Protocol of the Session on October 31, 2019

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 48. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ich begrüße Sie, unsere Gäste, Zuhörerinnen und Zuhörer sowie die Medienvertreterinnen und Medienvertreter sehr herzlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben, da ich heute mit einer traurigen Nachricht beginnen muss.

[Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.]

In diesem Monat sind die beiden Stadtältesten und langjährigen Abgeordneten der Berliner CDU-Fraktion HansJoachim Boehm und Heinz-Viktor Simon verstorben. Beide gehörten zu einer Generation, deren Biografien maßgeblich durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen geprägt worden waren. Sie engagierten sich in spannungsreichen Zeiten zunächst für West-Berlin und später für die wiedervereinigte Stadt.

Lieber Herr Kollege Simon! Erlauben Sie mir, Ihnen im Namen des Berliner Abgeordnetenhauses unsere Anteilnahme zu bekunden. – Heinz-Viktor Simon verstarb am 7. Oktober 2019. Geboren wurde der Berliner am 17. Juli 1943. Nachdem er das Abitur im Jahr 1963 bestand, folgte das Studium der Rechtswissenschaften sowie der Volks- und Betriebswirtschaftslehre. Die Zweite Juristische Staatsprüfung schloss er 1974 ab. Er arbeitete im Vorstand verschiedener Wohnungsbaugesellschaften. Der CDU trat er schon zu Schulzeiten bei und engagierte sich hier zunächst in Steglitz als Mitglied des Kreisvorstandes Steglitz, als Kreisvorsitzender und später als langjähriger Vorsitzender des Ortsverbandes Südende.

Von 1971 bis 1975 war er Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz. Im April 1975 ging es dann nach Schöneberg – er wurde in das Abgeordnetenhaus gewählt. Heinz-Viktor Simon gehörte dem Parlament 23 Jahre an. In sieben Legislaturperioden gestaltete er die Politik der Stadt mit. Dabei waren Wohnungsbau und Stadtentwicklung Schwerpunkte seiner langjährigen parlamentarischen Arbeit. Er wirkte darüber hinaus im Ältestenrat. In der 12. und 13. Wahlperiode ergänzten die Themen Verfassungsschutz, Kultur, Umwelt und Technologie seine parlamentarische Arbeit.

Nachdem Heinz-Viktor Simon sein Mandat im Jahr 1998 niedergelegt hatte, arbeitete er weiterhin in der Berliner Wohnungswirtschaft. Der Berliner Politik blieb er im Rahmen seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzender und späteres Ehrenmitglied der Parlamentarischen Vereinigung Berlin e. V. treu. Als Anerkennung seines langjährigen Engagements wurde er 2016 zum Stadtältesten von Berlin ernannt. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau Erica und seinen zwei Söhnen.

[Gedenkminute]

Der ehemalige Abgeordnete und Stadtälteste HansJoachim Boehm ist am 12. Oktober 2019 im 99. Lebensjahr verstorben. Der im Jahr 1920 geborene Berliner absolvierte nach dem Schulbesuch zunächst eine kaufmännische Lehre und den Wehrdienst, bevor er 1947 das Abitur ablegte. Während dieser Zeit, 1946, trat er der CDU bei. An der Freien Universität studierte HansJoachim Boehm Volkswirtschaftslehre. Hier fand er Gefallen an studentischer Gremienarbeit und engagierte sich als Vorsitzender des AStA und Sprecher der Berliner Studentenschaft im Verband Deutscher Studentenschaften.

In dieser Zeit legte er die Weichen für seine spätere politische Karriere und wurde als Landesvorsitzender der Jungen Union tätig. Nach seinem Examen arbeitete er von 1955 bis 1959 als persönlicher Referent des Finanzensenators Friedrich Haas. 1957 wurde er Mitglied des CDU-Landesvorstandes und übte 25 Jahre das Amt des Landesschatzmeisters aus. Von 1959 bis 1962 war er Bezirksstadtrat in Steglitz. Anschließend arbeitete er als Senatsdirektor beim Senator für Bundesangelegenheiten Klaus Schütz.

In das Abgeordnetenhaus wurde er im Jahr 1967 gewählt und gehörte dem Parlament 18 Jahre an. Hier wirkte er vor allem in seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft sowie in den Ausschüssen für Bundesangelegenheiten und Gesamtberliner Fragen. Später kam die Arbeit im Hauptausschuss, im Ausschuss für Betriebe und im Ältestenrat hinzu.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament blieb er der Berliner Landespolitik noch viele Jahre als Mitglied der Parlamentarischen Vereinigung treu. 1990 wurde er für sein langjähriges Engagement mit der Stadtältestenwürde ausgezeichnet. Unsere Anteilnahme gilt der Familie von Hans-Joachim Boehm.

[Gedenkminute]

Ich danke Ihnen, dass Sie sich zu Ehren von HansJoachim Boehm und Heinz-Viktor Simon erhoben haben.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 1. Oktober Vorstandswahlen durchgeführt. Dabei wurde der bisherige Vorstand im Amt bestätigt. Stellvertretend für den gesamten Vorstand darf ich Frau Gebel und Frau Kapek zur Wiederwahl gratulieren.

[Allgemeiner Beifall]

Herr Abgeordneter Wesener wurde ebenfalls erneut zum Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. Herzlichen Glückwunsch an Sie alle!

[Allgemeiner Beifall]

Frau Bürgermeisterin und Senatorin Ramona Pop darf ich zum heutigen Geburtstag gratulieren. Alles Gute für Sie!

[Allgemeiner Beifall]

Dann habe ich noch Geschäftliches mitzuteilen: Der Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1153 „Olympia-Stelen für alle deutschen Olympiasieger“ wurde in der 31. Sitzung am 27. September 2018 federführend an den Ausschuss für Sport und mitberatend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten sowie an den Hauptausschuss überwiesen. Dieser Antrag wurde von der antragstellenden Fraktion nunmehr zurückgezogen.

Am Montag sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen: − Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Bekämp

fung der organisierten Kriminalität“

− Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Techni

scher und politischer Totalausfall – was macht Grünen-Justizsenator Behrendt bei einem Cyberangriff, Ausbruchsversuchen und Gefangenenrevolten? Stecker ziehen und abtauchen“

− Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema: „Be

kämpfung der organisierten Kriminalität“

− Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum

Thema: „Bekämpfung der organisierten Kriminalität“

− Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: „30 Jahre

Mauerfall – Nie wieder Sozialismus. Auch nicht durch die Hintertür!“

− Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Statt Ent

eignung durch die Hintertür Schulen, Kitas und Wohnungen bauen. Weniger ideologische, mehr praktische Lösungen für die Chancenstadt Berlin!“

Die Fraktionen haben sich auf das Thema der Fraktion der SPD „Bekämpfung der organisierten Kriminalität“ verständigt. Somit werde ich gleich dieses Thema in der Aktuellen Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.

Sodann verweise ich auf die Ihnen vorliegende Dringlichkeitsliste. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die in der Dringlichkeitsliste unter den Ziffern 1 bis 8 verzeichneten Vorgänge als Tagesordnungspunkte 4.1, 4.4, 6 sowie 21 und 22 in der heutigen Sitzung zu behandeln. Ich gehe davon aus, dass diesen zuvor genannten Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Widerspruch höre ich nicht. Damit ist die dringliche Behandlung dieser Vorgänge so beschlossen.

Zu dem auf der Dringlichkeitsliste verzeichneten Vorgang Nr. 9 – Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen – betreffend die Änderung des Berliner Flächennutzungsplans – haben die AfD-Fraktion und die Fraktion der FDP der Dringlichkeit widersprochen. Nach § 59 der Geschäftsordnung kann einmal für und einmal gegen die Dringlichkeit gesprochen werden. Für die Dringlichkeit spricht Frau Abgeordnete Gennburg von der Fraktion Die Linke. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Guten Morgen, liebe Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen heute die Änderung des Flächennutzungsplans für eine große grüne Fläche im schönen Charlottenburg beschließen. Wir haben das gestern im Ausschuss für Stadtentwicklung als dringlich beschlossen.

Der Bezirk hat hier sein Vorkaufsrecht ausgeübt, und wir als Land müssen den Flächennutzungsplan ändern, damit der Bezirk seinen Bebauungsplan für diese Grünfläche festsetzen kann. Die Dringlichkeit bezieht sich also auch darauf, dass es um laufende Auseinandersetzungen geht und die Rechtsposition des Landes Berlin hier gestärkt werden soll. Wir bitten deswegen um Zustimmung.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Gegen die Dringlichkeit spricht Herr Abgeordneter Förster von der Fraktion der FDP. – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit drei Punkten gegen die Dringlichkeit sprechen. Erstens: Die Vorlage stammt aus dem Mai 2019. Die Koalition hat es auch nicht für nötig gehalten, sie früher im Ausschuss aufzurufen. Es hat also über fünf Monate lang keine Dringlichkeit zur Behandlung bestanden, zumal diese angesprochenen Verfahren mit den privaten Eigentümern da auch schon bestanden haben. Die Zeitschiene kann es also an der Stelle nicht gewesen sein.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Zweitens: Wir haben gestern in der Debatte herausarbeiten können, dass der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf momentan in intensiven Gesprächen mit zwei Wohnungsbaugenossenschaften ist, die dort über 1 000 genossenschaftliche Wohnungen errichten wollen. Wenn es da zu einem positiven Ergebnis kommen sollte und sich der Bezirk darauf verständigt, könnte dies Einfluss auf die FNP-Änderung haben, die dann möglicherweise hinfällig wäre. Insofern sollte man das Ergebnis der Gespräche abwarten und nicht etwas vorwegnehmen, was noch gar nicht zu entscheiden ist.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Drittens: Wir haben große Bedenken, ob der Beschluss im Ausschuss gestern, was die Dringlichkeit betrifft, formal korrekt gefasst worden ist. Der Tagesordnungspunkt war längst abgeschlossen. Unter dem Punkt Verschiedenes rief Senatorin Lompscher in die Runde, man könne doch noch die Dringlichkeit beschließen. Frau Lompscher ist kein Ausschussmitglied. Dann wurde unter

(Präsident Ralf Wieland)

dem Punkt Verschiedenes, ohne den Tagesordnungspunkt formal noch einmal zu öffnen, über die Dringlichkeit abgestimmt. Wenn wir künftig so mit unserer Geschäftsordnung verfahren und bei Verschiedenes immer noch einmal das aufrufen, was vorher vielleicht nicht im Sinne der eigenen Mehrheit gelöst wurde, können wir unsere Sitzungen eigentlich vergessen. Auch das ist ein starkes Argument gegen die Dringlichkeit. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Vielen Dank! – Ich lasse nun über die Dringlichkeit abstimmen. Wer der dringlichen Behandlung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 30. Oktober 2019 Drucksache 18/2278 zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1948 – Änderung des Berliner Flächennutzungsplans – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind die Oppositionsfraktionen und alle drei fraktionslosen Mitglieder. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit. Damit ist die Dringlichkeit zugebilligt worden, und ich werde den Vorgang als Tagesordnungspunkt 22 A aufrufen.

Zu der Tagesordnung darf ich des Weiteren darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen einvernehmlich darauf verständigt haben, den Tagesordnungspunkt 10 – die Wahl von Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes – vorzuziehen. Dieser Tagesordnungspunkt soll unmittelbar im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 2 – Fragestunde – aufgerufen werden. Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so. – Die Tagesordnung ist damit so beschlossen.

Schließlich weise ich auf die Ihnen vorliegende Konsensliste hin – und stelle fest, dass dazu kein Widerspruch erfolgt. Die Konsensliste ist somit angenommen.