Gustav Bergemann
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Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 3/3522 zur Berichterstattung über den Entwurf des europäischen Verfassungsvertrags basiert - wie schon gehört - auf dem Antrag in Drucksache 3/2902, den wir gemeinsam mit SPD und CDU hier im hohen Haus verabschiedet haben, der auch uns den Auftrag mitgegeben hat, über den weiteren Verlauf des Konvents zu sprechen und die Landesregierung bittet uns zu berichten. Herr Minister Kaiser hat das heute umfassend eindrücklich getan. Ich darf an der Stelle, Frau Kollegin Sedlacik, noch einmal in Erinnerung rufen, weil Sie vorhin äußerten, es wäre keine Diskussion zu dem Antrag erwünscht gewesen.
Wenn ich Sie noch einmal zurückerinnern darf. Auch in meiner Begründung habe ich damals gesagt, wir tun es deshalb und machen keine Überweisung an den Ausschuss, weil wir ein Zeitproblem hatten. Richtigerweise hat sich genau das bewahrheitet, dass nämlich die Beschlusslage, die wir hier herbeigeführt haben, auf die ich noch ein Stück zurückkomme, die auch der Minister schon ausgeführt hat, im Detail genau zu diesem Zeitpunkt nämlich auch wichtig ist, dass die Parlamente sich geäußert haben. Wir hätten natürlich und wir haben immer noch Zeit genug, das Thema weiter zu diskutieren, denn die Regierungskonferenz wird im Oktober entscheiden. Wir wissen heute noch nicht, wie es ausgeht. Der Herr Minister hat es vorgetragen, welche Varianten auf der AGENDA stehen, sollte er geöffnet werden; aber das war der entscheidende Punkt, nicht, weil wir es nicht diskutieren wollten. Wir haben es im Ausschuss - mit Verlaub waren wir erstens gemeinsam in Brüssel, haben teilgenommen an der Konventsitzung, wir haben über die Landesregierung immer Berichte im Ausschuss hören können, wie der aktuelle Arbeitsstand war. Das halte ich wirklich nur für reinen Populismus, bitte mehr Sachlichkeit!
Zu Ihrem Antrag, Frau Sedlacik, einmal ganz nebenbei bemerkt: Wenn ich den noch richtig im Kopf habe, da zog sich genau dieser Wille zum Zentralstaat wie ein ro
ter Faden durch den ganzen Antrag, weg vom Subsidiaritätsprinzip hin zum Zentralstaat. Das war ja nicht nur unsere Ansicht, sondern auch die Ansicht unserer Kollegen hier aus der SPD-Fraktion. Aber das vielleicht dazu. Ich glaube, und der Dank an die Landesregierung muss schon auch noch einmal ein Stück verbunden werden mit Herrn Teufel, das will ich ausdrücklich sagen, weil auch ich persönlich nicht geglaubt hätte, dass wir ein solches Ergebnis erzielen werden. Wenn wir im November diese Beschlusslage gefasst haben, haben wir immer noch ein bisschen Optimismus dabei gehabt und auch ein Stück Pessimismus, das bekommen wir ja jeden Tag auch über die Medien hereingebracht, über die Anfragen, die zur Zustimmung zu Europa gestellt werden. Aber Ministerpräsident Teufel hat tatsächlich für die Länder als Vertreter im Bundesrat hier eine ganz souveräne und fachlich sehr fundierte Arbeit für uns geleistet. Ich denke, das ist einen Dank wert.
Man darf vielleicht auch hier noch einmal daran erinnern, wie das war mit dem Konvent, der Einberufung. Warum war es denn so? Wir haben auch hier über den Vertrag von Nizza geredet. Genau dieses unbefriedigende Ergebnis des Vertrags von Nizza, wo auch teilweise egoistische Interessen von einzelnen Ländern eine Rolle gespielt haben, die waren eigentlich der Grund dafür, dass ein Konvent einberufen wurde. Und weil klar war, dass die Regierungskonferenz, die ja immer hinter verschlossenen Türen tagt, wo die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, wo man sich abschottet, dass die keine Lösung mehr herbeiführen würde, um das Europa und auch die Bürger für Europa so fit zu machen, wie es auch aufgrund der anstehenden Erweiterung erforderlich ist. Das war die einzige Möglichkeit, diesen Konvent vor allen Dingen mit öffentlichen Sitzungen, mit Beteiligung der Bürger - viele haben über das Internet teilgenommen - genau in diesem Punkt dort auch ein Stück weiterzuführen. Die Abschlusszeremonie am 13. Juni hat ja dann auch klar gemacht, dass die Konventsmitglieder zu schwierigen und schmerzhaften Kompromissen bereit waren. Das war sicherlich nicht für alle einfach, aber es hat gezeigt, dass die demokratische und transparente Arbeitsmethode genau die richtige ist, solch ein Problem zu lösen. Da bin ich auch dem Thüringer Landtag und den Kollegen dankbar, weil wir sehr zeitig, rechtzeitig genau an diesem Prozess auch mitgewirkt haben, genau an dieser Methode auch zu sagen, das ist ein Konvent und nicht alles ist in Regierungskonferenzen zu klären.
Es ist unstrittig, dass wir natürlich nach außen auch ein Stück Verantwortung haben. Wir müssen bei den Bürgern eine positive Stimmung erzeugen, das wissen wir alle miteinander. Gerade in der Außenwirkung hat die Europäische Union schon ein Stück an Attraktivität gewonnen. Das sieht man, wenn man in die osteuropäischen oder
die zukünftigen Beitrittsländer fährt. Wenn man sich mit den Menschen dort unterhält, wenn man dort Kontakte hat, die sind heiß darauf, die stehen auch zu Europa.
Aber in der Innenwirkung... Herr Dittes, Sie sollten es mal tun.
Nein, das ist schon ein entscheidender Punkt, dass das in der Außenwirkung Europas so wahrgenommen wird. Sie müssen mal durch die Länder fahren, da finden Sie ein Investitionsvorhaben, da steht immer dran: "Gefördert durch die Europäische Union", egal wo Sie hinkommen, weil die natürlich auch Nachholbedarf haben. Und wir haben ein Stück Verantwortung hier, wir in den neuen Ländern viel mehr, aber in Deutschland insgesamt, auch genau diesen Menschen dort ein Stück Hilfe zukommen zu lassen. Die Innenwirkung zu Europa, das merkt man an den Umfragen, die fehlt uns noch ein ganzes Stück. Ich meine, da haben wir alle miteinander noch viel zu tun. Mir ist selbst natürlich auch klar, dass die Bürger oft nicht verstehen können, wer in Brüssel wann, was, mit welcher Befugnis entscheidet. Denn wir als Abgeordnete, wir stehen draußen an der Front, müssen dann erklären, warum die Beschlüsse so sind, wie sie sind, das ist nicht immer vergnügungssteuerpflichtig. Ich denke einmal an die Problematik FFH-Gebiete, meine Herren hier nebenan können das sicher bestätigen. Das ist ein solcher Punkt, der es uns dann als Abgeordnete sicher nicht einfacher werden lässt.
Ich glaube trotzdem, wenn man diesen Beschluss sich noch einmal heranholt vom November letzten Jahres, dann kann man schon feststellen, dass ein großer Teil unserer Forderungen tatsächlich realisiert worden ist. Der Vertragsentwurf gliedert sich an die Präambel in vier fachlich-inhaltliche Teile, hat dann noch zwei Protokollerklärungen anhängig. Da haben sehr viele unserer Forderungen Eingang gefunden, ich denke an Subsidiarität, ich denke Transparenz, Rechtsschutz oder Rechtssicherheit, im ersten Artikel deutlich zu erkennen. Wir haben die Zuerkennung einer Rechtspersönlichkeit für die Europäische Union gefordert, die ist eingearbeitet und, was wichtig ist, die Charta der Grundrechte ist heute schon erwähnt worden, nicht an der ersten Stelle - wie wir es in unserem Antrag hier gefordert hatten, sie voranzustellen -, aber sie ist drin enthalten, wenn auch im zweiten Teil und wird genau auf diese Weise den Menschen auch ein Stück Orientierung geben, vor allen Dingen im Wertebereich, das, was wir ja wollen, als Wertefundament auch für die Europäische Union, dass man dort Fragen der Menschenwürde, der Religionsfreiheit, des Schutzes von Ehe und Familie, aber natürlich auch unternehmerische Freiheit und Eigentumsrechte ihren Niederschlag finden. Das alles gemeinsam ist in diesem Verfassungsentwurf durch die Charta enthalten. Ich denke, das ist positiv zu bewerten.
In Sachen Kompetenzordnung finden sich nicht alle Vorstellungen im Entwurf wieder, aber als Fortschritt darf man durchaus bezeichnen, dass zwischen ausschließlichen, geteilten und unterstützenden EU-Zuständigkeiten deutlich unterschieden wird. Herr Minister Kaiser hat das vorhin schon einmal detailliert ausgeführt, das kann ich mir hier sparen.
Die Rückübertragung von Zuständigkeiten der Europäischen Union auf die Länder ist nicht so gelungen wie vorgestellt. Vielmehr wurden hier zusätzliche Zuständigkeiten auf die Union übertragen. Die Beispiele sind genannt, Energie, Sport ect. Der Ausbau der Kontrolle der europäischen Politik durch die nationalen Parlamente ist deutlich geregelt, das ist sehr positiv. Die Beteiligung der deutschen Parlamente bei der Übertragung von Hoheitsrechten der Länder auf die EU konnte natürlich auch in dem Maße nicht erreicht werden. Bezogen auf das Subsidiaritätsprinzip und die Rolle der einzelnen staatlichen Parlamente wird die klare Aufgabenverteilung zwischen EU und den Mitgliedstaaten in der von mir erwähnten Protokollerklärung an den Vertragsentwurf angehängt. Das bedeutet für uns, dass Bundestag und Bundesrat natürlich bei Verstößen gegen dieses Subsidiaritätsprinzip die Möglichkeit des Klageweges vor dem Europäischen Gerichtshof haben. Das bedeutet natürlich aber auch, dass man schauen muss, wie das installierte Frühwarnsystem, das ich wirklich als einen bedeutenden Schritt nach vorn empfinde, wo nationale Parlamente, in dem Fall Bundestag, rechtzeitig unterrichtet werden müssen durch die jeweiligen Regierungen, aber für uns als Landtagsabgeordnete oder für die Landesparlamente natürlich auch genau diesen Punkt anspricht, dass wir auch die rechtzeitigen Informationen haben müssen, wo Interessen unserer Länder beteiligt sind. Da darf es keine Zeitverschiebungen geben, das muss man mal abwarten, wie die Praxis das darstellen wird, aber der Ansatz ist für meine Begriffe zumindestens der Richtige.
In Fragen der offenen Koordinierung hatten sich die Länder ja deutlich gegen die Aufnahme einer allgemeinen Rechtsgrundlage im Verfassungsvertrag ausgesprochen. Das ist faktisch ein Stückchen erfüllt worden, aber auch das, glaube ich, zeigt jedoch, dass Festsetzung von Leitlinien und von qualitativen Indikatoren, wie zum Beispiel Sozialpolitik, Gesundheit, Industriepolitik, Eingang in die Verfassung gefunden haben. Das widerspricht schon ein Stückchen auch unseren klaren Kompetenzabgrenzungen, denn man wird am Ende aus diesen Indikatoren heraus schon versuchen, auch das Ganze zu harmonisieren in den unterschiedlichsten Bereichen - Frau Sedlacik hat es ja angesprochen -, das wollen sie gern, aber da muss man schon differenzieren. Ich halte das für einen kritischen Punkt. Darüber hinaus wurde dann auch noch mal im Teil I des Verfassungsvertragsentwurfs die Möglichkeit für Maßnahmen zur Koordinierung vor allen Dingen der Wirtschafts-, der sozialen und der Beschäftigungspolitik übertragen. Die zentralen Aufgaben, die die MPK vom Mai dieses Jahres gestellt hatte und die auch der Ausschuss der Regio
nen mit über 40 Änderungsanträgen eingebracht und formuliert hat, finden sich zu einem großen Teil im Entwurf wieder. Wir hatten bei uns in der Beschlussfassung natürlich auch gerade dem AdR das Recht zugestanden, über den Europäischen Gerichtshof die Möglichkeit der Klage zu finden, wenn Gesetzesverstöße im Subsidiaritätsprinzip auftreten sollten. Das ist zustande gekommen. Wir wollten auch dem AdR einen Organstatus zubilligen, wir wollten ein Fragerecht gegenüber der Kommission einrichten, das hat nicht den Einklang gefunden.
Meine Damen und Herren, was mir viel wichtiger in dem Punkt ist, dass erstmals in einem Vertrag die regionale Ebene und das Selbstverwaltungsrecht der Städte und Gemeinden als Bestandteil der nationalen Identität der Mitgliedstaaten in einem europäischen Verfassungswerk verankert ist. Das halte ich schon für eine sehr positive Entwicklung, vor allen Dingen in Bezug auf die Regionen und auf den Föderalismus bei uns in den Ländern. Dass der Verfassungsentwurf rechtsverbindlich den Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften in der Form, wie sie in den jeweiligen Mitgliedstaaten ausgestattet sind, achtet, ist auch positiv zu bewerten, aber, ich bedaure es persönlich und natürlich auch meine Fraktion, dass kein Gottesbezug in den Entwurf aufgenommen worden ist.
Es fällt nicht leicht dies zu akzeptieren, da es tragfähige Formulierungsvorschläge gab, die dem Gottesglauben Rechnung getragen hätten, ohne irgendjemandem, der dies nicht vermag, ein Bekenntnis zu Gott oder eine Religion abzuverlangen. Leider ist es dazu nicht gekommen, wir werden sehen, wie es sich weiter entwickelt. Der Prüfstein für den Konvent sollte natürlich letztendlich sein, die anstehenden Reformen durch die EU, die Bündelung aller vorgelegten Ideen, aller eingebrachten Vorschläge durch Bürger, durch Regierungen, durch Parlamente dort zusammenzufassen und am 13. Juni - ich hatte es eingangs erwähnt - ist das passiert. Ich denke, das wird ein historischer Tag für Europa sein, weil, diesen Kompromiss zu finden zwischen den Ländern, zwischen dem Europaparlament, zwischen der Kommission, zwischen den Bürgern, das ist schon aller Ehren wert. Jeder, der sich mit dieser Thematik auseinander setzen wird oder es auch bis jetzt getan hat, der wird natürlich auch Mängel finden, das ist völlig klar. Man kennt die Schwächen des Vertrags, sie sind heute schon dargestellt worden. Man wird sich in der Zukunft auf diese einstellen müssen. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass alle Beteiligten diesen Kompromiss bis jetzt mitgetragen haben. Das ist auch wichtiger, als dass man jetzt sagt, ich habe in der Summe des Einzelnen Gewinne oder Verluste erlitten, dass man das aufwiegt gegeneinander. Deshalb darf ich auch im Namen meiner Fraktion darum noch einmal werben, auch, Herr Minister Kaiser, in Bezug auf die Bundesratsentwicklung, das wird ja dort auch weiterhin Thema sein, dass man diesen Kompromiss nicht aufschnürt, sondern dass wir, wenn wir Europa bauen wollen,
und davon sind wir ja fest überzeugt, unsere Bürger brauchen und wollen, genau diesen Verfassungsvertragsentwurf auch so im Oktober durch die Regierungskonferenzen bestätigt finden.
Ich darf abschließend nur noch mal einen Punkt aufgreifen, Frau Sedlacik, weil er mich ein Stück berührt hat. Sie haben angesprochen die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, dass die verstärkt wird, das können Sie nicht so nachvollziehen. Gerade heute am 11. September glaube ich mehr denn je, dass genau der Punkt einer der wesentlichsten ist, den wir brauchen, das zu verstärken, denn wir wissen alle, was da passiert ist. Wir wissen auch, wo die Entwicklung hingeht. Auch unter dem Gesichtspunkt des Irak-Kriegs hat genau dieser Punkt dazu geführt, dass Spannungen in Europa aufgetreten sind. Ich hoffe, die Zeit ist vorbei, dass der Verfassungsvertragsentwurf damit ein Zeichnen setzt. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur einige wenige Anmerkungen. Herr Botz, ich danke Ihnen schon dafür, dass Sie klargestellt haben wie das im Ausschuss üblich ist, dass die Landesregierung ständig über den AdR berichtet und wir natürlich auch die Chance haben und sie genutzt haben in den letzten Jahren, Berichte über die Arbeit des AdR zu bekommen. Frau Kollegin Sedlacik, der Kollege Schröter hatte das deutlich gemacht, aber es geht nicht vom Ablauf, dass man dort ständig rückfragen kann, dafür gibt es das freie Mandat. Das hat er, glaube ich, in seinen Ausführungen ganz deutlich dargelegt. Das müssten Sie dann auch bitte zur Kenntnis nehmen.
Die zweite Bemerkung: Wir haben ja heute auch nicht über den Konvent geredet, Ihre Eingangsrede - fast eine Viertelstunde - hat sich mit dem Konvent beschäftigt. Das war heute eine ganz klare Berichterstattung wie es der Abgeordnete Schröter vor einem Jahr hier im Plenum gesagt hat, Herr Kollege Botz, auch für Sie, er wird
jährlich dazu berichten. Und das haben wir heute getan, das hat er damals angekündigt, das finde ich auch sehr in Ordnung, damit sind wir als Parlament angebunden.
Was die Frage des Gottesbezugs im Verfassungsvertrag anbelangt, da werden Sie es mir sicher nachsehen, dass meine Fraktion sehr traurig wäre, wenn es nicht so wird. Aber ich bin guter Hoffnung, weil die Charta übernommen wird, und damit ist ja der Gottesbezug schon hergestellt. Danke schön.
Frau Präsidentin, nur zwei kurze Bemerkungen: Herr Kollege Gerstenberger, Sie waren ja nicht im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Frau Kollegin Sedlacik kann ich hier nicht entdecken, deshalb wundert es mich schon ein bisschen, ich möchte das nur klarstellen.
Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist schlichtweg falsch.
Es ist im Wort ausgedrückt falsch. Der Minister hat in diesem Ausschuss nie behauptet, dass er sich dafür einsetzen wird, dass die Vollbeschäftigung aus dem Verfassungsvertrag gestrichen wird, sondern er hat ganz klar und wörtlich - das könnte man vielleicht sogar nachlesen und nachfragen - dort gesagt, wir bleiben ehrlich, wir wollen eine ehrliche Reformdebatte haben, man muss Visionen haben und keine Utopien. Dahinter steht auch die Union. Es nützt nichts, wenn wir den Leuten irgendetwas vormachen, was überhaupt nicht realisierbar ist. Aber Sie haben hier vollkommene Falschaussagen vorgestellt.
Nebenbei bemerkt, Sie als Vorsitzender des Haushaltsund Finanzausschusses, ein Stück Scheinheiligkeit in der gesamten Diskussion ist da schon dabei. Sie wissen doch ganz genau, dass man das Geld nur verteilen kann, was man hat, aber jahrzehntelang ist das halt so gelaufen bis man dann irgendwann im Ruin ist. Das wollen wir vermeiden.
Herr Kollege Müller, weil Sie die Bundesanstalt für Arbeit so intensiv zitiert haben, vielleicht kann ich auch einmal eine Pressemitteilung von gestern hier zum Besten geben. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik hat die Bundesanstalt für Arbeit in ihrer Statistik die Vermittlungszahlen ausgelassen. Das hat es noch nie gegeben. Hier in dem Haus, da können wir uns noch daran erinnern es ist noch nicht lange her - wurde der Präsident Jagoda abgesägt, wörtlich abgesägt,
weil es angeblich Vermittlungsfehler gegeben hätte. Jetzt erdreistet sich Herr Gerster erstmalig in dieser Geschichte keine Zahlen mehr vorzulegen. Man kann ja nur vermuten, dass entweder die Ergebnisse so schlecht sind, dass man sie nicht nach außen präsentieren kann, oder dass irgendwelche anderen Tricks dahinter stecken in Bezug auf Arbeitsmarktpolitik. Das ist die Realität.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das haben wir uns als Europapolitiker eigentlich schon immer gewünscht, dass wir einmal frühmorgens zum ersten Tagesordnungspunkt bei vollem Hause europapolitische Debatten besprechen können.
Es wird sich ja sicherlich noch weiter füllen.
Es passt natürlich auch genau in die Umfrage der letzten Woche - wer sie verfolgt und gelesen hat -, die Zustimmung zur Europäischen Union bei den Bundesbürgern hat sich auf 59 Prozent erhöht. Das sind immerhin im letzten halben Jahr 7 Prozent mehr als bisher. Ich denke, das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Sensibilität, die Europa hervorruft, nicht unter dem Kontext der europäischen Erweiterung allein, sondern auch der Fragen, die wichtig sind für die Länder und für die Regionen, einen gewissen Zuwachs an Zustimmung erkennen lässt.
Die Unionsfraktion der CDU im Thüringer Landtag hat einen Antrag vorgelegt in der Drucksache 3/3141 zur Zukunft der Strukturpolitik nach 2006, weil es für Thüringen und für die jungen Bundesländer gegenwärtig und in naher Zukunft eine der spannendsten europapolitischen Themen sein wird. Mit der Erweiterung der EU werden sich die bestehenden regionalen und territorialen Unterschiede im Entwicklungsstand innerhalb der Union vergrößern. Deutschland, meine Damen und Herren, gehört zu den europäischen Staaten mit den größten sozioökonomischen Disparitäten. Das ostdeutsche Wirtschaftswachstum verläuft seit 1998 niedriger als im EU-Durchschnitt. Das hat zur Folge, dass der Rückstand im EU-Durchschnitt nicht geringer, sondern größer geworden ist. Dies macht zugleich deutlich, wie dringend die neuen Länder auch künftig Strukturfördermittel der Europäischen Union benötigen.
Meine Damen und Herren, die Angleichung der Strukturentwicklung innerhalb Deutschlands ist nicht zuletzt auch durch die Politik der Bundesregierung ganz klar ins Stocken geraten. In dem zweiten Zwischenbericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang wurde die Lage und die Entwicklung in den Mitgliedstaaten und in den Regionen auf den aktuellsten Stand gebracht. Der Bericht macht zu Form und Inhalt der Strukturpolitik noch keine Vorschläge über 2006 hinaus. Aber er er
öffnet die Debatte, die wir ab heute und in der Zukunft führen müssen. Denn eines ist auch völlig klar: Die Frage, wie es mit der EU-Strukturförderung nach 2006 weitergeht, darf nicht nur in europäischen Institutionen in den Mitgliedstaaten, in den nationalen Parlamenten oder auf der Länderseite durch die Ministerpräsidenten gestaltet werden, die natürlich dazu entsprechende Beschlüsse gefasst haben, sondern sie muss auch hier im Parlament, in den regionalen Parlamenten eine besondere Rolle spielen.
Mit unserem Antrag wollen wir der Landesregierung bei den anstehenden Verhandlungen und den Gesprächen auf der Bundes- und auf der europäischen Ebene auch im Hinblick auf den dritten Kohäsionsbericht Ende diesen Jahres den Rücken stärken und klare Position beziehen. Denn dieser dritte Kohäsionsbericht wird detaillierte Vorschläge machen, wie geht es mit der Strukturpolitik nach 2007 weiter. Deshalb bitte ich schon an dieser Stelle auch um breite Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich vorweg zwei kurze Bemerkungen machen: Frau Sedlacik, das kann ich nicht teilen, was Sie gesagt haben, dass wir Pessimismus im Antrag verteilen. Vielleicht haben Sie auch einen anderen Antrag gelesen, das kann ja sein. Aber es ist eigentlich ziemlich klar geworden, das gilt auch für uns, auch für unsere Fraktion und das gilt auch für die Landesregierung. Das ist in jeder Debatte zu Europa immer betont worden, die Entwicklung der Strukturfonds im Zuge mit der Erweiterung der Europäischen Union, da gibt es kein Wenn und kein Aber. Wir stehen zu dieser Entwicklung und es ist auch völlig klar, dass
an der Finanzierung - Sie kennen ja sicher auch den Betrag der 150 Mrd., die für die Erweiterung festgestellt worden sind - überhaupt nicht gewackelt wird, das ist überhaupt nicht die Grundposition. Wenn Sie sagen, es konzentriert sich auf das Ziel-1-Gebiet, dann sage ich, ja, das ist richtig, denn die Ziel-1-Förderung besagt, wenn ich es noch einmal vom Inhalt her rekapitulieren darf, Förderung und Entwicklung der Strukturen, Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand. Wir sind Regionen mit Entwicklungsrückstand, das wird auch durch das Bruttoinlandsprodukt ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Über den rechnerischen oder statistischen Effekt ist bereits geredet worden. Die Ziel-2-Region besagt Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltung der Gebiete mit Strukturproblemen. Das wird auch weiterhin Bestandteil bleiben in der Ziel-2-Förderung, das ist völlig klar. Nur der Umfang der Mittel muss und wird sich auch bei den Regionen - es geht nicht nur um die jungen Länder, der Minister hat es angesprochen, es geht um die über 18 Regionen mit 21 Menschen, die in der Höchstförderung weiterhin verbleiben müssen. Ich denke, Herr Kollege Lippmann hat viele Dinge inhaltlich vorgetragen, die man nicht wiederholen braucht. Deshalb kann ich mir das auch ein bisschen sparen, wo wir auf der gleichen Ebene liegen, das ist unstrittig. Aber dass der dritte Kohäsionsbericht, der zum Jahresende angedacht ist und auch erscheinen wird, die Notwendigkeit der Debatte auch ab heute und bis zum Jahresende notwendig macht, das ist sicher unstrittig, das gilt auch für die PDS. Wir haben den Druck, Frau Kollegen Sedlacik, wir haben diesen Druck, denn wenn jetzt nicht über die Landesregierung, über den Bund zu Europa hin genau die Vorstellungen eingebracht werden, die wir brauchen, dann ist der Zug abgefahren, denn wenn die Kommission den Bericht am Jahresende vorgelegt hat, wie es weitergeht mit der Förderung, dann brauchen wir nicht mehr zu kommen, wenn es festgeschrieben ist, dann können wir nur noch hinterhergucken. Ich brauche nicht zu sagen, was das für die weitere Entwicklung der jungen Länder heißt. Ich sage nur 2,9 Mrd. in der letzten Strukturförderperiode sind nach Thüringen geflossen. Stellen Sie sich mal vor, es würde hier einen Abriss geben oder einen Übergang, wie auch immer, mit deutlich verminderten Finanzzuflüssen, das kann und darf nicht sein. Denn gerade diese Diskussion zur Struktur- und Wettbewerbspolitik in Europa, die wir jetzt brauchen, die sagt auch, der Minister hat es vorgetragen, wir müssen auch den Druck auf den Bund erhöhen, das ist völlig klar. Der Bund ist hier in der Verpflichtung, und ich bin der Landesregierung und dem Minister natürlich besonders dankbar,
denn wer das Brüsseler Parkett kennt - Kollege Botz ist heute leider nicht da -, der weiß, wie es in Brüssel zugeht. Da nützt es nichts, wenn man Briefe schreibt oder wenn man aus der Ferne versucht die Themen anzusprechen, da muss man vor Ort sein. Die Gespräche mit dem Kommissar Barnier, das sind die entscheidenden Weichenstellungen, dass man dort die Sensibilität für das Problem,
für den Entwicklungszustand bei uns in den jungen Ländern herstellt. Deshalb glaube ich, dass es der richtige Weg ist, den die Landesregierung hier einschlägt und sagt, wir müssen dort direkt im Kontakt vor Ort bleiben. Wir sind mit dem Ausschuss im letzten Jahr im November auch dort gewesen und haben in der Generaldirektion Regionalpolitik als Ausschuss zu den Strukturproblemen gesprochen und haben noch einmal dort klar gemacht, wie wichtig diese Strukturförderung nach 2006 für uns ist. Wenn man das Verständnis dort weckt - und wer sich von den Kollegen daran erinnert, die mit waren, der weiß wohl einzuschätzen, dass das in Brüssel noch nicht auf allen Ebenen angekommen ist. Das bedarf noch vieler Kleinarbeit. Ich denke aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Minister hat es angesprochen, noch einmal an die Große Anfrage der CDU-Fraktion, die europapolitischen Herausforderungen. Wer sich die Mühe macht auf den Seiten 34 - 46 nachzulesen, was dort umfangreich über Entwicklung und Zukunft der Strukturpolitik geschrieben ist, trifft heute genauso zu, das ist noch gar nicht so sehr lange her. Das sind Bedingungen, die sich natürlich auch trotz der erreichten Fortschritte, die ohne Frage da sind - wir wissen auch, wo wir heute stehen im Bruttoinlandprodukt, aber wir wissen auch, wo die künftigen Beitrittskandidaten stehen -, nicht gefährden dürfen. Das hat nichts mit Verängstigung zu tun oder gegenüber dem Bürger Ängste schüren zu wollen, sondern es ist einfach erforderlich. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden das Beihilferegime verlieren, weil wir aus der Ziel-1-Förderung herausfallen, Artikel 87 Abs. 3 a EG-Vertrag. Das heißt deutlich, weder Land noch Bund könnten zusätzliche Förderungen bei Investitionssummen in der Höhe einstellen, das hieße im Klartext weniger Ansiedlungen, viel weniger Möglichkeiten gegenüber anderen Regionen. Ich glaube nicht, dass das der Wille der PDS-Fraktion sein kann. Die künftige Förderung der durch den rechnerischen Effekt betroffenen Regionen muss sich natürlich von der Übergangsunterstützung für jene Regionen, die den Schwellenwert für die Förderung bereits mit dem Auslaufen der jetzigen Förderperiode erreicht haben, qualitativ unterscheiden. Das ist völlig klar. Man darf aber auch nicht vergessen in diesem Zusammenhang, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz dieser Erfolge haben die ostdeutschen Länder im Unterschied zu anderen Regionen der heutigen Europäischen Union die Lasten der Systemtransformation zu tragen. Bisher waren wir die Einzigen aus dem Ostblock, die in dieses System reingewechselt sind. Ich denke auch aufgrund des bisherigen hohen Anteils der Förderung an der Stärkung dieses wirtschaftlichen Wachstums, dass ja einschließlich der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen geschuldet ist, sind die Regionen der ostdeutschen Länder von eventuellen Änderungen der europäischen Strukturpolitik besonders betroffen.
Auf der Basis der Wirtschaftsdaten von 2000 ist der Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Zusammenarbeit erstellt worden. Das hat auch in den Medien natürlich zu kleinen Verunsicherungen führen können, denn Überschriften wie "Osten verliert die Höchstförderung", "Minister
präsidenten fürchten EU-Erweiterung", was alles zu lesen war, das trägt natürlich nicht dazu bei, dass da draußen Sympathien entstehen für den gesamten Komplex, denn man muss auch wissen und muss auch rüberbringen, die Berechnungsgrundlage für die Entscheidung nach 2007 werden die Jahre 2001 bis 2003 sein. Es wäre möglicherweise vielleicht sogar 2004 noch ins Kalkül zu ziehen, aber das glaube ich weniger. Das sind die Zahlen und da wird es problematisch werden. Mehrere Redner haben es angesprochen, wo die wirtschaftliche Entwicklung ist, wo das Wirtschaftswachstum liegt. Wir in den jungen Ländern haben fast überhaupt kein Wirtschaftswachstum, wir liegen deutlich hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Gesamtdeutschland liegt hinter dem EU-Durchschnitt zurück, das habe ich vorhin schon einmal erwähnt, auf welcher Grundlage das so ist. Das bedeutet natürlich auch, man muss erst einmal abwarten, wo werden wir beim Bruttoinlandprodukt anlanden, wenn es soweit ist. Das kann man heute nicht sagen und sollte man auch nicht sagen, aber die Rahmenbedingungen, die Richtlinien dafür müssen gesetzt werden, dass wir für die Zukunft wissen, wo es hingeht, denn da ist schon noch mit Verschiebungen zu rechnen.
In dem zweiten Bericht zum sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt ist auch noch mal der Stand der Debatte klargemacht worden, nicht mehr und nicht weniger. Da gibt es, glaube ich, auch weit gehend Konsens. Wer sich den Bericht anschaut, wo die jungen Länder ja explizit aufgeführt sind und die Regionen aufgeführt sind, die es betrifft, der kann schon rauslesen, dass die Priorität für die weitere Förderung ganz deutlich auf der Ziel-1-Region liegt. Das ist unstrittig und ich glaube, auch der Kommissar Barnier - Herr Minister hat es ja gesagt - ist sicherlich ein Stück mehr sensibilisiert worden für das, was uns hier in der Zukunft erwarten wird, und man darf schon gespannt sein. Deshalb begrüße ich es auch, wenn er nach Thüringen kommt; das ist ja die Gelegenheit für uns, ihm vor Ort hier zu zeigen, so sind die Entwicklungen, das ist erreicht und man muss auch der Europäischen Union danke sagen für das, was bisher geleistet worden ist. Denn glaube keiner, dass nicht diese Debatte in Europa gehört wird. Es ist ja nicht nur das Thüringer Landesparlament, das sich damit beschäftigt - quer durch alle Parlamente, auch die Mitteldeutsche Initiative wird sich damit auseinander setzen.
Herr Buse, so ist es.
Ja, genau, da kann ich Ihnen nur beipflichten, weil es vorhin leider nicht ganz so rüberkam im Redebeitrag von Frau Sedlacik. Ich habe mir schon gewünscht und ich wünsche mir auch ganz klar, dass wir hier zu einer einheitlichen Meinung kommen, weil das auch nach außen hin der richtige Weg ist. Es ist notwendig, dass die Reform
der Strukturpolitik - Ziel-1-Förderung - nach 2006 in geeigneter Weise diese Anschlussfinanzierung fortführt. Anschlussfinanzierung heißt, auch auf dieser Ebene, wie auch immer das Modell aussehen wird.
Meine Damen und Herren, es wird und es werden in diesem Jahr jetzt nach dem Bericht umfangreiche Konsultationen über die künftige Verwaltung der Strukturfonds einsetzen. In diesem Jahr zum Jahresende wird der 3. Bericht kommen, ich habe es erwähnt, der dann ganz klarmacht: Wo und wie sind die Prioritäten zu setzen? Wie sehen die Richtlinien aus, die wir brauchen? Thüringen muss und wird sich weiterhin, ich denke auch in diesem hohen Haus, an dieser Debatte beteiligen, weil nachdem, was bis jetzt vorliegt, wir auch gehört werden, davon bin ich fest überzeugt, mit den Vorschlägen, die aus dem Landtag kommen und die auch die Landesregierung gemeinsam mit dem Parlament umsetzen wird. Deshalb bitte ich, wie vorhin gesagt, auch um Zustimmung. Herr Kollege Lippmann, bezüglich des Nettofondsmodells will ich mich nicht noch einmal äußern. Das hat der Minister ausführlich getan, ganz ausführlich. Es ist sicherlich richtig, man muss dann schon schauen, auch in der Verantwortung der Bundesregierung, wie findet die Kompensation statt, wenn es uns nicht gelingt Ziel-1-Region zu bleiben und wenn wir herunterfallen aus dieser Entwicklung. Ich habe es vorhin an ein paar Beispielen klargemacht, was es für die Investitionen bedeutet. Die Bundesrepublik hat sich in dem Punkt noch nicht klar geäußert. Ich kann auch nicht nachvollziehen, wenn Sie sagen, wenn sie es beizeiten getan hätte und hätte gesagt, wir kompensieren die finanziellen Mittel, durch den Ausfall der Strukturfonds für die Regionen und die Länder, dass damit überhaupt kein Bedarf mehr da gewesen wäre, den Druck nach außen zu erhöhen. Das kann ich nicht nachvollziehen, deshalb bleibt es für meine Fraktion bei einer klaren Abstimmung für diesen Antrag. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Einzelplan 02 der Thüringer Staatskanzlei ist ja nun wahrlich ein kleiner Etat und mit 24 Mio. ! kein überproportional hoher Investitionshaushalt. Trotzdem hat auch die Thüringer Staatskanzlei im Einzelplan 02 zur Sanierung dieses Haushalts beigetragen. Von der PDS sind 33 Änderungsanträge zur Einsparung in 2003 mit einem Einsparvolumen von 1,4 Mio. gegangen. Ein Antrag wurde zur Erhöhung von 500.000 - gaben in 2004 gestellt, um das Programm "CIVITAS" sicherzustellen. Es ist eigentlich wie jedes Jahr bei diesen Haushaltsberatungen oder wie vor zwei Jahren im Doppelhaushalt das gleiche Spielchen. Es geht kreuz und quer durch alle Titel bei diesen Anträgen. Da geht es um Mieten, um Pachten, da geht es um Geschäftsbedarf, da geht es um Veranstaltungen, Veröffentlichungen; sogar der Thüringentag soll daran glauben. Selbst wo wir immer sagen, lebenslanges Lernen ist wichtig, es geht auch um die Fortbildung der Mitarbeiter zum Beispiel in diesem Haus, um nur einiges zu benennen. Auch das macht, wie gesagt, vor diesen Änderungsanträgen nicht Halt.
Der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags hat im Einzelplan 02 keine Änderungen vorgenommen. So kann ich mich über einen Änderungsantrag der PDS, von Ihnen meine Damen und Herren, bezüglich Kapitel 02 01 in der Titelgruppe 531 73 eigentlich nur wundern, da geht es um den Bereich Veröffentlichungen. Da wollen Sie den Haushaltsansatz um 335.000 gern. Sie wollen ebenso, für mich unverständlich, in Kapitel 02 03 in der Titelgruppe 546 02 den Haushaltsansatz um 100.000 ringern. Dieser betrifft die Veranstaltungen, die Kontaktpflege der Landesvertretung in Berlin. Ich verstehe das nicht. Auf der einen Seite wird in den unterschiedlichsten Fachbereichen, nicht nur im Tourismusbereich, gefordert, den Bekanntheitsgrad Thüringens zu verbessern, wir wollen ihn erhöhen, wir wollen Kontakte knüpfen, wir wollen Thüringer Künstlern und Thüringer Schriftstellern ein Podium bieten, dass sie sich dort präsentieren können, und auf der anderen Seite würden Ihre Kürzungsvorschläge genau dieses positive Erscheinungsbild Thüringens in Berlin und auch in Brüssel mehr als stark gefährden, meine Damen und Herren.
Bei Ihren Etatisierungsvorschlägen gehen Sie sehr oft vom derzeitigen Ist-Zustand aus. Die Ministerin für Finanzen hat es vorhin schon einmal erläutert. Dabei haben Sie vergessen, wahrscheinlich ganz zufällig, dass bestimmte kostenintensive Veranstaltungen im Einzelplan 02 gerade im letzten Jahr oder in diesem Jahr auch aufgrund der tragischen Ereignisse von Gutenberg nicht stattfinden konnten. Ich denke hier zum Beispiel an das Sommerfest in der Landesvertretung in Berlin, ich denke an das Sommerfest in Brüssel. Das muss im nächsten Jahr wieder eine feste Größe sein, um die Öffentlichkeitsarbeit in Thüringen zu präsentieren, um auf unseren Standort aufmerksam zu machen. Man spricht in Berlin und Brüssel über Thüringen und das muss so bleiben, meine Damen und Herren.
Noch eine Bemerkung zu Ihrer Forderung, in Kapitel 02 02 eine neue Titelgruppe - Zuschüsse zum CIVITAS-Programm der Bundesregierung - einzuführen. So geht es um 0,5 Mio. - ( erinnern: CIVITAS wurde als reines Bundesprogramm gestartet und nun versucht man so ein bisschen durch die Hintertür, die Länder in die Finanzierung hineinzunehmen, sie finanziell zu belasten. So einfach kann man sich das nicht machen, indem man jetzt sagt, das Programm wird nur durch den Bund weitergeführt, wenn die Länder sich finanziell daran beteiligen. Meine Damen und Herren, da kann man nur sagen, wer die Musik bestellt hat, der muss sie am Ende auch bezahlen.
Das ist kein Quatsch, Herr Kollege Döring, genau das ist nämlich der Ansatz im Haushaltspunkt. Da müssen Sie einmal reinschauen und mal nachlesen, der Bund hat es initiiert und jetzt sollen und dürfen es die Länder weiterführen. So einfach macht man es sich. Richtig ist natürlich auch, Herr Döring, da haben Sie Recht, die Landeszentrale für politische Bildung ist ein hohes politisches Gut, hat einen hohen politischen Stellenwert, das ist völlig klar, aber ich habe bisher keinerlei Klagen gehört, weder von Menschen, die dort diese Dienstleistungen, die die politische Weiterbildung wahrgenommen haben, die die Publikationen der Landeszentrale für politische Bildung in Anspruch genommen haben. Da herrscht Zufriedenheit über die Arbeit und da ist überhaupt kein Grund vorhanden, dass Sie jetzt hier meinen, mit irgendwelchen Anträgen genau diesen Punkt untermauern zu wollen.
Trotz der Gesamtsituation im Bereich des Einzelplans 02, bei der Gleichstellungsbeauftragten oder auch im Bereich des Ausländerbeauftragten kann man nachlesen, wurden durch leichte Erhöhungen auch im kommenden Doppel
haushalt Zeichen gesetzt. Dass der Freistaat, das darf ich auch noch sagen, meine Kollegen von der SPD, ab 01.11. die Präsidentschaft im Bundesrat übernimmt, worüber wir eigentlich sehr zufrieden und froh sind, dass wir da wieder ein Stückchen als Präsidentschaft mitwirken können und dass Thüringen im Jahr 2004 den zentralen Festakt zum Tag der deutschen Einheit ausrichten wird, dass das nicht ohne zusätzliche finanzielle Mittel ausgeht, das dürfte selbst Ihnen bekannt geworden sein. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die CDU-Fraktion hat einen Antrag in der Drucksache 3/2823 zur Zukunft der Europäischen Union im Rahmen des Konvents vorgelegt. Der Antrag bezieht sich auf die Entscheidung des Europäischen Rates vom Dezember letzten Jahres in Laaken, einen Konvent einzuberufen. Nach den Enttäuschungen der zurückliegenden Regierungskonferenz und auch den unzureichenden Ergebnissen des Vertrags von Nizza - wir haben es hier im Plenum debattiert - besteht nun die Chance, ausgewogene und tragfähige Reformvorschläge zu erarbeiten. Die Europäische Union braucht eine neue, eigenständige Legitimation, sie muss Werte und Leitbilder vermitteln, deren Fundament ein europäischer Verfassungsvertrag der Mitgliedstaaten sein muss. Es ist gut, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass gerade zu diesem Zeitpunkt auch die potenziellen Beitrittskandidaten für 2004 mit im Boot sitzen.
Die große intellektuelle und kulturelle Vielfalt, sowie auch die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge Europas werden nur mit einer angemessenen Berücksichtigung der Länder, der Regionen und der Kommunen Europas fortgesetzt werden können. Wir haben den Antrag eingebracht, um auch eine Position des Thüringer Landtags zur Fortentwicklung des europäischen Vertragswerks für eine Europäische Union abzugeben, denn im Bundesrat aber, was viel zeitnäher liegt - auch in der Europaministerkonferenz am 5. Dezember dieses Jahres werden Themen und Textentwürfe, die bisher zum Konvent vorliegen, dort diskutiert werden. Wir haben leider nicht mehr genügend Zeit, um bis zu diesem Zeitpunkt auch entsprechende Stellungnahmen abzugeben, deshalb wollen wir heute diesen Antrag einbringen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Sedlacik, es ist kein Wunder, dass die Zustimmung zu Europa sinkt. Wenn man solch einen Redebeitrag hier hört, kann ich mir gut vorstellen, leider ist die Bühne auch relativ leer, auch das Interesse der Kollegen nicht so sonderlich hoch, was Sie hier vorgetragen
haben, das erstaunt mich, das irritiert mich ja förmlich. Sie sagen und Sie betonen auch immer, Sie sind noch sehr unerfahren in Sachen Europa, das haben Sie in Brüssel so gesagt und haben das im letzten Ausschuss auch dargestellt, das kann ich voll unterstreichen, das dokumentiert Ihr Beitrag auch. Aber wissen Sie, da muss man erst einmal tief Luft holen. Wenn man im Protokoll noch einmal nachliest, was Sie hier vorgetragen haben, der Vorwurf, dass die CDU-Fraktion hier einen Antrag zum Konvent einbringt und dass Sie sich von uns düpiert fühlen, weil wir diesen Antrag heute natürlich beschließen und keine Überweisung an einen Ausschuss vornehmen werden, den Grund habe ich ja bei meiner Einbringung deutlich gemacht, da steht ein handfester Termin dahinter; meine Fraktion möchte natürlich - andere Landesparlamente haben sich mit dem Thema schon etwas länger befasst, da gibt es Stellungnahmen, da gibt es Entschließungen, es wäre schon klug und das ist auch unser fester Wille -, dass der Freistaat Thüringen, wenn die Europaministerkonferenz im Dezember stattfindet und Minister Gnauck dort den Freistaat vertritt, es dazu eine Stellungnahme des Thüringer Landtags geben soll.
Das kann ich Ihnen gleich sagen, weil der Änderungsantrag, den Sie eingebracht haben, das ist weg, weg, weg von Subsidiarität hin zum Zentralstaat, eine Transparenz oder eine abgrenzende Kompetenzanweisung, die wird völlig konterkariert, also das zieht sich wie ein roter Faden durch. Mein Kollege Fritz Schröter wird sich dann mit Ihrem Antrag auch noch einmal inhaltlich ein Stück auseinander setzen.
Selbstverständlich.
Nein, Frau Kollegin Nitzpon, da kann ich Sie beruhigen. Denn wenn Sie die europapolitischen Debatten hier im hohen Hause immer aufmerksam verfolgt haben, Sie sitzen sehr häufig da, das stimmt, aber dann müssten Sie wis
sen, dass wir in dieser Legislatur, ich habe einmal nachgeschaut, mehr Anträge über Europa und mehr Diskussionen über Europa hier im Plenum gehalten haben als die ganzen neun Jahre im Vorfeld. Und dass die Landesregierung im Bundesrat Stellungnahmen eingebracht hat, auch ohne uns, das ist selbstverständlich, und die liegen auch vor, auch im Inhalt liegen sie Ihrer Fraktion vor, denn im Ausschuss werden sie regelmäßig an alle Abgeordneten verteilt. Aber es ging uns, und das betone ich auch noch einmal, ganz deutlich darum, hier einen Akzent zu setzen, weil auch andere Landesparlamente in dieser Frage schon aktiv waren und der Prozess ist ja nicht beendet heute, Frau Kollegin Sedlacik. Auch das ist doch völlig klar. Es ist Ihnen doch unbenommen, Sie hätten doch problemlos einen Alternativantrag einbringen können, wenn Sie die Befürchtung haben, dass wir Ihren Änderungsantrag nicht mittragen.
Sehen Sie, so einfach hätten Sie es machen können. Hätten Sie einen Alternativantrag eingebracht, hätten wir darüber auch diskutieren können.
Frau Präsidentin, ich würde trotzdem einmal versuchen, ein Stückchen das einzubringen, was unsere Fraktion in diesem Antrag auch deutlich artikuliert und dargestellt hat, wenn Sie gestatten. Der Minister hat auf den Einbringungstermin 28. Februar schon hingewiesen. Pat Cox, der Präsident des Europäischen Parlaments, hat in einem Zitat, wenn Sie erlauben, klar gemacht worauf es ankommt: "Der Prüfstein für den Konvent wird letztlich seine Fähigkeit sein, die anstehenden Reformen der Europäischen Union durch die Bündelung aller vorgelegten Ideen und Vorschläge gut und ausgewogen vorzubereiten. Durch diese Reform muss die Europäische Zusammenarbeit effizienter gestaltet werden." Genau das ist die Zielrichtung unseres Antrags. Wenn Sie die einzelnen Punkte durchgehen, müssen wir natürlich auch Antworten auf Fragen finden. Das ist völlig klar. Wie können die Bürger, vor allen Dingen die junge Generation, die jungen Menschen mitgenommen werden, das europäische Projekt und auch die europäischen Organe, wie kann man sie ihnen näher bringen. Wie muss das politische Leben in einer ab 2004 erweiterten Europäischen Union aussehen und wie muss es strukturiert werden? Welchen Beitrag kann Europa zur Stabilität in der Welt leisten? Daraus ergeben sich Antworten. Es geht hier ganz klar um eine bessere Verteilung der Abgrenzung der Zuständigkeiten. Es geht um Reformen der Institutionen. Es geht um eine Vereinfachung der Instrumente der Europäischen Union, mehr Demokratie, mehr Transparenz, Effizienz und Bürgernähe. Es geht natürlich auch ganz entscheidend um eine Vereinfachung und Neuordnung der Verträge. Ziel ist es, den heutigen Besitzstand der Europäischen Union in Form von fünf Verträgen mit zahlreichen Änderungsverträgen, mit mehr als 600 Vorschriften in einem europäischen Verfassungsvertrag zu vereinen. Und die Einbeziehung der Charta der
Grundrechte in den Verfassungsvertrag ist für uns eine Selbstverständlichkeit.
Die erste Konventphase der Ermittlung, des Zuhörens, auch welche Erwartungen, welche Nachfragen die Menschen haben, die ist vorüber. Wir sind jetzt dabei, diese eingebrachten Vorschläge, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, zu erörtern. Das ist genau dieser Prozess, der jetzt stattfindet, in den wir uns als Parlament einbringen. Die dritte Phase, die ja im Januar 2003 beginnen wird, wird dann die Formulierung eines Vertrags sein, meine Damen und Herren. Deshalb ist es eigentlich auch für mich zwingend und wichtig, dass sich der Thüringer Landtag in diesen Prozess einbringt und sich beteiligt. Wir sind, das muss man an der Stelle einmal deutlich klar machen, von der Landesregierung in jedem Ausschuss umfassend und aktuell zu dem Thema informiert worden. Das wird natürlich mit Sicherheit auch perspektivisch so sein. Ich denke, da darf man an der Stelle einmal danke sagen.
Die Aufgabe des Konvents ist jetzt klar. Der Vorentwurf des Verfassungsvertrags mit seinen 46 Artikeln, der wird uns in Zukunft beschäftigen und da muss jetzt Substanz drumgebaut werden. Deshalb ist ja der Konvent auch an mehreren Plenartagungen aktiv. Es gibt Arbeitsgruppen, insgesamt zehn Arbeitsgruppen, die zu unterschiedlichsten Themenfeldern arbeiten. Die Abschlussberichte dieser Arbeitsgruppen fließen derzeit ein. Wir waren ja, Sie haben es vorhin auch gesagt, dabei und konnten eine Diskussion des Abschlussberichts VI selbst miterleben. Aber das ändert doch nichts, dass viele Fragen offen bleiben und der wichtigste Punkt ist schon, weil Sie es angezweifelt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger die Chancen haben, sich jetzt hier einzubringen, jeder einzelne. Es gibt genug Möglichkeiten über Internet, über Stellungnahmen sich an diesem Prozess zu beteiligen.
Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, sich einmal die Mühe gemacht hat, diesen Vorentwurf zu studieren, der wird klar erkennen, dass dieser Antrag von uns systematisch aufgebaut und auch die Intention dieser bisherigen Konzeptionen des Verfassungsentwurfs, des Vorentwurfs sich darin wiederfindet. Wir hatten natürlich im Bereich der Verteilung und der Abgrenzung der Zuständigkeiten zur Europäischen Union klare Standpunkte vorgebracht. Demokratie zu diesem Punkt beginnt schon ganz unten, weil Sie immer sagen föderal, sie sind gegen Subsidiarität. Demokratie beginnt unten in den Dörfern. Autonomie, lokale und regionale Selbstverwaltung müssen als Grundvoraussetzung für ein Europa anerkannt werden, das Einheit herstellt, aber das natürlich auch Vielfalt bewahren kann. Das sind die unterschiedlichen Problemfelder. Das bedeutet, dass auch die politischen Handlungsspielräume der Länder, Städte und Gemeinden hier entscheidend und ausreichend berücksichtigt werden müssen. Die kommunale Selbstverwaltung muss in diesem Verfassungsvertrag angemessen verankert werden. Im Mit
telpunkt dieses Kompetenzkapitels steht das Subsidiaritätsprinzip mit einer klaren Definition, nämlich eine Tätigkeit der Union ist auch nur dann zulässig, wenn erstens eine Maßnahme auf nationaler Ebene nicht ausreichend ist und zweitens, wenn nachgewiesen ist, dass diese Maßnahme wirksamer von der Union realisiert werden kann. In der zweiten Konventsitzung übrigens haben sich sehr viele Teilnehmer für die Schaffung eines Gremiums zur Kontrolle des Subsidiaritätsprinzips ausgesprochen. Neben einer stärkeren politischen Kontrolle soll es nämlich auch zu einer intensiven rechtlichen Kontrolle kommen. Das von der Arbeitsgruppe "Subsidiarität" vorgeschlagene Frühwarnsystem - der Minister hat es auch erwähnt - gibt natürlich auch den nationalen Parlamenten die Möglichkeit, die Verletzung dieses Prinzips während des gesamten Gesetzgebungsprozesses zu rügen. Die Kommission muss nach dieser "gelben Karte" eine begründete Stellungnahme abgeben und gegebenenfalls auch ihren eigenen Vorschlag überprüfen. Bei der von der Arbeitsgruppe dann weiterhin vorgeschlagenen Klagebefugnis der nationalen Parlamente können diese jetzt zudem in Form einer Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof die "rote Karte" ziehen. Dieses neue System der Subsidiaritätskontrolle hat für den Bundesrat schon einen besonderen Vorteil, dass er als zweite Kammer des Parlaments auch voll von diesen gestärkten Rechten profitieren kann.
Zu unserem Punkt im Antrag "Stellung der Regionen innerhalb des AdR" wird Herr Schröter noch einiges ausführen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein paar Worte zum SPD-Antrag sagen: Wir haben ja im Ausschuss dieses Thema diskutiert, es war ein Selbstbefassungsantrag, Frau Kollegin Sedlacik, und kein Antrag, der direkt an das Parlament gerichtet war. Ich habe Ihnen die Gründe erklärt und ich habe auch mit den Kollegen in meinem Arbeitskreis, auch mit dem Kollegen der SPD genau über den Änderungsantrag gesprochen. Da gibt es inhaltlich von unserer Seite her überhaupt keine Schwierigkeiten. Das kann man mittragen. Weil Sie es vorhin so dargestellt haben, dass die Mitte des Hauses mit ihrer Mehrheit den Antrag durchpowern wird. Wenn es sachlich inhaltlich begründet ist, haben wir überhaupt kein Problem, diese Anträge mitzutragen und das wird sich dokumentieren, das ist völlig klar. Aber über Ihren Antrag habe ich mich ja schon zu Beginn geäußert. Zur weiteren fachlichen Beratung, das steht auch drin, darauf sind Sie nicht eingegangen, in unserem 4. Punkt, werden wir natürlich die Arbeiten im Konvent im Ausschuss begleiten. Der Abschluss dieser Arbeiten ist für den Juni 2003 vorgesehen, ich denke, da sind noch genug Möglichkeiten da, dass man, wie auch immer, unabhängig von diesen und jenen Gesichtspunkten über Anträge, über Stellungnahmen auch hier im Plenum die Diskussion weiter führen kann. Denn für uns, auch für meine Fraktion, ist es unumstritten, dass der Hintergrund genau der ist, der Prozess ist im Laufen, wir müssen uns daran beteiligen, aber wir haben auch die Pflicht als Parlament, hier klare Positionen und Stellungnahmen abzu
geben und deshalb bitte ich auch um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Pelke, um das gleich richtig zu stellen, was Sie eingangs bezüglich der Veranstaltung gesagt haben, dass das nicht so im Raum stehen bleibt, dass die PDS und Sie dort anwesend gewesen sind. Es ist nachprüfbar, ich bin vor Wochen von Kollegen des Wach- und Schließdienstes angesprochen worden, dass diese Veranstaltung irgendwann stattfinden wird und ob ich teilnehmen würde. Da habe ich spontan gesagt, gar keine Frage, weil es unser aller Anliegen sein muss, in dem Bereich etwas zu tun, das zumindest öffentlich zu machen. Die Zeit verging, es kam keine Einladung. Da habe ich vorige Woche bei denselben Herren vom Wach- und Schließdienst nachgefragt und die haben gesagt, es ist versehentlich falsch gelaufen und ich würde demnächst - wörtlich: Es würde mir
demnächst die Einladung persönlich ins Fach gelegt, damit auch wir als CDU-Fraktion wissen, wann diese Veranstaltung stattfindet. Das vielleicht mal so weit.
Deshalb habe ich das gesagt, damit nicht der Eindruck entsteht, dass Sie sich hier um die Menschen kümmern, die niedrige Löhne verdienen und wir jenseits da oben irgendwo schweben würden.
Nein, das kann ich mir nicht sparen, denn Sie erwecken ja offensichtlich diesen Eindruck immer ganz bewusst.
Verehrter Bodo Ramelow, man muss da auch mal ein bisschen vorsichtig sein. Es ist unstrittig, dass wir wissen, wie es in den Unternehmen zugeht. Da kann man keine Pauschallösung finden. Mein Eindruck auch aus vielen Unternehmen, die ich nicht nur in der Funktion als Abgeordneter, sondern auch in einer anderen Funktion besuche, ist, welches vernünftige Klima zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Sinne des wirtschaftlichen Unternehmens herrscht. Das ist unstrittig.
Wenn man dort hingeht und nachfragt, ob es Betriebsräte gibt, und die gibt's, dann sind die mit am Tisch und da bekommt man genau die gleiche Bestätigung in der Sache. Da ist es wenig sinnvoll, wenn wir hier so einen Klassenkampf anfangen, denn den Eindruck hatte ich schon ein Stück. Das können wir wirklich überhaupt nicht gebrauchen, das mag in einer Zeit gewesen sein, wo das Gewerkschaften auf der anderen Seite Deutschlands geübt haben, wir haben davon jetzt ein etwas anderes Verständnis. Ich finde es auch ein Stück unredlich, dem Finanzminister Janusköpfigkeit vorzuwerfen, denn eines ist schon klar und dafür plädieren wir immer, die Landesregierung von Anfang an und die Fraktionen genauso wollen die Tarifautonomie. Das ist unstrittig und da möchte ich auch nicht, dass sich die Politik in die Tarifautonomie und in die Funktion einmischt, die im öffentlichen Dienst der Arbeitgeber zu vertreten hat, ist ein Unterschied, als wenn genau das angesprochen wird, dass man in diesem Wach- und Schließgewerbe bei niedrigen Tariflöhnen liegt. Ich glaube, das ist nicht ganz fair, denn Beispiele, die mich auch als Gewerkschafter sehr ärgern, wie wir in unserm eigenen Laden, im Gewerkschaftsladen, oft damit umgehen, wenn es um Entlassungen, um Arbeitnehmerprobleme geht, denn da sind wir als Unternehmen genauso den Gesetzen unterworfen,
wie sie es draußen in der Wirtschaft sind. Das ist nicht immer einfach und es tut auch den Menschen weh, wenn man so etwas tun muss, aber ich hätte mir schon gewünscht, dass ver.di an dem Punkt, wenn es um Tarifverhandlungen für Wach- und Schließgewerbe geht, vielleicht auch ein bisschen mehr erreicht hätte; und das ist kein Problem der Landesregierung. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das lasse ich mir natürlich nicht nehmen, Herr Kollege Höhn, hier auch noch etwas dazu zu sagen, das ist klar,
zumal eigentlich das Schlimmste, was uns diese Woche passieren konnte, die Aussage von Bundeskanzler Schröder am Dienstag war, dass die Hartz-Pläne für ihn zur Chefsache gemacht werden.
Wenn ich mich daran erinnere, was er 1998 zur Chefsache gemacht hat, Aufbau Ost, und wenn ich die wirtschaftsund arbeitsmarktpolitische Situation jetzt in Deutschland sehe, dann kann man das wirklich nur als eine Bedrohung empfinden.
Mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent bleibt Rotgrün wirklich deutlich unter der Beschäftigungsschwelle von fast 2 Prozent, das hat erst diese Woche das Kieler Institut für Weltwirtschaft festgestellt. 0,4 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt Schlusslicht in Europa.
Nein, Irrtum, Herr Höhn, Schlusslicht in Europa, meilenweit an letzter Stelle. Und in Euroland, wenn man sich das Wachstum dort bei anderen Ländern einmal ansieht, weit über das Doppelte so hoch. 12 Jahre nach der Wiedervereinigung geht die wachstums- und stabilitätsgefährdende Schere zwischen Ost und West deutlich und immer weiter auseinander. Die Arbeitslosigkeit hat den höchsten Stand seit der Vereinigung erreicht. In den neuen Ländern stehen rund 62.000 offenen Stellen 1,4 Mio. Arbeitslose gegenüber. Jetzt, so kurz vor der Bundestagswahl knüpft Schröder da an, wo er im letzten Wahljahr aufgehört hat, und wer kann sich nicht an sein Zitat erinnern - Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich zitiere: "Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosenquote signifikant zu senken, dann haben
wir es weder verdient, wieder gewählt zu werden, noch werden wir wieder gewählt." Recht hat er, kann ich da nur sagen, Recht hat er, meine Damen und Herren.
Und heute oder am 14. August verspricht er, nicht, wie man eigentlich meinen sollte durch seinen zuständigen Arbeitsminister Herrn Riester, sondern durch einen VWManager Herrn Hartz, wir halbieren die Arbeitslosigkeit bis 2005.
Kommissionen ersetzen eben nicht den fehlenden Mut zu politischen Reformen.
Hauptproblem, das wissen wir alle miteinander, ist nämlich nicht die Vermittlung von Arbeitslosen in dieser Situation, sondern eindeutig das Fehlen und der Mangel an Arbeitsplätzen.
Meine Damen und Herren, wenn man zunächst einmal die Verpackung der Hartz-Vorschläge beseitigt und sich von der Modernisierungsrhetorik, die überhaupt kein Bürger versteht, wie z.B. Bridging- oder Quick-Vermittlung, Ich- oder Personal-Service-Agenturen, wenn man sich davon löst, dann kommt man schon zu der Frage: Was macht eigentlich die Substanz und den materiellen Kern der Vorschläge der Hartz-Kommission aus? Da gibt es so einen schönen Spruch, da kann man nur sagen: "Alter Wein in neuen Schläuchen." Herr Schröder muss sich schon die Frage gefallen lassen: Wie kann er jetzt zu dem Zeitpunkt eine massive Verringerung der Arbeitslosigkeit in kurzer Zeit für machbar halten, wo er noch bis vor wenigen Wochen die Höhe der Arbeitslosigkeit als innenpolitisch kaum beeinflussbar, weil überwiegend von der Weltkonjunktur abhängig, dargestellt hat? Andere Länder in Europa, ich habe es eingangs gesagt, haben diese Situation, ihre Chance weitaus besser genutzt, nämlich durch die Befreiung von Bürokratie, von Überreglementierung haben sie damit ihre Wirtschaft wesentlich wettbewerbsfähiger gemacht. Wieso hält er nun eine weit gehende Arbeitsmarktreform für erforderlich, wo seine Bundesregierung doch vor kurzer Zeit damals bei der Verabschiedung des Job-Aqtiv-Gesetzes geprahlt hat, damit werde die Reform der Arbeitsmarktpolitik nicht nur aktiv angegangen, sondern sie wird sogar zum Abschluss gebracht? Da kann man wirklich nur staunen. Wir haben es ja heute gehört, selbst der DGB Thüringen hat dieses Job-Aqtiv-Gesetz als völlig unpraktisches Mittel angeprangert. Minister Schuster hat uns gestern ja deutlich die Zahlen genannt. Also, lieber Herr Kollege Müller, das war wohl, glaube ich, kein Beitrag, wie Sie das vorhin hier uns anpreisen wollten.
Wenn wir uns einmal zurückerinnern,
wissen wir natürlich ganz genau, dass die Hartz-Kommission auch nur aufgrund von unterschiedlichen Interpretationen in Sachen Vermittlungsstatistik eingesetzt worden ist. Es ist allerdings keine Frage, das sage ich auch, dass in dem Hartz-Konzept durchaus auch interessante Vorschläge enthalten sind, aber es ist leider nicht viel Neues: Job-Center sollen die Vermittlungsfähigkeit der Arbeitsämter verbessern, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe unter einem Dach verzahnen.
Meine Damen und Herren, so steht es schon im Wahlprogramm der Union "Zeit für Taten", da kann ich nur sagen, abgeschrieben, längst überfällig und seit langem schon Beschlussvorlage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Es geht weiter, Herr Müller. Die Zeitarbeit soll stärker als Brücke in den Arbeitsmarkt genutzt werden. Die HartzVorschläge sehen vor, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu flexibilisieren. In Ihrem geltenden Grundsatzprogramm, meine Damen und Herren von der SPD, steht noch der Satz geschrieben - bitte nachlesen -, "Leiharbeit ist zu verbieten."
Die Unionsfraktion im Bundestag hat bereits zu Beginn der Wahlperiode einen Antrag zur Lockerung der Regelung zur Zeitarbeit eingebracht,
immer abgeschmettert von Rotgrün. Es wäre schön, wenn Sie uns entgegengekommen wären, immer abgeschmettert die Vorschläge, bitte nachschauen. Wenn man wie wir über Flexibilisierung am Arbeitsmarkt und über Regelungen zur Zeitarbeit nachgedacht hat, wurden wir von Ihnen und von den Gewerkschaften immer in die Nähe von Menschenhändlern geschickt. Wenn die SPD nun Ähnliches will, bitte, dann kann ich nur sagen, umso besser.
Die Arbeitslosen als Ich-AG erhalten die Möglichkeit, geringfügig zu arbeiten, eine Regelung, die zunächst für Arbeitslose, später für alle Erwerbstätigen gelten soll, heißt es, im Wesentlichen Zusatz- und Nebenjobs pauschal besteuern und großzügige Anrechnungsvorschriften bei Sozialleistungen in der Rechtsform der Selbständigkeit.
Großzügigere Zuverdienstmöglichkeiten für Empfänger von Sozialleistungen - auch hier nichts Neues. Das wird seit langem unter der ganzen Überschrift "Kombilohn" gehandelt, genau unter diesem Begriff haben wir selbst hier im Haus schon einmal diskutiert. Das gab es schon einmal, z.B. Pauschalbesteuerung von Nebenverdiensten, wurde von Rotgrün aber im Zuge der Neuregelung der 325-EuroJobs abgeschafft. Wir wollen eine Pauschalbesteuerung für Jobs, auch für Nebenverdienste, bis 400 0 wobei die Einnahmen an die Sozialversicherung fließen sollen. Das Gesetz zur Scheinselbständigkeit wird ersatzlos gestrichen und das, was Rotgrün früher bekämpfte, zur Lösung erhoben - ebenfalls abgeschrieben.
Hartz will die Nebenjobs in die Rechtsform der Selbständigkeit, das führt für die rotgrüne Gesetzgebung zur Scheinselbständigkeit allerdings sehr ad absurdum.
Das Hartz-Konzept stellt auch ältere Menschen ins Abseits, meine sehr geehrten Damen und Herren. Mit 55 Jahren sollen Arbeitslose aus der Statistik entfernt werden
aus den Augen, aus dem Sinn. Ältere Arbeitnehmer aus der Statistik herauszumanipulieren und dies mit einem Frühverrentungsprogramm zu verbinden, das ist ein Irrweg. Wir brauchen die Erfahrungen der älteren Arbeitnehmer. Mit Blick auf die Rentenversicherung muss das tatsächliche, nicht das gesetzliche Renteneintrittsalter eher angehoben werden, meine Damen und Herren. Wie realitätsfremd bezüglich der Arbeitsmarktbedingungen bei uns im Osten die Vorschläge der Hartz-Kommission sind, ist im Job-Floater-System deutlich gemacht worden. Unser Hauptproblem sind die fehlenden Arbeitsplätze. Das schnellere Vermitteln von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in nicht vorhandene Stellen löst das Problem überhaupt nicht. Kein Unternehmer, nicht einer, wird nur einen Mitarbeiter einstellen und wenn es noch so hoch staatlich subventioniert ist, wenn er die Auftragslage dazu nicht hat. Das ist die Voraussetzung für Arbeitsplätze.
Bei diesem Modell - Herr Kollege Müller, Sie haben die Zahlen ja genannt, ganz zu schweigen davon, dass die Bedienung dieses Konzepts durch die erforderliche Eigenkapitalkomponente den Unternehmen bei uns möglich sein soll - in dieser Größenordnung Geld zu akquirieren und frei zu machen, das glauben Sie wohl selbst nicht, dass das zum Erfolg führen kann. Wir müssen unternehmerische Tätigkeit und Existenzgründung attraktiv machen. Nicht der Staat beseitigt die Arbeitslosigkeit, er setzt Rahmenbedingungen. Das wird mit einem künftigen Arbeitsminister und einem Wirtschaftsminister im Bund, mit Lothar Späth, deutlich besser gelingen als mit einem blassen Herrn
Riester. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, recht hat er, Thomas, der Kanzler hat hier nicht die Rolle gespielt, aber ich darf hier mal ein Zitat von Ihrer Bundesministerin Frau Buhlman von dieser Woche nennen, die mit der Ausbildungssituation "sehr zufrieden ist und für die, die doch nichts haben, werden wir auch noch etwas finden", wörtliche Aussage von Frau Buhlman.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch wirklich jedes Jahr das Gleiche, es ist doch unstrittig, dass wir in dieser Frage alle gemeinsam eine Verantwortung haben, das ist ohne Diskussion. Aber wie sich die Bilder oder sprich die Anträge gleichen, die von der PDS hier eingereicht werden, jedes Jahr. Frau Kollegin Wackernagel hat das ja deutlich gemacht in einer chronologischen Folge. Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich bin noch nicht sehr lange in diesem Haus, aber was in diesem Punkt von der PDS immer als Anträge eingebracht wird, das zeigt ganz deutlich, wo die Reise hingeht. Sie verbreiten Panik, wollen Angst schüren und wollen Thüringen schlechtreden.
Und schon fast auf den Tag genau, diese Woche hat der Geschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, Herr Dr. Artymiak, das genau richtig gesagt: Man kann die Uhr danach stellen. Man kann wirklich die Uhr danach stellen, wenn Anfang September genau dieses Thema aufgerufen
wird. Wider besseres Wissen kennen Sie genau die Fakten, die Daten und die Zahlen, ab wann man verlässlich über dieses Thema diskutieren muss und wo man eingreifen muss, wo man sagen kann, jetzt sind wir gefragt, jetzt müssen wir versuchen, auf welchem Weg auch immer, nach Möglichkeiten zu suchen, die noch nicht vermittelten jungen Menschen in diese Ausbildungsplätze hineinzubekommen. Das ist natürlich völlig klar, dass im September, im Oktober, im November, wenn man gerade mit den Ausbildungsbetrieben spricht, weitere Lehrverträge abgeschlossen werden. Das war jedes Jahr so, das wird auch in diesem Jahr wieder so sein, das ist unstrittig. Für die 5.500 erwähnten bis jetzt noch nicht mit Ausbildungsplätzen bedachten Menschen haben wir eine Verantwortung, das ist völlig klar.
Ich sage noch einmal eines dazu, weil die Wirtschaft angesprochen worden ist, man muss sich mal die Zahlen anschauen. Wenn man die aktuelle Zahl aus dem produzierenden Gewerbe sieht, nehmen wir mal das Baugewerbe, das ist ja maßgeblich daran beteiligt, dass die Zahlen so schlecht liegen. Der Umsatzverlust gegenüber dem vorigen Jahr betrug über 14 Prozent. Da müssen Sie mal in so ein Unternehmen gehen, die haben immer ausgebildet, wenn sie Umsätze hatten, gerade die Handwerksbetriebe, sehr verantwortlich ausgebildet, aber wenn diese Entwicklung da ist und die - das sage ich hier ganz klipp und klar - einer völlig verfehlten Steuerpolitik von Rotgrün geschuldet ist, wo kein Wachstum stattfindet in der Wirtschaft, dann muss man den kleinen und mittelständischen Unternehmen auch zugestehen, dass sie Schwierigkeiten haben, junge Leute einzustellen und auszubilden. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, die 3,1 Prozent, die es genau ausmacht im Vergleich der Zahlen zum vorigen Jahr, die im Moment etwas höher liegen, an jungen Menschen, die noch nicht in der Ausbildung sind, die werden wir - da bin ich mir sehr sicher - gemeinsam mit der Landesregierung und mit den bisher anstehenden Programmen auch bewältigen können.
Was mich allerdings auch ein Stück verwundert - das ist heute noch nicht angesprochen worden - Frau Kollegin Pelke, Sie kennen ja auch das Bund-Länder-Programm der 14.000 zusätzlichen Lehrstellen. Ich glaube, darauf muss man hinweisen. Thüringen hat dieses Jahr 1.679 Stellen gefördert bekommen. Warum der Bund uns dieses Jahr exakt ausgerechnet 240 Stellen weniger bewilligt, die Frage müsste man allerdings auch einmal weitergeben. Vielleicht können Sie das tun, dann geht es auch wieder ein kleines Stückchen aufwärts.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gentzel, bitte einmal den Antrag lesen. Der Antrag sagt, wir reden über die Arbeitsweise der Kommission.
Ich nehme es jetzt schon einmal vorweg, wir werden über die Ergebnisse von Hartz deutlich reden müssen, das ist völlig klar, dass das in einer Aktuellen Stunde hier nicht dargestellt werden kann,
aber die Katz ist aus dem Sack. Nachdem man sieben Wochen lang einem geeigneten Publikum gegenüber versucht hat, ständig durch Informationenstreuen jeden Tag, jede Woche etwas Neues, einmal so ein bisschen Leben ins Sommertheater reinzubringen, ist es nun endlich einmal gelungen, nach Wochen irgendein Ergebnis auf den Tisch zu legen. Man hat das ja auch gut im französischen Dom in Berlin inszeniert. Man hat 500 auf Hochglanzpapier gedruckte Einladungen verschickt. Da frage ich mich einmal, weil hier viele Kollegen aus der Enquetekommission "Wirtschaftsförderung in Thüringen" sitzen, da tut es einem schon ein bisschen weh, Thomas, vielleicht auch in welch bescheidenem Rahmen wir der Präsidentin unser Ergebnis präsentiert haben, in welchem Stil das hier vom Bund gefahren wird.
Aber so weit, so schlecht. Ich will es auch gar nicht weiter beleuchten. Die Arbeitsmarktpolitik ist verschleppt worden, es ist auch keine Kritik in dem Punkt dran, wir müssen dafür sorgen, dass es hier vorwärts geht. Nach wie vor, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Hauptproblem in Deutschland ist nicht die schnelle Vermittlung von Arbeitslosen in Stellen, die wir nicht haben, sondern wir müssen dafür sorgen, dass wir Stellen schaffen. Das ist das Problem.
Frau Kollegin Vopel hat ja die 52 Gutachten angesprochen. Wer sich das wirklich einmal anschaut, was die Benchmarking-Gruppe mit der Bertelsmannstiftung zusammen gemacht hat, Heide Pfarr übrigens dabei, andere auch - das könnte ich Herrn Gentzel einmal empfehlen, das soll er einmal lesen. Es ist aus gutem Grund verschlossen worden, weil nämlich genau die Kritik drin stand, die man hätte berücksichtigen müssen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Genau das ist nicht passiert und nun hat man natürlich, wie gesagt, auf dem Tiefstand der Arbeitslosenzahlen der letzten Jahre versucht, mit Herrn Hartz da noch ein bisschen was zu reparieren. Erstaunlich, das möchte ich an der Stelle auch einmal sagen, ist für mich auch gewesen, der DGB Thüringen, unser Kollege Spieth, hat gesagt, es kann ja jeder das Gegenteil sagen, Hartz geht an der Ostrealität vorbei. Kollege Ramelow hat es auch gesagt, wir sehen es als Fraktion ganz genauso, mit einem Menschen wie Herrn Tiefensee kann man die Probleme des Ostens nun wirklich nicht bearbeiten. Aber man höre und staune, ein paar Tage später sagt Herr Spieth, das Konzept ist genial. Da kann ich nur die parteipolitische Neutralität des DGB irgendwo in Frage stellen oder es ist Wahlkampfzeit, wie Herr Gentzel ja immer sagt, das muss man einfach einmal so zeigen, das verwundert einen doch ein bisschen. Ich kann dem auch nur beipflichten, die Kommunen kratzen jeden Cent zusammen, wir haben Steuerausfälle in Größenordnungen, da verspricht er uns, wir machen einmal so im Vorbeigehen 150 Mrd. für den Osten locker. Das ist ja einfach nur so aus der Portokasse zu machen. Wenn ich die Einkünfte der Arbeitnehmer in Thüringen und den neuen Ländern kenne, wenn ich die Kapitalausstattung der Unternehmen kenne, da kann ich nur sagen, ausschlafen. Vom Osten, von der Situation, von den Problemen in den neuen Ländern im Osten nichts verstanden, liebe Freunde.
Zum Schluss noch einmal: Gerade in den neuen Ländern, da bin ich anderer Meinung, Kollege Ramelow. Ich glaube schon, dass wir darauf achten müssen, dass wir wirtschaftliches Wachstum voranbringen. Es wird uns trotz Rationalisierung nur wirtschaftliches Wachstum helfen, auch Arbeitsplätze zu schaffen. Ich denke, es ist einer der geeigneten Wege und die Rahmenbedingungen müssen wir ändern. Da hat die Hartz-Kommission bisher nichts getan. Und das bedeutet viel, viel Kleinarbeit, deshalb sage ich für meine Fraktion, als CDU werden wir einen entsprechenden Antrag einbringen, dass wir im September hier im Haus wirklich eine Debatte auch über Ergebnisse führen können. Denn wie hat der Herr Hartz am 16. August gesagt, es war genau zur Stunde 11 Uhr: "Innerhalb von drei Jahren werden wir die Arbeitslosigkeit halbiert haben." Und das kann man mal so schön herunterrechnen. Bis dahin im September haben wir zwei Monate geschafft, da müsste ja die Zahl sich schon deutlich verändert haben. Das sind die Aussagen und deshalb, liebe Freunde, meine ich, wir haben allen Grund, wir müssen, wie gesagt, Arbeitsplätze schaffen und das geht nur, wenn wir alle an einem Strick ziehen und wir werden in der Debatte hier das Für
und Wider dieser Vorschläge genau analysieren müssen, denn sie treffen für uns in vielen Fällen nicht zu. Ich will mich nicht wiederholen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Botz, das ist so wie im Eiskunstlaufen, da ist die Pflicht vorgeschrieben, die muss man durchführen, aber die Kür, die bleibt den Aktiven individuell vorbehalten. Für die Kür, die die Landesregierung heute hier geboten hat, herzlichen Dank.
Europäische Demokratie setzt auch europäische Öffentlichkeit voraus. Frau Kollegin Sedlacik, es ist klar, Sie sind ja noch recht jung dabei. Ich hoffe, dass die PDS inzwischen die Frage des Nachrückens im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten nach Monaten geklärt hat. Das zeigt auch das Europaverständnis in der Fraktion, dass man über Wochen nicht in der Lage ist, irgendeinen Menschen zu benennen. Aber Sie sind noch jung dabei, deshalb nehme ich Ihnen das überhaupt nicht übel. Zu dem, was Sie vorgetragen haben, empfehle ich Ihnen mal in der Urlaubszeit, beschäftigen Sie sich mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, da stehen all die Dinge drin, die Sie jetzt einmal so aufgezählt haben, die von Ihnen verlangt werden. Es wäre vielleicht eine sinnvolle Lektüre für die Urlaubszeit. Dass die PDS noch nie eine Europapartei war im Gegensatz zur Union, das brauche ich, glaube ich, hier überhaupt nicht zu erwähnen.
Das können Sie gern tun, Frau Nitzpon.
Ausgangspunkt der ganzen Diskussionen war tatsächlich die Drucksache 3/1825 zu den anstehenden europapolitischen Herausforderungen. Ich kann mich nicht erinnern, wenn man mal in die Legislaturen zurückschaut, dass jemals seit 1990 europapolitisch eine solch umfassende Diskussion in einer Legislaturperiode stattgefunden hat, mit einer Großen Anfrage, die flächendeckend solche Themen aufgreift, die wir heute diskutieren, die wir auch in der Drucksache 3/1878 diskutiert haben, die Landesregierung hat Regierungserklärungen abgegeben. Wir haben Europa ein ganzes Stück vorangebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nun reden und behaupten natürlich tatsächlich alle Menschen, die mehr oder weniger mit Europa etwas zu tun haben, wir müssen die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen nach Europa. Mit markigen Worten allein ist das allerdings nicht gemacht, denn angesichts der wachsenden Dynamik und auch der Komplexität in diesem europäischen Prozess, das ist heute von den Vorrednern angesprochen worden, ist schon der direkte Einfluss, der in Brüssel getroffen wird, der sich auf Landes- und auf Kommunalebene bis unten durchzieht, Herr Dr. Botz, völlig klar, der wird stärker beim Bürger spürbar und erregt beim Bürger natürlich auch immer mehr Unwohlsein und Ärgernis und Unzufriedenheit. Das ist durchaus richtig, das haben wir auch hier debattiert. Der Minister hat ja vorhin einmal so ein paar Prozentzahlen genannt, die ja auch zu denken geben. Es passt da ganz gut rein, wenn man die ganz aktuellen Prozentzahlen zur EU-Erweiterung nimmt. Da ist es schon ein bisschen erstaunlich, dass 43 Prozent zur EUErweiterung Ja sagen, 34 Prozent sagen Nein und 23 Prozent sagen, das interessiert mich überhaupt nicht. Das ist schon alarmierend, wo wir eigentlich darauf achten müssen, dass wir in diesem Kontext auch insgesamt ein Stückchen weiter vorankommen, denn die auch vom Minister angesprochene Strategie der Landesregierung zu Beginn der Legislatur, genau über diese Herausforderungen, über diese Jahre hinweg, ist ja nicht festgeschrieben. Wenn man heute sagt, Sie haben es angesprochen und auch Frau Sedlacik umfassend äußert, das kann sie nicht mittragen und wir würden das etwas zu steif sehen, man müsste das ein bisschen ausweiten, nur die Europawoche ist zu wenig. Da kann ich eigentlich immer nur sagen, es stimmt nicht. Die Europawoche ist ein einziger Teil, ein Teil der komprimiert die Aktivitäten zu Europa, da gehen wir in Schulen, in Verbände, sprechen mit jungen Menschen, aber über das ganze Jahr, ob die Europäische Union, ob die Europäische Bewegung, Europa findet doch tatsächlich über das
Jahr hinweg statt, ob in Foren, ob in den Fraktionen. Ich bin schon froh, die Minister sitzen ja hier und weil Sie es angesprochen haben, ressortübergreifend, dafür koordiniert die Staatskanzlei die Europafragen. Das ist völlig klar, das wissen Sie ganz genau, wie die Geschäftsordnung der Landesregierung geht, da braucht man keine Bedenken haben, dass das nicht funktioniert. Denn ich glaube, die Konzepte, auch was wir heute gehört haben, das ist ein Blick nach vorn, der aber natürlich nie und nimmer den Anspruch für sich nehmen kann, dass er nicht fortgeschrieben werden kann. Das ist überhaupt keine Frage. Das Konzept wird aufbereitet, fortgeschrieben und natürlich auch je nach Situation, wie die Lage sich weiterentwickeln wird. Wir wissen doch ganz genau, der Konvent tagt und da wird es weiterhin zu entscheidenden Fragen kommen, wie können wir uns einbringen, wie können die Bürger sich einbringen. Es ist über das Internet gesprochen worden, das ist sehr richtig, aber richtig ist auch, dass es einen großen Teil von Bürgern gibt in Europa, die haben keinen Internetanschluss, die praktisch an dieser Diskussion öffentlich gar nicht teilnehmen können, sich einbringen können in die Zukunft Europas. Das bedeutet ganz klar, wir müssen auch hier nach Wegen suchen, wie man denn nach Möglichkeit den Dialog mit den Menschen in Europa, in Thüringen und natürlich auch letztendlich in Deutschland vorantreiben kann.
Vielleicht zum Schluss noch, weil ich auf den Inhalt eigentlich nicht näher eingehen muss, die PDS hat sich dazu geäußert, Frau Sedlacik hat gesagt, sie kann das nicht mittragen, weil ihnen die umfassende europäische Aktivität und Sie haben es Lobhudelei genannt, kann ich natürlich von Ihrer Seite verstehen, es ist immer ärgerlich, wenn man merkt, dass eine Landesregierung erfolgreich in dem Punkt arbeitet, erfolgreicher als Länder in den neuen Bundesländern, die nicht von der Union regiert werden, das ist völlig klar. Aber Herr Kollege Botz hat ja richtigerweise auch signalisiert für seine Fraktion, dass er den Beschluss mitträgt. Ich glaube, den einen Punkt, den Sie angesprochen haben, was die regionalen Partnerschaften anbelangt, wir konzentrieren uns überhaupt nicht nur auf Litauen, das ist nicht richtig. Wenn Sie den Antrag, wenn Sie die Beschlussempfehlung in Punkt 3 lesen und den ersten Antrag im dritten Absatz lesen, da steht ganz klar drin, dass wir zu allen Regionen, die wir haben, bilateral die Kontakte ausbauen und pflegen werden, nicht nur zu Litauen, sondern zu allen regionalen Partnerschaften und auch zu denen, die sich neu gründen werden, wo wir immer bestrebt sind, auch im Rahmen von europäischen Förderprogrammen, wo sich bestimmte Regionen zusammenschließen müssen, diesen Weg weiterhin mit zu beschreiten.
Meine Damen und Herren, weil der Ausschuss für Bundesund Europaangelegenheiten in der Vergangenheit eine für meine Begriffe, zumindest in den letzten zweieinhalb Jahren, gute Europapolitik gemacht und Themen aufgegriffen hat und sich geäußert und mitgeredet hat zu den Dingen - wir haben Entschließungen getroffen, die im Bundesrat sehr hilfreich gewesen sind für Thüringen, deshalb
glaube ich, ganz einfach, dass wir am Ende unserer Debatte in diesen Schwerpunktaktivitäten natürlich in der Öffentlichkeitsarbeit für uns als Landtag aktiver werden müssen. Dafür sind Konzepte, von der einen Seite durch die Regierung, Konzepte von uns, da kann man über Dinge, die Dr. Botz gesagt hat, durchaus nachdenken, das halte ich auch in vielen Punkten für uns als Parlament durchaus angebracht, aber aufgrund der bisher getätigten Argumente und ausgetauschten Argumente glaube ich einfach und bitte Sie auch um Zustimmung zu unserer Beschlussvorlage. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ramelow, in dem Punkt Tariftreuegesetz werden wir mit Sicherheit nicht übereinkommen. Das ist völlig klar, weil Sie jetzt hier auch Positionen als Gewerkschafter deutlich vertreten haben, die für mich erkennbar, auch aus der Spitze des Dachverbandes herauskommen. Ich darf an der Stelle, weil Sie es zitiert haben und Herr Kollege Müller das gleiche Zitat gebracht hat, ja ruhig einmal zeigen, was hier beim Dachverband der Gewerkschaft und bei der IG Bau-Agrar-Umwelt zu dem Punkt geschrieben steht, woraus zitiert worden ist, dass die CDU-regierten Bundesländer das Gesetz am 31. Mai im Bundesrat stoppen werden. Ich erinnere nur einmal ganz nebenbei, ich komme dann noch einmal kurz darauf zurück, es trifft nicht nur die CDU-regierten Länder, sondern, ich glaube schon, dass auch ein Stück Unwahheit genau in diesem Punkt hier drinsteht. Deshalb bin ich froh, dass wir auf Antrag der CDU-Fraktion im Januar dieses Jahres zu dem Thema "Arbeitsplätze statt Tariftreue" gesprochen und einen Beschluss gefasst haben.
Ich bin auch der Landesregierung in dem Punkt dankbar, dass sie dafür sorgen muss, dass dieses Gesetz, was der Wirtschaft und dem Handwerk in Thüringen schadet, zu verhindern ist. Es ist noch gar nicht lange her, da haben 23 - das stand in der "Leipziger Volkszeitung" - Bundestagsabgeordnete gegen das Tarifvertragsgesetz Front ge
macht, wohl gemerkt SPD-Bundestagsabgeordnete, meine Damen und Herren, weil nämlich die Baubranche in den neuen Ländern durch dieses Gesetz zurückgeworfen wird und weil es auch eine Diskriminierung ostdeutscher Arbeitnehmer darstellt. Deshalb darf man auch ein Stück verwundert sein, dass gerade die Bundesregierung aufgrund des noch ausstehenden Bundesverfassungsgerichtsurteils überhaupt dieses Gesetz in die parlamentarische Behandlung gegeben hat. Das verwundert mich schon ein kleines Stückchen dabei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Problematik, die Herr Müller angesprochen hat, dass durch die mein Kollege Jörg Kallenbach hat es ja gesagt - Änderungsanträge zum Gesetz eine andere Situation entstehen würde, weit, weit gefehlt. Ich darf an der Stelle auch einmal zur Kenntnis geben, wie es denn im Bundesratsverfahren zurzeit aussieht. Dort befindet sich die Beratung in den Ausschüssen und der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats hat mit deutlicher Mehrheit die Ablehnung des Gesetzes empfohlen, der Arbeits- und Sozialausschuss hat sich zu keinem Votum durchringen können, ebenso nicht der Wohnungsbauausschuss. In diesem Ausschuss, wohl bemerkt, befinden sich auch Länder wie Mecklenburg-Vorpommern. Das darf man an der Stelle vielleicht auch einmal erwähnen. Es ist klar, weil vom Kollegen Ramelow auch noch einmal die Kommission angesprochen worden ist, da bitte ich aber auch zu berücksichtigen, dass gerade an dem Punkt der Europäische Gerichtshof ein Urteil gesprochen hat, das zum gesetzlichen Mindestlohn verpflichtet. Genau das ist der Punkt, das wird in Thüringen auch in der Mindestlohnverordnung in unserer Auftragsvergabe realisiert. Da gibt es eine Richtlinie zur Mindestlohnerklärung vom Mai letzten Jahres, die kann sich jeder zu Gemüte führen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Richtlinie des öffentlichen Auftragswesens hinweisen. Thüringen hat hier in vorbildlicher Weise eine Reihe von Richtlinien, gerade zur Bekämpfung von Lohndumping, von ruinösem Wettbewerb, von Schwarzarbeit erlassen.
Wer sich die zwölf Richtlinien einmal anschaut, der weiß ganz genau, dass wir in der Diskussion zum Vergabegesetz eigentlich ganz komplett ausgerüstet und ausgestattet sind, um genau diese Punkte, die angesprochen wurden, zu verhindern. Ich kann hier von der Stelle aus nur appellieren, dass natürlich auch die Positionen des Zweckverbunds ostdeutscher Bauverbände zu berücksichtigen sind, dass die Länder in der Abstimmung am 31. Mai 2002 im Bundesrat diesem Gesetz keine Mehrheit verschaffen. Denn der angesprochene wirtschaftliche Schaden, der entstehen würde - 5 Prozent Verteuerung der Aufträge auch nach der Änderung für die Bundesrepublik Deutschland. Wir rechnen damit, dass es in den neuen Ländern, bei den Strukturen, die wir haben, etwa 10 Prozent sein werden, um die sich die Aufträge verteuern würden. Ich glaube, Kollege Kallenbach hat die Auftragslage angesprochen,
wie viel Unternehmen, Handwerksbetriebe, kleine und mittelständische Unternehmen am Auftragsvolumen hängen, um zu diesen kostengünstigen Konditionen ihre existenzsichernden Aufträge in diesen Ländern zu erhalten. Deshalb glaube ich, dass dieses Gesetz mit seinen bürokratischen, fiskalischen und auch arbeitsmarktpolitischen Folgen keine Realität werden darf. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich wollte ich mich wirklich ein Stück zurückhalten. Aber, Herr Gerstenberger, es geht hier tatsächlich um die Menschen, um die Arbeitslosen, das ist völlig korrekt.
Ich würde Ihnen empfehlen, nehmen Sie einmal einen Tag in Ihrer Wahlkreiswoche und setzen Sie sich einmal in ein Arbeitsamt, ich habe es unlängst einmal getan. Dann geht es nämlich darum, was die Mitarbeiter dort leisten. Wir sind mit Sicherheit einer Meinung, dass die Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit überfällig ist, das ist gar keine Frage. Da gibt es auch überhaupt keinen Dissens. Aber, wenn Sie es jetzt hier so hinstellen,
Wahlkampfreden und solche Sachen, das ist der falsche Ort dafür. Hier geht es eigentlich darum
danke, zur Sachlichkeit sollte sich Herr Gerstenberger einmal eine Scheibe davon abschneiden -, dass es 90.000 Beschäftigte in der Bundesanstalt für Arbeit gibt, die vom ersten bis zum heutigen Tag fleißig ihre Arbeit gemacht haben. Der Irrtum an der ganzen Geschichte, warum ist der denn gekommen? Der Bundesrechnungshof hat eine andere statistische Erfassung vorgenommen als Sie. Das können Sie gern nachlesen, in § 35 SGB III steht deutlich geschrieben, was Arbeitsvermittlung bedeutet. Sie sollten sich einmal die Mühe machen und da reinschauen. Ich nenne einmal ein Beispiel, warum es so gekommen ist: Ein Unternehmer, der gern einen Arbeitnehmer einstellen würde, geht zur Arbeitsvermittlung und sagt: Also ich stelle den Meier ein, wenn ich einen Lohnkostenzuschuss erhalte. Wenn er den Lohnkostenzuschuss nicht erhält, stellt er ihn nicht ein. Das Gespräch im Arbeitsamt ist geführt worden. Es ist dort statistisch erfasst und registriert worden. Kommt es nicht zu Stande, ist es keine Vermittlung gewesen. Der Bundesrechnungshof sagt: Das über Dritte Laufende gehört nicht zur Vermittlung und nicht zum Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit. Eine völlig andere Einschätzung der gesetzlich vorgegebenen Lage in Bezug auf das, was SGB III hergibt und wie es der Rechnungshof einschätzt.
Zweites Beispiel genauso: Wenn ein Arbeitsloser in eine Weiterbildungsmaßnahme geht, dort in einem Praktikum es zu einer Vermittlung kommt und er verlässt diese Maßnahme, geht also in ein reguläres Arbeitsverhältnis hinein, darf das laut Rechnungshof nicht als Statistik der Vermittlung bei der Bundesanstalt für Arbeit geführt werden. Da frage ich mich schon ein bisschen, wo da die Realitäten liegen, und das haben die Menschen in den Arbeitsämtern nicht verdient.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Lippmann, Sie haben viele Dinge angesprochen, wo ein breiter Konsens erkennbar ist, völlig klar, nicht nur in Thüringen, sondern auch ein Thema in der Bundesrepublik Deutschland. Sie haben gesagt, für Sie ist seit 1994 kein signifikanter Durchbruch erkennbar, da werde ich Sie im Laufe meiner Rede mit Sicherheit korrigieren müssen, denn es gibt mehr als nur eine Gesetzesinitiative gerade zu diesem Thema. 1994 haben Sie hier im Plenum über dieses Thema gesprochen, das sind acht Jahre, also mehr als höchste Zeit, dass wir uns gerade diesem wichtigen Thema auch heute hier in der Debatte noch einmal annehmen.
Denn der Bericht von Minister Schuster dokumentiert ja genau den festen Willen, den der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung 1999 zum Ausdruck gebracht hat, die Landesregierung macht klar, Beteiligung an Produktivvermögen der Arbeitnehmer ist für sie eine der wichtigsten Prioritäten in dieser Legislatur. Das hat Gründe. Sie haben einige genannt: Produktivvermögen verbreitert die Einkommensbasis, individuelle Altersvorsorge, Schaffung von Beschäftigungsarbeitsplätzen - völlig klar. Aber ich will auch an dieser Stelle deutlich machen, ich hatte das Vergnügen in der Arbeitsgruppe "Investivlohn 1997/98" selbst dabei
zu sein, Herr Lippmann, und in dieser Arbeitsgruppe sind Ergebnisse hervorgekommen, die sich heute in dem Bericht von Minister Schuster ein ganzes Stück wiederfinden. Wissen Sie, warum das in diesen Jahren nicht vorwärts gegangen ist? Genau dazwischen lag die große Koalition.
Genau das war der Punkt, warum sich an dem Thema hier in Thüringen im Hause nichts bewegt hat. Aber es existiert ja eine andere Konstellation und jetzt bin ich froh, dass es aufgegriffen worden ist. Der Bericht macht ja ganz klar deutlich, was das für uns heißt, Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital, und da gebe ich Ihnen Recht, das heißt Bohren von dicken Brettern seit Jahrzehnten. Wer sich mit dem Thema intensiv befasst hat, und das bilde ich mir einfach mal ein, weil ich auch in den Jahren 1997 mit christlich-sozialen Verbänden in Bonn vorstellig geworden bin, als wir versucht haben, am Dritten Vermögensbildungsgesetz ein Stückchen Nachhilfe zu leisten, die Sozialverbände Kolping, KAB, CDA/CSA, wir alle hatten dort das Vergnügen, Herrn Struck - das waren die Bremser damals - so einen schönen rot angemalten Bremsklotz hinzureichen, das war keine Freude, wie die Argumentation der SPD genau an dem Thema zu dem Zeitpunkt dort vonstatten ging.
Es muss schon Ziel auch für uns im Parlament sein, die Sonderregelung über das Jahr 2004 hinaus zu verlängern. Aber, Herr Minister, Sie wissen ja, dass genau diese Sonderregelung der Arbeitnehmersparzulage, die in den neuen Ländern schon den Kompromiss hat, dass wir 25 Prozent Förderung bekommen gegenüber 20 Prozent in den alten Ländern, die übrigens auch im Dritten Vermögensbildungsgesetz 1998 von 10 auf 20 Prozent erhöht worden ist, auch eine Forderung der Arbeitsgruppe "Investivlohn" seinerzeit war. Sie muss einfach für uns - die Bedingungen sind genannt worden, wie die Situation in Ostdeutschland ist - auch entsprechend verlängert werden. Und das möchte ich an der Stelle schon mal klar einfügen: Für meine Fraktion ist dieses Thema besonders deshalb wichtig, weil wir diesen Bericht, der sehr viele Anregungen und auch Informationen enthält, natürlich auch weiter beraten werden, dass wir die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss beantragen werden, damit wir auch an diesem wichtigen Thema nicht wieder Jahre den Bericht liegen lassen, nichts tun, sondern dass wir dann möglicherweise intern auch über die unterschiedlichen Formen der Beteiligung diskutieren können. Sie sind heute genannt worden, die es alle gibt - Kapitalbeteiligung, Gewinnbeteiligung und all die Formen, die will ich jetzt nicht noch mal aufführen, weil ich einfach glaube, jeder, der den Bericht von den Kollegen zur Verfügung hat und sich dafür interessiert, wird auch Zeit finden, sich intensiv damit zu befassen.
Es ist schon so, das, glaube ich, sollte man an dieser Stelle auch noch mal sagen, Vermögensbildung - Herr Minister
hat Ludwig Erhard zitiert, das ist christlich-soziale Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren, Arbeitnehmerpolitik ist das und wer mal in die Geschichte zurückschaut, 1961 312-Mark-Gesetz, Sparprämiengesetz, dann lange Zeit Schwierigkeiten, weil zwischen Gewerkschaften und Tarifpartnern Funkstille in den Verhandlungen bestanden, aber dann der Durchbruch 1997 auf Bundesebene unter der christlich-liberalen Koalition, Drittes Vermögensbildungsgesetz, deutliche Anhebung der Einkommensbemessungsgrenzen - das trägt unsere Handschrift. Davon lassen wir uns auch nicht abbringen durch nichts und niemanden.
Es ist auch völlig klar, das haben wir im letzten Jahr deutlich gemerkt, man hat das Gefühl - Herr Lippmann hat es auch gesagt -, Mitarbeiterbeteiligung erfährt eine Renaissance, das kann man durchaus feststellen. Nachdem es viele Jahre etwas schwierig war, hat man endlich zur Kenntnis genommen, welche Chancen sich daraus für die Unternehmen ergeben. Dass die Bedingungen in Ostdeutschland natürlich völlig andere sind, das ist richtigerweise auch von Herrn Lippmann erwähnt worden. Aber, wissen Sie, wenn man vergleicht, da liegen wir in Thüringen noch relativ gut in den Zahlen. Schauen wir mal nach Sachsen-Anhalt, da haben wir zwei Beteiligungen, zwei ganze Beteiligungen. Das spricht natürlich überhaupt nicht für das Thema, aber das zeigt auch die Schwierigkeiten auf, die wir hier bei uns haben. Sie haben ja richtigerweise auf die Einkommen hingewiesen und es ärgert mich schon ein Stück, weil gerade heute, wo die Tarifverhandlungen begonnen haben im Bereich der IG Metall, ich bin selbst IG Metaller seit über 30 Jahren, immer wieder ist das Thema daran gescheitert, dass die Gewerkschaften einen völlig anderen Standpunkt hatten, keine Bereitschaft in den Tarifverhandlungen wirklich auch mal ein Stückchen das Thema wenigstens anzusprechen, wenn ich 6,5 Prozent Lohnerhöhungen fordere, 6,5 Prozent, also, liebe Leute, da muss es doch möglich sein, dass mal ein halber Prozentpunkt für eine Vermögensbildungsinitiative, ob es Investivlohn ist oder welche Beteiligungsform wir nehmen, zumindest in die Verhandlungen einzubringen, das erwarte ich eigentlich schon auch von den Gewerkschaften.
Natürlich ist auch klar, wenn man die Zahlen betrachtet, wir haben schon eine spannende Auseinanderentwicklung zwischen Kapital und natürlich auch zwischen Einkommen aus normaler Tätigkeit. Wenn man die letzten Jahre zurückblickt, Kapitaleinkünfte ungefähr eine Steigerung von 48 Prozent und im Bereich der Arbeitseinkommen eine Steigerung um 9 Prozent. Da liegen natürlich genau auch die Knackpunkte, wo man, glaube ich, für die Zukunft ansetzen muss, denn Arbeitnehmer müssen mehr als bisher an Kapitaleinkünften beteiligt werden. Dazu müssen wir Anreize schaffen. Da müssen wir Rahmenbedingungen setzen und, ich glaube, dazu sind auch in dem Bericht einige interessante Dinge genannt worden. Dazu gehört aber auch,
dass man Überlegungen nicht nur im Landesinneren anstellt, sondern an dem Thema ganz global, z.B. Steigerung der Einkommensgrenzen, arbeitet. Ich sehe überhaupt nicht ein oder es ist auch schwer erklärbar, warum man hier nicht auf gleiche Augenhöhe z.B. mit der Bausparprämie kommt. Wir haben Einkommensgrenzen, die sind nach dem Dritten Vermögensbildungsgesetz 1999 zum 1. Januar in Kraft getreten, sie sind damals erhöht worden auf jetzt 17.900 allein Erziehende und 35.800 2 heiratete. Im Gegensatz dazu kann man bei der Bausparförderung 51.200 für Verheiratete und 26.000 0 0 / kommensgrenze beanspruchen.
Es wäre schon ein wichtiger Aspekt, wenn man diese Einkommensgrenzen erhöhen würde. Es gibt weitere Möglichkeiten z.B. beim Einkommenssteuergesetz § 19 a. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, wo man einfach mal überlegen muss, ob man über einen zusätzlichen Freibetrag Anreize schafft. Die Forderungen lauten ja 250 3/ zeitig dazu auch den Grundfreibetrag, der jetzt bei 150 liegt, auf 250 samt eine Überlassung bei Mitarbeiterbeteiligung von 500 # / nen. Das ist z.B. eine Zielstellung, die man auch auf bundespolitischer Ebene in Angriff nehmen könnte. Das hat auch gar nichts, weil es Geld kostet, mit sozialromantischen Schwärmereien zu tun, wie das immer so abgetan wird, sondern ich fände, es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und es ist auch ein Gebot der ökonomischen Vernunft, wenn man das tut. Denn neben den gesellschafts- und sozialpolitischen Dimensionen, die die Mitarbeiterbeteiligung hat, hat sie natürlich auch vor allen Dingen die wichtige Komponente Schaffung von Arbeitsplätzen, Stärkung von Eigenkapital. Einige Dinge sind hier genannt worden.
Lassen Sie mich noch kurz auf eine Studie des IAB Nürnberg hinweisen, Frau Präsidentin, da gibt es feste Zahlen. Herr Lippmann, Sie hatten, glaube ich, auch die gleiche Intention, wie sich das Verhältnis zwischen Produktivität und Wertschöpfung in den Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligungen ausdrückt und wie es in Unternehmen ohne Mitarbeiterbeteiligung aussieht. Das sind schon interessante Zahlen, wo man deutlich erkennen kann, dass die Wertschöpfung dort bei fast 64.000 - nehmen mit Mitarbeiterbeteiligung liegt und bei 40.000 Mitarbeiterbeteiligung. Diese Studie, die auch noch einmal klar zum Ausdruck bringt, dass es auch in beiden Teilen Deutschlands - obwohl es im Osten natürlich wesentlich geringer ist - eine deutlich verstärkte Wertschöpfung gibt bei Unternehmen, die diese Beteiligung bereits haben. Das zeigt die höhere Produktivität, natürlich auch die Motivation der Arbeitnehmer. Wenn ich dort mit einer Beteiligungsform in meinem Unternehmen drin bin, dann werde ich schon schauen, dass das Betriebsklima stimmt, dass man kostenbewusst arbeitet, dass man mit Material, mit Maschinen sorgsamer umgeht. Das sind zwangsläufige Erscheinungen, die natürlich völlig klar sind.
Es ist ja auch gerade wichtig für unsere Unternehmen, ich denke mal, im Hinblick auf Basel II. Wir wissen alle mit
einander, was auf uns 2005 zukommen wird. Wir kennen die Kapitalstärke unserer Unternehmen und ich halte es schon für einen wichtigen Ansatzpunkt, dass man gerade in bestimmten Beteiligungsformen auch versuchen kann, nicht teures Geld vom Kapitalmarkt zu holen, sondern durch betriebliche Vereinbarungen, betriebliche Beteiligungen die Finanzkraft eigener Unternehmen zu stärken. Sicher ein sehr weiter Weg und für wenige Unternehmen bei uns im Moment auch gangbar, aber ich halte es für eine wichtige Komponente.
Die Punkte, die der Minister angesprochen hat im Bericht, wo man ein Stück ansetzen kann, will ich nicht wiederholen. Die GA halte ich für sehr sinnvoll. Das war, wie gesagt, auch Arbeitsergebnis der Investivlohn-Arbeitsgruppe. Ich halte es auch für wichtig, noch einmal zu prüfen, gibt es außerhalb dieser GA-Förderung Möglichkeiten, wo man Arbeitnehmerbeteiligungen in Förderprogramme einsteuern kann. Der Punkt Öffentlichkeitsarbeit ist einer der wichtigsten, das hat Herr Lippmann deutlich gemacht. Das Thema ist noch längst nicht bekannt bei vielen Unternehmen und das muss man verstärken, dass die BBT als Geschäftsbesorger, die natürlich mit den Unternehmen spricht, die auch prüft, ob die Betriebskonzepte die Beteiligungen hergeben. Es macht ja keinen Sinn, in angeschlagenen Unternehmen solche Beteiligungsformen einzuführen, aber da ein bisschen mehr in die Offensive gehen, möglicherweise über die Kammern, über die Verbände, in den regionalen Ebenen auch ein Stück zu werben, ich glaube, das könnte auch ein Ansatzpunkt für die Zukunft sein.
Weil ich vorhin die Gewerkschaften angesprochen hatte, möchte ich es doch noch einmal sagen. Kanzler Schröder hat vor drei Jahren wörtlich gesagt: Arbeitnehmer müssen Aktionäre werden. Das habe ich gelesen und habe gesagt, oh, der Junge hat es begriffen, der Genosse der Bosse wird jetzt die Forderungen der Arbeitnehmer unterstützen. Aber was ich dann im Bündnis für Arbeit festgestellt habe, auch im letzten Bündnis, das war null. Das war einfach Fehlanzeige bei dem Thema. Herr Lippmann, das wäre auch sinnvoll, wenn man da mal ein bisschen nachhilft. Da hat sich nichts bewegt, nichts - Fehlanzeige. Also, wir müssen Rahmenbedingungen setzen, das ist völlig klar. Die Tarifpartner in ihrer Verantwortung müssen das Thema "Mitarbeiterbeteiligung" in die Tarifverhandlungen aufnehmen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein kleines Beispiel aufführen, wie es auch in der Politik zugeht. Wenn man sich die Mühe macht und mal in den Archiven blättert, da gibt es eine Bundestagsdrucksache der SPD-Fraktion, Drucksache 13/4373, unterschrieben von Frau Mascher, von Herrn Schreiner, Herrn Andres und einigen anderen Sozialexperten innerhalb der Partei. Der Antrag enthält zwei Forderungen: Anhebung der Bemessungsgrenzen auf 50.000 bzw. 100.000 DM, also analog der Bausparprämie, und Anhebung des Freibetrags nach § 19 a des Einkommensteuergesetzes auf 1.000 DM. Der Antrag stammt, wie gesagt, aus der 13. Legislaturperiode. Jetzt gibt es in der 14. Legislaturperiode einen Antrag vom November letzten
Jahres von der CDU/CSU-Fraktion und man höre und staune: Anhebung der Bemessungsgrenzen auf 50.000 DM und 100.000 DM, Anhebung des Einkommensteuersatzes § 19 a auf 1.000 DM. Der Antrag - Sie können es sich ausrechnen - ist abgelehnt worden und an den Ausschuss überwiesen, hat zwar den gleichen Inhalt gehabt, aber so ändern sich eben die Überzeugungen und die Zeiten. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, um es gleich vorwegzunehmen, der Antrag "Arbeitsplätze statt Überstunden" in der Drucksache 3/1538 der PDSFraktion, den wir in der 44. Landtagssitzung bereits fachlich-inhaltlich lange diskutiert haben, wird von meiner Fraktion abgelehnt.
Es hat sich überhaupt nichts daran geändert, dass das Arbeitszeitgesetz zu Arbeitsschutz- und zu Gesundheitsschutzregelungen vorgesehen ist und nicht zu Regelungen der Beschäftigungsförderung. Wir haben in der Debatte inhaltlich das Thema lang und breit besprochen. Trotz unterschiedlicher Zahlen, auch zum jetzigen Zeitpunkt, wenn man sich die Tagespresse vornimmt aus dem Handelsblatt, wo groß drinsteht "Ohne Überstunden geht es nicht", gibt es sehr unterschiedliche Wertungen. Die Financial Times Deutschland hat von 1,9 Mrd. Überstunden gesprochen, das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der BfA von 1,7 Mrd. Überstunden. Ich glaube, das ist auch sekundär, entscheidend ist, das ist richtig, es sind zu viele Überstunden und man muss versuchen, diesen Anteil von Überstunden abzubauen. Die leicht rückläufige Tendenz, die wir zu verzeichnen haben, richtet sich natürlich in erster Linie auf die zurückgehende Konjunktur und auch darauf, dass in den Unternehmen sehr selbstbewusst und zielgerichtet das Problem der Arbeitszeitkonten vorangetrieben worden ist. Das ist deutlich erkennbar. Wir wissen auch, dass Überstunden vor allen Dingen in den qualifizierten und hoch qualifizierten Bereichen ausgeübt werden und dass es den Unternehmen oft genug an diesem Personal fehlt; der Fachkräftemangel ist bekannt. Ein Zweites kommt dazu, dass der deutsche Arbeitsmarkt, wenn man das im Vergleich zu den europäischen Staaten sieht, einfach zu unflexibel ist.
Die wirtschaftspolitische Erkenntnis aus dieser ganzen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann natürlich in gar keinem Fall ein Gesetz zur Begrenzung von Überstunden sein; das ist und bleibt einer der Fakten. Ich möchte, Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben, mal kurz zitieren, wie die Betriebsräte das sehen. Manager und Betriebsräte sind hier in diesem Problem gemeinsam auf einer Ebene. Das schwierigste Problem dabei sind die Funktionäre in den Gewerkschaften. Ich bin selbst lange genug Gewerkschaftsmitglied und Betriebsratsvorsitzender gewesen.
Das darf aber nicht dazu führen, die Augen vor der Realität zu verschließen. Die Unternehmen müssen kurzfristig produzieren, sie müssen Aufträge, die sie kurzfristig bekommen, abarbeiten können, sie sind spezialisiert in bestimmten Richtungen, das heißt, Fachkräfte. Da kann ich nicht jeden x-beliebigen Menschen holen und kann ihn an diesen Arbeitsplatz stellen. Das heißt, ich muss Überstunden machen. Selbst Betriebsräte nennen genau diesen Punkt: Wir brauchen Überstunden, um kurzfristig diese Aufträge termingerecht zu erfüllen. Ich denke, meine Damen und Herren, die Verantwortung der Politik, die wir tragen, die ist für uns entscheidend, dass wir am Arbeitsmarkt flexibilisieren. Ich bin schon sehr gespannt, weil das morgen auch Thema des Bündnisses für Arbeit sein wird, wie genau diese Punkte, die ich vorhin angesprochen habe, abgearbeitet werden.
Eins zum Schluss noch: Die Vereinbarungen zur Arbeitszeit sind und bleiben nach wie vor Aufgabe der Tarifvertragsparteien und nicht der politischen Mandatsträger. Dass man Überstunden abbauen kann und dass es Modelle gibt, zeigt das Beispiel der IG Bergbau-Chemie-Energie, da gibt es diese Regelungen. Ich glaube, zu unserem Entschließungsantrag in dieser Sache wird mein Kollege Thomas Kretschmer dann auch noch einmal separat sprechen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte vielleicht Ihre geschätzte Aufmerksamkeit noch einmal kurz auf den ersten Punkt unseres Antrags lenken, in dem es um die Stärkung des Föderalismus geht - ich denke, das ist ganz sicher unstrittig - der sich in Deutschland bewährt hat, aber der natürlich in seiner gegenwärtigen Form vor Herausforderungen steht, die einer Weiterentwicklung dringend bedürfen. Die Regierungschefs haben ja bereits schon 1998 die kritische Überprüfung der bundesstaatlichen Aufgaben mit dem Ziel der Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung beschlossen, Ziel muss dabei - das ist auch unstrittig - natürlich die Gleichheit der Lebensbedingungen und die Wahrung der gesamtstaatlichen Einheit unter dem Blickwinkel der Eigenständigkeit der Regionen sein. Der Spielraum, den die Landesparlamente dabei haben, wurde natürlich durch die Ausweitung von Bundesgesetzgebung immer mehr ein Stückchen eingeengt und hat damit natürlich auch zur Aushöhlung der Gesetzgebungskompetenz der Länder geführt. Diese gleiche Entwicklung findet auch auf europäischer Ebene statt, wo Regierungen der EU-Mitgliedstaaten EU-Richtlinien im Ministerrat verabschieden, die Bundes- und Ländergesetze aushebeln. Die Länder sind ja hier nur beratend über den AdR beteiligt. Eine doppelte Rahmengesetzgebung EU und Bund muss vermieden werden, denn Ziel ist schon die direkte Ländervertretung in Fragen der Länderkompetenz. Das Subsidiaritätsprinzip nach Artikel 72 Grundgesetz und damit auch ein verstärkter Föderalismus ist der Schlüssel für eine zukunftsfähige Gesellschaft und ein zukunftsfähiges Staatswesen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir brauchen schon eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen EU, Bund, Land und Kommunen mit klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeitsbereichen, aber auf den jeweiligen Ebenen.
Durch Dezentralisierung und kürzere Entscheidungswege können öffentliche Leistungen kostengünstiger angeboten werden. Wir müssen wieder dahin kommen, dass die Aufgaben der niedrigsten staatlichen Ebene zugewiesen werden können, die auch eine effiziente Erledigung gewährleistet. Selbstverständlich ist, dass die Finanzierung natürlich auch an diese Aufgabenverteilung angebunden sein muss. Gleiches gilt auch auf der Ebene der EU. Nach dem Subsidiaritätsprinzip des EG-Vertrags darf ja die Kommission nur dann tätig werden, wenn die Ziele der Rechtsakte auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht erreicht werden können. Dass dies in der Praxis allerdings nicht immer so funktioniert, zeigt z.B. die Auseinandersetzung in der Europäischen Union, ich denke einmal z.B. an die FFH-Richtlinie oder über die wettbewerbsrechtliche Be
wertung der Dienstleistungen, also zur so genannten Daseinsvorsorge, auch, da vor wenigen Tagen der Bericht der Kommission zur Daseinsvorsorge nicht gerade zur Klarstellung beigetragen hat, sondern er verunsichert öffentliche und private Unternehmen zusehends. Es geht aber auch um eine stärkere Beteiligung und eine Stärkung der Gesetzgebungskompetenz der Landesparlamente in diesem Modernisierungsprozess. Wie sieht die Praxis heute aus? Welche Gegenstände haben wir als Thüringer Landtag noch originär zu regeln? Man wird darüber nachdenken müssen, wie Landesparlamente frühzeitig in Vorhaben zur Gesetzgebung - wenn politisch bedeutend - zur Landesplanung, in Bundesratsangelegenheiten oder Angelegenheiten der Europäischen Union einbezogen bzw. unterrichtet werden können. Die Eigenständigkeit und Kompetenzen der Landesregierungen und der Parlamente müssen gestärkt werden, denn, ich glaube, nur so ist es möglich, auch wieder Zuordnung der Verantwortungsebenen für die Bürger durchschaubar zu machen.
Artikel 74 unseres Grundgesetzes hat den Bund in der Vergangenheit von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz umfassend Gebrauch machen lassen. Ich glaube auch, das ist ein Thema, das uns zukünftig noch erhebliche Arbeit bringen und auch abverlangen wird, wenn die grundgesetzlich vorgesehenen Balancen zwischen den Befugnissen der Länder und den Befugnissen des Bundes wieder einigermaßen ins rechte Lot gerückt werden sollen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Koch, um es gleich mal an Sie vorwegzunehmen, offensichtlich haben Sie die Große Anfrage nicht richtig gelesen. Bezüglich der Zukunft der Visionen der Europapolitik, die der Minister hier in eindrucksvoller Weise dargelegt hat, sich im Tagesordnungspunkt 23 auch über die Aufgaben der Zukunft deutlich artikuliert hat. Ganz im Gegenteil, Sie verstricken sich ja selbst in einen Widerspruch. Sie sagen, Europa ist gefordert, da hat der Minister gesagt - richtig, Sie sagen, hier wäre die Landesregierung gefordert. Sie fragen auf der anderen Seite "Quo vadis, Europa?" - "Wohin gehst du, Europa?" Ich denke, genau der Punkt, lesen Sie bitte noch mal nach, in Punkt 23 sind genau an der Stelle intensiv alle Themen erläutert, die wir in der Zukunft genau miteinander hier diskutieren müssen.
Aber ich nehme Ihnen das nicht übel. Ich weiß nicht, warum Sie zu
europapolitischen Fragen heute reden - Punkt 23 der Großen Anfrage, verehrte Kollegin Thierbach, bitte zuhören -, statt - Sie sind ja nicht im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten - Herrn Hahnemann, der ja Ihre Partei pausenlos vertritt, er ist ja offensichtlich nicht zu Wort gekommen, er würde vielleicht manche Sache etwas anders beleuchten.
Die Landesregierung Thüringens, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat mit ihrer dem Parlament hier vorgelegten Antwort umfassend, ausführlich und, ich denke, wirklich auch ein ausgezeichnetes Ergebnis ihrer Arbeit vorgelegt, denn alle Häuser, die in diese Anfrage einbezogen worden sind, von Wirtschaft über Justiz über Soziales, Sie können es im Detail nachlesen, haben hier mehrheitlich über ihre Aktivitäten berichtet. Wir können es in dem Ausschuss, wir können es in der Öffentlichkeit, wir können es vor den Bürgern verwenden. Das ist doch genau der Punkt, den wir brauchen. Wenn man in den Saal schaut, er ist ja jetzt relativ gefüllt, gestern haben wir vehement über die Bedeutung des Ausschusses der Regionen gestritten, da hat der Kollege Otto Kretschmer hier eine heiße Rede gehalten. Ich habe ihn heute zu Europa hier nicht gesehen. Ich weiß nicht, vielleicht hat er sich schon verabschiedet ins Wochenende. Vielleicht ist das auch ein Zeichen dafür, wie ernst wir die ganze Debatte nehmen. Und wenn ich sehe, der Minister, der eindrucksvoll hier noch mal im Detail nachgewiesen hat, was
hier die Landesregierung tut, der dann auch vor leeren Rängen spricht, das zeigt mir schon, wie weit auch Ihr Verständnis zu Europa geht.
Ich bin ja froh, dass wir jetzt ein bisschen Leben in der Debatte haben,
denn der Tagesordnungspunkt "Europa" hat das eigentlich mehr als verdient.
Wissen Sie, Herr Gerstenberger, Sie sind ja einer der Europaexperten in Bezug auf Arbeitsmarktpolitik, das haben wir ja heute wieder am Informationssystem der Arbeitsmarktpolitik deutlich vorgeführt bekommen, wie Sie Ihre Fragen zum ESF, einer der drei Strukturfonds deutlich gestellt haben. Ich beglückwünsche Sie außerordentlich, dass Sie auch sehr aufmerksam der Europapolitik zuhören können. Natürlich ist doch klar, dass der Dreh- und Angelpunkt dieser politischen Debatte die anstehende Erweiterung bleibt, Herr Kollege Koch. Das ist der Punkt, der für uns und auch in Erwartung der Länder der Beitrittskandidaten von enormer Bedeutung ist. Viele von uns waren in Litauen dabei, in einem Freundeskreis, viele Kollegen sind in anderen Beitrittsländern aktiv vor Ort. Man hört und spürt doch die Forderungen an uns, die gerade diese Länder bezüglich ihrer Fragen zur Erweiterung an uns stellen, die Unterstützung brauchen, die Hilfe von uns erwarten. Da wird man sich sicher auch an die bisher nicht so gängige Form oder Formulierung von "Ostmittel- und Südosteuropa", statt der bisher geläufigen Form "MOEStaaten" in der Großen Anfrage gewöhnen. Ich gebe zu, das war eine kleine Umstellung, meine Damen und Herren, und vergessen Sie es nicht, durch politischen Willen ist Europa Jahrzehnte getrennt gewesen und politischer Wille trägt jetzt auch Verantwortung dafür, dass Europa wieder in Frieden, Freiheit und Demokratie zusammengeführt wird.
Wir brauchen ein erweitertes Europa, auch angesichts einer Wertegemeinschaft. Wir haben heute Morgen aufgrund dieser Ereignisse vom 11. September, denke ich, mehr denn je gespürt, wie wichtig eine gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik in einem geeinten Europa ist.
Die Große Anfrage der CDU-Fraktion zu den anstehenden europapolitischen Aufgaben bezweckt eben gerade, den Landtag umfassend, detailliert zu informieren und auch unsere gestalterischen Möglichkeiten als Parlamentarier, wie wir daran beteiligt werden, aufzuzeigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, sie gibt schon einen klaren Ausblick auf die Auswirkungen der Osterweiterung, auf die Handlungsschwerpunkte für die künftige, auch im Post-Nizza-Prozess zu erwartende Diskussion der Transparenz, der Subsidiarität, natürlich auch der Kompetenzabgrenzung.
Es geht auch für unseren Freistaat Thüringen um sehr viel. Wir werden von den großen Chancen dieses Erweiterungsprozesses profitieren, denn wir rücken aus der Mitte Deutschlands in das Zentrum einer erweiterten Europäischen Union. Selbstverständlich ist auch, dass der Freistaat keine direkten Grenzen zu den Beitrittsländern hat, aber wir befinden uns doch durch die Landkreise Greiz und Saale-Orla-Kreis ungefähr 30 Kilometer von der deutschtschechischen Grenze entfernt. Im Rahmen dieser Gemeinschaftsinitiative "INTERREG III A" laufen ja während dieses Zeitraums 2000 bis 2006 grenzübergreifende Programme, die sich aber auch in dem unmittelbaren Grenzgebiet, also in dem grenznahen Raum nach NUTSIII-Ebene für uns Thüringer dahin ausdehnen werden. Deshalb gehören auch diese beiden Landkreise im Rahmen dieser INTERREG-III-Förderkulisse zu dem aktuellen Programm der tschechisch-sächsischen Grenze. Und es heißt eindeutig, Thüringen ist in diesem Programm mit finanziellen Mitteln enthalten. Die Kommission hat im Juli dieses Jahres ja im Rahmen ihres Aktionsplans zur Gemeinschaftsaktion der Grenzregionen Maßnahmen vorgestellt, die gerade diese Grenzregion in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit zur Osterweiterung unterstützen sollen. Sie hat natürlich betont, dass die bessere Koordinierung der vorhandenen Förderinstrumente in den Grenzregionen eine besondere Rolle spielen soll. Was heißt das im Klartext? Es gibt nicht mehr Geld, denn genau das ist der Punkt, wo die Länder zum Beispiel über den Bundesrat und auch Teile von Landesparlamenten eine klare Forderung aufgemacht haben, hier nicht aufgrund der Verschiebung von bestehenden Förderprogrammen den Prozess der Grenzerweiterung genau auf dem finanziellen Level halten zu müssen, nicht ausreichend ist, sondern es muss eine Mittelaufstockung in diesem Prozess geben. Deshalb finde ich es an dieser Stelle umso wichtiger, darauf hinzuweisen, dass hier natürlich auch die Bundesregierung ein Stück in Verantwortung steht, dass sie sich bei der Behandlung im Rat über die Auswirkungen der Erweiterung für die Beitrittsländer in den grenznahen und angrenzenden Regionen natürlich substanziell entschieden für Nachbesserungen einsetzt.
Wir können die Osterweiterung natürlich auch als JobMotor nutzen. So, wie die Situation der deutschen Wiedervereinigung mit dem Wiederaufbau und den notwendigen erforderlichen Investitionen eine Chance damals für die Wirtschaft in den alten Bundesländern war, so können wir die Erweiterung der EU mit dem Wiederbau und dem investiven Nachholbedarf in den Beitrittsländern auch als Chance für die Thüringer Wirtschaft betrachten. Wir
können durchaus flexibel auf die vorhandenen Möglichkeiten reagieren. Wir haben einen Vorlauf, den wir nutzen können und uns auf den Erweiterungsprozess auch entsprechend einstellen.
Die Osterweiterung ist kein Nullsummenspiel, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem nur der eine gewinnt, wenn der andere etwas verliert. Seit Bestehen des gemeinsamen Binnenmarkts gibt es den gemeinschaftlichen Besitzstand, auch Acquis communitaire genannt. Der umfasst heute ca. 20.000 Rechtsakte. Der macht es den Beitrittskandidaten schwer genug, sie so anzunehmen und, was für die Rechtssicherheit noch viel wichtiger ist, sie natürlich auch anzuwenden. Hier fehlt es den Kandidatenländern noch an entsprechend ausgebildetem Personal. Ich denke, wer die Große Anfrage aufmerksam gelesen hat, wird erkennen, wir haben im Bereich der Justiz, wir haben in anderen Bereichen über Verwaltungshilfe wichtige entscheidende Schritte von Thüringen aus gesetzt.
Der Europäische Rat von Nizza - weil das vorhin auch noch mal angesprochen worden ist - hat im Dezember letzten Jahres Instrumente zur Dynamisierung gerade dieses Verhandlungsprozesses beschlossen. Er hat sich für die Nutzung des Instruments des Teilabschlusses und auch die Billigung von unproblematischen Anträgen auf Übergangsfristen seitens der Beitrittsländer ausgesprochen. Es ist doch völlig klar, ein harmonisches Zusammenwachsen eines Gebiets, das durch solche enorm großen Unterschiede hinsichtlich des wirtschaftlichen Wohlstands und auch der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung geprägt ist, setzt im beiderseitigen Einvernehmen, im beiderseitigen Interesse in bestimmten Bereichen flexible Übergangslösungen voraus. Ich will nur Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Dienstleistungsbereich, Landwirtschaft, Verkehr, Transport an dieser Stelle nennen. Wer sich über den aktuellen Stand gerade dieser einzelnen Verhandlungen zu den Kapiteln und zu den Übergangsfristen informieren will, so verweise ich hier noch mal auf die Anlagen 2 und 3 unserer Großen Anfrage, wo man das sehr genau nachvollziehen kann. Über die konsequente Abarbeitung, gerade in Bezug der einzelnen Kapitel, haben wir letztendlich auch in Litauen gemerkt, wie intensiv dort in dem Parlament gerungen wird, um genau hier auch zu dem entscheidenden Zeitpunkt die Chance zu haben, bei der Erweiterung dabei zu sein.
Der Gipfel von Nizza von Dezember 2000 wurde von mir damals schon als enttäuschend eingeschätzt. Ich habe das auch öffentlich artikuliert, weil viele anstehenden Probleme nicht zufrieden stellend gelöst werden konnten. Wir haben das heute schon gehört: Osterweiterung, institutionelle Reformen und Kompetenzabgrenzung. Die Folge genau dieses Prozesses war ja dann, dass man ganz schnell - was man jetzt natürlich als Erfolg auch werten kann den Auftrag an die Regierungskonferenz 2004 erteilt hat, nämlich die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten eindeutig
vorzunehmen. Europäisierung und Regionalisierung bedingen sich gegenseitig und die Region ist schon für den einzelnen Bürger identitätsstiftend. Entscheidungen sollen natürlich wo immer möglich vor Ort und damit bürgernah getroffen werden. Regionen dürfen nicht zu bloßen Vollzugsorganen von Brüssel werden und eine zunehmende Kompetenzanmaßung der europäischen Ebene hinnehmen. Ich darf vielleicht an der Stelle auch noch einmal daran erinnern, die Kompetenzanmaßung, die damals ihren unrühmlichen Höhepunkt in den Sanktionen gegenüber Österreich gefunden hatte, kann nicht der Weg in die Zukunft Europas sein.
Wir haben von Herrn Minister die Zahlen gehört, gut 40 Prozent der Menschen, die einer Mitgliedschaft Deutschlands in der Europäischen Union eine positive Gegenüberstellung abbringen können, das heißt im Umkehrschluss: 60 Prozent auf dem Weg haben wir noch nicht mitgenommen. Diese Menschen haben wir noch nicht erreicht und an der Stelle, glaube ich, sind wir in Verantwortung. Hier muss der Hebel angesetzt werden, hier muss natürlich genau durch Öffentlichkeitsarbeit, durch genau diese Maßnahmen, die auch in unserem Antrag stehen, versucht werden, diesen doch sehr hohen Prozentsatz der Menschen und Bürger für die Europäische Union zu gewinnen. Wie schwierig das wird, das ist auch klar. Die Tatsache, dass der Vertrag von Nizza schon die erste Hürde überhaupt, den Volksentscheid in Irland nicht genommen hat, die dokumentiert ja deutlich, wie die Bürger auf solch ein Referendum antworten und, ich glaube schon, dass man hier auch gerade substanzielle Zuständigkeiten der Länder und Regionen gewährleisten muss, wenn man sie in dieses Boot bekommen will.
Die Landesregierung sagt Ja zu einem europäischen Verfassungsvertrag zur Begrenzung der Kompetenzen. Nur mit einer klaren Zuständigkeitsregelung wird auch eine schleichende Kompetenzausweitung verhindert.
Ich will jetzt nicht noch einmal auf die Kopenhagener Kriterien eingehen, die kennt jeder hier im Raum, aber die Kommission wird ihre kontinuierlichen Fortschrittsberichte zu den Beitrittsländern abgeben. Im nächsten Monat wird wieder einer vorliegen und, ich denke schon, man darf sehr gespannt darauf sein, wo gerade die Entwicklung in diesen Ländern hingegangen ist. Dieser Diskussionsprozess ist im vollen Gange und, ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Strukturpolitik, die Bestandteil der Koalitionspolitik ist, die Herr Minister Gnauck vorhin ausführlich angesprochen hat, sie ist ein wesentlicher Bestandteil in der Zukunft, vor allen Dingen auch für uns in Thüringen. Das bedeutet natürlich schon vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, dieser Erweiterung, dass eine Neuordnung von Struktur- und Regionalpolitik vonstatten gehen muss. Hier ist natürlich auch
verfassungsmäßig die Bundesregierung aufgefordert, in einen konstruktiven Dialog mit den Ländern einzutreten, um möglichst kurzfristig eine gemeinsame Position der Mitgliedstaaten Deutschlands zu entwickeln. Klar ist auch, dass in den Beitrittsländern der Nachholbedarf in wirtschaftlichen und strukturellen Bereichen sehr groß ist. Wir haben es, wie bereits vorhin erwähnt, uns vor Ort selbst anschauen können. Aber das darf nicht bedeuten, dass die Ziel-1-Regionen nach 2006 schlechter gestellt werden als vergleichbare Regionen. Dafür sind Übergangsregelungen und langfristige Auslaufmodelle anzunehmen. Wer sich mal das Bruttoinlandsprodukt der Beitrittsländer anschaut, der weiß schon und kann schon erahnen, wohin der europäische Durchschnittswert sich bewegen wird. Wie in Punkt 36 der Großen Anfrage festgestellt wird, wird natürlich Thüringen nach diesem Prozess weiterhin zu Entwicklungsproblemregionen gehören. Das Ergebnis der Halbzeitbewertung, der Strukturfondszeitraum von 2000 bis 2006 wird im Jahr 2003 ganz konkret benannt werden und danach, denke ich, muss man sich schon darüber unterhalten, welche konkrete inhaltliche Ausgestaltung die Förderung Thüringens für den Zeitraum ab 2007 dann annehmen muss. Denn eins ist sicher, angesichts des unumkehrbaren europäischen Integrationsprozesses müssen alle Anstrengungen unternommen werden, ich habe es bereits erwähnt, um auch vor allen Dingen die Bürger mitzunehmen, die Öffentlichkeit mitzunehmen. Wir müssen dringender denn je an diesem Prozess alle miteinander, meine Damen und Herren, wie wir hier sitzen und vor allen Dingen auch draußen in der Öffentlichkeit, sehen, wie kann diesem Thema Europa, wie kann diesem Beitrittsvereinigungsprozess Europas auch ein Stück Angst genommen werden. Herr Koch, ich sehe das also gar nicht so wie Sie mit unserem Antrag, denn der Hintergrund unseres Antrages ist ja genau der, dass wir über diesen Prozess auch die Möglichkeit erhalten, in Form der Ergebnisse der Großen Anfrage auch in unserem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten genau diesen Prozess weiterzuführen und ihn thematisch behandeln zu können.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stelle ich hier den Antrag, die Drucksache 3/1878 der CDUFraktion, "Thüringen - eine bürgernahe Region im Zentrum einer erweiterten Europäischen Union" an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten zu überweisen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es wäre sicher jetzt nicht klug, nach dem reichlich ausführlichen Bericht der Landesregierung und meines Kollegen Jaschke noch einmal in das Thema einzusteigen.
Nur einen Satz, weil das Thema bei den Bürgern draußen nach wie vor doch sehr emotional behandelt wird. Ein Aufruf an uns alle, denn die Zustimmung zum Euro hat sich im Vergleich vom letzten Jahr auf dieses Jahr nach der gestrigen Statistik von 28 Prozent auf 42 Prozent erhöht. Das ist ein positives Signal. Ich denke, wir als Parlamentarier haben auch ein Stück Verantwortung, diese positive Stimmung zum Euro und zur Europäischen Union nach draußen zu tragen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat am 18. Mai den Gruppenantrag in der Drucksache 3/1548 eingehend und ausführlich diskutiert und beraten und hat entschieden, ihn an den Ausschuss zu überweisen. Wir haben in der 13. Sitzung am 16. Juni 2001 im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten diesen Antrag beraten und einstimmig empfehlen wir die Annahme durch dieses hohe Haus.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit dem Antrag - Drucksache 3/1495 wurde von der Landesregierung die bisherige Ausrichtung sowie die künftigen Schwerpunkte der Regionalpartnerschaften und Außenbeziehungen beleuchtet. Herzlichen Dank, Herr Ministerpräsident, für einen ausführlichen und ich denke - in der Sache ausgezeichneten Bericht einer Partnerschaftsbilanz, die sich für den Freistaat Thüringen durchaus sehen lassen kann.
Die Thüringer Außenbeziehungen und die Partnerschaftsbeziehungen mussten 1989 nach der Wende neu aufgebaut werden. Die Lage Thüringens besonders im Herzen Europas und auch als Bindeglied zwischen Ost und West hat eine besondere Bedeutung gehabt. So wurden, wie bereits erwähnt, regionale Partnerschaften nicht nur nach Westeuropa - Picardie, Essex -, sondern auch mit Regionen Mitteleuropas, Woiwodschaft Kleinpolen, Ungarn, eingegangen. Zu Litauen wird mein Kollege Kallenbach im Anschluss noch ein paar Worte sagen, denke ich.
Wir wollen als Thüringer Landtag in enger Zusammenarbeit mit der Landesregierung und auch nicht zuletzt in der besonderen Verantwortung für uns als junge Bundesländer vor allem auch den Prozess der Vorbereitung und der Aufnahme der mittelosteuropäischen Staaten in die Europäische Union begleiten und unterstützen. Partnerschaften leben von den Begegnungen der Menschen untereinander. Sie dürfen auch nicht zentralistisch gestaltet werden. Ich kenne das auch noch genau vor 1989, wie das war, als auf Befehl von Partei- und Staatsführung verordnete Partnerschaften anberaumt wurden und Bürgen außen vor geblieben sind. Ich denke, diese Zeiten sind vorbei. Thüringen hat ein großes Interesse an Partnerschaften und die Eigeninitiativen von Städten, von Gemeinden, von Kommunen und Schulen, von Verbänden und Vereinen, sie alle tragen dazu bei, jeder von uns hier kennt positive Beispiele in seiner eigenen Region.
Wichtig in dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit scheint mir aber die Ebene der lokalen Gebietskörperschaften, denn dort, wie Kollege Döring sagt, kommt das Handwerk zum Tragen. Auf dieser Ebene kommt dem eine besondere Bedeutung zu, weil freundschaftliche kooperative Verhältnisse zwischen den Regionen und zwischen den Menschen zukunftsfähig entwickelt werden. In dieser globalisierten Welt sind partnerschaftliche Kontakte über die Landesgrenzen hinaus in allen Bereichen der Gesellschaft, der Kultur und auch der Wirtschaft unseres Lebens unerlässlich. Das bedeutet auch weiterhin volle Unterstützung der im Einzelnen zuständigen Ressorts der Landesregierung unter Federführung der Staatskanzlei, um diesen kontinuierlichen Prozess der Annäherung der Regionen innerhalb einer erweiterungsfähigen Europäischen Union voranzubringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus diesem Grunde bitte ich auch um Zustimmung zum Berichtsersuchen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, in dem vorliegenden Antrag in Drucksache 3/1538 "Arbeitsplätze statt Überstunden" wird unter anderem eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes gefordert. Um es gleich vorwegzunehmen, eine Änderung dieses Arbeitszeitgesetzes wird derzeit durch die Bundesregierung überprüft, was eine Bundesratsinitiative zum jetzigen Zeitpunkt als nicht sinnvoll erscheinen lässt. Und um das auch noch mal deutlich zu machen: Bei den Arbeitszeitregelungen handelt es sich um Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzregelungen und nicht um Regelungen zu Beschäftigungsförderungen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist und bleibt bedrückend. Trotz millionenfacher Arbeitslosigkeit häufen sich Meldungen über Arbeitskräfteknappheit. Zahlreiche Unternehmen klagen über Hoch- und Geringqualifizierte, die nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Idee, vorhandene Arbeitsvolumen auf mehr Arbeit suchende Menschen aufzuteilen, ist ja nicht neu.
Die Frage ist, ob sich die Arbeitsplätze beliebig teilen lassen, ob eine Umverteilung der Überstunden der betrieblichen Praxis gerecht wird oder ob auch Arbeitnehmer mitziehen würden in dieser Frage. Nach Aussage der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg hängt ja diese Entwicklung der steigenden Zahlen an Überstunden auch ein Stück mit der steigenden Konjunkturlage zusammen. Wenn die Konjunktur anspringt, versuchen die Betriebe das Mehr
an Aufträgen, natürlich auch an Überstunden, abzufangen. Von der intelligenten Nutzung der Arbeitszeiten im Rahmen der möglichen Modelle hängt es aber auch ab, ob Arbeitsplätze geschaffen werden können. Eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit wäre allerdings auch gegen die Interessen der Arbeitnehmer. Nur ein Drittel aller Arbeitnehmer und ein Fünftel aller Vollzeitbeschäftigten wollen nach einer Umfrage weniger als 35 Stunden in der Woche arbeiten.
Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zum Abbau von Überstunden ist nicht eine generelle Arbeitszeitverkürzung erforderlich, sondern, ich meine, vielmehr eine offensive Strategie für mehr Beschäftigung. Überstunden als Dauerlösung, völlig klar, sind nicht sinnvoll. Es gilt, die Standortbedingungen zu verbessern, die Wachstumskräfte zu stärken und den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren. Geleistete Überstunden dienen in vielen Unternehmen als Arbeitszeitpuffer, um kurzfristige Produktionsschwankungen und auch Kapazitätsengpässe auszugleichen. Knapp 40 Prozent aller Überstunden werden mittlerweile im Freizeitausgleich gewährt und können somit als neue Arbeitsplätze nur schwierig umgerechnet werden. Zwei Drittel der Unternehmen nutzen bereits Gleitzeit- und Arbeitszeitkonten.
Im Rahmen des Bündnisses für Arbeit wurde die Einführung eines so genannten Zeitwertpapiers vereinbart, mit dem angefallene Überstunden später als Freizeit genommen werden können oder als Reserve für einen vorzeitigen Ruhestand angespart werden können. Modelle wie diese werden natürlich die Zahl der bezahlten Überstunden verringern.
Offen bleibt noch die Frage, inwieweit die Arbeitnehmer bereit sind, mit dem Überstundenabbau einhergehende Einkommensverluste zu akzeptieren. Ich erlaube mir einmal an der Stelle ein kurzes Beispiel zu zitieren. Die IG Metall-Zeitschrift hat mit einem der Betriebsräte von MAN, Roland, ein Interview geführt. Dort wurde geäußert, bei einer Unterschriftenaktion hatte dieser Betriebsrat mehrheitlich für Überstunden gestimmt. Es gibt vor allem Differenzen darüber, in welchem Zeitraum die Überstunden reduziert werden können. Wir haben der Mehrarbeit zugestimmt, weil wir gar keine Maschinen hatten, an die wir hätten Arbeitslose stellen können. Außerdem besteht die Gefahr, dass wir im nächsten Jahr wieder Defizite einfahren. Würden wir jetzt einstellen, wären diese Arbeitsplätze nächstes Jahr wieder gefährdet. Es muss geschaut werden, in welchen Abteilungen Überstunden geleistet werden und dass viele Arbeitnehmer mit 2.000 oder 3.000 DM Netto auf Überstunden angewiesen sind, ist ein zusätzliches Problem für die Betriebsräte.
Überstunden bleiben ein unverzichtbarer Bestandteil der betrieblichen Flexibilität. Die Frage bleibt natürlich das Ausmaß. Umstritten bleibt auch, inwieweit die angefallenen Überstunden bündelungsfähig sind und auch in neue Arbeitsplätze umgerechnet werden können, denn sie fal
len durchaus in verschiedenen Branchen, verschiedenen Unternehmen und Unternehmensbereichen an, so dass eine simple Addition dieser Überstunden und Umrechnungen in potenzielle neue Arbeitsplätze in der Praxis schwierig erscheint. Diese auch in dem Antrag der PDS genannte Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der übrigens auch die Stellungnahme des DGB ein Stückchen mitgeht, sagt deutlich: Arbeitszeitkonten, wie angesprochen, sind ein wirksames Mittel zur Verhinderung bezahlter Überstunden und erlauben auch einen flexiblen Einsatz der Beschäftigten, mit der Möglichkeit, Auftragsspitzen mit verlängerter Arbeitszeit ohne Überstundenanträge auszugleichen. Da steigt natürlich auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Die Untersuchungen ergaben, dass in den Unternehmen mit entsprechenden Regelungen in konjunkturellen Schwächephasen Entlassungen erst verzögert auf die Tagesordnung gekommen sind, vielmehr wurden zuerst Arbeitszeitpolster abgebaut, bevor in Phasen mit guter Auftragslage die dort wieder aufgebaut worden sind. Die Vereinbarungen generell über Arbeitszeit sind und bleiben Aufgabe der Tarifpartner, meine sehr geehrten Damen und Herren.