Protocol of the Session on January 28, 2011

Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Frau Abgeordnete Meißner. Die Rednerliste führt die Frau Abgeordnete König.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt der Abgeordnete von der Krone und der Minister Dr. Poppenhäger.

Dann haben wir ein Geburtstagskind, dem ich recht herzlich gratuliere. Frau Abgeordnete Keller, alles Gute, Gesundheit, Glück und Kraft für Ihre Arbeit als Abgeordnete.

(Beifall im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der CDU hat im Einvernehmen mit allen parlamentarischen Geschäftsführern angekündigt, die Aufnahme des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/1308, des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/1311 jeweils in zweiter Beratung und des Antrags der Fraktionen von CDU, DIE LINKE, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 5/1302 in die Tagesordnung aufnehmen zu lassen. Ist dem so?

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Ja.)

Dann müssen wir darüber abstimmen, ob dies in die Tagesordnung aufgenommen wird und an welchem Platz wir diese Punkte behandeln. Die Aufnahme ist ja klar, weil sie von allen beantragt worden ist. Welche Platzierung? Gleich Platz 1?

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Gleich.)

Gut. Gibt es weitere Hinweise zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf den neuen Tagesordnungspunkt 1 in seinen Teilen

b) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1308 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten - Drucksache 5/1940

ZWEITE BERATUNG

c) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1311 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten - Drucksache 5/1941

ZWEITE BERATUNG

d) Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1302 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten - Drucksache 5/1942

Die Fraktionen sind übereingekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache erneut an den Ausschuss zu überweisen. Bitte schön, die Beantragung brauchen wir noch.

Formal möchte ich beantragen, das eben verlesene Sammelsurium noch mal an den Ausschuss zurückzuüberweisen.

Das Sammelsurium sind Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung und ein Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung.

Dann stimmen wir über diesen Antrag ab. Wer für die Überweisung dieser Anträge ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dann sind diese Anträge an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten durch alle Fraktionen überwiesen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Nein zum Neubau einer 380kV-Leitung über den Thüringer Wald - Umrüstung der bestehenden 380-kV-Leitung Remptendorf-Redwitz mit Hochtemperaturseilen (HTS) als alternative Technologie Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1762

Wünscht die Fraktion die Begründung des Antrags? Ja, bitte schön, Frau Abgeordnete Enders.

Werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich kurz unseren Antrag begründen. Anfang der Woche fand ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative IG „Achtung Hochspannung“ und mit dem Geschäftsführer des Energiekonzerns 50Hertz Transmission, Herrn Neldner, statt. In diesem Gespräch wurde wiederholt deutlich gemacht, was Städte und Gemeinden, Landkreise und Bürgerinitiativen seit Jahren fordern: Netzumbau vor Netzneubau.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen, Netzumbau vor Netzneubau, das ist die Alternative zum Neubau einer 380-kV-Freileitung durch Thüringen nach Bayern. Neue Technologien, Innovation und Freileitungsmonitoring könnten das ermöglichen. Das belegt eine Studie der Professoren Jarass und Obermair.

(Unruhe im Hause)

Dass zumindest die Diskussion auch bei den Energiekonzernen angekommen ist, zeigt mir ein Gespräch hier im Thüringer Landtag mit Herrn Neldner und zeigt auch das Gespräch in Berlin, denn zum ersten Mal hat der Energiekonzern … Es ist wirklich ein bisschen laut.

Ich bitte um Ruhe, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Einbringung ist ja nicht so lang.

Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zum ersten Mal hat der Energiekonzern in diesen Gesprächen deutlich gemacht, dass er sich ernsthaft mit der Frage des Einsatzes neuer Technologien beschäftigt. In Berlin hat auch der Energiekonzern 50Hertz noch einmal gesagt, wir beschäftigen uns mit Hochtemperaturseiltechnologien und Freileitungsmonitoring. Ich denke mal, das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Vor fünf Jahren hat

man das noch als Utopie abgetan, hat man deutlich gemacht, dass das überhaupt nicht gehen kann. Jetzt beschäftigt man sich damit und ich denke, das ist schon mal ein Weg.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf einen Artikel aufmerksam machen, der ist gestern erschienen in der „Ilmenauer Allgemeinen“. Dort sagt der Pressesprecher von 50Hertz Transmission Volker Kamp, ich möchte hier zitieren: „Was die Stromindustrie dringend in Sachen Hochtemperaturseiltechnologie jetzt braucht, ist die Entwicklung einer Pilotstrecke.“ Er sagt auch, der Impuls müsse von der Politik ausgehen. Genau dazu, werte Kolleginnen und Kollegen, haben wir heute hier unseren Antrag eingebracht, haben wir jetzt die Möglichkeit, als Politiker Impulse, Signale zu senden, dass in Thüringen gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Kommunen, mit Landkreisen, mit der Politik und der Wirtschaft ein nachhaltiger, ökonomisch vertretbarer und ökologisch verträglicher Netzumbau des jetzt bestehenden Leitungsnetzes möglich ist.

Genau darauf zielt der Antrag meiner Fraktion, nämlich dass durch die Landesregierung im Dialog mit der Vorhabensträgerin gemeinsam mit 50Hertz ein Modellprojekt angeschoben und umgesetzt wird, das innovative Technologien, Hochtemperaturseiltechnik zur Anwendung bringt. Wir schlagen in unserem Antrag weiterhin vor, im Dialog mit 50Hertz die bestehende Leitung Remptendorf-Redwitz zu optimieren und damit ein Modellbeispiel in Deutschland zu schaffen. Ich sage, was in Japan, den USA und Großbritannien funktioniert und dort längst Stand der Technik ist, das funktioniert auch in Deutschland.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir schlagen deshalb vor, darauf hinzuwirken, dass mit der Realisierung des Modellprojekts die Vorhabensträgerin die weitere Planung und den Weiterbau der 380-kV-Leitung Halle-Schweinfurt sofort einstellt, denn dann ist diese Leitung überflüssig.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir meinen, ein solches Projekt würde Thüringen gut zu Gesicht stehen und auch noch mehr die Bedeutung Thüringens als Hochtechnologie- und Innovationsstandort unterstreichen. Ich sage auch eins hier mit aller Deutlichkeit, es würde durch die Bürgerinitiativen, durch die Bürgerinnen und Bürger, durch die Städte und Gemeinden sowie durch die Landkreise getragen und akzeptiert. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Präsidentin Diezel)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete für die Einbringung. Wünscht die Landesregierung als Erstes das Wort? Das sehe ich nicht. Dann beginnen wir mit der Aussprache der Abgeordneten. Als Erster hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Worm von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Umrüstung der bestehenden 380-kV-Leitung Remptendorf-Redwitz mit Hochtemperaturseilen, stellt aus unserer Sicht keine wirkliche und umsetzbare Alternative zum Neubau der 380-kV-Leitung im zweiten und dritten Bauabschnitt dar und wird deshalb von uns abgelehnt.

Was spricht dagegen? Es sind vor allem rechtliche als auch praktische Aspekte, die gegen die Umsetzung Ihrer Vorschläge sprechen. Ich beginne einmal mit den rechtlichen Aspekten. Vorhabensträger für die 380-kV-Leitung Halle-Schweinfurt ist Vattenfall, jetzt 50Hertz Transmission, und der Gesetzgeber schreibt den Energieversorgern mit ihren Einnahmen aus dem Netzentgelt einen notwendigen Netzausbau vor, unter anderem zum Ausbau erneuerbarer Energien. Dazu hat die EU unter anderem in Verbindung mit der Bundesregierung 42 neu zu errichtende Stromtrassen mit europäischer Bedeutung definiert. Zuständig an dieser Stelle in Bezug auf eine Genehmigung des zweiten und dritten Bauabschnitts der Trasse Halle-Schweinfurt ist das Landesverwaltungsamt, nicht die Landesregierung, nicht der Thüringer Landtag. Das Landesverwaltungsamt muss zwingend und konkret über den vorliegenden Antrag zum Bau der 380-kV-Trasse befinden. Natürlich kann man an dieser Stelle der Bundesregierung den Vorwurf machen, warum sie nicht in Abstimmung mit den Bundesländern sogenannte Infrastrukturtrassen für große Neubaumaßnahmen im Bereich Energie und Verkehr definiert, an die sich z.B. Versorgungsträger wie 50Hertz dann halten müssen und bei denen sensible Gebiete wie die Höhenlagen des Thüringer Waldes entsprechende Berücksichtigung finden und von vornherein ausgeklammert werden. Tatsache ist jedoch, dass der Bau der geplanten 380-kV-Leitung durch Vattenfall beantragt wurde und somit die Einstellung der Baumaßnahme auch nur durch Vattenfall oder den jetzigen Rechtsnachfolger 50Hertz Transmission in die Wege geleitet werden kann. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass der Vorhabensträger derzeit auch nur ansatzweise über solch einen Schritt nachdenkt. Ich erinnere daran, dass der erste Bauabschnitt Landesgrenze Sachsen-Anhalt Vieselbach fertiggestellt ist, dass das Planfeststellungsverfahren im zweiten Bauabschnitt entsprechend läuft und dass das Raumordnungsverfahren im dritten Bauabschnitt eröffnet wurde. Da stellt

sich an dieser Stelle für mich die Frage, wie realistisch und für wie umsetzbar halten Sie zum jetzigen Zeitpunkt Ihre Initiative, den Bau einzustellen?

Ich denke, dieses Vorhaben ist mehr als illusorisch und dem Landtag fehlt jegliche Geschäftsgrundlage, solch einen Schritt einzufordern. Auf die Bedeutung der Trasse aus Sicht der EU und der Bundesregierung will ich aufgrund der Tatsache, dass wir bisher mehr als umfänglich darüber diskutiert haben, nicht noch einmal eingehen, ich will nur die Stichworte Vertragsverletzungsverfahren und Kosten für den Freistaat in Höhe von 1 Mio. € pro Tag in die Runde werfen. Jeder, der auch nur ansatzweise in dem Thema drinsteht, weiß, dass sowohl für die EU als auch für den Bund die Notwendigkeit und die Bedeutung dieser Höchstspannungstrasse außer Frage steht. Wir können nicht ständig hier an dieser Stelle nach mehr erneuerbarer Energie rufen, es muss auch in die notwendige Infrastruktur dafür investiert werden.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir rufen nach weniger Atomener- gie.)

Wenn Sie unter Punkt 2 Ihres Antrags die 380-kVLeitung Remptendorf-Redwitz mit Hochtemperaturseilen ausstatten wollen, so ist das vom Grundsatz her möglich - natürlich. Dadurch kann die Stromübertragung um ca. 50 Prozent gesteigert werden, auch das ist richtig. Die Frage, die sich an dieser Stelle jedoch stellt, ist, wie wollen Sie eine 380-kV-Leitung, ein 380-kV-Leitungssystem, das bekanntermaßen zu dem Leitungssystem gehört, welches fast täglich an die Grenzen des Machbaren gefahren wird, im laufenden Betrieb auf Hochtemperaturseile umrüsten? Das ist praktisch nicht möglich.

(Zwischenruf Abg. Enders, DIE LINKE: Das ist möglich.)

In Gesprächen mit entsprechenden Experten wurde mir gesagt, das ist in der Praxis nicht umsetzbar.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da nehmen wir erst eine, dann noch eine...)