Karl-Heinz Gerstenberg
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Last Statements
Herr Kollege Schneider, es ist gestern und heute immer wieder kritisiert worden, dass es, wenn die Opposition kritische Äußerungen macht, ein Schlechtreden der sächsischen Landespolitik wäre. Was Sie hier tun, ist ein Schönreden einer sehr ernsten Situation.
Ich habe in meiner landespolitischen Zeit noch nie eine so ernste Situation an den sächsischen Hochschulen gesehen, noch nie so viel Widerstand, noch nie so viel Protest gegen eine Hochschulpolitik, wie sie hier betrieben wurde.
Wenn Sie jetzt von Kürzungen als autonome Entscheidungen der Universität Leipzig sprechen, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben ein Hochschulfreiheitsgesetz verabschiedet, das den Hochschulen die Freiheit gegeben hat, mit zu knappen finanziellen Zuschüssen frei zu entscheiden, wo sie kürzen wollen. Sie haben sie unter Druck gesetzt. Sie bringen eine Situation zustande, bei der die Hochschulen und die Hochschulleitungen zwischen Baum und Borke stehen. Auch Frau Wanka hat in Freiberg sehr deutlich gesagt: Diese Mittel aus dem BAföG sind Mittel für Daueraufgaben. Da wird noch einiges zu diskutieren sein.
Es ist kein Zufall, dass die Rektoren dieses Landes erklärt haben: Wir brauchen dieses Geld, um den Stellenkürzun
gen entgegenzuwirken. Wir brauchen es, um dauerhaft unsere Grundfinanzierung zu verbessern.
Ich will es einmal zuspitzen, da ich heute wieder diese Uneinsichtigkeit erlebe. Es gibt die berühmte Weissagung der Cree, ich nenne unsere die Weissagung der GRÜNEN für die sächsische Landespolitik der CDU: Erst wenn der letzte Studiengang geschlossen ist, erst wenn der letzte Studierende vertrieben und der letzte Professor gekündigt ist,
dann werden Sie merken, dass Geld allein nicht klug macht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier über die Sicherung von Meinungsvielfalt reden, dann sprechen wir von einer Grundlage der Demokratie. Wenn wir uns anschauen, was den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern an Medienangeboten zur Verfügung steht, dann ist auf der bundesweiten Ebene ein weites Meinungsspektrum in Presse, Rundfunk und Internetangeboten vertreten. Auf der regionalen Ebene wird dieses Spektrum durch die immer stärkere Konzentration am Medienmarkt bereits eingeschränkt. Bei der lokalen Berichterstattung schließlich ist es stellenweise sehr schwierig, überhaupt von Vielfalt zu sprechen. In dieser Situation ist jeder Beitrag wichtig.
Die lokalen Rundfunksender sind ein wichtiger Bestandteil der sächsischen Medienlandschaft. Dazu gehören die lokalen Fernsehveranstalter – in Sachsen rund 50 an der Zahl –, die als kommerzielle Medienanbieter auch öffentliche Leistungen erbringen, wie es im Sächsischen Privatrundfunkgesetz anerkannt wird; die Grundversorgung ist ansonsten Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen.
Dass die lokalen Fernsehveranstalter angesichts der Mehrbelastung bei der Umstellung auf digitale Verbreitung und ihrer allgemein schwierigen wirtschaftlichen Situation die Unterstützung des Gesetzgebers eingefordert haben, ist für uns GRÜNE nachvollziehbar.
Dem Anliegen des Gesetzentwurfes stimmen wir insofern zu, als die Sächsische Landesmedienanstalt ermächtigt wird, einen Teil ihrer Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag für die Förderung technischer Verbreitungskosten einzusetzen. Im Übrigen halten wir es für richtig, die Frist für die Abschaltung der analogen Kabelübertragung bis 2018 zu verlängern und die Kabelanbieter zu verpflichten,
regionale und lokale Fernsehprogramme auf eigene Kosten an die Kabelanlage heranzuführen. Kollege Gemkow, in diesen Punkten sind wir uns einig.
An zwei Stellen des Entwurfs muss jedoch dringend nachgebessert werden. Wir sehen es – erstens – sehr kritisch, dass jeder Lokalfernsehsender bedingungslos unterstützt werden soll. Dieses Herangehen nach dem Prinzip „wir machen weiter wie bisher, werden aber künftig gefördert“ wird zwar durch den Gesetzentwurf, insbesondere seine Begründung, suggeriert, und es trifft durchaus die Erwartungen vieler lokaler Fernsehveranstalter. Aber die Anhörung hat deutlich gemacht, dass einem solchen Verfahren schon das EU-Beihilferecht entgegensteht.
Wir müssen zudem auch den Rundfunkbeitragszahlern erklären, warum jetzt auf einmal kommerzielle werbefinanzierte Anbieter aus ihren Beitragsgeldern finanziert werden sollen. Dies können wir nur für Sender rechtfertigen, die eine publizistische Mindestqualität erfüllen und wirklich einen Beitrag zur lokalen Meinungsvielfalt leisten, und selbst dann nach unserer Überzeugung nur ausnahmsweise und übergangsweise.
Wir wollen also keine aktionistische Rettungspolitik, sondern verbinden mit der Gesetzesänderung einen Auftrag zur Strukturentwicklung. Die Förderung soll mittelfristig eine Konsolidierung der kommerziellen Senderlandschaft und deren wirtschaftliche Selbstständigkeit bewirken.
Bei der zweiten Fehlstelle im vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um pures Kalkül. Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die freien Radios ganz bewusst ausklammern, ist unhaltbar. Die Bedeutung der lokalen Berichterstattung dieser Medien von Bürgern für Bürger ist offensichtlich. Sie decken großstädtisches Leben umfangreich ab – von Kommunalpolitik über kulturelle Ereignisse bis hin zu Sport und Sozialem.
Eine Ungleichbehandlung von kommerziellen Lokal-TVs und nicht kommerziellen Radios ist politisch willkürlich und rechtlich angreifbar. Medienrechtler haben in der Anhörung deutlich gesagt, dass hierfür jede Begründung fehlt. Die freien Radios haben ebenfalls Verbreitungskosten, die sie nicht selbst erwirtschaften können.
Gleich behandelt heißt ja nicht, dass alle in gleicher Höhe gefördert werden. Die Verbreitungskosten sind auch bei den lokalen Fernsehveranstaltungen höchst unterschiedlich – nach Aussagen der Landesmedienanstalt zwischen 17 und 1 % der Gesamtkosten. Warum sollten wir also die Bürgermedien durchs Raster fallen lassen, zumal wir hier wirklich nur von marginalen finanziellen Summen sprechen?
Wir können dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen, weil er einen einseitigen Eingriff in die Medienlandschaft darstellt. Die im Grundgesetz garantierte Rundfunkfreiheit verhindert zu Recht, dass Politik entscheidet, welche Sender genehm sind, welche unter
stützt werden und welche nicht, und ich möchte an dieser Stelle Klartext reden: Die CDU kämpft gegen alles, was Kritik an ihrer Politik bedeutet. Sie tut es lautlos, mit der Strategie der kalten Schulter. Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sagen, die Lokal-TVs hätten nun einmal den größten Bedarf, die Bürgermedien nicht, dann ist das ein ärmlicher Versuch, Ihre Absichten zu verschleiern. Sie wollen die freien Radios aus politischen Gründen aushungern.
Wir stehen für echte Meinungsvielfalt. Diese ergibt sich aus der Konkurrenz unterschiedlicher Meinungen. Wir schätzen das Potenzial der nicht kommerziellen Bürgermedien, auch wenn wir von ihnen wahrlich nicht nur positiv bedacht werden.
Diese Selbstverständlichkeit müsste doch auch für eine sogenannte Volkspartei gelten. Die Änderungsanträge geben Ihnen Gelegenheit, zu dieser Selbstverständlichkeit zu finden.
(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei den LINKEN und der SPD – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, berät sich mit dem Präsidium. – Christian Piwarz, CDU: Drei Minuten abziehen!)
Lieber Kollege, ist Ihnen bekannt, dass diese Differenzierung zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Radioveranstaltern bereits im Rundfunkstaatsvertrag der Länder vorgenommen wird? Dort werden die Länder ausdrücklich ermächtigt, in eigener Verantwortung eine Förderung von nicht kommerziellen Radios und offenen Kanälen vorzunehmen. Es bedarf nur einer gesetzlichen Ermächtigung in diesem Lande. Diese Differenzierung ist also möglich und im Rundfunkstaatsvertrag bereits angelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Änderungsantrag ergänzen wir die neue Ermächtigung der Landesmedienanstalt zur Förderung der lokalen Fernsehveranstalter um die Bedingung, dass Mindeststandards an publizistischer Qualität eingehalten werden müssen.
Diese Formulierung im Gesetz unterstützt die SLM bei der Durchsetzung von Qualitätskriterien. Sie stärkt ihr den Rücken. Wir schreiben also nicht etwa Kriterien für Programmqualität vor – das ist Aufgabe der SLM –, sondern wir sichern gesetzlich ab, dass es überhaupt Qualitätskriterien gibt. Das ist verfassungsrechtlich völlig
unbedenklich und aus unserer Sicht gesetzgeberisch notwendig. Deshalb bitte ich um Zustimmung.
Die verbleibenden zwei Minuten möchte ich für einige persönliche Worte nutzen. Das ist nun wirklich meine letzte Rede. Ich verabschiede mich nach 24 Jahren aus der sächsischen Landespolitik.
In dieser langen Zeit hat es eine zum Teil sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus mehreren demokratischen Fraktionen gegeben, und ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken.
Ich bin aus der Bürgerbewegung in die Politik gekommen mit einer Konsensorientierung. Stets habe ich mich bemüht, auch anderen politischen Positionen zuzuhören, sie zu achten und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Ich habe auch gelernt zuzuspitzen und zu schärfen, um das Wesentliche deutlich zu machen. Wenn ich dadurch jemanden unter Ihnen persönlich verletzt haben sollte, dann tut mir das leid.
Unter diesen 24 Jahren waren zehn Jahre außerparlamentarisch, unfreiwillig, aber mit wichtigen Erfahrungen. Ich habe dabei auch den Blick auf dieses Parlament von außen erlebt. Ich habe erlebt, wie wichtig den Menschen in diesem Land die politische Kultur ist. Das war gestern bereits Thema.
Dazu nur zwei Sätze. Ich glaube, zu dieser politischen Kultur gehört maßgeblich der Umgang mit parlamentarischen Initiativen der Opposition. Das Prinzip des Wegstemmens, zum Teil mit pirouettenhaften Begründungen, wie wir es in den letzten Jahren erleben mussten, wird nicht überzeugend von außen nachvollzogen. Das sage ich sehr bewusst, da wir in der letzten Legislaturperiode in dieser Frage schon eine ganz andere Qualität erreicht hatten.
Ich bitte all jene, die in der 6. Legislaturperiode hier tätig sein werden: Stellen Sie auch das in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Für die Menschen in diesem Land ist es wichtig, wie wir miteinander umgehen – rhetorisch, aber auch inhaltlich. Daran misst sich die Wertschätzung für die Demokratie und für dieses sächsische Parlament.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen: „Die Unterdrückung der politischen Rechte und Freiheitsrechte in der DDR erfolgte nicht nur durch das MfS. Das MfS war nur Teil eines größeren Repressionsapparates, zu dem SED, Blockparteien, Nationale Volksarmee, Volkspolizei,
Betriebskampfgruppen, die Innenverwaltungen und viele andere gehörten. Die augenblickliche Diskussion stellt eine Blickverengung auf das MfS dar, wobei die Hauptverantwortlichen in der SED unberücksichtigt bleiben.“
Nein, diese nach wie vor aktuellen Sätze sind nicht der vorliegenden Drucksache entnommen, sie entstammen aus der Begründung zum Gesetzentwurf Sächsisches Landesgesetz zur persönlichen politischen und historischen Aufarbeitung der Repressionen in der ehemaligen DDR, den unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 25. Februar 1992 eingereicht hat. Er war unsere Alternative zum Regierungsentwurf eines Landesbeauf
tragtengesetzes, den mein Kollege Martin Böttger damals als sehr dürftig bezeichnete.
Gewiss war es unmittelbar nach der friedlichen Revolution wichtig, die verdeckte Arbeit des Staatssicherheitsdienstes und dadurch auch den repressiven Kern der SEDDiktatur offenzulegen. Das Interesse daran war riesengroß. Auf der Grundlage des im Juni 1992 schließlich verabschiedeten Gesetzes über Aufgaben und Rechtsstellung des sächsischen Landesbeauftragten haben die Landesbeauftragten bis heute eine wichtige und wertvolle Arbeit geleistet, für die ich ihnen und ihrem sehr kleinen, aber leistungsstarken Team in der Behörde ausdrücklich danke.
Bereits damals, umso mehr aber jetzt, fast ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Revolution, durfte und darf der gesetzliche Auftrag des Landesbeauftragten nicht auf die Staatssicherheit begrenzt bleiben. Diese Reduzierung trug von Anfang an die Gefahr an sich, dass die Auftraggeber für das „Schild und Schwert der Partei“, die Funktionäre der SED, aus dem Blickfeld gerieten. Die Konzentration auf Täter und Opfer führte zudem zur Ausblendung der Alltagserfahrung und der Lebenswirklichkeiten einer übergroßen Mehrheit der Bevölkerung.
Gerade im Interesse einer wirksamen Bildungsarbeit für die junge Generation, die die DDR nicht erlebt hat, ist es wichtig, die Aufarbeitung auf die Wirkungsweisen diktatorischer Herrschaftsformen insgesamt zu erweitern. Michael Beleites, langjähriger Landesbeauftragter für die Stasiunterlagen, formulierte das in seinem Rundbrief im Dezember 2010 so: „Doch heute, wo die Zielgruppe der politischen Bildung überwiegend aus jungen Menschen besteht, die an die DDR keine eigene Erinnerung haben, hat dieses Bildungskonzept fatale Nebenwirkungen. Wenn man nämlich nur über Täter und Opfer spricht, behandelt man die Lebenswirklichkeit von weniger als 2 % der damaligen Bevölkerung.“
Das Machtsystem in der DDR stützte sich außer auf Angst und Androhung von Repressionen, Ausgrenzung und staatlicher Gewalt auch auf die Vergabe von Privilegien, auf das Suggerieren von Chancengleichheit, auf das Ausnutzen von Idealen. Die Staatssicherheit funktionierte nur, wie es Prof. Jarausch in der Anhörung ausdrückte, weil es eine quasi normale Normalität der Bürger außerhalb gegeben hat.
Der Arbeitsbereich des Landesbeauftragten wird deshalb im vorliegenden Gesetzentwurf über den Staatssicherheitsdienst hinaus auf das Gesamtsystem der Diktatur in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR ausgeweitet, also auch auf die Alltagsgeschichte und die sozialen Prozesse unter Bedingungen ausgeklügelter Repressionsandrohungen.
In Anknüpfung an die bisherige Arbeit der Landesbeauftragten wird zudem im Gesetzentwurf ein ausdrücklicher Bildungsauftrag zu allen Wirkungsmechanismen der SED-Diktatur formuliert und die Dokumentationsarbeit in den Aufgabenkatalog aufgenommen. Dadurch soll er die Dokumentations-, Bildungs- und Forschungstätigkeit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, der Landeszentrale für politische Bildung sowie von weiteren Forschungseinrichtungen unterstützen und ergänzen. Ebenso wird die Zusammenarbeit mit den in Sachsen tätigen Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen als Verpflichtung in das Gesetz aufgenommen.
Um die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten zu stärken und ihm eine möglichst breite politische Basis unter den demokratischen Fraktionen zu sichern, sollen die Landtagsfraktionen das Vorschlagsrecht für die Wahl erhalten und der Landesbeauftragte beim Sächsischen Landtag angesiedelt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Solche Änderungen hat der frühere Landesbeauftragte, Michael Beleites, über viele Jahre hinweg angemahnt. Die sächsischen Opferverbände und Aufarbeitungsinitiativen haben sich in ihrer Erklärung vom März 2011 dafür eingesetzt, und jüngst hat der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, Roland Jahn, bei einer Veranstaltung in der Dresdner Stasigedenkstätte Bautzener Straße die beschriebene Erweiterung des Aufgabenbereiches ein weiteres Mal gefordert. Nach Brandenburg 2009 hat im vergangenen Jahr auch der Thüringer Landtag sein Landesbeauftragtengesetz in diese
Richtung novelliert. Auch der sächsische Landesbeauftragte, Lutz Rathenow, hat 2011 eine Neufassung erarbeitet, die unserem Gesetzentwurf sehr ähnlich ist.
Es war deshalb zwar ungewöhnlich, aber für Eingeweihte wiederum keine Überraschung, dass die Sachverständigen in der Anhörung in einer seltenen Einhelligkeit die Inhalte der Neufassung des Stasi-Landesbeauftragtengesetzes unterstützt haben. Ilona Rau, ehemals Bürgerkomitee Dresden, begrüßte die gesamte Erweiterung des Aufgabenspektrums und bezeichnete die vorgesehene Anbindung des Landesbeauftragten an den Landtag als hervorragend. Prof. Konrad Jarausch, namhafter Zeithistoriker, betonte, dass richtigerweise wie bisher Repression und Opfergeschichte im Gesetz angelegt seien, aber die vorgesehene Öffnung sei notwendig, um den „Tunnelblick Staatssicherheit“ aufzugeben. Denn: „Die Stasi war Schutz und Schild der Partei. Aber die SED war das Entscheidende.“
Auch Michael Beleites befürwortete den Gesetzentwurf aus den genannten Gründen. Zusätzlich betonte er die Bedeutung der Dokumentation von Repressionserfahrungen von Betroffenen für die Bildungsarbeit. Die vorgesehene Zuordnung zum Landtag entspräche der ressort- und parteiübergreifenden Aufgabenstellung des Landesbeauftragten besser als die Zuordnung zu einem Ministerium.
Einziger Diskussionspunkt in der Anhörung war die vorgesehene Amtsbezeichnung „Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“. Wir haben uns in der erneuten Abwägung sehr bewusst nicht für den insbesondere von Michael Beleites vorgeschlagenen Begriff „kommunistische Diktatur“ entschieden. Mit der Bezeichnung „SED-Diktatur“ wird das Gesamtsystem in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR zutreffend beschrieben. Die Bezeichnung ist historisch und politisch eingeführt, wie nicht zuletzt die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur zeigt. Insbesondere aber benennt diese Bezeichnung unmissverständlich die Hauptverantwortlichen der Diktatur und knüpft direkt an die Lebenswirklichkeit der Menschen aus der ehemaligen DDR an.
Trotz dieser großen Zustimmung und Unterstützung ist heute die mehrheitliche Ablehnung des Gesetzentwurfes zu erwarten. Ich hatte bereits 2011 im Namen meiner Fraktion den demokratischen Fraktionen des Sächsischen Landtages einen Entwurf, der dem heutigen weitgehend entspricht, mit dem Ziel übersandt, daraus einen gemeinsamen interfraktionellen Gesetzentwurf zu entwickeln. Unsere Fraktion war gesprächsbereit, konsensorientiert und offen für Verständigung.
Ich danke allen, die dieses Gesprächsangebot konstruktiv aufgenommen und die deutlich gemacht haben, dass eine inhaltliche Einigung möglich ist. Das gilt insbesondere für den Arbeitskreis der CDU-Fraktion und Herrn Schiemann. Ich habe mich aber auch gefreut, dass die SPD und die Linksfraktion zum Gespräch bereit waren. Einer
konstruktiven Einigung hier im Sächsischen Landtag stand ein einziges Problem entgegen, und das hat drei Buchstaben: FDP. Es war die FDP, die 2011 und 2014 eine interfraktionelle Initiative gescheut hat wie der Teufel das Weihwasser. Inwiefern eine solche Haltung ihrer politischen Profilierung nützt, mag die FDP selbst einschätzen. Es schadet auf jeden Fall den Interessen der Menschen, die beim Landesbeauftragten Beratung und Hilfe suchen. Es schadet einer umfassenden Aufarbeitung der SED-Diktatur und der daran anknüpfenden Bildungs- und Dokumentationsarbeit.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich halte nichts von Symbolpolitik, aber sehr viel davon, aus gegebenem historischen Anlass politisch zu handeln. Der 25. Jahrestag der friedlichen Revolution wäre ein hervorragender Zeitpunkt gewesen, das Sächsische Landesbeauftragtengesetz weiterzuentwickeln. Diese Aufgabe wird nun vor den Abgeordneten der 6. Legislaturperiode stehen. Ich wünsche allen, die dabei mitwirken können und wollen, viel Erfolg.
Danke, Herr Präsident. Werter Kollege Biesok, Sie haben mir vorgeworfen, dass ich Schärfe in die Diskussion gebracht habe. Ich habe mit meiner Fraktion drei Jahre geschwiegen und auf Vermittlung und Konsens gesetzt. Nach diesen drei Jahren ist es nun auch einmal angebracht, Klarheit in die Diskussion zu bringen.
Man kann nicht länger verschweigen, dass alle demokratischen Fraktionen auf unser wiederholtes Ersuchen, unsere Vorschläge und Briefe geantwortet haben – mit Ausnahme der FDP-Fraktion. Sie waren die einzigen, die geschwiegen haben. Sie haben sich erstmals positioniert, als es nicht mehr anders ging, nämlich im Verfassungs- und Rechtsausschuss, als dieser Gesetzentwurf auf dem Tisch lag.
Das, was Sie jetzt an Diskussionsbedarf anmelden, zum Beispiel den Grad der Unabhängigkeit, den Ort der Ansiedlung, genau das hätte in einer gemeinsamen interfraktionellen Arbeitsgruppe diskutiert werden können. Dieser haben Sie sich aber verweigert, und das bedauere ich sehr. Das ist für mich auch eine persönliche politische Enttäuschung.
Zu Ihrem Vorschlag, den Landesbeauftragten eventuell bei der Landeszentrale für politische Bildung anzusiedeln – wir können diese Diskussion in der Kurzintervention nicht führen –, will ich nur sagen: Das wäre eine deutliche
Schwächung dieses Amtes. Ich halte dies für keinen klugen Vorschlag. Sie können diesen Vorschlag mit keiner Aufarbeitungsinitiative, mit keinem Verfolgtenverband und erst recht nicht mit dem sächsischen Landesbeauftragten Lutz Rathenow diskutiert haben.
Eine solche Schwächung dieses wichtigen Amtes wäre ein Zeichen, dass wir die Beratungsaufgaben, die Aufgaben der Zusammenarbeit mit dem Bundesbeauftragten hinten anstellen, und das alles jetzt noch einmal zeitlich zu verschieben, nachdem wir drei Jahre im Sächsischen Landtag verloren haben, ist keine gute Entscheidung. Darin bin ich mit Herrn Schiemann einig. Das gehört zum Arbeitsprogramm des 6. Sächsischen Landtages, und zwar gleich zu Beginn.
Ja, danke, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, ich bin auch der Meinung, dass die Diskussion weitergehen wird, und ich möchte gleich damit beginnen.
Sie sind als Jurist bekannt dafür, dass Sie sehr klar denken. Wenn Sie ausführen, dass eine gesetzliche Änderung nicht zwingend notwendig ist, weil der Landesbeauftragte solche Aufgaben, wie sie in diesem Gesetz beschrieben werden, schon wahrzunehmen versucht, dann ist Ihnen sehr wohl bewusst, welcher eklatante Unterschied zwischen dem Versuch, etwas wahrzunehmen, etwas durchzuführen, und einer festen Rechtsgrundlage für diese Arbeit besteht.
Wir haben es in der Vergangenheit gemeinsam erlebt, wenn Sie noch gewillt sind, sich zu erinnern, wie gerade die Aufgabe Bildungsarbeit des Landesbeauftragten hier im Sächsischen Landtag immer wieder kritisiert wurde; sie gehört ins Gesetz. Sie wissen vielleicht auch, dass ein Landesbeauftragter einst seine Dokumentationsarbeit, seine Zeitzeugenarbeit einstellen musste. Deshalb schreiben wir das ins Gesetz. Eine gesetzliche Grundlage zu schaffen ist also ein sauberes juristisches Verfahren, um die Arbeit des Landesbeauftragten in der beschriebenen Art und Weise abzusichern.
Sie haben zugleich gesagt, Sie haben in Ihrer Amtszeit die Arbeit des Landesbeauftragten immer sehr unterstützt. Ich bin jetzt einmal als Ingenieur sehr brutal und gehe auf Zahlen zu. Unterstützung heißt für mich Finanzierung – der Haushalt als die berühmte in Zahlen gegossene Politik. In den letzten drei Jahren ist der Haushalt des Landesbeauftragten gerade einmal um 40 000 Euro gewachsen; das dürfte gerade so ausreichen, um die Personalkostenzuwächse und die Inflationsrate auszugleichen.
Es ist in Ihrer Amtszeit aber passiert, dass die finanzielle Ausstattung der Behörde des Landesbeauftragten im Vergleich der ostdeutschen Länder auf den letzten Platz gerutscht ist. Wenn wir einmal nach Thüringen oder nach Brandenburg schauen, –
– dort ist die Personal- und Gesamtausstattung ungefähr doppelt so hoch, und es liegt vielleicht auch daran, dass die Landesbeauftragten bei den dortigen Landtagen angesiedelt sind.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Änderungsantrag ist formal. Er nimmt die Vorschläge aus der Vorprüfung unseres Gesetzentwurfes auf und korrigiert einen Schreibfehler. Ich bitte um Zustimmung.
Genau. Da auch unsere Fraktion eine abweichende Meinung zur Ministerin hat, bitte ich um Zusatzredezeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wenige Themen, welche in den letzten Jahren die Debatte in der Öffentlichkeit, aber auch hier im Landtag so geprägt haben wie die der schulischen Bildung und des Lehrermangels. Der gestrige Tag hat es ein weiteres Mal gezeigt. Das hat einen guten Grund. Diese Problematik rührt an der Lebensqualität fast aller Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande. Zugleich sind die Defizite und die ungelösten Probleme seit Jahren offensichtlich. Umso bemerkenswerter ist es, dass ein maßgeblicher Baustein zur Lösung der Herausforderungen fast immer nur unter quantitativen, aber selten unter qualitativen Gesichtspunkten besprochen wurde. Das ist die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer.
In den vergangenen acht Jahren ist die Lehrerausbildung in Sachsen zum Spielball wechselnder politischer Mehrheiten geworden. 2006 erlebten wir eine grundlegende, vorwärtsweisende Reform durch die Umstellung der Ausbildung auf ein Bachelor-/Mastermodell mit gleichen Ausbildungszeiten für die Lehrämter. Nach der Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb folgte nur vier Jahre später die Rolle rückwärts zu einem modularisierten Staatsexamen und zu verkürzten Studienzeiten für Grund- und Mittelschullehrer. Diese Änderungen standen und stehen nicht nur mit ihrer Rückwärtsgewandtheit und ihrer Ungleichbehandlung der verschiedenen Lehrämter in der Kritik. Damit befinden wir uns in einer Situation, in der an den sächsischen Hochschulen Lehramt nach drei verschiedenen Modellen studiert wird mit allen damit verbundenen Problemen.
Alle diese fundamentalen Änderungen wurden im stillen Kämmerlein des Kabinetts entschieden, denn anders als in den meisten Bundesländern ist die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen nicht durch ein eigenes Lehrerbildungsgesetz geregelt. Es gibt auch keine Normierung in anderen Gesetzen. Damit hat die Staatsregierung in einem Politikfeld völlig freie Hand, das nicht nur für die Schulen, sondern aufgrund der damit verbundenen Kapazitäten und der strukturellen Schlüsselstellung
auch für die Hochschulen von erheblicher Bedeutung ist. Gerade aber die Hochschulen wurden 2010 vor vollendete Tatsachen gestellt. So wurde die TU Chemnitz quasi über Nacht mit der Aufgabe konfrontiert, für das Grundschullehramt auszubilden, ohne dass vorher auch nur mit ihr darüber beraten wurde.
Ein sächsisches Lehrerbildungsgesetz wird dazu beitragen, dieses wichtige Thema enger an uns, an das Parlament zu binden. Es wird dazu beitragen, Veränderungen mit einer öffentlichen Diskussion zu verknüpfen und dadurch Transparenz und Qualität der Regelungen zu steigern. Das ist aus unserer Sicht eine Grundlage für mehr Kontinuität in der Lehrerausbildung sowie für bessere Planbarkeit für Hochschulen und Studierende.
Mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf will die Fraktion GRÜNE aber nicht nur das Entscheidungsverfahren in das Parlament holen, sondern auch die Lehrerausbildung inhaltlich an die Herausforderungen der Zeit anpassen. Wir orientieren uns deshalb an einer Weiterentwicklung statt einer Rückabwicklung des 2006 begonnenen Weges.
Unsere Reformvorschläge haben wir bereits 2011 in einem Antrag zusammengefasst, der in der Anhörung auf Zustimmung stieß. Auch die 1. Fassung dieses vorliegenden Gesetzentwurfes haben wir im vergangenen Jahr öffentlich mehrfach zur Diskussion gestellt und in deren Auswertung angepasst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich kurz einige Kernpunkte benennen. Wir sehen an unserem Lehrerbildungsgesetz bei allgemeinbildenden Schulen die Ablösung der schulartspezifischen Ausbildung durch eine Schulstufenausbildung mit Grundstufe – Klasse 1 bis 6 – und Sekundarstufe – Klasse 5 bis 12 – vor. Lehrer werden also nicht mehr ausschließlich nur für Grundschule, Mittelschule und Gymnasium ausgebildet, sondern sie erhalten eine Ausbildung, die schulartübergreifende Lehrbefähigung mit sich bringt. Ein solches Modell wird von Bildungswissenschaftlern schon lange gefordert. Es bringt ein größeres Verständnis für die angrenzenden Schularten mit sich und flexibilisiert die Einsatzmöglichkeiten der so ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer. Damit wird zugleich die Grundlage gelegt für den Tag, an dem auch in Sachsen ein durchlässigeres Schulsystem, geprägt von längerem, gemeinsamen Lernen, eingeführt werden wird.
Meine Damen und Herren von der CDU! Auch wenn Sie sich tapfer dagegen wehren, ich bin davon überzeugt, dass sich das streng gegliederte Schulsystem in Sachsen in seiner jetzigen Form überlebt hat und dass es ein Fehler ist, die Ausbildung junger Menschen ausschließlich darauf zuzuschneiden.
Unser Modell macht darüber hinaus mit einem Widersinn des sächsischen Bildungssystems Schluss, der ungleichen Ausbildungszeit für die verschiedenen Lehrämter. Dieser Ansatz wurde in der genannten Anhörung selbst von konservativen Experten unterstützt. Es liegt auf der Hand, dass jede Altersgruppe ihre ganz eigenen Herausforderungen mit sich bringt und dass gerade die Jahre in der Grundschule von besonderer Bedeutung sind. Andere Inhalte sind da gefragt, nicht aber eine kürzere Ausbildung, es sei denn, man will die Voraussetzungen für eine schlechtere Bezahlung schaffen.
Die Lebenssituation der sächsischen Schülerinnen und Schüler ist so vielfältig wie die Gesellschaft als Ganzes. Im Klassenzimmer kommen die verschiedensten sozialen und kulturellen Hintergründe, unterschiedliche Stärken und Schwächen und variierende Bedürfnisse zusammen. Moderne Lehrerinnen und Lehrer müssen dazu befähigt werden, mit dieser Diversität umzugehen. Deshalb sehen wir für alle Lehrämter die verpflichtende Integration von inklusiver Pädagogik vor. Wir gehen noch einen Schritt weiter. Die angestrebte voll umfängliche Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung macht hochspezialisierte Lehrerinnen und Lehrer neuen Typs notwendig. Zu diesen Zwecken wollen wir das Lehramt für Sonderpädagogik als Lehramt für Inklusionspädagogik deutlich aufwerten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grau ist alle Theorie, das Leben ist es nicht, erst recht nicht das Leben der Lehrenden. Entsprechend diesem Credo haben wir die Praxiselemente in unserem Lehrerbildungsgesetz deutlich ausgeweitet. Gleich am Anfang des Studiums stehen ein Orientierungs- und ein Berufsfeldpraktikum. Besonders Letzteres soll nicht nur Einblicke in das Leben im klassischen Lehrerberuf geben, sondern auch zeigen, welche anderen beruflichen Perspektiven sich für Lehramtsstudierende bieten, sollten sie zum Beispiel im Orientierungspraktikum feststellen, dass dieser klassische Lehrerberuf doch nichts für sie ist. Damit wollen wir der inakzeptablen hohen Zahl von Studienabbrüchen entgegenwirken.
Darüber hinaus sehen wir vor, dass ein ganzes Semester in der Masterphase dem Sammeln von praktischen Erfahrungen durch die Studierenden vorbehalten wird, Erfahrungen, die im folgenden Studienverlauf mit der Theorie
der Ausbildung abgeglichen und reflektiert werden können. Ein ähnliches Ziel verfolgt unser 18-monatiger Vorbereitungsdienst, der als sogenannter rhythmisierter Vorbereitungsdienst bereits während des Masterstudiums begonnen werden kann.
Eine gute grundständige Ausbildung kann allerdings keine Wunder vollbringen, wenn es um den dramatischen Fachkräftemangel an unseren Schulen geht. Um diesem Lehrermangel wirksam zu begegnen, schlagen wir zwei Aufbaumasterstudiengänge vor: einen für Pädagogik und einen für Fachwissenschaften. Sie sollen interessierten Inhabern geeignete Abschlüsse ermöglichen, um die notwendigen Kompetenzen zu erwerben, um als Seiteneinsteiger den Lehrerberuf ergreifen zu können. Anders als bei den bisherigen zaghaften Versuchen der Staatsregierung wollen wir damit nicht nur Menschen ansprechen, die es sich leisten können, das Programm in Vollzeit zu absolvieren, sondern durch ein berufsbegleitendes oder Teilzeitstudium auch eine breitere Interessengruppe erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eingangs skizziert, vor welchen Problemen und Herausforderungen wir in den kommenden Jahren stehen. Mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf geben wir eine Lösungsstrategie vor. Auf ihrer Grundlage und unter Einbeziehung der Hochschulen und Bildungsträger können wir es schaffen, nicht nur die Versorgung unserer Schulen mit gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern sicherzustellen, sondern auch das sächsische Bildungssystem in das 21. Jahrhundert zu holen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin überzeugt davon, dass das Thema Gedenkstätten und speziell Dokumentationsstelle und sowjetische Kriegsgefangene kein Thema für eine Konfrontation hier im Sächsischen Landtag ist.
Kollege Külow, ich halte viel vom Angriff aus der Opposition, aber ich sehe, so wie ich Frau Staatsministerin von Schorlemer in dieser Angelegenheit erlebt habe, keinen Grund für einen Angriff auf sie.
Wir sprechen hier über eine lange in Vergessenheit geratene Opfergruppe aus der Zeit des Nationalsozialismus. Herr Külow hat eine Reihe von Zahlen genannt. Wir sprechen über die zweitgrößte Opfergruppe nach den Juden. Ich glaube, das muss man immer einmal wiederholen, weil es kaum im Bewusstsein ist.
Es ist aus meiner Sicht unsere Verpflichtung, die Schicksale zu klären, die Namen aus der Vergessenheit zu holen und ihrer in würdiger Form zu erinnern. Es ist im Ehrenhain Zeithain gelungen, die Toten aus der Anonymität zu holen. Wer einmal erlebt hat – und viele aus diesem Landtag haben es bereits getan –, wie die Nachkommen dort reagieren, wie bewegt sie sind, der wird das nie vergessen. Ich hatte einmal die Gelegenheit, in einer Rede dort meinen Beitrag zu leisten. Ich habe schon damals gewürdigt, dass die Sächsische Staatsregierung ohne formale rechtliche Verpflichtung die Namenstafeln finanziert hat. Ich möchte das heute noch einmal tun.
Grundlage für das alles – es ist schon mehrfach gesagt worden – war das Kriegsgefangenenprojekt. Das Problem ist, dass BKM und BMI die Förderung nach über 14 Jahren einstellen wollen. Damit ist wirklich eine Gefahr gegeben. Es droht eine stark finanzierte, über lange Zeit wissenschaftlich betriebene Projektruine. Übrig bleiben würde nur die Stelle von Herrn Dr. Müller, der leider seit einem Jahr schwer erkrankt ist. Wir haben uns vorhin dem Dank an ihn angeschlossen.
Ich bin überzeugt davon, dass dieser Fall nicht eintreten darf. Es gibt humanitäre Gründe, dass das nicht geschehen darf. Die Dokumentationsstelle erreicht jährlich eine Unzahl von Anfragen. Können Sie sich vorstellen, was es in der jetzigen Zeit bedeuten würde, wenn Auskünfte an die Familien der Toten oder Vermissten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nicht mehr erteilt werden könnten?
Ich sehe auch wissenschaftliche Gründe. Es ist ein einmaliges Material, das für die Wissenschaft weiterhin gesichert zur Verfügung gestellt werden muss.
Gerade im Jahr 2014 sehe ich auch politische Gründe. Wir sollten ein Projekt, das gemeinsam mit Russland, Belarus und der Ukraine betrieben wird, unbedingt fortführen. Das wäre ein gutes und wichtiges Zeichen.
In diesem Antrag sind die sächsischen Haushaltsmittel angefragt. Ich sehe es ähnlich wie meine Vorrednerin, Eva-Maria Stange: Das sollte nicht im Vordergrund stehen. Aber ich bin durchaus der Meinung, auch darüber
sollten wir reden. Der Anteil des Freistaates Sachsen beträgt zurzeit etwa ein Viertel, also 60 000 Euro im Jahr. Damit ist die Grenze noch nicht erreicht. Aber ich sehe ebenso: Wir haben mit dieser Dokumentationsstelle und diesem Forschungsprojekt keine regionale Aufgabe zu lösen, sondern es ist ein Projekt von deutschlandweiter und internationaler Bedeutung. Deshalb ist es das Wichtigste, die Gespräche mit der BKM und dem Auswärtigen Amt zu führen, vielleicht auch speziell mit dem Russlandbeauftragten Erler. Schön wäre es, wenn sich die SPD in der jetzigen Koalition dafür ins Feld werfen könnte, um dieses Projekt weiterzuführen.
Wir haben ein gutes Argument: die Namenstafeln in Zeithain sind durch das SMS finanziert worden. Das ist deutschlandweit beispielhaft und könnte als Pilotprojekt in diesen Gesprächen als Argument ins Spiel gebracht werden.
Angesichts der derzeitigen, aber sicherlich auch künftigen finanziellen Unsicherheiten glaube ich, dass man die Kernausrichtung des Projektes überdenken muss. Vor der Erfassung weiterer Dokumente, die natürlich wichtig und hochinteressant wäre, sollte die Pflege der Bestände stehen und ihre zeitgemäße Nutzung über das Internet für zugelassene Nutzergruppen.
Zunächst aber gilt es natürlich, in diesem Jahr die weitere Finanzierung der Arbeit zu sichern. Auch wenn die Koalitionsfraktionen diesen Antrag – nicht unerwartet – ablehnen, baue ich darauf, dass das ein gemeinsames Projekt und ein gemeinsames Vorhaben der demokratischen Fraktionen in unserem Sächsischen Landtag bleibt.
Wir werden dem Antrag zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mit einem Geständnis beginnen. Es zählt zu meinen schönsten Erinnerungen an die 1. Legislaturperiode dieses Landtages, als im Dezember 1993 das Sächsische Kulturraumgesetz verabschiedet wurde. Dieses Gefühl verstärkt sich noch, wenn ich sehe, welch reiche Kulturlandschaft durch dieses Gesetz erhalten und geschaffen werden konnte und vor allem, wenn ich, wenn wir außerhalb Sachsens auf große Zustimmung, ja gar auf Bewunderung für dieses Modell stoßen. Ich vermute, das wird nicht nur mir so gehen.
Sicherlich gab und gibt es hier im Haus auch unterschiedliche Auffassungen über dieses Gesetz, aber im Grundsatz konnten wir nun über 20 Jahre einen fraktionsübergreifenden Konsens über die Zweckmäßigkeit des Kulturraumgesetzes verzeichnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, bevor ich auf die Details unseres Antrages eingehe, an Grundsätzliches zu erinnern. Das Kulturraumgesetz gilt als Erfolgsmodell, weil es eine solidarische Finanzierung regional bedeutsamer Kultur durch Kommunen, Kulturräume und Freistaat gewährleistet. Zudem wohnt ihm ein Auftrag zur regionalen Strukturentwicklung inne.
In eigener Regie stellen die Kulturräume Förderschwerpunkte und Leitlinien auf. Im Ergebnis haben wir eine große kulturelle Vielfalt und identitätsbildende Debatten innerhalb der Regionen. Die Vorteile kennen wir seit Langem.
Die nun anstehende Evaluation gibt uns aufs Neue Anlass zu überprüfen, inwieweit das Kulturraumgesetz erfolgreich ist. Vom Erfolg des Gesetzes können wir sprechen, wenn es seinen Zweck erfüllt. Diese schlichte Logik sollten wir anwenden, um den Maßstab für die Evaluation zu finden. Der Zweck wird in der Präambel formuliert. Wir finden hier nicht etwa eine lyrische Exposition, sondern die Programmatik unseres Gesetzes. Dort ist ausgeführt, dass die „Freiheit des geistigen Lebens und die Freiheit der Künste […] für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft unverzichtbar bleiben“. Kultur ist somit als Voraussetzung für die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Mitwirkung an gesellschaftlichen Prozessen definiert. Außerdem ist dort die Rede von
der Notwendigkeit eines „kommunalen Gestaltungsspielraumes“, notwendig für die kulturelle Daseinsvorsorge in den sächsischen Regionen, also in allen Regionen.
Diese Zwecksetzung steht für uns GRÜNE außer Frage. Die daraus abgeleiteten Ziele der „Herstellung neuer, finanzierbarer Organisations- und Leitungsstrukturen“ und „bürgernaher, effizienter und wandlungsfähiger Strukturen“ sind demnach hochaktuell.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kunst und Kultur schöpfen ihre Kraft aus einer stetigen Erneuerung. Ein Kulturraumgesetz sollte ebenfalls wandlungsfähig sein. Es liegt in unserer Hand als Gesetzgeber, Anpassungen vorzunehmen, wenn sie denn notwendig sind. Um darüber vernünftig entscheiden zu können, brauchen wir eine belastbare Grundlage, die durch die Evaluation geschaffen werden muss. Die Evaluation verstehen wir dann als große Chance, wenn sie sich nicht auf das gesetzliche Pflichtprogramm, also auf die kleinen Stellschrauben, beschränkt, sondern mit Weitblick untersucht, wie der Gesetzeszweck auch künftig erfüllt werden kann.
Nun wären das alles eher theoretische Bemerkungen, wenn wir nicht feststellen müssten, dass sich die Rahmenbedingungen für die Kultur in Sachsen deutlich verändern. Im Vorfeld der Evaluation hat der Wegbereiter des Kulturraumgesetzes, Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt, auf unsere Bitte hin eine Studie erstellt, die Ihnen allen zur Verfügung steht. Darin untersucht er, welche Rahmenbedingungen sich verändern und was bei der Evaluation folglich beachtet werden sollte.
Mit der Studie ist klar geworden, dass die Kulturräume, wenn wir die Preissteigerung und die Personalkostensteigerung einrechnen, deutliche Verluste aushalten mussten. Auch wenn von 1995 bis 2009 die Finanzmittel nominal um 18 % gestiegen sind, ist real von einem Minus von 20 % auszugehen. Bisher konnten die Kulturräume diesen realen Rückgang weitgehend durch das Aufbrauchen von Rücklagen, durch Haustarifverträge von bis zu 30 % unter Niveau und durch Personal- und Strukturabbau kompensieren. Es ist aber zu befürchten, dass wir ohne Gegensteuern in eine Phase eintreten, in der Solidarität zu bröckeln beginnt.
Nehmen wir als Beispiel den Kulturraum OberlausitzNiederschlesien. Die Mittelhöhe für die Theater und Orchester ist von 1995 bis 2011 in etwa bei circa 25 Millionen Euro gleichgeblieben. Angesichts 27 % Inflation und 30 % Tarifanpassung in diesem Zeitraum sind die Belastungen enorm. Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass sich beide Landkreise noch
gemeinsam hinter ihre Kultur stellen. Wirklich stabile Strukturen sind trotz Kulturraumgesetz angesichts dieser Entwicklung nicht entstanden. Hinzu kommt, dass die Mittel für die freien Projekte halbiert werden mussten. Damit wird gerade dort Unterstützung abgezogen, wo aus freier Initiative von Jung und Alt Neues geschaffen wird.
Es ist aus unserer Sicht sachsenweit zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die kulturelle Infrastruktur als Voraussetzung für die Freiheit des geistigen Lebens erhalten bleibt. Ich möchte es ganz klar sagen: Kultur ist nicht Mittel zum Zweck, aber ihre positiven Nebenwirkungen sind kaum bestreitbar: erhöhte Teilhabechancen und Lebensqualität, also Faktoren, die die Abwanderung aus den Klein- und Mittelstädten zumindest verlangsamen können. Damit kann ich den übergreifenden politischen Handlungsbereich der Landesplanung und die zweite zentrale Rahmenbedingung des demografischen Wandels nur kurz andeuten.
Werte Kolleginnen und Kollegen, es geht mir nicht um ein schnelles, womöglich vorschnelles, sondern um ein wohlüberlegtes Verfahren. Zu den Evaluationsplanungen des Ministeriums liegt uns und der Öffentlichkeit leider nichts Genaues vor. Uns war es wichtig, die Staatsregierung heute daran zu erinnern, dass wir das Thema nicht auf die lange Bank schieben können und dass schon gar nicht die Qualität leiden darf. Daher benennen wir die Kriterien für die Evaluation etwas genauer.
Damit komme ich zu den Antragspunkten. Ein solches Kriterium ist unter Punkt 1 die umfassende Fragestellung. Das betrifft die Auswirkung der Höhe der Mittelzuweisung insgesamt, aber auch deren Verteilung unter den Kulturräumen. Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen von ländlichen und urbanen Kulturräumen wäre von Interesse, welche Wirkung ein gezielter Ausgleich von besonderen Belastungen der ländlichen Räume hätte. Die Auswirkungen der Berechnungsparameter sind ein weiterer Punkt. Ein Beispiel sind Verwerfungen, die durch die Nichtanrechnung von Kulturausgaben entstehen, weil Einrichtungen in flexiblere private Rechtsformen überführt wurden.
Wir halten es für notwendig, bei diesen Untersuchungen Handlungsalternativen möglichst greifbar zu machen. Das geht am besten in Form von unterschiedlichen Szenarien, die die positiven oder negativen Folgen zeigen, wenn an bestimmten Stellschrauben gedreht wird. Dieses Vorgehen ermöglicht es auch, Maßnahmen zu überprüfen, die nicht existieren, und diese als Strategievorschlag aufzubereiten. Ein solches Beispiel wäre die Stärkung der Projektförderung. Hier liegt ein großes Potenzial zur Förderung einer lebendigen Kultur, die durch bürgerschaftliches Engagement getragen wird. Außerhalb der gefestigten Einrichtungen, aber durchaus in Kooperation mit ihnen, wird so der Spielraum für künstlerische und organisatorische Innovationen und für neue kulturelle Beteiligungsformen erweitert.
Eine Nebenbemerkung. Da dieser Schlüsselbereich am stärksten vom Mittelschwund betroffen scheint und doch
so entscheidend für die Entwicklungsfähigkeit der ländlichen Kulturräume ist, unterstützen wir die Idee eines Modellprojektes zur Stärkung der zivilgesellschaftlich getragenen Kultur ausdrücklich, und zwar unabhängig von der Evaluation.
Punkt 2. Wir mussten feststellen, dass die Datengrundlage für eine aussagekräfte Evaluation fehlt. Weder wir als Landtag noch die Staatsregierung können derzeit nachvollziehen, wie sich der tatsächliche Aufwand für die geförderte Kultur darstellt. Das ist aber zum einen für die Überprüfung der Mittelzuweisungen nach § 6 Abs. 2 Kulturraumgesetz notwendig, zum andern erlaubt erst eine verlässliche Datenbasis den Vergleich der Entwicklung in den Kulturräumen und erschließt Optionen des Gegensteuerns.
Dass ein Ministerium allein ein solches Vorhaben nicht stemmen kann, liegt auf der Hand. Daher erachten wir es als selbstverständlich, dass, wie in anderen Bereichen staatlichen Handelns, externe Wissenschaftler die Analyse übernehmen. Weil bislang keine Beauftragung erfolgt ist, wollen wir auch daran im Punkt 3 erinnern.
Im vergangenen Jahr erhielten wir bereits wertvolle Ergebnisse aus den Kulturraumwerkstätten, von Kulturstiftung, Kultursenat und Akademie der Künste. Diskurse von Akteuren aus Kultureinrichtungen und Initiativen mit den Trägern und Verantwortlichen vom Freistaat und den Landkreisen, wie im Punkt 4 formuliert, sehen wir deshalb nicht als Beiwerk, sondern als Teil der Evaluation im Sinne einer aktivierenden Kulturpolitik, wie sie seit der Veröffentlichung des Berichts der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ diskutiert wird.
Zu guter Letzt möchte ich im Punkt 2 auf eine scheinbare Formalie hinweisen: die Anpassung der Kulturraumverordnung an die letzte Gesetzesänderung. Möglicherweise hat das SMWK bei der Novellierung des Kulturraumgesetzes über das Haushaltsbegleitgesetz 2010 etwas den Überblick verloren. Die schnellstmögliche Korrektur der Verordnung ist notwendig, um Rechtssicherheit herzustellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die historische Chance, mit einer umfassenden Evaluation eine weit in die Zukunft tragende Erneuerung des Sächsischen Kulturraumgesetzes vorzubereiten. Machen wir die Evaluation zu einem Anliegen des Sächsischen Landtages!
Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatsministerin, ich bin weitab von allen Aufgeregtheiten, auch wenn es jetzt Grund genug gebe. Auch wenn in diesem Haus schon Beschlüsse zur Evaluation gefasst wurden, spricht das ja nicht gegen einen Antrag, der weitergehende Punkte aufnehmen will. Das ist hier mit Fug und Recht möglich. Kollegin Fiedler, wenn Sie sagen, wir seien schon weiter, dann bringen Sie genau die falschen Beispiele. Ich könnte auch sagen, dass wir schon weiter sind. Unsere Fraktion fordert seit Jahren eine Erhöhung der Kulturraummittel um mindestens
12 Millionen Euro. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass es unter dem Maßstab einer Erhöhung auch möglich sein muss, die ländlichen Kulturräume zu stärken, und wir sind überzeugt, dass die derzeitige Form der Einbeziehung von Investitionsmitteln, was zu sprunghaften Veränderungen der Zuweisungen führt, eine ungeeignete Form ist. Aber genau diese meine Erkenntnisse wollten wir nicht in diesen Antrag stellen, so wie Sie Ihre haben.
Dieser Antrag ist ein Rahmen, in dem Parameter für eine wissenschaftliche Evaluation geschaffen werden sollten.
Sie haben sich offensichtlich nicht einmal die Mühe gemacht, den Antrag gründlich zu lesen und zu begreifen.
Zweitens: Dieser Antrag enthält einen Warnhinweis, Frau Staatsministerin, und da geht es um die Datengrundlage. Prof. Vogt ist gescheitert, die Daten aus den einzelnen Kulturräumen qualifiziert zu vergleichen; sie sind zurzeit nicht vergleichbar. Ich bitte Sie, das sehr ernst zu nehmen. Kollegin Fiedler, zumindest der Präsident des Sächsischen Kultursenats, Herr Schramm, hat das sehr ernst genommen. Ich bitte Sie, darüber nachzudenken. Eine Evaluation nutzt uns nichts, wenn sie nicht auf einer verlässlichen Datengrundlage durchgeführt wird. Dann bekommen wir ein Ergebnis, aber das ist eine Luftnummer.
Drittens – auch das ist Ziel dieses Antrags –: Wir wollten mit diesem Antrag wieder das Kulturraumgesetz zu einem gemeinsamen Anliegen des Sächsischen Landtags machen. Das habe ich mich auszudrücken bemüht; ein Bruch ist 2010 erfolgt, ich habe bisher nicht davon gesprochen. Es war die Novelle des Kulturraumgesetzes im Jahre 2010. Das hat hier wirklich eine Tradition dieses Hauses gebrochen, und es reicht jetzt nicht aus, wenn eine Koalitionsmehrheit oder ein Kultursenat sich äußert. Ich denke, wenn dieses Kulturraumgesetz ein Erfolgsmodell bleiben soll, dann muss es möglich sein, dass sich dieser Sächsi
sche Landtag insgesamt dahinterstellt und sich damit identifiziert.
Wenn wir seit 1993 davon sprechen, dass es ein Erfolgsmodell ist, dann ist es ja deshalb dazu gekommen, weil damals der Mut bestand, die eingefahrenen Wege der Kulturfinanzierung zu verlassen und völlig neue Wege zu gehen. Ich bin überzeugt: Wir müssen über die bisher beschriebenen Stellschrauben hinaus auch wieder den Mut haben, neue Szenarien zu denken, neue Überlegungen anzustellen, und zwar mit Leuten, die auch diesen Mut haben. Nur dann wird das Kulturraumgesetz auch in 20 Jahren noch eine Erfolgsgeschichte sein.
Da wir es noch weit vor 21 Uhr haben und damit die mündliche Fragestunde ihren Namen verdient, stelle ich gern meine Frage:
Ohne Wasser können viele Vögel im Naturschutzgebiet nicht brüten.
Das Europäische Schutzgebiet Eschefelder Teiche [SPA und FFH] (Kreis Leipzig), das sich im Eigentum des Freistaates Sachsen befindet, leidet dieses Jahr unter akutem Wassermangel. Das Naturschutzgebiet steht deshalb 2014 als Brutgebiet für geschützte Vogelarten kaum zur Verfügung.
In Kleinen Anfragen haben wir die damaligen Umweltminister Tillich, Wöller und den aktuellen Umweltminister
Kupfer vor dieser Gefahr gewarnt. Von allen Ministern wurde bisher diese Gefahr nicht gesehen.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Wann wird das wichtige Naturschutzgebiet endlich wieder genügend Wasser haben, um als Brutgebiet hinreichend zur Verfügung zu stehen?
2. Welche geschützten Vogelarten können 2014 aufgrund des Wassermangels in dem Schutzgebiet nicht brüten?
Ich danke Ihnen für die Informationen.
Stellenabbau bei der polizeilichen Drogen-Prävention (Frage Nr. 6)
Am 14. Februar 2014 war der LVZ Online zu entnehmen, „[...] das sächsische Innenministerium will die polizeiliche Drogen-Prävention auf ein Minimum reduzieren. Im Zuge der Strukturreform fallen Dutzende Stellen in der Aufklärungsarbeit weg.“
Fragen an die Staatsregierung:
1. Welche und wie viele Stellen fallen innerhalb welchen Zeitraums bei der polizeilichen Aufklärungsarbeit weg?
2. Wie soll der Wegfall der polizeilichen Präventionsarbeit kompensiert werden?
Herr Staatsminister, würden Sie uns bitte einmal die parlamentarischen Initiativen, die Gesetzesvorschläge aus der Opposition nennen, die in dieser Legislaturperiode aussichtsreich gewesen sind und deshalb möglicherweise Unterstützung durch die Koalition gefunden hätten?
Welche denn?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute natürlich diesem Gesetzentwurf meiner Fraktion zugestimmt, so wie ich auch in den vergangenen Jahren einer Verfassungsänderung zugestimmt hatte, die sich nur auf die Schuldenbremse beschränkt hat.
Ich habe das damals getan, obwohl ich diese Änderung als eine Niederlage empfunden habe, und zwar als eine Niederlage für die direkte Demokratie in Sachsen.
Es war in den Verfassungsverhandlungen der 1. Legislaturperiode für unsere Fraktion gemeinsam mit der SPDFraktion ein zentraler Punkt, den Menschen hier in diesem Lande einen funktionierenden Weg zur Volksgesetzgebung zu ermöglichen. Bezeichnenderweise war es damals Landtagspräsident Erich Iltgen, der auch genau diesen Aspekt der Sächsischen Verfassung als eine Besonderheit hervorgehoben hat.
Wir haben in den über 20 Jahren der Verfassungsrealität erleben müssen, dass dieser Verfassungstext der Volksgesetzgebung nicht funktioniert.
Ein einziges Volksbegehren ist zum Erfolg gekommen.
Da muss man auch nicht noch die demografische Entwicklung zu Rate ziehen.
Es ist deshalb auch kein Zufall, dass der Freistaat Sachsen mit seinen Regelungen zur direkten Demokratie in den bundesweiten Vergleichen über die Jahre immer weiter nach hinten gerutscht ist und mittlerweile keine Führungsrolle mehr einnimmt.
Es ist in dieser Situation aus meiner Sicht ganz deutlich, dass es im Bereich der direkten Demokratie einen Veränderungsbedarf gibt. Der Verfassungstext muss nachgebessert werden.
Es war für mich bezeichnend, dass sich im vergangenen Jahr bei den Verfassungsberatungen CDU und FDP dieser Nachbesserung verweigert haben.
Ich habe deshalb nicht nur diesen Gesetzentwurf meiner Fraktion unterstützt, sondern ich werde auch der künftigen Fraktion raten, diesen Punkt immer wieder aufzugreifen. Die mündigen Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande haben es verdient, dass sie wirklich die Rechte in
Anspruch nehmen können, die ihnen die Verfassung scheinbar zuschreibt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines dürfte nach den Presseberichten der letzten Tage und den bisherigen Reden unstrittig und allen klar sein: Ja, wir haben aktuell und perspektivisch zu wenige Lehrkräfte. Ja, wir brauchen mehr Einstellungen. Über die konkreten Zahlen – auch das dürfte deutlich geworden sein – lässt sich dabei trefflich streiten.
Eines steht jedoch fest: Es geht um Entscheidungen von großer Tragweite, nicht zuletzt finanziell.
Kollege Schreiber, meine Fraktion hat für morgen eine Aktuelle Debatte zum Kita-Betreuungsschlüssel beantragt.
Auch dort steht die Finanzierungsfrage.
Ebenso wie beim dortigen Personalbedarf sollte uns aber der enorme Umfang der Finanzierung im Schulbereich nicht dazu verleiten, die Entscheidung darüber auszusitzen und auf bessere Zeiten zu hoffen, denn diese werden nicht kommen.
Im Gegenteil, das Problem des Lehrermangels hat sich über Jahre aufgebaut; die Engpässe haben sich seit Langem abgezeichnet. Ich möchte deutlich sagen: Jeder, der hier im Hause in den letzten 20 Jahren Verantwortung in der Bildungspolitik getragen hat, hat an der derzeitigen Misere Anteil. Wenn über Jahre hinweg alle Lehrerinnen
und Lehrer im System bleiben und praktisch keine Neueinstellungen stattfinden, dann kann man sich ausrechnen, wohin das führt.
Da wir gerade beim Rechnen sind: In Punkt 5 des Antrages wird nüchtern festgestellt, dass der an den sächsischen Hochschulen vorhandene Lehrernachwuchs die entstehenden Lücken nicht schließen kann. Leider bleibt diese Feststellung im Raum stehen.
Ich möchte kurz erläutern, welche Sprengkraft die Aussage besitzt. So wird im aktuellen Kultushaushalt zwar von der realistischen Prognose ausgegangen, dass jeweils etwa ein Viertel des Lehrernachwuchses an Grund- und Oberschulen ausgebildet werden soll – für das Gymnasium ist ein knappes Drittel vorgesehen, für berufsbildende Schulen und Förderschulen jeweils etwa 10 % –; die tatsächliche Verteilung der Lehramtsanwärter nach Schularten in den letzten drei Einstellungsrunden zeigt jedoch, dass sich die Realität völlig anders darstellt. So sind weit über die Hälfte der Lehramtsanwärter Referendare am Gymnasium; auf die Grundschulen entfallen gerade einmal knapp 20 %, auf die Mittelschulen keine 10 % und auf die Förderschulen lediglich 7,6 %. Das wird dem Bedarf in keiner Weise gerecht.
Zur Wahrheit gehört eben auch, dass es nicht reicht, mehr Einstellungen zu fordern. Dann muss man sich auch dazu äußern, woher die entsprechenden Lehrkräfte kommen sollen. Die Aufgabe der adäquaten Stellenbesetzung entsprechend Schulart, Fächerkombination und Region ist das eigentliche Problem, und das verschärft den allgemeinen Lehrermangel gewaltig.
Der Antrag löst jedoch dieses grundlegende Problem nicht. Es wird an der Trennung nach Schularten und damit auch der unterschiedlichen Bezahlung festgehalten. Das Motto „Kleine Pädagogik – kleine Bezahlung, große Pädagogik – große Bezahlung“ gilt weiterhin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE haben ein Lehrerbildungsgesetz vorgelegt, das diesen Systemfehler beheben soll, in dem nach Schulstufen und nicht mehr nach Schularten ausgebildet wird.
Alle Lehrämter brauchen eine Ausbildung von gleicher Qualität und Dauer, und natürlich erwächst auch für die Lehrerinnen und Lehrer in der Folge ein Anspruch auf gleiche Bezahlung – unabhängig von der Schulart, an der sie zum Einsatz kommen. Belohnt wird dieser Weg mit mehr Flexibilität sowohl für die Nachwuchskräfte als auch für die Einstellungspraxis.
Wir brauchen außerdem mehr konkrete Optionen für den Seiteneinstieg, ohne Abstriche bei der Qualität zuzulassen. Unser Angebot liegt auf dem Tisch. Es reicht hingegen nicht, die Mittelschule in Oberschule umzubenennen und als „Herzstück“ des sächsischen Schulsystems zu preisen, wenn dem keine Taten folgen. Die Studierenden
scheinen Ihrem Ruf, werte Koalitionäre, jedenfalls bisher nicht zu folgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. Wir erhoffen uns davon zunächst klare Aussagen zum zukünftigen Bedarf nach Fächern, Schularten und Regionen – ähnlich wie im ersten Bericht der Staatsregierung zum Antrag „Lehrernachwuchs sichern“. Dieser ist übrigens – man traut es sich fast nicht laut zu sagen – von 2010. Schon dort hieß es: „Bei allen denkbaren Änderungen im Detail bleibt allerdings die erhebliche Dimension der notwendigen Nachwuchssicherung grundsätzlich unberührt.“
Dem ist fast nichts hinzuzufügen – außer unsere zweite Erwartung: Die Haushaltsverhandlungen laufen – handeln Sie! Wir werden handeln, denn ohne Lehrer ist Schule – gute Schule – nicht zu machen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Niemand wird sich für eine akademische Laufbahn entscheiden, weil dies ein zweckrationaler Weg ist, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wir alle wussten, als wir angefangen haben, dass es schwer wird, aber kaum einer wird vermutet haben, dass es so unmöglich ist, sich in
diesem Bereich eine planbare berufliche Existenz aufzubauen.“
So wird eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in einer Befragung der Mittelbauinitiative der TU Dresden zitiert. Diese Worte beschreiben sehr genau die Situation, in der sich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an unseren Hochschulen heute wiederfinden. Andere Länder wie Großbritannien oder die USA – ausgerechnet die USA, das Land des Hire and Fire – sehen für ihren wissenschaftlichen Nachwuchs verlässliche Karrierewege vor. In Deutschland dagegen gilt das Prinzip: Schaffe es ganz nach oben, oder geh! – Auf diesem höchst unsiche
ren und mühsamen Weg zur Professur gibt es keine Lebensphase, die mit Planbarkeit oder Stabilität verbunden wäre. Wegen dieser unhaltbaren Situation hat unsere Fraktion bereits vor drei Jahren den vorliegenden Antrag zur besseren Perspektive für den wissenschaftlichen Nachwuchs eingebracht.
Man könnte nun hoffen, die Lage habe sich inzwischen zum Besseren gewendet und der Antrag sei erledigt. Das Gegenteil ist der Fall. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse greifen schlimmer um sich als je zuvor. Anfang des Jahres haben wir die aktuellen Zahlen abgefragt, und die sind erschreckend. Hochschulübergreifend gesehen hatte 2012 nur noch jeder fünfte Mittelbau-Mitarbeiter ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, an der Universität nur noch jeder zehnte. Nur drei Jahre zuvor konnte immerhin noch jeder dritte Beschäftigte im wissenschaftlichen Mittelbau eine unbefristete Stelle sein eigen nennen.
Nun werden Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, sicher darauf verweisen, dass es nun einmal ganz normal sei, wenn Qualifizierungsstellen oder projektfinanzierte Arbeitsplätze befristet sind. Das ist im Grundsatz auch nicht zu bestreiten. Jedoch ist es leider so, dass die Laufzeiten der Verträge mittlerweile aberwitzig kurz sind. Fast ein Viertel aller befristeten Stellen hat heute eine Vertragslaufzeit von unter sechs Monaten. Die Qualifizierungsstelle muss erst noch erfunden werden, die in einem halben Jahr zum Ziel führt, und Drittmittelprojekte, die nur ein halbes Jahr laufen, gehören auch ins Raritätenkabinett.
Natürlich zeigen nackte Zahlen nicht immer auf den ersten Blick, was sie für die Lebensrealität des Einzelnen bedeuten. Dankenswerterweise hat allerdings die Mittelbauinitiative an der TU jene Befragung unter ihren Kolleginnen und Kollegen durchgeführt, aus der ich eingangs zitiert habe, und diese kommt anhand von 1 300 vollständig ausgefüllten Fragebögen zu Ergebnissen, die das Bild abrunden. Über 91 % der Befragten gaben an, befristet beschäftigt zu sein, die Mehrheit auf Projektmittelstellen. Dabei musste über die Hälfte Befristungen von unter 18 Monaten vermelden. Die Betroffenen rechnen mittlerweile ganz selbstverständlich damit, dass auf diese Befristung ein weiterer befristeter Vertrag folgt, denn das Wissenschaftszeitvertragsgesetz erlaubt immerhin die Verkettung befristeter Arbeitsverträge. Das führt aber auch dazu, dass 17 % der Befragten angeben mussten, mittlerweile an ihrem sechsten bis zehnten befristeten Arbeitsvertrag an der TU Dresden tätig zu sein. 2 % hatten zum Zeitpunkt der Umfrage sogar mehr als 20 Arbeitsverträge.
Bedenkt man, dass Verträge nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz nur insgesamt zwölf Jahre befristet werden dürfen, wird schnell klar, welche Laufzeiten diese Verträge mitunter aufgewiesen haben. Solche existenziellen Unsicherheiten können fatale Konsequenzen für andere Lebensbereiche haben, insbesondere für die Familienplanung. Nicht überraschend gab ein Viertel der Befragten an, dass sie ihren eigenen Kinderwunsch erst einmal
zurückgestellt haben; die übergroße Mehrheit aufgrund der fehlenden Sicherheit. Die Folgen für unsere alternde, aber dringend auf hoch qualifizierten Nachwuchs angewiesene Gesellschaft kann sich jede und jeder von Ihnen mühelos ausmalen.
Auch die Hochschulrektorenkonferenz hat am 13. Mai die ganze Misere auf den Punkt gebracht. In ihrem „Orientierungsrahmen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nach der Promotion und akademischer Karrierewege neben der Professur“ beklagt die „Stimme der Hochschulen“, wie sie auch genannt wird, dass die Zahl der Dauerstellen im Verhältnis zur Zahl der qualifizierten Nachwuchskräfte nicht proportional mitgewachsen ist und somit die Verbleibs- und Aufstiegschancen stark gemindert seien. Richtigerweise gibt die HRK Handlungsempfehlungen an die Hochschulen. Zugleich aber fordert sie Bund und Länder auf, durch rechtliche und finanziell verlässliche Rahmenbedingungen und durch einen Aufwuchs der Grundfinanzierung einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Personalstruktur in den Hochschulen zu leisten.
Genau dieses Ziel verfolgen wir mit unserem Antrag. Es reicht eben nicht aus, Frau Staatsministerin von Schorlemer, die Hochschulen zu ermahnen. Die Politik muss dringend die Rahmenbedingungen verbessern. Es ist doch nicht so, dass alle Aufgaben im akademischen Mittelbau lediglich auf Qualifizierung abzielen. Von Laborbetreuung bis Lehrer reicht das Spektrum der Daueraufgaben, deren Wahrnehmung Dauerstellen rechtfertigt. Hier verweisen die Hochschulen, der Wissenschaftsrat und nun auch die Hochschulrektorenkonferenz zu Recht darauf, dass dies nicht ohne eine Anpassung der laufenden Grundfinanzierung gelingen wird; unsere Fraktion hat sich seit Jahren für diesen Weg eingesetzt.
Einer Pressemitteilung der Dresdner Mittelbauinitiative war nun gestern zu entnehmen, dass im Wissenschaftsministerium die Meinung existiert, die staatliche Hochschulfinanzierung sei nur als – Zitat – „Fehlbedarfsfinanzierung der Mittel, die nicht durch Drittmittel gedeckt werden können“ zu betrachten. Offen gesagt: Ich bin nach 24 Jahren in der Politik im CDU-geführten Freistaat an Tiefschläge gewöhnt, aber diese Aussage hat mich doch fassungslos gemacht.
Eine solche Haltung wäre ein Offenbarungseid und würde das Finanzierungssystem der Hochschulen auf den Kopf stellen. Frau Staatsministerin, ich erwarte heute von Ihnen eine Klarstellung.
Mit einer erhöhten Grundfinanzierung könnten wir auch der enormen Drittmittelabhängigkeit der sächsischen Hochschulen wirkungsvoll begegnen. Auch bei diesen Drittmittelprojekten ist ja Spielraum gegeben. Natürlich verfügen solche Projekte nicht über eine unbegrenzte Laufzeit, aber es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die Vertragslaufzeiten der Beschäftigten nicht an die Laufzeiten der Projekte angepasst werden sollten. Mehr
fachkettenverträge in ein und demselben Projekt sind nicht nur unnötig, sie sorgen auch für Unsicherheit. Über eine Initiative auf Bundesebene sollten wir außerdem dafür sorgen, dass in den Drittmittelprojekten des Bundes und der Deutschen Forschungsgemeinschaft Risikoaufschläge für befristete Beschäftigungsverhältnisse verankert werden, die eine Art Übergangsgeld möglich machen.
Des Weiteren bedarf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz einer gründlichen Überarbeitung. Eine besondere Konstruktionsschwäche liegt in der sogenannten Tarifsperre. Sie verhindert, dass die bewährte Aushandlung von Befristungsregelungen durch die Tarifpartner zur Anwendung kommen kann. Ursprünglich war dieses Gesetz dafür gedacht, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr unbefristete Arbeitsplätze zu sichern. Dass dies gründlich gescheitert ist, ist offensichtlich.
Im Koalitionsvertrag für den Bund ist nun eine Novellierung angekündigt worden. Diese muss umgehend auf den Weg gebracht werden. Wir denken aber auch, dass ein eigener, auf Augenhöhe ausgehandelter Wissenschaftstarifvertrag nach wie vor der beste Weg zur Vermeidung prekärer Arbeitsverhältnisse wäre.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie skizziert, haben wir als Gesetzgeber ausreichend Möglichkeiten, der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse entgegenzuwirken. Damit können wir uns aber nicht zufriedengeben, wenn wir die Arbeit in der Wissenschaft vom „Hasardspiel“, wie sie Max Weber genannt hat, zum Traumjob machen wollen. Dazu gehören nun einmal planbare Karrierewege.
Mit der Juniorprofessur wurde versucht, den Weg für planbare Karrieren auch in Deutschland zu ebnen. Die Juniorprofessur erfährt allerdings nicht die Wertschätzung, die sie verdient. Wir haben an unseren Hochschulen gerade einmal 36 Juniorprofessuren, was bundesweit zu der Einschätzung führt, dass es die Juniorprofessur in Sachsen besonders schwer hat.
Wie die kürzlich stattgefundene Debatte zur Dienstrechtsneuordnung wieder einmal gezeigt hat, gibt es offenbar weiterhin große Vorbehalte bei der CDU/FDP-Koalition. Deshalb wollen wir die Juniorprofessur qualitativ stärken und die mit ihr verbundene Hoffnung auf planbare Karrieren erfüllen. Dazu ist ein neuer Anlauf nötig. Wir schlagen ein neues Programm zur Förderung der Juniorprofessur vor, einschließlich verbindlicher Tenure-TrackRegelungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Ende. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, welche Brisanz die prekären Verhältnisse beim wissenschaftlichen Nachwuchs nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für den Wissenschaftsstandort Sachsen haben. Deshalb bitte ich Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu. Wir müssen die dringend notwendige Kehrtwende schaffen, bevor unser wissenschaftlicher Nachwuchs aus dem
Eingangszitat nur noch einen Schluss ziehen kann: dass sich ein Leben für die Wissenschaft einfach nicht lohnt.
Ich danke Ihnen.
Frau Staatsministerin, wir sind uns sicherlich darin einig, dass es für die Gesprächskultur nicht hilfreich ist, wenn ein Gesprächspartner ein Protokoll veröffentlicht. Aber können Sie dementieren, dass die Aussage, dass die staatliche Finanzierung nur eine Fehlbedarfsfinanzierung für den Bereich sei, der nicht durch Drittmittel abgedeckt ist, in diesem Gespräch so gefallen ist, und können Sie uns sagen, dass für den Freistaat Sachsen das normale Finanzierungssystem, nämlich eine staatliche Grundfinanzierung, die durch Drittmittel ergänzt wird, weiterhin Prinzip der Hochschulfinanzierung ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe es so, dass es in dieser Debatte tatsächlich sehr viele Gemeinsamkeiten gab – ungewöhnlich viele aus meiner Sicht, wenn ich die FDP mal ausnehme. Deswegen fange ich mal mit der Differenz an, Frau Staatsministerin.