Meine sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Abgeordneter Recknagel. Die Rednerliste führt Abgeordneter Metz.
Für die heutige Tagung haben sich entschuldigt der Minister Dr. Schöning, Frau Abgeordnete Tasch und Herr Abgeordneter Primas vormittags.
Wir haben am heutigen Tage zwei Geburtstagskinder, deswegen noch etwas die Unruhe im Plenarsaal. Ich gratuliere recht herzlich Herrn Klaus von der Krone und Herrn Michael Heym aus der CDU-Fraktion zu ihrem Geburtstag, wünsche alles Gute, Kraft, Erfolg, Glück und Gottes Segen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir noch einige allgemeine Hinweise. Ich erinnere Sie noch einmal und lade Sie herzlich ein für die heutige Eröffnung der Ausstellung „KulturLandschaft Thüringen“ vom Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr in Zusammenarbeit mit der Bauhaus-Universität Weimar und der Fachhochschule Erfurt sowie zum heutigen parlamentarischen Abend, zu dem der Sozialverband VdK eingeladen hat.
Folgende allgemeine Hinweise zur Tagesordnung: Ich erinnere daran, dass wir mit den Tagesordnungspunkten 4 a und 4 b beginnen und anschließend den Tagesordnungspunkt 1 in erster und zweiter Beratung aufrufen.
Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu Tagesordnungspunkt 3 a hat die Drucksachennummer 5/522. Der mitberatende Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat den Gesetzentwurf erst heute beraten. Die Beschlussemp
fehlung des federführenden Innenausschusses in der Drucksache 5/522 kann dadurch erst im Laufe des Tages und daher nicht in der nach § 58 Abs. 1 Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von zwei Werktagen vor Beginn der Beratung verteilt werden. Deshalb ist über die Fristverkürzung gemäß § 66 Abs. 1 Geschäftsordnung zu beschließen. Dies kann mit einfacher Mehrheit geschehen. Gibt es gegen die Fristverkürzung Einspruch? Ich sehe das nicht, damit ist die Fristverkürzung beschlossen.
a) Thüringer Gesetz über die Fest- stellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Thüringer Haushaltsgesetz 2010 - ThürHhG 2010 -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/473 - ERSTE BERATUNG
b) Gesetz zur Änderung des Thü- ringer Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/479 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Landesregierung legt heute den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2010 mit den Einzelplänen vor. Der Mittelfristige Finanzplan für die Jahre 2009 bis 2013 sowie der Finanzbericht werden Ihnen rechtzeitig für die Ausschussberatungen zugeleitet.
Seit diese Landesregierung ihre Arbeit für diesen Haushalt aufgenommen hat, sind erst 101 Tage vergangen. Mit Blick auf die Handlungsfähigkeit in unserem Land haben wir auf das Tempo gedrückt vom Aufstellungserlass im November letzten Jahres bis zur heutigen ersten Lesung im Parlament. Dabei ist uns ein Entwurf gelungen, der Verantwortung und Augenmaß widerspiegelt. Es ist ein ehrlicher Haushalt für die Menschen in unserem Land. Der Etat 2010 ist ein Einjahreshaushalt und dem kommt eine Sonderfunktion zu. Dieser Haushalt ist ein Übergangshaushalt, denn er verschafft uns die notwendige Zeit, darüber zu debattieren, wie wir kommende Haus
Die Diskussion darüber hat bereits begonnen, wie Sie alle aus der öffentlichen Debatte entnehmen können. Ich kann vielen Positionen dort folgen und bin auch froh, dass inzwischen viele in unserem Land ähnlich denken. Aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen gehen. Der erste Schritt ist, den Haushalt 2010 zu beschließen, um den Übergang in die Zukunft zu gewährleisten. Der nächste Schritt wird sein, die Strukturen in unserem Land neu zu ordnen. Als Übergangshaushalt möchte ich diesen Gesetzentwurf aber auch deshalb bezeichnen, weil er in einer besonders schwierigen Zeit entsteht. Die Finanz- und Wirtschaftskrise unseres Landes spiegelt sich nicht nur in Wirtschaft und Gesellschaft wider, sondern hat die öffentlichen Haushalte erreicht. Die Steuereinnahmen sind drastisch gesunken. Die zu bewältigenden Aufgaben sind und bleiben anspruchsvoll, umfangreich und vielfältig. Wir stellen uns diesen Herausforderungen, denn die Bürgerinnen und Bürger bauen gerade in diesen Zeiten auch auf den Staat als handlungsfähigen und zuverlässigen Partner. Sie vertrauen darauf, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen, um den Übergang aus diesen schwierigen Zeiten zu gestalten. Wir sind gefordert, durch gezielte Impulse der Wirtschaft wieder zu mehr Wachstum zu verhelfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Vertrauen der Menschen in unserem Land ist berechtigt. Denn blickt man auf die zurückliegenden Monate wird deutlich, dass es gerade das entschlossene politische Handeln war, mit dem wir wirksam gegen die Krise vorgegangen sind. Wir haben dabei auch gezeigt, dass es sich lohnt, sich für soziale Marktwirtschaft einzusetzen. Die Verlängerung von Kurzarbeit, der Abbau von Überstunden, das Abschmelzen von Guthaben auf Arbeitszeitkonten, das alles hat dazu beigetragen, dem Beschäftigungsabbau bisher zu begegnen. Es ist uns gelungen, eine Vielzahl von Arbeitsplätzen zu erhalten. Das, meine Damen und Herren, ist eine der konkreten Antworten auf die Frage, was wir unter sozialer Marktwirtschaft verstehen. Insofern verkörpert der Haushaltsentwurf 2010 auch unsere Verantwortung, die wir als Politikerinnen und Politiker übernommen haben, um die Rahmenbedingungen der sozialen Marktwirtschaft in Thüringen sicherzustellen. Die Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise waren im Jahr 2009 deutlich spürbar in Deutschland und eben auch in Thüringen. Die importierte Rezession kam insbesondere in einem deutlich negativen Außenhandelsbeitrag zum Ausdruck. Grund dafür war ein Nachfrageeinbruch an den Weltmärkten. Im Vergleich zum 1. Halbjahr 2008 sanken die Exporte im 1. Halbjahr 2009 um rund ein Viertel. Die Industrieproduktion lag im April 2009 auf ihrem Tiefpunkt. Aufgrund von Überkapazitäten sanken nachfolgend auch
die Ausrüstungsinvestitionen deutlich. Im Zuge der Interventionen von Regierungen und Zentralbanken setzte im Laufe des II. Quartals 2009 eine leichte Stabilisierung ein. Auch in Deutschland wurden im Rahmen der Konjunkturpakete I und II umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung der Konjunktur beschlossen. Die Europäische Zentralbank wirkte mit einer expansiven Geldpolitik für die Liquiditätssicherung im Finanzsystem ebenfalls stützend.
Doch nun zurück nach Thüringen. Mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts im 1. Halbjahr 2009 um 6,3 Prozent lag der Freistaat zwar etwas unter dem Bundesdurchschnitt von 6,8 Prozent, dennoch hat die Krise tiefe Spuren hinterlassen. Gerade das verarbeitende Gewerbe musste schwerste Rückgänge verkraften. Im 2. Halbjahr 2009 entfalteten die Konjunkturprogramme ihre Wirkung. Auch Thüringen konnte von dieser leichten Verbesserung profitieren. Diesen vorsichtigen Aufwärtstrend erleben wir auch im folgenden Jahr. Von einem tatsächlichen selbsttragenden Aufschwung kann aber nicht die Rede sein. Niemand hat es bisher gewagt, das tatsächliche Ende der Krise auszusprechen. Für die öffentlichen Finanzen bedeutet der konjunkturelle Einbruch eine massive Verschlechterung der Einnahmesituation. Das gilt für den Bund, alle Länder und auch die Kommunen. Zu beobachten ist, dass die Auswirkungen in den öffentlichen Haushalten nachlaufend zur real wirtschaftlichen Entwicklung sind. Insofern sind wir im Jahr 2010 vor besondere Herausforderungen gestellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Entwurf des Haushalts 2010 sieht folgende Eckwerte vor: Das Gesamtvolumen beträgt 9,87 Mrd. €, das sind 600 Mio. € mehr als im Haushalt 2009 vorgesehen waren. 600 Mio. € - das sind vor allem die notwendigen Ausgaben für das Konjunkturprogramm II mit rund 233 Mio. €, die bereits beschlossene Tarif- und Besoldungsanpassung im öffentlichen Dienst mit rund 170 Mio. € sowie der Zuwachs für die angemessene Finanzausstattung für die Kommunen von 146 Mio. €. Diesen Mehrausgaben liegen verantwortungsbewusst getroffene Entscheidungen zugrunde. Die finanzpolitischen Konsequenzen dafür müssen wir jetzt tragen und dies bei einer krisenbedingt schwierigen Einnahmesituation.
Die Einnahmen aus Steuern, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisung liegen mit 6,41 Mrd. € um rund 913 Mio. € unter dem Ansatz des Vorjahres. An dieser Stelle werden zwei Punkte deutlich. Die Konjunktur lässt besonders die Einnahmen aus der Lohn- und Umsatzsteuer einbrechen. Der Rückgang der teilungsbedingten Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisung um rund 100 Mio. € verschärft diese Situation. Aus den EU- und den Bund-Länder-Programmen stehen uns im Jahr 2010
insgesamt 380 Mio. € mehr zur Verfügung als im Haushalt 2009. Das resultiert daraus, dass die EUMittel 2009 durch die zurückhaltende Inanspruchnahme nicht vollständig abgeflossen sind. Die restlichen Mittel können jetzt genutzt werden.
Ausgabeseitig schlagen die Personalausgaben mit 2,36 Mrd. € zu Buche. Wir erreichen eine Personalausgabenquote von 24 Prozent. Zentrale Ausgabepositionen für die wirtschaftliche Entwicklung des Freistaats sind die Investitionsausgaben. Diese steigen gegenüber dem Haushalt 2009 um rund 374 Mio. € an. Grund hierfür sind die eben erwähnten hohen Ausgaben für die Kofinanzierungsprogramme sowie die Leistungen des Bundes und des Landes für die Maßnahmen aus dem Konjunkturprogramm II. Hiermit wird eine deutliche Unterstützung für die Unternehmen in Thüringen geleistet.
Wir erreichen in 2010 eine Investitionsquote von 19 Prozent. Im Haushalt des Jahres 2010 sind ferner Zinsausgaben in Höhe von fast 680 Mio. € veranschlagt. Hier konnten wir eine Reduzierung gegenüber 2009 um 34 Mio. € erreichen, da das Zinsniveau deutlich gesunken ist, und wir in den Vorjahren keine weiteren Schulden aufgenommen haben. Fast 30 Prozent unseres Haushaltvolumens fließen als Zuweisungen an die Thüringer Kommunen. Im Vergleich zum Jahr 2009 werden die Kommunen im Jahr 2010 im Rahmen der angemessenen Finanzausstattung rund 146 Mio. € mehr erhalten. Auch die weiteren freiwilligen Leistungen des Landes steigen im Vergleich zum Vorjahr an. Der Anstieg beträgt hier 47,6 Mio. €. Insgesamt steigen die Ausgaben des Landes an die Kommunen im Jahr 2010 also um 193,6 Mio €. Über das Thüringer Finanzausgleichsgesetz wird Sie im Anschluss der Kollege Huber, unser Innenminister, genauer informieren. Aufgrund des Hochschulpakts sind in 2010 rund 41,2 Mio. € Mehrausgaben im Vergleich zu 2009 erforderlich. Das sind vertragliche Verpflichtungen und wir stehen zu vertraglichen Verpflichtungen.
Meine Damen und Herren, in der Gegenüberstellung der zur Verfügung stehenden Einnahmen und der veranschlagten Ausgaben ergibt sich ein Fehlbetrag von insgesamt rund 1,1 Mrd. €. Dieser Fehlbetrag kann zunächst durch die Inanspruchnahme der aus den Jahren 2007 und 2008 verbliebenen Rücklage in Höhe von 101 Mio. € reduziert werden. Darüber hinaus steht uns aus dem Überschuss des Jahres 2008 ein Betrag von 122 Mio. € zur weiteren Deckung zur Verfügung. Damit ergibt sich ein restlicher Betrag von 880 Mio. €, der nur durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert werden kann. Diese Neuverschuldung berücksichtigt die Vorgaben der Thüringer Verfassung, da sie dem Betrag der eigenfinanzierten Investitionsausgaben entspricht.
Meine Damen und Herren, der Haushalt 2010 ist ausgeglichen in dem Sinne, dass er ausfinanziert ist und keine Globale Minderausgabe enthält. Er ist damit ein ehrlicher Haushalt, der die Probleme offen erkennen lässt
und keine versteckten Risiken enthält. Diese neuen Kredite sind angesichts der enormen Schuldenlast, die wir in Thüringen bereits haben, keine Kleinigkeit. Ich kann diejenigen gut verstehen, die die Nettoneuverschuldung in dem vorgelegten Haushalt kritisieren. Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lade Sie herzlich ein, sich in den kommenden Wochen mit konstruktiven, klaren Vorschlägen einzubringen.
Dass wir es können, haben wir in den letzten Jahren bewiesen. Dreimal stand die schwarze Null nach Abschluss des Haushaltsjahres und dahin müssen wir so schnell wie möglich wieder kommen.
Das ist nicht nur ein engagiertes Ziel, das ist eine Verpflichtung, die wir unseren Kindern und Enkeln schuldig sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Haushaltsvolumen 2010 werden wir gezielte Ausgaben tätigen, die auch positive Auswirkungen für unser Land haben werden. Allein 1,876 Mrd. € sollen direkt in Investitionen fließen. Das sind 19 Prozent des Haushalts.
Damit liegt die Investitionsquote rund 3 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Dieses Geld kommt der Wirtschaft zugute und in Zeiten der schwachen Nachfrage ist das gut angelegtes Geld.
Das ist unser gemeinsamer Beitrag, um der Krise zu begegnen. Die Haushaltsaufstellung hat gezeigt, dass wir im Freistaat Thüringen viele Ideen haben, um unser Land voranzubringen. Das ist auch wichtig, denn im Standortwettbewerb mit anderen Bundesländern müssen wir gut aufgestellt sein. Auch in Bereichen wie Tourismus, Natur- und Umweltschutz
oder Bildung können wir nicht abwarten, sondern müssen handeln, um unser Land voranzubringen und uns den Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft zu stellen. Deshalb haben wir mit Vernunft und Sachverstand unsere Schwerpunkte gesetzt, die vor allem der Krise etwas entgegensetzen sollen. Es war wichtig, eine Grundlage zu schaffen, damit wir einerseits Investitionen fördern und forcieren, aber andererseits auch die Arbeitsfähigkeit unseres Landes auf gutem Niveau gewährleisten. Dazu zählt ein klares Bekenntnis für die Thüringer Wirtschaft, insbesondere die kleine und mittelständische Wirtschaft, die uns Arbeitsplätze gibt, die gerade jetzt unsere Unterstützung braucht.
Im Jahr 2010 werden rund 233 Mio. € aus dem Konjunkturprogramm II in die Kassen der Thüringer Wirtschaft fließen. Die Bauwirtschaft und die vielen Handwerksbetriebe, die es im Freistaat gibt, profitieren unmittelbar davon. Dazu zählt zum Beispiel auch, dass wir durch dieses Konjunkturprogramm in unseren Schulen und vielen anderen öffentlichen Gebäuden eine nachhaltige energetische Sanierung vorantreiben können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in unserem Haushalt Geld für Bürgschaften bereithalten, ist auch ein klares Bekenntnis für den Wirtschaftsstandort Thüringen. Wir haben uns als Landesregierung bereits letztes Jahr hinter die Thüringer Opelaner gestellt und klar signalisiert, dass wir uns an der damaligen Brückenfinanzierung beteiligen wollen.
Dank der weitsichtigen Entscheidung dieses Hohen Hauses, das Thüringer Unternehmensfördergesetz zu beschließen und damit den Rahmen für Bürgschaften um 200 Mio. € zu erweitern, sind wir auch in diesem Jahr handlungsfähig, wenn es notwendig sein sollte.
Wir haben nicht nur Opel in Thüringen, diese Instrumente sollen auch den vielen anderen Unternehmen helfen, die von der Krise betroffen sind. Deshalb wollen wir den Bürgschaftsrahmen für 2010 für die gewerbliche Wirtschaft auf 500 Mio. € erhöhen.