Kerstin Köditz

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hinterbliebene des NSU-Terrors hielten zum Schluss des Münchener Prozesses auch Plädoyers.
Besonders berührt haben mich die Worte von Elif Kubaşik. Sie sagte: „1991 sind mein Mann Mehmet, unsere Tochter Gamze und ich als Flüchtlinge hierher nach Deutschland gekommen und haben politisches Asyl erhalten. Mein Mann Mehmet wurde am 4. April 2006 von der Terrororganisation NSU ermordet. Mehmet und ich haben uns sehr geliebt und daraufhin geheiratet. Er war sehr liebevoll. Er war sehr besorgt um seine Familie. Er war vernarrt in seine Kinder. Er hatte eine sehr enge Beziehung zu seiner Tochter Gamze. Jeder Mensch, ob klein oder groß, ob jung oder alt, mochte ihn. All die guten Dinge fallen mir ein über Mehmet, wenn ich an ihn denke, was für ein Mensch er war, wie schön er war – als Mensch, was für ein Vater er war. Mein Herz ist mit Mehmet begraben.“
Weiter sagte Elif Kubaşik: „Ich will, dass die Angeklagten hier verurteilt werden. Ich will, dass sie ihre Strafe bekommen. Aber für mich wäre weitere Aufklärung auch sehr wichtig gewesen. Hier im Prozess sind meine Fragen nicht beantwortet worden. Warum Mehmet, warum ein Mord in Dortmund, gab es Helfer und – für mich so wichtig – was wusste der Staat? Vieles davon bleibt unbeantwortet nach diesem Prozess. Frau Merkel hat ihr Versprechen von 2012 nicht gehalten.“
Das Versprechen von 2012, es war ein Satz der Bundeskanzlerin, den sie bei einer Gedenkveranstaltung im Februar 2012 sagte – ich zitiere –: „Wir tun alles, um die Morde aufzuklären, um die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.“
In Sachsen schließen wir nun den zweiten Untersuchungsausschuss ab, der sich der Aufklärung zum NSUKomplex gewidmet hat. An unserem umfangreichen Sondervotum sehen sie, dass wir am Ende viele Erkenntnisse erlangt, aber keine einfachen Antworten gefunden haben. Wir müssen uns teils neuen Fragen stellen. Der NSU-Komplex ist keineswegs aufgeklärt, und nichts berechtigt uns zu einem Schlussstrich.
Eine klare Absage kann heute aber den Verschwörungstheorien aller Art erteilt werden, die sich um den NSU und die Rolle von Behörden ranken. Es gibt schlichtweg keine Anhaltspunkte dafür, dass der NSU durch sächsische Behörden in irgendeiner Weise gedeckt oder gefördert worden wäre.
Was wir jedoch neben einigen ausgesprochen versierten Beamtinnen und Beamten gefunden haben, sind andere Beamte, die nicht immer ihr Möglichstes gegeben und manchmal nicht einmal das Notwendigste getan haben. Diese Feststellung beziehe ich ausdrücklich auf das
Landesamt für Verfassungsschutz als Ganzes, als Institution.
Eine Reihe mutmaßlicher Unterstützer, davon acht namentlich bekannte Personen aus Sachsen, mussten sich bislang nicht vor Gericht verantworten. Einiges, womit sich auch unser Ausschuss befasste, deutet darauf hin, dass der NSU weitere Helfer und Handlanger gehabt haben muss, die bislang unerkannt geblieben sind.
Zu unseren wichtigsten Fragestellungen gehörte, wie es drei hinlänglich bekannten und gewalttätigen Neonazis im Jahr 1998 gelingen konnte, in Sachsen unterzutauchen, ohne dass man sie sobald wiederfand. Sie zu ergreifen hätte die NSU-Mordserie verhindert. Es gab frühzeitig zutreffende Hinweise, dass sie sich in Sachsen aufhalten.
Daher bezog sich die polizeiliche Fahndung, angeleitet durch das LKA Thüringen, hauptsächlich auf das Gebiet des Freistaates Sachsen. Es gab auch frühzeitig zutreffende Hinweise, welche sächsischen Nazis dem Trio helfen und ihnen womöglich Unterkünfte verschaffen, also überwachte man Personen, die offenbar wirklich mit den Gesuchten in Kontakt stehen. Man observierte Häuser, die offenbar wirklich Anlauforte waren. An solchen Maßnahmen waren sächsische Behörden, verschiedene Polizeieinheiten und das LfV Sachsen beteiligt.
Gleichwohl verließen sich die sächsischen Behörden darauf, dass die thüringischen Behörden, die immer wieder um Unterstützung ersuchten, allein weiterkommen würden. Niemand im Freistaat Sachsen verschaffte sich einen Überblick, was zum Fahndungsfall alles bekannt ist, auch nicht die so oft gelobte SoKo „Rex“. Wir haben aus diesem Bereich einen einzigen Beamten kennengelernt, der so etwas wie Eigeninitiative entwickelt hat.
Besonders desaströs war aber die Rolle des LfV. Es stimmt, nicht alle Informationen, die damals in Thüringen vorlagen, gelangten bis nach Dresden. Aber die Informationen, die hier ankamen, führten mehrheitlich nicht dazu, dass das LfV überhaupt irgendetwas – geschweige denn etwas Sinnvolles – unternommen hätte. Dabei war das LfV genau die Schnittstelle, an der man eins und eins hätte zusammenzählen müssen. Das LfV kannte die Informationen der brandenburgischen Quelle Piatto aus dem Sommer 1998. Diese Informationen besagten unter anderem, dass namentlich bekannte Neonazis aus Sachsen versuchen, eine Schusswaffe zu beschaffen, und dass das Trio einen Überfall begehen will.
Man hat diese Informationen damals aus Quellenschutzgründen der sächsischen Polizei und auch einer hiesigen Staatsanwaltschaft nicht vorgelegt, sondern alles für sich behalten. Das änderte sich auch später nicht, als die Quelle enttarnt war und die NSU-Raubserie längst begonnen hatte.
In der Zwischenzeit waren die Informationen von Piatto, so drückte es Herr Meyer-Platt selbst aus, in der Behörde versandet.
Im Jahr 2000 begann das LfV den Fall „Terzett“, um die Flüchtigen vor allem mithilfe einer Reihe von Observati
onen in Chemnitz aufzuspüren. Dem Fall „Terzett“ lag kein Konzept zugrunde, es gab kein Lagebild und keine einheitliche Akte, eigentlich nichts von dem, was man erwartet. Zuständig für „Terzett“ war eine junge Sachbearbeiterin, die zu dem Zeitpunkt keinerlei Erfahrungen hatte, die den ganzen Vorlauf nicht kannte und offenbar auch nicht die alarmierende Piatto-Information. Mit anderen Worten: Der ganze Fall hatte für das LfV Sachsen überhaupt keine Priorität.
Es ist in meinen Augen zweitrangig, ob man in der Gesamtschau von Behördenversagen sprechen will oder nicht. Für uns steht fest, das LfV hätte auf jeden Fall mehr tun können und es hätte auf jeden Fall auch mehr tun müssen. Man kann nun ganz milde vermuten, es gab Fehler, aber sie liegen lange zurück und man darf nicht das Wissen anlegen, welches wir heute haben.
Man kann aber auch ganz ernst zur Kenntnis nehmen, was uns Zeugen berichtet haben, die nach der Enttarnung des NSU für das Bundeskriminalamt in Sachsen ermittelt haben, nämlich dass das LfV auch dann noch seine Erkenntnisse nur äußerst spärlich an Strafverfolgungsbehörden übermittelte und dass, um überhaupt etwas zu erhalten, das BKA drohen musste, in der Neuländer Straße Akten zu beschlagnahmen.
Noch monatelang wurden dagegen im LfV ganz regulär Akten vernichtet. Die damalige Amtsspitze erklärte uns das so, dass man es leider nicht auf dem Schirm gehabt habe, dass weiterhin geschreddert wird. Man kann das glauben oder nicht. Ob dabei Unterlagen zum NSU verloren gingen, kann niemand sicher sagen.
So oder so, eine professionelle und vor allem selbstkritische Behörde hätte anders gehandelt. Der Untersuchungsausschuss hatte auch den Auftrag, Schlussfolgerungen aus dem NSU-Komplex zu erarbeiten, also Empfehlungen für konkrete politische Schritte. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass das die Koalitionsfraktionen im Wesentlichen nicht für notwendig erachten. Sie sagen, was geändert werden konnte, wurde bereits geändert.
Ich erinnere mich noch gut: Als wir unseren ersten Ausschuss zum Thema beendet hatten, war das Operative Abwehrzentrum (OAZ) –
– Beweisstück, dass man aus dem NSU-Komplex gelernt habe. Nun hat es einen komplizierten Namen und die Institution wird rückabgewickelt.
Ich möchte an dieser Stelle der Landtagsverwaltung angesichts von vielen Zeuginnen und Zeugen und 1 600 Aktenbänden danken, insbesondere dem Ausschusssekretariat, dem Juristischen Dienst sowie den Stenografinnen und Stenografen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Neben dem Ausdruck von Trauer und Mitgefühl und Feststellungen haben wir in unserem Entschließungsantrag auch drei Punkte herausgenommen aus dem im Sondervotum formulierten längeren Katalog von insgesamt 46 Schlussfolgerungen, die man ziehen könnte, wenn man nur wollte. Es sind insgesamt Schlussfolgerungen, die man ziehen müsste, wenn man tatsächlich rechtsextreme Netzwerke zerschlagen will.
Diese drei heute im Entschließungsantrag vorliegenden Forderungen sind: Erstens. Die Staatsregierung sollte endlich Fehler ihrer Behörden einräumen, Mitverantwortung bekennen und dazu beitragen, die Betroffenen und Hinterbliebenen der NSU-Anschläge schnell und unbürokratisch zu entschädigen.
Das wäre der mindeste Beitrag zu einer Wiedergutmachung.
Zweitens. Wir reden seit Jahren aufgrund hinlänglich bekannter gesellschaftlicher Entwicklungen über die Bedeutung politischer Bildung. Reden wir nicht länger drum herum. An sächsischen Oberschulen und Gymnasien sollten als regelmäßiger Lehrplaninhalt die extreme Rechte und die Gefahren des Rechtsterrorismus,
insbesondere am Beispiel der Verbrechen des NSU, behandelt werden.
Drittens. Sachsen, ja gerade Sachsen, braucht ein umfassendes Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten. Wir reden hier nicht davon, dass es irgendwelche abwegigen Gesinnungen gibt, die uns nicht gefallen, sondern wir reden davon, dass der NSU die erste bekannte, aber längst nicht die letzte rechtsterroristische Vereinigung war, die in Sachsen agierte. Vielfach jetzt erwähnt: „Gruppe Freital“ und „Revolution Chemnitz“. „Oldschool Society“ ist inzwischen schon wieder in Vergessenheit geraten. Auch diese Fälle zeigen: Der Rechtsterrorismus ist nicht erledigt. In Sachsen bestehen weit verzweigte, gewalttätige Netzwerke von Rassisten und Republikfeinden fort. Dazu gehören, um nur die derzeit bekanntesten Strukturen zu nennen, auch die verbotene Organisation „Blood and Honour“ mit ihrem militanten „Arm Combat 18“ und damit sympathisierende Gruppen wie „Brigade 8“. Diese gehören endlich auf den Schirm.
Bitte stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Momente, da springe ich gerne über meinen Schatten und sage: Ja, der Ministerpräsident hat recht. Vor vier Wochen sagte Herr
Kretschmer nämlich: „Wir müssen diese rechtsextremen Netzwerke zerschlagen.“
Die dahinterstehende Geschichte ist allen bekannt. Sogenannte Fans des Chemnitzer FC huldigten öffentlich dem verstorbenen Neonazi und Hooligan Thomas Haller. Das geschah in Kenntnis von Beauftragten und Funktionären des Vereins und womöglich auch mit deren Billigung und
Unterstützung. Vergleichbare Sympathiebekundungen gab es von Cottbus bis Zürich. Dem späteren Trauerzug in Chemnitz schlossen sich zahlreiche bekannte Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet an.
Der Ministerpräsident hat also recht: Hier tritt etwas zum Vorschein, was wir auf gar keinen Fall hinnehmen dürfen. Wir begrüßen daher seine Ankündigung, etwas zu ändern. Allerdings ist auch klar: Es wäre besser und auch möglich gewesen, damit schon vor zwei oder drei Jahrzehnten zu beginnen. Es wäre besser und auch möglich gewesen, das Problem nicht erst dann ernst zu nehmen, wenn es sich nicht mehr leugnen lässt – nachdem die ganze Republik davon Kenntnis genommen hat.
Es wäre besser und möglich gewesen, nicht erst die krassesten Symptome blühen zu lassen, sondern rechtzeitig auf Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Medienrecherchen zu hören, die vor alledem gewarnt haben. Es wäre besser und auf jeden Fall nötig gewesen einzuschreiten, bevor – wie auch der Ministerpräsident sagte – diese rechtsextremen Netzwerke das Kommando übernehmen.
Jetzt sind wir nämlich in einer Situation, in der man rückfragen muss: Welche Netzwerke meinen Sie? Meinen Sie die offenbar tonangebenden Akteure in der Chemnitzer Fanszene? Meinen Sie die rechtsoffene, gewalterfahrene, untereinander bestens vernetzte Hooliganszene im Umfeld mehrerer sächsischer Vereine? Meinen Sie die Allianz aus Neonazis, Hooligans und Kampfsportlern, die Anfang 2016 in Leipzig gewütet haben und die jetzt vor Gericht reihenweise Strafrabatt bekommen, ohne auszupacken? Meinen Sie Anhänger des verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks oder von „Combat 18“, die es in Sachsen angeblich nicht gibt, die sich aber kürzlich in Mücka getroffen haben? Meinen Sie das regelrechte Firmennetzwerk, das sich in Sachsen um die Produktion und den Vertrieb von Neonazi-Devotionalien kümmert? Meinen Sie die „völkischen Siedler“, die sich in Lunzenau und bei Leisnig niedergelassen haben? Meinen Sie das engmaschiger werdende Netz von Tarninitiativen und sogenannten Heimatvereinen der extremen Rechten? Meinen Sie vielleicht auch JVA-Bedienstete, die sich „kameradschaftliche Grüße aus Braunau“ ausrichten?
Aus den Äußerungen des Ministerpräsidenten ergibt sich, dass im Freistaat Sachsen rechtsextreme Netzwerke existieren, die bisher nicht zerschlagen wurden. Vielleicht hat man sie bisher nicht einmal erkennen wollen. Aus den Äußerungen des Ministerpräsidenten ergibt sich auch, dass das Problem größer ist, als die Staatsregierung bislang angenommen oder eingeräumt hat. Aus den Äußerungen des Ministerpräsidenten ergibt sich schließlich, dass bisher nicht genug getan wurde. Mit all dem hat er völlig recht.
Ich bin daher auch persönlich sehr gespannt auf eine Erklärung dahin gehend, welche Netzwerke nun auf welche Weise zerschlagen werden sollen. Noch gespannter bin ich natürlich darauf, ob aus der großen Ankündigung des Ministerpräsidenten nun endlich auch praktische Konsequenzen folgen.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte hat genau unser Dilemma gezeigt. Wenn wir nicht endlich anfangen, die Probleme beim Namen zu nennen, sondern immer nur von Extremismus sprechen, werden wir keine Konzepte entwickeln können, um Rassismus, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Chauvinismus, Homophobie, Geschichtsrevisionismus und autoritäre Politikmodelle zu bekämpfen.
Es geht doch darum, konkret agieren zu können. Wenn ich bei der Debatte sofort beim Linksextremismus lande, dann werde ich keine Lösung finden. Wir brauchen in Sachsen endlich ein Klima, bei dem die Ächtung von Rassismus, Homophobie und Geschichtsrevisionismus an der Tagesordnung ist.
Herr Homann hat von einem Gesamtkonzept gesprochen. Ja, wir brauchen endlich ein Gesamthandlungskonzept, ein Konzept zur Zurückdrängung dieser Einstellung mit präventiven und repressiven Ansätzen auf allen Ebenen, einschließlich der proaktiven Unterstützung der Kommunen bei der Verhinderung von Nazi-Demonstrationen, von Nazi-Konzerten und von Immobilienkäufen. Das brauchen wir in allen Fachressorts. Ich will dabei nicht nur den Innenminister anschauen, ich will auch den Kultusminister anschauen, und ich will auch den Finanzminister anschauen, wenn es darum geht, steuerrechtliche Prüfungen vorzunehmen. Wir brauchen vieles in diesem Land.
Wir brauchen ein verbessertes Monitoring rechtsmotivierter Straftaten unter Einbeziehung der Opferberatung. Wir schauen jedes Jahr auf die Zahlen und stellen fest, dass sie nicht mit den Zahlen der Staatsregierung und den Menschen, die mit den Opfern konkret zu tun haben, übereinstimmen.
Wir brauchen endlich den Ausbau von Lehr- und Forschungsangeboten zu den Ideologien der Ungleichwertigkeit. Nach vier Terrorgruppen rechts in Sachsen brauchen wir auch eine Forschungsstelle Rechtsterrorismus. Wir brauchen auch endlich die lange angekündigte Entwaffnung der extremen Rechten, einschließlich der Reichsbürger.
Es ist aus unserer Sicht höchste Zeit, zentrale Projekte, wie Beratungsstellen für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt sowie die mobilen Beratungsteams, die eine hervorragende Arbeit leisten, endlich zu entfristen.
Ich will aufgrund des bisherigen Verlaufs der Debatte klipp und klar noch einmal sagen: Es muss endlich die Singularität des deutschen Faschismus in Bildungspolitik und Erinnerungspolitik Beachtung finden.
Auch wenn das auf dieser Seite nicht so gern gehört wird: Hören Sie auf, antifaschistisch engagierte Menschen permanent zu kriminalisieren. Sie leisten eine Arbeit, die ich von anderen erwarte.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. Auch ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Seit vielen Jahren beobachte ich Polizeieinsätze bei antifaschistischen Demonstrationen, und ich beobachte sie bei Nazidemonstrationen. Ich habe in all den Jahren festgestellt: Sobald es neue Mittel und Möglichkeiten gab, wurden diese bei antifaschistischen Demonstrationen eingesetzt, wohingegen es bei Nazidemonstrationen sehr häufig Zurückhaltung gab. Ich weiß, dass heute ein Tag ist, an dem sich Nazis freuen, dass der Polizei mit diesem Polizeigesetz weitere Mittel in die Hände gegeben werden, um gegen Antifaschistinnen und Antifaschisten vorzugehen.
Insofern: Wenn wir Demokratie abbauen wollen, dann machen wir das Geschäft der extrem Rechten. Deshalb habe ich diesen Gesetzentwurf abgelehnt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich würde meine Rede gern zu Protokoll geben.
Im Gesetzentwurf der Staatsregierung „Gesetz zur Änderung des Nachrichtendienstrechts im Freistaat Sachsen“ geht es um die Anpassung des Verfassungsschutzgesetzes und Artikel-10Gesetzes infolge der europäischen Datenschutzreform.
Bei unserer schriftlichen Anhörung des Innenausschusses äußerten alle Sachverständigen, dass dieser Schritt logisch sei und sahen dabei an sich keine Probleme. Es gab Vorschläge, wie man es besser formulieren könnte. Es gab auch weitergehende Vorschläge, so zum Beispiel Dr. Golla von der Gutenberg-Universität Mainz bezüglich der Möglichkeit des verbindlichen Einwirkens des Datenschutzbeauftragten auf den Nachrichtendienst sowie einer Anregung bezüglich des endgültigen Absehens einer Mitteilung an G-10-Betroffene. Oder die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte: Dazu wird die Pflicht zur Veröffentlichung von Strukturdaten vorgeschlagen.
Aus unserer Sicht gäbe es auch eine Menge Änderungsbedarf beim Nachrichtendienstrecht in Sachsen, insbesondere beim sächsischen Inlandsgeheimdienst (Landesamt für Verfassungsschutz genannt), zum Beispiel die Kontrollmöglichkeiten bzw. Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission oder der Einsatz von V-Leuten bzw. der Verzicht auf den Einsatz solcher Spitzel oder Akteneinsichtsmöglichkeiten für Betroffene usw. bis hin zur Auflösung des Inlandgeheimdienstes.
Aber all dies hat aus unserer Sicht nichts mit dem heutigen Gesetzentwurf zu tun. Hier geht es um die Anpassung aufgrund der europäischen Datenschutzreform. Dem werden wir nicht widersprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Leipziger Stadtteil Schönefeld liegt etwas abseits gelegen die Kamenzer
Straße. Dort befand sich bis April 1945 ein Frauenaußenlager des KZ Buchenwald. Rund 5 000 Frauen und Mädchen waren dort inhaftiert. Die Insassinnen wurden durch die SS bewacht, sie mussten Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie der Nazis verrichten. Für viele, die als „nicht mehr arbeitsfähig“ galten, führte der Weg von Leipzig weiter in die Vernichtungslager. Wer in Leipzig blieb, wurde zum Schluss, als die US-Armee die Stadt erreichte, durch die Nazis auf sogenannte Todesmärsche getrieben.
Heute erinnert vor Ort nur eine kleine Gedenktafel an die traurige Geschichte dieses Ortes. Das Schild wird immer wieder zerstört, aber das ist gar nicht der Punkt. Der Punkt ist vielmehr: Dieses Gelände, auf dem sich das Zwangsarbeitslager der Nazis befand, ist seit mehr als zehn Jahren in der Hand von Neonazis. Seitdem fanden dort wiederholt Feiern der rechten Szene und auch Rechtsrockkonzerte statt. Auf dem Gelände trifft sich ein sogenannter Motorradclub mit besten Verbindungen zur örtlichen Hooligan-Szene. Dort trainieren Nazianhänger ihren Kampfsport. Eine teilweise Nutzungsuntersagung hat den Besitzer, der selbst aus der Szene kommt, offenbar überhaupt nicht beeindruckt.
Die Kamenzer Straße in Leipzig ist ein besonders geschmackloses, widerliches Beispiel. Aber es ist nur ein Beispiel von vielen, wie es Neonazis gelingt, Immobilien zu erwerben und im Kreise ihrer Gesinnungsgenossen zu vermarkten.
Sachsenweit stehen der extremen Rechten mehr als 60 Objekte zur Verfügung. Allein dieser Umstand beantwortet zum Teil bereits die Frage, warum die braune Szene gerade in unserem Bundesland so stark ist. Hier hat sie in ganz erheblichem Umfang und offenbar weitgehend ungestört Infrastruktur geschaffen – mehr als 60 Szenetreffpunkte. Das ist keine neue Erkenntnis, sondern hatte sich bereits aus der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur Entwicklung der extremen Rechten im Freistaat vor drei Jahren ergeben.
Das Problem ist also bestens bekannt. Eine Besserung ist aber nicht eingetreten. Seitdem gibt es stattdessen immer mehr Veranstaltungen der extremen Rechten, die sich solcher Orte bedienen. Das gilt insbesondere für extrem rechte Konzerte und sogenannte Liederabende. Rund 50 solcher Events gab es im Jahr 2018 in Sachsen, und die Zahl steigt seit etlichen Jahren wieder an.
Wenn sich die Staatsregierung nun damit brüstet, angeblich eine Nulltoleranzstrategie zu fahren, ist zunächst einmal festzustellen, dass sie offensichtlich nicht funktioniert oder vielmehr nicht mehr funktioniert. In der Vergangenheit gab es einen sogenannten Konzerterlass, mit dessen Hilfe gerade solche Veranstaltungen unterbunden werden sollten. Das war ein Konzept der Neunzigerjahre, und es hat leidlich in einer Zeit funktioniert, in der sich die Szene noch unter Vorwänden irgendwo einmieten und konspirativ dorthin mobilisieren musste, um der Polizei nicht aufzufallen. Aber diese Zeit ist lange vorbei, und das liegt auch daran, dass die extreme Rechte in aller Ruhe
ein Geflecht aus Naziszenetreffs hochziehen konnte, die sich in eigener Hand befinden.
Ich denke da nicht nur an die Kamenzer Straße in Leipzig. Ich denke auch an das kleine Staupitz, einen Ortsteil von Torgau, in dem seit mehr als einem Jahrzehnt Rechtsrockkonzerte ganz legal stattfinden können, und zwar zehn Stück jedes Jahr. Staupitz hat kaum mehr als 300 Einwohner, aber für die extreme Rechte ist der Ort so etwas wie eine Eventhochburg.
Ich denke auch an Ostritz. Die Einwohnerinnen und Einwohner müssen erdulden, dass dort regelrechte Festivals für Faschisten ausgerichtet werden. Diese gefährliche Entwicklung hat das Innenministerium ganz einfach verpennt. Es hat kein neues Konzept entwickelt, das auf die heutige Situation passt, und es hat bis heute auch kein Gesamtkonzept in petto, um die extreme Rechte zurückzudrängen – oder wie es jetzt heißt, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen. Die leider schon über Jahrzehnte gesättigte Erfahrung besagt: Dort, wo man diese Szene nicht zurückdrängt, breitet sie sich immer weiter aus.
Herr Lippmann warb für den Antrag als einen wichtigen Schritt in diesem Zusammenhang. Dem stimmen wir zu.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Diesem Änderungsantrag können wir als LINKE überhaupt nicht zustimmen. Wir sind schon der Meinung, dass es hier nicht um Breitbandextremismus geht. Die Probleme müssen endlich beim Namen benannt werden. Hier geht es jetzt um Neonazi-Immobilien. Hier geht es um Rassismus und nicht um das, was Sie, Herr Wurlitzer, in Ihrer Rede aus dieser Thematik gemacht haben.
Wir lehnen diesen Änderungsantrag ab.
(Beifall bei den LINKEN – Carsten Hütter, AfD: Klar, man muss doch die eigenen Truppenteile schützen! – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Carsten Hütter, AfD: Mann, Mann, Mann!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Modschiedler hat verschiedene Aspekte von Antisemitismus angesprochen. Es gibt aber weitere Aspekte, wie zum Beispiel den geschichtsrevisionistisch definierten Antisemitismus. Wer hier in diesem Zusammenhang immer noch den Mut hat, von einer „Reichskristallnacht“ zu sprechen und damit diese Pogromnacht im Grunde mit diesem Begriff „Kristall“ zu verharmlosen, hat es immer noch nicht verstanden. Wer immer noch in einer Partei ist, dessen Vorsitzender davon gesprochen hat, dass die NS-Zeit ein „Fliegenschiss“, später: „Vogelschiss“ der Geschichte sei, der verharmlost
an dieser Stelle die Schoah. Er verharmlost den Mord an sechs Millionen europäischen Juden.
Mein Kollege Herr Gebhardt hat bereits aus der Anhörung zu unserem Antrag „Antisemitismusbeauftragte“ zitiert. Ich möchte noch ein Zitat in diesem Zusammenhang nachschieben, ebenfalls von Nora Goldenbogen: Am Montag bin ich abends während der montäglichen PegidaDemo über den Altmarkt gegangen und sehe an der rechten Seite einen großen Stand ‚Freiheit für Ursula Haverbeck‘. Ursula Haverbeck ist eine mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin. Sie ist zwar 90 Jahre alt, aber sie sagt es immer noch. Auf ihrer Homepage und anderen Medien kann man das nachlesen. An diesem Stand war ganz groß das Thema Lüge. Da ging es um das Leugnen des Holocausts, auch wenn das nicht dabei stand. Ich habe mir den Stand angesehen, ein Flugblatt mitgebracht und habe gesehen, es gab eine Genehmigung der Stadtverwaltung Dresden, der Ordnungsbehörde. Ich habe nachgefragt. Dort wurde mir gesagt, das ist mit der Meinungsfreiheit gedeckt. Sie haben nicht geschrieben, das hat den Holocaust nicht in der Losung gehabt. Damit war das Problem weg.“ Das ist Antisemitismus, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass ich regelmäßig nach Straftaten hier in Sachsen frage und nicht beim BKA. Wenn ich dort sehe, dass es bei uns in Sachsen im Jahre 2017 insgesamt 118 Straftaten mit antisemitischem Bezug gegeben hat und davon nur zwei nicht rechtsmotiviert waren, sprich: 116 waren rechtsmotiviert, dann haben wir ein Problem mit rechtsmotiviertem Antisemitismus, wenn es um Straftaten geht.
Der Vollständigkeit halber, damit es keine Debatten gibt, wird eine dem Phänomenbereich ausländische Ideologie und eine dem Phänomenbereich religiöse Ideologie zugeordnet.
Wir hatten im Jahr 2017 – wie gesagt – 118 Straftaten. Mit Nachmeldungen bis zu den letzten Anfragen meinerseits sind wir zahlenmäßig im ersten Halbjahr 2018 bereits bei 72 Straftaten. Was mir immer wieder auffällt: Wir haben alljährlich einen Peak bei diesen Straftaten; der liegt im November. Im letzten Jahr waren es im November allein über 40 Straftaten.
Ich habe Angst davor, dass die Zahlen weiter steigen, und ich habe Angst davor, dass wir immer nur darüber diskutieren, dass es auch anders motivierten Antisemitismus gibt. Das Hauptproblem in Sachsen ist der rechtsmotivierte Antisemitismus. Dazu müssen wir uns positionieren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse dieses zweiten Sachsen-Monitors zeigen für uns drei Dinge auf: Erstens geht die soziale Schere auseinander. Es gibt ein verbreitetes Gefühl von Ungerechtigkeit. Die Zukunftserwartungen steigen zwar, aber die soziale Lage verbessert sich nicht. Stattdessen steigt die Sorge vor Billiglöhnen und Armut und vor dem Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Zweitens greift politische Resignation um sich. Ein Interesse an Politik ist noch vorhanden, aber es geht zurück. Nach einer mehrjährigen Dauerschleife aus „Volksverräterparolen“ und „Lügenpresse“ sind Parteien schlecht angesehen. Die Demokratie – es wurde bereits erwähnt – genießt zwar insgesamt Vertrauen, aber die Bereitschaft, sich selbst einzubringen, schwindet.
Drittens haben wir es zu tun mit einem – ich zitiere – „extrem rechten Denken auf einem alarmierend hohen Niveau“. Dieses Zitat ist der Wortlaut des Beirats, dem wir uns als LINKE anschließen.
Diese drei Dinge lasten schwer und anhaltend auf der politischen Kultur im Freistaat Sachsen. Man kann einerseits fragen, was die Ergebnisse besagen. Sorgen um soziale Fragen sind im Niedriglohnland Sachsen nicht überraschend. Es wird bestimmt nicht zur Besserung beitragen, einen langjährigen Mindestlohngegner zum Ministerpräsidenten zu machen. Es wird auch nicht dazu führen, dass sich wieder mehr Menschen selbst in die Politik einbringen.
Man kann andererseits fragen, was aus den Ergebnissen, egal, wie man sie sich zusammenreimt, folgen soll. Die Antwort auf die Frage, was mit diesen Ergebnissen aus den Sachsen-Monitoren passieren soll, steht praktischerweise im Koalitionsvertrag. Dort heißt es nämlich: „Der Sachsen-Monitor soll Grundlage einer viel genaueren Demokratiearbeit werden.“
Dieses Ziel wurde bisher offensichtlich verfehlt. Der Beirat warnt zwar ganz klar und völlig richtig vor extrem rechtem Denken, aber die Staatskanzlei sah bei der Vorstellung des Sachsen-Monitors lediglich irgendeinen Extremismus am Werk. Nach dem ersten SachsenMonitor versprach der Chef der Staatskanzlei, Herr Jaeckel, man würde jetzt jede Zahl auswerten. Diese Auswertung vermissen wir bis heute.
Wir als LINKE haben den Sachsen-Monitor schon vor Jahren gefordert. Ich möchte noch einmal an eine Debatte erinnern, die im Sächsischen Landtag über den SachsenMonitor im Jahr 2011 stattgefunden hat. Damals hat ein Staatsminister besonders leidenschaftlich gegen den Sachsen-Monitor gewettert. Es ist übrigens derselbe Minister, der bis heute kein Gesamtkonzept zur Zurück
drängung der extremen Rechten vorweisen kann. – Oh, Herr Ulbig ist nicht anwesend.
Ich will ein Gesamtkonzept. – Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Der Sachsen-Monitor ist ein wichtiges Instrument, und Demokratiearbeit ist ein wichtiges Ziel. Aber das eine bleibt stumpf und das andere unerreicht, wenn sich die Verantwortlichen nicht endlich darum kümmern. Hier eine reine Zahlenanalyse zu machen ist einfach zu wenig, wir brauchen Konzepte. Alles weitere in der nächsten Runde.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zurück zum SachsenMonitor: Mein Dank geht an Frau Meier für ihre Rede. Ich habe mich auch gefreut, dass zu jenem Zeitpunkt Herr Dr. Jaeckel im Saal war. Viele der Punkte, die Frau Meier aufgezählt hat, gehören in ein Gesamtkonzept, wenn wir hier in Sachsen etwas verändern wollen.
Damit bin ich wieder bei dem Problem, das wir in Sachsen haben: Wir haben die Ergebnisse des SachsenMonitors vorliegen und diskutieren über die Zahlen. Aber wie gehen wir wirklich mit dem Sachsen-Monitor um? Es
gibt eigentlich nur zwei Wege. Der erste Weg wäre: Wir halten fest, dass uns die Ergebnisse bedenklich stimmen. Falls es einen dritten Sachsen-Monitor geben sollte, werden wir in etwa einem Jahr zu demselben oder einem ähnlichen Ergebnis kommen. Ernsthafte Konsequenzen werden bis dahin nicht gezogen, sondern wir werden in der Zwischenzeit einmal mehr erleben, dass sogenannte Befunde im Zweifel einfach als „Sachsen-Bashing“ beschimpft werden.
Der zweite Weg ist, wir nehmen die Ergebnisse ernst. Das heißt, wir begreifen sie als einen Spiegel sozialer Verhältnisse, die wirklich ungerecht sind, und wir diskutieren offen darüber, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung, die Politik übrigens eingeschlossen, daraus mitunter ungerechte Schlüsse zieht; nämlich die Schuld bei den anderen, bei den Fremden, bei Minderheiten sucht.
Der erste Weg bedeutet, dass wir hier alljährlich ein ziemlich bedeutungsloses Empörungsritual durchführen. Dafür brauche ich allerdings keinen aufwendigen Sachsen-Monitor. Der zweite Weg dagegen bedeutet, dass wir die Ergebnisse als wichtige Problemanzeiger verstehen. Dafür müssen wir aber das Instrument schärfen und den Sachsen-Monitor verbessern. Herr Homann, ich bin da nicht ganz Ihrer Meinung. Verbessern heißt nämlich an dieser Stelle für uns, dass dieses Instrument nicht in die Hände der Staatskanzlei und nicht in die Hände eines kommerziellen Instituts gehört.
Wir brauchen an dieser Stelle sozialwissenschaftliche Arbeit. Es geht um die Entwicklung der Fragen bis hin zur Einordnung der Resultate. Zum Beispiel ist es doch schlicht Unfug, dass die Erhebung vor der Bundestagswahl stattfand und dass die soziale Lage nur auf Selbsteinschätzung beruht. Laut dieser Studie denkt nämlich fast jeder Sachse, er gehört zur Mittelschicht. Die Meinungsforscher – –
Also das ist doch jetzt nicht ernst gemeint, diese Zwischenrufe. Die Meinungsforschung kennt das Problem der sozialen Erwünschtheit. Befragte geben gern konforme Antworten. Man muss kritisch mit Fragen umgehen, über die die Befragten vorher noch nie reflektiert haben. Von dieser selbstkritischen Haltung ist im Ergebnisbericht des Sachsen-Monitors zu wenig zu lesen. Da sehen wir noch eine Menge Luft nach oben und wir würden uns wünschen, dass es einen Erfahrungsaustausch mit den Thüringerinnen und den Thüringern gibt, die eine jahrelange Erfahrung mit einem Monitor haben.
Noch in anderer Hinsicht gibt es viel zu lernen. Teile der Koalition sind nicht davor zurückgeschreckt, den Rechtspopulisten nachzuäffen. Man redet Gefährdungen herbei, um effektvoll auf den starken Staat zu setzen und dabei Grundrechte, wie zum Beispiel das Asylrecht, zu kassieren. Man redet von sogenanntem Patriotismus zu Leuten, die sich vom Fremdenhass sowieso nicht abgren
zen, und man führt eine zutiefst antiliberale Kampagne gegen die Ehe für alle. Im Anschluss sind – oh Wunder – autoritäre, nationalistische und homophobe Einstellungen viel populärer als vorher. Das sind die Geister, die gerufen wurden, gerufen von Teilen der CDU.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wohnungslose gehören zu den Schwächsten der Gesellschaft. Genau am Umgang mit ihnen zeigt sich doch, wie ernst wir den Schutz der Menschenwürde wirklich nehmen, wie solidarisch unsere Gesellschaft überhaupt noch ist und was wir bereit sind zu unternehmen, um niemanden aus dem öffentlichen Leben auszuschließen.
So klar ist die Sache aber oftmals nicht. Die repräsentative Mitte-Studie zeigt, dass in Deutschland fast jeder Fünfte meint, Wohnungslose seien arbeitsscheu, und fast ein Drittel will, dass bettelnde Obdachlose aus Fußgängerzonen entfernt werden. Auf längere Sicht zählen genau solche Ansichten zu den sehr hartnäckigen menschenfeindlichen Einstellungen in unserer Gesellschaft. Diese Einstellungen stützen sich darauf, dass manche Menschen vom Recht des Stärkeren ausgehen und dass in unserer Gesellschaft oftmals wirklich nur der etwas zählt, der etwas hat, und demzufolge ein Obdachloser, der nichts hat, wertlos ist.
Es ist ein Glück, dass es Projekte und Initiativen gibt, die Wohnungslosen konkrete Hilfe anbieten. Ein Unglück ist es aber, dass teils subtile, teils offene Diskriminierung im Alltag dadurch nicht verschwindet und es nicht nur dabei
bleibt, dass diskriminiert wird; denn zum Problem gehört auch die Gewalt gegen Wohnungslose.
Seit 1990 sind in Deutschland 40 Obdachlose rechtsmotiviert ermordet worden, 16 Obdachlose wurden zum Teil schwer verletzt. Ich möchte zwei Fälle erwähnen, und diese lagen vor 2015.
Der erste Fall spielt in der Leipziger Innenstadt. Dort schlief der 59-jährige Karl-Heinz Teichmann in der Nacht zum 23. August 2008 auf einer Parkbank. Ohne Anlass wurde er durch einen Anhänger der rechten Szene attackiert und erlitt schwere Kopfverletzungen. Teichmann erlag den Verletzungen wenige Tage später. Der 18-jährige Täter wurde wegen Mordes verurteilt. Ein mögliches politisches Tatmotiv spielte im Prozess keine Rolle. Dabei hatte der Verteidiger sogar einen diesbezüglichen Hintergrund eingeräumt. Bis heute wurde Karl-Heinz Teichmann nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
Der zweite Fall spielt in Oschatz. Dort schlief der 50-jährige André K. in der Nacht zum 27. Mai 2011 im Wartehäuschen. Ohne Anlass wurde er durch fünf junge Männer, die zum Teil der rechten Szene angehören, attackiert und gequält. André K. erlag den Verletzungen wenige Tage später. Die Täter wurden wegen Totschlags verurteilt. Bis heute wurde André K. nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt. Die Stadt Leipzig informierte übrigens die Familie des Verstorbenen nicht. Er wurde in einem namenlosen Sozialgrab beerdigt.
Das sind furchtbare Taten. Die Täter vergriffen sich an den Schwächsten unserer Gesellschaft. Die Täter glaubten an das Recht der Stärkeren.
Erlauben Sie mir auch eine aktuelle Bemerkung diesbezüglich: Wenn heute in Sachsen plötzlich Rechtsradikale ihr Herz für Wohnungslose entdecken, sofern sie „einheimisch“ sind, dann hat dieser Glaube sich überhaupt nicht gewandelt,
sondern hier wird jetzt eine Gruppe, die schwach ist, gegen eine andere Gruppe, die schwach ist, ausgespielt.
Bei allem, was wir tun: Dieser Logik dürfen wir niemals folgen.
Vielen Dank.
Herr Minister, auf welcher Definitionsgrundlage sprechen Sie denn von Reichsbürgern bzw. Selbstverwaltern? Sie haben vorhin die Möglichkeit der Rückfrage bei der Polizei erwähnt. Parallel dazu gibt es auch eine Erfassung beim Landesamt für Verfassungsschutz. Also, welche Definitionsgrundlage haben wir hier überhaupt?
In diesem Zusammenhang zur Frage von Herrn Modschiedler. Gibt es eigentlich Aussagen dazu, wie stark die Justiz durch Sinnlosverfahren belastet wird, die auch vielfach von dieser Kategorie betrieben werden?
Sie haben vorhin die Anzahl der erfassten sogenannten Reichsbürger bzw. Selbstverwalter genannt. Hat der Bereich der Justiz Zugriff auf diese Datensätze bzw. auch umgekehrt? Sie haben vorhin beschrieben, dass es einen Vermerk gibt. Gibt es eine Rückkopplung an das Landesamt für Verfassungsschutz, dass Personen als sogenannte Reichsbürger bei Ihnen erfasst wurden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst das Offensichtliche feststellen: Die Grundidee der AfD ist völlig absurd.
Es geht im Antrag der Reihe nach um rechtswidrige Taten, um Attacken, Angriffe, Übergriffe, schließlich um Nötigung, Bedrohung sowie um politische Gewalt. Für all das sind selbstverständlich die Strafverfolgungsbehörden zuständig – wer denn sonst? Davon abgesehen mag es ja sein, dass die Polizei und der polizeiliche Staatsschutz „mit der Bekämpfung der rechts- und linksextremistischen Gewalt sowie der islamistischen Gewalt derzeit voll ausgelastet“ sind. Da stelle ich die Frage einmal umgedreht. Der Landeswahlleiter ist Präsident unseres Statistischen Landesamtes. Daher ist er mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit bestimmten Aufgaben versehen, und ich glaube, diese Menschen sind damit auch ausgelastet.
Die AfD moniert nun, dass vieles, was sich angeblich oder tatsächlich bei der Polizei und beim LKA ereignet hat, nur lückenhaft erfasst werde. Ja, das trifft grundsätzlich zu, denn die Statistik der politisch motivierten Kriminalität kann immer nur bestimmte Merkmale erfassen und abbilden, jedoch nicht alle erdenklichen. Dies gilt übrigens für jede Statistik. Was die PMK-Statistik betrifft, so wird diese wenigstens regelmäßig weiterentwickelt. Seit 2016 werden unter anderem auch Delikte erfasst, die sich gegen Amts- und Mandatsträger sowie gegen Parteien richten. Dass diese Delikte nunmehr gesondert erfasst werden, hat übrigens weniger etwas mit Linksextremismus und Islamismus zu tun – aber das sei einmal nur am Rande festgestellt.
Soweit es auch weiterhin Lücken in der Statistik geben wird, kann sie jedenfalls der Landeswahlleiter auch nicht schließen, denn auch er wäre ja auf die Erhebung genau jener polizeilichen Daten angewiesen.
Mit dem, was die AfD ausgeführt hat, nämlich dass Bürger jetzt beim Landeswahlleiter anrufen, wird es auch weiterhin nur lückenhaft und zu undetailliert sein. Aus dem Antragstext wird deutlich, dass es der AfD noch um etwas anderes geht – nämlich um sich selbst. An verschiedenen Stellen ist ganz allgemein die Rede von Verstößen und Handlungen, die den Wahlkampf angeblich oder tatsächlich beinträchtigen. Natürlich müssen auch Parteien einschließlich der AfD Kritik und Protest aushalten. Solche Beeinträchtigungen gehören zur Meinungsfreiheit.
Verwunderlich ist natürlich, dass ausgerechnet die AfDFraktion die besondere Bedeutung der Parteien hervorhebt. Denn noch im Mai hatte sich die Fraktion als sogenannten Experten den neurechten Verfassungsjuristen Karl Albrecht Schachtschneider eingeladen.
Nein, danke.
Herr Schachtschneider schmäht bei jeder Gelegenheit „Parteienoligarchie“ in der Bundesrepublik und bezeichnet den „Parteienstaat“ als „Verfallserscheinung der Republik“. Sich jetzt wiederum auf die verfassungsrechtlichen Privilegien von Parteien zu berufen, scheint da auf den ersten Blick eindeutig doppelzüngig zu sein. Auf den zweiten Blick ergibt das alles jedoch Sinn; denn es liegt auf der Hand, dass es der AfD keineswegs um „die“ Parteien geht. Die AfD ist nicht um uns besorgt, und sie sorgt sich auch nicht um die Zivilgesellschaft, wie sie das im Antragstext erwähnt.
Meine Damen und Herren, der ganze Antrag steht schließlich unter der Überschrift „Fairen Wahlkampf ermöglichen“. Mit Verlaub: Wer an einem fairen Wahlkampf interessiert ist, der betreibt ihn nicht auf dem Rücken von Minderheiten, nicht auf Kosten der Ärmsten und Schwächsten, nicht zulasten der Menschen in unserem Land, die anders denken und glauben, anders leben oder lieben.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 2011 werden im Freistaat Sachsen jeden Tag durchschnittlich fünf rechts motivierte Straftaten begangen. Das ist viel, und es wird mehr. Im Jahr 2015 kletterte der Wert auf fast sieben Taten pro Tag. Insgesamt wurden von 2011 bis 2016 rund 10 300 Delikte mit einem rechten Tathintergrund verzeichnet. Im Jahr 2015 war die Fallzahl gegenüber dem Vorjahr um fast 40 % angestiegen. Von einer Entspannung ist seitdem nicht auszugehen.
Die teils erst vorläufigen Werte, die bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage vorgelegt wurden, zeigen noch mehr: Immer häufiger richten sich die Straftaten gegen Asylunterkünfte, gegen vermeintliche oder tatsächliche politische Gegnerinnen und Gegner sowie gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole. Deutlich gestiegen sind im Zeitverlauf die Gesamtzahl und der Gesamtanteil von Körperverletzungen. Die erfassten Straftaten betreffen nach Einschätzung der Polizei darüber hinaus fast fünf Dutzend unterschiedliche Strafrechtsnormen. Mehrfach inbegriffen ist der Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die extreme Rechte ist selbstbewusst und gut organisiert. Sie sucht die Konfrontation. Angesichts dessen dürfen wir nicht sprachlos bleiben.
Der Sächsische Landtag hat sich in jüngster Zeit mit allzu vielen herausragenden Ereignissen befassen müssen: mit Freital und Heidenau, mit Clausnitz und Bautzen. Wir haben es, davon abgesehen, mit einem langfristigen und besonders ausgedehnten Problem zu tun, über das wir offen reden müssen; denn es ist in der Vergangenheit offenbar nicht gelungen, regelrechte Hochburgen der
extremen Rechten, in denen gezielt Angsträume geschaffen wurden, zu befrieden.
Vornan bei der aktuellen Entwicklung der Fallzahlen stehen nicht nur die Städte Dresden und Leipzig, sondern auch die Sächsische Schweiz. Wenn Sie die Statistiken von Opferberatungen hinzunehmen, in die mehr Informationen einfließen als in die polizeiliche Statistik, dann werden weitere Hotspots erkennbar. Darunter sind wohlbekannte Orte wie Wurzen, die schon vor 20 Jahren in einem sehr negativen Sinne Furore machten.
Meine Damen und Herren! Die Neunzigerjahre klopfen an. Wir sind gut beraten, naive Fehler von damals nicht zu wiederholen, als die Tür geöffnet und das Thema systematisch kleingeredet wurde. Dass das Thema in Wirklichkeit groß geblieben und zuletzt wieder angewachsen ist, ist leider auch politischen Fehlern zu verdanken. Dazu gehört, dass es die Staatsregierung bis heute versäumt hat, ein Gesamtkonzept mit Handlungen zur Zurückdrängung der extremen Rechten vorzulegen.
Das Problem, vor dem der Freistaat steht, ist nicht nur unter kriminalistischen Gesichtspunkten relevant. Strukturen der extremen Rechten, insbesondere Ableger der Neonazi-Szene, existieren in Sachsen flächendeckend. Der vorläufige Abstieg der NPD hat daran nichts geändert, und mit Parteien wie „Der Dritte Weg“ und „DIE RECHTE“ stehen bereits neue Vereinigungen bereit, sie zu beerben. Der Vogtlandkreis ist aktuell ihr Experimentierfeld. Von einer baldigen Ausweitung ist leider auszugehen.
Die Szene geht über alle Zersplitterungen hinweg arbeitsteilig vor. Das zeigt ihre gezielte rassistische Agitation, die wir in den vergangenen drei, vier Jahren beobachten mussten. Den extrem Rechten in Sachsen steht außerdem eine gut ausgebaute Infrastruktur zur Verfügung. Seit 2011 konnten mehr als 60 Objekte als Szenetreffpunkte erschlossen werden. Einige davon werden dauerhaft
genutzt. Allein im vergangenen Jahr standen 45 Objekte zur Verfügung. Darunter ist mit dem sogenannten Alten Schlachthof in Staupitz im Landkreis Nordsachsen auch eine der bundesweit bedeutsamsten Stätten für rechtsextreme Konzerte. Es ist befremdlich, dass dagegen nicht eingeschritten werden kann. Stattdessen wurde dort ein Arrangement getroffen, das die Durchführung von zehn Konzerten pro Jahr ermöglicht. Solche Events sind für die Szene nicht nur Gelegenheiten zur weiteren Vernetzung, sondern auch eine kontinuierliche Einnahmequelle.
Vor diesem Hintergrund ist das Herumdoktern an der Parteienfinanzierung, nur um die NPD zu treffen, aus meiner Sicht nur eine Phantomdebatte. Ich erinnere mich außerdem noch gut daran, wie sich das Innenministerium vor vielen Jahren für einen sogenannten Konzerterlass loben ließ, mit dem rechtsextreme Musikveranstaltungen unterbunden werden sollten. Dieser Erlass ist angesichts von Staupitz offensichtlich seit Langem gegenstandslos.
Es ist natürlich nicht so, dass es angesichts der Entwicklungen, die sich inzwischen seit Jahrzehnten in Sachsen vollziehen, keine Reaktionen gegeben hätte. Inzwischen sind im Freistaat einige herausragende Gruppierungen verboten worden: die „Skinheads Sächsische Schweiz“ im Jahr 2001, die „Kameradschaft Sturm 34“ im Jahr 2004, die „Nationalen Sozialisten Döbeln“ im Jahr 2013 und schließlich die „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ im Jahr 2014. Ich zweifle nicht daran, dass diese Verbote richtig und notwendig waren. Ein Allheilmittel waren sie aber nie und werden es auch künftig nicht sein.
Diese Verbote erzählen auch im konkreten Fall keine Erfolgsgeschichten. Erstens eilen die jüngeren dieser Maßnahmen der Realität hinterher. Die Gruppe aus Chemnitz war ein gutes Jahrzehnt lang gar nicht behelligt worden. Die Gruppe aus Döbeln war zum Zeitpunkt des Verbots schon nicht mehr relevant. Über ein mögliches Verbot der sogenannten Nationalen Sozialisten Geithain wurde offenbar erst nachgedacht, nachdem die dahinterstehende Struktur diese Bezeichnung abgelegt hatte. Im Falle der „Terror Crew Muldental“ wurde ein Verbot erst geprüft, nachdem eine umfangreiche Gewaltwelle bereits die Gerichte beschäftigte.
Zweitens sehen wir, dass solche Maßnahmen antizipiert werden. Offenbar rein vorsorglich hat sich Anfang 2014 die „Revolutionäre Nationale Jugend Vogtland“ der Partei „Der Dritte Weg“ angeschlossen.
Restbestände der „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ sind übrigens den gleichen Weg gegangen.
Frühere Führungspersonen der „Nationalen Sozialisten Döbeln“ sind bei den „Jungen Nationaldemokraten“ der NPD untergekommen.
Der harte Kern der Neonaziszene verschleiert gezielt die eigenen Strukturen und sucht Zuflucht unter dem legalen Dach von Parteien. Dieses Verwirrspiel war besonders erfolgreich im Falle des „Kameradschaftsverbandes Freies Netz“. Hier fiel das Sächsische Innenministerium auf einen Vernebelungsversuch von rechts herein und
mochte nicht einmal eine Struktur erkennen. In Bayern dagegen ist eine ähnliche Struktur, das „Freie Netz Süd“, verboten worden. Einige Führungspersonen sind inzwischen ganz gezielt nach Sachsen ausgewichen und ziehen hier die Neonazipartei „Der Dritte Weg“ hoch.
Drittens – und das ist das größte Problem –: Das Verbot einer Gruppierung richtet nicht nur gegen die Ideologie nichts aus, sondern ist auch völlig machtlos gegen die gefestigten Netzwerke, deren Anhängern es am Ende egal ist, ob und unter welcher Bezeichnung sie nach außen hin auftreten. Schauen Sie, was in Heidenau passiert ist! Schauen Sie, wer am Überfall in Leipzig-Connewitz vor einem Jahr beteiligt war! Da treffen Sie auf die alten Kader der „Skinheads Sächsische Schweiz“. Da stoßen Sie auf ein Kapitel des Rechtsextremismus in Sachsen, von dem wir doch dachten, man hätte es schon vor anderthalb Jahrzehnten abgeräumt. Da sind sie wieder, die Zustände der Neunzigerjahre, teilweise sogar mit den gleichen Personen.
Ich führe das alles nicht auf, um grundsätzlich zu irgendwelchen härteren Maßnahmen zu raten. Wir sind uns hoffentlich einig, dass in einem Rechtsstaat Verbote die Ausnahme bleiben sollten. Das Problem sind vielmehr der falsch gewählte Fokus und die einseitige Schwerpunktsetzung. Wann immer in den vergangenen Jahren die Sprache auf die extreme Rechte in Sachsen kam – das geschah sehr, sehr oft –, konnte die Staatsregierung auf das große Vorzeigeprojekt verweisen: das NPD-Verbotsverfahren.
Ich wünschte, dass nur annähernd so viel Akribie und Aufmerksamkeit, wie in dieses Verfahren gesteckt wurden, der Präventionsarbeit, der politischen Bildung und der Unterstützung von Betroffenen rechter Gewalt zugute gekommen wären. Ich wünschte, dass es gelungen wäre, annähernd so viel Energie für die fortwährende Analyse des Problems aufzuwenden.
Das Landesamt für Verfassungsschutz ist in dieser Hinsicht leider ein Totalausfall, trotz aller großen Versprechungen, die seit Ende 2011 – wir wissen ja, warum – gemacht worden sind. Nehmen Sie die sogenannte Identitäre Bewegung: Da wurde vier Jahre lang geprüft, ob man sich überhaupt zuständig fühlt, und schließlich doch die Beobachtung aufgenommen. Das klingt ganz schön schwerwiegend, bedeutet aber in Wirklichkeit gar nichts. Auf unsere Große Anfrage konnte zu den „Identitären“ lediglich mitgeteilt werden, in welchen Regionen ihre Ortsgruppen aktiv sind. Mit Verlaub: Das steht offen im Internet. Das nachzulesen und aufzuschreiben ist kein Beitrag zum Schutz der Verfassung. Für so etwas brauchen wir keinen Geheimdienst!
Noch gravierender ist es im Fall der „Reichsbürger“. Dazu wurde in der Antwort auf die Große Anfrage schlicht gar nichts mitgeteilt. Nur gut, dass ich auch Kleine Anfragen stelle. So kam dieser Tage die Antwort auf die Frage nach Aktivitäten sogenannter Reichsbürger in Sachsen 2016: 254 Straftaten wurden im Jahr 2016 von sogenannten Reichsbürgern verübt. Körperverletzung, Brandstiftung, Diebstahl, Hausfriedensbruch, sexueller
Missbrauch von Kindern – die Liste ist lang. Lesen Sie bitte selbst nach, Drucksachennummer 6/7865.
Es gibt noch mehr solcher blinden Flecke. Ich denke zum Beispiel an die erhebliche Schnittmenge von Neonazi- und Hooliganszene. Dabei ist es in Wirklichkeit ganz leicht nachzuvollziehen, wo zum Beispiel die Anhängerschaft einer mutmaßlich kriminellen Vereinigung wie der „Freien Kameradschaft Dresden“ herkommt. An solchen – vermeintlich neuen – Entwicklungen ist überhaupt nichts neu, sondern es ist seit Jahren bekannt, in der Wissenschaft, in der Zivilgesellschaft, in den Medien. Einigermaßen neu ist lediglich die äußerst einfältige Idee, einen Teil des Problems aus dem eigenen Gesichtsfeld zu verbannen, indem man in der Neuländer Straße den Begriff „Asylkritik“ erfand. Die Tatsachen, die wir buchstäblich auf der Straße sehen können, führen diese Differenzierung genauso ad absurdum wie die Unterscheidung in eine „subkulturelle“ und eine „neonationalsozialistische Szene“.
Wir haben es – ich sage es noch einmal – mit Netzwerken zu tun. Sie gehen arbeitsteilig vor, und sie sind gewalterprobt.
Meine Damen und Herren! Wir müssen auf die beschriebenen Entwicklungen nicht starren wie das Kaninchen auf die Schlange. Wir können nicht hoffen, dass sich die Schlange – wie bei der NPD – am Ende nur als fetter Regenwurm entpuppt.
Das Problem, von dem wir reden, ist größer, als es die NPD je war. Das Problem ist in Sachsen chronisch und akut zugleich.
Wir hören aktuell immer so viel von „Gefährdern“. Als wir bereits vor einem Jahr die Staatsregierung fragten, inwieweit im Zuge der sogenannten asylfeindlichen Mobilisierung auch Gefährderansprachen genutzt werden, erhielten wir zur Antwort: Gar nicht!
Wir haben erst neulich gehört, dass es für „Reichsbürger“ schwerer werden soll, legal an Waffen zu gelangen. Wir wissen aber, was das konkret heißt. Seit 2011 überprüfte das Landesamt für Verfassungsschutz 100 amtsbekannte Rechtsextremisten, die waffenrechtliche Erlaubnisse
besitzen oder die diese erlangen wollten. Erfolgreich und endgültig gestrichen wurde diese Erlaubnis am Ende in genau drei Fällen! 100 wurden in fünf Jahren geprüft, in drei Fällen ist dann etwas passiert.
Wir lesen immer wieder von steigenden Aufklärungsquoten, die das Operative Abwehrzentrum erzielt. Ich zweifle nicht am Nutzen des OAZ – ganz im Gegenteil! Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass dadurch der Verfolgungsdruck nicht wesentlich steigt. Denn es gibt Landkreise, in denen über viele Jahre hinweg besonders wenig rechtsmotivierte Taten aufgeklärt werden. Dazu gehören die Landkreise Leipzig, Nordsachsen und Bautzen.
Aber das wird wahrscheinlich demnächst nicht auf der Agenda des Innenministeriums stehen – leider. Seit gestern wissen wir, dass das OAZ zum Politischen Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrum – PTAZ – umgewandelt werden soll. Herr Minister Ulbig, 2012, vor fünf Jahren, wurde das OAZ als Reaktion auf die Verbrechen des neonazistischen Terrornetzwerkes, welches sich selbst den Namen „NSU“ gegeben hatte, öffentlichkeitswirksam für den Kampf gegen Rechtsextremismus ins Leben gerufen. Es war dann auch für andere Phänomenbereiche – Links- und Ausländerextremismus – zuständig. Der Personalbestand blieb über Jahre hinweg relativ konstant, obwohl wir in dem Bereich „Politisch motivierte Kriminalität – Rechts“ seit 2015 den anfangs geschilderten Anstieg von Straftaten verzeichnen mussten. Daraufhin gab es keine personelle Verstärkung. Jetzt soll es neues Personal geben. Woher, das soll jetzt nicht mein Thema sein. Aber es gibt auch einen Aufgabenaufwuchs.
Das Thema NSU ist noch nicht erledigt. Das muss man ganz einfach zur Kenntnis nehmen. Aber immer wieder neue Strukturen und neue Namen – das sind keine Lösungen, das ist Symbolpolitik.
Meine Damen und Herren! Was wir jetzt von der Staatsregierung erwarten können, sind nicht nur symbolische Einzelmaßnahmen, nicht nur Nachbesserungen. Was wir brauchen, ist endlich und unverzüglich ein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten. Das braune Problem, von dem wir in Sachsen sprechen, vergeht nicht von allein.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den letzten Gedanken von Herrn Ulbig finden Sie sogar im Entschließungsantrag auf Seite 2 unter Nummer 8: „Die erfolgreiche und wirkungsvolle Zurückdrängung der extremen Rechten in Sachsen ist daher eine gesamtgesellschaftliche und langfristig angelegte Aufgabe, die der Anstrengungen vieler bedarf.“
Ich möchte diesen Entschließungsantrag noch einmal mit einbringen. Schauen Sie sich ihn bitte an. Es geht keineswegs nur um Gewalt und um Straftaten überhaupt. Wir haben in unserer Großen Anfrage verschiedene Bereiche nachgefragt: Strukturen, Versammlungsgeschehen, Treffobjekte und die Frage nach der Nutzung welcher Medien.
Es ist immer nur auf die Gewaltfrage zu reduzieren: Damit werden wir die extreme Rechte weder langfristig noch nachhaltig zurückdrängen können.
Ich bitte darum, dass uns auch bewusst wird bei den verschiedenen Phänomenbereichen der politisch motivierten Kriminalität: Wenn wir die bekämpfen wollen, müssen wir uns die Arbeit machen, die Gegenstände zu unterscheiden, denn die Motivationen für die Straftaten sind unterschiedlich.
Deswegen haben wir uns als LINKE dieses Mal der Thematik „Extreme Rechte“ zugewandt, weil wir der Meinung sind, dass wir ein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung brauchen. Ich freue mich, Herr Minister, dass Sie sich immer wieder im Plenarsaal hinstellen und die Sache thematisieren. Aber ein Gesamtkonzept – da bin ich etwas im Widerspruch zu Herrn Lippmann – erwarte ich nicht von Ihnen, sondern dieses Gesamtkonzept erwarte ich von der gesamten Staatsregierung.
Ich schließe mich gern Ihrem Dank an die Mitarbeiter der Ministerien für die zügige Beantwortung an. Aber ich möchte einfach, dass Sie sich zusammensetzen und in allen Bereich zusammentragen, was notwendig ist, um eine Gesamtstrategie zu entwickeln. Wir freuen uns auch über das Fördermittelprogramm. Aber das ist kein Handlungskonzept. Ich bitte Sie ganz einfach, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Reichsbürger sind ein ernstes Thema und ich finde es gut, dass endlich einmal darüber debattiert wird. Sagen wir es ganz klar: Sachsen ist diesbezüglich eine Hochburg.
Es gibt vermutlich mehrere Hundert Anhänger und unzählige Sympathisierende. Im Freistaat Sachsen ist dabei die gesamte Bandbreite vertreten: Gründer fiktiver Monarchien und Fantasierepubliken, die eigene Grenzen abstecken, sogenannte Selbstverwalter und Ex
Territoriale, die die Behörden der Bundesrepublik nicht anerkennen, und auch ominöse Reichsregierungen, die an die Fortexistenz des Deutschen Reiches glauben.
Oftmals sind diese Ideen kombiniert mit Verschwörungstheorien, mit Nationalismus und Antisemitismus. Denken Sie nur an die Überzeugung der Fortexistenz des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937. In diesen Grenzen herrschte bereits das antisemitische Klima, welches am 9. November 1938, also vor 78 Jahren, zur Reichspogromnacht führte. Heute gedenken wir der Opfer und müssen uns gegen jene wehren, die diesen Geist wiederbeleben wollen.
Meine Damen und Herren, dem wird man nicht gerecht, wenn man verharmlosend von Spinnern und Durchgeballerten redet. Außer Frage steht doch inzwischen die gesamte Gefahrenbreite. In den vergangenen Wochen gab es mehrfach bewaffnete Angriffe auf Beamte, es gab Verletzte und in Franken wurde ein Polizist erschossen.
Besonders beunruhigen müssen uns dabei eigentlich Fakten wie diese. Anhänger dieser Bewegung verfügen über Waffen. Anhänger dieser Bewegung arbeiten in Behörden. Es muss uns beunruhigen, dass in Sachsen der Innenminister versäumt hat, gegen all dies rechtzeitig vorzugehen.
Ich erinnere an das Deutsche Polizeihilfswerk. Bekannt geworden war dieses vor allen Dingen vor vier Jahren durch die eigenmächtige Verhaftung eines Gerichtsvollziehers. Personell stützte sich dieses Hilfswerk vor allem auf die Reichsbürger-Szene. Bezüglich des DPHW wurde dann gegen Hunderte Personen ermittelt, unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Inzwischen wurden gegen mehrere Anführer der Gruppe Haftstrafen ausgesprochen.
Die Existenz des Deutschen Polizeihilfswerks, Herr Innenminister, hätte Ihnen vor vier Jahren Anlass sein müssen, die Gefahr, die von den Reichsbürgern ausgeht, wirklich richtig einzuschätzen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass der Gründer dieses Deutschen Polizeihilfswerkes Herr Volker Schöne war. Was war er vorher? Er war Mitglied der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsens, „pflegte die Internetseiten der Gewerkschaft und veröffentlichte dort einen Text, in dem er erklärte, dass diverse deutsche Gesetze nicht mehr gültig seien und in der Bundesrepublik Deutschland das Besatzungsrecht gelte. Die Gewerkschaft entfernte den Text von der Webseite,
dieser erlangte aber in der reichsideologischen Szene größere Bekanntheit und wurde als Insiderwissen gepriesen.“ So steht es bis heute im Internet. Wenn jetzt von nur drei Verdachtsfällen bei der sächsischen Polizei gesprochen wird, dann sage ich, es wäre schön, wenn es so wäre, aber ich kann nicht daran glauben.
Der Innenminister hat sehr viel versäumt. Jetzt hat er sehr viel nachzuholen. Und wenn wir schon dabei sind, Herr Ulbig, entwaffnen Sie endlich die extreme Rechte, so wie Sie es nach der Selbstenttarnung des NSU vor fünf Jahren bereits versprochen hatten. Dann hätten wir heute weniger Probleme.
Ich setze dann fort. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mehrere Zeitungen
haben neulich den Innenminister zitiert, er wolle dem Landesamt für Verfassungsschutz den Auftrag geben, einen Überblick über die Reichsbürger zu schaffen.
Diese Aufforderung verstehe ich natürlich so: Der Innenminister hat keinen Überblick. Dabei sehe ich folgendes Problem: Das Landesamt für Verfassungsschutz hat ebenfalls keinen Überblick. Seit mehreren Jahren stelle ich regelmäßig Kleine Anfragen zum Thema Reichsbürger. Der Antworttenor ist seit Jahren immer wieder der gleiche: Eine einheitliche Reichsbürgerbewegung existiert nicht. Das hat nie jemand behauptet; aber dies ist die einzige Antwort.
Der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz verspricht uns ebenfalls seit Jahren, seine Analysefähigkeit bzw. die seines Amtes zu verbessern. Zuletzt gab es beim Thema Reichsbürger dann einen Schwenk, und es wurde aus meiner Sicht noch peinlicher. Vor gut einem Monat lautete die Einschätzung plötzlich: Die Reichsbürgerideologie als solche wird nicht als rechtsextremistisch eingeordnet. Wer das sagt, hat aus meiner Sicht jegliche Analysefähigkeit verloren.
Schauen wir uns die Elemente an: In Wirklichkeit entstammt das Reichsbürgerphänomen nun einmal dem klassischen deutschen Neonazismus. Daher kommt doch schon einmal der Begriff Reich, daher kommt die Ablehnung der Demokratie und ihrer Institutionen. Daher kommt auch die im Wortsinne geschichtsrevisionistische Idee, die Existenz der Bundesrepublik zu leugnen.
Das ändert sich aus unserer Sicht auch nicht dadurch, dass es heute ganz unterschiedliche Reichsbürger-Spielarten gibt, dass neben Fantasiereichen auch Fantasiemonarchien und Fantasierepubliken entstehen und dass dieser Unfug für manche auch ein Geschäftsmodell geworden ist.
Aus unserer Sicht ist das keineswegs nur eine ordnungs- und staatstheoretische Debatte. Diese Reichsbürgerbewegung verkündet die verschiedensten Interessen, die wir von rechts, von der extremen Rechten derzeit auf der Tagesordnung haben. Setzen Sie doch nicht nur auf ordnungspolitische Maßnahmen!
Das Problem ist aus meiner Sicht ganz einfach: Wir haben ein Beamtenrecht. Setzen Sie dieses Beamtenrecht doch einfach durch. Zuverlässigkeit, sage ich nur, kann nicht gegeben sein, wenn man den Staat nicht anerkennt. Eine deutlichere Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gibt es doch nicht.
Herr Minister, das ist für meine Begriffe wieder ein Ankündigungsaktionismus Ihrerseits. Prüfen Sie die Machbarkeit Ihrer Ideen, bevor Sie sie in die Welt setzen.
Was die Einschätzung der Reichsbürger angeht, ist Sachsen bundesweit wieder einmal ein Schlusslicht. Vorhin wurde der thüringische Verfassungsschutz zitiert. Es wird auch auf den brandenburgischen Verfassungsschutz verwiesen. Aber von Sachsen kommt relativ wenig. Das Landesamt scheint die Gefahr für die FDGO nicht genügend zu sehen. Wir stellen doch sogar ein aktives Handeln gegen den Staat mittels systematischer bürokratischer Lahmlegung von Behörden fest, mit Drohungen und Angriffen gegen Bedienstete – eben durch Reichsbürger. Das soll nicht als Angriff auf die FDGO wahrgenommen werden? Das ist mir nicht nachvollziehbar.
Das Landamt für Verfassungsschutz ist auch bei diesem Thema kein Frühwarnsystem, sondern aus meiner Sicht einfach ein defektes Rücklicht. Mit den Reichsbürgern umzugehen erfordert zunächst einmal Wissen. In seinem Faltblatt verkündet das LfV, man solle sich mit den Reichsbürgern nicht argumentativ auseinandersetzen. Das kann man ja so sehen, aber wir brauchen Argumente für die Auseinandersetzung.
Der Innenminister sollte sich also lieber nicht auf das Landesamt für Verfassungsschutz verlassen. Er sollte sich besser endlich einmal anhören, welche Erfahrungen Beamte, Verwaltungsmitarbeiter und Angestellte in öffentlichen Einrichtungen machen müssen.
Er sollte sich ansehen, welche Einschätzungen aus der Wissenschaft und aus der Zivilgesellschaft über die Radikalisierung am rechten Rand vorliegen und was seit Jahren über Reichsbürger in den Medien steht.
Unsere Lösung, die wir anbieten, ist: Aufklärung, Forschung, Bildung. Dazu gehört zuallererst, das Problem beim Namen zu nennen und es nicht zu verharmlosen.
Zum Schluss sage ich noch einmal: Entwaffnen Sie endlich die extremen Rechten.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe noch eine Vorbemerkung und zwei weitere Bemerkungen.
Henning Homann, danke für die Ausführungen. Das hat mir vieles erspart.
Zweitens. Herr Hartmann, ich hoffe, es war ein Versprecher. Das OAZ hat keine Beobachtungsaufgabe.
Drittens, und das meine ich wirklich ernst und hoffe, dass Sie mir zugehört haben: Ich traue dem Landesamt für Verfassungsschutz genau diese Informationsveranstaltungen nicht mehr zu.
Wir haben Wissenschaftler und zivilgesellschaftliche Initiativen, die weitaus besser über diese Zusammenhänge informiert sind als dieses Landesamt für Verfassungsschutz. Die Zusammenhänge, die Henning Homann dargestellt hat, hat doch dieses Landesamt für Verfassungsschutz überhaupt nicht auf dem Schirm, nämlich, dass es hier wirklich um eine massive Behinderung von demokratischen Strukturen geht. Unsere Verwaltungen werden zum Teil lahmgelegt. Das ist kein bewaffneter Kampf, aber ein Kampf gegen diesen Staat ohne Waffen. Insofern ist die Forderung nach Entwaffnung nur ein Teil des Problems. Deshalb bin ich ganz deutlich bei Herrn Homann.