Uwe Höhn

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Frau Lieberknecht, zunächst möchte ich Ihnen auch danken. Ich möchte Ihnen danken für Ihren Mut, Ihren persönlichen Mut, eine Regierungserklärung zum Thema Verwaltungsreform heute hier dem Parlament zu präsentieren.
„Verwaltungsreform 2020“, so der Titel, das klingt voluminös,
das klingt seriös, vielleicht auch für manchen nach dem großen Wurf. Sie haben formuliert in Ihren Ausführungen: Es ist kein Reförmchen, es ist keine große Reform, es wäre die richtige Reform für Thüringen. Wissen Sie, woran mich das erinnert? Das erinnert mich an die Zwerge, die in der tiefstehenden Sonne stehen und sich recken,
die werfen für den Moment auch ziemlich lange Schatten. Das Problem ist nur, wenn die Sonne tief steht, geht sie bald unter und dann ist es vorbei mit der Pracht der Zwerge. Ganz offen gestanden, liebe Frau Lieberknecht, so ähnlich sehe ich, so ähnlich sehen wir als SPD-Fraktion die Wirkungen dieser Reform.
Das, was Sie heute hier präsentieren, meist richtige Schritte - auf die Kritikpunkte komme ich noch zu sprechen -, bringt kurzfristige Effekte, aber der ganzen Reform, meine Damen und Herren, fehlt eines nach unserer Auffassung: eine echte Nachhaltigkeit, weil wichtige Reformschritte nur unzureichend gestaltet sind - Beispiel, Kollege Kuschel hat darauf verwiesen, ich komme auch noch darauf zu sprechen, die Rolle des Landesverwaltungsamtes, also der Mittelbehörde, in dem Konstrukt der Landesverwaltung - und - das ist für uns, glaube ich, der viel wichtigere, der entscheidendere Punkt - weil wichtige Reformschritte ganz und gar fehlen, siehe eine echte Funktional- und Gebietsreform.
Meine Damen und Herren, liebe Frau Ministerpräsidentin, wenn ich vorhin Ihren persönlichen Mut gelobt habe - das meine ich im Übrigen wirklich ehrlich -, diese Regierungserklärung heute hier zu halten trotz, wie soll ich sagen, offenkundiger Unzulänglichkeiten, so beklage ich doch in aller Deutlichkeit Ihren fehlenden politischen Mut, eine Reform aus einem Guss auf Nachhaltigkeit für die nächsten zwei bis drei Generationen ausgelegt hier vorzulegen.
Es ist - anders kann ich es nicht formulieren - der kleinste gemeinsame Nenner innerhalb der Landesregierung. Nur deshalb, meine Damen und Herren, weil wir als SPD der Auffassung sind,
auch diese kleinen Schritte sind notwendig, nur deshalb gibt es unsere Zustimmung
zu dem jetzt vorgelegten Konzept. Wir stimmen zu,
Herr Kollege Adams, mit dem klaren Verweis auf a) Unzulänglichkeiten und b) auf das, was wir uns in der Zukunft weiterhin vorstellen.
Ansonsten rate ich Ihnen, Ihre Aufgeregtheiten am besten hier am Rednerpult zu dokumentieren.
Das müssen Sie unter sich klären, dafür kann ich ja nun auch nichts.
Übrigens, ich komme zurück, Nachhaltigkeit: Ich habe fehlende Nachhaltigkeit beklagt. Im Übrigen, diese Nachhaltigkeit wäre ganz im Geiste der Kommission, Frau Lieberknecht, die Sie ins Leben gerufen haben, die im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, die in der Presse - ob man nun will oder nicht - Ihren Namen getragen hat, die mit Experten außerordentlichen Rufes gespickt war und die sich nach unserer Auffassung um die Zukunft Thüringens verdient gemacht hat, meine Damen und Herren. Ich danke Herrn Riotte, Ihnen und Ihren Mitstreitern für die geleistete Arbeit. Wenigstens von der SPD-Fraktion sollen Sie diesen Dank an dieser Stelle und diese Anerkennung bekommen. Ich finde, Sie haben es verdient.
Aber was ist denn nun aus diesem - wie ich sagte im Koalitionsvertrag vereinbarten Gutachten geworden? Nicht nur bleiben die meisten Vorschläge und Empfehlungen unberücksichtigt. Nein - und das ist etwas, was ich besonders bedauere und besonders kritisiere -, die Kommission musste sich zum Teil auch noch persönliche Schmähungen gefallen lassen von Leuten, denen ihre eigene politische Opportunität über das Wohl des Landes geht. Das, meine Damen und Herren, fand ich dann doch ziemlich unwürdig und auch beschämend.
Bei allem Respekt, meine Damen und Herren, an alle Ressorts dieser Landesregierung, für die hier in diesem Konzept dokumentierten Anstrengungen, die ich und meine Kolleginnen und Kollegen sehr wohl einzuschätzen und zu würdigen wissen, wir als SPD-Fraktion beklagen das Ausbleiben einer echten Strukturreform unter Einbeziehung der kommunalen Ebene. Damit bürden Sie, Frau Ministerpräsidentin, und Ihre CDU dem Land eine Last auf, an der wir noch lange zu tragen haben werden.
Sie wollen uns ernsthaft erzählen - ich habe das ja Ihren Ausführungen entnommen -, dass mit der vorgelegten Reform bis 2020 - das ist ja nun so lange auch nicht mehr hin - ca. 340 Mio. € eingespart werden können.
Okay, diese Zahl ist belegt, sagen Sie, das nehme ich zur Kenntnis und die nehme ich als Basis. Sie erklären sogar, darüber hinaus könnten bis zu 600 Mio. € offenkundig auf der Grundlage dieses jetzt vorliegenden Konzepts eingespart werden. Auf der einen Seite sollen die Straffungen und, wie ich sage, marginalen Straffungen innerhalb der Landesverwaltung ein solches Volumen erbringen und auf der anderen Seite erklären Sie uns mit blumigen Worten, dass Straffungen und Zusammenlegungen von kommunalen Verwaltungen überhaupt keine Effekte haben sollen.
Meine Damen und Herren, das folgt nach meiner Auffassung nicht den Gesetzen der Logik, sondern vielleicht eher dem Prinzip der Opportunität von nicht getroffenen Entscheidungen.
Mit diesen Zahlen liefern Sie eigentlich die Begründung für eine echte Funktional- und Gebietsreform gleich selbst mit. Also kurzum, es bleibt widersprüchlich.
Nun möchte ich darauf eingehen - auch das darf an dieser Stelle gestattet sein -, was gut ist an dieser Reform. Zunächst der Grundgedanke - das haben Sie so formuliert -, Abschied von der Kleinteiligkeit. Okay, unterschreiben wir sofort, aber eben auch mit allen Konsequenzen. Ich kann mich erinnern, Frau Lieberknecht, Sie haben mal auf irgendeiner Veranstaltung in den letzten Jahren - ich weiß nicht mehr genau, wann es war, ich glaube im letzten Jahr gesagt, Thüringen sei ein Land der gelebten Kleinteiligkeit. Ja was denn nun, Kleinteiligkeit dort, wo es Ihnen politisch passt, oder Kleinteiligkeit in
Punkten, wo die CDU der Meinung ist, dass … Was war das jetzt?
Das steht dir doch gar nicht zu. Das kann nur die Präsidentin.
Okay, kommen wir zurück zu den guten Aspekten dieser Reform. Herr Kollege Fiedler, jetzt können Sie genau zuhören. Es ist richtig, im Bereich des Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz - langer Name - verschiedene, oftmals kleinteilig organisierte Landesbehörden, wie etwa die Landwirtschaftsämter, mit den Ämtern Flurneuordnung und Landentwicklung zu einem Landesamt für ländlichen Raum und Landwirtschaft zusammenzulegen. Das sage ich ganz deutlich. Ebenso richtig ist die Errichtung des Landesamts für Umwelt, Wasserwirtschaft und Bergbau, das die Aufgaben von Umwelt und Geologie und des Landesbergamtes mit verschiedenen Außenstellen übernehmen soll. Wir halten aber auch - das sage ich mit aller Deutlichkeit, wir haben das dem Konzept entnommen - für grundsätzlich falsch die vorgesehene Eingliederung des Nationalparks Hainich in die Anstalt öffentlichen Rechts ThüringenForst,
die ja erst mit Wirkung vom 1. Januar 2012 errichtet wurde und eben ganz bewusst nicht die Naturlandschaften mit beinhaltet. Wir befürchten, dass im Falle einer Eingliederung sowohl einerseits die notwendige Flexibilität als auch die finanziellen Mittel für eine bedarfsgerechte Entwicklung des Nationalparks Hainich fehlen würden. Wenn es darum geht, Herr Kollege Reinholz, für die Forstanstalt finanzielle Mittel zu generieren - wir haben Ihnen einen anderen Vorschlag unterbreitet. Das Thema „Wind im Wald“ wäre auch für die Forstanstalt ein Thema,
womit man die finanzielle Situation durchaus auf der Einnahmenseite verbessern könnte.
Kommen wir zum Finanzministerium, Herr Kollege Voß. Sie möchten die Überführung des Landesbetriebs Thüringer Liegenschaftsmanagement in das neue Landesamt für Infrastruktur und Geoinformation vornehmen. Das befürworten wir und ich kann Sie da nur ermuntern, dass die erhofften Synergieeffekte auch tatsächlich eintreten. Wir halten auch die weitere Profilierung des Landesrechenzentrums als wirklich zentraler IT-Dienstleister für notwendig. Allerdings erwarte ich mir von dieser Behörde aufgrund auch eigener Erfahrungen als Fraktion durchaus mehr Flexibilität und schnelleres Hinwirken auf zeitgemäße technische Lösungen,
ich will es mal ganz vorsichtig formulieren. Natürlich begrüßen wir und vor allen Dingen alle Abgeordneten, die dem Raum Gotha in besonderer Weise verbunden sind, die Stärkung des Bildungszentrums in Gotha.
Das wundert mich im Übrigen nicht, denn das hatten wir ja nun wirklich auch schon im Koalitionsvertrag so vereinbart. Weshalb jedoch die Ausbildung des mittleren technischen Dienstes in Gotha erfolgt, die für den gehobenen Dienst nach Nordhausen verlagert werden soll, da müssen wir wirklich noch einmal reden. Das erschließt sich uns jedenfalls nicht sofort.
Die vorgesehenen Behördenstraffungen im Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr tragen wir mit. Auch wenn wir wissen, dass das, was da entsteht, zu einem enormen Umfang, als Behörde jetzt gesehen, führt, sagen wir dennoch, das sind Dinge, die am Ende unsere Zustimmung finden. Insgesamt führt die stärkere Bündelung von Aufgaben und Zuständigkeiten im nachgeordneten Bereich der Ministerien zu einem durchaus gewollten Zusammenbringen von Rechtsund Fachaufsicht und damit eigentlich auch zu einer Reduzierung des Landesverwaltungsamtes. Da bin ich an einem Punkt, das habe ich vorhin schon erwähnt, da macht sich die Unzufriedenheit natürlich ganz besonders bemerkbar. Ich will mal auf den Bericht der Expertenkommission an dieser Stelle zurückkommen. Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, war der Grundgedanke der Expertenkommission im Bereich der Landesverwaltung das sogenannte 5-Säulen-Modell, also fünf große Landesbehörden inklusive Landesverwaltungsamt zur Aufgabenerfüllung insgesamt. Auch wenn das den ursprünglichen sozialdemokratischen Forderungen und Ideen einer Zweistufigkeit der Landesverwaltung nicht wirklich entspricht - das muss man so deutlich sagen -, wären wir als SPD
durchaus bereit, ernsthaft über dieses 5-SäulenModell nachzudenken, ob es nicht tatsächlich die Zukunft der Landesverwaltung darstellt. Was passiert? Anstelle einer Verschlankung soll das Landesverwaltungsamt jetzt noch mit zusätzlichen Aufgaben belegt werden,
die dazu führen, dass das Landesverwaltungsamt nicht kleiner, sondern größer wird, meine Damen und Herren. Da sage ich, bevor das passiert, bleiben wir bei unserer alten Forderung, eine grundsätzliche zweistufige Landesverwaltung ist das, was wir uns vorstellen für die Zukunft der Landesverwaltung.
Nun möchte ich auf einen Vorwurf eingehen, den die Kollegen der FDP-Fraktion der Landesregierung machen. In einer Pressemitteilung, noch gar nicht so lange her, vom 8. November führt der Abgeordnete Berger auf
- Bergner, Entschuldigung, ja, so viel Zeit muss sein, richtig -: „Auffällig ist, dass die Anstrengungen in den SPD-geführten Ressorts noch überschaubarer wirken.“ Mein Gott, mal abgesehen davon, dass Ihre Fraktion durchaus überschaubar und in Berlin gar nicht mehr vorhanden ist, will ich sie mal darauf verweisen,
dass das daran liegt, dass die SPD-geführten Häuser ihre Hausaufgaben bereits vor diesem Konzept gemacht haben, meine Damen und Herren.
Insofern finde ich den Vorwurf, den Herr Kollege Gumprecht hier gemacht hat, geradezu absurd, dem Bildungsminister vorzuwerfen, er verhindere eine Reform der Schulämter. Die Schulämter sind reformiert worden, im Übrigen gegen den Widerstand der Kollegen der CDU,
die eine noch größere Struktur haben wollten, ist das auf fünf reduziert worden. Jetzt der Vorschlag, im Landesverwaltungsamt eine Bündelungsbehörde für alle Schulämter zu finden - mein Gott, mit Verlaub, bei allem Respekt vor neuen Ideen, aber das gehört dann doch eher in den Bereich des Absurden.
Die Minister Taubert, Matschie, Poppenhäger und Machnig haben ihre nachgeordneten Bereiche bereits reformiert und dafür bedurfte es noch nicht einmal einer Regierungskommission, meine Damen und Herren. Beispiele gefällig?
Der Justizminister hat veranlasst, dass die bisherigen sechs Arbeitsgerichtsstandorte zu vier zusammengelegt werden. Die Zusammenlegung der Schulämter habe ich erwähnt und Frau Ministerin Taubert hat mehrere Behörden im Landesamt für Verbraucherschutz gebündelt, in dem auch das bisher zum Wirtschaftsministerium gehörende Landesamt für Mess- und Eichwesen nunmehr aufgeht.
Deshalb - und ich wiederhole es - ist das auch der Grund, weil diese Reformschritte offenkundig aus voluminösen Gründen in dieser Reform mit subsumiert sind, das ist auch ein Grund, warum die SPDgeführten Ministerien bzw. ihre Minister sich dieser Reform jetzt nicht in den Weg stellen. Wir halten die Straffung von Behörden für notwendig, auch wenn es, wie gesagt, dazu keiner Kommission, sondern einfach nur einer wirklich vernünftigen Arbeit aller zuständigen Minister bedurft hätte. Am Ende, meine Damen und Herren, lässt sich mit Fug und Recht fragen: Wozu der ganze Aufwand? Wozu eine Expertenkommission, die dem Freistaat
neben einer Verwaltungsreform, die ihren Namen auch verdiente, unmissverständlich auch eine Kreis- und Gebietsreform empfiehlt? Wozu eine Regierungskommission, die fast ein Jahr lang getagt hat, um diese Vorschläge zu bewerten, und ein Konzept zu deren Umsetzung vorgelegt hat, wenn am Ende nur die Zusammenlegung einzelner Behörden herauskommt? Wenn ich nicht genau wüsste, dass in dieser Regierungskommission viel weitergehende Vorschläge eingebracht worden sind durch die SPD-Minister, dann könnte ich ja nun sagen, es wäre ja gar kein Wunder,
wenn ein solches Reförmchen nur dabei herauskäme, aber die Ausgangsposition war eine andere und es ist über die Zeitschiene und über juristische Bedenken und sonstige - am Ende helfen immer bzw. beliebt sind verfassungsrechtliche Bedenken, um Vorschläge einzudampfen und am Ende auch einzustampfen.
Und das Ergebnis liegt hier vor.
Lieber Kollege Mohring, Sie können ja gerne von hier aus, von der Stelle aus Ihre Ideen einbringen. Das, was ich zu diesem Thema zu sagen habe, mache ich jedenfalls mit aller Deutlichkeit von dieser Stelle aus. Und auch die Mitgliedschaft und das Mitwirken in einer regierungstragenden Koalition bedeutet für die SPD nicht, dass wir unser Denken und unser Hirn am Eingangstor der Staatskanzlei abgeben. So viel dazu.
Meine Damen und Herren, kommen wir zur kommunalen Ebene. Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass die Beibehaltung der kleinteiligen Strukturen, da sind wir wieder bei der gelebten Kleinteiligkeit, letztendlich zu Effekten bei den Kommunen führt. Manche sagen, es führt zum Aushungern, manche sagen, es führt zum Ausbluten. Das sind alles martialische Begriffe. Aber seltsam ist tatsächlich, dass diejenigen, die diese Kleinteiligkeit in Strukturen wie eine Monstranz vor sich hertragen, genau diejenigen sind, die die Kommunen aus ihrer prekären Situation dann wieder retten wollen. Oder glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass die Probleme der Kommunen und die Klagen der Landkreise tatsächlich nichts mit den derzeitigen Strukturen zu tun haben?
Dieser von unser beider Fraktionen getragene Kommunale Finanzausgleich, den ich vom Grundsatz her nach wie vor für richtig halte und den ich an allen Stellen auch in den eigenen Reihen vehement verteidige, aber dieser Kommunale Finanzausgleich, wenn er denn diese Wirkungen entfalten soll, die wir uns alle wünschen, der schreit doch geradezu nach Strukturveränderungen auf der kommunalen Ebene. Es funktioniert doch gar nicht anders, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Und zu dem Thema Identität, da habe ich auch so meine ganz eigene Meinung. Ich muss das mal an der Stelle so sagen. Ich gebe ja dem Kollegen Kuschel nicht gerne recht, aber an der Stelle will ich es ausdrücklich tun, weil ich auch jemand bin, der seit 1990 in verschiedenen kommunalpolitischen Verantwortungen Veränderungen, Gebietsveränderungen nicht nur mitgetragen, sondern selber mit gestaltet hat. Die Identität, meine Damen und Herren, macht sich weder am Kreissitz noch am Verwaltungssitz der Gemeinde fest. Die Identität von Menschen mit ihrem Heimatort, mit ihrer Heimat, die begründet sich doch zunächst aus ihrem ganzen sozialen Umfeld. Das fängt bei der Nachbar
schaft an, das geht im Vereinsleben weiter, in der dörflichen Gemeinschaft oder im Stadtteil, wo auch immer, wie die Menschen miteinander kommunizieren, das ist gelebte Identität, meine Damen und Herren, und das geht auch mit veränderten Strukturen nicht verloren.
Im Gegenteil, wir können dafür sorgen, dass diese Identität vor Ort sogar noch gestärkt wird, trotz veränderter und vergrößerter Strukturen, die auf Effizienz ausgelegt sind. Und das ist etwas, das sind Zusammenhänge, die würde ich mir wünschen, dass sich die hier im gesamten Haus im Thüringer Landtag breitmachen, aber das vermisse ich leider nach wie vor.
Meine Damen und Herren, die Expertenkommission hat im Januar 2013 Vorschläge unterbreitet, wie ein zukunftsfähiges Thüringen, das vielfältigen Herausforderungen gerecht wird, aussehen kann. Diese Vorschläge sind es nach wie vor wert, ernsthaft diskutiert zu werden. Wir brauchen angesichts dieser Herausforderungen, die Sie ja richtigerweise beschrieben haben, Frau Ministerpräsidentin, vor denen wir stehen, vor denen Thüringen steht, eine Reform, die wirklich aus einem Guss alle Bereiche des Landes und der Landesverwaltung mit umfasst. Wir brauchen die Neustrukturierung der Landesverwaltung mit einer parallel einhergehenden Gebietsreform. Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern. Wenn das Subsidiaritätsprinzip tatsächlich bei uns wirklich Platz greifen soll, wenn wir der Meinung sind, die Landesverwaltung straffen zu müssen, dann bedeutet doch das, dass die kommunale Ebene dabei eine größere Bedeutung erlangt, dass ein größerer Aufgabenkatalog von der kommunalen Ebene kommt. Da meine ich jetzt Kreis- und Gemeindeebene mal ausnahmsweise in Summe. Dieser vergrößerte Aufgabenkatalog der kommunalen Ebene, dafür müssen die doch strukturell in der Lage sein, diesen qualitativ so zu erfüllen, dass auch die Bürgerinnen und Bürger am Ende zufrieden sind. Da kommt man doch von einer ganz anderen Seite zur Notwendigkeit von umfassenden Reformen. Ich verstehe nicht, dass diese Zusammenhänge so ignoriert werden und dass am Ende das Prinzip der gelebten Kleinteiligkeit das Primat für Thüringen sein soll. Dafür, meine Damen und Herren, fehlt mir wirklich jegliches Verständnis.
Meine Damen und Herren, zum Schluss, ich komme wieder auf den Mut, die von mir beschriebenen Reformschritte brauchen Mut. Sie brauchen persönlichen Mut, aber Sie brauchen vor allem politischen Mut. Wir von der SPD sind dazu bereit. Frau Lieberknecht, ich rufe Sie und Ihre CDU ebenfalls dazu auf. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Was soll ich davon halten, wenn genau eine Woche vor einer entscheidenden Bundestagswahl über eine, für meine Begriffe konstruierte, mediale Kampagne der Versuch unternommen wird, ein exponiertes Mitglied der Sozialdemokraten zu beschädigen, um genau der Partei, der er angehört, politischen Schaden zuzufügen? Was soll ich da
von halten? Was soll ich davon halten, wenn dieser Umstand von einer Fraktion dieses Hauses dafür benutzt wird, um hier im Thüringer Landtag entsprechende politische Folklore zu veranstalten?
Ich sage Ihnen, was ich davon halte, und ich sage Ihnen, wie ich das bezeichne: Es ist ein wirklich unterirdischer, es ist ein schmutziger Wahlkampf, der an dieser Stelle betrieben wird.
Ich bin wirklich der Letzte, dem ein sachlicher, fairer Wahlkampf nicht am Herzen liegen würde und der das nicht auch gerne bestreiten würde. Aber was ich hier erlebe, muss ich ehrlich sagen, das verabscheue ich zutiefst und das verurteile ich. Dieses Vorgehen kann eigentlich so nicht unbeantwortet bleiben.
Eines, meine Damen und Herren, sage ich auch ganz deutlich, weil ich auch schon wieder hier von diesem Pult aus die Versuche vernehme, den sogenannten Fall Zimmermann oder, wie man so schön sagt, die „Causa Zimmermann“ mit den Vorgängen um Matthias Machnig gleichzusetzen: Das ist nicht nur absurd, das ist nicht nur falsch, das ist absurd falsch, meine Damen und Herren.
Matthias Machnig wurde als beamteter Staatssekretär nach einem Regierungswechsel im Bund in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Genau dafür ist dieses Instrument irgendwann einmal in grauer politischer oder parlamentarischer Vorzeit geschaffen worden. Die daraus entstehenden Bezüge, die hat er nicht erfunden, die entstehen automatisch. Und nach dem Gesetz, das Herr Barth vorhin zitiert hat, darf er noch nicht einmal darauf verzichten. Er darf noch nicht einmal darauf verzichten. Das ist die Rechtslage.
Aber sie werden verrechnet, vollkommen richtig. Und die für die Verrechnung zuständige Stelle ist die Bundesfinanzdirektion als Ausführungsorgan
richtig, nein, das ist nicht falsch - als Ausführungsorgan des Bundesfinanzministeriums. Sie bedient sich Informationen aus der Landesfinanzdirektion. Dieser Informationsfluss hat stattgefunden, meine Damen und Herren. Wenn ich dann zur Kenntnis nehme, dass genau die die Bezüge berechnende Stelle - für die Berechnung von Bundesversorgungsbezügen, Herr Kollege Ramelow, ist die Bundesfinanzdirektion zuständig.
Es ist richtig, da können Sie mir erzählen, was Sie wollen.
Dann muss ich zur Kenntnis nehmen, dass genau diese Stelle innerhalb kürzester Zeiträume insgesamt dreimal ihre Verrechnungspraxis geändert hat. Was soll ich davon halten, meine sehr verehrten Damen und Herren? Und genau diese Stellen, sowohl Bundesfinanzdirektion als auch die Landesfinanzdirektion, bescheinigen diesem Minister, dass er sich nach Recht und Gesetz verhalten hat. Das nehme ich zur Kenntnis. Ich habe keinen Zweifel daran, auch an seinen Aussagen, dass er genau diesem Anspruch gerecht geworden ist. Und wenn es hier heißt, liebe Kolleginnen und Kollegen, oder wenn der Vorwurf erhoben wird, er hätte möglicherweise seiner Mitwirkungspflicht nicht Genüge getan, sage ich Ihnen auch ganz deutlich hier von dieser Stelle aus, es gibt natürlich auch ein Prinzip, das hier überhaupt noch nicht zur Sprache gekommen ist, das ich auch in der öffentlichen medialen Darstellung noch nicht gehört habe. Die Thüringer Behörden, konkret die Thüringer Finanzbehörden, haben nach dem Amtsermittlungsgrundsatz die Pflicht zu hinterfragen und die korrekten Amtsbezüge des Ministers zu berechnen. Dafür sind diese Behörden zuständig, es ist ihre Pflicht. Und genau diese Behörden, ich wiederhole mich an der Stelle gerne, haben die Korrektheit der Berechnungen bestätigt. Es ist ja nun nicht so, dass nicht bekannt war, dass Matthias Machnig, ich glaube, sogar zweimal insgesamt in seiner politischen Laufbahn, Staatssekretär gewesen ist.
Das sind Dinge, da muss ich mich schon fragen, welchem Zwecke das Ganze dient, aber da komme ich dann wieder auf meine Eingangssätze zu sprechen. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, er wird alle notwendigen Zahlen offenlegen, definitiv. Es müssen auch alle Vorwürfe geprüft werden, vollkommen klar. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das gestehen wir allen zu, die mit Vorwürfen, welcher auch immer gearteten Schärfe und Tiefe konfrontiert sind. Das gestehen wir allen zu, ob die Machnig heißen oder Lieberknecht oder sonst wie. Wir gestehen ihnen zu, dass Sie diese Vorwürfe prüfen dürfen und dass Sie am Ende dann auch entsprechende Informationen dem Parlament hier vorlegen.
An dieser Stelle gilt gleiches Recht für alle. Das fordere ich hiermit ein. Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege. Ich versuche jetzt einen Sachverhalt in eine Frage zu packen, ich hoffe, es gelingt. Würden Sie mir zustimmen, dass der Ablehnungsgrund des konkreten Falles, den Sie eben geschildert haben, in der Stadt Bad Berka nicht per se erfolgte, weil der Antrag auf die Errichtung eines Friedwaldes gestellt war, sondern die Ablehnung erfolgte, weil ein privater Träger diesen beantragt
hatte und keine Kommune? Würden Sie mir an dieser Stelle zustimmen?
Es ist aber so gewesen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingen liebe Gäste auf der Zuschauertribüne, zunächst einmal einen ganz herzlichen Dank an unsere Ministerpräsidentin für die Regierungserklärung, die sie heute hier gegeben hat. Der Anlass ist ein wenig erfreulicher, das ist völlig klar. Aber ich glaube, auch mit dieser Regierungserklärung hat Thüringen unter Beweis gestellt, mit welcher Ernsthaftigkeit wir auf solche Probleme reagieren können und mit welcher Ernsthaftigkeit auch wir die Zukunft in dieser Weise gestalten wollen.
Meine Damen und Herren, es ist natürlich jetzt an dieser Stelle schon viel gesagt worden von allen meinen Vorrednern. Ich habe an dieser Stelle überhaupt nichts Falsches, überhaupt nichts gehört, was ich hier zu kritisieren hätte.
Was ich aber wiederholen will, ganz ausdrücklich wiederholen will, ist der Dank an all die vielen eh
renamtlichen Helferinnen und Helfer, die dafür bereit gestanden haben, ihre Kraft, ihren Mut, kann man sagen, in die Waagschale zu werfen, um dieser Katastrophe Herr zu werden, also all denjenigen - von den Feuerwehren, vom Technischen Hilfswerk, von den Rettungsdiensten, von Polizei, aber auch von Bundeswehr - unser ganz, ganz herzlicher und aufrichtiger Dank für das Geleistete.
Wir können feststellen, meine Damen und Herren, in den vergangenen Tagen und Wochen war von der manchmal beschriebenen sogenannten Ellenbogengesellschaft nicht viel zu spüren, eigentlich gar nichts zu spüren. Immer dann - das hat das Hochwasser gezeigt -, wenn es darauf ankommt, stehen unsere Menschen zusammen, unabhängig von Herkunft, unabhängig von welcher Betroffenheit sie an dieser Stelle sind. Wir können sagen, die Hilfsbereitschaft nicht nur der Thüringerinnen und Thüringer, die ich da an dieser Stelle natürlich auch besonders herausstreichen will, aber auch einander wildfremder Menschen in all unseren Bundesländern, aber auch unseren benachbarten Staaten, die auch von dem Hochwasser betroffen waren, hat gezeigt, dass es hier eine Gesellschaft von Mitmenschlichkeit und Solidarität gibt, und das ist ein sehr gutes Zeichen.
Ich möchte diesen Dank durchaus auch auf diejenigen erweitern, die in den Verwaltungen, auf Kommunal- und Landesebene wirklich an dieser Stelle oder bei dieser Katastrophe unbürokratische Hilfe unbürokratisch an dieser Stelle, das verbietet sich eigentlich -, wirklich Hilfe geleistet haben. Eine Gruppe von Menschen möchte ich noch mal - diese habe ich, glaube ich, heute noch nicht gehört - ganz besonders herausstreichen. Da ist es wirklich egal, ob ein Vertreter einer kreisfreien Stadt oder vom kleinsten Dorf, unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben, glaube ich, im Verlaufe dieser Katastrophe gezeigt, dass sie in der Lage sind, gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern solche schweren Zeiten zu bewältigen. Auch ihnen unser ganz herzlicher Dank für das Geleistete.
Die Landesregierung in Thüringen hat bewiesen, dass sie in der Tat stets Handlungsfähigkeit an den Tag gelegt hat. Wir haben schnell reagiert. Sie, Frau Ministerpräsidentin, haben ein - ja, ich will sagen - durchaus koordiniertes Vorgehen der Landesregierung sichergestellt. Es hat mehrere Sondersitzungen gegeben, teilweise unter etwas abenteuerlichen Umständen, aber das zeigt, dass man auch in der Lage war, diese Dinge auf Regierungsseite zu bewältigen. Dafür auch ein ganz herzlicher Dank und meine ausdrückliche Anerkennung dafür, denn ich weiß natürlich auch, wie schwierig die ganzen
Abläufe sind. Wir haben ja dann im Nachgang gesehen, dass es im Detail bei der Ausgestaltung der einen oder anderen Verwaltungsvorschrift dann doch begann, kleine Haken einzubauen. Aber auch das ist bewältigt worden. Ich denke, mit dieser schnellen Hilfe haben wir gezeigt, dass wir nah bei den Menschen stehen.
Ich will an dieser Stelle nicht unbedingt ein Ministerium besonders hervorheben, aber wenn ich sehe, wie im Bereich des Umweltministeriums für die Landwirtschaft gesorgt worden ist, also für schnelle Hilfe für die Ertragsausfälle, wie im Bereich Kultus für die durchaus beachtenswerten Schäden in Kultureinrichtungen, aber auch im Bereich des Wirtschaftsministeriums die wirklich sehr schnelle und unbürokratische Soforthilfe für Unternehmen, das zeigt insgesamt, dass unsere Verantwortlichen in Thüringen in der Lage sind, solche schwierigen Aufgaben zu bewältigen.
Unbestritten, meine Damen und Herren, bleibt jedoch, dass wir es nicht nur kurzfristig, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach mittel- und langfristig mit immensen Schäden zu tun haben, die uns durchaus vor große Herausforderungen stellen.
Meine Vorredner haben bereits den Versuch einer ersten Schadensbilanzierung unternommen, die ich an dieser Stelle nun wahrlich nicht zu wiederholen brauche. Deutlich wird allerdings, dass es einer gemeinsamen nationalen und auch europäischen Kraftanstrengung bedarf, um diese Schäden zu beseitigen, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht. Zu dem einen oder anderen Vorschlag, den wir in diesem Zusammenhang, was die Frage finanzieller Schäden betrifft, zur Kenntnis nehmen mussten, schweigt des Sängers Höflichkeit. Also ich glaube nicht, dass man die Verkehrssünderkartei in Flensburg in Form eines Ablasshandels für die Flutschäden gebrauchen kann.
Das gehört eher in die Kategorie Slapstick; auf solche Vorschläge können wir durchaus verzichten.
Es darf aber nicht, meine Damen und Herren, um die bloße Schadensbeseitigung gehen an dieser Stelle. Wir müssen, und das haben alle meine Vorredner insbesondere betont, in Zukunft mehr für die Vorsorge tun. Denn dieses Hochwasser macht deutlich, dass wir es in Zukunft mit Lagen zu tun haben werden, und das ist eine Erkenntnis, die uns nun zum wiederholen Male ereilt und die wir dann am Ende auch wirklich zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir in bestimmten Situationen eben nur unzureichend gewappnet sind gegen - man muss es ja ehrlicherweise ausdrücken - solche Wassermassen, wo man nicht wirklich einen echten Schutz
haben wird, jedenfalls nicht in solchen Dimensionen.
Ich will Ihnen ein Beispiel sagen an dieser Stelle: Ich hatte letzte Woche Gelegenheit, mit meiner Kollegin aus dem sachsen-anhaltinischen Landtag zu sprechen. Die Frau Budde hat mir erklärt, dass in Magdeburg sämtliche Hochwasserschutzeinrichtungen im Bereich des Magdeburger Binnenhafens, der ja, glaube ich, der zweitgrößte in Deutschland ist, wo auch viel investiert worden ist, auf eine Fluthöhe der Elbe von rund 7 Meter ausgelegt werden. Man kann in dieser Gegend mit dem sogenannten Prignitzer Wehr den Wasserspiegel insgesamt um 1 Meter senken, wenn das gezogen wird. Die Wasserhöhe im Magdeburger Hafen lag bei gezogenem Prignitzer Wehr und bei verschiedenen anderen Maßnahmen, die senkend gewirkt haben, lag dennoch bei knapp 7,50 Meter, also eigentlich 8,50 Meter und darüber. Sie haben erklärt, es gibt kaum oder keine technischen Möglichkeiten, solche Wassermassen in diesem Bereich im Zaume zu halten, und das ist eine Erkenntnis auch aus diesem Hochwasser, worauf wir reagieren müssen. Das heißt mit anderen Worten, meine Damen und Herren, der technische Hochwasserschutz hat seine Grenzen und es haben alle meine Vorredner, der Kollege Ramelow in besonders anschaulicher Weise - das ist jetzt keine Kritik - deutlich gemacht, Wasser braucht freie Räume. Dafür müssen wir sorgen in der Zukunft.
Das ist ein Prozess, der uns alles abverlangen wird, auch unangenehme Entscheidungen, völlig klar. An der Stelle will ich das alles noch einmal unterstreichen, was schon gesagt worden ist, aber am Ende heißt die Formel, richtig betriebener Hochwasserschutz ist am Ende billiger als Schadensbeseitigung und auch das
dürfen wir an dieser Stelle nicht verkennen. Ein paar Vorschläge, die wirklich weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Allwissenheit haben sollen, einiges davon ist heute auch schon genannt worden, aber natürlich haben wir uns auch Gedanken gemacht, wie wir solche Situationen in Zukunft besser bewältigen wollen. Ein Vorschlag davon wäre, auch das hat Frau Lieberknecht in ihrer Erklärung aufgegriffen, dass wir in Zukunft dafür sorgen müssen, landwirtschaftliche Flächen - man kann ja durchaus Landwirtschaft auf solchen Polder- oder Überflutungsflächen betreiben - im Hochwasserfall eben auch kontrolliert unter Wasser zu setzen. Unsere Aufgabe ist es dann unter anderem auch, für entsprechende Entschädigungsregularien zu sorgen, weil das lässt sich dann halt nicht vermeiden.
Das ist ein Punkt. Die Frage der Deichzurückverlegung ist ja hier auch schon angesprochen worden. Es ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang auch das Thema - ja, das weiß ich allerdings nicht, ob das jetzt, habe ich nicht in Erinnerung - Enteignungen, die dazu notwendig sein könnten, muss auch dabei aufgegriffen werden, darf allerdings natürlich immer nur die Ultima Ratio an dieser Stelle bleiben, aber auch dieses Instrument müssen wir in Zukunft stärker mit in die Überlegungen einbeziehen.
Und die Fragen der Planungsrechte, da sind wir dabei. Da bin ich Frau Lieberknecht durchaus dankbar, dass sie gesagt hat, Planungsrechtbeschleunigung, wie es der Kollege Mohring angesprochen hat, alles richtig, aber natürlich nicht unter Aushebelung sämtlicher Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten, das ist völlig klar, im Gegenteil, da bin ich sehr nahe bei Ihnen, mit den Bürgern gemeinsam zu überlegen, wie solche Situationen besser bewältigt werden können. Ich glaube das ist die Formel, die wir dann auch zur Anwendung bringen müssen.
Wir haben in Thüringen, das ist ein weiterer Vorschlag, da schaue ich mal in Richtung meines geschätzten Kollegen Kummer, wir diskutieren schon seit einigen Jahren um die sogenannten herrenlosen Speicher in Thüringen. Das ist ein Thema, das vor Ort in den Gemeinden durchaus sehr die Gemüter in Wallung bringt, nämlich in der Weise, dass jetzt - ich habe dafür durchaus Verständnis - mehrere Hundert solcher herrenlosen Speicher vom Land Thüringen nicht einfach so per se erhalten und damit finanziert werden können, das ist völlig klar, aber hier ein genaues Kataster oder genaue Erhebungen darüber zu erstellen, inwieweit ein guter Teil dieser herrenlosen Speicher für Hochwasserprävention benutzt werden kann. Auch das sollten wir in unsere Überlegungen der Zukunft mit einbeziehen.
Meine Damen und Herren, über die Schäden ist schon viel gesagt worden an dieser Stelle und wir erleben jeden Tag die Berichterstattung und die teilweise wirklich herzzerreißenden Schicksale, die die Menschen da erdulden müssen. Im Moment stelle ich mir gerade vor, die Menschen dort in den betroffenen Gebieten fallen ja von einem Extrem ins andere. Nach diesen Wassermassen jetzt diese extreme Hitze. Jeder kann sich vorstellen, wie stehendes Wasser in diesen Gegenden, dass ja nun nicht gleich sofort abfließt, sich auswirkt mit all seinen unangenehmen Nebenwirkungen, sei es Geruch, seien es Insekten oder andere Dinge, auch der schnell trocknende Schmutz, der sich - wie wir nach Aussagen der Betroffenen zur Kenntnis nehmen eher in Richtung Beton gestaltet. Also das sind Dinge, da haben wir schon allen Grund, unsere Solida
rität zum Ausdruck zu bringen. Aber wenn es um die Frage der Betroffenen im Schadensfall geht, will ich auf einen Vorschlag zurückkommen, der hier auch schon gemacht worden ist, und ich will das durchaus noch etwas konkretisieren. Ich bin dem Thüringer Justizminister, Herrn Poppenhäger, sehr dankbar, dass er schon Anfang Juni gemeinsam mit der SPD-Landtagsfraktion die Initiative ergriffen hat, auch länderübergreifend das Thema einer Versicherungspflicht für Elementarschäden aufzugreifen.
Ich will diese Forderung an dieser Stelle erneuern. Es kann doch nicht sein, meine Damen und Herren, dass wir die Leute auffordern, sich ausreichend zu versichern, obwohl sich die Menschen in den Hochwassergebieten oftmals gar nicht versichern können, da es jede Versicherung ablehnt in den Hochrisikogebieten. Es kann doch nicht sein, dass nach jedem Hochwasser unzählige Hausbesitzer in ihrer Existenz bedroht sind. Die Unternehmer nicht zu vergessen an dieser Stelle, die mit ihren Unternehmen betroffen sind. Ebenso wenig darf es sein, meine Damen und Herren, dass nach jedem Hochwasser der Staat und damit der Steuerzahler immense Summen aufwenden muss, um den betroffenen Hausbesitzern und Unternehmern unter die Arme zu greifen. Wofür gibt es denn Versicherungen? Ich stelle einmal an dieser Stelle diese Frage.
Wir stellen uns diese Versicherungspflicht ähnlich wie eine Haftpflichtversicherung vor. Da gibt es erste Gespräche auf Justizministerebene. Um die zusätzlichen Risiken zu finanzieren, könnten die Kosten auf alle Versicherten umgelegt werden. In Staaten wie Spanien, Frankreich und Dänemark wird es genauso praktiziert. Man kann sagen, je gefährdeter die Lage eines Gebäudes, desto höher werden natürlich die Beiträge des Versicherten. Hohe Selbstbehalte würden aber auf der einen Seite dafür sorgen, dass auch eine gewisse Anreizwirkung für die Besitzer - die können wir natürlich nicht vollkommen außen vor lassen - entsteht, durch Prävention Schäden an ihrem Eigentum zu vermeiden. Dadurch könnten natürlich die Beiträge moderat bleiben. Eine Versicherungspflicht würde also in zweifacher Hinsicht zu mehr Sicherheit führen: Zum einen würden in der Bevölkerung Anreize für mehr Schadensvermeidung gesetzt und es würde eine bessere Schadensregulierung ermöglicht. Zu einem ähnlichen Ergebnis, meine Damen und Herren, kommt übrigens auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsförderung, das eine Pflichtversicherung ebenso für notwendig erachtet und am Freitag letzter Woche eine entsprechende ausführliche Studie hierzu präsentiert hat. Diese Versicherungspflicht muss geprüft werden. Wie wir positiv zur Kenntnis genommen haben, hat Herr Minister Poppenhäger
von der Runde der Justizminister der Länder sozusagen den Hut dafür aufbekommen, mit der Versicherungswirtschaft entsprechende Gespräche zu führen. Die Unterstützung dieses Hauses wird er an dieser Stelle haben.
Meine Damen und Herren, Frau Ministerpräsidentin, einige Fragen bleiben letztendlich aber dann doch. Ich will jetzt nicht alles hier aufwerfen, aber einige Fragen bleiben dann doch. Wir sollten zumindest, wenn wir beim Thema schnelle und unbürokratische Hilfe sind - und ich bin da beim Thema Soforthilfe, ich komme dann noch dazu - ein paar Sätze zu der Aufbauhilfe sagen, aber wir sollten schon noch einmal genauer hinschauen, wie diese Verwaltungsvorschriften, die ja in einer durchaus bemerkenswert zeitlich kurzen Spanne erstellt worden sind, wirken und ob sie die Wirkung entfalten, die wir uns alle vorgestellt haben. Zum Beispiel möchte ich hier anführen, ob die Verwaltungsvorschrift für die Soforthilfe bei kommunaler Infrastruktur nun auf das Ende dieses Monats ausgelegt sein muss, das sei einmal dahingestellt, jedenfalls war das bis dato meine Information.
Darüber muss man reden. Aufgrund der Umstände und der Vielzahl der Projekte, die dort angegangen werden müssen, glaube ich, sollten wir diese Frist durchaus noch einmal überprüfen. Sie haben in Ihrer Regierungserklärung ausgeführt, dass Investitionen des Freistaats in den letzten Jahren seit 2002, wenn ich es richtig verstanden habe, in Höhe von etwas mehr als 80 Mio. €, 81 Mio. € vorgenommen worden sind. Das klingt zunächst viel, ist aber auch, muss man sagen, relativ; wenn man es auf Jahresscheiben herunterbricht, sind das im Durchschnitt der Jahre 7,3 Mio. €. Wir haben festgestellt, dass selbst die Haushaltsansätze in den Jahren auch in diesem Doppelhaushalt durchaus höher sind. Wir müssten mal ergründen, warum nicht alles, was im Bereich Hochwasserschutz zur Verfügung stand, dorthin geflossen ist, wo es hinfließen sollte, im wahrsten Sinne des Wortes in diesem Falle sogar. Also ich denke, auch da müssen wir mit dem Kollegen Reinholz noch mal in den Dialog treten, inwieweit wir dann bei der neuen Periode der Hochwasserschutzmaßnahmen ab 2015 dafür sorgen, dass da die Geldflüsse etwas stetiger zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, eine gewisse Erleichterung haben wir und das ist ja nun ganz aktuell, auch der gestrigen Nachrichtenlage entnommen, also ich meine jetzt nicht den Besuch des amerikanischen Präsidenten in Deutschland, in Berlin, son
dern die Erleichterung darüber, dass es nun wirklich eine gute Lösung gibt bei der Frage des Wiederaufbaufonds für diese Flutschäden gemeinsam mit Bund und Ländern. Der Bund hat dort, glaube ich, das ihm Mögliche getan und mittlerweile sogar mehr als die Hälfte des in Rede stehenden Fonds von 8 Mrd. € letztendlich übernommen und die Rückzahlungsmodalitäten für die Länder sind so gestaltet, dass es unsere Länderhaushalte nicht überfordert. Ich mahne an dieser Stelle aber dennoch an, bei der ganzen Frage der Finanzierung und der ganzen Frage der Sofortmaßnahmen den Landtag bei haushalterischen Entscheidungen durchaus mit einzubeziehen.
Ich glaube, das hilft an dieser Stelle auch, damit am Ende, wenn in einigen Jahren Prüfungen erfolgen, auch mehr Rechtssicherheit für die Verausgabung dieser Mittel dann zur Verfügung steht.
Ich will an dieser Stelle zu dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen, dessen Zustandekommen ich ausdrücklich lobe und wofür ich mich ausdrücklich bedanke bei allen Kolleginnen und Kollegen, die daran mitgewirkt haben, jetzt keine Details mehr sagen, das wird mein Kollege Frank Weber übernehmen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Dinge sagen. Wir haben zur Kenntnis nehmen dürfen, meine Damen und Herren, über Jahrhunderte haben sich die Flüsse ihren Weg gesucht, egal ob das Wasser hoch stand, egal ob das Wasser niedrig stand. Wir Menschen oder der Mensch war es im übertragenen Sinne, der der Natur immer mehr Raum abgetrotzt hat, Flussläufe begradigte, einengte und besiedelte. Ob das alles in der Weise, wie es eigentlich notwendig wäre, wieder rückgängig zu machen ist, das sei mal dahingestellt, das wird schwierig, darüber haben wir geredet. Ich glaube, es ist ein Irrglaube zu denken, man könnte die Natur mit Deichen und Flutmauern vollumfänglich kontrollieren.
Die Naturgewalt Wasser sucht sich ihren Weg, das ist ganz klar, und sie hat uns gezeigt, wir können sie nicht wirklich beherrschen. Allerdings darf das nicht unser Anspruch sein, uns damit abzufinden, meine Damen und Herren, vielmehr müssen wir dafür sorgen, wenn möglich, so gut es geht, unsere Menschen vor der Flut zu schützen und für die schnelle Hilfe für die Betroffenen Sorge zu tragen. Wir haben dabei noch viel zu tun. An die Arbeit! Vielen Dank.
Herr Staatssekretär, wenn ich richtig informiert bin, dann ist dem Landrat des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt zunächst erst mal ein rechtswirksamer Bescheid über die Untersagung der Nebentätigkeit zugestellt worden. Warum wurde dieser nicht vollzogen?
Zukunft des Stausees Haina
Das Freie Wort Hildburghausen berichtete am 13. Juni 2013 über die offene Zukunft des Stausees Haina.
Ich frage die Landesregierung:
1. Woraus ergibt sich die Notwendigkeit der Sedimententsorgung?
2. Wie wird die erhebliche Differenz bei den Kosten der Sedimententsorgung zwischen Vollschlitzung und Erhalt der Staumauer begründet?
3. Welche Variante bevorzugt die Landesregierung und warum?
4. Kann der Erhalt der Talsperre vom Land gesondert unterstützt werden wegen ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung, zum Beispiel für den Schwarzstorch, nachdem bereits in der Nähe der Stausee Roth geschlitzt werden soll?
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Antworten. Ich habe eine Frage, die sich eher der kommunalrechtlichen Seite widmet, wobei ich natürlich weiß, dass das nicht in Ihrer unmittelbaren Zuständigkeit liegt, aber dennoch die Frage, inwieweit eine privatwirtschaftlich organisierte Genossenschaft überhaupt kommunalrechtlich in der Lage wäre bzw. ermächtigt wäre, eine Pflichtaufgabe einer Kommune in Form von Abwasserbeseitigung zu erfüllen?
Zur Geschäftsordnung, Frau Präsidentin. Ich darf feststellen, dass Sie den Tagesordnungspunkt 18 bereits offiziell eröffnet hatten, und eine Veränderung der Tagesordnung während des laufenden Tagesordnungspunkts ist meiner Ansicht nach nicht zulässig und deshalb ist diese Abstimmung obsolet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal möchte ich an dieser Stelle meine Kollegin Birgit Pelke entschuldigen. Normalerweise würde es ihr gebühren, als Mitglied des Untersuchungsausschusses hier die Rede für meine Fraktion zu halten. Aber sie musste sich in zahnärztliche Behandlung begeben und das ist für das Vorhaben nicht so gut geeignet. Deswegen übernehme ich das. Ich bin offen gestanden aber auch nicht unglücklich darüber, dass ich das tun darf.
Es ist nämlich auf den Tag genau neun Monate her, am 21. Juni 2012 haben wir hier im Thüringer Landtag debattiert im Anschluss an eine Regierungserklärung zum sogenannten ersten Schäfer-Bericht. Es hat damals ein paar Wallungen gegeben im Nachgang dieser Diskussion.
Herr Innenminister, ich kann versprechen, wir brauchen heute keinen Koalitionsausschuss, dessen bin ich mir sicher. Aber ich sehe mich dennoch veranlasst, auf diese Diskussion von damals durchaus zu reflektieren. Wenn ich mir Teile dessen, was ich persönlich damals gesagt habe, zur Hand nehme, und das mit dem vergleiche, was nunmehr als Tatsachen vom Untersuchungsausschuss als festgestellt gilt, dann muss ich sagen, erscheinen durchaus relevante Parallelen.
Ein paar Beispiele dessen: Ich habe damals gesprochen von einer festzustellenden Verharmlosung bzw. man kann auch sagen, von manchen Behörden oder auch im politischen Raum zumindest vom Versuchen des Totschweigens des Rechtsextremismus in den 90er-Jahren. Genau das, und das haben meine Vorredner allesamt auch genauso wiedergegeben, aus ihren Erfahrungen aus dem Untersuchungsausschuss gilt nunmehr als Tatsache festgestellt.
Nächstes Beispiel: Damals habe ich gesagt, es muss festgestellt werden, inwieweit die V-Mann-Tätigkeit bestimmter Rechtsextremer und deren Bezahlung durch den Staat dazu geführt haben, dieses Strukturen zu verfestigen oder gar erst zu ermöglichen. Auch das gilt nunmehr als Tatsache aufgrund des Untersuchungsausschussberichtes, des Zwischenberichts als festgestellt.
Und wenn wir davon ausgehen, das wurde von allen Rednern ebenfalls dokumentiert, dass es keinen ausreichenden, das ist gelinde gesagt, harmlos formuliert, Informationsaustausch zwischen den
einzelnen Sicherheitsbehörden gegeben hat, dann muss ich sagen, auch das hat sich mittlerweile als Tatsache verfestigt, genauso wie die zum Teil nicht nachvollziehbaren Einstellungen von Verfahren im Bereich der Staatsanwaltschaften. Seit diesem Tag, seit dem damaligen 21.09. hat sich die Informationspolitik durchaus verändert. Ich will es mal wettermäßig beschreiben. Es gab durchaus ein Zwischenhoch in Bezug auf die Bereitschaft, Informationen umfänglich und vor allen Dingen auch rechtzeitig an den Untersuchungsausschuss zu liefern. Aber aus diesem Zwischenhoch ist mittlerweile wieder ein Zwischentief entstanden. Das Ganze hat sich, das wurde eben auch hier dargelegt, auch in den Vorgängen des gestrigen Untersuchungsausschusses noch mal dokumentiert. Ich kann nur sagen, ich appelliere noch einmal an die Verantwortung aller, die mit diesen Vorgängen zu tun haben, vor allen Dingen im Thüringer Innenministerium, dieser Praxis nicht Vorschub zu leisten und dem Ausschuss alles, aber auch alles zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, in neun Monaten entsteht etwas Großes, in der Regel jedenfalls. Auch dieser Bericht ist groß. Er ist nicht nur vom Umfang her groß, sondern auch von seiner inhaltlichen Tiefe. Wie aufmerksam das Ganze auch bundesweit reflektiert worden ist, will ich an einem Beispiel belegen, aber nicht, bevor ich an dieser Stelle noch einmal allen Ausschussmitgliedern, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich für die geleistete Arbeit danke sowohl hier im Thüringer Landtag seitens der Abgeordneten, seitens der Landtagsverwaltung, aber auch in den Ministerien.
Die Wertschätzung, die dieser Bericht erfahren hat, ist eine für Untersuchungsausschüsse auf Landesebene durchaus bemerkenswerte. Ich möchte dem Hohen Haus hier ein Zitat nahebringen, das ich in einer großen deutschen Tageszeitung am 12. März gefunden habe, ich zitiere: „Die Geschichte der Bundesrepublik ist mit parlamentarischen Untersuchungsausschüssen gepflastert. Entsprechend groß ist die Zahl der oft ziegelsteindicken Berichte, in denen die Ergebnisse der Arbeit dieser Ausschüsse dargestellt werden. Von hohem Wert ist kaum einer dieser Texte, sie sind dick, aber nicht gewichtig. Oft sind weite Passagen parteipolitisch gefärbt. Das ist bei diesem Bericht ganz anders. Der 554 Seiten starke Zwischenbericht des NSUUntersuchungsausschusses des Thüringer Landtags ist ein beklemmendes, erschütterndes zeitgeschichtliches Dokument. Er stellt das Versagen der Sicherheitsbehörden im Umgang mit den Rechtsextremisten so schonungslos dar, dass man auch dann erschrickt, wenn man schon viel darüber weiß. Die 554 Seiten sind eine Chronik des Systemversagens, ein Schuldbekenntnis. Der Ausschuss beklagt die Rolle des Verfassungsschutzes
als desaströs, er beschreibt die der Polizei als problematisch. Der Bericht zeigt - so bekennt ein Ausschussmitglied -, dass Thüringen die Verantwortung dafür übernehmen muss, dass die NSU-Mitglieder zu Mördern wurden.“ Dieses Zitat stammt aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom Chefkommentator Heribert Prantl. Und allein die Tatsache zeigt, dass wir eine Verantwortung hier im Thüringer Landtag mit diesem Untersuchungsausschuss und seinen Ergebnissen haben. Ich will an dieser Stelle noch einmal appellieren, dass wir das, was bislang an Ergebnissen, an Zwischenergebnissen, auf dem Tisch liegen haben, wirklich auch nur als das bezeichnen, was es ist - ein Zwischenergebnis. Wir sind noch lange nicht so weit, dass wir sagen können, dass wir für alle diese Vorgänge in den 90er-Jahren und danach, die letztendlich zu dieser Mordserie geführt haben, rückhaltlose Aufklärung betrieben hätten. Davon sind wir leider Gottes noch weit entfernt.
Meine Damen und Herren, welche inhaltlichen Konsequenzen ziehen wir bislang oder bis dato aus diesem Zwischenbericht oder welche haben wir zu ziehen? Wir brauchen einen anderen politischen und gesellschaftlichen Umgang mit den Gefahren von Rechts. Dass diese Gefahren nach wie vor relevant sind, zeigen uns die Daten des ThüringenMonitors in jedem Jahr auf sehr beklemmende Weise. Da ist es in einer besonderen Verantwortung für uns Politiker, für den gesamten politischen Raum innerhalb der Zivilgesellschaft, sich mit Fremdenhass und anderen rechtsradikalen Ideologien auseinanderzusetzen, entgegenzustellen und in diesem Kampf dagegen mit gutem Beispiel voranzugehen.
Es gehört auch dazu in dem einen oder anderen politischen Feld, das wir hier zu beackern haben, auch einen Paradigmenwechsel und einen Einstellungswechsel vorzunehmen. Ich muss schon sagen, ich bin sehr enttäuscht, dass nach dem Vorliegen eines entsprechenden Berichts über eine mögliche Ausdehnung oder eine mögliche Aufhebung der Residenzpflicht in Thüringen, der durchaus Hoffnung bei uns zumindest hat aufkeimen lassen, die entsprechende Verordnung durch das Thüringer Innenministerium verändert wird. Diesen Veränderungswillen sehe ich nicht; auch das wäre ein Beitrag für eine neue Willkommenskultur, wenn wir dem entsprechen würden, auch das wäre ein Zeichen.
Ich appelliere an dieser Stelle noch einmal nachdrücklich im Namen meiner Fraktion, an dieser Stelle muss ein Umdenken erfolgen. Wir diskutieren auch, meine Damen und Herren, über Konsequenzen aus diesen ganzen Vorgängen in Bezug auf die sogenannte Sicherheitsarchitektur. Sicherheitsar
chitektur, nur noch mal zum Verständnis, das meint nicht nur den Verfassungsschutz, das meint auch die Thüringer Polizei und das Landeskriminalamt. Diese Behörden im Zusammenspiel stellen die Sicherheitsarchitektur unseres Bundeslandes dar. Dass wir dort Veränderungen brauchen, diese politische Übereinkunft oder diesen politischen Konsens kann ich durchaus bei allen erkennen. Nur, in welcher Form das geschehen soll, darüber gibt es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen. Der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt mit einer Novelle des Verfassungsschutzgesetzes, den Herr Minister Geibert vorgelegt hat, geht durchaus in die richtige Richtung, allerdings nicht in allen Aspekten, jedenfalls nicht nach unserer Auffassung. Ein Beispiel sei da genannt, dass die Frage der Einordnung oder der Integration des Verfassungsschutzes ins Innenministerium von unserer Seite durchaus mit großer Skepsis gesehen wird, vor allen Dingen was auch die Frage der Verantwortungskette, die daraus dann neu entstehen muss, betrifft. Ich bin da sehr nah beim Kollegen Fiedler, auch wenn ich ihn jetzt gerade nicht sehe, der sich in der Weise geäußert hat, dass es durchaus Sinn macht, den Thüringer Verfassungsschutz neu aufzustellen, aufzulösen, neu aufzustellen, auch personell. Ich sage, insbesondere auch personell neu aufzustellen, das wäre in der Tat ein wahrer Neuanfang, der mit den alten Zöpfen wirklich abschließen würde.
Die Frage des Umgangs mit V-Leuten spielt eine große Rolle, das ist eine weitere Konsequenz, die wir aus den uns mittlerweile bekannten Vorgängen zu ziehen haben. Ich bin nicht per se gegen V-Leute. Wenn wir die Existenz eines Verfassungsschutzes anerkennen, dann gehört sicherlich auch dieses Instrument zum Werkzeugkasten eines solchen Amts. Aber die Frage der Legitimation solcher VLeute spielt eine große Rolle. Wir fordern da ganz klar eine breitere parlamentarische Legitimation. Wir gehen so weit zu sagen, es bedarf einer gesetzlichen Regelung zur Führung von V-Leuten. Das wäre zumindest eine weitere Verbesserung, ein weiterer Schritt auch in Bezug auf diese Konsequenzen.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich meinen Appell vom Juni letzten Jahres erneuern. Wir haben einen guten Anfang gemacht im letzten Jahr in der Aufklärungskette. Die Regierung hat reagiert, es gab die Kommission. Der Landtag hat reagiert, es gibt den Untersuchungsausschuss. Nun sollten wir alles daran setzen, dass nach den nunmehr bekannt gewordenen Pannen, nach den nunmehr bekannt gewordenen Unzulänglichkeiten und insgesamt Fehlverhalten vieler in dieser Zeit nicht noch ein unzulänglicher Abschlussbericht eines solchen Untersuchungsausschusses vorgelegt wird. Das würde uns nun wirklich schlecht zu Gesicht stehen. Ich bin guter Hoffnung, nachdem dieser Zwischenbericht wirklich ein sehr guter Anfang
dafür ist, dass wir am Ende dieses Prozesses möglicherweise sagen können, wir haben als Thüringen unser Möglichstes getan und dazu fordere ich uns auf. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin schon etwas überrascht über die Tonlage in dieser Schlussrunde der Debatte zu diesem Doppelhaushalt. Es werden ja oftmals Lebenssachverhalte in Fußballersprache übersetzt. An dieser Stelle kann man so sagen, teilweise war das schon eine ganz schöne Holzerei, die wir hier zur Kenntnis genommen haben. Zu einigen Dinge bin ich veranlasst, doch noch ein paar Worte zu sagen.
Ich bin einigermaßen überrascht, Frau Kollegin Siegesmund, wenn Sie die Vehemenz, mit der Sie Ihre Argumente vorhin hier vorgetragen haben, auch umgesetzt hätten in entsprechend qualifizierte und substanziierte Anträge, was den Haushalt betrifft, speziell auch der von Ihnen kritisierte Kommunale Finanzausgleich - ich habe es gestern gesagt, ich werde es noch mal betonen -,
Sie haben nicht einen einzigen Veränderungswunsch dazu geäußert,
und das unterstellt oder diesen Maßstab an Ihren eigenen Anspruch angelegt, muss ich sagen, dafür muss unser vorgelegter Haushalt ziemlich gut gewesen sein, meine Damen und Herren.
Sie haben moniert, dass die Koalition, wenn man mal auf das Ende der Legislatur projiziert, am Ende möglicherweise mit etwa 500 Mio. € oder neuen Verbindlichkeiten dastehen wird. Ja, das ist richtig. Ich darf darauf verweisen - der Herr Finanzminister hat es eben getan, möglicherweise haben Sie es nicht verstanden, kann schon sein -, die Jahre 2010 und 2011 waren nicht nur in Thüringen, in ganz Deutschland, in ganz Europa unter anderem auch davon geprägt, die Folgen, die wirtschaftlichen und die finanzpolitischen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewältigen und dafür Verbindlichkeiten aufzunehmen und das abzumildern für die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Thüringen. Das war, glaube ich, nicht der falscheste Weg an dieser Stelle.
Ab dem Zeitpunkt, ab dem es möglich war, diese Neuverschuldung zurückzuführen, und wir gehen ja
sogar, wie schon oft erwähnt, auch in den Einstieg in eine echte Schuldentilgung. Diesen Weg haben die Sozialdemokraten mitgemacht, Frau Kollegin Siegesmund. Wir haben, weil Sie das immer so als Monstranz vor sich herschieben, Stichwort Schuldenbremse, Sie sind da nicht die Einzigen in diesem Hohen Hause, die das tun, die Adressaten sind bekannt, wir haben in Thüringen ein Prinzip angewandt bei der Frage der Neuverschuldung, das weitaus stringenter wirkt als alles, was in den Bundesländern und im Bund in der Schuldenbremse drinsteht. Das sollten Sie sich mal inhaltlich vor Augen führen. Ich gebe zu, die Regelungen der Landeshaushaltsordnung an dieser Stelle sind nicht auf unserem Mist gewachsen, das will ich gern zugeben, aber sie sind von uns nicht nur akzeptiert, sondern aktiv mit umgesetzt worden. Ich glaube, das können Sie der Koalition an dieser Stelle nicht kaputt machen.
Dass wir allerdings um die Folgen einer wirklich weitgreifenden Strukturveränderung im Bereich der kommunalen Finanzen auch nicht umhingekommen sind, die heilige Kuh der Landeshaushaltsgesetzgebung, nämlich die LHO, insoweit zu öffnen, dass es uns möglich war, zur Abmilderung der Übergangsfolgen in den neuen Kommunalen Finanzausgleich die Überschüsse des letzten Jahres dafür zu verwenden, muss ich ehrlich gestehen, hätte ich mir bis vor wenigen Wochen nicht vorstellen können. Aber auch der Weg ist nach einer sorgfältigen Abwägung in unserer Fraktion mitgetragen worden, weil er am Ende einem Zweck dient, Frau Kollegin, er dient dem Zweck, unsere Kommunen und damit unmittelbar die Bürgerinnen und Bürger finanziell so auszustatten, dass auch ein wirklich umfangreiches öffentliches Leben möglich ist.
Das hat uns dazu getrieben und deshalb steht am Ende eine Bilanz, ja, möglicherweise 500 Mio. € Verbindlichkeiten. Im Übrigen hatten wir auch in den vergangenen Legislaturen, bevor die SPD mit in Regierungsverantwortung war, 500 Mio. € Schulden im Durchschnitt, aber nicht pro Legislatur - pro Jahr hatten wir das. Auch das ist, glaube ich, in der Bewertung dessen, was wir heute hier auf dem Tisch haben und zu beschließen haben, nicht ganz uninteressant.
Insgesamt möchte ich mich all den Vorrednern und -rednerinnen anschließen, die diesen Haushalt so gewürdigt haben, wie es ihm gebührt. Er ist eine Zukunftsweiche für Thüringen, das will ich an dieser Stelle nur noch mal ganz deutlich betonen, meine Damen und Herren. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, fast immer mit einem Zitat solche Reden zu beginnen, ich habe ein ganz treffendes gefunden von einem leider schon längst verstorbenen Kabarettisten, Werner Finck heißt er. Er hat einmal gesagt: „Der Staatshaushalt ist ein Haushalt, in dem gerne alle essen möchten, aber niemand Geschirr spülen will.“ Ich will mal in diesem Bild bleiben und stelle fest, das konnte sich wohl Werner Finck wahrscheinlich gar nicht vorstellen, jedenfalls zu seiner Zeit. Unser jetzt vorliegender Haushalt für die beiden Jahre 2013 und 2014 ist ein Haushalt, in dem alle zu Essen haben, ich gebe zu, zur Völlerei reicht es nicht, das ist auch ein bisschen ungesund, und es steht auch genügend Personal zur Verfügung fürs Geschirrspülen.
Im Klartext: Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist ein solider, ein ausgewogener Haushalt. Und was ihn für uns besonders gewogen macht, er trägt eine deutliche sozialdemokratische Handschrift.
Zu diesem sehr guten und soliden Haushalt machen ihn aus meiner Sicht drei Eckpfeiler: Er setzt wichtige Akzente in der Bildungs- und Sozialpolitik, er schafft den Einstieg in die Tilgung und trägt somit zur Konsolidierung der Landesfinanzen bei und er gestaltet - das war wohl der schwierigste Part, den wir zu bewältigen hatten - den Kommunalen Finanzausgleich neu, und zwar so, dass er langfristig Bestand haben kann und damit Planungssicherheit für unsere Kommunen und das Land bietet. Deshalb, meine Damen und Herren, ist das wirklich ein guter Tag für Thüringen. Wir haben einen finanzpolitischen Fahrplan bis zum Ende dieser Legislatur, der sich sehen lassen kann. Ich verhehle auch nicht an dieser Stelle einen gewissen Stolz, dass wir gemeinsam dazu beigetragen haben, dass dieser schwierige Spagat gelungen ist. Ich will mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die dieses Ergebnis möglich gemacht haben. Den Dank vorhin an alle Beteiligten hat der Ausschussvorsitzende sehr ausführlich dargelegt, darauf kann ich an dieser Stelle verzichten, aber ich will auch die Gelegenheit nutzen, mich ausdrücklich noch einmal - und das wird vielleicht den einen oder anderen verwundern, weil das doch nicht so ganz alltäglich ist, aber was ich erlebt habe und was meine Fraktion erlebt hat, wie unser Finanzminister gerade bei der Reform
des Kommunalen Finanzausgleichs nicht nur in kleinen Kreisen, sondern, ich glaube, gleich mehrfach unserer Fraktion Rede und Antwort gestanden hat mit Sachkompetenz, das nötigte mir großen Respekt ab und auch dafür will ich mich ausdrücklich bedanken, Herr Voß.
Die Nagelprobe für diesen Haushalt - ich erwähnte es - war und ist die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Ich glaube, es waren sich hier in diesem Haus alle Fraktionen gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden einig, dass der alte Finanzausgleich, dessen Regelungen durchaus schon fast zwei Jahrzehnte auf dem Buckel hatten, der Anfang der 90er-Jahre konzipiert worden ist, novelliert werden soll. Er sollte transparenter werden und er sollte gerechter werden. Ich habe immer gesagt, ob er dann gut wird, das muss sich zeigen. Aber zu diesen Details komme ich noch im Einzelnen.
Es hat sich auch gezeigt, am Ende entscheidet bei aller Transparenz, bei aller versuchter größerer Gerechtigkeit über die Akzeptanz eines solchen Werkes nicht zuletzt auch die Zahl der Gewinner und Verlierer einer solchen Reform. Ich pflege dann immer zu sagen, es gibt Prämierte und Deprimierte und wenn die Kluft zwischen Prämierten und Deprimierten zu stark auseinandergeht, dann fehlt es an der entsprechenden Akzeptanz für eine solche Reform. Auch diesen Effekt, Herr Voß, das müssen wir uns ehrlich eingestehen, den hatten wir zumindest eine Zeit lang zu Beginn der Debatte um diesen neuen Kommunalen Finanzausgleich. Ich glaube aber, dass wir mit den getroffenen Maßnahmen vor allen Dingen zum Ende des Jahres hier einen guten Weg gefunden haben. Vielleicht ist es schon in Vergessenheit geraten, vielleicht hat es auch mein Kollege Mohring übersehen oder überlesen, wir haben - wir, damit meine ich die SPD-Fraktion am 13. August letzten Jahres, also noch zum Ende der parlamentarischen Sommerpause, einen Vorschlag unterbreitet, namentlich mein Kollege Hey, der damals formuliert hat, dass wir sogenannte Anpassungshilfen fordern oder anregen, die der kommunalen Seite helfen könnten, die Systemumstellung zu bewältigen und zu akzeptieren. Genau dieser Anpassungsfonds, wie er auch immer mittlerweile heißen mag, wurde Realität.
Das ist auch das Stückchen Stolz, das ich namens meiner Fraktion in diese Debatte hier einbringen will. Im August war die Geburtsstunde des Anpassungsfonds und er war zunächst gefüllt mit rund 70 Mio. €. Letztendlich haben wir als SPD-Fraktion mit unserem Fünf-Punkte-Plan Anfang Dezember den Auftakt dafür geliefert, dass diese Aufstockung des Kommunalen Finanzausgleichs noch einmal nötig war.
Wenn der Kollege Kuschel vorhin sein Unverständnis oder sein Nichtverständnis, wie auch immer, darüber zum Ausdruck gebracht hat, dass man dieses Geld nicht in die Schlüsselmasse zum Beispiel hineingegeben hat, um die Ausgangsposition der Kommunen zu verbessern, so muss ich sagen, das ist dann möglicherweise doch dem gewissen Nichtverständnis der Systemumstellung geschuldet, denn das ist ja gerade wichtig, die einzelnen Zahlen hat der Kollege Mohring vorhin vollkommen richtig dargestellt. Aber Ziel dieser Reformen war natürlich auch, einen Gleichklang in der Degression der finanziellen Ausstattungen von Land und Kommunen in den nächsten sieben bis acht Jahren hinzubekommen. Wenn wir dieses Geld, das jetzt im Anpassungsfonds steckt, von vornherein in die Schlüsselmasse gegeben hätten, dann wäre die Ausgangsposition natürlich eine ganz andere gewesen. Es würde aber dem Land nicht nur wahrscheinlich, sondern sehr realistisch schwerfallen, am Ende diese Degression auf beiden Seiten darzustellen. Deshalb war es richtig, diesen Übergang, die Hilfe zum Übergang in die neue Finanzierung des Kommunalen Finanzausgleichs außerhalb der Schlüsselmasse anzulegen. Es war fachlich und systematisch vollkommen der richtige Weg an dieser Stelle.
Meine Damen und Herren, zusammen sind mittlerweile mehr als 243 Mio. € mehr im System als im Haushaltsentwurf vorgesehen. 10 Prozent dieser Mittel sollen für Investitionen ausgegeben werden auch das ist schon erwähnt worden und auch das ist ein Verdienst unserer Bemühungen -, wobei wir vorrangig dabei Investitionen im Schulbau im Blick haben. Auch das, wie gesagt, eine durchgesetzte Forderung unsererseits. Nimmt man die 70 Mio. an Ausgangssumme noch dazu, die bereits vorgesehen waren, dann wurde der Kommunale Finanzausgleich gegenüber dem ursprünglichen Entwurf um 313 Mio. € aufgestockt.
Herr Kuschel, das ist kein Misstrauensbeweis, oder wie Sie das auch zu formulieren pflegen, der Fraktionen gegenüber dem Finanzminister. Wir haben mit diesen Nachbesserungen zum einen vollkommen anerkannt, dass die grundhafte Systemumstellung in der kommunalen Finanzierung von uns akzeptiert wird, und haben gleichzeitig dafür gesorgt, dass auftretende Härten beim Übergang in dieses neue System möglichst abgemildert werden. Ich glaube, wenn wir die neuen Zahlen, wenn wir die neuen Tabellen uns anschauen - natürlich gibt es immer noch welche, die sich beschweren, das liegt in der Natur der Sache -, kommen wir damit insgesamt zu einer ausgewogenen Finanzierung.
Hinzu kommt - und auch das will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, das sind letztendlich ja auch kommunale Finanzierungen - der neu einge
führte Kulturlastenausgleich. Das Lob dafür, liebe Kollegen, nehme ich gerne zur Kenntnis. Die zusätzliche Förderung von Schulsozialarbeit um 3 Mio. in diesem und 10 Mio. im nächsten Jahr soll an dieser Stelle natürlich nicht unerwähnt bleiben, meine Damen und Herren.
Wir halten das für einen ganz, ganz wichtigen Faktor. Andere Veränderungen wirken sich auf die Binnenverteilung des Finanzausgleichs aus, wie z.B. die Beibehaltung des Dreijahresdurchschnitts zur Ermittlung der gemeindlichen Steuerkraft als Grundlage für die Berechnung der Schlüsselzuweisung. Da waren wir uns nach meiner Erinnerung relativ einig, dass wir dieses System - auch das hat zu unserem sommerlichen Forderungskatalog als SPD-Fraktion gehört und das lassen wir uns dann an dieser Stelle auch nicht nehmen.
Es gibt einen weiteren Dreijahresdurchschnitt, der allerdings neu eingeführt worden ist, Herr Finanzminister. Das ist die Frage bei der Vergleichsberechnung im Rahmen des von Ihnen so kreierten Thüringer Partnerschaftsmodells. Wie sich das auswirkt, da will ich noch etwas Vorsicht walten lassen an dieser Stelle, das sei mir verziehen. Die Regelung ist allerdings auf ausdrücklichen Wunsch der kommunalen Seite in den KFA aufgenommen worden. Ich denke, dass wir damit natürlich am Ende auch eine Ausgewogenheit in der Finanzierung hinbekommen.
Meine Damen und Herren, einen Punkt möchte ich an der Stelle noch erwähnen, und zwar lobend erwähnen im neuen Kommunalen Finanzausgleich, das ist die von Herrn Voß neu vorgeschlagene Form der Bedarfsermittlung des neuen KFA. Wir tun das mittlerweile mit den Ergebnissen der Jahresrechnungsstatistik. Ich muss sagen, im Vergleich mit anderen Ländern setzt das durchaus Maßstäbe. Wenn man sich das anschaut, könnte man natürlich auch sagen, auf die Idee hätte man auch früher schon kommen können, weil sie nicht nur eine Vereinfachung ist, sie ist auch wirklich ein klares Kriterium bei der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs. Das ist ja immer der größte Streitpunkt bei der Diskussion mit den Kommunen. Er ist zwar noch nicht ganz ausgeräumt an dieser Stelle, das muss man auch fairerweise dazu sagen, aber er hat ein großes Streit- und Konfliktpotenzial mit der kommunalen Familie von vornherein ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren, wir können mit Fug und Recht behaupten, dass die von mir schon jetzt mehrfach erwähnten finanziellen Nachbesserungen beim Kommunalen Finanzausgleich eines offenbaren, sie offenbaren, dass das Land bis an die Grenze seiner eigenen Leistungsfähigkeit gegangen ist, um die Kommunen gut auszustatten und, wie es Frau Ministerpräsidentin so treffend formuliert hat,
den kommunalen Frieden zu wahren. Es war eine schwere Geburt, das darf an dieser Stelle auch durchaus erwähnt werden. Wenn ich mir überlege, dass wir im Sommer eine Diskussion über einen vermeintlich vollständig und bis ins Detail ausgehandelten Doppelhaushalt gehabt haben sollen, im Lichte dessen, muss ich sagen, erscheinen die Verhandlungen bis zur letzten Minute der Einreichungsfrist dann doch in einem etwas anderen Licht, meine Damen und Herren. Mit der vermeintlichen Ausverhandeltheit war es dann offensichtlich doch nicht so ganz damals im Sommer. Der Finanzminister ist mit den Ressorts - das muss man so sagen, ich glaube, das können die Kolleginnen und Kollegen bestätigen - hart umgegangen. Irgendjemand hat mir aufgeschrieben, man hat hart gerungen, ich weiß nicht, ob das das treffende Bild an dieser Stelle sein soll, aber man kann es durchaus stehen lassen. Manche dieser Auseinandersetzungen waren für uns, und da nenne ich beispielhaft den Bereich der sozialen Beratungsstrukturen, schlicht und ergreifend zu hart ausgefallen. Wenn nämlich die Träger dieser Beratungsstellen Kostensteigerungen im Personalbereich und Betriebskosten nicht mehr darstellen können und allein tragen müssen, führt das letztendlich schrittweise zu einer Ausdünnung des gesamten Angebots, denn nur wenige Träger, und das wissen wir doch alle, könnten diese finanziellen Mehrbelastungen ohne Leistungseinschränkungen verkraften. Deshalb war es uns ein besonderes Anliegen als SPDFraktion, hier mit Änderungsanträgen zum Haushalt Verbesserungen herzustellen.
Dass das gelungen ist gemeinsam mit den Kollegen der CDU-Fraktion, ich glaube, da können wir durchaus auch stolz sein. Die inzwischen im Haushalts- und Finanzausschuss beschlossenen Änderungsanträge kommen damit Frauenzentren, Frauenhäusern, der Senioren- und Hospizarbeit, der Jugendberufshilfe, Telefonseelsorge, Schwangerschaftsberatungsstellen, Verbraucherinsolvenzberatungsstellen und so weiter und so fort zugute. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Wir haben mittels Haushaltsvermerk in den Änderungsanträgen sichergestellt, dass diese benötigten Mittel aus den nicht benötigten Mitteln des Landeserziehungsgelds für diese Kostensteigerung zur Verfügung gestellt werden können.
Wie gesagt, ich habe es erwähnt, ein lange währender Streit zum Thema Schulsozialarbeit ist mit diesem Haushalt nun zu einem - zumindest vorläufigem - Ende gekommen. Damit können präventive Leistungen der Jugendhilfe für benachteiligte Kinder und Jugendliche deutlich verstärkt werden. Insgesamt werden dort in diesem Bereich 200 Stellen gesichert, auch das ist ein Verdienst meiner Fraktion.
Last, but not least, wenn ich einmal beim Sozialbereich bin, nicht zu vergessen der Sport. Wir haben, der Kollege Emde lächelt, eine lange Diskussion hinter uns gebracht und mit dem Landtagsbeschluss im Dezember zur Verlängerung der Mindestbetragsregelung eine gute Grundlage gelegt und gemeinsam mit dem Landessportbund und der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege die Finanzierung auf eine verlässliche Zukunft gestellt. Das eine oder andere hätte man sich vielleicht vorher bei etwas mehr Befassung ersparen können, das sei an dieser Stelle nicht unerwähnt, aber die haushaltsrechtlichen Auswirkungen haben wir jetzt im Doppelhaushalt berücksichtigt und die entsprechenden Anträge dokumentieren das.
Meine Damen und Herren, zwei Dinge noch in dem Bereich: Entgegen ursprünglicher Planung unterstützen wir die Finanzierung von Landes- und Stützpunkttrainern in vorheriger Höhe. Das war auch nicht so geplant. Auch die Aufstockung von Investitionen im Bereich von kommunalen Sportstätten ist letztendlich auch eine Unterstützung der Kommunen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich noch einen Bereich erwähnen, in dem eine Pflichtaufgabe der Gemeinden mit zumeist ehrenamtlich Tätigen erfüllt wird, das ist der Brandschutz. Viele Tausend ehrenamtliche Feuerwehrleute, das muss man so sagen, riskieren täglich Leib und Leben im Namen von notwendigen Rettungseinsätzen. Auch dafür gebührt ihnen an dieser Stelle zunächst einmal ein Dank.
Aber damit dieser Dienst möglichst gut und möglichst sicher verrichtet werden kann, wurde vom Land und den Kommunen seit der Wiedervereinigung viel in neue Technik und viel auch in Gerätehäuser etc. investiert. Nicht zuletzt setzt der Doppelhaushalt dies fort, allerdings nützt die beste Einsatztechnik nichts, wenn sie nicht bewegt werden kann, weil notwendige Erlaubnisse fehlen. Es war eine jahrelange, man kann schon fast sagen jahrzehntelange Diskussion um den sogenannten Feuerwehrführerschein. Wir haben jetzt die Voraussetzungen geschaffen in diesem Haushalt, dass auch diese Finanzierung sichergestellt wird.
Meine Damen und Herren, trotz aller finanzpolitischen Zwänge hat die SPD-Fraktion dem Bereich Bildung in Thüringen mehr Geltung verschafft und damit komme ich zum Ressort des Bildungsministers. Das Investieren in Köpfe der Menschen findet bei uns in Thüringen mehr denn je statt. Nur ein paar wenige Zahlen dazu. Seit unserer Regierungsbeteiligung als Sozialdemokraten wurden allein für Kindergärten insgesamt die Etatansätze um 218 Mio. € aufgestockt. Der frühkindlichen Bildung
wurde nun endlich der Stellenwert eingeräumt, der ihr gebührt.
Das bedeutete auch für die Kommunen nicht nur ein Umdenken, auch ein Umlenken von Finanzmitteln, bildlich gesprochen, weg vom Beton, hinein in die Köpfe der Kinder. Ich bin überzeugt davon, dass dieses ermöglichte Mehr an Fürsorge und Lernen in den Kindergärten sich langfristig auszahlen wird, meine Damen und Herren.
Natürlich darf man das eine oder andere Problem nicht wegdiskutieren. Wir haben im Verlaufe des letzten Jahres viel über Schulen und über Unterrichtsausfälle diskutieren dürfen und diskutieren müssen. Das sei an dieser Stelle zwar nicht unter den Tisch gekehrt, allerdings relativiert sich natürlich auch die Diskussion, denn - und auch das muss ich leider konstatieren - auch wenn das dem einen oder anderen in diesem Hohen Hause möglicherweise nicht gefallen wird, es wurde jahrelang versäumt, einen ausreichenden Einstellungskorridor bei Lehrern vorzusehen. Es wurde zugesehen, wie viele gut ausgebildete Lehrer dieses Land verlassen haben und das in der Regel in Richtung alte Bundesländer. Das Thüringer Altersteilzeitmodell wirkt sich bis heute besonders im Schulbereich fatal aus. Altersteilzeitstellen können wegen der Ruhephase der Beschäftigten trotz eines hohen Bedarfs nicht besetzt werden und - ich sage es mal ganz deutlich - auch das Instrument von Lehrerverbeamtungen wurde in den vergangenen 15 Jahren durchaus als Einsparinstrument gebraucht. Das Scheitern der Einstellungsteilzeit für Beamte kostete das Land viele Millionen Euro zusätzlich, abgesehen davon, dass es die Lehrerzimmer spaltete, und es beeinträchtigt die Verjüngung des Lehrkörpers bis heute. Ehrlich gesagt werde ich richtig grantig und ich muss mich an dieser Stelle zusammenreißen, damit nach meiner Rede nicht wieder der Koalitionsausschuss tagen muss. Ich werde richtig ärgerlich, wenn ich dann höre, dass genau diejenigen, die das zu verantworten hatten, dass es diese Situation gibt, dann auch noch dem jetzigen Kultusminister das vorwerfen und ihm Versagen unterstellen. Ehrlich gesagt, darüber bin ich ziemlich sauer.
Kultusminister Matschie hat, obwohl - und das muss man so deutlich sagen - der Finanzminister an dieser Stelle - das ist auch sein Job - etwas anderes wollte, einen deutlich höheren Einstellungskorridor für Lehrer durchgesetzt. In den kommenden beiden Jahren wird jeweils 400 jungen Lehrerinnen und Lehrern die Chance gegeben, hier in Thüringen in den Schulen zu unterrichten, mehr als in den Jahren zuvor. Damit übertrifft die Zahl von Neueinstellungen von Pädagogen zum ersten Mal die Zahl der durch altersbedingtes Ausscheiden frei
werdenden Stellen. Das, meine Damen und Herren, ist ein Erfolg und den lassen wir uns nicht nehmen, von niemandem.
Nun gab es einen Vorschlag, für die neu eingestellten Lehrerinnen und Lehrer würde der Kultusminister gern das Instrument der Verbeamtung zur Anwendung bringen, letztendlich auch dem geschuldet, nicht weil verbeamtete Lehrer nun einen besseren Job machen würden als angestellte, sondern weil um uns herum in den anderen Bundesländern genau mit dieser Methode unsere jungen, gut ausgebildeten Kräfte in die anderen Länder abwandern.
Allerdings - und das sage ich einschränkend namens meiner Fraktion - wenn wir diesen Schritt gehen, dann muss er so gegangen werden, dass eine Vorsorge getroffen wird für die Zeit, wenn ein Lehrer in den verdienten Ruhestand geht. Wir plädieren für einen Pensionsfonds an dieser Stelle. Das ist etwas, was in den vergangenen Jahrzehnten nicht durchgeführt worden ist, nicht gemacht worden ist trotz aller Beteuerungen. Ich will hier meinen Kollegen Mohring gerne beim Wort nehmen, der in der Einbringung dieses Haushalts genau darauf verwiesen hat. Wir können an dieser Stelle gemeinsam dafür sorgen, dass es diesen Ausstieg aus der sogenannten Pensionslastenfalle gibt.
Ein Stichwort oder ein Wort noch zu den Hochschulen: Die jetzt beginnende Umsetzung der Rahmenvereinbarung III schlägt nunmehr deutlich zu Buche. Es kommt jetzt im Doppelhaushalt zu deutlichen, zu signifikanten Mittelsteigerungen im Hochschuletat. Insgesamt werden den Hochschulen so über 8 Mio. € mehr zur Verfügung stehen als im aktuellen Haushaltsjahr. Natürlich kenne ich auch die Aussagen aus den Hochschulen.
Meine Damen und Herren, es wird nie reichen, Hochschulen haben immer einen Bedarf, das muss auch so sein. Deswegen haben wir uns ja auch dafür entschieden, den Hochschulen eigenständiges finanzielles Handeln zu ermöglichen. Dieses eigenständige Handeln wird durch den neuen Doppelhaushalt durch mehr Geld für die Hochschulen noch verstetigt. Auch das gemeinsame Ziel dieser Koalition, Thüringen als Kulturland zu stärken, konnten wir erfüllen. Ich habe das Thema Kulturlastenausgleich vorhin schon erwähnt.
Nicht zuletzt ein großer Streitpunkt ist die Frage der Finanzierung von Theatern und Orchestern. Auch an dieser Stelle greifen die neuen Finanzierungsvereinbarungen und es gibt auf diesem Gebiet eine deutlich bessere, größere Sicherheit für die Kom
munen bei der Finanzierung ihrer Kultureinrichtungen.
Lassen Sie mich noch ein paar Sätze sagen zu dem Thema Wirtschaftspolitik. Entgegen anders lautender Unkenrufe, Herr Kollege Barth, die Thüringer Wirtschaft ist gut aufgestellt.
Ansonsten könnten wir eine solche Vergrößerung der Steuereinnahmebasis in unserem Land gar nicht realisieren, wenn das nicht so wäre.
Natürlich ist das unser Verdienst und es ist auch das Verdienst unseres Wirtschaftsministers, lassen Sie mich das an dieser Stelle noch mal deutlich formulieren.
Auch wenn Ihnen das wehtut, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, an diesen Tatsachen kommen Sie schlicht und ergreifend nicht vorbei.
Für uns war wichtig, dass im Etat des Wirtschaftsministeriums die landesseitige Kofinanzierung aller EU- und Bundesmittel sichergestellt ist. Das wurde erreicht. Das zentrale Finanzierungsinstrument, nämlich die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, besser bekannt als GRW-Mittel, ist weiterhin das zentrale Programm. Der Rückgang, den wir da zu verzeichnen haben, ist ausschließlich dem Rückgang, meine Herren von der FDP, der Bundesmittel auf diesem Gebiet zu verdanken. Da dürfen Sie sich gerne an die eigene Nase fassen. Ansonsten findet sich auch im Plan des Wirtschaftsministeriums die Fortführung von bewährten Förderinstrumenten. Auch das von Ihnen so gescholtene und am liebsten abgeschaffte Landesarbeitsmarktprogramm befindet sich weiterhin im Etat. Ich will Ihnen sagen, über 10.000 betreute Arbeitslose in diesem Landesarbeitsprogramm, fast 5.000 in Ausbildung und Beschäftigung,
allein die Hälfte davon in einem regulären Arbeitsverhältnis des ersten Arbeitsmarktes, das ist eine Bilanz dieses Programms, die sich sehen lassen kann.
Die lassen wir uns weder von Ihnen nehmen, noch von Ihnen kaputtreden, um das einmal ganz deutlich zu formulieren.
Meine Damen und Herren, auch die geplanten Großflächeninitiativen sind nach wie vor wichtig und nötig. Ohne das Engagement des Landes oft an dieser Stelle wären solche Ansiedlungen auch größeren Ausmaßes, wie sie in den letzten beiden Jahren zu verzeichnen waren, hier in Thüringen ich will sie jetzt nicht alle im Einzelnen nennen nicht möglich gewesen. Damit das auch weiterhin gewährleistet ist, unterstützen wir auch die Großflächeninitiative. Im Bereich der Technologie- und Energieförderung beginnen die Bemühungen langsam Früchte zu tragen. Thüringer Innovationszentrum, Energie- und GreenTech-Agentur, Energieeffizienz-Programm, 1.000-Dächer-Programm, Breitband-Initiative etc., all das sind Initiativen, meine Damen und Herren, die dazu beitragen, Thüringen fit zu machen für die Zukunft.
Auch die Standortmarketinginitiativen halten wir für richtig. Unter dem Namen „Das ist Thüringen“ oder „Thüringen braucht dich“ hat der Wirtschaftsminister da viel initiiert und ich glaube, wir haben es auch nötig angesichts der Diskussionen, die wir gerade hier in diesem Haus zu führen haben angesichts der Keimzelle des terroristischen Untergrunds, die dem Image unseres Landes nachhaltig geschadet hat. Ich glaube, wir haben es auch nötig, dass wir weiterhin solche Initiativen und solche Kampagnen durchführen. Ich denke, das ist für unser Land eminent wichtig.
Meine Damen und Herren, ich will noch ganz kurz im Bereich der Wirtschaft auf einen Umstand aufmerksam machen. Die geplanten Umstrukturierungen in der Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung tun weh, das sage ich ganz deutlich. Sie tun wirklich weh, aber ich glaube, angesichts der durchaus als dramatisch zu bezeichnenden Zustände, vor allem im Bereich der Verwendungsnachweisprüfung, war dieser Schnitt, war dieser Schritt notwendig. Deshalb bin ich allen, wirklich allen gemeinsam in der Koalition dankbar, die ermöglicht haben, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt werden und dass wir hier gegensteuern können. Die Finanzierungsrisiken vor allen Dingen für EUMittel an dieser Stelle sind eminent. Dem vorzubeugen, glaube ich, war der richtige Schritt.
Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle noch einige Dinge vorbringen, weil ich mit Blick auf die Uhr sehe, dass so langsam die mir zur Verfügung stehende Redezeit verrinnt. Lassen Sie mich noch ganz kurz auf einige Aspekte oder Änderungsanträge der Opposition eingehen. Ein kluger Mann hat einmal den Ausspruch geprägt „Opposition ist die Kunst, etwas zu versprechen, was die Regierung nicht halten kann.“ Entschuldigung, genau so sehen die meisten Oppositionsanträge auch
aus. Nicht einmal im Hinblick auf die zufließenden Mittel, was die Aufstockung bei den Kommunalfinanzen betrifft, war sich die Opposition einig. Angesichts der Empörung, die geäußert worden ist, sind dann die entsprechenden Vorschläge durchaus in bescheidenem Rahmen geblieben, auch das muss man an dieser Stelle noch einmal vorstellen.
Den Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war der KFA offensichtlich so gut, dass sie darauf verzichtet haben, an dieser Stelle Änderungsanträge vorzulegen. An der Stelle darf ich ruhig noch einmal erwähnen, die gravierendsten Änderungen kamen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. In anderen Bereichen hat sich das Prozedere aus den Vorjahren wiederholt.
Die Kollegen der Fraktion DIE LINKEN haben in der Regel versucht, das Füllhorn auszuschütten; das kann man tun, wenn man für die entsprechenden Einnahmen dann auch sorgen kann. Der FDP ist nichts anderes eingefallen, als wieder einmal vorzuschlagen, die Haushalte der Ministerien so zusammenzukürzen, dass am Ende die Arbeitsfähigkeit sogar gefährdet ist,
Sie schrecken sogar vor den Staatskirchenleistungen nicht zurück, der Herrgott bewahre uns davor,
seriöse Vorschläge, meine Damen und Herren, sehen jedenfalls anders aus. Es gibt den einen oder anderen …
Ich habe Ihren deutlichen Hinweis vernommen, Frau Präsidentin, wie all meinen Vorrednern gestatten Sie mir einen Schlusssatz. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich betonen, dass mit dem vorliegenden Doppelhaushalt auch aus Sicht der SPD-Fraktion die Zukunft des Freistaats Thüringen gesichert ist, und ich bedanke mich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Ergebnis, so wie es Ihnen heute vorliegt, möglich gewesen ist. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage gleich zu Beginn meiner Ausführungen, die SPDFraktion unterstützt die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses vorbehaltlos. In aller Deutlichkeit sage ich, diese in Rede stehenden Vorgänge müssen aufgeklärt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht auch nicht zuletzt - der Kollege Ramelow hat das eben richtigerweise so ausgeführt, ich will auch an dieser Stelle auf Details der Vorgänge verzichten. Ich bin da noch zu wenig informiert, um da jetzt wirklich ernsthaft mitreden zu können, aber genau das muss sich ändern. Es steht ein ungeheurer Verdacht im Raum. Es steht der Verdacht im Raum, ob mit Wissen, zumindest Billigung, vielleicht auch durch aktives Mittun des Verfassungsschutzes demokratische Kräfte in unserem Freistaat durch neonazistische Umtriebe unterwandert worden sind. Das ist ein Verdacht, wie wir ihn als Parlament eigentlich uns nicht schlimmer vorstellen können. Ich habe an dieser Stelle vor etwa einem halben Jahr zum Grundverständnis von Verfassungsschutz schon einmal Ausführungen gemacht. Um es mal etwas anders auszudrücken: Ein Geheimdienst in der Demokratie zieht seine Legitimation ausschließlich aus der verfassungsmäßigen Tatsache der parlamentarischen Kontrolle. Nur deshalb gibt es Geheimdienst in einer Demokratie.
Wenn die Frage im Raum steht, ob der Verfassungsschutz die Verfassung unterhöhlt hat, dann haben wir eine wirklich ernste Situation und wir sollten das alle miteinander, wie wir hier sitzen, nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir haben uns schon einmal mit einem ähnlichen Vorgang auseinandersetzen müssen. Im Jahr 2003 gab es auch schon mal einen Untersuchungsausschuss, in dem die Frage geklärt werden musste, ob der Verfassungsschutz im Auftrag eines Regierungsmitglieds Kommunalpolitiker bespitzelt hat. Das war ein genauso schlimmer Vorgang. Ich will jetzt gar nicht auf das Ergebnis des Ausschusses abstellen, aber ich frage mich: Was ist los in diesem Land, meine Damen und Herren? Welches demokratische Grundverständnis steckt eigentlich dahinter? Ist das eigentlich noch Demokratie im Denken einiger und
im Handeln einiger? Ich sage, alle Gremien, die damit befasst sind - und da darf ich als Beispiel die Parlamentarische Kontrollkommission anführen -, die ihre Arbeit zu tun haben, sollen und müssen mit beitragen, dass diese Vorgänge aufgeklärt werden. Aber wir wissen alle, die Parl.KK hat eben auch Beschränkungen, was die Frage von Öffentlichkeit betrifft. Deshalb sage ich, sagen wir von der SPDFraktion, es ist noch nichts geklärt. Dieser Ausschuss ist notwendig und wichtig, lasst uns so schnell wie möglich damit beginnen. Herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Frau Ministerpräsidentin, zunächst einmal an dieser Stelle einen ganz ausdrücklichen, einen ganz herzlichen Dank für Ihre Regierungserklärung zum Thema Thüringen-Monitor. Es ist schon gesagt, aber nur nicht von allen, er begleitet uns nunmehr schon im zwölften Jahr seines Bestehens. Sie sind auf die Entstehungsgeschichte eingegangen. Es bleibt zu konstatieren, es ist wichtig, es ist gut, dass es diese Erhebungen gibt. Sie sind ein ganz deutlicher und
ein für uns sehr lehrreicher Indikator, wie wir mit solchen extremen, rechtsextremen Einstellungen in Thüringen umzugehen haben als Politik.
Genau wegen dieser Umtriebe damals ist dieser Thüringen-Monitor entstanden. Es ist daran erinnert worden, die Vorgänge um die Erfurter Synagoge, als rechtsradikale Jugendliche im Jahr 2000 diesen Brandanschlag verübt haben, waren der unmittelbare Anlass für diese anschließenden Erhebungen.
Was wir uns alle nicht hätten vorstellen können, meine Damen und Herren, dass es, was rechtsextreme Umtriebe betrifft, noch schlimmer hätte kommen können. Drei Thüringer Rechtsterroristen zogen über zehn Jahre unentdeckt mordend und raubend durch die Republik. Niemand hat sie gestoppt, niemand hat sie zunächst entdeckt, aber vor allem und das ist für mich besonders erschütternd - niemand hat sie überhaupt erst einmal verdächtigt. Die Behörden gingen nicht von rechtsextremistisch motivierten Straftaten aus, sondern ermittelten stattdessen im Umfeld der Angehörigen der Opfer und damit war man sehr schnell auch im Bereich des Islam. Der Kollege Ramelow hat an dieser Stelle vorhin in seiner Rede ausdrücklich darauf hingewiesen. Es muss auch konstatiert werden, meine Damen und Herren, dass die Gesellschaft und die Politik dieses Vorgehen nicht oder - wenn überhaupt nur unzureichend infrage stellten. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, dann müssen wir sagen, auch die Bezeichnung „Dönermorde“ haben die meisten ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen. So verwundert es auch nicht, wenn der diesjährige Thüringen-Monitor erhebliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber Muslimen und dem Islam als Religion beschreibt. Leider müssen wir uns eingestehen, der Staat hat jahrelang daran mitgewirkt, die Gefahr für Demokratie immer nur bei der extremen Form des Islam, des Islamismus anzusiedeln; von Rechtsterrorismus war jedenfalls zu dieser Zeit kaum oder gar nicht die Rede.
Fakt ist und bleibt, wir Thüringer, wir in Thüringen haben eine besondere Verantwortung, diese Taten aufzuklären. Deshalb, Frau Ministerpräsidentin, ich bin sehr dankbar auch namens meiner Fraktion, dass Sie darauf in Ihrer Erklärung auch wirklich umfassend eingegangen sind. Das Aufdecken der Straftaten des NSU ist auch einer der Gründe gewesen, weshalb der Titel des diesjährigen Monitors unter der Überschrift „Thüringen International: Weltoffenheit, Zuwanderung und Akzeptanz“ steht; das findet unsere ausdrückliche Zustimmung.
An dieser Stelle möchte ich einmal - ich sage das mit einem gewissen Schmunzeln in der Stimme im Gegensatz zu meiner letzten Erwiderung auf eine Regierungserklärung - ein ausdrückliches Lob an den Innenminister loswerden an dieser Stelle. Es steht Thüringen gut, es steht Thüringen sogar sehr gut zu Gesicht, dass Sie, Herr Geibert, entgegen
dem Widerstand auch vieler Ihrer Länderkollegen und auch des Bundesinnenministers ungeschwärzte Akten an die Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern weitergegeben haben. Das ist die Form von Transparenz, die wir erwarten. Deswegen ermuntern wir auch an dieser Stelle,
auch nicht nachzulassen und sich vor allen Dingen von den Widerständen nicht beeinflussen zu lassen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, wir haben einen akribisch arbeitenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss hier im Thüringer Landtag mit einer engagierten Vorsitzenden, der schon viele Missstände ans Licht brachte.
Es ist auch zu erwähnen, dass wir im Bereich unserer Medien in Thüringen Leute finden, die mit sehr viel Sorgfalt, mit sehr viel Akribie recherchieren und denen wir ebenfalls viele Erkenntnisse zu verdanken haben. Aber - und das ist dann das Wasser auch im Wein - wir haben eben noch keine umfassenden Vorschläge für eine Reform unserer gesamten Sicherheitsarchitektur. Mir ist klar, die Diskussion dazu läuft, sie läuft nicht nur in Thüringen, sie läuft bundesweit. Aber diese Reform der Sicherheitsarchitekten ist dringend notwendig und es liegt zunächst einmal in der Verantwortung des Innenressorts, dass Verfassungsschutz und Landeskriminalamt neu aufgestellt werden und - ich sage auch ganz deutlich - sich neu aufstellen. Doch obwohl inzwischen jedem klar sein dürfte, dass das Versagen der Sicherheitsbehörden, wie in den entsprechenden Ausschüssen mittlerweile dokumentiert, nicht nur struktureller, sondern auch personeller Natur war, fehlt, sage ich, sagen wir, ein schlüssiges Gesamtkonzept, meine Damen und Herren. Wir, die SPD-Fraktion, meinen, die Fehler der vergangenen Jahre verlangen grundlegende inhaltliche, strukturelle und personelle Veränderungen kurzum eine neue Sicherheitsarchitektur. Wir haben klare Anforderungen, wie diese Struktur in Zukunft aussehen soll. Da wäre zum Ersten zu sagen, wir wollen eine konstruktive Zusammenarbeit anstelle von Behördenchaos. Die Sicherheitsbehörden müssen verpflichtet werden, sich besser zu koordinieren und relevante Informationen auch entsprechend auszutauschen und weiterzugeben. Wir wollen zweitens die Analysefähigkeit durch professionelle Auswertung stärken. Das ist - das hat zum Beispiel auch der Schäfer-Bericht gezeigt - ein großes Manko in der Vergangenheit gewesen. Der Schwerpunkt der Aufgaben des Verfassungsschutzes soll von der Informationsgewinnung zur Informationsaufbereitung und -auswertung verlagert werden. Das wäre die zweite Forderung unsererseits. Drittens müssen wir klären, sehr deutlich und vor allen Dingen schnell, in welchen Bereichen in Zukunft VLeute arbeiten sollen. Vor allem müssen wir für ei