Nico Weinmann

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Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die gemeinsame Fortschreibung des Pandemiegesetzes unterstreicht einmal mehr, wie richtig und wegweisend der Ansatz der FDP/DVP-Fraktion bereits zu ei nem sehr frühen Zeitpunkt der Pandemie, nämlich im Mai die ses Jahres, war, mit dem Gesetzentwurf zur parlamentarischen Kontrolle der Freiheitsbeschränkungen infolge der Covid19-Pandemie den Gestaltungs-, Entscheidungs- und Mitspra cheanspruch an den Landtag von Baden-Württemberg zu ad ressieren. So hat dieser Gesetzentwurf in der Folge doch zu einem gemeinsamen Gesetzentwurf, zu einem gemeinsamen Pandemiegesetz geführt, das wir heute fortschreiben.
Dass die Frist von acht auf vier Wochen reduziert wird, findet unsere uneingeschränkte Zustimmung. Denn in unserem ori ginären Gesetzentwurf hatten wir vorgesehen, dass jede Co rona-Verordnung unter dem Parlamentsvorbehalt steht. Inso weit trägt dies zu einer wesentlichen Verbesserung der Infor
mation, des Austauschs, der Rechtssicherheit und mitunter am Ende auch der Akzeptanz der Bevölkerung bei.
Für uns war ganz wichtig, dass der Landtag von Baden-Würt temberg kurz vor und kurz nach der Landtagswahl zusammen tritt, um die Kontinuität nicht zu einem Coronathema werden zu lassen, um über die Corona-Verordnungen zu entscheiden. Denn eine mehrmonatige Auszeit wäre der Bevölkerung, ge rade infolge der größten Einschränkungen der Grundrechte unserer Zeit, schlechterdings nicht zu vermitteln gewesen. In sofern war die flankierende Regelung, die dies eben jetzt si cherstellt, für uns zwingend.
Das Parlament ist der Ort, wo die Auseinandersetzung darü ber stattfindet. Das ist zu Recht von allen Rednerinnen und Rednern angesprochen worden. Ich würde mir aber auch wün schen, dass wir diese Aussprache nicht nur zur Bekräftigung des Regierungshandelns sehen, sondern uns tatsächlich – das geht in erster Linie an die regierungstragenden Fraktionen – auch kritisch mit den Entwürfen, die die Landesregierung vor legt, auseinandersetzen und eben auch gegebenenfalls entspre chende Änderungsanträge einbringen, wie wir dies – ich schaue insbesondere in die Richtung der Kolleginnen und Kol legen der SPD, aber auch wir – regelmäßig machen.
Das ist der Ausdruck eines selbstbewussten Parlaments. Inso fern würde ich mir weitere fruchtbare Diskussionen auf die ser Ebene wünschen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Vorschlag der Landesregierung zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts ist an vielen Stel len ein inkompatibles Stückwerk, ist eine nicht zustimmungs fähige Gesetzesschimäre.
Bei dem Gesetzentwurf handelt es sich vielmehr um ein Pan optikum der Versäumnisse und – noch schlimmer – die Fest schreibung grüner Ideologie im Hochschulrecht. Dies zeigt sich ganz unverhohlen im überhaupt systemwidrigen neuen Aufgabenkanon der Hochschulen.
Dass das Ministerium neben der Wohlfühlrhetorik jegliche fi nanzielle Untermauerung vermissen lässt, verkennt die aktu ellen Herausforderungen an den Hochschulen. Denn es ste hen schlicht keine Mittel zur Verfügung. Diese werden zur Aufrechterhaltung des Betriebs und zur Krisenbewältigung benötigt.
Doch das Gesetz kommt nicht nur zur falschen Zeit, es ist auch handwerklich schlecht gemacht, gespickt mit unbestimmten Rechtsbegriffen, ohne klare zukunftweisende Struktur, und es lässt viele für die weitere Orientierung der Hochschulen wich tige Weichenstellungen offen. Und schlimmer noch: Es greift in die Freiheit von Forschung und Lehre ein, wie das Beispiel der missglückten Formulierung zum Tierwohl in der Lehre in § 30 a des Gesetzentwurfs belegt.
Die Studiendekane der biologischen Fachbereiche an den Uni versitäten geißeln die Doppelmoral angesichts der Lobeshym nen auf die Forschungsleistungen, sprechen gar von einer ek latanten Unkenntnis der tatsächlichen Lehr- und Forschungs situation biologischer Fachbereiche an unseren Landesuniver sitäten.
Aber im Ministerium schaltet man offensichtlich wie auch bei Grün-Schwarz auf stur. Auch die Nachbesserungsversuche der
Regierungsfraktionen helfen nicht. Im Gegenteil: Mit der ge planten Einführung der Regelung für Onlineprüfungen schie ßen Sie weit über das Ziel hinaus, führt doch die gesetzliche Regelung dazu, dass Onlineprüfungen faktisch nicht stattfin den können. Statt Rechtssicherheit fördern Sie Verunsiche rung und Irritation und konterkarieren das Erreichte.
Dies ist umso ärgerlicher, als Sie im Ausschuss unseren An trag, die Neuregelungen in einer entsprechend geordneten Sit zung mit Einbindung von Experten auf die Praktikabilität hin zu bewerten, abgelehnt haben.
Mit diesem Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie den Hochschulen sowie dem Wissenschafts- und Forschungs standort Baden-Württemberg keinen Gefallen.
Doch damit nicht genug: Das neue Promotionsrecht ignoriert die Weiterentwicklungsklausel für die Hochschulen für ange wandte Wissenschaften, ignoriert die Notwendigkeit – auch im Hinblick auf die Wettbewerbssituation in den Ländern –, zu handeln.
Die Statusgruppe der Lehrbeauftragten bleibt weiterhin ein frommer Wunsch. Der Datenschutz wird einerseits mit Füßen getreten, andererseits aber überbetont.
Die versammelte Hochschulcommunity hat der Landesregie rung in den letzten Wochen und Monaten deutlich gemacht, dass nahezu alle Aspekte der geplanten Novelle für die Hoch schulen untauglich, im schlimmsten Fall sogar schädlich sind.
Es bleibt nur eines, sehr geehrte Frau Ministerin Bauer: Zie hen Sie die Reißleine, ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Situation ist nach wie vor ernst. Die Infektionszahlen zeigen, dass die Politik weiterhin ver antwortungsvoll handeln muss. Mit dieser Überzeugung tra gen wir auch weiterhin eine Vielzahl von Maßnahmen mit, so weit sie zielgerichtet auf die Bekämpfung der Pandemie aus gerichtet sind. Allerdings haben wir bei einigen Maßnahmen Zweifel, ob diese tatsächlich zielgerichtet und verhältnismä ßig sind, auch wenn ich die Bemühungen, die einzelnen Maß nahmen vertretbar zu begründen, ausdrücklich anerkennen möchte.
Ich glaube, jetzt ist nicht der Zeitpunkt, eine Zwischenfrage zu stellen –
im weiteren Verlauf gern.
Es wird aber immer deutlicher, liebe Kolleginnen und Kolle gen, dass der Bewertungsmaßstab nicht mehr passt, dass sich die Situation nicht ausschließlich anhand der Zahl der positiv Getesteten bewerten lässt, geschweige denn, dass sich hier aus die regional richtigen und notwendigen Entscheidungen ableiten lassen.
Die ausschließliche Fokussierung auf die Sieben-Tage-Inzi denz bereitet mir daher fachlich wie auch verfassungsrecht lich Sorge.
Es ist nach unserer Überzeugung notwendig, den Bewertungs maßstab auf eine breitere Grundlage zu stellen hin zu einem Ampelsystem, das beispielsweise neben den insgesamt durch geführten Testungen, dem Anteil der positiv Getesteten auch die tatsächlich Erkrankten, die Infektiosität sowie die beleg ten und freien Behandlungskapazitäten vor Ort berücksich tigt. Auch die Tendenz, ob z. B. die getroffenen Maßnahmen vor Ort greifen, kann ein Kriterium darstellen, wie es auch von kommunaler Seite gefordert wird – dies nicht zuletzt, wenn es um den Inzidenzwert von 200 geht, der ja für die Be wertung eines Hotspots maßgeblich ist und in dessen Folge jetzt weitreichende Maßnahmen ausgelöst werden.
Doch gerade diese Hotspot-Strategie löst bei uns viele Fragen aus. Zum einen betrifft das die Befugnis nach § 20 Absatz 3 der Verordnung. Warum unterliegen in einer Verordnung ge regelte Ausgangsbeschränkungen der parlamentarischen Kon trolle durch das Pandemiegesetz, während andere, gleichfalls weitreichende Maßnahmen der Mitwirkung des Parlaments entzogen werden?
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nachvollzieh bar. Vielmehr ist es wichtig, die Bevölkerung auch in diesem Punkt mitzunehmen.
Wir haben einen entsprechenden Entschließungsantrag einge bracht, der, wenn Sie uns hier folgen, dazu beiträgt, dass die se Strategie eben nicht in den Hinterzimmern des Sozialmi nisteriums, nicht an den Fachressorts und am Landtag vorbei, sondern transparent hier im Plenum debattiert und entschie den wird.
Aber auch die Regelungen sind mitunter widersinnig. Ist es zielführend, an der einen Stelle Friseursalons und Sonnenstu dios zu schließen und damit eine Ausweichbewegung in den Nachbarort auszulösen, oder ist es sinnvoll, wenn Sie vorge ben, dass jeder Haushalt maximal eine Person einladen darf, sich der Gastgeber also entscheiden muss, welchen Teil eines befreundeten Ehepaars er zum Abendessen einladen möchte?
Solche Maßnahmen – unabhängig vom gruseligen Hin und Her, was den Beginn der Weihnachtsferien angeht – lösen Kopfschütteln, aber keine Akzeptanz aus.
Und überhaupt: Wie verhält sich die Hotspot-Strategie wäh rend der Feiertage? Diese Widersprüchlichkeit finden Sie lei der auch abseits der Hotspot-Strategie.
Nehmen Sie die Erlaubnis, Hotels vom 23. Dezember bis zum 27. Dezember für Weihnachtsgäste zu öffnen. Glauben Sie ernsthaft, dass Hotels den Betrieb für vier Tage hochfahren, Personal zurückholen – ohne Wiedereröffnungsperspektive?
Das wäre wirtschaftlich unsinnig und geriert sich als Feigen blatt.
Wir brauchen hier eine klare Strategie, eine verlässliche Aus sage, wann und unter welchen Voraussetzungen es für Kultur, Hotellerie und Gastronomie wieder weitergehen kann.
Die Ungleichbehandlung im Einzelhandel, wenn Geschäfte mit mehr als 800 m2 Verkaufsfläche künftig in Relation weni ger Kundschaft hereinlassen dürfen – – Ob diese Regelung mit Artikel 3 des Grundgesetzes vereinbar ist, wage ich stark zu bezweifeln.
Oder ich nenne die unverständliche Regelung zu den Tennis hallen. Herr Minister Lucha, Sie sprachen vom Fluch der gu ten Tat. Auf die Frage, warum auf mehreren Tennisplätzen nicht auch jeweils zwei Personen spielen könnten, zumal ein Kontakt zwischen den Plätzen nicht zuletzt aufgrund der ge schlossenen Gastronomie und der geschlossenen Umkleide räume bzw. der geschlossenen Duschen nicht vorstellbar ist, war Ihre Antwort: Wir hätten ja Hallen auch komplett schlie ßen können.
Sie haben dabei geflissentlich verschwiegen, dass Gerichte das pauschale Schließen von Sportstätten als unzulässig er achtet haben. Gleichzeitig wird die Verhältnismäßigkeit durch die Inaussichtstellung von größeren Kompensationszahlun gen herbeigeredet.
Dass die Betroffenen wochenlang auf die versprochenen Hil fen warten müssen, ist allein schon eine Art Armutszeugnis. Aber es gefährdet zudem auch die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen. Dies wiederum kann und darf nicht in unserem Interesse sein.
Auch die Frage, wie die mittelbar Betroffenen – also beispiels weise die Landwirte, die ihre Salate nicht an die Gastronomie verkaufen können, oder der Brauer, der die Kneipe um die Ecke nicht beliefern kann – entschädigt werden, bleibt gänz lich unbeantwortet.
Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird deutlich: Einiges geht in die richtige Richtung, manches
kommt spät – beispielsweise FFP2, Luftfilter –, vieles passt aber nicht.
Die Corona-Verordnung, Frau Präsidentin, können wir so nicht mittragen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Dieses sogenannte Omnibusgesetz enthält zahlreiche Änderungen, nicht selten auch technischer Natur, die wir problemlos mittragen können.
Neben einem zentralen Sachbearbeiter-Pool als gemeinsame Zweigstelle der grundbuchführenden Amtsgerichte oder der Einführung der Amtstracht für Rechtspflegerinnen und Rechts pfleger sind es gerade die zwei Themen, die hier von meinen Vorrednern angesprochen wurden, die uns auch beschäftigt haben.
Zum einen – eine Erkenntnis aus dem schrecklichen Staufe ner Missbrauchsfall –: Dieser Fall hat offengelegt, dass gera de auch in familiengerichtlichen Verfahren nicht immer die notwendige Kenntnis vorhanden ist, um technische Funkti onsweisen – beispielsweise auch der digitalen Medien –, die forensische Auswertung oder beispielsweise Schutzbehaup
tungen von Tatverdächtigen entsprechend in das Verfahren einfließen zu lassen. Das macht es notwendig, tatsächlich ei nen Fokus auf die Fortbildung von Richterinnen und Richtern zu legen.
Insofern begrüßen wir die Maßnahme, wie sie jetzt auch in die Formulierung Eingang gefunden hat.
In der Tat haben wir uns auch mit der Frage der richterlichen Unabhängigkeit beschäftigt. Wir kommen aber im vorliegen den Fall zu dem Ergebnis, dass diese insoweit nicht betroffen ist, als das Ganze natürlich auch von der individuellen Aus gestaltung an den jeweiligen Landgerichtsbezirken abhängt.
Aber der Fokus zeigt auch, dass wir ausreichend Fortbildungs angebote sicherstellen müssen und insbesondere Beruf und Familie in Einklang bringen müssen.
Die Deutsche Richterakademie wurde angesprochen. Diese hat ihren Sitz in Wustrau am Neuruppiner See – wunderschön gelegen, allerdings nicht gerade in nächster Nähe. Das heißt, die Veranstaltungen finden oftmals freitags, samstags bzw. an den Wochenenden statt. Insoweit muss da auch eine adäqua te Lösung gefunden werden, die das Ganze mit der Familie in Einklang bringt.
In der Tat: Das Thema Kosten ist angesprochen worden. Ich glaube aber, es ist selbstverständlich, Herr Minister, dass die Kosten nicht von den Richterinnen und Richtern selbst zu tra gen sind.
Herr Kollege Klos, die Richterschaft würde sich wohl gegen die Aussage verwahren, durch eine einfache Fortbildungsmaß nahme würde man Einfluss auf die Art und Weise nehmen, wie die Gerichte handeln. Und dass die Obergerichtsbarkeit, also die vorangehenden Gerichte, bei der Bewertung und Ur teilsfindung maßgeblich zu berücksichtigen sind, ist nach wie vor selbstverständlich.
Der zweite Punkt waren die Ratschreiber. Hier treffen auch zwei Argumente aufeinander. Einerseits haben die Notare ei ne gewisse Sorge, dass möglicherweise die Qualität nicht ge wahrt wird, weil die Ratschreiber zumindest in der Tiefe kei ne inhaltliche Prüfung durchführen; dies würde – das ist das Argument auf der anderen Seite – insbesondere bei den Re gistergerichten und beim Grundbuchamt zu einem größeren Prüfungsaufwand führen.
Ich denke aber, auch die Ausgestaltung ist hier sehr verhält nismäßig. Insbesondere vor dem Hintergrund der Bürgernähe und des niederschwelligen Zugangs zu dieser Frage von Recht – vor allem im Ehrenamt – erscheint mir die Ausgestaltung ausgewogen und sinnvoll.
Vor diesem Hintergrund tragen wir das im Entwurf vorliegen de Gesetz mit und freuen uns auf die eine oder andere Frage, die es morgen im Ständigen Ausschuss dann noch zu klären gilt.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Manchmal ist es doch gut, dass die ser hervorragende Service, was die Desinfektion angeht, ein bisschen Zeit in Anspruch nimmt. Denn das hilft tatsächlich, ein bisschen Abstand zu nehmen, um nicht direkt auf den Vor redner einzugehen.
Beginnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich mit einem Dank, einem Dank an Sie, Frau Böhlen, und Ihr Team für eine – ich möchte es tatsächlich so sagen – authentische und durchaus auch couragierte und engagierte Bearbeitung von 583 Bürgeranfragen und auch entsprechende Rückmel dungen. 400 Webseitenanfragen im Monat ist ja auch eine Zahl, die aber durchaus noch etwas verbesserungswürdig ist.
Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch mehrere Jahre nach der Einführung des Amtes des Bürgerbeauftragten im Land scheint die Rolle der Bürgerbeauftragten – das wird auch in der heutigen Diskussion deutlich – noch unklar. Für Frau Böhlen, die das Amt seit gut einem Jahr innehat, ist man bei einem Bürgerbeauftragten etwa dann richtig, wenn man mit der Vorgehensweise einer Verwaltung nicht einverstanden ist, ein bestimmtes Verwaltungshandeln verlangt oder bean standen will oder aber der Meinung ist, dass in einem konkre ten Fall etwas falsch lief.
Aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion sind für solche Fälle die be stehenden Mittel, namentlich der Widerspruch gegen behörd liches Handeln und der Rechtsweg zu den Gerichten, sicher lich ausreichend und gegeben, zumal die bestehenden Mittel durch den in der Landesverfassung verankerten Petitionsaus schuss flankiert werden.
In diesem Geflecht soll die Bürgerbeauftragte unterstützend und vermittelnd weiter tätig werden. Diesem niederschwelli gen Zugang zum Verwaltungshandeln wird die Bürgerbeauf tragte im vorliegenden Fall durchaus gerecht.
Allerdings – das sage ich an dieser Stelle deutlich –: Eine Aus weitung der Befugnisse ist nach unserer Überzeugung nicht erforderlich. Auch sehen wir keinen Bedarf für die Schaffung neuer Stellen für die Arbeit der Bürgerbeauftragten.
Die Bürgerbeauftragte ist auch zuständig für Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger über die Polizei und für Eingaben in nerhalb der Polizei. Nach unserer Wahrnehmung nimmt die ser Aspekt Ihrer Arbeit, liebe Frau Böhlen, bislang eine unter geordnete Rolle ein. Die Zahl der Eingaben innerhalb der Po lizei nahm im Berichtsjahr sogar von 14 auf acht ab. Dass Ihr Amtsvorgänger, Herr Schindler, als ehemaliger Polizist eine große Bekanntheit und Wertschätzung innerhalb der Polizei genoss, ist dabei sicherlich ein wichtiger Aspekt.
Allerdings wäre es nach unserer Überzeugung auch angesichts der aktuellen Diskussionen im Polizeikontext sicherlich nicht verkehrt, wenn Sie, liebe Frau Böhlen, einen stärkeren Fokus Ihrer Arbeit in diese Richtung wenden würden.
In diesem Sinn: Herzlichen Dank und weiterhin Glück auf!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Coronapandemie spaltet unsere Gesellschaft. Statt des täglichen Gegeneinanders, statt weiter Öl ins Feuer zu gießen, würden wir uns wünschen, dieses durchaus komplexe, schwierige, emotionale Thema konstruk tiv, kritisch, wissenschaftlich, evidenzbasiert und ergebnis orientiert, dafür weniger populistisch, weniger aufgeregt und weniger reißerisch zu diskutieren.
Klar ist, dass eine Verbotskultur angesichts der voraussichtli chen Dauer, mit der wir mit diesem Virus werden leben müs sen, nicht fruchtet. Wir brauchen den Rückhalt oder zumin dest die Bereitschaft einer breiten Mehrheit in der Bevölke rung, sich an die Regeln zu halten.
Dabei ist es am Ende nicht der Landtag von Baden-Württem berg, der über den Fortgang der Pandemie entscheidet, son dern es sind die elf Millionen Bürgerinnen und Bürger in Ba den-Württemberg. Diese müssen wir abholen, diese müssen wir mitnehmen und von den Maßnahmen überzeugen. Dabei sind es gerade die einfachsten Regeln, die überzeugen: Ab stand, Hygiene, Alltagsmaske – besser: FFP2-Maske –, er gänzt durch App und Lüften.
Als Jurist ist es mir durchaus geläufig: Der Teufel steckt im Detail. Jede einzelne Maßnahme greift in die Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland ein,
greift in die freie Persönlichkeitsentfaltung, in die freie Be rufsausübung ein. Fragen der Verhältnismäßigkeit sind zu be rücksichtigen und nicht zuletzt auch der Gleichbehandlungs grundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes.
Aber manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass die Rechts widrigkeit einzelner Maßnahmen billigend in Kauf genom men wurde.
Nehmen Sie das Beherbergungsverbot oder die willkürliche Festlegung der Quadratmeterzahlen im Einzelhandel – Maß nahmen, die immanent rechtswidrig sind.
Im Ergebnis ist es zwar eine Bestätigung, ein Hoch auf die Gewaltenteilung, aber der Akzeptanz weiterer wichtiger Maß nahmen ist dies nicht förderlich.
In all den Reden zuletzt wurde angesprochen, wie wichtig es ist, dass die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen vorhanden ist. Diese wird zuletzt auch durch jüngste Eilentscheidungen in Bezug auf die aktuelle Verordnung bestätigt, allerdings mit der Angabe von zwei wesentlichen Gründen: zum einen, dass die Maßnahmen wesentlich besser begründet sind, und zum Zweiten die Zusage der Politik, die Entschädigungen entspre chend gut einzustellen.
Aber gerade an Letzterem, auch als Begründung für die Recht mäßigkeit, fehlt es. Wir haben jetzt Mitte November. Bis heu
te sind in vielen Bereichen nicht einmal die entsprechenden Formulare da, um die Entschädigungen anzufordern.
Deswegen ist es gut, dass es zwischenzeitlich mit dem Pan demiegesetz fraktionsübergreifend eine Grundlage gibt, die Licht in den Verordnungsdschungel bringen kann.
Darauf, Herr Kollege Haußmann, könnten wir jetzt einge hen, aber ich denke, Corona ist eine sehr, sehr starke Heraus forderung und mitunter eine Zumutung,
vor allem aber auch eine Zumutung für unsere Gesellschaft und für das Gemeinwesen. Leider trägt die heutige Debatte und trägt auch die Politik – manchmal unbedacht, manchmal willentlich – dazu bei, dieses an sich schon brenzlige Thema weiter zu befeuern.
Der Titel der heutigen Aktuellen Debatte ist hierfür ein ordent liches Beispiel, und Sie fahren verbal ordentliche Geschütze auf. Ich zitiere Hoffmann von Fallersleben:
Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.
Meine Damen und Herren, wir wollen mündige Bürger und solche, die Zivilcourage zeigen. Ja, wir wünschen uns, dass die Polizei gerufen wird, wenn beim Nachbarn eingebrochen wird. Ja, wir brauchen auch sogenannte Whistleblower, die die Missstände in Behörden und Betrieben aufdecken. Ja – ich sage das bewusst dazu –, wir brauchen auch die Menschen, die extremistische Missstände in unseren Behörden beleuch ten. Gerade in diesem Bereich darf es keinen falsch verstan denen Korpsgeist geben.
Dann gibt es noch den Denunzianten. Was ist denn ein De nunziant? Das ist jemand, der aus persönlichen, niederen Mo tiven andere Menschen anzeigt. Ein gutes Beispiel dafür ist eine Meldeplattform, in der anonym Lehrer gemeldet und an den Pranger gestellt werden,
wenn sie aus Sicht der Betreiber der Plattform politisch fal sche Äußerungen treffen.
Hoffmann von Fallersleben lässt grüßen.
Aber auch die Regierungen sind gut beraten, wenn nicht nur die Einschränkungen der Grundrechte maßvoll erfolgen, son dern sie auch den richtigen Ton im Umgang mit der Pande mie treffen.
Später gern.
Das gilt für Karl Lauterbach, der mit seiner – nach lautstarker Kritik korrigierten – Forderung, Behörden sollten private Räu me kontrollieren können, die Unverletzlichkeit der Wohnung infrage stellt, wie auch für Innenminister Strobl mit seiner Forderung nach einem einwöchigen Lockdown – „alles heißt alles“, inklusive Schulen, Kindergärten und Grenzen – oder mit seinem zuletzt geäußerten Verlangen, Quarantäneverwei gerer landesweit in ein zentrales Krankenhaus zwangseinzu weisen.
Um es unmissverständlich klarzustellen: Ja, Quarantänepflich tige müssen sich an die Vorgaben halten. Wenn Bußgelder ih re Wirkung verfehlen, muss diese Pflicht notfalls auch zwangs weise durchgesetzt werden. Allerdings erscheint die Einwei sung in eine zentrale Stelle mit entsprechendem medizini schem Personal – das nicht ohne Weiteres verfügbar ist und insoweit an anderer Stelle fehlen würde – nicht zielführend.
Insbesondere ist angesichts nur weniger Einzelfälle die Fo kussierung auf dieses Thema überzogen. Der Nutzen für die Pandemieeindämmung ist gleich null, zumal die innenpoliti schen Herausforderungen in unserem Land wesentlich größer sind – und wenn es nur darum geht, jede Polizistin und jeden Polizisten mit einer entsprechenden FFP2-Maske auszustat ten.
Mit markigen Sprüchen erzielt man zwar eine gewisse medi ale Aufmerksamkeit – Herr Kollege Strobl, in diesem Punkt bin ich bei Ihnen: es gehört auch zum politischen Geschäft, Aufmerksamkeit zu erzielen –, sie sind aber mitunter kontra produktiv bei der Pandemiebekämpfung und tragen zur wei teren Verunsicherung der Gesellschaft bei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen vielmehr ei ne stetige Debatte über die notwendigen und richtigen Maß nahmen in den Parlamenten. Die Regierung ist dabei gut be raten, die Vorschläge der Opposition zu beherzigen und die Debatte im Landtag nicht als bloße Formalie zu betrachten. Dadurch erreichen wir tatsächlich eine höhere Akzeptanz für die wirklich unausweichlichen und sinnvollen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Gleichzeitig machen wir diese ein Stück weit griffiger, besser und mitunter rechtssicherer. Denn genau das braucht es, um dem Ernst der Lage gerecht zu wer den.
Herzlichen Dank.
Ja, Entschuldigung. Gern. – Herr Dr. Balzer.
Das spielt doch in diesem Fall keine Rolle.
Ihnen ging es mit der Platt form im Wesentlichen darum, Lehrer, die Meinungsäußerun gen kundgetan haben, die offensichtlich nicht in Ihr Raster passen, zu diskreditieren und an den Pranger zu stellen. Das ist doch genau die Problematik, von der ich spreche.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mit dem im Entwurf vorliegenden Vierten Hochschulrechtsänderungsgesetz präsentiert das Mi nisterium für Wissenschaft, Forschung und Kunst einen bun ten Strauß von Neuerungen, der auch so manche Position ab räumt, die wir in den letzten Jahren wiederholt mit eigenen Gesetzentwürfen anmahnen mussten. Nehmen Sie beispiels weise die optionale Bauherreneigenschaft, die wir im Rahmen der letzten LHG-Novelle gefordert haben, oder das Verschlei erungsverbot, welches wir bereits im Jahr 2016 mit einem ei genen Gesetzentwurf umzusetzen beabsichtigt hatten. Beides findet sich nun im vorliegenden Gesetzentwurf. Das ist auch gut so.
Allerdings verbirgt sich in dem bunten Strauß auch die eine oder andere welke Blume. Aus Zeitgründen kann ich nur auf wenige Beispiele exemplarisch eingehen.
Auffällig ist zunächst die in § 2 Absatz 5 LHG eingefügte Er weiterung der Kernaufgaben der Hochschulen durch die Punk te Innovation, Nachhaltigkeit und Tierschutz. So richtig es ist, diese Punkte als ständige Herausforderungen der Hochschu
len teilweise mit Verfassungsrang zu begreifen, so system fremd ist die Ergänzung im LHG.
Richtigerweise sollte man im Gesetz nur die Kernaufgaben der Hochschulen explizit benennen und diese Aufzählungen nicht ideologisch überfrachten. Die Ideen der Landesregie rung beispielsweise zum Tierschutz negieren die bisherigen Anstrengungen der Hochschulen, den Tierverbrauch auf das Notwendigste zu reduzieren, und drohen den Lehrbetrieb un verhältnismäßig einzuschränken.
Ich halte es auch für unlauter – zumindest zum jetzigen Zeit punkt –, den Aufgabenkanon der Hochschulen anreichern zu wollen, nachdem wir erst vor wenigen Monaten den neuen Hochschulfinanzierungsvertrag festgezurrt haben. Innovati on, aber auch Nachhaltigkeit und selbst den Tierschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Klar: Finanzierungsfragen sind nicht Ge genstand des Gesetzgebungsverfahrens. Zu Recht aber wird gefordert, das Konnexitätsprinzip zu übernehmen und so die Finanzierung von neuen Aufgaben zu regeln; ansonsten steht zu befürchten, dass originäre Aufgaben unter den neuen zu sätzlichen Aufgaben leiden werden.
Dieser Widerspruch löst sodann auch bei den Hochschulen beim Aspekt des Klimaschutzes Kritik aus. Denn gerade das Land als Eigentümer der Hochschulgebäude muss hier seiner Verantwortung – Stichwort „Energetische Sanierung“ – stär ker Rechnung tragen.
„Gut gemeint, aber unzureichend umgesetzt“ gilt auch für den Komplex der Gleichstellung. Eigentlich sollte die Novelle dem Bürokratieabbau dienen. Nun aber wird beispielsweise in § 4 Absatz 4 des Landeshochschulgesetzes die Einrichtung einer Gleichstellungskommission an allen Hochschulen zur Regel gemacht. Gerade kleinere Hochschulen warnen aber da vor, durch solche Anforderungen überfordert zu werden. Hier bedarf es Überlegungen eines Ausgleichs.
Die Festschreibungen der Innovationsförderung und insbe sondere die Unterstützung von Gründern sind uns natürlich auch ein Kernanliegen. Allerdings greift auch diese Ergän zung im Aufgabenkanon nicht, wenn die Aufgabe ohne zusätz liches Fundament statuiert wird. Bereits bei der LHG-Novelle Anfang 2018 haben wir über die Möglichkeiten der Hoch schulen, Unternehmensgründungen aus ihrem Umfeld zu för dern, diskutiert. Damals wie heute bleibt aber festzuhalten, dass diese Möglichkeit eher theoretischer Natur bleibt, solange keine monetäre Unterstützung der Hochschulen zu diesem Zweck vorgesehen wird. Zumindest ist mir keine Hochschule bekannt, die über zu viele leer stehende Räumlichkeiten klagt, die sie den Gründern zur Verfügung stellen könnte.
Höchste Eisenbahn statt geduldiger Worte – das ist bei der Mehrwertsteuerproblematik angezeigt. Dieses Thema hatten wir bereits in einem früheren Antrag beleuchtet. Trotz der vor gebrachten Kritik und zwischenzeitlich erfolgter eiliger Nach besserungen muss die Landesregierung hier einräumen, dass die steuerrechtliche Klärung, die steuerrechtliche Bewertung eines solchen Vorgehens derzeit noch immer nicht abschlie ßend vollzogen ist, wenngleich hier für die Hochschulen drin gender und akuter Handlungs- und Klärungsbedarf besteht.
Schließlich scheint auch die Regelung zu den Hochschulrä ten in § 20 nicht ausgereift. Zukünftig soll der Universitätsrat vor dem Senat in öffentlicher Sitzung Rechenschaft ablegen müssen, woraus eine – ich unterstelle einmal: durchaus nicht beabsichtigte – Rechtfertigungssituation der ehrenamtlich Tä tigen entsteht, was dazu führen kann, dass das Amt eines Hochschulratsmitglieds unattraktiver wird. Dies bemängelt beispielsweise – zu Recht – die Universität Heidelberg. In Be zug auf die Hochschulräte muss man auch der Wirtschaft ein offenes Ohr schenken.
Schließlich führt – Frau Ministerin, Sie haben es angespro chen – auch die Reduktion der Zahl der jährlichen Pflichtbe richte des Rektorats an den Hochschulrat zu Kritik. Ob es tat sächlich so kommen wird, wie Sie es angedeutet haben, näm lich dass weitere Berichte erfolgen werden, wage ich zu be zweifeln; dies muss tatsächlich bezweifelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem bunten Strauß von Neuerungen zeigen sich doch einige welke Blüten. Diese wer den wir mit entsprechenden Änderungsanträgen – um im Bild zu bleiben – aufzufrischen versuchen; dies wird idealerweise in der Beratung im Ausschuss und dann auch in der Zweiten Beratung zu diskutieren sein. Bemerkenswert ist aber – das möchte ich am Ende doch noch anfügen –, was nicht im Strauß enthalten ist, nämlich die dringend erforderlichen Re gelungen zu einem effektiven Bürokratieabbau und einer flä chendeckenden Digitalisierung, welches die tatsächlich aku ten Herausforderungen für die Hochschulen sind. Aber auch das ist bemerkenswert.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir begrüßen ausdrücklich die Mög lichkeit, digitale Kommunikationsformen, die spätestens seit der Coronapandemie in vielen Bereichen selbstverständlich sind, auch für Richter, Staatsanwälte und Personalvertretungs gremien einzuführen.
Das im Entwurf vorliegende Gesetz ist im Grundsatz gut und vernünftig. Aber nach unserer Überzeugung kommt es – das ist bereits angeklungen – reichlich spät. Denn notgedrungen fanden die Sitzungen auch bisher schon digital statt.
Die Landesregierung hat die entsprechenden Gremien nach unserer Überzeugung hier ein Stück weit alleingelassen. Denn wie auch wir hätten sich auch die Gremien viel früher eine klare gesetzliche Anpassung gewünscht.
Da hilft es nur wenig, dass die digitalen Sitzungen möglicher weise schon vorher rechtskonform gewesen sind. Auch das rückwirkende Inkrafttreten zum 1. März 2020 ändert an der Unsicherheit der letzten Monate nichts. Aber besser spät als gar nicht. Wir werden dieses Gesetz sicherlich in der nächs ten Zeit und – unabhängig von der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie – auch in Zukunft öfter brauchen.
Interessant ist aber auch, dass das Justizministerium ausdrück lich die Möglichkeit von Telefonkonferenzen vorsieht. Anders als beispielsweise bei der Diskussion über die digitalen Rats sitzungen ist man hier offensichtlich zu der Erkenntnis gereift, dass die technischen Möglichkeiten in vielen Bereichen des Landes nicht ausreichen. Insofern begrüßen wir diesen Schritt ausdrücklich.
Auch für uns ist klar, dass wir nach der Krise, die hoffentlich bald ein Ende finden möge, nicht in den Status quo ante zu rückfallen wollen. In mehreren Anhörungen wurde der Wunsch geäußert, digitale oder hybride Sitzungen auch nach der Pan demie zu ermöglichen. Lange Anreisewege blieben so erspart. Idealerweise würden Entscheidungen früher und schneller ge troffen, weil die Flexibilität größer ist. Für unsere Fraktion darf ich dieses Anliegen ausdrücklich unterstützen.
Auf die Möglichkeit der Digitalisierung wollen wir nicht ver zichten, auch wenn dies nicht – das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich – zu einem Ende von Präsenzsitzungen, die in vielen Bereichen nicht ersetzt werden können, führen darf.
Langfristige Lösungen müssen aber auch datenschutzrecht lich auf sicheren Beinen stehen. Die Anhörung hat gerade auch an dieser Stelle gezeigt, dass eine gewisse Verunsiche rung vorgeherrscht hat. Daher sollte nach unserer Überzeu gung der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die In formationsfreiheit zukünftig frühzeitig eingebunden werden, damit gerade diese Unsicherheit aufgelöst wird und damit klar wird, welche Anforderungen an Soft- und Hardware erfüllt werden müssen, um datenschutzkonform agieren zu können.
Insgesamt begrüßen wir den Gesetzentwurf und tragen ihn ausdrücklich mit.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ein wahrer Demokrat kann eine Mei nung akzeptieren, auch wenn sie ihm nicht gefällt. Er wehrt sich entschieden gegen alle, die diese Freiheit angreifen.
Ausgangspunkt unserer Anfrage war eine Demonstration, bei der wohl aus der linksextremen Szene Bildaufnahmen von De monstrationsteilnehmern gemacht wurden, um diese mögli cherweise als tatsächliche oder vermutliche Rechtsextreme im Internet oder in deren privaten Umfeld zu outen und sie so einzuschüchtern und von der Ausübung ihres verbrieften Rechts abzuhalten.
In Ergänzung meiner Anfrage vom 22. Juli und der Beantwor tung vom 10. August, für die ich recht herzlich Danke sage, frage ich die Landesregierung nun:
a) Inwiefern bejaht oder verneint die Landesregierung die An
nahme, dass das Anfertigen von Bildaufnahmen von Teil nehmerinnen und Teilnehmern einer Demonstration bzw. einer Gegendemonstration regelmäßig eine Gefährdung der Aufgenommenen darstellt, welche ein Einschreiten der Po lizei gegen die Aufnahmen rechtfertigen würde?
b) Welche Anstrengungen unternimmt die Polizei, um im
Nachgang von Demonstrationen eine missbräuchliche Ver wendung solcher Aufnahmen zu identifizieren und zu un terbinden?
Herzlichen Dank.
Herr Staatssekretär, herz lichen Dank für die Beantwortung. Ich habe in diesem Zusam menhang noch eine Frage zur Quantität: Liegen Ihnen An haltspunkte vor, wie oft aus Demonstrationsteilnehmerkrei sen auf die Polizei zugegangen wurde und die Beschwerde vorgebracht wurde, dass man von einer missbräuchlichen Bildaufnahme ausgehen kann?
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Leistungsbezogene Daten können nach Ihrer Auffassung, Herr Innenminister Strobl, zu einer Stigmatisierung und zu Fehlinterpretationen führen. Darum geht es uns aber gar nicht. Uns geht es nicht um Stigmatisie rung; uns geht es darum, eine öffentliche Diskussion über mögliche Probleme zu eröffnen, anzustoßen, auch für den Fall, dass dies möglicherweise nicht im Sinne der Landesregierung ist.
Dafür ist eine Transparenz, eine ordentliche Datengrundlage notwendig. Mündige Bürgerinnen und Bürger brauchen für eine differenzierte Bewertung Zugang zu staatlichen Informa tionen, und dazu soll diese Gesetzesinitiative beitragen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, sich um das Ranking Sorgen machen, wäre es auch geboten, sich gerade bei diesem Thema einmal ein Ranking anzuschauen, nämlich das der Transparenz. Baden-Württemberg belegt im Transparenzran king der 13 Länder, die über ein eigenes Informationsfreiheits gesetz verfügen, und des Bundes den vorletzten Platz.
In allen Bereichen wird auf einen Verbesserungsbedarf hin gewiesen; dabei werden insbesondere die eingeschränkten Auskunftsrechte im Bereich der Schulen und Hochschulen als problematisch angesehen.
Insoweit gibt es da in der Tat einiges zu tun. Schwachstellen gibt es im Landesinformationsfreiheitsgesetz reichlich. Des wegen sind wir, Frau Kollegin Erikli, gespannt auf die Eva luation und die entsprechenden Bewertungen.
Aber wenn gerade an einem Punkt wie diesem, ausgehend von den Anhörungen, so viel positives Feedback kommt – auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informa tionsfreiheit begrüßt den Gesetzentwurf ausdrücklich, der auf einen Schwachpunkt des Landesinformationsfreiheitsgeset zes aufmerksam mache –, dann ist der Zeitpunkt doch richtig, darüber nachzudenken – wenn man genau weiß, da ist Kor rekturbedarf – und zu fragen: Was können wir heute anpa cken? Dann brauchen wir nicht unbedingt eine Fehlinterpre tation fortzuführen.
Vor diesem Hintergrund ist das Vorhaben eben nicht revolu tionär, sondern es geht tatsächlich darum, etwas, was wir auch in vielen anderen Ländern bereits erfolgreich sehen, für Ba den-Württemberg zu übernehmen.
Insoweit freuen wir uns auf die Diskussionen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Spätestens mit der öffentlichen An hörung zum Polizeigesetz wurde nachvollziehbar, warum Sie, verehrter Herr Innenminister Strobl, die Novellierung des Po lizeigesetzes eiligst und binnen kürzester Zeit und noch vor der Sommerpause durch das Parlament bringen wollten. Die ses Ansinnen konnten wir unterbinden. Stattdessen durften wir eine spannende Anhörung erleben, die unsere Befürchtun gen leider bestätigt hat, hat sie im Wesentlichen doch ergeben, dass gerade die Gesetzesverschärfungen, deren Sie sich rüh men, schlechterdings verfassungswidrig sind.
So zieht Professor Nachbaur von der Rechtswissenschaftli chen Fakultät der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg klar und unmissverständlich die Bilanz, dass die Regelung zur Personenfeststellung sowie die Ausweitung der Ortshaftung auf Personen und Sachdurchsuchungen zur Folge haben, dass fortan im Dunstkreis größerer Veranstaltungen jede Bürgerin, jeder Bürger damit rechnen muss, kontrolliert und durchsucht zu werden,
ohne überhaupt einen konkreten Anlass gegeben zu haben.
Dass das mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar ist, hat nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht festgestellt, wo nach die Durchführung von Kontrollen zu beliebiger Zeit und an beliebigem Ort ins Blaue hinein mit dem Rechtsstaatsprin zip nicht vereinbar ist.
Spannend sind auch seine Ausführungen zur Bodycam, unab hängig von der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Lan des für die Pre-Recording-Funktion. Vernichtend indes war für den vorliegenden Gesetzentwurf aber die Feststellung, dass der in § 44 Absatz 5 und 8 vorgesehene Bodycameinsatz in der Wohnung mit Artikel 13 unseres Grundgesetzes in der aktuellen Fassung unvereinbar ist, also gegen das Grundge setz der Bundesrepublik Deutschland verstößt – eine substan tiierte Feststellung, die auch von Professor Zöller, Universi tät Trier, im Kern geteilt wird.
Insofern, Herr Kollege Sckerl, ist auch ein Unterschied zu Nordrhein-Westfalen gegeben. Denn Nordrhein-Westfalen verzichtet explizit auf die Pre-Recording-Funktion. Auch Ihr Ansatz mit dem Richtervorbehalt greift zu kurz, weil der Grundrechtsverstoß bereits erfolgt ist, wenn der Richtervor behalt eingefordert wird.
Im Unterschied zum klaren und eindeutigen Votum der Ver fassungswidrigkeit wurde die Frage des tatsächlichen Nutzens des Einsatzes von Bodycams in Wohnungen für die Polizei nicht einhellig beantwortet. Während aus fachlicher Sicht der Nutzen für Einsatzkräfte als Instrument der Eigensicherung zur Verringerung der Verletzungsgefahr gegeben sei – Frau Kriminalhauptkommissarin K. vom Polizeipräsidium Mann heim stellte dar, dass es zwar wissenschaftlich nicht belegt ist, aber in einer gewissen Hinsicht plausibel erscheint –, zeigte beispielsweise eine Studie der Stadtpolizei Zürich, dass der Bodycameinsatz in Wohnungen bei Vorfällen von häuslicher Gewalt gerade keinen sinnvollen Einsatzbereich darstellt.
Als Fazit zur Bodycam in Wohnungen bleibt daher festzuhal ten, dass dem zweifelhaften einsatztechnischen Nutzen der verfassungswidrige Eingriff in die Freiheits- und Bürgerrech te der Menschen in unserem Land gegenübersteht.
Doch wie reagiert das Innenministerium, wie reagiert GrünSchwarz auf diese Feststellung? Gar nicht. Dass die CDU ih rem Innenminister nicht in die Parade fährt, überrascht nicht, auch wenn die Relativierung der juristischen Expertise durch die zweifelhafte Interpretation weiterer Aussagen alles ande re als souverän wirkt. So wird beispielsweise die Stellungnah me des von mir persönlich sehr geschätzten Opferbeauftrag ten des Landes, Dr. S., herangezogen, der sich expressis ver bis gar nicht mit der verfassungsrechtlichen Frage befasst hat.
Dass sich Herr Generalstaatsanwalt B. und der Landesvorsit zende der DPolG, Ralf Kusterer, nicht gegen weitere Befug nisse für die Polizei aussprechen, dürfte hier wohl niemanden ernsthaft überraschen. Deutlicher hätte da die Aussage des Herrn Kusterer nicht ausfallen können, der den Vergleich be mühte, dass sich ein Fleischliebhaber in der Metzgerei auch nicht dagegen verwehren würde, wenn die Verkäuferin fragt, ob es auch ein bisschen mehr sein dürfe.
Herr Dr. Brink hat sich ausschließlich mit datenschutzrecht lichen und nicht mit verfassungsrechtlichen Fragen befasst,
wenngleich er auch hier dem Gesetzentwurf kein gutes Zeug nis ausstellt. Vielmehr führt er in Bezug auf seine Kritikpunk te an, wie wir heute auch dem „Badischen Tagblatt“ entneh men konnten – ich zitiere –:
„Das ist keine Kleinigkeit und europarechtswidrig.“
Herr Minister, wenn das einen Ritterschlag darstellt, dann weiß ich nicht.
Und, Kolleginnen und Kollegen der Grünen: Noch vor der Anhörung sagte Herr Kollege Sckerl, dass die Anhörung kei ne Alibiveranstaltung sein werde.
Trotz des klaren Ergebnisses folgte: nichts.
Der Alibiveranstaltung ist das Alibi verloren gegangen. Die Grünen haben sich damit ganz bewusst von ihrer Rolle als Be wahrer von Bürger- und Freiheitsrechten verabschiedet.
Da hilft es auch nicht, Herr Kollege Sckerl, dass Sie jetzt mög licherweise mit der Faust in der Tasche zustimmen. Sie wer den gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern diesbezüglich Rechenschaft ablegen müssen.
Später gern. Jetzt gerade möchte ich gern weitermachen. Vielen Dank.
Auch die Evaluation wird spannend, Herr Kollege Schwarz.
Rufen wir uns in Erinnerung, warum es überhaupt eine zwei te Änderung des Polizeigesetzes in dieser Legislaturperiode gibt. Innenminister Strobl hatte eigentlich nur die Aufgabe, europarechtliche Vorgaben für den Datenschutz vernünftig umzusetzen. Originärer Anlass für den vorliegenden Gesetz entwurf waren die Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie
sowie zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die die Rechte von Sicherheitsbehörden – man höre! – einschränken. Die Anhörung hat aber auch hier deutlich gemacht, dass dies nicht gelungen ist. Offenbar diente die Umsetzung der EURichtlinie nur als Vorwand, um an anderer Stelle weitere Ver schärfungen des Polizeirechts einzuführen.
Der Gang vor Gerichte und eine Niederlage des Landes sind insoweit leider vorprogrammiert.
Man braucht schon eine sehr selektive Wahrnehmung der Re alität, um – wie die Vertreter der Regierungsfraktionen und Sie, verehrter Herr Innenminister – aus den Aussagen des Lan desbeauftragten für den Datenschutz eine umfassende Zustim mung zum Gesetzentwurf herzuleiten.
Dass es nicht immer nur um gesetzliche und inhaltliche Klar heit ging, wird auch deutlich, wenn man die Schlussbemer kung von Professor Nachbaur liest. Er schreibt, es
ist... bedauerlich, dass der Gesetzgeber die umfassends te PolG-Novelle... nicht zum Anlass genommen hat, das Polizeigesetz einer Generalrevision zu unterziehen und Vorschrift für Vorschrift auf den Prüfstand zu stellen.
Weiter:
So bleiben denn auch dem neuen Polizeigesetz diverse Defizite und Unzulänglichkeiten erhalten, auf die in den vergangenen Jahren wiederholt... hingewiesen wurde.
Ich möchte ergänzen: und jetzt mit dem Makel der Verfas sungswidrigkeit.
Mit unseren Änderungsanträgen wollen wir diesen gravieren den Makel beseitigen, wollen wir den Einsatz der Bodycam in Wohnungen verhindern, weil dieser gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verstößt. Wir wollen auch keine nahezu anlasslose Befugnis für Kontrollen und Durch suchungsrechte der Polizei im Dunstkreis größerer Veranstal tungen. Damit folgen wir den klaren Vorgaben des Bundes verfassungsgerichts.
Schließlich haben wir mit unserem dritten Änderungsantrag die Anforderungen der Datenschutzrichtlinie aufgegriffen. Denn – dies hat die Anhörung gezeigt – es wurden zahlreiche Kritikpunkte des Landesbeauftragten für den Datenschutz nicht umgesetzt. So kann dieser beispielsweise die Polizei auf datenschutzrechtliche Verstöße hinweisen, er kann aber nicht sanktionieren und Abhilfe anordnen, wie es die EU-Richtli nie mit dem Begriff der „wirksamen Befugnisse“ verlangt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Polizei wirklich braucht, sind nicht verfassungswidrige Befugnisse und Rege lungen, die zu mehr Rechtsunsicherheit und Verwirrung bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten beitragen, sondern tatsächlich eine bessere Ausstattung und mehr Personal.
In einem Entschließungsantrag fordern wir daher, dass das Parlament und die Landesregierung entgegen den heutigen
Planungen ab dem Jahr 2022 den Einstellungskorridor im deutlich vierstelligen Bereich halten.
In der Tat ist laut der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 16/8617 genau das, Herr Kollege Blenke, was Sie gesagt ha ben – dass das alles schon auf Gleise gesetzt sei –, unzutref fend. Denn dort gehen Sie von einem wesentlich niedrigeren Planungshorizont aus, als wir es heute eben fordern. Insofern ist Ihre Aussage schlechterdings falsch.
Mit der bloßen Zustimmung zu diesem Antrag, Herr Kollege Blenke,
wäre für die Polizei erheblich mehr erreicht als mit der kom pletten Novelle des Polizeigesetzes.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich werde nicht mehr wi dersprechen. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kol legen! Heute schreiben wir ein kleines Stück Rechtsgeschich te. Lange wurde bemängelt, dass die Parlamente kaum über verbindliche Mitsprachemöglichkeiten bei den Corona-Ver ordnungen der Regierungen verfügen. Heute ist die Landes regierung erstmals auf die Zustimmung des Landtags zur gel tenden Corona-Verordnung angewiesen. Die Initiative dafür ging bereits Mitte Mai von einem Gesetzentwurf der FDP/ DVP-Fraktion aus.
Es ist in der Folge gelungen, fraktionsübergreifend und ge meinsam einen Gesetzentwurf vorzulegen, der zwar ein gan zes Stück hinter dem unseren zurückgeblieben ist, aber doch vorsieht, dass der Landtag alle zwei Monate seine Zustim mung zur Corona-Verordnung erteilen muss. An dieser Stel le herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen für die konstruktiven Gespräche.
Es ist gut, dass die Deutungshoheiten von den Regierungen wieder auf plural zusammengesetzte Gremien übergehen, in
denen die gesellschaftliche Vielfalt Stimme hat. Denn ange sichts dessen, was wir heute über das Virus wissen, ist eine geänderte Betrachtungsweise geboten: weg von Maximalmaß nahmen, hin zu einem Denken, bei dem Zweck-Mittel-Rela tionen auf der Basis normativer Zurechnungen handlungslei tend werden – wenn Sie so wollen, Schritte in Richtung Nor malität.
In den letzten Monaten wurde viel über die Maßnahmen ge schrieben und diskutiert. Ja, es wurde auch protestiert, auch von so manchen, deren krude Theorien von mir, von meiner Fraktion und wohl auch von der Mehrheit in unserer Gesell schaft nicht geteilt oder vielmehr abgelehnt werden.
Doch die Grundrechte stehen nicht unter Demoskopievorbe halt, etwa nach dem Motto: Als politische Gemeinschaft könn ten wir uns doch mehrheitlich einig sein, auf die Ausübung unserer Freiheitsrechte auch einmal kollektiv zu verzichten, wie es der Verwaltungsrechtler Oliver Lepsius in einem Gast beitrag in der FAZ trefflich formulierte. Ja, er hat recht: Es darf keine einseitige Beschränkung bei der Zielverfolgung ge ben. Vielmehr ist die Vielzahl der Belange im Blick zu behal ten.
Grundrechte formulieren eben nicht nur Rechte, sondern sie formulieren eine rechtlich sanktionierbare politische Kultur der Willensbildung und Entscheidungsbegründung. Sie ver langen, bei der hoheitlichen Willensbildung berücksichtigt zu werden, und beschränken die Eingriffe auf das Verhältnismä ßige.
Davon war insbesondere zu Beginn der Pandemie im Bund, aber auch in Baden-Württemberg mitunter wenig zu spüren. Viel zu lange, scheint es, hat man die Deutungshoheit einsei tig an Berater, Virologen und Epidemiologen abgetreten, statt auch Akteure mit einzubeziehen, die über die unterschied lichsten Lebensbereiche Bescheid wissen.
Daher kam zu spät zur Sprache, welche Schäden der nach die sem Verfahren gewählte Kurs auslöst und möglicherweise noch auslösen wird – für unser Arbeitsleben, für die Wirt schaft, für Kultur und Religion, vor allem aber für die Kinder und die vernachlässigten Themen Bildungs- und Chancenge rechtigkeit. Gerade in diesem Punkt liegt noch einiges im Ar gen.
Wir mussten auch feststellen, dass die freie Entfaltung der Per sönlichkeit – Freizeit, Hobby oder auch Spaß, eben all das, was auch Lebensqualität in unserem Land ausmacht – über keine grundrechtliche Lobby verfügt, nicht selten verstärkt durch das vielfach eingeredete schlechte Gewissen, Freiheits gebrauch sei lebensgefährlich und unsolidarisch.
Dies – auch das möchte ich an dieser Stelle in aller Deutlich keit sagen – liegt aber auch daran, dass es einige Unbelehrba re gibt, die nicht wahrhaben wollen, dass Freiheit und Verant wortung für sich und für den anderen untrennbar miteinander verbunden sind.
Dennoch war es nicht vermeidbar, dass wir zahlreiche Blüten erleben mussten, die nicht selten durch die Gerichte kassiert
und korrigiert werden mussten. Der gebetsmühlenhafte Ver weis auf die §§ 28 und 32 des Infektionsschutzgesetzes greift zum Ärger auch mancher Regierenden eben nicht durchgän gig, da weitgehende Grundrechtseingriffe davon nicht abge deckt werden. Auch das gehört in diese Diskussion, dass wir uns in Erinnerung rufen müssen, dass das Grundgesetz gera de keine Rangordnung der Freiheitsrechte vorsieht.
Ich bin inhaltlich bei Ihnen. Hier zu vernünftigen und diffe renzierten Schritten zu gelangen ist sicherlich nicht leicht. In einer Partizipationskultur mit dem Erfahrungswissen aus un terschiedlichen Lebensbereichen gestaltet sich dies jedoch leichter.
Lassen Sie mich daher exemplarisch drei Punkte benennen, anhand derer Problemlagen beleuchtet werden sollen und die wir mit entsprechenden Entschließungsanträgen flankieren.
Zum einen fordern wir den Erlass einer eigenen Verordnung für Weihnachtsmärkte und ähnliche Spezialmärkte. Die Stand betreiber und die Kommunen brauchen endlich Planungssi cherheit dahin gehend, ob und in welcher Form Weihnachts märkte stattfinden können.
Unter Wahrung der seither in der Gastronomie bewährten Hy giene- und Abstandsvorschriften muss dies – und auch der Ausschank von alkoholischen Getränken – möglich sein. Das Thema ist trotz des Vorschlags des Herrn Ministerpräsidenten noch nicht obsolet, da die aktuelle Verordnung Spezialmärk te und Messen eben noch immer reguliert.
Es ist auch unsere Aufgabe – ohne irgendetwas zu verharm losen oder zu negieren –, ein Signal der Zuversicht und des Optimismus auszusenden. Schließlich ist das Gesundheitssys tem sehr gut vorbereitet, während die deutsche Bevölkerung mental wenig vorbereitet ist. So hat es zumindest der Virolo ge Hendrik Streeck vorhin in einem Interview ausgeführt: Es gibt zu viel Angst, hat Streeck gesagt.
Ferner fordern wir eine Bildungs- und Betreuungsgarantie für die Schulen und die Kindertagesbetreuung. Eltern, Kinder und Lehrer brauchen die Planungssicherheit, dass es hier keine flä chendeckenden Schließungen mehr geben wird. Notwendig ist vielmehr ein Stufenplan – –
Vielen Dank, Frau Präsi dentin. – Notwendig ist vielmehr ein Stufenplan, anhand des sen klar wird, ab welchem Infektionsgeschehen vor Ort wel che lokale Maßnahme für die Bildungseinrichtung getroffen wird.