Marc Vallendar
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Last Statements
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Aussetzung ganzer Grundrechte, Panikmache, Alarmismus und Aktionismus: Das zeichnet das Covid19-Jahr 2020 derzeit aus. Regierungen erlassen eine Rechtsverordnung nach der anderen, das Parlament versagt bei seiner Kontrollfunktion und nickt die Rechtsverordnungen geduldig zur Kenntnisnahme ab. Nun kommt eine Mehrheit in diesem Parlament selbst daher und behauptet, wir müssen unsere Handlungsfähigkeit herstellen und daher die Beschlussfähigkeit dieses Hohen Hauses herabsenken – und das, obwohl seit Beginn dieser Pandemie nicht einmal ein Fall eingetreten ist, bei dem eine solche Herabsetzung notwendig geworden wäre. Vereinzelt wurden Fälle von Covid-19 in den Fraktionen gemeldet. Die Betroffenen sind alle nach kurzer Zeit glücklicherweise wieder genesen. Kostspielig wurde dieses Hohe Haus pandemiefest gemacht: Plexiglaswände in den Ausschüssen, Stühle im Plenum auseinandergestellt, Desinfektionsmittel an jeder Ecke, Veranstaltungsverbote, Maskenpflicht, unverbindliche aber stets eingehaltene Pairing-Vereinbarung in den Ausschüssen. Eine Ansteckung mit Covid-19 innerhalb dieses Hauses ist damit so gut wie ausgeschlossen und hat nach meiner Kenntnis bisher auch nicht stattgefunden.
Handlungsfähigkeit des Parlaments besteht also – aber Untätigkeit. Eine Verfassungsänderung während einer vermeintlichen Notlage oder Pandemie sollte jeden Verfassungsrechtler aufhorchen lassen. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes dieses Hauses weist freundlich aber bestimmt auf die Verfassungsgrundsätze hin, welche zu beachten sind. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Das Prinzip des freien Mandats und der Grundsatz des Rechts der einzelnen Abgeordneten, sich an der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Hauses zu beteiligen, darf nicht ohne zwingenden Grund verkürzt werden. Der Übergang zur Entscheidungsfindung in einem wesentlich kleineren Gremium, also unter Ausschluss der meisten MdA, darf nur dann stattfinden, wenn es dafür einen zwingenden, in der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Parlaments liegenden Grund gibt. Denn das sogenannte Homogenitätsgebot des Artikels 28 Abs. 1 Grundgesetz umfasst die tragenden Verfassungsprinzipien, zu denen auch der Status der Abgeordneten gehört, und bindet insofern auch den Berliner Landesgesetzgeber.
(Steffen Zillich)
Notparlamente kennt die deutsche Verfassung nur im Falle des V-Falls durch den gemeinsamen Ausschuss. Eine Verkürzung der parlamentarischen Rechte aufgrund einer Pandemie oder einer Naturkatastrophe ist den Verfassungen in Deutschland bisher fremd.
Auch wenn die Regelung insgesamt entschärft wurde und sich lediglich auf die Beschlussfähigkeit des Parlaments bezieht, bleiben einige Fragen offen: Wann liegt denn diese Notlage im Sinne der Vorschrift vor, schon wenn der Bundestag gemäß § 5 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite ausruft? Dann hätten wir jetzt schon diese Notlage und müssten quasi sofort beschließen, dass unsere Beschlussfähigkeit nach unten gesetzt wird. Das kann aber nicht sein, wie ja die Praxis im gesamten vergangenen Jahr gezeigt hat.
Dann ist auch die Frage der Befristung, die hier sehr gelobt wurde, sehr ungewöhnlich, denn normalerweise wird in Verfassungen keine Befristung geschrieben. Verfassungen sind nicht dazu da, um sie zu befristen. Insofern auch hier meines Erachtens ein Punkt, den man zu kritisieren hat!
Vor allem frage ich mich eines: Beabsichtigen Sie nach der Verabschiedung dieser Verfassungsänderung tatsächlich, jetzt sofort die außergewöhnliche Notlage festzustellen, obwohl, wie ich bereits dargelegt habe, überhaupt gar kein Anlass dafür besteht? Das bleibt nämlich zu befürchten.
Man soll ja nicht mit bösen Unterstellungen arbeiten, aber für mein Dafürhalten sind die Gründe für diese Verfassungsänderung vorgeschoben. Einige der hier anwesenden Parlamentarier scheinen Gefallen daran gefunden zu haben, während Plenar- und Ausschusssitzungen gemütlich zu Hause bleiben zu können und trotzdem die vollen Diäten und Sitzungsgelder zu erhalten. Vorgeschoben sind die Gründe, man habe Angst, sich zu infizieren, oder es bestünde die Gefahr, dass das Parlament nicht beschlussfähig ist.
Das Parlament ist systemrelevant, und ähnlich wie Soldaten und Polizisten in Krisenzeiten nicht sagen können, dass sie zum Dienst einfach nicht erscheinen, kann das Parlament nicht für sich selbst feststellen, dass es mit weniger Abgeordneten als der Hälfte den Willen des Volkes repräsentieren kann. Gerade in Zeiten einer Krise sollte das Parlament in voller Stärke tagen, auch um der Bevölkerung Zuversicht zu geben und vor allem um die sich selbst ermächtigende Regierung effektiv zu kontrollieren.
Ich appelliere daher an die Abgeordneten in diesem Haus, dieser Verfassungsänderung, die zwar zulässig sein dürfte, aber eben nicht erforderlich, nicht zuzustimmen.
Nein, keine Zwischenfragen! – Liebe Kollegen und Bürger Berlins! Ich wünsche Ihnen zum Abschluss noch eine schöne Weihnachtszeit und eine besinnliche Weihnachtszeit.
Lassen Sie sich nicht vom Bürgermeister vorschreiben, ob Sie einen Pullover kaufen und mit wem Sie Weihnachten feiern! – Vielen herzlichen Dank!
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von der AfD: Bravo! – Katina Schubert (LINKE): Der verwechselt das Parlament mit einem Stammtisch!]
Vielen Dank! – Der Regierende Bürgermeister Müller sprach in seiner heutigen Rede von einem 30-jährigen Türken, „ein Kerl wie ein Baum“, der in Berlin an Covid19 verstorben sei. Im offiziellen Lagebericht des Senats vom 9. Dezember 2020 findet sich bei der Zahl der an Corona gestorbenen der 30- bis 39-jährigen Berliner bei der Anzahl verstorbener eine Zahl: Null. – Haben Sie, Herr Müller, hier heute die Unwahrheit gesprochen und einen Todesfall erfunden, oder ist die Statistik des Senats falsch?
[Oh! und Buh! von der LINKEN – Katina Schubert (LINKE): Mann, ey! So investigativ! – Katalin Gennburg (LINKE): Was ist denn das für eine unterirdische Frage? – Zuruf von der LINKEN: Nicht euer Ernst!]
Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Im offiziellen Lagebericht des Senats findet sich bei den Todeszahlen von 20 bis 39 Jahren kein einziger Todesfall. Wie können Sie das erklären? – Diese Statistik ist von gestern, Stand gestern. Das haben Sie bisher nicht beantwortet.
Wie rechtfertigt der Senat den schweren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bei Wintertemperaturen durch den Einsatz von Wasserwerfern vor dem Reichstag gegen Familien mit Kindern, die Ordnungswidrigkeiten begingen, obwohl aus der Polizei, wie diese Woche im Innenausschuss deutlich wurde, deutliche Bedenken gegen den ergangenen politischen Befehl geltend gemacht wurden?
Wie erklärt der Senat dann, dass bei gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen Straftaten begangen werden, wie der Räumung des linksextremen Gewalthotspots Liebig 34 von Polizisten auf Befehl von oben auf den Einsatz von Wasserwerfern verzichtet wurde?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor beinahe zehn Monaten hat der Senat einschneidende Rechtsverordnungen im Kampf gegen die vermeintliche Coronapandemie erlassen. Am 14. März 2020 wurde die erste Verordnung erlassen. Doch schon damals machte dieses Parlament deutlich, dass die Entscheidung über schwerwiegende Grundrechtseingriffe stets einer kontinuierlichen Kontrolle des Parlaments bedarf.
Es folgten diverse Änderungsverordnungen. Wir sind derzeit bei über 27 Verordnungen angelangt. Lange Zeit wurde es versäumt, diese Verordnungen dem Parlament rechtzeitig vorzulegen. Den zuständigen Fachausschüssen war es in den meisten Fällen kaum möglich, zeitgerecht eine Überprüfung vorzunehmen und Änderungen oder eine Ersetzung der Verordnungen im Parlament zu beantragen. „Zur Kenntnisnahme“ lautete bei fast allen Verordnungen die Entscheidung des Parlaments: ein Armutszeugnis.
Die Schnelllebigkeit der Rechtsverordnungen hat in der parlamentarischen Praxis gezeigt, dass die Überweisung der Rechtsverordnungen in die Fachausschüsse ein untaugliches Mittel zu der Überprüfung darstellt, denn die Fachausschüsse müssen sich neben diesen Verordnungen auch mit dem Tagesgeschäft befassen. Meist erfolgte nicht mal die Befassung mit diesen Verordnungen. Hierauf zielt nun unser eingebrachter Antrag – auf einen
Sonderausschuss. Dieser soll sich ausschließlich mit den Covid-19-Rechtsverordnungen befassen und dem Parlament durch eine zeitnahe Bearbeitung eine Empfehlung zur Beschlussfassung vorlegen können. Er soll auch flexibel tagen. Es ist längst überfällig, diese Entscheidungen und die Debatte über die Maßnahmen in die Hände der gewählten Volksvertreter zu legen und sie nicht einem der Verfassung fremden Zentralkomitee aus Kanzlerin und Ministerpräsidenten zu überlassen.
Denn diese haben in ihrer Selbstermächtigung mittlerweile Allmachtsfantasien entwickelt und jedes Maß und Mitte verloren. Auch das unsägliche Dritte Gesetz zum Bevölkerungsschutz, welches durch den Bundestag verabschiedet wurde, um die Maßnahmen nachträglich zu legitimieren, verschärft diese Problematik nur noch. Dies erinnert vielleicht nicht unmittelbar an ein Ermächtigungsgesetz, aber doch an die Weimarer Präsidialkabinette. Eine Grundrechtsabwägung findet nicht mehr statt. Das Grundrecht auf Gesundheit und Leben wird zu einem Supergrundrecht erhoben, bei dem alle anderen Grundrechte zurückzustehen haben. Die Freizügigkeit, sich im Bundesgebiet frei zu bewegen – ausgesetzt. Die Versammlungsfreiheit, ohne zahlenmäßige Beschränkung gegen die Maßnahmen der Regierung zu protestieren – ausgesetzt. Die Berufsfreiheit für Gastronomen, Künstler, Sportstättenbetreiber, Schausteller und viele mehr – ausgesetzt. Das Grundrecht auf Familie, Angehörige besuchen zu können – ausgesetzt. Gleichheit vor dem Gesetz bedeutet: keine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem. Erste Bundesliga darf spielen, Regionalliga nicht – ausgesetzt. Unverletzlichkeit der Wohnung: Wenn man mehr Besuch empfängt als von den Verordnungen vorgesehen – ausgesetzt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung – ausgesetzt. Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit – ausgesetzt. Kurz: Das Grundgesetz wurde ausgesetzt.
Ein Regieren per Verordnung ist eine demokratische Zumutung, und je länger dieser Zustand andauert, umso größer der Schaden für unseren freiheitlich
demokratischen Rechtsstaat. Mein Appell geht daher an sämtliche gewählte Volksvertreter in diesem Parlament, unabhängig von der Parteifarbe: Lassen Sie uns gemeinsam dieser Regierung endlich ihre Grenzen aufzeigen! Lassen Sie uns im Parlament darüber streiten, auf welche Wissenschaftler und Experten man hören sollte! Lassen Sie uns im Parlament über die vielen Schicksalsschläge von selbstständigen Unternehmern, Künstlern und Angestellten reden, die nicht wissen, wie sie ihre Familien ernähren sollen, weil sie seit Monaten nur eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten dürfen, weil sie nicht als systemrelevant betrachtet werden! Lassen Sie uns über die Jugend in diesem Land reden, die unbeschwert durch die Welt gehen möchte und sich von Corona zurecht nicht bedroht fühlt! Lassen Sie uns über die Alten, Schwachen und Kranken reden, wie wir sie schützen können, ohne ihnen zeitgleich jeden sozialen Kontakt zu verwehren!
Lassen Sie uns über die Geeignetheit einer Maskenpflicht unter freiem Himmel streiten!
Ja!
Herr Kollege! Ich sehe Ihnen das mal nach, dass Sie nicht mitbekommen haben, dass wir im Sonderplenum am 1. November, als der kurze leichte Lockdown, der angeblich nur vier Wochen dauern sollte, Änderungsanträge zur Rechtsverordnung eingereicht und die im Parlament sofort abgestimmt haben. Ich sehe Ihnen auch nach, dass Sie nicht wissen, dass wir als AfD-Fraktion im Rechtsausschuss vor einigen Monaten ebenfalls Änderungsanträge gestellt haben, die Sie aber abgelehnt haben.
Unabhängig davon, sehe ich da vor allen Dingen, dass die anderen Fraktionen bisher fast gar keine Änderungsanträge zu den Rechtsverordnungen gestellt haben, die CDU nicht einen einzigen. Das muss man sich mal vorstellen, das ist die Opposition hier in diesem Haus. Das ist wirklich eine Schande.
Deswegen lassen Sie uns durch einen Sonderausschuss die Arbeit fokussieren, lassen Sie uns Akzeptanz und demokratische Legitimation für die Maßnahmen erreichen, denn andernfalls driften wir in ein autoritär geführtes Verordnungsregime, das den Menschen jegliche Lebensfreude und Perspektive nimmt und dessen Folgen viel vernichtender sein können als das Virus selbst.
Ja, bitte!
Ja, Herr Kollege Woldeit, das ist absolut richtig.
Der einzige Ausschuss, dem ich auch angehöre, der sich zweimal mit den Rechtsverordnungen befasst hatte, war der Rechtsausschuss. Er hat darüber mal debattiert.
Einmal gab es auch eine leichte Änderung, die die Koalition hinsichtlich Religionsstätten und Versammlungen eingebracht hat. Das ist vollkommen richtig, aber bei 27 Verordnungen in über einem Jahr ist das wirklich ein Armutszeugnis. Wir als Parlament müssen uns doch selbst die Frage stellen: Wer regiert uns eigentlich? – Ja, die Regierung! Und kontrollieren wir sie im Moment? – Im Moment kontrollieren wir sie nicht. Das ist schlicht und einfach der Fall.
Deswegen sage ich: Lassen Sie uns bitte den Weg der Freiheit wählen, lassen Sie uns einen Sonderausschuss einsetzen! – Vielen herzlichen Dank!
Das hat Sie bei
#Unteilbar auch nicht gestört!]
Aber dass wird den Dialog mit den Menschen aufrechterhalten müssen, scheint mir noch wichtiger als die Repression.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Warum verfestigt sich die Zahl der sogenannten Weihnachtsbegnadigungen verurteilter Straftäter durch die Kuscheljustiz des Senats auch 2020 auf sehr hohem Niveau, obwohl die Belegungsquote der JVAen derzeit sehr gering ist?
Sehr geehrter Herr Senator! Nach Medienberichten ist die Zahl von 124 Begnadigungen noch immer nicht endgültig. Auf wie viele freigelassene Gefangene müssen sich die Berliner nun wirklich einstellen?
Blöd nur, wenn es
keine Steuereinnahmen mehr gibt!]
Ich bin mir sicher: Wir Berlinerinnen und Berliner haben in den vergangenen acht Monaten viel richtig gemacht
Das liegt auch an der großen Disziplin der allermeisten Menschen in unserer Stadt und in unserem Land. Zusammenhalt ist die Devise der Stunde, denn wir befinden uns, wie die IHK Berlin sagt, in der tiefsten Krise seit 1945.
Für die vielen Tausend Krankenpflegerinnen und -pfleger Ärztinnen und Ärzte, Medizinerinnen und Mediziner ist die Krise schon seit vielen Monaten bitterer Alltag. Viele von ihnen arbeiten bis zum Umfallen. Nach einigen Wochen im Sommer, in denen es vielleicht ein kleines bisschen ruhiger war, trifft sie das Virus zurzeit sehr hart. Gleiches gilt für die Polizistinnen und Polizisten, die während der Coronakrise besonders gefordert sind. Auch die vielen Kolleginnen und Kollegen im Tourismus und in der Gastronomie, die vielen Kulturschaffenden in den Theatern und Kinos, die nicht aufgeben, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten, solange es geht. Die Kassiererin im Supermarkt, die an vorderster Front sitzt und immer Gefahr läuft, selbst angesteckt zu werden – ihre Situation ist belastend, und trotzdem beißt sie die Zähne zusammen. Es gibt so viele Menschen in unserer Stadt, die gerade mit dem Rücken zur Wand stehen und
trotzdem mit all ihrer Kraft weitermachen. Man kann all diesen Berlinerinnen und Berlinern nicht oft genug sagen: Vielen Dank für euren aufopferungsvollen und entbehrungsreichen Einsatz Tag und Nacht! – , denn Zusammenhalt ist die Devise der Stunde.
Ja, wir alle zusammen, 3,7 Millionen Menschen in unserer geliebten Stadt Berlin, müssen diese harten und grauen Wochen jetzt gemeinsam durchstehen. Aber es werden wieder bessere Zeiten kommen. Das muss uns auch allen klar sein. Dann wird die Oma mit ihren Enkeln beim Italiener wieder Spaghettieis essen. Das Ehepaar schlendert durch den Park und sieht entspannte Polizisten, die ohne Mundschutz an ihren Einsatzwagen lehnen. Der Basketballtrainer geht nach einem Auswärtsspiel mit seiner Mannschaft noch auf einen Absacker in die Kneipe. – Ja, diese Wirklichkeit scheint uns im Augenblick ganz fern, aber sie ist doch so nah. Ich bin mir sicher, wir werden gemeinsam gestärkt aus dieser Krise herauskommen, weil diese neue starke Solidarität, die Achtsamkeit und das Auge für die Schwächeren, die Älteren und die Hilfsbedürftigen unsere Gesellschaft stärker machen werden.
Deswegen glaube ich, im Namen fast aller hier im Parlament sagen zu können: Zusammenhalt ist die Devise der Stunde. – Vielen Dank!
Herr Senator! Wie viele Arbeitsstunden und wie viele Kosten hat die Erstellung dieser tollen Broschüre innerhalb Ihrer Behörde in Anspruch genommen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Mit wie vielen Beamten und welchen Einsatzmitteln wird morgen die Polizei die Beisetzung eines Mitglieds des Abou-Chaker-Clans begleiten?
Herr Senator! Welche bedrohlichen Erkenntnisse liegen denn vor, die einen solch umfangreichen Einsatz bei einer Beerdigung überhaupt erforderlich oder nötig machen? Das ist ja nicht normal, dass bei einer Beerdigung so viele Polizeibeamte im Einsatz sein müssen.
Vielen herzlichen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts über das Tragen eines Kopftuchs im Schulbetrieb wird verkündet. Die Tinte auf dem Urteil ist noch nicht mal getrocknet, und die Urteilsgründe liegen noch nicht mal vor, schon tritt der grüne Justizsenator hervor und verkündet: Rechtsreferendarinnen im Land Berlin dürfen im Sitzungsdienst der Staatsanwaltschaft fortan Anklageschriften auch mit Kopftuch verlesen. Einzige Bedingung ist, dass der Ausbilder danebensitzen muss. – Damit stellt sich der Justizsenator gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2020. Das hat hier auch schon der Kollege Rissmann vorgetragen und zitiert. Der Leitsatz ist auch unmissverständlich, und über den Hintergrund für das Verhalten des Justizsenators kann nur gemutmaßt werden. Warum schwingt sich ein bunter und grüner Justizsenator zum Verteidiger einer fundamentalistischen Auslegung und frauenverachtenden Praxis einer mittelalterlichen Kriegerreligion auf, einer Religion, die in ihren heiligen Schriften die Todesstrafe für den Justizsenator verlangt?
Wir wissen es nicht. Vielleicht hat er die Religion nicht studiert. Aber wir wissen, dass das Neutralitätsgebot gerade in Bezug auf Religion – und dabei meine ich jegliche Religion – im Staat wichtig ist, auch für unseren Staat und insbesondere natürlich wie vorliegend in der Justiz. Der einzige Lichtblick im Senat war auch ja auch sowieso Frau Senatorin Scheeres, die heute auch gezeigt hat, was der Innensenator immer gerne zeigen möchte, nämlich Haltung.
(Sven Kohlmeier)
Ich danke Frau Scheeres ausdrücklich, dass sie beabsichtigt, das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen, und auch dafür, wie sie anschließend die Probleme muslimischer Lehrerinnen beschrieben hat, die sich als Ungläubige beschimpfen lassen müssen, weil sie kein Kopftuch tragen. Die Zerrissenheit des Senats in dieser Frage ist wirklich beschämend, denn eines ist klar: Der politische Islam versucht, immer mehr Einfluss zu gewinnen, und wir sehen das auch bei der Kopftuchdebatte. Wir sehen das auch in Ländern wie der Türkei oder im Iran, vormals Persien, wo das Kopftuch lange Zeit aus staatlichen Institutionen bewusst herausgehalten wurde. Wohlgemerkt, das sind mehrheitlich muslimische Länder. Da wurde der Laizismus nach vorne getragen. Aber welche Entwicklung haben diese Länder genommen!
Es ist gefährlich. Es fängt jetzt an. Erst muss ein Ausbilder daneben sitzen, und irgendwann verzichtet man auf den Ausbilder, weil es übrigens auch keinen sachlichen Grund dafür gibt. Irgendwann sagt man: Ja, eigentlich kann auch eine Staatsanwältin das Kopftuch tragen. – Und dann haben Sie irgendwann den politischen Islam in der Berliner Justiz und in sämtlichen staatlichen Institutionen sitzen, und das lehnen wir als AfD-Fraktion ab.
Wir hoffen, dass dieser Fehler des Justizsenators korrigiert wird. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalition bringt einen Gesetzentwurf für die Änderung des Versammlungsrechts in Berlin ein. Umso mehr sollte man also einen genauen und kritischen Blick darauf werfen, was Rot-Rot-Grün mit diesem für unsere Demokratie konstituierend wirkendem Grundrecht in Berlin anstellen möchte.
Mein Fazit nach dem Studium des Entwurfs lautet: leider nichts Gutes. Sie können es anscheinend nicht lassen, jeden Ihrer in dieses Hohe Haus eingebrachten Gesetzentwürfe mit Klientelpolitik und ideologischer Aufladung zu versehen.
Steigen wir also in die Materie ein und beginnen beim Vermummungsverbots für Versammlungen. Das Mitführen von Kleidungsstücken oder Gegenständen zur Vermummung bei Demonstrationen soll künftig nicht mehr strafbar sein. Vermummungen sollen nunmehr erlaubt sein, sofern sie nicht zur Verhinderung der Strafverfolgung dienen. Ich stelle mir da folgende Frage: Wie soll die Polizei unterscheiden, ob eine Vermummung der Verhinderung der Strafverfolgung dient oder nicht? – Ein Straftäter in einer Versammlung wird der Polizei bestimmt nicht im Vorfeld mitteilen, dass er beabsichtigt, Straftaten zu begehen. Begeht er eine Straftat und ist dabei vermummt, ist es bereits zu spät. Die Intention dahinter ist klar: Sie wollen Antifa und den Schwarzen Block schützen.
Dabei dient das Vermummungsverbot nicht nur der Strafverfolgung; in einer freiheitlichen Demokratie ist es zwingend erforderlich, dass jemand, der seine Meinung offen kundtut, auch Gesicht zeigt und zu dem steht, was er sagt. Sich im Schutz einer anonymen Masse zu verstecken – das kennen wir nur aus totalitären Systemen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Sie bei dem politischen Eifer bei der Erstellung dieser Regelung auch bedacht haben, welche anderen Folgen dies haben könnte. Ihre Antifa, Stasi, Möchtegernjournalisten und Recherchefotografen, die liebend gern mit teuren Teleobjektiven Demonstranten abfilmen und seitenlange Dossiers erstellen, wer gerade wo an der angeblich falschen Demonstration teilgenommen hat, und diesen dann meist mit Persönlichkeitsrechtverletzungen beim Arbeitgeber melden oder mit
(Sven Kohlmeier)
Steckbriefen mit der Aufschrift „In Ihrem Kiez wohnt ein Nazi“ diffamieren, werden von nun an Probleme bei ihrer Arbeit bekommen. Denn was hindert nun Demonstranten, welche sich friedlich versammeln und beabsichtigen, keine Straftaten zu begehen, sich komplett zu vermummen? – Das Gesetz jedenfalls nicht.
Kommen wir zu dem zweiten großen Skandal in dem Gesetz: § 26 des Entwurfs. In § 8 wird zwar der wichtige Grundsatz festgehalten, dass es verboten ist, eine Versammlung mit dem Ziel zu stören, deren Durchführung erheblich zu behindern oder zu vereiteln – keine Zwischenfragen, bitte –, die letzten Jahre und Demonstrationen in Berlin haben aber gezeigt, wie wichtig dieses Verbot ist. Ermittlungsverfahren und Immunitätsaufhebungen wurden auch gegen Abgeordnete dieses Hauses im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Blockade des Frauenmarsches im Jahr 2018 eingeleitet. Betroffen unter anderem: die Berliner Grünenabgeordneten Schmidberger, Topaç und Kössler, ebenso der Linke-Abgeordnete Taş. Die Verfahren wurden zum Teil gegen Zahlungen von Geldbußen eingestellt. Unrechtsbewusstsein besteht bei diesen angeblichen Vorbildern für die Gesellschaft und Volksvertretern hingegen nicht. Einen angemeldeten Aufzug zu verhindern, indem man diesen eingekesselt und sämtliche Straßen um ihn herum blockiert hält, halten sie für legitim. Das ist es aber nicht.
Es zeugt von einer zutiefst antidemokratischen Haltung. Bisher waren Verstöße in § 21 des Versammlungsgesetzes mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe versehen. Der neue Gesetzentwurf sieht nun nur noch eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor, und dies auch nur bei Gewalttätigkeit oder der Androhung dieser. Grobe Störungen einer nicht verbotenen Versammlung hingegen fallen nur noch unter eine Ordnungswidrigkeit – also auch die klassischen Blockaden.
Was wir brauchen, sind nicht weniger Strafen, sondern mehr. Am liebsten hätten Sie diese Regelung vermutlich gleich ganz gestrichen. Ihr antidemokratisches Verständnis lautet: Wer lauter ist und die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eines Andersdenkenden unterbindet, ist ein Held Ihrer viel gepriesenen Zivilgesellschaft. – Nein, das ist er nicht.
Ihr Gesetzentwurf sieht auch Erweiterungen bei den Möglichkeiten für Versammlungsverbote vor. Darüber kann man diskutieren. Wir alle möchten zum Beispiel gern, dass der antisemitische al-Quds-Tag von den Berliner Straßen verbannt wird; seine Anhänger dürfen sich gern im Iran versammeln, aber nicht hier.
Trotzdem ist auch hier Vorsicht geboten. So sehr man sich das persönlich wünscht, müssen wir als verfassungsgebender Gesetzgeber darauf achten, dass Versammlungsverbote in einem freiheitlichen Staat immer nur die Ultima Ratio sein können. Wenn es Versammlungsverbote gibt, dann müssen für alle dieselben Regeln gelten. Es darf nicht um die Frage gehen, wo die jeweilige Versammlung politisch verortet ist. Insofern möchte ich beispielhaft Ihren § 14 Abs. 2 heranziehen; dort heißt es bezüglich des Verbots von Versammlungen:
Gleiches gilt, wenn die Versammlung aufgrund der konkreten Art und Weise ihrer Durchführung
1. geeignet oder dazu bestimmt ist, Gewaltbereitschaft zu vermitteln.
2. in ihrem Gesamtgepräge an die Riten und Symbole der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anknüpft
und dadurch einschüchternd wirkt oder in erheblicher Weise gegen das sittliche Empfinden der Bürgerinnen und Bürger und grundlegende soziale oder ethische Anschauungen verstößt.
Rechtsdogmatisch sind Sittlichkeitserwägungen und ethische Anschauungen vonseiten der Bevölkerung für ein Versammlungsverbot ungeeignet, weil zu unbestimmt und rechtlich kaum überprüfbar. Handwerklich ist das also schon einmal eine Katastrophe.
Ein Verbot wegen Gewaltbereitschaft ist hingegen nachvollziehbar. Aber warum müssen kumulativ dann auch gleichzeitig Riten und Symbole für nationalsozialistische Gewaltherrschaft vorliegen? Warum reicht nicht alleine die bloße Gewaltbereitschaft aus, um eine Versammlung zu verbieten? – Das erschließt sich mir nicht. Ihr Motiv dürfte aber auch hier wieder klar sein: Ja, Sie wollen Naziaufmärsche verbieten, aber linksautonome, vermummte, steine- und flaschenschmeißende Versammlungen tolerieren. So funktioniert ein Rechtsstaat aber nicht. Entweder alle haben die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten, oder wir lassen diese Regelung gleich ganz.
Kurzum, der vorgelegte Gesetzentwurf ist in der jetzigen Fassung nicht zustimmungsfähig, und es ist wirklich traurig und eine Schande, dass Sie, obwohl es angekündigt wurde, es nicht mal geschafft haben, dass Flaggenverbrennungsverbot, insbesondere das Verbot des Verbrennens der israelischen Flagge, in diesen Entwurf aufzunehmen. Sie sollten sich wirklich schämen für diesen Entwurf. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter und geschätzter Kollege Kohlmeier! Ja, Sie haben recht, verdammt noch mal: Zur Meinungsfreiheit gehört auch die Gegenrede, und dazu gehört natürlich auch der Zwischenruf im Parlament. Selbstverständlich kann man, wenn Sie hier immer am Rednerpult stehen und Blödsinn erzählen, auch mal einen Zwischenruf machen.
Eins ist klar: Es ist wirklichkeitsfremd, was Sie nach dem Motto vorgetragen haben, Vermummungen auf Versammlungen können friedlich sein, und dann ist alles in Ordnung. Und dann bringen Sie auch noch Heiligendamm als Beispiel – wie wirklichkeitsfremd ist das denn? Haben Sie noch nie eine linksextreme Demonstration vom Schwarzen Block und Ähnlichen gesehen? – Das ist doch gerade das Ziel: Die Personen vermummen sich, damit sie anonym bleiben und in einer anonymen Masse abtauchen können. Dann passiert genau das, was wir in Heiligendamm und an vielen anderen Orten, auch am 1. Mai hier in Berlin, immer wieder sehen können.
Natürlich hat Ihr linker Koalitionspartner Sie da wieder hineingezogen. Ich glaube nicht, dass die SPD diese glanzvolle Idee hatte, das Vermummungsverbot aufzu
heben, sondern diese Idee kommt wahrscheinlich eindeutig aus dieser linken Ecke.
Dass Sie das unterstützen, sagt mehr über Sie als über mich aus. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt grundsätzlich die
(Sven Kohlmeier)
Einführung eines Verbandsklagerechts im Bereich des Tierschutzes. Auch der vorliegende Entwurf scheint uns zustimmungsfähig. Bei der Einführung von Verbandsklagerechten sollte aber stets mit Augenmaß operiert werden, denn der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Popularklagen zu vermeiden sind, erfüllt grundsätzlich zwei wichtige Funktionen. Erstens soll nur der klagen, der auch in eigenen Rechten verletzt ist, und zweitens vermindert es das Verfahrensaufkommen an den Verwaltungsgerichten und schont auch die Ressourcen von Behörden, die sich gegen Klagen verteidigen müssen. Wir sind also grundsätzlich kritisch gegenüber der Einführung von Verbandsklagen. Teilweise wird mit diesem neuen Gesetzesinstitut auch viel Missbrauch betrieben. So gibt es Verbände, die vor allem Geld mit Klagen in fremdem Namen verdienen wollen und nebenbei noch staatliche Fördergelder abgreifen wollen. Die Deutsche Umwelthilfe ist ein solches Negativbeispiel aus jüngster Zeit – ebenso wie die neu eingeführte Verbandsklage im Landesantidiskriminierungsgesetz.
Wo kann die Verbandsklage Sinn machen? – Nun, überall dort, wo die Behörden alleine nicht in der Lage sind, einen vollumfänglichen Überblick über Verstöße zu haben. Tierschutzvereine zeichnen sich durch das hohe individuelle Engagement ihrer Mitglieder aus, die sich das Wohl der Tiere auf ihre Fahnen geschrieben haben. Auch wenn manche teilweise über das Ziel hinausschießen, so sind sie meist als Erste und bestens darüber informiert, wo bei der Haltung von Tieren Probleme auftreten. Bisher konnten sie auch schon Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei den Veterinärämtern melden. Wenn diese jedoch nicht handelten, gab es keine Möglichkeit, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies ändert sich nun. Auch wenn manche Tierschutzverbände sich vermutlich mehr als nur eine Feststellungsklagemöglichkeit erhofft haben, kann der vorliegende Entwurf als ein Fortschritt in diesem Bereich bezeichnet werden, denn nun kann wenigstens gerichtsfest festgestellt werden, dass die zuständigen Behörden zu Unrecht nicht eingeschritten sind. Das eröffnet quasi eine neue Kontroll- und Überprüfungsebene.
Die Politik hingegen darf jetzt nicht die Füße hochlegen. Die Wirksamkeit des Gesetzes ist fortlaufend zu überprüfen, auch ist der zusätzliche Bedarf an Personal und Ressourcen bei den Veterinärämtern umgehend zu überprüfen, denn gerade die Veterinärämter fühlen sich von dem Gesetz nicht zu Unrecht unter politischen und rechtlichen Druck gesetzt. Sie leisten schon jetzt mit ihren wenigen Ressourcen Übermenschliches. Die Politik darf diesen Bereich also nicht vernachlässigen. Der Optimalfall wäre es, wenn Verbandsklagen von privaten Tierschutzverbänden gar nicht erforderlich wären, weil der Staat seiner Schutzfunktion, die sich aus der Staatszielbestimmung in Artikel 20a Grundgesetz ergibt, uneingeschränkt nachkommen würde. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Vorrang des Gesetzes bezeichnet den rechtsstaatlichen Grundsatz, dass das Handeln von Legislative, Exekutive und Judikative nie gegen geltende Gesetze verstoßen darf.
Darin enthalten ist auch die Wahrung der Grundrechte und insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes. Ergeht also eine staatliche Maßnahme, welche gegen diesen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und auf sachfremder Erwägung, wie einer Diskriminierung beruht, ist die Maßnahme
(Dr. Susanne Kitschun)
rechtswidrig und kann erfolgreich vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Entsteht hierbei den Betroffenen ein Schaden, so kann dieser in einem Folgeprozess Schadensersatz und Entschädigung gemäß § 839 BGB verlangen, wenn der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig handelte. – So weit die geltende Rechtslage.
Alle vom Justizsenator vorgetragenen Argumente, wonach dies angeblich nicht möglich sei und es wegen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes, welches privates und nicht staatliches Handeln verpflichtet, eine Rechtsschutzlücke gebe, ist unter keinem juristischen Gesichtspunkt haltbar.
Gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht also nachweislich nicht.
Trotz der vorgetragenen Argumente im Ausschuss, auch von den Vertretern der Polizeigewerkschaften, und der öffentlichen Kritik des Deutschen Beamtenbundes, halten Sie an diesem Fehlentwurf und Landesbeamtendiskriminierungsgesetz stoisch fest. Bezeichnend war diesbezüglich im Ausschuss, dass die Vertreterinnen der Diskriminierungsverbände auf meine Fragen, wie oft es schon erfolgreiche Klagen im Land Berlin aufgrund von Amtshaftungsansprüchen wegen Diskriminierungshandlungen gab, keine valide Auskunft geben konnten. Das spricht übrigens gegen die Kompetenz dieser, selbst als Kläger in einer Verbandsklage tätig zu werden.
Die einzig valide Zahl lieferte die Vertreterin der Deutschen Polizeigewerkschaft. 2017 gab es 25 Beschwerdefälle und das bei Millionen von Verwaltungsakten in Berlin. Bisher eine überschaubare Zahl. Das könnte sich aber mit dem neuen Gesetzt ändern. Kläger werden von Ihnen entmündigt und staatlichen alimentierten Antidiskriminierungsverbänden unterstellt, um gegen vermeintliche Diskriminierungen des Landes Berlins
zu klagen. Hinzu kommt die zwar durch den Änderungsantrag abgeschwächte Beweislastumkehr, die Rechtsmissbrauch Tür und Tor öffnet. Spitzfindige Anwälte von bekannten Berliner Familienclans werden dies zu ihrem eigenen Vorteil nutzen und bei jeder polizeilichen oder staatlichen Maßnahme sofort nach Diskriminierung schreien.
Schon jetzt tanzen diese Gruppen dem Staat auf der Nase herum. Dieses Gesetz ermöglicht ihnen nun, einen weiteren Hebel zum Aushebeln des Rechtsstaats in die Hand zu bekommen. Wie verheerend die Auswirkungen dieses Gesetzes sind, zeigen die Äußerungen zahlreicher GdPVertreter, welche erklärten, dass damit künftig etwa Polizisten aus anderen Ländern nicht länger zu Einsätzen
nach Berlin geschickt werden könnten, da ihnen dann hier Klagen drohten. Die Polizeibeamten werden unter einen Misstrauensverdacht der Ungleichbehandlung gestellt.
Was machen der Innensenator und seine Polizeipräsidentin? Stellen Sie sich schützend vor die Beamten und rufen sie dem polizeifeindlichen Justizsenator, der sich in der Vergangenheit schon an Polizeiuniformen im Plenum störte, zur Ordnung? – Fehlanzeige!
Alles halb so schlimm. An der Polizeiarbeit werde sich durch das Gesetz angeblich nichts ändern. Merkwürdig nur, dass im Landeshaushalt diverse Posten für die Umsetzung des LADG vorgesehen sind, inklusive diverser Diversity-Schulungen für die Beamten. Aber gerade in Coronazeiten haben wir ja das Geld für solche Projekte. Es geht Ihnen nämlich gar nicht um die Argumente oder die Sache selbst. Es ist ein reines, kostspieliges, bürokratisches, grünes Ideologieprojekt. Insofern hat Herr Lux recht, wenn er sagt, Sie schrieben Rechtsgeschichte. Aber das ist kein gutes Kapitel in der Rechtsgeschichte.
Das Gesetz geht auch über die Forderung von diskriminierungsfreiem Verwaltungshandeln hinaus. Es proklamiert die Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt und fordert, eine weltoffene, solidarische und vielfältige Gesellschaft zu verwirklichen.
Ein verfassungsrechtliches Gebot hierzu gibt es jedoch nicht. Niemand ist verpflichtet, weltoffen und solidarisch zu sein.
Vielfalt bedeutet oft nicht mehr als Beliebigkeit.
Wer eigene Wertvorstellungen, Glaubensgrundsätze und Überzeugungen hat, kann gar nicht vielfältig sein, weil er gerade dann eine Position vertritt, die sich von anderen Wertvorstellungen abgrenzt.
Wie wurde dieses Dilemma bisher geregelt? – Ganz einfach: mit dem staatlichen Neutralitäts- und Mäßigungsverbot. Ein Beamter darf in einer Demokratie eine eigene Meinung haben und diese sogar politisch vertreten. Er muss aber darauf achten, dass er dies nicht in Zusammenhang mit seinem Amt tut.
Nun soll also die Beamtenschaft auf Linie gebracht werden. Wer der grünen Weltanschauung und Lesart der Welt widerspricht, hat im Staatsdienst nichts verloren. Äußert sich ein Beamter im Kollegenkreis kritisch zur
Zuwanderung oder zum Islam, ein Disziplinarverfahren wird die Folge sein. Misstrauen und Angst innerhalb der Beamtenschaft werden geschürt. Polizeiinterne Bespitzelung, Auswertung von WhatsApp-Chats, Angst, den Job zu verlieren, weil einem ein unberechtigter Rassismusvorwurf gemacht wird. Viele Beamte haben mittlerweile das Gefühl, ihre Sorgen und Nöte im Einsatz nicht mehr mitteilen zu können. Wir erinnern uns noch alle an die Sprachnachricht eines Polizeibeamten der Polizeiakademie, der die Missstände dort nicht mehr ertragen konnte. Dabei war diese Nachricht, wenn auch emotional und übertrieben, wichtig, denn das Parlament hat sich daraufhin endlich mit der Polizeiakademie befasst und einen Sonderermittler beauftragt und diverse Maßnahmen zur Verbesserung der Zustände beschlossen.
Das Gesetzesvorhaben des Justizsenators verfolgt allerdings nur ein Ziel: noch mehr Misstrauen innerhalb der Beamtenschaft verursachen, seine eigene Ideologie der Beamtenschaft aufzwingen, Grüne Klientel staatlich alimentieren und Gruppen, die gar nicht diskriminiert werden, die Möglichkeit eröffnen, sich auf Diskriminierung zu berufen.
Insofern darf ich in den seriösen Journalisten und besonderem Freund der AfD, Herrn Sundermeyer vom RBB mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren:
Ein Gesetz aber, das ohne Not erlassen wird, und Polizisten mit Misstrauen überzieht, kann unvorhergesehenen Schaden anrichten. Etwa dann, wenn sich Polizisten in der Folge von der demokratischen Politik abwenden.
Vermutlich ist genau das Ihre Angst: Sie wissen, dass die Beamten des Landes Berlin nicht links und grün wählen, sondern größtenteils dem rechten Teil dieses Hauses ihre Stimme geben.
Als Strafe hierfür und aus Verzweiflung haben Sie sich dieses Gesetz ausgedacht, um die Beamten dafür zu bestrafen, dass sie es wagen, nicht dem linksgrünen Zeitgeist bedingungslos Folge zu leisten,
sondern den Beamten alte Werte wie Ordnung, Rechtsstaatlichkeit und Pflichtbewusstsein wichtig sind. Mit der Glorifizierung von Drogenkonsum, 1.-Mai-Krawallen und der aktiven Förderung von Parallelgesellschaften können die Beamten des Landes Berlin nämlich nichts anfangen.
Wohin übrigens ein übersteigerter Rassismusvorwurf gegenüber der Polizei führen kann, können wir gerade in den USA beobachten.
Ja, die Tat um den in Polizeigewahrsam verstorbenen George Floyd ist schrecklich, und die jeweils verantwortlichen Polizeibeamten werden hoffentlich strafrechtlich belangt und aus dem Dienst entfernt. Unredlich ist es allerdings, die Tat, nur weil das Opfer eine schwarze Hautfarbe hatte, ohne Prüfung des eigentlichen Motivs mit Rassismus in der gesamten Polizei zu begründen und landesweit durch die Terrororganisation der Antifa oder von „Black-Lives-Matter“-Aktivisten Geschäfte zu plündern, Polizeistationen in Brand zu setzen und weitere Menschen wie Ladenbesitzer und Polizeibeamte im Namen des Kampfes gegen Rassismus zu ermorden.
Ich sage: All life matters. – In Deutschland haben wir, gottlob, solche Zustände noch nicht. Ihr Gesetz ist aber geeignet, um solche Vorfälle und Abläufe zu provozieren. Es erschüttert das Vertrauen in die Berliner Beamten. Ich fordere Sie daher auf, von diesem Gesetz Abstand zu nehmen und unseren staatlichen Organen das Vertrauen entgegenzubringen, das sie verdienen.
Dieses Gesetz verhindert nicht Diskriminierung, es befördert sie geradezu, und es spaltet unser Land und unsere Gesellschaft. Ich fordere Sie daher auf, auch in der namentlichen Abstimmung deutlich zu zeigen, wo Sie stehen. – Vielen herzlichen Dank!
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo! – Torsten Schneider (SPD): Dadurch hat jetzt die Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU eine Aufwertung erfahren!]
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der FDP darf man wohl gratulieren: Einen Oppositionsantrag mit Stimmen der Regierungsfraktionen durchzubringen, wenn auch nur halb, kommt selten vor. Nur hätte ich mir diesen Erfolg bei wesentlich bedeutsameren Vorhaben in diesem Hohen Hause gewünscht.
[Paul Fresdorf (FDP): Wir uns auch! – Steffen Zillich (LINKE): Kann man sich aber nicht aussuchen! – Torsten Schneider (SPD): Jetzt ausgerechnet bei Frauen! Das muss doch schwer sein!]
Worüber diskutieren wir hier überhaupt? – Nun, vorangegangen war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen dem Justizsenator und der Gesamtfrauenvertreterin des Landes Berlin. Am Ende unterlag die Gesamtfrauenvertreterin, weil das Landesgleichstellungsgesetz keine Anwendung auf Richter des Landes Berlin findet. Der Vorwurf der FDP, warum der grüne Justizsenator überhaupt eine Klage in der Verteidigung führt und gewinnt, ist in diesem Zusammenhang amüsant.
Inwiefern beim jetzigen Richterauswahlverfahren die Geschlechter ungleich behandelt werden, konnte auch im Ausschuss nicht wirklich dargelegt werden. Nun soll neben dem Richterwahlausschuss und dem Präsidialrat also eine weitere Beteiligte – die Gesamtfrauenvertreterin – im Verfahren hinzutreten dürfen. Übrigens: Im Richterwahlausschuss und im Präsidialrat sind auch schon Frauen vertreten, und zwar zahlreich, die auch Interessen der Richterinnen wahrnehmen.
Dabei dient die Gesamtfrauenvertreterin eben nicht der Vertretung der Interessen von Beschäftigten der Dienststelle. Vielmehr ist sie der Dienststellenleitung zugeordnet und wirkt bei der internen Willensbildung der Dienststelle mit – nicht mehr und nicht weniger. Wir wurden jedenfalls nicht davon überzeugt, dass es zwingend geboten erscheint, die Kompetenzen der Gesamtfrauenvertreterin gesetzlich zu erweitern, weshalb wir den Antrag ablehnen.
Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab, ich finde es ein wenig respektlos von den Senatoren und Senatorinnen, dass sie jetzt hier alle gerade auf ihr Handy schauen und ihre Tablets benutzen,
statt die Redebeiträge meiner Vorgänger zu verfolgen.
Das öffentliche Leben steht weitestgehend still. Eine Rechtsverordnung des Senats jagt die nächste. Im Namen des Gesundheitsschutzes und der Volksgesundheit werden derzeit sämtliche Grundrechte der Bürger Berlins eingeschränkt. Die Rechtsverordnungen sind gemäß Artikel 64 Abs. 3 der Berliner Verfassung dem Abgeordnetenhaus unverzüglich zur Kenntnis vorzulegen. Dies ist in
der Vergangenheit und auch bei den neuesten Eindämmungsverordnungen 6 und 7 nicht bzw. viel zu spät erfolgt. Gestern konnte der Rechtsausschuss wegen des verspäteten Eingangs dieser keinen Beschluss hinsichtlich der vorgelegten Rechtsverordnungen treffen und dem Abgeordnetenhaus deshalb heute keine Beschlussempfehlung zukommen lassen.
Diese Missachtung der Legislative durch den Senat ist für uns nicht hinnehmbar, insbesondere da der Senat in seiner Regelungswut jedes Maß der Verhältnismäßigkeit außer Acht lässt.
In den vorgelegten Rechtsverordnungen werden folgende Grundrechtseingriffe genannt: der Freiheit der Person, die Unverletzlichkeit der Wohnung, die Versammlungsfreiheit. Nicht erwähnt werden die Eingriffe in das Eigentum und die Berufsfreiheit. Für Theaterintendanten, Kinobetreiber, Fitnessstudiobetreiber, Sportler und viele mehr gilt derzeit faktisch ein Berufsausübungsverbot. Andere Berufsgruppen müssen zumindest extreme Einschränkungen in ihrer Berufsausübung hinnehmen. Über 10 Millionen Menschen befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Diese hohe Zahl verbraucht täglich bis zu 1 Milliarde Euro der Sozialrücklagen der Bundesrepublik. Voraussichtlich Ende Mai werden die Ersparnisse in den Sozialkassen aufgebraucht sein.
Die Personalabteilungen der deutschen Unternehmen bereiten sich auf Entlassungen vor. Das ifo-Beschäftigungsbarometer ist im April auf 86,3 Punkte abgestürzt – von 93,4 Punkten im März. Das ist ein historisches Tief, auch der Rückgang war noch nie so stark. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird weiter steigen. Die Staatsverschuldung des Bundes und der Länder wächst. Die Berliner Hotelbranche wendet sich in einem Hilferuf an die Abgeordneten, die gesamte Dienstleistungsbranche steht vor dem Ruin.
Die in Ihren Rechtsverordnungen genannte Folgenabwägung zwischen den Grundrechten findet nicht statt oder geht einseitig zugunsten der Pandemieeindämmung aus. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Einhaltung von Sicherheitsabständen und die Empfehlung, Mund-NasenSchutz zu tragen, halten wir durchaus für angemessen. Dabei handelt es sich um mildere, gleich wirksame Maßnahmen. Berufsverbote lassen sich aber unmöglich über einen längeren Zeitraum als einen Monat rechtfertigen.
Warum dürfen zum Beispiel Kinos nicht öffnen, wenn nur jeder dritte oder vierte Platz besetzt ist und eine Maskenpflicht besteht? Warum sind Demonstrationen auf 50 Personen begrenzt und werden nicht nach Platzgröße des Versammlungsortes definiert? Das Versammlungsrecht ist für unsere Demokratie konstitutiv.
(Steffen Zillich)
Es sichert die Rückankopplung an Volk und Parlament. Gerade in Krisenzeiten, da die Regierung in die Rechte der Bürger eingreift, muss Widerspruch auf der Straße auch erlaubt sein. Wer gegen diese Umstände auf die Straße geht, ist auch nicht pauschal als Verschwörungstheoretiker abzustempeln und sollte nicht derart von Medien, Regierung und auch nicht vom Innensenator verunglimpft werden.
Gerade die Anzahl der sich Versammelnden ist entscheidend, um dem jeweiligen Ansinnen Ausdruck zu verleihen und gesellschaftliche Relevanz zuzugestehen. Wir fordern den Senat auf, diese Beschränkungen unverzüglich zu beenden.
Auch die Zahlengrundlagen, mit denen der Senat seine Maßnahmen begründet, sind dürftig. Wir haben nach wie vor eine unklare und sich widersprechende Zahlenlage – auch das müsste alles hier in diesem Parlament erörtert und diskutiert werden. Die Bewertung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnung muss anhand von drei Kriterien erfolgen: Angemessener Infektionsschutz, Wahrung der persönlichen Freiheitsrechte, Stabilisierung der Ökonomie und Volkswirtschaft.
Es ist unsere Aufgabe als Legislative, die Exekutive in diesem Bereich stärker in die Verantwortung zu nehmen und zu kontrollieren. Wir fordern eine sofortige Beendigung des Total-Shutdowns. Geben Sie den Bürgern ihre Freiheit zurück und übertragen Sie ihnen Eigenverantwortung. Dies ist keine Bitte an den Senat, sondern eine Forderung, auf deren Erfüllung die Berliner Bürger einen Anspruch haben – ihr Anspruch auf ihre verfassungsgebenden Grundrechte.
Die weit überwiegende Zahl der Bürger hat ihr Sozialverhalten in Kenntnis um die Ansteckungsgefahr ganz automatisch und ohne staatlichen Zwang angepasst. Alleine diesem Umstand haben wir es vermutlich zu verdanken, dass Deutschlands Gesundheitssystem kaum an seine Belastungsgrenze gehen musste. Dafür sollten wir unseren Dank äußern. – Vielen herzlichen Dank!
Ich frage den Senat: Wie hoch waren die Kosten für den Polizeieinsatz im Rahmen der Beerdigung einer Angehörigen des Remmo-Clans, bei dem laut Presseberichten mehrere Hundert Polizisten und sogar ein Hubschrauber eingesetzt wurden, und wer trägt diese Kosten?
Wie rechtfertigt es der Senat unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit vor dem Gesetz, dass an dieser privaten Beisetzung insgesamt rund 200 Personen teilnehmen durften, während bei Beisetzungen von Berlinern, die nicht dem Clanmilieu zuzurechnen sind, lediglich 20 Personen zugelassen sind und sie in der Praxis bisher auch dementsprechend durchgeführt wurden?
Danke, Herr Präsident! – Wie passen öffentliche Erklärungen des Justizsenators zusammen, Flüchtlinge aus Griechenland einfliegen zu lassen und in Sammelunterkünften unterbringen zu wollen, und gleichzeitig zur Coronaprävention Verurteilte nicht in Gefängnisse einzuliefern oder zu entlassen, und wo leitet der Justizsenator seine Zuständigkeit für Ersteres her?
Herr Justizsenator! Die EU-Staaten haben sich bislang nur geeinigt, 1 600 aus Griechenland einfliegen zu lassen, Deutschland davon 250 bis 400. Wie kamen Sie in Ihrer öffentlichen Erklärung denn dazu, dass Berlin 1 500 aufnehmen solle?
Sehr geehrte Frau Senatorin! Ist es aber nicht im Grundsatz Ihrer Ermessensentscheidung und Abwägung zwingend notwendig, auch vergleichbare Fälle heranzuziehen? Oder haben Sie hier eine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir besprechen das Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag. Da kommt also eine Regelung von der EU, die die bisherige Praxis nicht mehr ermöglicht, und zwar, dass man eine Begrenzung bei den Konzessionsteilnehmern vornimmt. Und nun haben Sie oder, besser gesagt, der Senat sich überlegt: Wie passen wir das am besten an? – Sie haben zahlreiche Regelungen hinzugefügt, die den Anbietern von Sportwetten den Betrieb madig machen sollen.
Es gibt zugegebenermaßen zwei unterschiedliche Sichtweisen, wie man das Ganze betrachten kann: Das eine ist eine wertkonservative, rechtskonservative Sichtweise, die anscheinend die Koalition hier vertritt, und zwar, dass man Glücksspiel als gesellschaftsschädlich klassifiziert und damit automatisch sagt, das muss so stark wie möglich reglementiert, wenn nicht sogar verboten werden. Nun sagen wir: Nur, weil es Alkoholiker gibt, verbieten wir nicht den Alkohol. – Das ist ein Punkt, den man da vielleicht anführen sollte.
Der andere Punkt ist der freiheitliche Ansatz. Es handelt sich bei den Menschen, die in Spielstätten gehen, um erwachsene, selbstbestimmte Menschen, die unter Umständen in eine Anhängigkeit geraten können; das kann ihnen aber auch beim Alkohol oder bei jeder anderen Sache passieren. Warum Sie jetzt zum Beispiel ein Verbot von Speisen und Getränken in Spielstätten in das Gesetz einbauen, erschließt sich mir nicht wirklich, außer insofern, als Sie wollen, dass die Spielstätten sich nach Möglichkeit nicht mehr rentieren und die Leute sagen: Ich gehe da gar nicht hin. – Da frage ich mich allerdings, warum Sie dann nicht gleich Spielstätten verbieten. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Es wurde richtigerweise schon angesprochen: Was wird das zur Folge haben? – Man wird auf das Internet oder in die Illegalität ausweichen. Dann braucht man keine Wettbüros mehr auf die bisherige Art und Weise zu betreiben, sondern macht das irgendwo in einem Keller. Das ist dann vielleicht sogar viel lukrativer. Ich weiß nicht, ob Sie damit einen großen Erfolg haben.
Ich kann Ihnen nur mitteilen, dass meine Partei in der Frage des Glückspiels noch keine abschließende Position formuliert hat. Das ist ein Thema, das wir in unserer Programmatik noch nicht behandelt haben. Wie Sie sehen, gibt es unterschiedliche Auffassungen: den freiheitlichen und den rechtskonservativen Ansatz. Deswegen werden wir uns bei dem vorliegenden Gesetzentwurf voraussichtlich erst einmal enthalten. Bei der Frage, ob
(Niklas Schrader)
dieses Gesetz verabschiedet wird oder nicht, kommt es auf die Stimmen meiner Fraktion sowieso nicht an.
Ich bin ein wenig erstaunt: Die Abstandsregelungen – der Kollege Luthe hat es schon richtigerweise angeführt – sind relativ willkürlich festgesetzt. Aus meiner Sicht haben Sie da nicht unbedingt den großen Wurf gelandet, zumal die von der EU kommenden Regelungen besagen, es solle zahlenmäßig ein unbeschränktes Erlaubnismodell geben. Aber jetzt versuchen Sie, das wieder einzufangen, indem Sie irgendwelche Eigenregelungen einfügen, die aus meiner Sicht auch nicht richtig passen.
Den Leuten, die in solche Spielstätten gehen, sei zum Abschluss mitgeteilt: Wenn Sie meinen, Sie können damit Geld gewinnen oder Geld machen, dann wünsche ich Ihnen viel Glück dabei!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der im Ausschuss beratene Antrag der Koalition enthält mehrere Punkte, die wir zwar grundsätzlich gleich betrachten. Das Thema Abschöpfung von illegal erworbenen Clanimmobilien liegt schließlich in der DNA meiner Partei.
Der Antrag enthält allerdings nicht viel Neues. Er verweist auf das Inkrafttreten des reformierten Vermögensabschöpfungsrechts und auf die Koordinierungsstelle der OK. Inhaltlich enthält der Antrag eigentlich nur einen neuen validen Punkt, nämlich die Übertragung von Immobilien an die Liegenschaften des Landes. Aber ist das überhaupt sinnvoll? Nach § 60 der Strafvollstreckungsordnung geht mit der Rechtskraft der Entscheidung das Eigentum an verfallenen oder eingezogenen Sachen auf das Land über, dessen Gericht im ersten Rechtszug entschieden hat, im Anschluss erfolgt die Veräußerung nach § 64, und nach Abs. 7 ist der erzielte Erlös an die zuständige Kasse, also die Justizkasse, abzuführen. Nun soll also die BIM oder auf jeden Fall das Land Berlin diese Immobilien bekommen, anstatt sie zu versteigern.
Dies bringt gleich mehrere praktische und rechtliche Probleme mit sich. Was ist mit dem Opferausgleich, der normalerweise aus dem versteigerten Erlös gewonnen wird? Was soll die BIM mit den Immobilien machen, und wie soll sie die Immobilien dem Gemeinwohl zuführen? Bei den meisten Immobilien handelt es sich ja um einzelne Wohnungen, Restaurants, Gewerbeflächen und Ähnliches. Das Land Berlin müsste die Verwaltung dieser weit über die Stadt verteilten Flächen übernehmen, was mit einem enormen Aufwand verbunden sein kann. Ich kann mir auch noch nicht so richtig vorstellen, dass das Land Berlin auf einmal Shisha-Bars, Barbershops und Spätis verwaltet. Ich sehe darin keinen Nutzen. Außerdem lassen sich diese Immobilien wohl kaum in Schulen, Sportstätten, Krankenhäuser, Polizeiwachen oder andere Einrichtungen umwandeln, welche einen Zweck für das Gemeinwohl erfüllen würden.
Das eigentliche Ziel des Antrags dürfte, wie bereits in der letzten Plenardebatte von mir ausgeführt, sein, Immobilien in ihr gescheitertes Wohnungsbau- und Liegenschaftsprogramm zu überführen. Staatliche Immobilienwirtschaft endet jedoch zumeist in totaler Misswirtschaft zulasten der Allgemeinheit. Aber das verstehen Sie nicht, da Sie den Staat wie einen Mammon anbeten und Privateigentum sowieso ablehnen und deswegen am besten gleich alles unter staatliche Verwaltung stellen wollen.
Das ist klassischer Sozialismus, den wir selbstverständlich ablehnen.
Nicht umsonst freut sich Herr Schlüsselburg diebisch darüber, dass Private nicht mehr günstig Immobilien bei einer Versteigerung erwerben können. Das kommt deutlich zum Ausdruck. Das ist das eigentliche Ziel des Antrags. Wie schon selbst vorgetragen, erfordert der Antrag eine Änderung der Strafvollstreckungsordnung auf Bundesebene. Das dürfte nach meinem Dafürhalten eher weniger erfolgversprechend sein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die anderen Bundesländer es auch gut finden, sich alle möglichen Kleinstimmobilien zusammenzusammeln und dann verwalten zu müssen. Deswegen lehnen wir den Antrag dem Grunde nach ab und sind der Auffassung, dass es andere Wege gibt, der Clankriminalität Herr zu werden, oder dass es andere Punkte gibt, an denen man ansetzen kann. Diese einfache Änderung der Strafvollstreckungsordnung ist kein großer Gewinn. Alles, was notwendigerweise getan wurde, wurde auf Bundesebene beschlossen, insbesondere die Verbesserung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Das heißt, Sie haben hier nichts Neues eingebracht. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Vielen herzlichen Dank!
Ich frage den Senat: Warum gibt es keine für alle Senatsverwaltungen verbindlichen Richtlinien, die regeln, wann im Falle eines disziplinarrechtlich zu ahnenden Fehlverhaltens eines Beamten die Staatsanwaltschaft einzuschalten ist? Plant der Senat, diese Lücke zu schließen?
Danke! – Wie beurteilt der Senat den jüngsten Fall, in dem die Sozialsenatorin darauf verzichtet hat, gegen den wegen Betrugs gerichtlich aus dem Beamtenstatus entlassenen LAGeSo-Mitarbeiter Karsten Giffey Strafanzeige zu erstatten, insbesondere unter dem Aspekt des dadurch möglichweise erfüllten Straftatbestandes der Strafvereitelung im Amt?
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Ein Sonderermittler, ja. Grundsätzlich würde man sagen, bei einem so weitgehenden Vorfall wie diesem ist natürlich Aufklärung wichtig, und Sonderermittler klingt erst einmal gut. Die Frage, die ich mir allerdings als erste gestellt habe, ist: Zuständig sind zwei ganz andere Behörden oder Mitspieler. Das ist zum einen die Berliner Staatsanwaltschaft, die natürlich diesen Vorfall aufzuklären und dort zu ermitteln hat, insbesondere auch mögliche Tatverdächtige zu ermitteln hat, was sehr schwierig werden wird.
Der zweite Punkt ist natürlich die Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, die mittlerweile auch über den Vorfall am Kammergericht informiert wurde. Man kann jetzt natürlich Kritik üben wegen des Gutachtens, welches wieder falsch datiert, dann erst mal für die Öffentlichkeit bereit gemacht und das Parlament wieder zu spät informiert wurde. Das stimmt, aber wenn man sich diesen Hackerangriff ganz genau anguckt oder auch dieses Gutachten studiert – ich bin weiß Gott kein IT-Experte, aber wir haben auch ein paar Experten bei uns in der Fraktion –,
dann wird vielleicht etwas mehr Panik gemacht als tatsächlich vorhanden ist.
Es handelt sich wohl, das sieht man, um einen klassischen Emotet-Befall. Ob es ein gezielter Angriff ist, ist eher unwahrscheinlich, wenn man das Gutachten differenziert studiert. Es sind wohl auch, mal abgesehen von den Log-in-Passwörtern, die abgeflossen sind, keine
gravierenden Dokumente wie Gerichtsdokumente oder von Prozessbeteiligten Verfahrensakten oder Ähnliches nach draußen geflossen. Wir haben auch festgestellt, es gibt noch keinen Erpresserbrief oder Bekennerschreiben oder Ähnliches. Das heißt also, der Schaden scheint überschaubar zu sein. Jedenfalls können wir das noch nicht abschließend bewerten.
Ich bin der Meinung, wir haben das regelmäßig auf der Tagesordnung bei uns im KTDat und auch im Rechtsausschuss, und es wird jetzt auch weiterhin so bleiben. Wir sollten mehr in die Zukunft gucken als in die Aufklärung, die meines Erachtens von der Staatsanwaltschaft und von der Datenschutzbeauftragten primär erst einmal erfolgen sollte, und zusehen, wie wir das Kammergericht wieder betriebsfähig bekommen, denn im Moment ist immer noch ein Notbetrieb, und erst ein Zehntel der Computer dort laufen wieder. Das heißt, das muss natürlich schnellstmöglich behoben werden.
Der nächste Punkt, der hier schon angesprochen wurde, der wichtig ist, ist, die Unabhängigkeit des Kammergerichts und der Justiz zu berücksichtigen. Wir haben insofern nicht das Gefühl, dass ein Sonderermittler da zusätzlich reingehen sollte, sondern wir lassen Herrn Dr. Pickel in die Ausschusssitzung vorladen und werden das dann begleiten. So ist erst einmal unsere Position. – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir treten in die zweite Beratung zum Antrag der CDU zum Verbot des Verbrennens von Flaggen ausländischer Staaten ein. Um es vorwegzunehmen: Aus dem Abgeordnetenhaus wird heute wohl kein Signal der Völkerverständigung und gegen Antisemitismus gesendet werden.
Scheitern wird das an der Linksfraktion, die die Koalition zwingt, sich dieser vom gesamten Haus getragenen Initiative nicht anzuschließen. Das Verbrennen ausländischer Flaggen und das Verbrennen der Flagge Israels werden – sofern der Bundestag jetzt nicht initiativ zuvorkommt – weiter mit Straffreiheit in Deutschland bedacht werden. Die im Rechtsausschuss vorgebrachten Gründe für die Ablehnung können getrost als vorgeschoben bezeichnet werden. Der Justizsenator verwies auf die Meinungsfreiheit in den USA: Dort dürfe man schließlich auch Flaggen verbrennen, sogar die US-Flagge, und es würde sich keiner daran stören.
Mal abgesehen davon, dass ich denjenigen sehen möchte, der sich im Land des freien Waffenbesitzes traut, eine US-Flagge auf öffentlichen Plätzen zu verbrennen,
vergaß der Justizsenator, ein paar Details zu erwähnen: Die USA kennen eine komplett andere Verfassungstradition als Deutschland. Dort gilt die Verfassungsmaxime der absoluten Meinungsfreiheit. Straftatbestände wie das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung
(Sven Rissmann)
oder die Leugnung des Holocausts erfüllen in den USA keine Strafnormen. Ob sich die Koalition dies nun zum Vorbild für Deutschland nehmen möchte, diese Wertung überlasse ich Ihnen.
Der Kollege Schlüsselburg von der Linksfraktion trug ferner im Ausschuss vor, dass er eventuell bereit gewesen wäre, eine Regelung, die nur das Verbrennen der Flagge Israels unter Strafe stellt, zu unterstützen, und gegen eine abstrakt-generelle Regelung wäre. – Auch diese Argumentation ist vorgeschoben.
Mal abgesehen davon, dass es inkonsequent und ein fatales außenpolitisches Zeichen wäre, wenn man es zulassen würde, dass die Flaggen unserer Nachbarstaaten wie z. B. die Flagge Polens oder die Flagge Frankreichs damit weiterhin ungeschützt wären.
Der wahre Grund, warum die Linksfraktion nicht zustimmen kann oder will, liegt aber woanders: Insgeheim gibt es innerhalb der Linkspartei und ihrer Vorfeldorganisationen genügend Anhänger, die die Verbrennung der Flagge Israels als eine legitime politische Meinungsäußerung einer aus ihrer Sicht politisch und aus rassistischen Gründen unterdrückten Minderheit, nämlich der Palästinenser, rechtfertigen. Israel wird von Ihnen nämlich als faschistischer Unterdrückungsstaat wahrgenommen – ein Staat, der Grenzmauern errichtet, Grenzen kontrolliert und bereit ist, alles zu tun, um sein Volk, nämlich das jüdische Volk zu schützen.
Dies kann aus Ihrer Sicht in einer multikulturellen, bunten, globalistischen Gesellschaft keinen Platz haben, und deshalb sind Sie bereit, die aus dem Nahen und Mittleren Osten importierte verwerfliche Tradition des Verbrennens ausländischer Flaggen in Deutschland zu tolerieren. – Das ist der Kern des Ganzen, und dafür sollten Sie sich schämen!
Und wenn Sie, was ja besonders oft aus den Reihen Ihrer Fraktion erschallt, das nächste Mal der AfD vorwerfen, wir hätten Schwierigkeiten in unserer Haltung bezüglich Antisemitismus, dann schauen Sie mal lieber in Ihre eigenen Reihen! Dieses schizophrene Verhalten bezüglich des Staates Israel ist charakteristisch für die politische Linke in diesem Land, und wenn Ihre Staatssekretärin Chebli vorgestern auf Twitter beklagt, dass sie sehr oft Nachrichten von Deutschen ohne Zusatz höre wie – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Ist ja alles traurig, was damals passierte. Aber dass der Hass wieder aufkommt, da sind die Juden nicht ganz unschuldig. Siehe Siedlungspolitik, Annexion...
Ja, da beginnen die Relativierung und der Antisemitismus der politischen Linken, und Ihre Antragsablehnung ist nun wieder ein weiterer Abschnitt in dieser Beweiskette. – Vielen herzlichen Dank!
Herr Fresdorf! Sie sprachen davon, Berlin zur Hauptstadt der weltbesten Bildung zu machen. Sollte man sich nicht erst einmal kleine Ziele setzen und Berlin überhaupt einmal ins Mittelmaß zurückführen, nachdem wir in den meisten Feldern Schlusslicht sind?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zutreffend ist, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 17. Oktober 2019 über drei Klagen der Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz entschieden und dabei die klageabweisenden Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt hat. Das Landesgleichstellungsgesetz gelte nicht für Richterinnen, urteilte der Senat. Auch eine entsprechende Auslegung des LGG ergebe nicht mit der vom Bundesverfassungsgericht verlangten Deutlichkeit die Erweiterung der Zuständigkeit auf Richterinnen. Vielmehr beziehe sich das LGG vielfach auf das Personalvertretungsgesetz, das Richterinnen und Richter nicht erfasse. Klar ist, der Gesetzgeber könnte dies anders beurteilen und den Anwendungsbereich auf Richter erweitern. Eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit gibt es dafür aber nicht. Insofern sollten wir uns die Frage stellen, ob eine Änderung des LGG überhaupt erforderlich ist.
Zunächst bleibt einmal festzuhalten, dass bei den Neueinstellungen der Richterinnen und Richter in Berlin sich nicht das Bild abzeichnet, dass es ein Problem mit der Förderung von Frauen gibt. Im Gegenteil – der Kollege Schlüsselburg hat es schon richtig ausgeführt –: Im Richterwahlausschuss, dem ich auch selbst angehöre, werden mittlerweile mehr Frauen als Männer eingestellt. Das liegt nicht etwa am Geschlecht, sondern an der Leistung, Eignung und Befähigung der Bewerber. So soll es auch sein.
Auch die Zahl der Bewerberinnen ist gestiegen. Die juristischen Studiengänge sind mittlerweile bei Weitem keine Männerdomäne mehr. In einer freien Gesellschaft, wo die Geschlechter nach eigenen Interessen über ihren beruflichen Werdegang entscheiden, ergibt sich zwischen den Geschlechtern automatisch eine unterschiedliche Verteilung in unterschiedlichen Berufsfeldern. Das ist ein natürlicher Prozess und ein echter Ausdruck von Freiheit. Echte Gleichberechtigung ist aus unserer Sicht dann erreicht, wenn das Geschlecht bei der Einstellung und Beförderung keine Rolle mehr spielt und wir keine Geschlechterbeauftragten mehr benötigen.
Davon ist Berlin aber noch weit entfernt. Für Berlin ergibt sich eine Zahl von gut über 160 Frauenvertreterinnen. Das LGG ist ein bürokratisches Beteiligungsmonster. Man läuft immer mehr in Richtung Gleichstellung, die jedoch der Gleichberechtigung der Geschlechter zuwiderläuft. Aus diesem Grund sehen wir hier keinen Gesetzesänderungsbedarf. Es gibt auch innerhalb der weiblichen Richterschaft diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen. Viele Richterinnen, welche sich mühsam den Weg durch die Spruchkörper gearbeitet haben, sehen den zunehmenden Einfluss von Frauenvertreterinnen auf Auswahlverfahren durchaus kritisch. Auch Quereinsteierinnen aus der Senatsverwaltung für Justiz, welche nie als Richterinnen gearbeitet haben, aber – im Gegensatz zu den Richterinnenkollegen – oft über utopische dienstliche Beurteilungen verfügen, führen zu Unmut innerhalb der Richterschaft. Ich persönlich befürworte in diesem Zusammenhang die Unabhängigkeit der Justiz in diesem Bereich.
Der Begriff Gesamtfrauenvertreterin ist darüber hinaus trügerisch, denn die Frauenvertreterin dient gerade nicht der Vertretung der Interessen von Beschäftigten in der Dienststelle, vielmehr ist sie nach der Konzeption des Gesetzes als Sachwalterin der Ziele des Gleichstellungsgesetzes zu verstehen. Sie ist der Dienststellenleitung zugeordnet und wirkt bei der internen Willensbildung der Dienststelle mit. Sie unterscheidet sich damit deutlich von den Personalvertretungen, welche ein Kontrastorgan zur Dienststelle sind. Ihr mehr Rechte einzuordnen als bisher, sehen wir daher nicht als erforderlich an.
Noch etwas an die Kollegin Jasper-Winter: Ich werfe dem Justizsenator ja vieles vor und schone ihn auch sehr selten, ihm aber den Vorwurf zu machen, vor Gericht zu ziehen und zu gewinnen, hat schon etwas Komödiantisches.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Einzelplan 06 Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung übersteigt erstmals in der Geschichte des Landes Berlins die Milliardengrenze bei den Ausgaben im Haushalt. Man könnte jetzt annehmen, das klingt doch wunderbar, endlich erkennt die Regierung die Bedeutung eines funktionsfähigen Justizwesens für das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und unsere Demokratie. Aber freuen wir uns nicht zu früh. Wenn man bedenkt, dass das Gesamtvolumen des Berliner Haushaltes für 2020/2021 bei 31 Milliarden bzw. 32 Milliarden Euro liegt, kann man festhalten, dass gerade einmal 3 Prozent in den Einzelplan 06 einfließen, und das trotz Rekordeinnahmen durch die fleißigen Steuerzahler dieser Stadt.
Diesen Anteil muss sich die Justiz auch noch mit der sogenannten Antidiskriminierung, dem Verbraucherschutz und dem Tierschutz teilen. Vor allem Ersteres bekommt nicht nur ein völlig fehlgeplantes – wie wir es nennen: Landesbeamtendiskriminierungsgesetz –, sondern einen gigantischen und völlig unverhältnismäßigen Personalzuwachs in den verschiedensten Bereichen: Diversity-Training für unsere Beamten und Verwaltungsangestellten. Der Nutzen bleibt fraglich, sowie die damit einhergehende bodenlose Unterstellung, unsere Verwaltung arbeite derzeit mit – Zitat – struktureller Diskriminierung. Einen Nachweis für diese diskriminierende Behauptung bleiben Sie aber schuldig.
Damit nicht genug. Auch diverse Programme Ihrer sogenannten Demokratieförderung erhalten Millionenbeträge, teilweise noch einmal verstärkt durch Ihre Änderungsanträge im Rechts- und Hauptausschuss. Die Vorstellung, dass private Vereine und Verbände, welche mittlerweile zu 100 Prozent von der Regierung und ihren Zuwendungen in den Haushaltsplänen abhängig sind, einen Beitrag zur Förderung der Demokratie in diesem Land leisten könnten, grenzt schon an Realitätsverweigerung.
Bei diesen Gruppen ist natürlich das Who-is-who der bunten Umerziehungsrepublik versammelt. Sei es ganz vorne vorweg Ihr Flaggschiff die „Amadeu-AntonioStiftung“ mit ihrer Vorsitzenden und Ex-Stasi-IM „Victoria“ Kahane oder diverse Register wie das „Charlottenburger Register“, das durch die sozialistische JugendFalken e.V. erstellt wird. Es fehlt nur noch, dass Sie anfangen, das Zentrum für Politische Schönheit zu fördern, welches derzeit mit der Asche von ermordeten Juden Profit und Publicity generiert.
Die Bürger dieser Stadt brauchen wahrlich keine Nachhilfe in Demokratie. Und Sie vergessen dabei, dass diejenigen, welche von Verfassung wegen Demokratie und Meinungsbildung in diesem Land fördern sollten, nämlich die Parteien, Sie selbst sind. Diese Aufgabe ist nicht einfach mit Regierungsgeldern outzusourcen.
Eines sei noch vorweggeschickt: Das größte Demokratieförderungsprogramm seit Bestehen der Bundesrepublik ist nämlich meine Partei, die Alternative für Deutschland.
Die steigende Wahlbeteiligung und die Beschäftigung mit der Politik in unserem Land wurde von uns eingeleitet – ganz ohne die Hilfe ihrer Demokratieförderprogramme.
(Sebastian Schlüsselburg)
Wenn Sie das Vertrauen in die staatlichen Institutionen wirklich stärken wollten, sollten Sie vor allen Dingen eines fördern: das Vertrauen der Berliner Bürger in unseren Rechtsstaat –, womit ich wieder den Bogen zu dem Justizhaushalt schlage. Da hilft es dann wenig, dass nach jahrzehntelanger Nichteinstellung, Vernachlässigung der Richter- und Staatsanwaltsstellen und Justizvollzugsbeamtinnen, hier Verstärkungen vorgenommen werden. Denn mit diesen Stellen müssen auch weitere Punkte wachsen, bei den Gerichten vor allen Dingen die Stellen der Auszubildenden und Rechtspfleger und die Zeit für die Ausbildung eben dieser. Ein Satz ist mir in diesem Zusammenhang besonders im Ohr geblieben: Wir brauchen nicht nur neue Häuptlinge, sondern auch Indianer.
Neue Gerichtsgebäude, Arbeitsplätze usw.: Ja, es gibt Pläne wie die Sanierung des Kathreiner-Hauses für das Verwaltungsgericht – Planungsbeginn und Gesamtkosten des Projekts stehen aber noch aus, obwohl wir schon seit Beginn der Legislaturperiode darüber gesprochen haben.
Ein neues Gefängnis oder zumindest der fertig in der Schublade liegende Plan des Neubaus der Teilanstalt I in der JVA Tegel, das wären große Projekte für eine zukunftsfähige Stadtjustiz. Statt für geschätzte 21 Millionen Euro sofort mit dem Bau zu beginnen, werden nun nur Bauvorbereitungsmittel für die Grundsanierung der Teilanstalten II und III eingestellt – Baubeginn erst 2022 oder 2023, für dann gesamt schlappe 90 Millionen Euro. Und dann ein völlig unverhältnismäßig überteuertes Projekt für den offenen Vollzug für drei sicherungsverwahrte Sexualstraftäter, die die Anwohner in Angst und Schrecken versetzen.
Nein, dieser Haushaltsplan ist kein großer Wurf für eine zukunftsfähige Justiz. Die Schwerpunkte sind falsch gesetzt, und die Verbesserungen sind allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein – Verfahrenseinstellungen: auf dem Höchststand; Krankenstand bei dem JVA-Beamten: auf dem Höchststand; Gefängnisse und Gerichtsgebäude: auf dem höchsten Sanierungsstand –, zu groß, um mit ein paar Almosen gelöst zu werden. Tablets gibt es zwar für Gefangene, aber natürlich nicht für die Justizangestellten.