen mit Ihrem Gesetz die Rechte der Bürgerinnen und Bürger genauso beschneiden, wie Sie das in der Beratungspraxis bei der Behandlung der Petitionen gemacht haben. Die schäbige und undemokratische Behandlung von Petitionen ist exemplarisch für Ihr überholtes Politikverständnis aus dem vorletzten Jahrhundert. Auch das fügt sich nahtlos in das miserable Gesamtbild, das Sie heutzutage bieten, ein.
Der Entwurf des Versammlungsverhinderungsgesetzes der Staatsregierung hat durchwegs versammlungsfeindli
klammheimlich in Ihrem Änderungsantrag untergebracht. Insofern gibt es ein bisschen Bewegung, aber es war im Ergebnis doch zu wenig.
Herr Kollege Schindler, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir GRÜNEN, anders als der Kollege Obermeier behauptet hat, unsere Reden nicht beim Innenministerium schreiben lassen,
dass aber der Kollege Obermeier nicht richtig vorlesen kann?
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die pädagogischen Vorteile herausgestellt, deretwegen Sie die jahrgangsübergreifenden Klassen machen. Ich frage Sie: Warum machen Sie das nicht in allen Schulen, in allen Klassen, wenn das pädagogisch so wertvoll ist?
Dann würde ich gern noch wissen, ob in dem Stellenschlüssel, den Sie gerade angesprochen haben, die Lehrkräfte für den Ausbau der Ganztagsschulen und die Lehrkräfte, die ans Gymnasium abgeordnet werden, enthalten sind.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Weltagrarmarkt ist in einer schweren Krise mit schlimmen Auswirkungen in den armen Ländern, aber auch mit Krisensymptomen bei uns. Auf dem Weltagrarmarkt tobt sich die Globalisierung zum Schaden von Millionen von Menschen aus, weil ökologische und soziale Regeln bisher fehlen. Regenwälder werden in riesigem Ausmaß abgebrannt, damit noch mehr Soja als Viehfutter für die reichen Industrieländer angebaut und noch mehr Palmöl für die dicken Spritfresser erzeugt werden kann. Das Vieh der Reichen frisst das Brot der Armen. Das ist und bleibt der wirkliche Skandal dieser Tage.
In Ländern wie Mexiko, Haiti, Ägypten und Honduras ist es zu ersten Hungeraufständen gekommen, weil die Lebensmittelpreise zu hoch sind. Auch bei uns in Bayern gibt es Proteste. Die bayerischen Bauern unter ihrem Anführer Sonnleitner protestieren gegen Aldi & Co., weil die Preise für Milch zu niedrig sind. Die Weltbank und die Welternährungsorganisation FAO haben letzte Woche einen grundlegenden Wandel der globalen Agrarpolitik gefordert. Die industrielle Landwirtschaft mit Monokultur, Massentierhaltung, Pestiziden und Agrogentechnik habe die Produktion in den letzten Jahrzehnten zwar deutlich gesteigert – sagen die Weltbank und die FAO –, aber einfache Bauern, Arbeiter, ländliche Gemeinden und die Umwelt müssten weltweit den Preis dafür zahlen. Darum fordert die Welternährungsorganisation eine angepasste Landnutzung und bäuerliche Strukturen, traditionelles Saatgut und nachhaltige Produktionsmethoden. Nur noch eine nachhaltige Landwirtschaft dürfe gefördert werden.
Genauso ist es. In Deutschland hat sich am Wochenende Landwirtschaftsminister Seehofer lautstark und auf allen Kanälen zu Wort gemeldet. Auch er fordert eine Wende in der Agrarpolitik.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie müssen nicht erschrecken, er meint es nicht so.
Sie werden sich erinnern, „Agrarwende“ war der Begriff für die neue Verbraucherschutzpolitik von Renate Künast. Sie war wirklich gut.
Die Agrarindustrie und die Agrogentechnik werden keinen einzigen Menschen vor dem Hunger retten. Im Gegenteil. Selbst Vertreter von BASF räumen das inzwischen ein. Die Agrogentechnik sei nur eine Technik für die Industrieländer, die die teuren Saaten auch bezahlen könnten. Abgesehen davon sind sich alle Expertinnen und Experten darüber einig, dass der Hunger kein Mengenproblem ist. Entscheidend ist, ob die Armen selbst Lebensmittel anbauen oder ob sie sich wenigstens welche kaufen können. Beide Voraussetzungen werden aber von der Agrarindustrie und von der Agrogentechnik zerstört. Die Kirchen in Deutschland warnen seit Langem, dass die Agrogentechnik die Existenz und die Marktfähigkeit von lokal angepassten, standortgerechten Landbausystemen gefährdet. Die Kirchen sagen klar und deutlich, und zwar seit Jahren, das Versprechen, mit Hilfe der Gentechnik den Hunger auf der Welt zu besiegen, ist unglaubwürdig. In der Welt werden nämlich nicht zu wenig Lebensmittel produziert, sondern es gibt gravierende Defizite bei den Zugängen zu und bei der Verteilung von Lebensmitteln.
Bauernpräsident Sonnleitner leugnet jeden Zusammenhang zwischen unserer Agrarpolitik und der Nahrungsmittelkrise in der Welt. Auch Sonnleitner spart übrigens nicht mit antikapitalistischem Vokabular. Er wirft den Preisdrückern Aldi & Co. vor, das sei schlimmer Frühkapitalismus. Der Einzelhandel kontert kühl, in der Marktwirtschaft würden Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Wie sieht es denn auf der Nachfrageseite aus? – Die Lebensmittelpreise sind in den letzten Jahren massiv angestiegen, dank der größten Steuererhöhung aller Zeiten durch CSU und SPD.
Dieser Preisanstieg blieb aber stets deutlich unter der allgemeinen Preisentwicklung. Wenn es in den Haushaltskassen vieler knapp wird, dann sind nicht die Lebensmittel daran schuld. Schuld ist vielmehr die Lohnentwicklung, denn seit etwa zwanzig Jahren stagnieren die Bruttolöhne. Die Nettoeinkommen der abhängig Beschäftigten sinken sogar. Wir brauchen hier endlich eine Trendwende, wir brauchen einen Mindestlohn!
Wie sieht es auf der Angebotsseite aus? Im Jahr 2007 wurde in Bayern die größte Milchmenge seit elf Jahren produziert, Herr Kollege Ranner. Diese Milchmenge wurde mit wesentlich weniger Kühen als früher erzeugt. 6260 Kilogramm Milch pro Jahr und Kuh vermeldet man stolz. Das bedeutet eine neue Höchstmarke. Diese Milchmenge kann keine bayerische Kuh liefern, wenn sie nur mit bayerischem Futter gefüttert wirt. Allein mit Gras und Wasser geht das sowieso nicht. Die EU muss für ihre Nutztiere deshalb jedes Jahr 35 Millionen Tonnen Futtermittel importieren. Je mehr Milch bei uns produziert wird, desto höher ist die Nachfrage nach Soja auf dem Weltmarkt. Je mehr Milch produziert wird, desto höher die Nachfrage. Das Vieh der Reichen frisst also immer mehr Brot der Armen.
Bayern ist übrigens das größte Milcherzeugerland Deutschlands. Rund ein Viertel der Milch stammt von
in Deutschland möglich sein. Damit das möglich wird, hat sich Seehofer kräftig für die Gentechnik eingesetzt. Er hat sich über die Bedenken des Bundesamtes für Naturschutz hinweggesetzt und die Zulassung von MON 810 genehmigt. Bis heute lehnen er und Ihre Parteifreunde in Berlin, Kolleginnen und Kollegen von der CSU und von der SPD, ein Verbot wie in Frankreich ab. Seehofer sorgt dafür, dass Monsanto seine Gewinne maximieren kann, und dann stellt er sich hin und mimt den antikapitalistischen Kämpfer. Das ist an Dreistigkeit und Verlogenheit nicht mehr zu überbieten.
Seehofer will keine Agrarwende, das habe ich schon gesagt, sondern er will Schlagzeilen. In Wirklichkeit will er aber, was noch schlimmer ist, eine noch intensivere Bewirtschaftung. Er will den Ausbau der Agrarproduktion. Deshalb rief er am Wochenende dazu auf, stillgelegte Flächen zu nutzen, um Hungerkatastrophen zu vermeiden. Das ist pure Propaganda!
In Bayern gibt es noch ungefähr 19 000 Hektar Stilllegungsflächen, die noch nicht genutzt werden. Das ist noch nicht einmal 1% der Ackerfläche in Bayern. Mit diesem einen Prozent will Seehofer den Welthunger bekämpfen. Das ist doch unglaubwürdig. Es geht Seehofer doch weder um die Stilllegungsflächen noch um den Welthunger. Es geht ihm um ein Signal an die Bauern. Das ist nichts anderes als ein Aufruf, noch intensiver und noch rücksichtsloser als bisher zu produzieren. Wenn auch die letzten noch nicht genutzten Flächen bewirtschaftet werden, dann machen Seehofer und Miller der Artenvielfalt in Bayern endgültig den Garaus. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie wissen, dass der bayerische Ministerrat am 1. April eine Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Bayern beschlossen hat. Wenn Sie sich nur einen Funken Glaubwürdigkeit erhalten wollen, dann sorgen Sie endlich dafür, dass nicht noch intensiver gewirtschaftet wird!
Das Argument Welthunger muss immer dann herhalten, wenn die CSU ihre schmutzige Agrarpolitik rechtfertigen will,
sei es für die Genlobby oder für die weitere Industrialisierung der Landwirtschaft. „Mit konventioneller Nahrungsmittelerzeugung allein ist der Hunger in der Welt nicht mehr zu besiegen. Wenn Frau Künast sich der grünen Gentechnik aus ideologischen Gründen weiter verweigert, handelt sie schlicht verantwortungslos“. Sie klatschen gar nicht, Kolleginnen und Kollegen von der CSU? – Das hat die damalige Umweltstaatssekretärin Emilia Müller noch vor wenigen Jahren erklärt. Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie sind es, die damals verantwortungslos gehandelt haben. Sie sind diejenigen, die auch heute verantwortungslos handeln.
sozusagen. Es geht um eine grundlegende Umgestaltung unserer Wirtschaft, von Produktion, von Verbrauch, um eine grundlegende Agrarwende. Fangen Sie endlich in Bayern damit an!
Herr Minister, Sie hätten ruhig vorn stehen bleiben können. Nachdem Sie mir die Zwischenfrage nicht gestattet haben und ich nicht dauernd dazwischenrufen wollte, habe ich mir gedacht, ich stelle eine Zwischenfrage. Aber mit der Zwischenbemerkung geht es auch.
Können Sie sich vielleicht noch erinnern, dass Sie und der Bauernverband in der letzten Legislaturperiode von Rot-Grün vehement gefordert haben, dass Weizen auch verheizt werden darf? Da waren Sie mit dabei. Das haben Sie anscheinend inzwischen vergessen.
Vielleicht können Sie mir auch noch sagen, um wie viel die Biobauernquote in Bayern unter dem deutschen Durchschnitt liegt, und zwar sowohl was die Fläche als auch was die Zahl der Bauern betrifft. Das hätte ich gern gewusst.
Das schmerzt Sie, weil Sie nichts zuwege gebracht haben. Je mehr einer schreit, umso weniger wird er recht haben; davon gehe ich aus.
Wir haben die Förderung für Umstellungsbetriebe noch einmal erhöht, und zwar auf 300 Euro. Damit heben wir uns ganz gewaltig ab. Wir brauchen nur noch die Genehmigung der Europäischen Union.
Ich darf ein Wort zum Einsatz von Biokraftstoff aus dem Ausland sagen. Wir sind klar einer Meinung, dass wir gegenüber Kraftstoffen aus diesen Bereichen sehr reserviert sein müssen. Wir meinen nicht, dass man damit die Probleme lösen kann. Der Biokraftstoff aus Drittländern muss zertifiziert sein. Es muss nachgewiesen sein, dass er umweltfreundlich und nachhaltig erzeugt worden ist. Das ist eine klare Forderung, die wir aufgestellt haben. In dieser Richtung sollten Sie mithelfen, statt zu polemisieren.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dass die Kollegen von der CSU und der Staatsregierung nur ein geringes Interesse daran haben, über dieses Thema zu reden, kann man nachempfi nden. Sie machen schließlich seit zehn Tagen nichts anderes.
Das ist nicht besonders erfreulich für Sie. Dass man sich dem nicht gern aussetzt, kann man verstehen. Aber Sie müssen sich damit auseinandersetzen. Das ist für unser Land notwendig.
Auch Kollege Schmid ist im Übrigen nicht da. Zu überlegen ist, welche Konsequenzen man ziehen muss. In diesem Zusammenhang lautet die erste Frage: Was bedeutet dieses Wahlergebnis?
Man kann sagen, dass die politische Landschaft in Bayern, die so statisch ausgesehen hatte, in Bewegung geraten ist. Die CSU hat massiv verloren.
Selbst Erwin Huber glaubt nicht mehr an einen Sieg. Das Wahlergebnis ist eine deutliche Kritik an der Politik von CSU und Staatsregierung. Darüber, denke ich, sind wir uns alle einig. Aber dann geht der Streit los, und er geht natürlich in der CSU los. Welche politischen Maßnahmen von CSU und Staatsregierung haben denn die Menschen in Bayern am meisten enttäuscht? Was hat sie am meisten aufgeregt? Darüber gibt es einen Wettbewerb, und es ist unglaublich, wie viele CSU-Politiker sich zu Wort melden. Wenn ich also nicht auf alle eingehen kann, muss niemand beleidigt sein. Es sind einfach zu viele, die auf einmal erkennen, was sie alles falsch gemacht haben.
So hat zum Beispiel der CSU-Fraktionsvorsitzende eine lange Rechnung aufgemacht und gesagt: Das achtjährige Gymnasium, das Debakel bei der Landesbank, die hausärztliche Versorgung, der Transrapid – alle diese Themen seien schuld daran gewesen. Das Rauchverbot
hat er natürlich ausdrücklich ausgenommen. Dieses Gesetz sei nicht wahlentscheidend gewesen, hat er gesagt. Er habe es wohl überlegt, und es sei auch fachlich völlig unbestritten.
Auch Herr Kollege Imhof – er war gerade noch hier – hat erklärt, viel wichtiger als das Rauchverbot sei hierbei die Schulpolitik. Ihm ist noch mehr eingefallen, was seine Fraktion und Regierung alles falsch gemacht haben, zum Beispiel im Hinblick auf die frühkindliche Bildung und Erziehung und im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit.
Kollege Pschierer lässt sich da nicht lumpen. Er sagt, unsere mit allerweitestem Abstand größte Baustelle sei die Bildungspolitik. Hierfür gebe es keine Konzepte. Da hat der Kollege recht.
Er sagt weiter, das Kultusministerium entwickle sich immer mehr zu einem Ankündigungsministerium. Als Beispiele nennt er das Büchergeld, das achtjährige Gymnasium, den Übertrittsdruck an den Grundschulen und die Zukunft der Hauptschulen auf dem Land. – Super, unser Bildungspolitiker!
Nur der Kultusminister selber fi ndet andere Ursachen und macht anderes und andere verantwortlich, nämlich das Rauchverbot und die Hausärzte.
Sie merken schon, Kolleginnen und Kollegen: Jeder sucht die Schuld im Arbeitsbereich und in der Verantwortung des anderen. Aber keiner macht dies so gründlich wie der Kollege Brunner. Er hat 9000 Stimmen verloren und sagt, er habe für die CSU büßen müssen. – Als wenn er in einer anderen Partei wäre! Wahnsinn!
Besonders selbstkritisch dagegen ist der Kreisverband des Wirtschaftsministers. Der Wirtschaftsminister ist schon sehr lange im Kabinett. Das „Landsberger Tagblatt“ schrieb dazu – ich zitiere –:
CSU-Kreischef Thomas Goppel griff sich bei seinen Redebeiträgen öfter als sonst mit der rechten Hand an den Kopf.
Wissenschaftsminister! Und dann schreibt die Zeitung weiter:
Diese Gesten der Nachdenklichkeit garnierte der bayerische Wissenschaftsminister mit Sätzen wie: Ein Minus von 4,5 % ist einfach zuviel.
Nun ersetzen zwar Gesten der Nachdenklichkeit noch lange nicht das Nachdenken selbst. Aber es ist immerhin ein Anfang.
Die Zeitung schreibt weiter: „Einig ist sich die Führungsriege – der Kreisverband der CSU, also auch Minister Goppel – darin, dass weder der Wahlkampf noch die Politik vor Ort schuld sind am Liebesentzug der Wählerinnen und Wähler. Die gesamte CSU strahlt nicht mehr den Glanz aus wie noch vor einiger Zeit.“
Und dann geht es folgendermaßen weiter:
Günther Beckstein fehlt die Statur und CSU-Chef Erwin Huber müsste deutlich an Energie und Durchsetzungskraft zulegen.
Es hat natürlich nicht jeder den Glanz und die Statur von Dr. Thomas Goppel. Das muss man auch einmal sagen.
Am perfektesten beherrscht das Schwarzer-Peter-Spiel der neue Bezirksvorsitzende von Niederbayern. Der erklärt in besonders hinterhältiger Dialektik:
Diejenigen, die jetzt eine Führungsdebatte auslösen, tragen die Verantwortung, wenn die CSU weiterhin in der Defensive bleibt.
Im selben Atemzug fordert er mehr Führungsstärke von Ministerpräsident Dr. Beckstein.
Er weiß genau, was er tut. Er will sagen: Schuld ist nicht Huber, sondern schuld ist Beckstein.
Kolleginnen und Kollegen der CSU, ein bisserl hat jeder von Ihnen Recht. Sie alle tragen Verantwortung für die vielen Fehler, die Sie und die Regierung in den letzten Jahren begangen haben.
Aber die Kritik der Wählerinnen und Wähler zielt nicht nur auf die vielen Fehlentscheidungen der letzten Jahre – ich nenne nur den Pfusch beim R 6 und G 8, das Büchergeld und den Lehrermangel –, sondern die Menschen in Bayern haben es auch satt, dass Sie nicht handeln und nicht endlich die zentralen Probleme in Bayern angehen.
Unser Bildungssystem muss grundlegend modernisiert, saniert und fi nanziert werden.
Bayern braucht keine dritte Startbahn und keinen Transrapid, Bayern braucht eine zeitgemäße Struktur- und Wirtschaftspolitik.
Unser Hightech-Standort muss das Zentrum einer klimafreundlichen Spitzentechnologie werden und alle müssen am wachsenden Reichtum teilhaben können. Das sind die zentralen Probleme. Sie aber haben weder die Kraft noch Ideen, das umzusetzen, und das enttäuscht die Menschen.
Aber die Menschen empört nicht nur, was Sie alles nicht machen, am meisten regt sie auf, wie Sie alles falsch machen. Sie begehen einen handwerklichen Fehler nach dem anderen. Die CSU weiß überhaupt nicht mehr, wie regieren geht. Sie, meine Damen und Herren von der CSU, sind nicht regierungsfähig. Sie missachten die simpelsten Regeln. Ihr Handlungsmuster der letzten Jahre lautet: Erstens pfuschen, zweitens leugnen und drittens noch mehr pfuschen.
Ich nenne als Beispiel das achtjährige Gymnasium. Erst haben Sie das G 8 völlig überstürzt und ohne jeden Plan eingeführt, dann haben Sie lange geleugnet, dass es Probleme gibt, und jetzt pfuschen Sie planlos und hektisch an dem Problem herum, das Sie selbst geschaffen haben.
Ein weiteres Beispiel ist das Büchergeld. Auch das haben Sie hektisch und überstürzt eingeführt, dann die Probleme geleugnet und das Büchergeld als große Errungenschaft gefeiert und schließlich haben Sie es hektisch und überstürzt wieder abgeschafft.
Ein weiteres Beispiel ist der Nichtraucherschutz: Hektisch und überstürzt eingeführt, dann Probleme geleugnet und als große Errungenschaft gefeiert und schließlich hektisch und überstürzt aufgeweicht.
Da bewahrheitet sich die alte Regel, dass schlechtes Krisenmanagement verheerender wirkt als die Krise selbst.
Mit diesem kopfl osen Krisenmanagement zeigen Sie, wie tief Sie in der Krise stecken. Es gibt – so kritisiert die „Süddeutsche Zeitung“ – keine Führung mehr, sondern nur noch überforderte Spitzenkräfte, die sich gegenseitig demontieren, statt die wahren Ursachen des Vertrauensverlustes zu suchen.
Ministerpräsident Beckstein lässt jetzt suchen. Er hat wieder einmal ein Bürgergutachten in Auftrag gegeben. Es ist nur so: Die Bürgerinnen und Bürger haben
Ihnen allen ein Gutachten bei der Kommunalwahl ausgestellt. Dieses Gutachten fällt verheerend aus.
In Scharen haben sich die Wählerinnen und Wähler von Ihrer Politik und Ihrer Partei abgewandt. Sie haben keinen Grund mehr gesehen, warum sie für eine solche Politik zur Wahl gehen sollten. Zum Teil haben sie auch eine andere Partei gewählt.
Ziehen Sie endlich Konsequenzen aus diesem Gutachten. Sie, Herr Meyer, tun es ja schon. Sie fl üchten sich aufs Land. Das ist eine gute Idee, Herr Meyer.
Sie wissen alle, meine Damen und Herren von der CSU – ich habe es vorgetragen und jeder von Ihnen weiß es –, wo die Probleme liegen: Bildung, soziale Gerechtigkeit, Transrapid, dritte Startbahn und Klimaschutz, Erwin Huber und die Landesbank. Dafür brauchen Sie kein neues Gutachten. Greifen Sie endlich unsere Lösungsvorschläge auf,
sonst bekommen Sie im September das nächste verheerende, Ihr letztes Bürgergutachten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Übernächsten Sonntag sind Kommunalwahlen in Bayern. Gerade rechtzeitig ist das der Staatsregierung aufgefallen. Die heutige Regierungserklärung wirkt schon wie Torschlusspanik. Aber, Herr Ministerpräsident, wenn man wie Sie die Monate verstreichen lässt, ohne etwas zu tun, und dann heute eine hilfl ose, lahme Erklärung auf den letzten Drücker nachschiebt, nützt das auch nichts mehr.
Es reicht nicht, eine Regierungserklärung abzugeben. Man muss auch etwas zu sagen haben.
Vor allem muss Ihre Regierung aber endlich arbeiten.
Die Arbeit in den Kommunen entscheidet darüber, wie es um unsere Lebensqualität im Alltag bestellt ist. Sie bestimmt, ob es genügend Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen im Dorf und in der Stadt gibt, ob es gute und wohnortnahe Schulen gibt, ob man mobil sein kann, wenn man kein eigenes Auto hat, sondern auf Bus und Bahn angewiesen ist, ob es einen leistungsfähigen Internetanschluss gibt oder nicht. Sie entscheidet, ob dafür gesorgt ist, dass auch die Menschen in kleineren Gemeinden nicht von der Welt abgekoppelt sind, dass die Unternehmen wachsen und im Wettbewerb mithalten können. Sie entscheidet, ob man, wenn man krank ist, mit einer guten medizinischen Grundversorgung rechnen kann und ob es genügend Arbeitsplätze in der Region gibt. In all diesen Fragen sieht es in zu vielen Teilen Bayerns schlecht aus: Es herrscht große Ungerechtigkeit.
Zu viele Regionen in Bayern werden von der Entwicklung abgekoppelt, zu viele Menschen haben nichts davon, dass der öffentliche und private Reichtum wächst, zu viele können nicht mithalten. Aber der Spielraum der Städte und der Gemeinden, hier gegenzusteuern, ist viel zu gering. Die Rahmenbedingungen dafür werden hier in München, in diesem Hohen Hause, festgelegt. Deswegen tragen Sie, Herr Ministerpräsident, Ihre Regierung und Ihre Partei, die Verantwortung dafür, dass in Bayern die Chancen der Menschen so ungerecht verteilt sind.
Sie haben nicht gegengesteuert, sondern Sie haben diese Entwicklung in den letzten Jahren massiv gefördert und beschleunigt, und zwar durch falsche Weichenstellungen und durch Nichtstun. Den Menschen in Bayern ist nicht entgangen, dass die CSU in Bayern heute kraftlos, mutlos und ohne jegliche Inspiration ist.
Die Regierung Beckstein ist nicht nur schwach gestartet, wie ihr viele bescheinigt haben, sondern Schwäche ist der neue Regierungsstil: Es gibt keine Ideen, da ist keine Kraft, die Probleme anzupacken.
Immerhin, Herr Ministerpräsident, Sie haben etwas dazugelernt.
Sie haben sich gedacht, wenn ich schon keine eigenen Ideen habe, dann nehme ich halt welche von der Opposition.
Familienfreundlichkeit als Standortfaktor, Kinderbildung- und -betreuung, wie wichtig das ist, die Wahlfreiheit der Eltern oder gar: kurze Beine, kurze Wege. Das sind Ideen von uns. Auch, dass jetzt Meister an Fachhochschulen studieren dürfen,
dass Sie den ländlichen Raum durch moderne Infrastruktur stärken wollen, dass Sie leistungsfähige Internetanschlüsse bereitstellen wollen, dass Sie plötzlich den Klimaschutz entdecken und die kleinräumige Klimaversorgung – –
In jedem einzelnen Punkt könnte ich Ihnen nachweisen, dass Sie und die CSU sich hier noch vor Kurzem dagegen gesträubt und dagegen gestellt haben.
Sie haben jede einzelne unserer Ideen bekämpft, als wäre sie der Weltuntergang. Heute präsentieren Sie das alles so, als wären Sie selbst darauf gekommen, und sind auch noch stolz darauf. Ich muss sagen: Das ist eine wirkliche Anerkennung unserer Arbeit.
Es hat nur verdammt lange gedauert, fast drei Jahrzehnte, bis Sie unsere angeblich utopischen Vorstellungen als eigene Ideen verkaufen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. Wir sind froh, wenn die Mehrheit der Menschen in Bayern endlich unsere Konzepte aufgreift. Das wollen wir doch. Auch die CSU darf sich da ruhig bedienen; wir haben nichts dagegen.
Aber, Herr Ministerpräsident, die Menschen in Bayern erwarten jetzt von Ihnen, dass Sie nicht nur schöne Reden schwingen, sondern endlich handeln.
Sie haben sich heute lang und breit vermeintlicher Wohltaten gerühmt und jeden Euro einzeln aufgezählt, den die Staatsregierung in ihrer Güte den Kommunen gewährt. Aber ein paar Euro hier oder ein paar Euro da ändern nichts daran, dass Sie den Kommunen systematisch das Wasser abgraben.
Was Sie ihnen mit der einen Hand so selbstgefällig geben, haben Sie ihnen mit der anderen Hand vorher genommen.
Statt den Kommunen und ihren Bürgerinnen und Bürgern mehr Freiheit und Selbstständigkeit einzuräumen, schnüren Sie ihnen die Luft ab. Sie statten sie nicht mit den Mitteln aus, die sie brauchen, sondern Sie halten die Kommunen beständig knapp und in Mangelwirtschaft. Die Städte und Gemeinden werden von Ihnen zum Betteln angehalten.
Sie weisen den Kommunen gerade so viele freie Mittel zu, dass sie kaum eigene Schwerpunkte setzen können
und für jede zusätzliche Fördermaßnahme zu Ihnen angekrochen kommen müssen, um sie zu beantragen.
So bleiben die Städte und Gemeinden in Bayern am Gängelband. Der Gipfel der Selbstbeweihräucherung ist, dass Sie sich für Leistungen der Kommunen loben, für die Sie überhaupt nichts, nichts und wieder nichts, können.
Sie halten die Städte und Gemeinden kurz und loben dann die Kreativität und den Einsatz, den die Kommunen erbringen, wenn sie den Mangel an Zuschüssen bewältigen wollen und auszugleichen versuchen. Das nennt man „Opfer verhöhnen“, Herr Ministerpräsident.
Das gilt zum Beispiel für das Thema Integration, das Sie angesprochen haben und das Sie auch in Ihrer schriftlichen Erklärung aufgeführt haben. Natürlich ist die Integration der nach Bayern Eingewanderten weitgehend gelungen. Natürlich haben die Kommunen dafür Großartiges geleistet. Aber Sie und Ihre Staatsregierung haben nichts, auch gar nichts dazu beigetragen:
kein Geld, keine Ideen, noch nicht einmal gute Worte, sondern nur schlechte Worte.
Ohne die vielen privaten Initiativen, die Träger der freien Wohlfahrtspfl ege und die Kommunen in diesem Land sähe die Lage in Bayern tatsächlich so verheerend aus, wie Sie sie immer darstellen, wenn es Ihnen parteipolitisch in den Kram passt: Heute der große Integrator, morgen wieder der üble Hetzer. Übers Sprüchemachen sind Sie beim Thema Integration bisher nicht hinausgekommen.
Gut, dass wenigstens andere etwas für Integration tun: die Eingewanderten selbst, die privaten Initiativen,
die Kommunen – und die GRÜNEN, vielen Dank.
Dafür bedanken wir uns ausdrücklich bei unseren weltoffenen Städten und Gemeinden.
Ein weiteres Thema, bei dem Sie, Herr Ministerpräsident, den Kommunen das Wasser abgraben, haben Sie heute – Kollege Maget hat schon darauf hingewiesen – mit keinem Wort erwähnt: Ihr Debakel bei der Landesbank. Sie und Finanzminister Huber haben ja eifrig versucht, das Debakel der Landesbank bis nach der Kommunalwahl kleinzureden. Jetzt sind Sie schon wieder dabei, die Schäden zu bagatellisieren und, mehr noch, Ihre persönliche Verantwortung zu leugnen.
Sie haben am Wochenende rumgedruckst, Sie seien bei der Landesbank ein Außenstehender. Das haben Sie gesagt. Wahnsinn! Herr Ministerpräsident, das ist wirklich unglaublich. Sie haben weiter gesagt, Sie könnten nur darauf vertrauen, dass die Informationen des Vorstands korrekt seien.